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2 www.Motorsport-Magazin.com
❱
IN DIESER
AUSGABE
22
Ferrari
ZUM SIEGEN VERDAMMT
eilt der Konkurrenz schon viel zu lange hinterher. Mit einem
radikalen Umbruch soll die Scuderia in den kommenden Jahren wieder
auf die Erfolgsspur zurück finden.
FORMEL 1
FERRARI: Zum Erfolg verdammt 22
HISTORY: Legendäre Ferrari-Boliden 30
INTERVIEW: Lewis Hamilton 38
VALTTERI BOTTAS: Cool genug für den Titel 44
TOP-5: Finnische Momente 48
SEBASTIAN VETTEL: Qualen eines Champions 52
INTERVIEW: Adrian Sutil 58
MOTORRAD
VERGLEICH: Rossi vs. Marquez 64
MOTO3: Rossis Kindergarten 70
INTERVIEW: Colin Edwards 72
DANI PEDROSA: Seine vielen Gesichter 80
TOP-5: Treue Seelen der MotoGP 86
INTERVIEW: Carmelo Ezpeleta 90
ANDREA IANNONE: Crazy Joe 94
HISTORY: Freddie Spencer im Interview 98
MOTORSPORT
DTM: Paul di Resta im Interview 106
LEGENDÄRE BOLIDEN: Mercedes C-Klasse 110
ADAC MOTORSPORT: Splitter 112
SERVICE
GAMES 06
INSIDE 08
KOLUMNEN 14
IMPRESSUM 114
DUELL DER GIGANTEN
Marc Marquez gegen Valentino Rossi: Was haben die beiden größten
Stars der MotoGP gemeinsam? Was unterscheidet sie? Motorsport-
Magazin.com macht den ultimativen Vergleich.
64
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO
www.Motorsport-Magazin.com 3
EDITORIAL
Stephan: »Kamui
Kobayashis Kampf-Elch
- richtig blutrünstig.«
»ICH WILL
RENN-KÜHE!«
VORSICHT, DRUCKFRISCH!
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM
AUSGABE 39 IST STARTKLAR. DER
WEG ZUM FERTIGEN COVER
WAR GAR NICHT SO EINFACH...
Kerstin: »Österreichische
Kühe - einfach fesch«
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, SAUBER
Stephan: Es ist wieder Cover-Time!
Kerstin: Oh je. Das sieht ja schlimm aus...
Klaus [Art Director, empört]: Hey! Passt bloß auf.
Stephan: Fernando hat eben wenig Grund zur Freude.
Kerstin: Vielleicht sollten wir lieber Kamuis Kampf-
Elch aus der Versenkung hervorholen?
Stephan: Absoluter Kult! Aber mir fehlen irgendwie die
Kühe auf dem Titel...
Kerstin: Du und deine Kühe.
Stephan: Spielberg, Magny Cours - zu einer gescheiten
Rennstrecke gehören nun mal zuschauende Kühe!
Kerstin: Nix da. Wie wäre es mit Lewis? Der hat
(meines Wissens) zwar keine Kühe, aber zwei
Hunde.
Stephan: Und die sehen so ähnlich aus wie Kühe!
Kerstin: Da kann selbst ich als Tierliebhaberin nicht
überzeugend widersprechen...
Lewis tweetet [mal wieder]: #bestbuddies #bestdogs
#godisthegreatest
Kerstin: Na gut, Lewis oben groß und zur vollen roten
Dröhnung fährt Kimi in den Vordergrund.
Stephan: Also genau das gleiche wie vor zwei
Ausgaben...
Kerstin: Oh, na das nenne ich effizient. Nehmt das ihr
Power Units!
Stephan: Um beim Ferrari-Thema zu bleiben: wie wäre
es mit einem springenden Pferd - mit Kuhkopf!
Kerstin: Klaus montiert ja gerne Köpfe auf andere
Körper...
Klaus: Hört mir bloß auf. Nicht schon wieder!
Kerstin: Unsere Leser werden sich jetzt bestimmt
fragen, auf welchen Titelseiten wir schon montierte
Köpfe hatten. Tipps nehmen wir unter leserbriefe@
motorsport-magazin.com entgegen!
Stephan: Zu gewinnen gibt es: ein digitales Foto einer
Kuh, wahlweise aus Magny Cours oder Spielberg.
Kerstin [schüttelt resignierend mit dem Kopf]: Wenn
das Heft endlich im Druck ist, fahr ich mit dir ein paar
Kühe suchen.
Stephan: Vielleicht finden wir irgendwo auf dem Weg
auch ein paar ausgewanderte kanadische Murmeltiere.
Das wär‘ cool.
[Anm. des zurechnungsfähigen Teils der Redaktion:
unser weiser, ehemaliger Kollege Falko pflegt stets zu
sagen: »Elche, Kühe, Murmeltiere, es sollten sowieso
mehr Tiere aufs Cover, schließlich geht Motorsport nicht
ohne...«]
Kerstin: Irgendwie war es bei unserer letzten Ausgabe
mit dem schelmisch grinsenden Doktor einfacher. Die
Motorräder haben es einfach immer besser.
Stephan: Aber Vorsicht: auf unserem Cover lastet ein
übler Fluch!
Kerstin: So schaut Alonso da auch aus...
Stephan: Nein! Oder vielleicht schon. Egal. Wir hatten
dieses Jahr schon Lewis und Nico drauf. Danach hat
der jeweilige Fahrer die WM-Führung verloren.
Kerstin: Also, was bieten sie uns wohl dafür, wenn wir
jetzt den jeweils anderen abbilden?
Stephan: Nico habe ich schon im Sommer von unserem
Fluch erzählt. Er ist nicht drauf eingestiegen...
Kerstin: Tja, selbst schuld. Was meint der wohl, was
mit seinem Lenkrad in Singapur wirklich los war?
4 www.Motorsport-Magazin.com
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Detaillierte
Fahrzeugmodelle
erfreuen das Auge
In DRIVECLUB wird
gemeinsam um die
Wette gefahren
FOTOS: PLAYSTATION
Los geht‘s: DRIVECLUB
lädt zu spannenden
Rennen ein
6 www.Motorsport-Magazin.com
Design Director Simon Barlow
THE
TEXT: CHRISTIAN BENZ
WORLD’S
COOLEST
CARS
BEIM NEUEN RENNSPIEL ‚DRIVECLUB‘ GEHT ES UM DEN SPIELER UND
SEINE FREUNDE. ES GEHT UM TEAMWORK. ES GEHT DARUM, DASS
ALLE GEMEINSAM BELOHNUNGEN VERDIENEN UND DEN NERVENKITZEL
DER RENNEN ZUSAMMEN ERLEBEN.
S
tart frei DRIVECLUB: den ersten Racer für PlayStation4. Am 8. Oktober
endete für alle Gamer die Wartezeit auf den heiß ersehnten Exklusivtitel
für Sonys PlayStation 4. Das Entwicklerstudio Evolution Studios, das
schon für den Bestseller MotorStorm verantwortlich zeichnete, nahm sich die nötige
Zeit, um das Spiel so detailreich und realistisch wie möglich zu gestalten.
Das ist Design Director Simon Barlow und seinen Kollegen gelungen. Das Spiel
ist mit derart vielen Details gespickt, dass man fast meinen könnte, es handle
sich um eine reale Welt. »Wenn du mit deinem Luxuswagen den Berg hinaufjagst,
kannst du sogar die Bewegung vom Gras neben der Strecke erkennen«, erzählt
Barlow im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.
Das ist aber noch nicht alles. Ein fließender Sonnenuntergang überzeugt realistisch.
»Du fährst durch Kanada und plötzlich fährst du an einer sehr realistischen
Teeplantage vorbei«, erzählt Barlow weiter. Außerdem verändern sich die Lichtverhältnisse
auf verschiedenen Teilstücken der Strecke.
Die Entwickler betonen, dass es sich bei DRIVECLUB nicht um einen Simulator
wie beispielsweise Gran Turismo handelt. Der Spaß beim Fahren soll oberste
Priorität haben. Natürlich gepaart mit den Bemühungen, das Spiel so realistisch
wie möglich zu gestalten - diese oberste Maxime betonen die Entwickler immer
und immer wieder.
Wie in jedem Rennspiel sind die Hauptdarsteller natürlich die detailreich nachgebildeten
Boliden in der Garage des Spielers. Jedes einzelne Auto in DRIVECLUB
wurde für seine Leistung und Schönheit ausgewählt. Der Spieler kann seine
Fahrzeuge im Look personalisieren oder an die Farben seines Clubs anpassen.
Die zur Auswahl stehenden Rennstrecken wurden von real existierenden Straßen
in aller Welt inspiriert und bieten somit eine Vielzahl an Herausforderungen für
den Spieler. Die Palette reicht von schnellen kanadischen Autobahnen über die
unvorhersehbaren Straßen des britischen Königreichs bis hin zu den verstaubten
Bergstraßen Indiens.
Ganz wichtig ist im Spiel das ‚Social-Feature‘, auf das Barlow und seine Kollegen
bei der Entwicklung sehr viel Wert gelegt haben. Im Spiel selbst bildet dieser den
Hauptpart. Der Spieler kann online gemeinsam mit seinen Freunden um die
Strecke jagen, er kann aber auch alleine fahren, eine Zeit setzen und diese in
seiner Community posten. Diese Zeit kann dann von seinen Freunden geschlagen
werden. »Wann immer du willst, du kannst es sofort machen, aber auch einen
oder mehrere Tage später, ganz egal«, erklärt Barlow. »Du bist absolut frei, je
nachdem wann du Lust hast.«
Das Spiel bildet somit das Grundgerüst für die Weiterentwicklung durch die
Community. Mit deren Feedback soll das Game stetig verbessert und vorangetrieben
werden. Ziel des Spiels ist, nicht einfach nur ein Rennen nach dem anderen
zu gewinnen, so Barlow, sondern innerhalb seiner Community »Fame« zu erlangen.
Das mache das Spiel aus. »Das soll dir den Kick geben«, betont er. Das Ziel lautet:
der beste Racer unter deinen Freunden zu sein. Mit der iOS und Android App sind
DRIVECLUB-Spieler rund um die Uhr über die Ergebnisse ihrer Teamkollegen
informiert. Barlow verspricht: »Wenn du ein Motorsport-Enthusiast bist, dann ist
das das optimale Spiel für dich, echtes Racing für Motorsport-Verrückte.«
FORMEL 1
INSIDE
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & MANUEL SPERL
STRECKEN AUS ALLER WELT
DER KALENDER FÜR DIE FORMEL-1-SAISON 2015
DIE GEFÄHRLICHSTE: Das alte
Streckenlayout des Nürburgrings, inklusive
der Nordschleife, galt lange Zeit als
Synonym für Gefahr. »Beim Nürburgring
kann man sich nie sicher sein, dass man
wieder heil in sein Hotel zurückkommt«,
sagte Jackie Stewart einst. Im Verlauf
der Jahre mussten einige Piloten ihren
Wagemut mit dem Leben bezahlen. Der
Kurs wurde 1972 eingeweiht und war in
seiner ursprünglichen Form bis 1982 im
Kalender zu finden.
DIE VERRÜCKTESTE: Das Parkplatzgelände
des damals bekanntesten
und größten Hotels von Las Vegas,
Caesars Palace, ist bis heute der
skurrilste Ort für einen Formel-1-Grand
Prix. Nachdem sich das Zuschauerinteresse
in Grenzen hielt und die
Fahrer wegen der buckeligen Piste,
dem Wüstensand und der brütenden
Hitze auf die Barrikaden gingen, wurde
das Rennen 1983 aus dem Kalender
gestrichen.
DIE LEGENDÄRSTE: Der Circuit de
Charade in der Nähe von Clermont-
Ferrand war ein Kurs auf den Hängen
eines erloschenen Vulkans. Jochen Rindt
zog es 1969 vor, das Rennen mit offenem
Helm zu fahren, falls ihm auf der acht
Kilometer langen Achterbahn schlecht
wurde. Das Layout umfasste eine linksrechts-links-rechts
Kombination, die von
einem Highspeed-Geschlängel abgelöst
wurde. Dazwischen folgten Geraden über
Bergkuppen
DIE EINSAMSTE: »Hier gibt‘s ja
nichts«, stellte Sebastian Vettel fest.
»Die Strecke gefällt mir durchaus, doch
die Gegend ist leider ein bisschen
langweilig.« Rund um den Kurs in Korea
bot sich den Piloten ein trostloses Bild
aus grauen Werften, Industriebarracken
und Kiesgruben. Dabei sollte es doch
ein Stadtrennen werden. Nur wo war
die Stadt? Auf menschliche Zivilisation
trafen die Fahrer erst in der 400 km
entfernten Hauptstadt Seoul.
Datum Grand Prix Ort
15. März Australien GP Melbourne
29. März Malaysia GP Sepang
05. April Bahrain GP Sakhir
19. April China GP Shanghai
10. Mai Spanien GP Barcelona
24. Mai Monaco GP Monte Carlo
07. Juni Kanada GP Montreal
21. Juni Österreich GP Spielberg
05. Juli Großbritannien GP Silverstone
19. Juli Deutschland GP Nürburgring
26. Juli Ungarn GP Budapest
23. August Belgien GP Spa-Francorchamps
06. September Italien GP Monza
20. September Singapur GP Marina Bay
27. September Japan GP Suzuka
11. Oktober Russland GP Sotschi
25. Oktober USA GP Austin
01. November Mexiko GP Mexico City
15. November Brasilien GP Sao Paulo
29. November Abu Dhabi GP Yas Marina
8 www.Motorsport-Magazin.com
MSM WELTTOURNEE
VON MELBOURNE BIS ABU DHABI: MOTORSPORT-MAGAZIN.COM IST STETS
AUF ACHSE. UNSERE REISE-HIGHLIGHTS 2014:
Hilfe in Melbourne: Wildfremde greifen
allerorts unerwartet nach deinem Gepäck
- und wollen es für dich tragen!
Kerstins Bewertung:
Atemlos durch die Nacht:
Motorsport-Magazin.com
erkundet Singapur
Duschen in Malaysia: Binnen Sekunden
patschnass bis auf die Haut. Mit
dem Monsun ist nicht zu Spaßen. Besonders
prickelnd: Wenn der Koffer verloren
gegangen ist.
Kerstins Bewertung:
Tanken in Bahrain: 50 Euro-Schein
hingeben, umgerechnet 70 Euro
rausbekommen. So machen wir gerne
Geschäfte!
Christians Bewertung:
Promis in Monaco: Eng und überfüllt,
mehr Gedränge gibt es nirgendwo.
Pseudosternchen? Fehlanzeige! Hier gibt
es noch echte Stars! Und einen Blick auf
Justin Biebers Unterhose...
Kerstins Bewertung:
Schwitzen in Singapur: Nachtrennen.
Keine Sonne, keine Hitze. Von wegen! Ein
paar Minuten in der schwülen Luftfeuchtigkeit
von Singapur sind selbst nachts
schlimmer als eine Runde joggen in Spa.
Christians Bewertung:
UMFRAGE
WELCHE
TRADITIONSSTRECKE
WÜNSCHT IHR EUCH ZURÜCK?
IMOLA 53%
MAGNY COURS 18%
WATKINS GLEN 9%
ADELAIDE 8%
FUJI 6%
DONINGTON 6%
Leser-Umfrage auf
www.Motorsport-Magazin.com
STRECKENSTATISTIK
Verschiedene Strecken: 68
Anzahl der Länder: 31
Längste Strecke: Circuit di Pescara
(25,838 km)
Kürzeste Strecke: Monaco (3,145 km)
Meiste Grand Prix: Monza (64)
www.Motorsport-Magazin.com 9
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MOTORSPORT-MAGAZIN.COM
MOTORRAD
INSIDE TEXT: MICHAEL HÖLLER
Stefan Bradl stellte
sich unseren acht
Kult-Fragen
8
FRAGEN AN
STEFAN BRADL
Pizza oder Weißwurst?
Pizza.
Zweitakter oder Viertakter?
Natürlich waren die Zweitaktzeiten sehr schön,
aber die Zukunft gehört in jedem Bereich den
Viertaktern.
Sachsenring oder Nürburgring?
(überlegt lange) Nürburgring.
Feiern in der Disco oder Relaxen auf
der Couch?
Relaxen auf der Couch.
Nachtrennen oder Tagrennen?
Wir haben ja nur eines. Das hat seinen Reiz, aber
jedes Wochenende ein Nachtrennen wäre ja ein
Schmarrn.
Agostini oder Rossi?
Ich habe Agostini nie Fahren sehen, daher Rossi.
FC Bayern oder Borussia Dortmund?
Das beantworte ich nicht. (Bayern-Fan Bradl
grinst)
MotoGP oder Isle of Man TT?
Ganz klar MotoGP.
WILLKOMMEN
ZURÜCK, APRILIA!
In Misano wurde es offiziell: Aprilia wagt 2015 den Schritt zurück in die
Motorrad-WM. Allerdings wird der italienische Hersteller nicht mit einem
eigenen Werksteam antreten, sondern übergibt den Renneinsatz der
Motorräder in die erfahrenen Hände von Fausto Gresini und seinem Team. Der
Italiener ist mit seinem Rennstall seit 1997 in der WM vertreten und tritt seit
2002 ununterbrochen in der MotoGP an. Aprilia unterhielt zwischen 2002 und
2004 bereits ein eigenes Werksteam in der Königsklasse, schaffte es in dieser
Zeit aber nie auf das Podium. Der erste Werksfahrer ist mit Alvaro Bautista
bereits gefunden, Testpilot wird kein Geringerer als Max Biaggi.
10 www.Motorsport-Magazin.com
MOTGP
NACHSCHUB
FOTOS: MILAGRO, SUZUKI
Die Frischzellenkur in der MotoGP geht auch in der kommenden
Saison weiter. Während sich der 40-jährige Colin Edwards im
Sommer in den Ruhestand verabschiedete, haben bereits drei
Neulinge ihre Verträge für den Einstieg in die Königsklasse
unterschrieben. Der Nordire Eugene Laverty (28) kehrt der
Superbike-WM nach 13 Siegen in vier Jahren den Rücken und
heuert beim Aspar-Team an. Maverick Vinales (19) verlässt die
Moto2 nach nur einem Jahr und darf sich künftig Suzuki-Werksfahrer
nennen. Besondere Aufmerksamkeit wurde aber dem
Aufstieg von Jack Miller (19) zuteil. Der Australier wechselt
direkt aus der Moto3 in die MotoGP und übernimmt bei LCR
Honda einen Production Racer von Honda. Miller ist damit der
erste Pilot, der direkt von der kleinsten in die größte Klasse der
Weltmeisterschaft aufsteigt.
Der Doktor hat über
5.000 Punkte mit
seinen Operationen
verdient
DER ERSTE 5.000er
SCHWEIZER
DREAMTEAM
Der vielleicht begnadetste Motorradfahrer der Geschichte bricht auch in seiner
19. Saison in der Weltmeisterschaft und im Alter von 35 Jahren noch immer
Rekorde. Der Grand Prix von Großbritannien in Silverstone markierte Rossis
246. Start in der Königsklasse. Damit setzte er sich alleinig an die Spitze der
Rekordlisten und ließ den Brasilianer Alex Barros (245 Starts) hinter sich.
Zwei Wochen später durchbrach Rossi mit seinem Sieg in Misano als erster
Pilot in der Geschichte der Motorrad-WM die Schallmauer von 5.000 WM-
Punkten. Im nächsten Jahr wird Rossi auch den klassenübergreifenden Startrekord
von Loris Capirossi (aktuell bei 328 WM-Rennen) brechen.
Die beiden Schweizer Aushängeschilder Tom Lüthi und Dominique
Aegerter werden 2015 gemeinsam in einem Team in der Moto2
unterwegs sein. Das Interwetten Team von Daniel M. Epp und der
Technomag carXpert Rennstall von Fred Corminboeuf bündeln ihre
Kräfte und werden gemeinsam unter dem Namen Team Derendinger-
Interwetten antreten. Ergänzt wird die Schweizer Nationalmannschaft
von Robin Mulhauser, der das Fahrer-Trio komplettiert. Überhaupt
befindet sich die Schweiz in der Moto2 im Aufwind: Jesko Raffin, der
Führende der spanischen Meisterschaft, konnte sich für 2015 einen
Platz in der zweithöchsten Klasse der WM sichern. Hopp Schwiiz!
www.Motorsport-Magazin.com 11
Großer Wunsch:
Nabil Jeffri träumt
von der Formel 1
FOTOS: ATS FORMEL 3 CUP/ALEXANDER TRIENITZ, ADRIVO/SUTTON
FRAGEN AN
TEXT: ROBERT SEIWERT
NABIL JEFFRI
DER ATS FORMEL 3 CUP GILT ALS DAS ABITUR DES MOTORSPORTS. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM
WIRFT EINEN GENAUEN BLICK INS FAHRERLAGER UND PRÄSENTIERT HOFFNUNGSVOLLE TALENTE UND
SPANNENDE GESCHICHTEN. DIESMAL: NABIL JEFFRI, BOTSCHAFTER MALAYSIAS UND PETRONAS-JUNIOR.
Nabil, du bist seit vergangenem Jahr offizieller
Botschafter für deine Heimat Malaysia. Was
bedeutet das für dich?
Das ist etwas ganz Besonderes und macht mich
sehr stolz. Nicht viele Menschen werden für solch
eine Aufgabe auserwählt. Mein Ziel ist, den Leuten
meine Heimat Malaysia näher zu bringen. Ich treffe
das Jahr über viele Menschen und erzähle ihnen
unsere Geschichte - ein großes Privileg für mich.
Zu dieser Aufgabe kam ich dank meiner Erfolge
im Motorsport. Der Sportminister Malaysias kam
im vergangenen Jahr auf mich zu und fragte, ob
ich die Rolle des Botschafters übernehmen wolle.
Ich habe sogar schon unseren Premierminister
getroffen. Er interessiert sich für meine Karriere
und unterstützt mich sehr.
Mit Petronas hast du einen weiteren starken
Partner an deiner Seite. Wie wichtig ist das für
deinen Werdegang?
Ohne Petronas wäre ich gar nicht hier. Ich habe
großes Glück, dass sie mich unterstützen und bei
meinem Weg nach oben begleiten. Das Besondere
daran ist ihre enge Verbindung zum Formel-
1-Team von Mercedes. Einen besseren Partner
kann ich mir also gar nicht vorstellen. Wenn ich
weiter gute Leistungen erziele, habe ich eine
Chance, einmal ins Formel-1-Team aufzusteigen.
Petronas ist dabei ein ganz wichtiger Teil, für den
sportlichen Erfolg bin ich aber selbst
verantwortlich.
Du bist noch immer der jüngste Pilot, der
jemals ein Formel-1-Auto getestet hat. Wie kam
es im Jahr 2010 dazu?
Stimmt, da war ich gerade einmal 16 Jahre alt.
Caterham-Besitzer Tony Fernandes wurde nach
meinen sportlichen Erfolgen in Malaysia auf mich
aufmerksam. Ich stand gerade unter der Dusche,
als er mich anrief und fragte, ob ich eines ihrer
Formel-1-Autos testen wolle. Zuerst dachte ich,
das sei ein Scherz! Natürlich sagte ich zu. Nur eine
Woche später flog ich nach England und absolvierte
auf dem Flughafen von Duxford einen Aero-
Test. Es war verrückt, wie viele Ingenieure sich
dort um mich kümmerten. So etwas hatte ich noch
nie zuvor erlebt. Der Test war einzigartig, das Auto
fühlte sich so unheimlich schnell an. Ich bin Tony
sehr dankbar für das Vertrauen - wer würde einem
Motorsport-Magazin.com ist offizieller Medien-Partner des ATS Formel Cup.
12 www.Motorsport-Magazin.com
Jeffri durfte mit 16
Jahren einen
Lotus testen
NABILS GROSSER TAG
16-Jährigen schon die Chance geben, ein F1-Auto
zu fahren?
Du bestreitest dieses Jahr deine zweite Saison
im ATS Formel 3 Cup. Inwiefern hast du dich
verbessert?
Ich habe auf jeden Fall einen großen Sprung nach
vorne gemacht. Inzwischen kenne ich vor allem die
Strecken viel besser als in meinem Rookie-Jahr. Mit
meinem Team Motopark hatte ich eine tolle Vorbereitung
auf die Saison, das kam mir sehr zugute. Ich
reise vor den Rennen zum Team nach Oschersleben,
um mich im Simulator vorzubereiten.
Weißt du schon, wie es mit deiner Karriere
weitergeht?
Der Plan ist, nächstes Jahr in die Formel 3 Europameisterschaft
aufzusteigen und dort an meine
Leistungen anzuknüpfen. Ich möchte die Karriereleiter
Schritt für Schritt hinaufklettern. Nachwuchsserien
wie die GP3 und GP2 sind weitere
Etappenziele hin zu meinem großen Traum: für
Mercedes AMG in der Formel 1 zu fahren. Ich weiß,
dass es bin dahin noch ein langer Weg ist und man
viel Erfahrung braucht, um in der Formel 1 zu starten.
Ich muss einfach schauen, dass meine Ergebnisse
stimmen.
Der 1. September des Jahres 2010 wird
Nabil Jeffri wohl für immer im Gedächtnis
bleiben. An jenem Tag durfte der damals
16-Jährige auf dem Duxford Flugplatz in
England zum ersten Mal ein Formel-
1-Auto fahren. Der Malaysier saß bei
einem Straight-Line-Aerodynamiktest am
Steuer eines Lotus-Boliden des heutigen
Caterham Teams. Mit Rat und Tat standen
Jeffri Stammpilot Heikki Kovalainen und
Testfahrer Fairuz Fauzy zur Seite. »Er hat
das Vertrauen zurückbezahlt, das ich in
ihn gesteckt habe«, sagte Teamchef Tony
Fernandes. »Seine Leistung war unglaublich
gut und das macht mich sehr stolz.
Ich gehe davon aus, dass sich Nabils Kopf
auf der Heimreise drehen wird, aber er
kann jetzt sagen, dass er ein F1-Auto
gefahren ist.«
Alex Criville holte
sich in Assen
den ersten Sieg
TEXT: MICHAEL HÖLLER
SPANIENS ERSTER SIEG
IN DER KÖNIGSKLASSE
Mick Doohan hatte das Jahr 1992 dominiert, als die Motorrad-WM Ende Juni
in Assen gastierte. Der amtierende Weltmeister Wayne Rainey hatte sich als
einziger Rivale um den Titel erwiesen. In Assen war das Rennen für Rainey
wegen einer Handgelenksverletzung aber schon nach dem Training vorbei.
Im Qualifying erwischte es Doohan schlimm, als sich dieser bei einem Sturz
einen doppelten Bruch des rechten Unterschenkels zuzog. In Abwesenheit
der Titelrivalen konnte sich Altmeister Eddie Lawson die Pole Position
schnappen. Im Rennen sollte aber ein anderer Fahrer die Oberhand behalten:
Rookie Alex Criville. Der Spanier fiel zunächst nicht auf, an der Spitze duellierten
sich Lawson und Kevin Schwantz. Doch in der siebten Runde krachte
das Führungsduo zusammen, als Lawsons Cagiva den Hinterreifen von
Schwantz‘ Suzuki berührte und beide Motorräder abflogen. Damit erbte Alex
DENK-
WÜRDIGE
RENNEN
Barros die Führung, doch John Kocinski, Juan Garriga und Criville rasten
von hinten heran. Mehrfach wechselte die Führung innerhalb dieser Vierergruppe,
aber auf der Ziellinie hatte Criville 0.762 Sekunden die Nase vor
Kocinski und Barros. Das Besondere an diesem Erfolg? Spanien hatte zu
diesem Zeitpunkt zwar schon 23 Weltmeister-Titel, aber Crivilles Triumph
in Assen bedeutete den ersten Rennsieg der stolzen Motorradnation in der
Königsklasse. Sieben Jahre später sollte sich Criville zum ersten spanischen
500cc-Weltmeister krönen und damit den Grundstein zur aktuellen Dominanz
spanischer Piloten legen.
DATUM: 27. Juni 1992
STRECKE:
Assen
DISTANZ:
20 Runden = 120,98 km
WETTER:
Sonnig
POLE POSITION:
Eddie Lawson (2:03.675 Minuten)
SCHNELLSTE RENNRUNDE: Juan Garriga (2:04.625)
FOTOS: MILAGRO
Alex Criville sicherte
Spanien den ersten Sieg
in der Königsklasse
14 www.Motorsport-Magazin.com
Weniger glücklich
über die Niederlage:
Wayne Rainey
KOLUMNE | MOTORRAD
JUGENDWAHN
IN DER MOTOGP
SIND TEENAGER REIF GENUG FÜR DIE KÖNIGSKLASSE?
TEXT: MICHAEL HÖLLER
FOTOS: MILAGRO
J
ack Miller und Maverick Vinales sind 19
Jahre alt. Die beiden talentierten Teenager
werden sich 2015 mit Marc Marquez
und Valentino Rossi in der MotoGP messen.
Während der Aufstieg für den (noch) amtierenden
Moto3-Champion Vinales nach nur einem Jahr in
der Moto2 erfolgt, überspringt Miller diese Klasse
gleich ganz und steigt direkt von der untersten in
die oberste Kategorie auf. Ein Novum in der bislang
hierarchischen Welt der Motorrad-WM. Haben die
beiden Fahrer das nötige Talent oder sind sie nur
Produkte eines Jugendwahns, der durch den Hype
rund um Marc Marquez ausgelöst wurde?
Seit sich Marquez im Vorjahr mit nur 20 Jahren
zum Champion krönte, wirkt es so, als würde plötzlich
jeder Teamchef nach dem nächsten jüngsten
Weltmeister der Geschichte suchen. Bislang war
es eine Art ungeschriebenes Gesetz, mindestens
zwei Jahre in jeder Klasse zu absolvieren. Diese
Lehrjahre absolvierten einst auch Rossi, später
Lorenzo und Pedrosa und zuletzt Marquez. Nach
und nach scheint die Elektronik-Ära des Motorradsports
aber diese Regeln auszuhebeln und außer
Kraft zu setzen. »Ein MotoGP-Bike ist mittlerweile
einfacher zu handhaben als so eine Moto2-
Maschine«, verriet mir unlängst ein Teamchef,
dessen Rennstall in beiden Serien unterwegs ist.
Der Lerneffekt, den ein behutsamer Aufstieg von
Klasse zu Klasse mit sich bringt, ist also nicht mehr
so groß wie einst.
Dabei hatten Vermarkter Dorna, Weltverband FIM
und Team-Vereinigung IRTA vor Jahren ein Maßnahmenpaket
beschlossen, um einem derartigen
Jugendwahn entgegen zu wirken. Genau diese
Regelungen werden aber immer weiter aufgeweicht.
Der Rookie-Paragraph, der MotoGP-
Neulingen verbot, in ihrer Debütsaison in einem
Werksteam zu fahren, wurde für Marquez vor
zwei Jahren gekippt. Vor kurzem untergruben
die Verantwortlichen auch das Alterslimit für den
WM-Einstieg, das einst auf 16 Jahre festgesetzt
wurde. Weil Honda Druck machte, dürfen Fahrer
künftig auch vor dem 16. Geburtstag ein Moto3-
Rennen fahren - insofern sie im Jahr davor die
spanische Moto3-Meisterschaft gewonnen
haben. Damit darf Hondas französisches Supertalent
Fabio Quartararo, der erst im nächsten
April 16 Jahre alt wird, schon beim Saisonstart
im März dabei sein. Anlassgesetzgebung allererster
Güte.
An der Qualität der Fahrer ändert dieses Verhalten
der Verantwortlichen allerdings nichts.
Sowohl Miller, als auch Vinales werden die
Klasse haben, in der MotoGP zu bestehen. Und
auch der talentierte Quartararo wird sich mit der
erfahreneren Moto3-Konkurrenz messen können.
Allen Kritikern der Jugendbewegung in der
MotoGP sei gesagt: Jorge Lorenzo und Dani
Pedrosa waren bei ihrem MotoGP-Debüt auch
erst 20 Jahre alt, Valentino Rossi nur ein Jahr
älter. Es hat also Tradition, begnadete Fahrer
schon in Teenagerjahren für die Königsklasse
unterschreiben zu lassen. Es mit dem Jugendwahn
übertreiben, sollte man allerdings nicht -
und hier sind auch wir Medien gefordert. Denn
auch wir sind mit Argusaugen darauf bedacht,
das nächste Supertalent ausfindig zu machen
und großartige Karrieren vorherzusagen. So
freuen sich Italiener über »ihren« starken Rookie
Enea Bastianini oder Franzosen auf den WM-
Einstieg von Quartararo. Übertrieben sind allerdings
Fragen wie jene (gestellt nach dem Test
in Brünn) an Marquez, ob er in Quartararo seinen
großen Gegenspieler des nächsten Jahrzehnts
sieht. Da müssen manche meiner Kollegen die
Kirche dann doch bitte im Dorf lassen.
www.Motorsport-Magazin.com 15
PRO & CONTRA
HAT RENAULT RED BULL DIE TITELVERTEIDIGUNG VERSAUT?
Was kostete Red Bull
den WM-Titel 2014?
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Die Rache des V8?
Zum Finale 2013 ließ
Red Bull Motoren hochgehen
+++ PRO +++
+++ CONTRA +++
Spielberg 2014. Der RB10 von Sebastian Vettel dümpelt in der ersten Runde
des Österreich GP so dahin, um kurz darauf - weit abgeschlagen vom Feld
- endgültig seinen Geist aufzugeben.
Dieses Szenario ist Sinnbild der diesjährigen Saison und der beste Beweis
dafür, dass das Renault-Aggregat den Serienweltmeister in diesem Jahr um
Siege, Podestplätze und in Folge dessen auch um den fünften WM-Titel in
Serie gebracht hat.
Dass Daniel Ricciardo in der ersten Saisonhälfte drei Siege einfuhr und damit
als einziger die Mercedes-Dominanz brechen konnte, ist nicht der Beweis
dafür, dass die Kritik an Renault überzogen ist, sondern zeigt nur, dass Adrian
Newey wieder einmal ein sehr gutes Auto hingestellt hat.
»Schaut man auf das Chassis, sind wir absolut an der Spitze. Der ‚kranke‘
Teil ist der Motor. Es liegt an Renault«, kommt die Kritik von Dr. Helmut Marko
nicht von ungefähr. Denn selbst das aerodynamisch am meisten ausgeklügelte
Auto kann ein Leistungsdefizit von 80 PS gegenüber der silbernen
Konkurrenz nicht kompensieren.
Natürlich hat sich auch Red Bull Fehler geleistet, aber diese sind bei Weitem
nicht mit dem zu vergleichen, den sich Renault mit dem V6-Turboaggregat
in punkto Speed und Zuverlässigkeit zuschulden hat kommen lassen.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Bei den Testfahrten brachte es Vettel
gerade einmal auf 865 km. Von Melbourne bis Singapur spulte er nur 8.873 km
ab und zumeist hatte Renaults gebrechliche Power Unit damit zu tun.
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
Zu wenig PS? Oh ja! Unzuverlässig? Und wie! Dann steht‘s ja fest: Renault
hat Red Bull die vierte Titelverteidigung in Folge versaut. Oder etwa nicht?
Nicht so schnell mit den jungen (aber leistungsschwachen) Pferden. Zum
Verlieren gehören immer zwei. Klar, die französische Power Unit kam viel zu
spät in Schwung. Der Testrückstand war immens.
Dennoch fuhr Daniel Ricciardo beim Saisonauftakt in Melbourne aufs Podium
- bis er disqualifiziert wurde. Der Speed war aber da. So gesehen haben das
Fuel-Flow-Meter und die Red-Bull-Ignoranz der FIA-Anweisungen Renault
einen zweiten Platz versaut.
Ja, der Leistungsunterschied zu Platzhirsch Mercedes ist enorm. Allerdings
war auch der Renault-V8 alles andere als der stärkste Antrieb. Schon in den
vergangenen Jahren lobte Red Bull sich gerne selbst dafür, dass das geniale
Newey-Chassis ja trotz dieser PS-Schwäche reihenweise siegte.
Sobald jedoch die ersten Probleme auftraten, schlugen die Verantwortlichen
urplötzlich auf jenen Partner ein, mit dem sie gerade vier WM-Titel in Serie
abgeräumt hatten. Von gemeinsam an einem Strang ziehen war in den ersten
Wochen nichts zu sehen. Vielmehr wurde mit einem eigenen Motor gedroht.
Dabei zeigt ein Blick in die eigene Box, dass der RB10 bei Weitem nicht so
eine Rakete ist wie seine Vorgänger. Er ist ein gutes F1-Auto, das als einziges
die Silberpfeil-Dominanz durchbrechen konnte. Aber alle Schuld lässt sich
nicht abschieben. Auch Verlieren will gelernt sein.
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
16 www.Motorsport-Magazin.com
KOLUMNE | FORMEL 1
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
REMEMBER:
THINK FIRST THEN ACT
DIE FIA HAT SICH UND DEM SPORT MIT DEM REVIDIERTEN FUNKVERBOT KEINEN GEFALLEN GETAN.
Nico Rosberg:
Hoffentlich funktionieren
diesmal alle Knöpfe
FOTOS: MERCEDES-BENZ
B
ernie Ecclestone ist bekannt dafür, Ideen in die Welt hinauszuwerfen,
die viel mehr in die Welt der Träumerei verbannt gehören. Doch
dieses Mal hat er mit seiner Idee, den Funk zwischen Fahrern und
Box zu reduzieren, absolut ins Schwarze getroffen. »Die Piloten sollten wissen,
was richtig und was falsch ist«, begründete der F1-Zampano - und dieses eine
Mal gebe ich ihm Recht. Auch wenn die heutigen Formel-1-Piloten definitiv
keine Marionetten sind, die von außen gesteuert werden, so lässt sich nicht
abstreiten, dass es nach außen hin durchaus diesen Eindruck macht. Das
schadet dem Image der Formel 1. Noch mehr als der Eindruck vom ferngesteuerten
Piloten schadet der Formel 1 aktuell aber die FIA. Das ist eine gewagte
Behauptung, schon klar. Doch was sich der internationale Automobil-Dachverband
abseits des Singapur GP geleistet hat, kann nur als lächerlich bezeichnet
werden. Kaum hatte die FIA das Funkverbot erlassen, knickte man auch schon
wieder ein und ruderte mit seinen Verboten zurück. Wie gesagt, die Beschneidung
des Funkverkehrs an sich ist eine längst überfällige Sache, doch die
Umsetzung war eine Katastrophe. Hätte die FIA das Funkverbot bis zum Ende
durchdacht, dann hätte man den Aufruhr im Paddock kommen sehen. Es war
klar, dass die Teams auf eine einschneidende Regeländerung, die zwischen
zwei Rennen eingeführt wird, nicht begeistert reagieren würden. Immerhin
warf das Verbot dutzende Fragen auf. Beispielsweise wie die Fahrer sämtliche
- auch sicherheitsrelevanten - Informationen zu Spritverbrauch, Batterieaufladung,
Schalterpositionen für Motor und Getriebe usw. im Blick behalten sollten?
Oder was ist, wenn ein Fahrer einen Crash baut, weil ihn sein Renningenieur
nicht darüber informiert, dass seine Reifen oder Bremsen nicht mehr richtig
funktionieren? Oder wenn urplötzlich ein Lenkrad nicht mehr funktioniert? Auf
all diese Fragen hätte die FIA eine Antwort haben müssen, genauso wie auf
die Kritik, dass all jene Teams, die über kein großes Display auf dem Lenkrad
verfügen, einen Nachteil haben. Doch die FIA hatte keine Antworten. Als Konsequenz
musste das Funkverbot revidiert werden, doch eigentlich hätte man
erwarten können, dass die FIA vorher überlegt und dann erst handelt. Damit
hätte die FIA sich und dem Sport einen Gefallen getan. Es hätte auf jeden Fall
verhindert, dass jetzt ein halbherziges Funkverbot gilt, das keinem Fahrer die
Schweißperlen auf die Stirn zaubern wird. Denn zu einfach lassen sich erlaubte
Nachrichten wie ‚oil transfer‘ codieren. So könnte die Nachricht zwei verschiedene
Bedeutungen für den Fahrer haben, je nachdem ob er den Funkspruch
in Kurve 1 oder in Kurve 10 erhält. Endgültige Sicherheit? Fehlanzeige! Und als
hätte sich die FIA mit dem Funkverbot nicht schon genug geschadet, sind die
Verantwortlichen gerade dabei, sich erneut ins eigene Knie zu schießen. So
sollen die doppelten Punkte beim Saisonfinale 2015 wieder abgeschafft werden
- weniger als zwölf Monate, nachdem sie eingeführt wurden und zahlreiche
Formel-1-Fans vergrämten. Dabei hatte Nico Rosberg bereits in Singapur den
Nagel auf den Kopf getroffen. »Im Grunde geht es in der Formel 1 um Unterhaltung.
Es geht darum, die Fans zu unterhalten, deshalb müssen wir darauf
hören, was die Fans wollen.«
www.Motorsport-Magazin.com 17
MARK SUTTON
LIFE THROUGH A LENS
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Sir Frank is watching you:
Boxenstopp-Überungen
01
EIN WACHSAMES AUGE
Dies Bild ist deshalb so interessant, weil ich niemals zuvor Sir Frank Williams so in
der Boxengasse gesehen habe. Natürlich fährt das Auto nicht los, denn das ist ein
Trainingsboxenstopp - aber es ist irreführend! Ich glaube, es war Donnerstagabend.
Die Leute neigen dazu, wirklich lange zu arbeiten, denn es ist eine gute Zeit, um im
Dunkeln Boxenstopps zu üben. Natürlich sind Lichter an, aber es ist eine Chance, die
Stopps zu üben, wenn Schatten da sind. Ich denke, Frank war interessiert, er wollte
nicht in der Garage bleiben und ich mache ihm da keine Vorwürfe. Irgendwann machte
Valtteri Bottas ein paar Filmaufnahmen für das Fernsehen, aber ich habe ihn verpasst.
Ich war der einzige Fotograf vor Ort. Ich sah, dass sich bei Williams etwas anbahnt,
dann sah ich Sir Frank und realisierte, dass sich eine tolle Aufnahme aus einem
niedrigen Winkel ergeben würde. Trotzdem will ich betonen, dass es sich nicht um
einen richtigen Boxenstopp gehandelt hat!
SUPER MARIO
Diese Fotos entstanden während Promotion-Aufnahmen für den USA GP auf dem
Circuit of the Americas. Mario Andretti ist eine Legende, sodass jeder Fahrer sofort
mitmacht, wenn Andretti involviert ist. Wenn man die Fahrer dazu bringen will, einen
witzigen Hut zu tragen, ohne dafür einen guten Grund zu haben, dann ist das verdammt
schwierig. Aber mit Mario hat man ein leichtes Spiel. Die Fahrer wollen mit ihm reden,
mit ihm in Kontakt treten. Mario ist ein unglaublicher Gentleman, offen für alles und
ein toller Gesprächspartner. Es sollte mit den Bildern eine Geschichte erzählt werden
- Mario war der Sheriff, der einige Stellvertreter für den Grand Prix suchte. In jedem
Team hatte er zwei Stellvertreter, die diese Cowboy Hüte trugen. Das einzige Team,
das nicht mitspielte, war Mercedes. Aber nach dem Vorfall in Spa-Francorchamps
kann man sich vorstellen, warum!
WHOA ROUGE
Ich war seit Jahren nicht mehr in Eau Rouge und es war toll, wieder dort zu sein.
Dieses Mal war eines der Haupttore verschlossen, durch das man an die Außenseite
der Strecke kommt. Ich war aber früh genug vor Sessionbeginn dort, um die Strecke
ohne Probleme überqueren zu können. Es war nicht so schwierig und ich habe nicht
davor zurückgeschreckt, über Mauern und Zäune zu klettern. Sobald ich in Position
war, war es eine unglaubliche Erfahrung. Dieses Foto wurde durch die Leitplanke mit
einem Fischaugenobjektiv und kurzer Verschlusszeit aufgenommen. Die Autos waren
nicht so laut wie gewöhnlich, sodass man einfach nur die verdrängte Luft im Gesicht
spürte. Die Autos waren verdammt nah an einem dran, was mir noch immer den Atem
raubt. Es gibt nicht viele Kurven, die mit 320 km/h durchfahren werden und an denen
man nur durch zwei Leitplanken von den Boliden getrennt wird. Das ist einfach eine
Pflichterfahrung in der Formel 1!
Eau Rouge durch
die Leitplanke
03
18 www.Motorsport-Magazin.com
02
Gestatten: Die
Hilfs-Sheriffs Sutil
und Gutierrez
KOLUMNE | FORMEL 1
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
VON BRÜCHEN & KÜSSEN
DIE FORMEL 1 IST EIN HARTES GESCHÄFT. STIMMT! ABER SIE HAT AUCH IHRE LUSTIGEN SEITEN...
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Vorsicht,
Maldo voraus!
LEHRE NUMMER 1: KEINE CRASHGEFAHR!
»Ooops he did it again.« Britney (nein, die andere, nicht die von
Mercedes) würde ganz schön ins Schwitzen kommen, wenn sie
ihren Hit bei jedem Unfall von Pastor Maldonado zum Besten geben
müsste. Der Venezolaner bescherte seinen Mechaniker schon einiges
an Arbeit - zum Glück hat er im Voraus bezahlt. Pastor selbst glaubt
hingegen nicht, dass er besonders viele Ausrutscher hatte. »Ehrlich
gesagt hatte ich nicht viele Zwischenfälle.« [Pause zum Staunen,
Tränen aus den Augen wischen, je nachdem] »Es liegt nicht an mir
oder dem Auto. Es ist einfach Pech.« Na dann. Unser Fehler. Liegt
sicher an diesem bösen Internet. Das ist wirklich eine Pest. Auf
Facebook und Twitter ist Maldonado dank seiner Nichtunfälle mittlerweile
eine Art moderner Volksheld. Es gibt sogar »Crashtor«
T-Shirts und Tassen. Selbst wir haben uns angesteckt. Auf dem Weg
nach Monza sahen wir typisch italienische Leitplanken (also in
Schlangenlinien verlaufend). Unsere Schlussfolgerung: »Hier scheint
Maldo gestern zur Strecke gefahren zu sein!«
Harte Arbeit, aber es
lohnt sich doch, Toto!
Danny, Danny,
pausenlos am
Grinsen der Kerl
Yes, Fernando ist
der Friedensstifter
LEHRE NUMMER 2: ASTURISCHER SCHLICHTER
Wow, die Frage hat gesessen. Vor wenigen Jahren hätten sich Lewis
und Fernando das sicher nie im Leben erträumt. In aller Öffentlichkeit
legt der Spanier seinen Arm tröstend, nahezu beschützend um den
Briten und grinst in die Menge. Es ist Rennen 1 nach dem Silberpfeil-
Knall von Spa. Lewis und Nico treffen in Monza zum ersten Mal seit
dem Crash vor den Kameras der Medien aufeinander. Zwischen ihnen
sitzt der Spanier, quasi als roter Puffer im silbernen Sandwich.
»Fernando, bist du jetzt der Friedensbotschafter?« Gelächter im Publikum
und unter den Fahrern. Fernando reißt beide Arme in Siegerpose
nach oben: »Yes!« Wenn das Ron Dennis hört...
LEHRE NUMMER 3: GRAUE HAARE UND EIN ARMBRUCH
Das Vollgasleben eines F1-Teamchefs ist hart. »Der Rhythmus ist
verrückt. Ich kann mir vorstellen, dass ich eines Tages aufwache
und mir denke: genug!«, sagte Toto Wolff zu Saisonbeginn bei einem
kurzen Abstecher in die Heimatstadt von Motorsport-Magazin.com
nach Graz. Mehr als einmal betonte Toto seitdem, dass ihm der
Titelkampf zwischen seinen beiden Piloten ein paar graue Haare
mehr eingebracht habe - Spa sei Dank. Die leidigen Zuverlässigkeitsprobleme
taten ihr Übriges. Wenn es nur eine Wunderlösung
gäbe, um diese ein für alle Mal auszumerzen. »Ich würde mir dafür
meinen Arm noch einmal brechen!« Kein Wunder, dass Toto den Job
nicht ewig machen möchte...
LEHRE NUMMER 4: GUTENACHTKÜSSCHEN
Dieser Ricciardo! Sauschnell. Super freundlich. Stets einen flotten
Spruch auf den Lippen. Und dann auch noch dieses Dauergrinsen!
Unfassbar. So schwer es uns auch fällt, aber wir müssen zugeben:
dagegen kommt kein noch so langer Zeigefinger an. Aber jetzt mal Hand
aufs Herz: was macht den Kerl so verdammt gut? Ein Grinsen vom
linken bis zum rechten Außenspiegel kann ja aerodynamisch nie und
nimmer von Vorteil sein! »Das Geheimnis?«, fragt Daniel mit diesem
typischen, schelmischen Gesichtsausdruck, der nichts Ernstes verheißen
lässt. »Ich gebe meinem [Auto] jede Nacht einen Kuss - mit Zunge...
aber verratet es Seb nicht!«
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SLIDESHOW | FORMEL 1 | #39 | 2014
❱ ABSPRUNG
DIE BESTE
ALTERNATIVE
TEXT: CHRISTIAN MENATH
FOTO: CATERHAM
Kann man mit einem Formel-1-Fahrer Mitleid haben? Sie wohnen
in Weltmetropolen in den besten Hotels, kriegen die schönsten
Frauen und dürfen nebenbei die schnellsten Autos fahren. Trotzdem
kann einem Kamui Kobayashi leidtun. Nach einem Jahr Pause hat
er wieder ein Cockpit erbettelt. Kommt jemand, der Geld zahlt und
eine Superlizenz mitbringt, ist er sein Cockpit aber wieder los. Ein
Cockpit, um das man ihn ohnehin nicht beneiden muss. Und obwohl
er Teamkollege Marcus Ericsson deutlich im Griff hat, winkt keine
Alternative für die Zukunft. Vielleicht wäre das fluchtartige Verlassen
von Caterham die schmerzfreiste Alternative - lieber ein Ende mit
Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
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MYTHOS
SCUDERIA
FERRARI
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN & CHRISTIAN MENATH
LEGENDE, MYTHOS, RELIGION. FERRARI IST MEHR ALS EIN FORMEL-1-TEAM. DAS SPRINGENDE PFERD AUF GELBEM
GRUND BEGEISTERT MILLIONEN VON MENSCHEN IN ALLER WELT. SEIT JAHREN HEISST ES BEI ERFOLGEN JEDOCH:
FEHLANZEIGE. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM BELEUCHTET DEN ROTEN UMBRUCH.
22 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 23
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
MYTHOS
SCUDERIA
FERRARI
rme, überall ausgestreckte
A
Arme. Mikrofone, Fotoapparate,
TV-Kameras. Für solche
Momente wurde der Begriff
Wuselfaktor erschaffen. Von
erhöhter Position gleicht das
Fahrerlager von Monza einem Ameisenhaufen.
Nur dass die Königin in diesem Fall ein König ist.
Vielleicht sogar ein Kaiser. So oder so steht er kurz
vor dem Sturz. Nur preisgeben möchte er es zu
diesem Zeitpunkt noch nicht. Presserunden mit
Luca di Montezemolo hatten stets etwas von einer
Audienz. Es gab keine Fragen. Der Ferrari-Häuptling
hielt eher eine Ansprache, und zwar wann
immer er wollte. Wer lauschen wollte, musste warten.
Manchmal sehr lange.
Es sollte der letzte offizielle Auftritt des Patriarchen
an einer Rennstrecke sein. Ausgerechnet in Monza.
Dem High-Speed-Mekka der Tifosi. »Nichts hält
für die Ewigkeit«, sagt Ex-GP-Pilot David
Coulthard. Ferrari muss sich verändern. Da war
selbst der Alleinherrscher von Maranello nicht
mehr sicher. »Ferrari möchte immer gewinnen.
Für sie zählen nur WM-Titel«, weiß Mika Salo aus
eigener Erfahrung. »Sie sind nicht zufrieden, bis
sie das erreicht haben.« Die Scuderia lebt für den
Erfolg. Für den di Montezemolo in den vergangenen
23 Jahren sportlich wie wirtschaftlich mitverantwortlich
zeichnete. »Er hat das grundsätzliche
Schicksal von Ferrari in die Hand genommen,
geprägt und Ferrari seinen Stellenwert gegeben«,
sagt Christian Danner. »Das ist sein
Lebenswerk.«
Die Zeit eines der drei M‘s ist damit abgelaufen.
An der Stelle von di Montezemolo müssen nun
Präsident Sergio Marchionne und Teamchef
Marco Mattiacci beweisen, dass sie das lahmende
Pferdchen wieder zum Springen bringen können.
»Ich kenne Marchionne nicht persönlich. Aber er
ist eindeutig ein großer Geschäftsmann«, verrät
Coulthard gegenüber Motorsport-Magazin.com.
Die Aufgabe des neuen Big-Bosses ist für den
Schotten klar umrissen: »Es geht darum, die besten
Designer zu finden oder eine Generation neuer,
junger Designer heranzuziehen. Es geht nicht ums
Geld, es geht um die Menschen. Sie müssen das
Geld für die richtigen Leute ausgeben, wenn sie
große Erfolge feiern wollen.« Hier kommt Fiat-
Boss Marchionne ins Spiel. »Wenn man seine
Arbeit ansieht, ist er sehr gut im Umgang mit
Menschen«, sagt Johnny Herbert. »Hoffentlich
kann er eine positive Struktur erschaffen, um wieder
in die Situation zu gelangen, die Weltmeisterschaft
zu gewinnen.«
Marchionnes Fähigkeiten als Personal-Manager
werden in Maranello definitiv gefragt sein. Schon
in der Vergangenheit hieß es immer wieder, dass
Ferrari »typisch italienisch« im Chaos versinke.
Die großen Erfolge zu Beginn dieses Jahrtausends
verdankte die Scuderia dem Quartett Jean Todt,
Ross Brawn, Rory Byrne und Michael Schumacher.
Sie brachten das Team auf Vordermann, bildeten
eine verschworene Gemeinschaft und etablierten
eine professionelle Struktur. »Sie haben Ferrari für
di Montezemolo zum Erfolg geführt«, bestätigt
Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner.
»Alles, was danach kam, war klassisches
Ferrari-Management, wie wir es in der Ära vor
Todt, Brawn und Schumacher gesehen haben.«
Herbert verurteilt die italienische Mentalität dabei
nicht per se zum Scheitern. »Ich sage nicht, dass
die italienische Art nicht funktioniert«, betont der
Brite. Aber es dauere eben lange, ein Topteam
umzubauen. Selbst das Mercedes-Werksteam, das
derzeit die Königsklasse scheinbar nach Belieben
dominiert, benötigte vier Jahre Anlaufzeit. »Als
BAR war das Team wirklich schlecht«, erinnert
sich Herbert. »Es hat lange gedauert, bis alles
zusammenkam. Jetzt sind sie auf dem Weg, die
WM zu gewinnen. Sie haben die richtigen Zutaten,
die richtigen Leute und den Erfolg auf der Strecke.«
Mercedes ist im britischen Brackley beheimatet
und erhält Unterstützung aus der Motorenschmiede
in Brixworth und vom Mutterkonzern
in Deutschland. »Ich sage nicht, dass man unbedingt
eine britische Mentalität benötigt«, schwächt
Herbert ab. Schließlich funktioniert diese auch
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI
24 www.Motorsport-Magazin.com
nicht immer. Williams ist gerade erst aus einer
jahrelangen Flaute erwacht, McLaren steckt hingegen
noch immer in einer Krise. Britischer als
diese beiden Teams kann ein Formel-1-Rennstall
nicht geführt werden. »Man muss die richtigen
Leute haben, die zusammenarbeiten. Das braucht
leider Zeit«, ermahnt Herbert Medien wie Tifosi
zur Geduld.
Mit der Geduld haperte es bei Ferrari in der Vergangenheit
jedoch recht häufig. Läuft es nicht, wird
schnell ein Sündenbock gesucht. Dieser wird dann
rasch der italienischen Presse zum Fraß vorgeworfen.
In den vergangenen, sieglosen Jahren waren
dies Streckeningenieur Chris Dyer, Teamchef Stefano
Domenicali, Motorenchef Luca Marmorini
und der Technische Direktor Aldo Costa. Letzterer
ist übrigens aktuell mit Mercedes auf dem Weg,
beide WM-Titel abzuräumen. »Di Montezemolo
ist hingegen ein ganz anderes Kaliber«, betont
Danner. Der Ex-Präsident ist in seinen Augen kein
weiterer Sündenbock, der der Erfolglosigkeit zum
Opfer gefallen ist. Vielmehr sieht Danner in ihm
ein Überbleibsel der alten italienischen Herrschaft
bei Ferrari. »Di Montezemolo hat Domenicali
durch tägliche Anrufe und das Stiften von permanentem
Chaos in den Wahnsinn getrieben«, verrät
Danner. Di Montezemolo sei so über seine eigene
Arbeitsweise gestolpert. Domenicali gab nach dem
Bahrain GP freiwillig seinen Posten auf, um sich
vor seine Mannschaft zu stellen und die Entlassung
weiterer Sündenböcke zu verhindern. Für die neue
Führung gilt es nun, sofort die Politik der Schuldzuweisungen
aus dem Denken des Teams zu beseitigen.
»Es gab viele Anschuldigungen, wessen
Schuld es war«, bestätigt Herbert gegenüber
Motorsport-Magazin.com. »Schuldzuweisungen
hier, Schuldzuweisungen dort. Das ist ein Problem
von Ferrari. Wenn man sich gegenseitig beschuldigt,
ist das immer sehr destruktiv.« Das Team
muss eine Einheit bilden, sich gegenseitig verstehen
und unterstützen, wie in den besten Zeiten
der Ära Todt. Nur dann kann Ferrari wieder zu
Höchstleistungen auflaufen. »Jean Todt war ein
sehr guter Chef«, erinnert sich Ex-Ferrari-Pilot
Salo im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.
Noch heute sind einige Leute bei Ferrari tätig, die
Salo aus seiner Zeit kennt. »Todt hat sehr gute
Arbeit geleistet und alles unter Kontrolle gehabt.«
Mattiacci muss nun eine ähnliche Rolle wie früher
Todt einnehmen. Der Italiener hat keine Wurzeln
in der Formel 1. Dadurch aber auch keine Feinde
oder Altlasten. Er ist ein Manager vom Schlage des
neuen Präsidenten Marchionne. Mit seinem ersten
Auftritt in China rief Mattiacci viele Skeptiker
hervor. Der neue Ferrari-Rennleiter setzte seine
Sonnenbrille das gesamte Wochenende über nie
ab. Selbst der schlimme Smog verleitete ihn nicht
dazu, seine Augen dem spärlichen Sonnenlicht
auszusetzen. In Medienrunden gibt sich der Neue
aggressiv, streitet schon mal mit Journalisten, die
ihm offensive Fragen stellen. Genau das könnte
Ferrari auch intern gebrauchen. Jemanden, der
seine Vorstellungen einer neuen Struktur →
»MONTEZEMOLO HAT STEFANO
DOMENICALI DURCH TÄGLICHE
ANRUFE UND STIFTEN VON PERMA-
NENTEM CHAOS IN DEN WAHNSINN
GETRIEBEN. EINE UNGLAUBLICH
CHARISMATISCHE GRAND-SEIG-
NEUR-PERSÖNLICHKEIT IST
LETZTENDLICH ÜBER IHRE EIGENE
ARBEITSWEISE GESTOLPERT.«
CHRISTIAN DANNER
Die Fahrer
Räikkönen &
Alonso sind
Ferraris geringstes
Problem
www.Motorsport-Magazin.com 25
MYTHOS
SCUDERIA
FERRARI
durchsetzt, koste es was es wolle. Die fehlende
Formel-1-Vergangenheit stört Coulthard dabei
wenig. »Man muss den Motorsport verstehen,
keine Frage«, verrät er Motorsport-Magazin.com.
»Aber viel wichtiger ist es, die Motorsport-Leute
zu verstehen. Die größte Aufgabe des Teamchefs
ist es, die Egos aller Beteiligten im Griff zu haben.
Sie werden alle gut bezahlt. Man muss das Beste
aus diesen Leuten herausholen. Ihre Erwartungen
und ihr Ego managen.«
it Pat Fry und James Allison
M
hat Mattiacci zwei erfahrene
Ingenieure an der Spitze der
Pyramide stehen. Während
Allison seit seinem Wechsel
von Lotus noch nicht allzu
viel Einfluss auf die Arbeitsweise hatte, steht Fry
mittlerweile schon wieder in der Kritik. Jetzt
kommt es darauf an, weitere Spitzenkräfte zu
verpflichten. Mattiacci umreißt die Stärken der
Scuderia so: »Die Fahrer, die Marke, die Kultur,
die Tradition, die Leute, die von früh bis nachts
arbeiten. Wir wissen, wie man gewinnt. Das
gehört zu unserer DNS. Wir wollen unbedingt
an die Spitze zurück, denn wir denken, dass wir
dorthin gehören. Das treibt uns an. Das ist mein
Audienz beim Big
Boss: Irgendwo im
Gewühl steckt
unser armer
MSM-Reporter
Ziel! Ich möchte ein sehr starkes Team aufstellen.«
Dafür muss Mattiacci die richtigen Ingenieure,
Aerodynamiker, Elektroniker und viele
andere von ihren aktuellen Teams loseisen und
nach Maranello locken. Keine einfache Aufgabe
im hart umkämpften Haifischbecken der Formel
1. Herbert sieht dabei ein großes Problem auf
die sich im Umbruch befindliche Scuderia
zukommen: »Viele der anderen Teams wie
Mercedes, Red Bull und McLaren suchen ebenfalls
neue Leute. Du kämpfst gegen die anderen
Teams. Wer zuerst die richtigen Leute bekommt,
hat einen Vorteil.« Solche Prozesse sind nicht in
ein oder zwei Jahren zu bewerkstelligen. Es dauert
vielleicht drei oder vier Jahre, bis alle Neuzugänge
tatsächlich eingetroffen sind und sich
eingelebt haben. Auch mit Todt und Brawn
benötigte Ferrari vier Jahre Anlaufzeit, bis Schumacher
2000 den ersten Titel in Rot gewann. »Es
gibt keine sofortige Lösung«, betont Herbert.
Solche Veränderungen benötigen Zeit, um zu
wachsen. Die große Frage lautet jedoch: »Hat
man in der Formel 1 Zeit? Und: Hat Ferrari Zeit?
Normalerweise würde ich sagen: Nein! Aber
leider funktioniert es nur so. Mercedes ist nicht
in die Formel 1 eingestiegen und hat zack alle
geschlagen. Es hat auch vier Jahre gedauert.«
Die Lösung für all die Probleme der Roten klingt
recht einfach: »Sie brauchen ein besseres Auto«,
sagt Salo. »Sie haben die besten Fahrer, aber das
Auto ist seit einigen Jahren ihr Problem.« Eine der
entscheidenden Baustellen ist im wahrsten Sinne
des Wortes der Windkanal. Jahrelang haperte es
bei der Umsetzung der Aerodynamik-Testergebnisse
aus dem Windkanal auf die Rennstrecke.
Felipe Massa schoss zuletzt sogar in Richtung seines
Ex-Teams: »Bei Williams bauen wir neue Teile
ans Auto und sie funktionieren auf Anhieb. Das
war früher bei Ferrari nie der Fall.« Damit der in
die Jahre gekommene Windkanal neu kalibriert
werden konnte, mietete sich Ferrari lange im
Toyota-Windkanal in Köln ein. »Es hat sehr lange
gedauert, um den Windkanal in Schuss zu bringen«,
sagt Herbert. Seit Oktober letzten Jahres ist
der generalüberholte eigene Windkanal wieder in
Betrieb. Der 2015er Bolide wird der erste Ferrari
sein, der komplett im erneuerten Windtunnel entwickelt
wurde. Die beiden Zwillings-Windkanäle
von Toyota in Köln-Marsdorf sind State-of-the-
Art. Dennoch ist es für ein F1-Team natürlich von
Vorteil, alles unter einem Dach zu haben. Gerade
Ferrari ist mit dem gescheiterten Experiment einer
Designabteilung unter John Barnard in England
ein gebranntes Kind. »Die Infrastruktur ist nicht
da«, kritisiert Danner. Ferrari setzt dem ein komplett
neues, dreistöckiges Fabrikgebäude entgegen,
das Ende dieses Jahres bezugsfertig ist. Darin sind
auf 25.000 Quadratmetern unter anderem Büros
für 700 Mitarbeiter untergebracht. Die Motoren-
FAKTEN: DIE ÄRA DI MONTEZEMOLO
Jahre lang stand Luca di Montezemolo
23
an der Spitze von Ferrari
118
97
8
6
5
Siege feierte Ferrari mit
di Montezemolo
Mal startete ein Ferrari unter seiner
Führung von der Pole
Mal gewann er die Konstrukteurs-WM
Mal holte er den Fahrer-Titel
Mal gewann er mit
Michael Schumacher die WM
26 www.Motorsport-Magazin.com
»ES GIBT KEINE SOFORTIGE
LÖSUNG. HAT MAN IN DER F1 ZEIT?
UND: HAT FERRARI ZEIT? NOR-
MALERWEISE WÜRDE ICH SAGEN:
NEIN! ABER LEIDER FUNKTIONIERT
ES NUR SO. MERCEDES IST NICHT
IN DIE FORMEL 1 EINGESTIEGEN
UND HAT ZACK ALLE GESCHLAGEN.
ES HAT AUCH VIER JAHRE GEDAU-
ERT.« JOHNNY HERBERT
Sinnbild für die
Lage bei Ferrari:
Alonso rollt beim
Heimrennen in
Monza aus
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI
abteilung erhält neue Prüfstände und die Fahrer
einen neuen Simulator. »James Allison hat einen
super Lotus konstruiert. Warum soll er nicht auch
einen super Ferrari konstruieren?«, fragt Danner.
»Die Teile, die in Maranello entworfen und an das
Auto gebaut werden, funktionieren auch, das
Chassis ist ja nicht hoffnungslos. Aber die Power
Unit ist eine Baustelle, die man nicht von heute
auf morgen beheben kann.«
ie beim großen Gesamtpuzzle
W
benötigt das Team auch für
den Antriebsstrang die richtigen
Zutaten. Für Danner ist
das Hauptproblem deshalb
ganz offensichtlich: »Sie sind
nicht in der Lage, einen Hi-Tech-Hybrid-Motor
zu bauen.« Dafür fehle es bei Ferrari und im Fiat-
Chrysler-Konzern am nötigen technischen Knowhow
im Hybrid-, Elektromotoren- und Software-
Bereich. Dieses Wissen muss Ferrari erst selbst
langwierig aufbauen. An dieser Stelle würde es
helfen, wenn sie auf Erfahrungen aus dem Konzern
aufbauen könnten. »Aber woher sollen die kommen?«,
stellt Danner die entscheidende Frage.
»Von Chrysler? Eher nicht. Von Fiat? Eher nicht.
Von Maserati? Nein. Fiat Traktoren, Fiat Vans, Fiat
Transporter? Schwierig.« Der einzige Technologieträger
ist das Rennteam selbst. Sie sind auf sich
allein gestellt. »Wenn man Maranello mit Brixworth
vergleicht, ist es wie ein Vergleich zwischen
einem Propellerflugzeug und einem Spaceshuttle«,
sagt Danner wenig schmeichelhaft für den Stolz
der Tifosi. »Ferrari ist meilenweit davon entfernt,
ein vernetztes Technologiezentrum für die Power
Units hinzubekommen. Mercedes ist in diesem
Bereich Zweidreiviertel-Lichtjahre voraus.« Neben
der hochmodernen Motorenfabrik in Brixworth
kann Mercedes konzernintern auf Entwick- →
www.Motorsport-Magazin.com 27
MYTHOS
SCUDERIA
FERRARI
Keine kurzfristige
Lösung: Ferrari
muss den
Team-Umbau
langfristig anlegen
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI
28 www.Motorsport-Magazin.com
TEST-PREDIGTEN
Testfahrten! Fiorano. Mugello. Das waren Luca di Montezemolos große Lieben als Ferrari-Boss. Das
Testverbot? Pfui Teufel...
»Die Formel 1 ist der einzige Sport, wo es keine Chance zum Trainieren gibt. Es ist so, als ob man
Real Madrid oder Milan oder Inter darum bittet, mit Schuhen im Regen zu spielen, die eine glatte
Sohle haben - oder dass sie sich vor einem Champions League Spiel nicht aufwärmen sollen.«
(Weihnachten 2010)
»Es ist seltsam, dass eine der professionellsten Sportarten der Welt ihren Sportlern nicht erlaubt, zu
trainieren. Das ist so, als ob man Real Madrid und Barcelona verbietet, jeden Tag zu trainieren. Warum
also sollte Ferrari Fiorano und Mugello aufgeben?« (Weihnachten 2011)
Luca di
Montezemolo war
ein großer
Verfechter von
mehr Testfahrten
»Wir müssten zu einer weniger hochentwickelten Formel 1 wie in den 90er-Jahren zurückkehren
und den jungen Piloten wieder das Testen erlauben, denn die GP2 ist eine Lachnummer ohne Wert.
Bei den wenigen verbliebenen Testfahrten müssen jetzt natürlich die Rennfahrer zum Einsatz kommen.«
(September 2013)
»Wir müssen Tests wieder einführen, weil sie für junge Fahrer, für junge Ingenieure und für das Marketing
wichtig sind. Ich habe noch nie eine Sportart gesehen, bei dem zwischen den Events nichts ist. Ruhe.
Schwarz. Vom einen Rennwochenende bis zum nächsten.« (September 2014)
lungen für zukünftige Hybrid-Fahrzeuge zurückgreifen
und Ressourcen zur Problemlösung anzapfen,
von denen die Italiener wahrscheinlich noch
nicht einmal zu träumen wagen.
en enormen Entwicklungsrückstand
hält Danner in
D
absehbarer Zeit nicht für aufholbar.
»Du musst ja erst einmal
Leute bekommen, die
wissen, wie man mit diesem
Thema umgeht«, sagt er. »Diese Power Units sind
eine Technologie, die man nicht aus dem Stand
entwickeln kann. Man muss Forschung betreiben.«
Dieses Know-how fehlt einem reinen Rennteam
wie Ferrari. Sie sind es gewohnt, die Aerodynamik
und die Mechanik ihrer Autos zu verfeinern und
reine Motoren zu bauen. Die vielen Zusatzsysteme
für die Hybrid-Power spielen jedoch in einer ganz
anderen Liga. »Ferrari hat eine gute Motorenabteilung,
aber das heißt noch lange nicht, dass die
Komplexität der neuen Power Units sie nicht aus
allen Angeln hebt«, meint Danner. Mit Blick auf
die problematische Power Unit befindet sich Ferrari
im gleichen Boot wie Renault. Allerdings mit
dem entscheidenden Unterschied, dass die Scuderia
finanziell aus den Vollen schöpfen kann.
»Aber auch wenn du ein großes Budget hast,
kannst du die ganzen Entwicklungsbereiche nicht
hintereinander abarbeiten«, betont Danner. So
dürfen die Motorenhersteller zwar gemäß eines
ausgeklügelten Plans verschiedene Bereiche ihrer
Power Units für jede Saison überarbeiten, aber um
alles zu verbessern, reicht die Zeit über den Winter
Wann gehen für
Ferrari wieder die
Lichter an?
»SCHWIERIG IST ES, DASS SIE
KEINE CHANCE HABEN, DARAUF ZU
REAGIEREN. ICH DENKE, IM ERSTEN
JAHR HÄTTE ES IHNEN ERLAUBT
SEIN SOLLEN, IHRE PRODUKTE
WEITERZUENTWICKELN.«
DAVID COULTHARD
nicht aus. »Selbst wenn du alle Bereiche parallel
fährst, ist das zu viel, zu schwierig«, sagt Danner.
David Coulthard hätte den Herstellern deshalb
zumindest im ersten Jahr der neuen Hybrid-Ära
das Nachbessern erlaubt. »All diese Unternehmen
wie Ferrari oder Renault können Weltklasseprodukte
erschaffen«, sagt der Schotte. »Schwierig ist
es, dass sie in dieser Saison keine Chance haben,
darauf zu reagieren. Ich denke, im ersten Jahr hätte
es ihnen erlaubt sein sollen, ihre Produkte weiterzuentwickeln.
Nur so können jene, die weiter hinten
im Feld liegen, aufholen. Ansonsten wird es
sehr schwierig.«
Ein Blick auf die To-Do-Liste der neuen Chefs in
Maranello zeigt: böse formuliert braucht Ferrari
so gut wie alles, außer anderen Fahrern. »Es war
eine schwierige Saison für sie«, fasst Mika Salo
zusammen. »Aber Fernando Alonso leistet auch
in diesem Jahr wieder fantastische Arbeit. Er holt
einfach alles aus dem Auto heraus.« Sein Teamkollege
Kimi Räikkönen hatte hingegen Schwierigkeiten,
sich mit der störrischen roten Diva
anzufreunden. Dennoch muss die Scuderia ihren
Blick in die Zukunft richten. »Die Veränderungen
wirken sich ja nicht sofort aus«, erinnert Herbert.
Ferrari muss auch mit einem Auge in die Zukunft
schielen und die nächste Fahrergeneration heranzüchten.
Heutzutage setzen die Teams vermehrt
auf Fahrer im Teenager-Alter. Ein Team darf sich
nie zurücklehnen und sagen: »Wir haben das, wir
haben das, jetzt sind wir perfekt. So funktioniert
es nicht«, betont Herbert. Ferrari ist an allen
Fronten gefordert. Zum Erfolg verdammt.
www.Motorsport-Magazin.com 29
MYTHOS
SCUDERIA
FERRARI
TEXT: CHRISTIAN MENATH
ROTE
FERRARI IST WIE EINE RELIGION. DIE BOLIDEN AUS MARANELLO WERDEN VEREHRT - WENN SIE
MIT DEM SPRINGENDEN PFERD AUF DER MOTORHAUBE ZU RUHM UND EHRE FAHREN.
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM STELLT VIER BESONDERE AUTOS IM ZEICHEN DER SCUDERIA VOR.
30 www.Motorsport-Magazin.com
GÖTTINNEN
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
www.Motorsport-Magazin.com 31
F1-2000
D
er F399 sicherte Ferrari in der Saison 1999 die Konstrukteurs-WM. Den Fahrertitel
verpasste Eddie Irvine in Abwesenheit des verletzten Michael Schumacher
jedoch knapp. Im Jahr 2000 startete die Scuderia deshalb abermals einen
neuen Versuch, den ersten Fahrertitel seit Jody Scheckter 1979 nach Maranello zu
holen. Dafür steckte das Team trotz relativ stabilen Reglements viel Aufwand in die
Weiterentwicklung des Autos. Von außen waren die meisten Änderungen nicht zu
erkennen, doch unter dem Karbonkleid änderten die Ingenieure einiges.
Die größte Neuerung war das V10-Aggregat. Während die Konkurrenten von
Mercedes und BMW auf einen Zylinderwinkel von 72 Grad setzten, schlug die
Scuderia den gegenteiligen Weg ein: der Winkel zwischen den 10 Zylindern betrug
90 Grad. Dadurch konnte der Schwerpunkt weiter herabgesetzt werden. BMW zog
zwei Jahre später ebenfalls mit einem 90-Grad-Motor nach. Auch am Fahrwerk
wurde Hand angelegt: Die Bremssättel wanderten am Radträger nach unten. Eine
weitere Maßnahme, um den Schwerpunkt abzusenken.
MYTHOS
SCUDERIA
FERRARI
Chefdesiger Rory Byrne setzte - im Gegensatz zu Adrian Newey bei McLaren - wieder
auf eine hohe Fahrzeugfront. Die Funktionsweise des Frontflügels sollte damit besser
sein. Wegen des breiteren Motors mussten die Seitenkästen kompakter gestaltet
werden. Dazu wurden die Kühler auf beiden Seiten zweigeteilt. Ein Kühler befand
sich direkt am Ende des Kanals, der zweite, etwas kleinere Kühler, war im 45-Grad-
Winkel dazu angebracht.
Der F1-2000 war dem McLaren MP4/15 zu Saisonbeginn performancetechnisch unterlegen,
erwies sich aber von Anfang an als zuverlässig. So holte Mika Häkkinen die ersten
drei Pole Positions des Jahres, schied aber bei den ersten beiden Rennen mit technischen
Defekten aus. Schumacher hatte hingegen im Qualifying keine Chance, gewann aber
die ersten drei Rennen. Gegen Ende des Jahres holte Ferrari auf: Schumacher stand
bei den letzten vier Grands Prix auf Startplatz eins und gewann alle Rennen. Schon
beim vorletzten Rennen des Jahres sicherte er sich den WM-Titel. Beim Finale in Japan
gewann Ferrari auch noch den zweiten Konstrukteurstitel in Folge.
→
32 www.Motorsport-Magazin.com
TECHNIK
Motor: Ferrari 3,0-Liter V10 mit 805 PS bei 17.300 U/min
Gewicht: Mindestgewicht 600 Kilogramm (mit Fahrer)
Chassis: Karbon-Monocoque mit Aluminium Honigwabenstruktur
Getriebe: Eigenes sequentielles 7-Gang-Getriebe
Reifen: Bridgestone
Benzin: Shell
ERFOLGE
10 Siege
10 Pole Position
5 Schnellste Runden
21 Podiumsplatzierungen
Fahrerweltmeister 2000
Konstrukteursweltmeister 2000
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
www.Motorsport-Magazin.com 33
F1/87/88C
MYTHOS
SCUDERIA
FERRARI
D
ie Erwartungen, mit denen Ferrari in die Saison 1988 gegangen war, waren
groß. In der Vorsaison waren die Ingenieure damit beschäftigt, ein schnelles
Auto auch zuverlässig zu machen. Das war am Ende auch gelungen, Gerhard Berger
gewann die letzten beiden Saisonrennen. 1988 stand dann eine Übergangssaison
an: das letzte Jahr mit Turbomotoren. Der Ladedruck wurde noch einmal nach unten
korrigiert, die maximale Benzinmenge auf 150 Liter herabgesetzt. Ferrari baute kein
neues Auto, sondern entwickelte die gute Basis des Vorjahresboliden weiter. Chefdesigner
Gustav Brunner nahm unter Mithilfe von Design-Legende John Barnard
nur kleinere Veränderungen an der Aerodynamik vor.
Der F1/87/88C war kein schlechtes Auto, doch Ferrari hatte die Rechnung ohne
McLaren gemacht. Im Gegensatz zu Ferrari hatte deren Motorenpartner Honda für
das neue Reglement einen komplett neuen Motor entwickelt. Der Ferrari-Turbo
war zwar leistungsstärker, bei der Fahrbarkeit und vor allem beim Benzinverbrauch
war er dem japanischen Konkurrenzprodukt jedoch unterlegen. Ferrari hatte versäumt,
den Turbomotor auf die neuen Begebenheiten anzupassen. Barnard wollte,
um das Leistungsdefizit durch 45 Liter weniger Benzin zu kompensieren, niedrigere
Drehzahlen. Mit neuer Applikation hätte der Leistungsverlust aufgefangen werden
können, doch die italienischen Ingenieure sollen Bernards Anweisung nicht befolgt
haben - der Brite fiel bei den Ferrari-Leuten wegen seiner Abneigung gegenüber
Italien in Ungnade.
TECHNIK
Motor: Ferrari 1,5-Liter V6-Turbomotor mit 620 PS bei 12.000 U/min
Gewicht: Mindestgewicht 542 Kilogramm (ohne Fahrer)
Chassis: Monocoque aus Kevlar- und Karbonfaser
Getriebe: Eigenes manuelles 6-Gang-Getriebe
Reifen: Goodyear
Benzin: Agip
ERFOLGE
1 Sieg
1 Pole Position
4 Schnellste Runden
8 Podiumsplatzierungen
In der von McLaren dominierten Saison ging nur eine Pole auf das Ferrari-Konto.
Im Rennen war unter normalen Umständen nicht daran zu denken, Alain Prost
oder Ayrton Senna unter Druck zu setzen. Zu groß war der Verbrauchsnachteil
gegenüber dem überlegenen McLaren MP4/4. Beim einzigen Rennen der Saison,
das McLaren wegen eines Doppelausfalls nicht gewann, holte ausgerechnet Ferrari
einen Doppelsieg im königlichen Park von Monza - einen Monat nach dem Tod
von Firmengründer Enzo Ferrari.
34 www.Motorsport-Magazin.com
FERRARI F312T
MYTHOS
SCUDERIA
FERRARI
O
bwohl der erste F312T bereits im Herbst 1974 fertiggestellt und am Saisonende
der Presse vorgestellt wurde, verspätete sich das Renndebüt des
Boliden. Bei den ersten beiden Rennen der Saison 1975 setzte Ferrari noch auf das
Vorgängermodell, den 312B3. Wie sich beim ersten Einsatz in Kyalami zeigte, war
die Entscheidung, das neue Modell nicht von Beginn an zu bringen, richtig. Denn
der F312T hatte noch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen: Clay Regazzonis Auto
wurde komplett falsch eingestellt, Niki Lauda fehlte Motorleistung. Doch schnell
zeigte sich das wahre Potential des neuen Fahrzeugs. Beim nächsten GP-Einsatz in
Spanien stellte Lauda den Ferrari auf die Pole Position, von den nachfolgenden fünf
Rennen konnte der Österreicher vier gewinnen und setzte somit den Grundstein für
seine erste Weltmeisterschaft.
Der besondere Clou des F312T befand sich im Heck. Ferrari Design-Legende Mauro
Forghieri flanschte das Getriebe im Winkel von 90 Grad an den Motor an, weshalb
sich auch das ‚T‘ für ‚transversale‘ im Namen wiederfindet. Das machte das gesamte
Heck des Fahrzeugs kompakter und verringerte die Massenträgheit um die Hinterachse
- fast das gesamte Gewicht des Getriebes befand sich vor der Hinterachse.
Um dem Fahrer dennoch ein stabiles Heck zu geben, vergrößerte Forghieri den
Heckflügel und balancierte das Auto somit aerodynamisch aus.
Im Gegensatz zur Konkurrenz, die fast geschlossen mit Ford Cosworth Motoren an
den Start ging, baute Ferrari natürlich seinen eigenen Motor. Während die britische
Motorenschmiede auf das bewährte V8-Konzept setzte, wurde in Maranello weiterhin
am F12-Motor, also einem V12-Motor mit 180 Grad Zylinderwinkel, festgehalten.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten holte Niki Lauda den WM-Titel letztendlich deutlich.
Bei den Konstrukteuren setzte sich Ferrari ebenfalls durch. Für die Mythosmarke
endete eine elfjährige Durststrecke ohne Titel. Der F312T gilt als Forghieris Meisterwerk
und wurde in weiterentwickelten Varianten noch bis 1980 eingesetzt. →
TECHNIK
Motor: Ferrari 3,0-Liter F12 mit 495 PS bei 12.200 U/min
Gewicht: Mindestgewicht 575 Kilogramm (ohne Fahrer)
Chassis: Aluminium Monocoque
Getriebe: Eigenes manuelles 5-Gang-Getriebe
Reifen: Goodyear
Benzin: Agip
ERFOLGE
6 Siege
9 Pole Position
6 Schnellste Runden
Fahrerweltmeisterschaft 1975
Konstrukteursweltmeisterschaft 1975
27 Siege mit allen Entwicklungsstufen bis 1980 (312 T5)
3 Fahrertitel mit allen Entwicklungsstufen (1975, 1977, 1979)
4 Konstrukteurstitel mit allen Entwicklungsstufen (1975, 1976, 1977, 1979)
www.Motorsport-Magazin.com 35
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
F156 F1
19
61 fand in der Formel 1 wieder einmal ein technischer Umbruch statt: Die
Konstrukteure mussten sich mit Formel-2-Boliden mit kleinvolumigen
Motoren begnügen. Während 1960 noch mit 2,5-Liter-Saugmotoren gefahren wurde,
holten die Aggregate in dieser Saison ihre Leistung aus lediglich 1,3 bis 1,5 Liter
Hubraum - ohne Aufladung. Ferrari setzte zunächst auf das bereits erprobte 1,5-Liter
V6 Dino-Aggregat. Mit diesem Motor wurde allerdings nur der erste Grand Prix in
Monaco bestritten, schon beim zweiten WM-Lauf waren neue Motoren im Heck.
Chefkonstrukteur Carlo Chiti hatte den Zylinderwinkel von 65 auf 120 Grad vergrößert.
Dadurch konnte nicht nur die Leistung auf rund 190 PS bei 9500 Umdrehungen
erhöht, sondern auch der Schwerpunkt abgesenkt werden. Die Motordaten waren
zugleich Namensgeber: 1,5 Liter Hubraum, 6 Zylinder - Ferrari F156.
MYTHOS
SCUDERIA
FERRARI
tödlich und riss 15 Zuschauer mit in den Tod. Sein Teamkollege Phil Hill gewann das
Rennen und zugleich auch die Weltmeisterschaft.
Bis 1964 wurde der F156 immer wieder sporadisch eingesetzt, konnte aber später
nicht mehr an die Erfolge seiner Debütsaison anknüpfen. Heute existiert kein einziges
Originalexemplar der Hai-Nase mehr, weil Enzo Ferrari persönlich alle Fahrzeuge
zerstören ließ. Über die Gründe wird noch heute spekuliert: angeblich sei Enzo sauer
gewesen, weil die Väter des Fahrzeugs Ferrari verlassen hatten. Einer Legende
zufolge sollen sich verschrottete F156 im Fundament des Ferrari-Werks in Maranello
befinden.
Der F156 war Ferraris erstes Auto überhaupt, das von Anfang an als Mittelmotorsportwagen
ausgelegt war, weshalb er eine besondere Stellung in der Fahrzeughistorie
der Italiener einnimmt. Das Auto, das von Legenden wie Phil Hill, Wolfgang
Graf Berghe von Trips und Lorenzo Bandini pilotiert wurde, wird nicht selten als das
schönste Formel-1-Auto der Geschichte bezeichnet. Charakteristisch für die Form
sind zwei schräge Lufteinlässe an der Front, die ihm den Spitznamen Hai-Nase
einbrachten. Ferrari orientierte sich 2004 beim Design des Straßensportlers F430
an den Kühleinlässen.
In seiner Premierensaison 1961 war der F156 das überlegene Auto. Beim vorletzten
Grand Prix in Monza verunglückte der WM-Führende Wolfgang Graf Berghe von Trips
36 www.Motorsport-Magazin.com
TECHNIK
Motor: Ferrari 1,5-Liter V6 mit 190 PS bei 9500 U/min
Gewicht: Mindestgewicht 450 Kilogramm (ohne Fahrer)
Chassis: Stahl Gitterrohrrahmen
Getriebe: Eigenes manuelles 5-Gang-Getriebe
Reifen: Dunlop
Benzin: Shell
ERFOLGE
7 Siege
7 Pole Position
6 Schnellste Runden
1 Fahrerweltmeister 1961
1 Konstrukteursweltmeister 1961
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
www.Motorsport-Magazin.com 37
LEWIS HAMILTON
SO
TICKE
ICH
TEXT: CHRISTIAN MENATH
GENIALES VOLLGASTIER ODER MISSVERSTANDENES GENIE? LEWIS HAMILTON
SPALTET DIE FORMEL-1-GEMEINDE. FÜR DIE EINEN IST ER EINFACH NUR SAUSCHNELL,
FÜR DIE ANDEREN IN JEDER HINSICHT UNBERECHENBAR. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM
VERRÄT DER MERCEDES-FAHRER, WIE ER WIRKLICH TICKT.
FOTOS: MERCEDES AMG
www.Motorsport-Magazin.com 39
Meinungen anderer? Lewis Hamilton
lässt lieber Taten für sich sprechen
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES AMG
MSM: Lewis, sportlich stimmen Fans, Experten
und Gegner in ihrer Meinung alle überein, dass
Du ein großartiger Rennfahrer bist. Als Person
polarisierst du hingegen die Massen. Einige mögen
dich, andere nicht. Was glaubst du, ist der Grund
dafür?
LEWIS HAMILTON: Ich kann natürlich nicht
sagen, warum manche Menschen jemanden
mögen und andere nicht. Oft rührt es wahrscheinlich
von Dingen her, die man gesagt hat. Vielleicht
auch Aussagen, die aus dem Zusammenhang gerissen
wurden. Ich bin sicher, dass viele Dinge aus
manchen Interviews falsch interpretiert oder missverstanden
wurden. Möglicherweise hat es den
Leuten nicht gefallen, wie es sich anhörte. Aber
ich bin ziemlich sicher, dass ein Großteil der Menschen,
die ich in meinem Leben getroffen habe
und die mit mir mehr als 20 Sekunden verbracht
haben, erkennen, dass ich ein ganz normaler Kerl
bin. Ich denke, die Wahrnehmung verändert sich
mit der Zeit.
Steht es der Öffentlichkeit überhaupt zu, dich zu
beurteilen? Schließlich kennen sie dich ja nicht
wirklich...
Ich glaube nicht, dass überhaupt irgendjemand
einen anderen beurteilen sollte. Ich beurteile keine
anderen Menschen. Ich sehe mir nichts im Fernsehen
an und sage dann: Hey, der hat das gemacht!
Es liegt an jedem selbst, was er tut. Das betrifft
mich nicht. Ich kümmere mich um meine Familie
und mich. Es stört mich nicht, wenn mich jemand
nicht mag. Das ist seine Meinung. Es gibt immer
Dinge, die man im Nachhinein gerne auf eine
andere Weise gesagt hätte. Manchmal wünscht
man sich, dass man in einer gewissen Situation
anders reagiert hätte. Ich glaube, manche Leute
vergessen leicht, dass wir permanent vor den
Kameras stehen. Ich habe ständig eine Kamera
direkt in meinem Gesicht. Dann wird über jedes
Stirnrunzeln und jeden Satz, den ich sage, eine
Geschichte geschrieben. Ich muss also immer konzentriert
und ernst bleiben. Das ist nicht einfach.
Damit bin ich nicht immer richtig umgegangen.
Aber eins ist sicher: man muss versuchen, die
Dinge im Leben richtig zu machen, nach vorne zu
blicken und sich als Person zu verbessern. Man
muss das Leben genießen.
Wie beschreibst du deine persönliche Wandlung
von dem Jungen, der zu Ron Dennis hin ging, über
den F1-Weltmeister bei McLaren bis zum
Mercedes-Titelkandidaten?
Puh, das ist eine lange Geschichte. Ich bin in jedem
Jahr in mich gegangen, habe sehr viel über mich
nachgedacht. Ich musste aus meinen Fehlern lernen.
Gerade jenen, die ich einige Male wiederholt
habe. Ich habe versucht, eine gute Balance in
meinem Leben zu finden. Damit ich mit einer
positiven Stimmung und Einstellung zu den Rennwochenenden
reisen kann. Das ist mein Ziel. Aber
es lässt sich nicht erzwingen. Wenn man noch
etwas Grün hinter den Ohren ist, ist das eben so.
Mit der Zeit wächst man da heraus. Ich bin jetzt
fast 30, aber es gibt für mich noch viel zu lernen.
Dennoch bin ich heute hoffentlich viel klüger,
treffe bessere Entscheidungen, reagiere anders und
gebe bessere Antworten. Ich stelle das mittlerweile
oft fest. Zum Beispiel wurde ich viel über Max
Verstappen befragt, der nächstes Jahr für Toro
Rosso startet. Ich erinnere mich noch daran, wie
es war, als ich jünger war. Damals wollte ich der
jüngste Fahrer sein. Habe permanent gepusht.
Wenn ich nun zurückblicke, bin ich sehr dankbar
dafür, dass ich zurückgehalten wurde und noch
gewartet habe. Als ich in die Formel 1 eingestiegen
bin, war ich bereit dafür. Wenn ich früher debütiert
hätte, würden wir heute wahrscheinlich nicht
zusammen hier sitzen. Diese Wahrnehmung habe
ich erst im Laufe der Zeit erlernt. Vor einigen Jahren
hätte ich wahrscheinlich noch geantwortet: Ich
40 www.Motorsport-Magazin.com
hätte schon viel früher einsteigen können! [lacht]
Das bedeutet, du bist sehr gereift, aber in deinem
Innersten bist du immer noch der gleiche?
Absolut. Ich habe ein großes Herz. Das bringt mich
ja auch immer mal in Schwierigkeiten...
Du hast 2008 den WM-Titel gewonnen. Seitdem
ist Sebastian Vettel vier Mal Weltmeister geworden.
Ist es nicht frustrierend, zu wissen, dass du
vom Talent her ebenfalls mehr Titel verdient
gehabt hättest?
Die Formel 1 ist ein interessanter Sport. Sie macht
sehr viel Spaß und ist einfach großartig. Aber
anders als im Golf oder Tennis, bist du hier nicht
allein mit dir und deinem Schläger. Du kannst
physisch und psychisch besser vorbereitet sein als
jemals zuvor in deiner Karriere - und dann hast
du ein schlechtes Auto. Ich bin überzeugt, dass es
auch in dieser Saison viele Fahrer gibt, die so fit
wie noch nie sind. Aber ihre Autos sind ein oder
zwei Sekunden zu langsam. Dagegen kannst du
als Rennfahrer nichts machen. Du kannst nur dein
Bestes geben und versuchen, alles aus dem
Moment herauszuholen. Umso schöner ist das
Gefühl, dass wir in diesem Jahr ein Auto haben,
mit dem wir um den Sieg kämpfen können. Davon
habe ich seit meinem Titelgewinn geträumt. 2009
hatte ich dann ein schreckliches Auto. Wenn ich
damals so gut gewesen wäre wie heute, hätte ich
2011 vielleicht nah an Sebastian dran sein können.
2012 war ein sehr gutes Jahr und ehrlich gesagt
hätten wir damals den Titel gewinnen müssen.
Aus diesem Grund möchte ich sicherstellen, dass
ich in diesem Jahr jedes kleine Bisschen richtig
mache. Am Ende der Saison möchte ich sagen
können, dass ich alles in meiner Macht Stehende
getan habe, dass ich bei jedem Rennen alles aus
mir herausgeholt habe.
Setzt dich diese Einstellung nicht zusätzlich unter
Druck?
Vielleicht, aber so bin ich eben. Ich war schon
immer sehr hart zu mir selbst. Ich brauche niemanden,
der mir sagt, dass ich etwas vermasselt
habe. Für andere mag es einfacher sein, wenn sie
nicht so hart mit sich ins Gericht gehen. Aber so
ticke ich nun mal nicht. Das kann niemand
ändern. Ich bin wie ich bin, und zwar sehr selbstkritisch.
Ich komme jetzt jedoch viel schneller über
Dinge hinweg. Nach dem Qualifying in Silverstone
war ich wirklich niedergeschlagen. Aber schon am
nächsten Tag habe ich mich zurückgemeldet. Es
hat lange gedauert, um das zu erlernen.
Du hast einmal gesagt, dass der Titelkampf die
Beziehung zwischen zwei Teamkollegen richtig
auf die Probe stellen kann. Aber so lange der
gegenseitige Respekt vorhanden sei, gebe es keine
Probleme. Hat sich daran etwas verändert?
Vertrauen und Respekt kann man sehr schnell
verlieren. Aber es ist wie in jeder Beziehung: wenn
man eine solide Basis geschaffen hat, kann man
immer wieder darauf aufbauen. Nico und ich →
»AUS DIESEM GRUND MÖCHTE
ICH SICHERSTELLEN, DASS ICH
IN DIESEM JAHR JEDES KLEINE
BISSCHEN RICHTIG MACHE. AM
ENDE DER SAISON MÖCHTE ICH
SAGEN KÖNNEN, DASS ICH ALLES IN
MEINER MACHT STEHENDE GETAN
HABE, DASS ICH BEI JEDEM RENNEN
ALLES AUS MIR HERAUSGEHOLT
HABE.« LEWIS HAMILTON
Auf der Jagd nach Pokalen: Lewis Hamilton ist selbst sein stärkster Kritiker
fahren gegeneinander Rennen seit wir 13 Jahre alt
waren. Damals haben wir dieses Grundgerüst
gelegt und es würde viel benötigen, um es zu
beschädigen. Im vergangenen Jahr wurde das
Thema Freundschaft zwischen Nico und mir sehr
hochgespielt. Als Kinder waren wir sehr gute
Freunde. Danach lebte er sein Leben und ich
meines. Es ist wie wenn man auf die Uni geht. Man
wohnt in einer anderen Stadt und lässt seine
Freunde zu Hause zurück. Man erinnert sich aber
immer an die Freundschaft und die Vergangenheit.
Übertragen auf uns bedeutet das: auch nach Saisonende
sind wir noch Teamkollegen und müssen
auch im kommenden Jahr miteinander arbeiten.
Dank all dieser Erfahrungen werden wir uns dann
hoffentlich noch besser schlagen.
Im Verlauf der Saison hieß es immer wieder, wie
wichtig es sei, den Schwung mitzunehmen oder
den Lauf des anderen zu brechen. Wie wichtig ist
das wirklich im Titelkampf?
Ich werde oft nach meinem Lauf gefragt. Ein Rennen
allein macht noch keinen Lauf aus. Klar, es ist
ein positiver, erster Schritt. Man kann es vielleicht
mit Boxern vergleichen. Wenn ein Boxer sich rückwärts
bewegt, ist er offener für einen Treffer oder
macht vielleicht einen Fehler. In der Vorwärtsbewegung
fühlt man sich gleich viel besser. Genauso
DAVID COULTHARD: WIE YING & YANG
»Es war bislang eine unglaubliche Saison. Nico
ist außergewöhnlich gut gefahren. Er ist ein echter
Profi. Lewis ist möglicherweise schneller. Er ist
hungrig und in gewisser Weise spektakulärer. Nico
ist hingegen disziplinierter, kontrolliert seine Emotionen
besser. Sie sind wie Ying und Yang. Es ist
eine faszinierende Saison. Die Schwäche von
Lewis ist, dass er in diesem Jahr im Qualifying
einige Fehler in Schlüsselmomenten gemacht hat,
etwa in Singapur. Er hat sich in der ersten Kurve
verbremst, später aber die Zeit wieder hereingeholt.
So etwas ist ihm in diesem Jahr einige Male
passiert. Was mich überrascht, ist, dass die Fans
nicht so sehr hinter Nico stehen wie hinter Lewis.
Lewis ist schon länger dabei und hat schon eine
WM gewonnen, aber ich hätte gedacht, dass Nico
nach seiner Zeit an der Seite von Michael Schumacher
die Fans in Deutschland mehr hinter sich
gebracht hätte. Ich hätte mehr Unterstützung für
ihn erwartet, er führte die WM ja schon an. Aber
das verrät uns etwas über die Öffentlichkeit. Nehmen
wir zum Beispiel Kimi: Er sagt nichts, aber
die Fans lieben ihn. Wenn du Kimi kritisierst, fallen
sie über dich her! [macht Würgegeräusche] Er ist
für sie unantastbar. Dabei ist er niemand, der viel
mit anderen kommuniziert. Man kann Popularität
auch künstlich schaffen. Einige Leute sind beliebt,
andere sind für die Öffentlichkeit nicht so stimulierend.
Lewis ist viel emotionaler als Nico. Aber
vielleicht machen ihn diese Emotionen so gut.«
Immer mit 100 Prozent dabei: Lewis Hamilton lebt von seinen Emotionen
42 www.Motorsport-Magazin.com
Hamilton polarisiert die Massen: die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn
ist es im Rennsport. Wenn man ein gutes Rennen
hatte, fühlt man sich bereit für das nächste.
Lewis Hamilton erlebt die härteste Saison seiner Karriere
ICH HOFFE, DASS SICH 20 JAHRE
NACH DEM ENDE MEINER AKTIVEN
KARRIERE FANS AN MICH ERINNERN
WERDEN UND SAGEN: VOR VIELEN
JAHREN GAB ES DIESEN SILBER-
PFEIL-FAHRER, DER WAR KLASSE.
EIN SIEG IST FANTASTISCH, ABER AM
ENDE ZÄHLT FÜR MICH DER GEWINN
DER WELTMEISTERSCHAFT.
LEWIS HAMILTON
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES AMG
Du hast in deiner Karriere schon einige WM-
Kämpfe erlebt. Ist diese Saison auf und abseits der
Strecke deine härteste?
Soweit ich mich erinnern kann, ist es wahrscheinlich
die härteste Saison. In der Saison 2012 hatte
ich ein Auto mit dem ich die WM hätte gewinnen
können. Aber wir hatten etliche Probleme und
verloren dadurch viele Punkte. Das war hart. In
diesem Jahr ist es anders. Wir kämpfen noch
immer um die Weltmeisterschaft. Im Verlauf des
Jahres gab es einige Schwierigkeiten, vor allem auf
meiner Seite. Aber ich habe alles abgewehrt, was
auf mich eingestürzt ist. Ich habe mich stets davon
erholt. Selbst wenn ich als Letzter gestartet bin,
kam ich noch als Dritter ins Ziel. Es ist super, ein
Rennen von der Pole Position zu gewinnen. Aber
von der Pole zu starten, zwischenzeitlich auf Platz
vier zurückzufallen und dann zurückzuschlagen,
um doch noch zu siegen - das gibt dir ein so viel
schöneres Gefühl.
Dein ehemaliger Teamkollege Fernando Alonso
war in den vergangenen Jahren in der gleichen
Situation wie du. Vor kurzem hat Fernando
gesagt, dass ihm sein guter Ruf schon gefällt, er
aber lieber die Pokale hätte. Woran sollen sich die
Fans bei dir eines Tages erinnern - an die Pokale
oder den Sportler?
Schlussendlich möchte wohl jeder gerne so sein
wie Ayrton Senna. Er lebte in einer für ihn perfekten
Ära, einer perfekten Zeit. So kamen seine
Leidenschaft und sein Charisma voll zur Geltung.
Jeder Rennfahrer, der dir sagt, dass er nicht so in
Erinnerung bleiben möchte, würde dich anlügen.
Ayrton war schon immer mein Lieblingsfahrer.
Ich hoffe, dass sich 20 Jahre nach dem Ende meiner
aktiven Karriere Fans an mich erinnern werden
und sagen: vor vielen Jahren gab es diesen Silberpfeil-Fahrer,
der war klasse. Pokale sind wundervoll.
Aber mir geht es eher um die langfristige
Sicht. Es ist wie auf der Rennstrecke: ein Sieg ist
fantastisch, aber am Ende zählt für mich der
Gewinn der Weltmeisterschaft.
www.Motorsport-Magazin.com 43
FOTOS: WILLIAMS
COOL GENUG
FÜR DEN
TITEL
BESSER ALS KIMI RÄIKKÖNEN. ERFOLGREICHER ALS FERNANDO ALONSO. DIE LOBESHYMNEN
AUF VALTTERI BOTTAS NEHMEN KEIN ENDE. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM DECKT AUF, WAS
DEN MANN AUS NASTOLA SO STARK MACHT UND WARUM ER 2016 ZUM HAUPTDARSTELLER
AUF DEM FORMEL-1-TRANSFERMARKT WERDEN KÖNNTE.
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
www.Motorsport-Magazin.com 45
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, WILLIAMS
Du bist schneller als
Massa, überhol ihn!
Du bist schneller als
Massa! Verstanden?«
In Malaysia hatten
noch nicht alle verstanden,
heute schon.
Mit Valtteri Bottas schickt
sich ein neuer Superstar aus
dem hohen Norden an, die Formel
1 zu erobern. In seiner Heimat,
Finnland, beginnt er bereits am Heiligenschein
von Kimi Räikkkönen zu kratzen.
Auch wenn Bottas‘ Vita weder einen WM-
Titel, noch 20 GP-Siege aufweist, so zweifelt kaum
einer daran, dass er an die Erfolge seines Landsmannes
oder an jene von Mika Häkkinen oder Keke
Rosberg herankommen kann. »Ich bin absolut
davon überzeugt, dass Valtteri ein zukünftiger Weltmeister
ist«, sagt Pat Symonds, der in seiner 30-jährigen
F1-Karriere mit Fahrergrößen wie Ayrton
Senna, Michael Schumacher und Fernando Alonso
gearbeitet hat. Letzteren könne Bottas karrieretechnisch
sogar übertreffen, glaubt Symonds. »Ich sehe
viele Gemeinsamkeiten zwischen Fernando und
Valtteri. Meiner Meinung nach hat Valtteri das
Potenzial, noch erfolgreicher zu werden als
Fernando.« Eine Vorhersage, die Motorsport-Magazin.com-Experte
Christian Danner nicht völlig ad
absurdum führen will. »Cool genug ist Valtteri«,
meint Danner. Als Finne besitzt Bottas nicht nur
deren fast schon legendäre Coolness, sondern auch
SISU. Dabei handelt es sich um die Charakterstärke
der Finnen, um die mentale Stärke, den absoluten
Willen sein Bestes zu geben und niemals aufzugeben,
wenn man sich für etwas entschieden hat. Und
Bottas hat sich entschieden, der beste Fahrer der
Welt zu werden. Diesen Traum träumt er seit seinem
vierten Lebensjahr, als er mit seinem Vater an einer
Reklametafel für ein Kartrennen in Lahti vorbeifuhr.
Klein-Valtteri überredete seinen Vater, der keinerlei
Motorsporthintergrund besaß, das Rennen anzusehen.
»Mein Vater hat mir später erzählt, dass ich
noch nie so ruhig gesessen habe wie an diesem Tag«,
erinnert sich Bottas. 20 Jahre später saß er in einem
F1-Cockpit. Die Saison 2013 war für den Finnen
prägend. Williams ging durch ein Tief und war nicht
gerade der ideale Ort, um eine viel beachtete Premierensaison
hinzulegen. Mit unterlegenem Material
konnte Bottas nur ab und an sein Talent aufblitzen
lassen wie mit Startplatz drei in Kanada oder
mit Platz acht beim Großen Preis der USA. »Es war
definitiv ein tolles Gefühl, dass ich endlich meine
Pace zeigen konnte. Ich konnte endlich ein wenig
davon zeigen, zu was ich in einem Formel-1-Auto
fähig bin«, erinnert sich Bottas. Diesem kurzen Aufblitzen
folgte 2014 ein regelrechtes Feuerwerk. Angefangen
mit Platz fünf beim Saisonauftakt in Melbourne
folgten in Österreich, Großbritannien und
Deutschland drei Podestplätze in Serie. In Spa-
Francorchamps überholte Bottas vier Runden vor
Rennende Kimi Räikkönen und stieß den Ferrari-
Piloten damit vom Podest. Während Bottas 2013
nach 13 Rennen noch ohne WM-Punkt da stand,
hatte er in diesem Jahr nach 13 Grands Prix bereits
122 Zähler eingefahren - 16 mehr als der vierfache
Weltmeister Sebastian Vettel und 81 mehr als Landsmann
und Weltmeister Kimi Räikkönen.
Auf seinem Weg in die Königsklasse des Motorsports
absolvierte Bottas nicht nur sämtliche Rennklassen,
sondern auch eine Ausbildung als KFZ-Mechaniker.
»Das war nie die Karriere, die ich für mich geplant
hatte«, stellt Bottas die Sachlage im Gespräch mit
Motorsport-Magazin.com klar. »Ich fahre seit ich
sechs Jahre alt bin Rennen. Ich wollte stets Rennfahrer
werden, nie Mechaniker - aber die Ausbildung
hat definitiv nicht geschadet [lacht]. Die Technik
eines F1-Autos ist sehr speziell und detailliert. Je
mehr man davon versteht, desto besser ist es.« Neben
seinem technischen Verständnis punktet der 25-Jährige
mit Talent, Schnelligkeit und Fleiß. »Meine
Meinung über Valtteri hat sich seit dem ersten Test
nicht geändert. Er ist ein großartiger Fahrer. Er ist
extrem schnell und gibt uns ein kompetentes Feedback,
auch während des Rennens«, schwärmt Rob
Smedley. Während manch andere Rennfahrer nach
den ersten Erfolgen zur Primadonna mutieren,
bleibt Bottas mit den Füßen auf dem Boden. »Er ist
im Vergleich zu anderen in keiner Art und Weise
verwöhnt. Es ist sehr leicht, mit ihm zu arbeiten. Er
akzeptiert Vorschläge, nicht nur was seinen Fahrstil
angeht, sondern auch in punkto Kommunikation«,
verrät Smedley. »Meine Anerkennung für Valtteri
nimmt wöchentlich zu. Er ist ein sehr guter Rennfahrer,
aber er kann noch ein außergewöhnlicher
Fahrer werden.« Wie ihm der Sprung vom guten
zum außergewöhnlichen Fahrer, den nur wenige
schaffen, gelingen soll, verrät Bottas selbst gegenüber
Motorsport-Magazin.com: »Der Beste in der Formel
1 zu sein, ist nicht leicht, aber es muss das Ziel eines
Rennfahrers sein. Dafür muss man gewillt sein, zu
lernen und sich weiterzuentwickeln. Ich hoffe, dass
ich noch eine lange Karriere vor mir habe und somit
viel Zeit, um mich zu verbessern, um mich Rennen
für Rennen in allen Bereichen zu steigern.« Während
andere Piloten von ihren Team-Untergebenen
erwarten, dass sie ihnen ein schnelles Auto einfach
so hinstellen, nimmt Bottas das selbst in die Hand.
Noch vor seiner ersten Saison mit Williams kaufte
er sich in der Nähe von Grove eine Wohnung, um
regelmäßig in der Fabrik vorbeizuschauen und in
einigen Abteilungen auszuhelfen. Damit hat sich der
Finne nicht nur bei der Entwicklung des Boliden
einbringen können, sondern auch seinen Stand im
Team gefestigt. »Bottas wurde bei Williams von
Anfang an für voll genommen. Williams wusste
genau, was er kann, auch wenn es einmal nicht so
gut lief. Er hat sich im Team etabliert«, weiß Danner.
»Valtteri ist einfach ein supercooler Typ. Er weiß,
was er macht und was ich an ihm so großartig finde,
ist, dass er nicht wegen des Geldes in der Formel 1
fährt. Ihm geht es einzig und allein ums
Rennfahren.«
Kein Wunder, dass sich der britische Traditionsrennstall
die Dienste des Finnen für ein weiteres Jahr
gesichert hat. »Wenn man ein Talent wie Valtteri hat,
dann gibt es viele Teams, die die Fühler nach ihm
ausstrecken«, erklärte Teamchefin Claire Williams.
»Valtteri ist sehr loyal und ich wusste, dass er mit
uns weitermachen will.« Bottas selbst genießt die
gesteigerte Aufmerksamkeit, noch mehr genießt er
aber die Ergebnisse, die er dieses Jahr einfährt. »Ich
will immer mehr und mich weiter verbessern. Mein
Ziel ist es immer gewesen, Weltmeister zu werden.
Jetzt will ich es noch mehr«, betonte der Finne. Die
46 www.Motorsport-Magazin.com
Frage ist, kann Bottas mit Williams Weltmeister
werden? Technikdirektor Pat
Symonds will seinen Rohdiamanten
aus Nastola auf keinen Fall verlieren.
»Ich setze alles daran,
dass Valtteri mit Williams
Weltmeister wird«,
betonte der 61-Jährige.
Sein neuer Vertrag läuft
offiziell ein Jahr, womit
Bottas 2016 zum
Hauptdarsteller auf
dem Formel-1-Transfermarkt
werden könnte.
Auf der britischen Insel
heißt es, dass McLaren seine
Fühler bereits in finnische Gefilde
ausgestreckt hatte, doch einen Korb
bekam. Sollte sich allerdings McLaren Honda nächstes
Jahr als Erfolg entpuppen, könnte sich das Nein
schnell in ein Ja verwandeln. Fakt ist, dass alle finnischen
GP-Sieger früher oder später bei McLaren
gelandet
sind -
Keke Rosberg
(1986), Mika
Häkkinen (1993-
2001), Kimi Räikkönen
»VALTTERI IST EINFACH EIN SUPERCOOLER
TYP. ER WEISS, WAS ER MACHT UND WAS
ICH AN IHM SO GROSSARTIG FINDE, IST,
DASS ER NICHT WEGEN DES GELDES IN
DER FORMEL 1 FÄHRT. IHM GEHT ES EINZIG
UND ALLEIN UMS RENNFAHREN.«
(2002-2006) und Heikki
Kovalainen (2008-2009). Wahrscheinlicher
ist allerdings, dass sich
- sollte der Stern von Williams erneut
sinken - ein anderes Team mit Stern die
Dienste des Finnen sichert. Immerhin gilt Bottas
als Zögling von Mercedes-Motorsportchef Toto
Wolff und wird von einer Agentur gemanagt, die
dem Österreicher gehört. Wolff hätte mit dem
Finnen ein Ass im Ärmel, sollte sein Fahrerduo das
Kriegsbeil wieder ausgraben. Nicht auszuschließen
ist auch ein Wechsel zu Ferrari, wo Bottas seinen
Landsmann Kimi Räikkönen beerben könnte. Räikkönen
hat bereits angedeutet, sich nach seinem
Vertragsende 2015 in seine zweite Formel-1-Pension
verabschieden zu wollen. McLaren, Mercedes, Ferrari
oder Williams - es gibt wahrlich schlechtere
Aussichten. Am Ende wird jenes Team das Rennen
machen, das Bottas seinen Traum vom Weltmeistertitel
erfüllen kann.
Überraschungsmann:
Bottas zählt
neben Ricciardo
zu den Entdeckungen
2014
Rückkehr an die
Spitze der Formel
1? Williams ist auf
dem Weg zu alter
Stärke
Bottas könnte in
Zukunft ein heißes
Eisen auf dem
Fahrermarkt
werden
FOTOS: WILLIAMS, ADRIVO/SUTTON
www.Motorsport-Magazin.com 47
Mika Salo musste seinen
Sieg herschenken
TOP
FINNISCHE MOMENTE
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
MOMENTS IN TIME
»WENN DU WILLST GEWINNEN, DANN HOL DIR EINEN FINNEN.« GESAGT, GETAN.
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM BLICKT AUF DIE FINNISCHEN MOMENTE DER FORMEL 1
ZURÜCK: EIN VERSCHENKTER SIEG, EIN AUSSERGEWÖHNLICHES ÜBERHOLMANÖVER
UND EIN PAAR VERSTECKTE TRÄNEN.
DEUTSCHLAND GP 1999 - ZUM HELFEN VERDAMMT
»Diese Trophäe kriegt Mika. Er ist ein unglaubliches
Rennen gefahren.« Eddie Irvine wusste genau, wem
er seine WM-Führung zu verdanken hatte. Als
Ersatzmann für den verletzten Michael Schumacher
zeigte Mika Salo auf dem Hockenheimring eine
sensationelle Performance, bis er von Ferrari
zurückgepfiffen wurde. »Ich sah, dass Eddie an
Frentzen vorbei ging. Kurz darauf erhielt ich von
Ross Brawn am Funk die Order, dass ich ihn vorbeilassen
soll«, erinnert sich der Finne. »Da es meine
Aufgabe gewesen ist, Eddie zu helfen, habe ich es
auch getan.« Salo gab den Weg frei und Irvine siegte.
Nach 110 Grands Prix beendete Mika Juhani Salo
seine Formel-1-Karriere ohne je erfahren zu haben,
wie es sich anfühlt, ganz oben auf dem F1-Siegertreppchen
zu stehen. Dass er seinen großen Moment
verschenkte, bereut der Finne bis heute. »Ich hätte
das Rennen gewinnen können, gar keine Frage. Ich
bereue, dass ich Eddie vorbeigelassen habe, denn
am Ende machte es für die Weltmeisterschaft keinen
Unterschied«, erklärte Salo.
48 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
UNGARN GP 2008 - KÜNSTLERISCHE NOTE EGAL
Heikki Kovalainen
gelang sein
einziger GP-Sieg
in Ungarn
Laute Musik, der Champagner fließt und überall, wo man
hinsieht, leuchtet es orange. Szenen, die 2008 bei
McLaren regelmäßig auf der Tagesordnung standen. Doch
dieses Mal war etwas anders. Anstatt sich von seiner
Boxencrew feiern zu lassen, saß Lewis Hamilton in seinem
Kämmerchen und musste zuhören, wie Teamkollege
Heikki Kovalainen von Teamchef Ron Dennis »in der Welt
des Gewinnens willkommen« geheißen wurde. Der Premierensieg
des Finnen war keiner herausragenden Fahrt,
einer ungewöhnlichen Leistung oder einem Speed, den
kein Gegner mitgehen konnte, geschuldet. Vielmehr
waren ein Motorschaden am Ferrari von Felipe Massa
und der Reifenschaden seines Teamkollegen dafür verantwortlich.
Dennoch war der Triumph verdient. Kovalainen
zeigte über 70 Runden lang ein fehlerfreies Rennen.
Somit durfte er zu Recht schnippisch auf die Schlagzeilen
über seinen »geerbten Sieg« reagieren: »In der Formel 1
gibt es keine künstlerische Note. Es sind trotzdem zehn
Punkte«, stellte der Finne klar. Neben der vollen Punktezahl
folgte als Sahnehäubchen noch ein Eintrag in die
Formel-1-Geschichtsbücher - als 100. GP-Sieger.
Sieger mit Schnauzer:
Keke Rosberg
SCHWEIZ GP, 1982 - FROM ZERO TO HERO
»Um es in die Formel 1 zu schaffen, braucht es entweder sehr viel Talent oder
sehr viel harte Arbeit. Mein Talent war nicht überragend, aber ich habe unglaublich
hart gearbeitet.« Der Lohn für all die harte Arbeit folgte in Dijon, als Keke Rosberg
an Alain Prost vorbeiging und im Alter von 33 Jahren, 8 Monaten und 23 Tagen
seinen ersten GP-Sieg einfuhr. Ein Sieg, der ihn am Ende einer turbulenten Saison
mit elf verschiedenen Siegern in 16 Rennen zum Weltmeister krönte. »Ich war
ein Niemand und plötzlich war ich der Held. Es passierte alles so schnell, dass
mein Ruhm und meine neuen Verdienstmöglichkeiten kaum hinterherkamen«,
erinnerte sich Rosberg, der eigentlich als Notnagel zu Williams geholt wurde,
um das Cockpit des zurückgetretenen Alan Jones zu besetzen. Im Rampenlicht
blühte der Finne mit dem markanten Schnauzbart auf, fuhr elfmal in die Punkte
und stand sechs Mal auf dem Podium. Mit seinem Sieg in der Schweiz und dem
Titelgewinn egalisierte Rosberg den Rekord von Mike Hawthorn aus dem Jahr
1958, der bis heute steht.
www.Motorsport-Magazin.com 49
Frühes Rennende für Mika Häkkinen
Tränen nach
dem Ausfall
in Monza
ITALIEN GP 1999 - ECHTE MÄNNER WEINEN (NICHT)
Vor wenigen Minuten hatte er wie der sichere Sieger ausgesehen, nun hockt er
wie ein Häufchen Elend hinter einer Hecke und weint. Bis zur 30. Runde lief für
Mika Häkkinen alles perfekt. Runde für Runde baute er seinen Vorsprung im Königlichen
Park von Monza aus, bis er aus unerklärlichen Gründen in der Schikane vor
der Curva Grande in den ersten statt den zweiten Gang schaltete. Es folgten ein
Dreher, ein abgestorbener Motor und ein weinender Finne, der für die Medien ein
gefundenes Fressen darstellte. Nicht nur der englische Mirror verspottete den
Finnen als »Heulsuse«. Doch Häkkinen reagierte auf die Häme weltmeisterlich, in
dem er nach dem Rennen mit einem Schmunzeln erklärte: »Echte Männer weinen
nicht, schon klar.« Nichtsdestotrotz gilt Häkkinen bis heute als einer der schnellsten
Formel-1-Piloten. »Auch, wenn man niemals Daten oder Fahrstile zwischen verschiedenen
Generationen empirisch vergleichen kann, gibt es bei McLaren etliche
Leute, die überzeugt davon sind, dass Mika der schnellste Fahrer war, den wir
jemals hatten. Und das sagt alles«, verriet Ron Dennis.
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FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Der Iceman
siegte mit einem
spektakulären
Manöver
JAPAN GP 2005 - EISKALTE STERNSTUNDE
»Wie viele Runden noch?« - »Eine Runde - das ist deine
letzte Chance!« Nach diesem knappen Funkspruch zwischen
Kimi Räikkönen und McLaren-Teamchef Ron
Dennis erlebte die Formel-1-Welt eine der größten
Sternstunden der Motorsport-Geschichte. Eingangs der
ersten Kurve ging der Iceman in Suzuka außen an Giancarlo
Fisichella vorbei und wurde damit seinem Spitznamen
einmal mehr gerecht. »Das war absolut phänomenal«,
lobte Dennis das eiskalte Überholmanöver, mit
dem sich Räikkönen von Platz 17 kommend den Sieg
auf dem Suzuka International Racing Course sicherte.
Der Führungswechsel fünf Kilometer vor dem Fallen der
Zielflagge brachte auch die Konkurrenz ins Schwärmen.
»Das war einfach unglaublich. Es war eines der großartigsten
Manöver dieser Saison, wenn nicht sogar im
gesamten Motorsport«, erklärte BAR-Boss Nick Fry
beeindruckt. »Jemanden außen zu überholen, zeigt den
riesigen Mut des Fahrers und die Stärke des Autos.«
Räikkönen selbst beschrieb seine Siegesfahrt vor
156.000 begeisterten Zuschauern als einen »der köstlichsten
Siege« seiner Formel-1-Karriere.
www.Motorsport-Magazin.com 51
FOTOS: RED BULL
52 www.Motorsport-Magazin.com
QUALEN
EINES
CHAMPIONS
EBEN NOCH GEFEIERTER SERIENSIEGER, PLÖTZLICH
ABGESTEMPELTER VERSAGER. SEBASTIAN VETTEL
RAUSCHTE VOM F1-THRON IN DIE HYBRID-HÖLLE.
GEPIESACKT VON UNZÄHLIGEN KLEINEN TEUFELN.
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM ENTHÜLLT DIE ZEHN
SCHLIMMSTEN QUÄLGEISTER DES CHAMPIONS.
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN & KERSTIN HASENBICHLER
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AUS RACHE LIESS SEBASTIAN
VETTEL SEINE WUT AM
NEUEN REGLEMENT AUS.
»DER SOUND IST SCHEISSE.«
SO LAUTETE SEINE AM MEI-
STEN BEACHTETE KRITIK AN
DER NEUEN FORMEL 1.
1. Renault
2014 ist das Jahr der Power Unit. Alle Augen
sind auf die Hybrid-Turbos gerichtet. Blöd
nur, wenn dein Motorenpartner seine Hausaufgaben
nicht richtig gemacht hat. Dann
liegen auch beim Weltmeisterteam der vergangenen
vier Jahre die Nerven blank. Renault
hat versagt. Das fatale Zeugnis nach dem
ersten Test: mangelnde Leistung und desaströse
Zuverlässigkeit. Ein katastrophaler Fehlstart.
Der Hersteller räumte selbst ein, bei der
Entwicklung einige Wochen, wenn nicht sogar
Monate im Rückstand zu sein. Game Over.
2. Defektteufel
Die Red-Bull-Oberen von Christian Horner
über Helmut Marko bis hin zu Dietrich Mateschitz
reagierten fuchsteufelswild auf die Versäumnisse
von Renault. Trotzdem: Obwohl
die Bosse gerne diesen Eindruck erwecken,
sind die Franzosen nicht an allem Übel schuld.
Die Liste der technischen Gebrechen an Vettels
Boliden ist lang, sehr lang sogar: Softwareprobleme
in Melbourne, Elektronikschwierigkeiten
in Melbourne, Barcelona und Spielberg,
Getriebedefekt in Barcelona, Turbo-Schaden
in Monaco. Nicht wenige im Fahrerlager
scherzten deshalb: »Vettel scheint den Webber-Fluch
geerbt zu haben.« Wenn in den
vergangenen vier Jahren ein Red Bull einen
Defekt erlitt, schien es stets der des Australiers
zu sein...
3. Lernrückstand
Eine gebrechliche Power Unit und ein verfluchtes
Auto: kein Wunder, dass Vettel in
jeglicher Kilometertabelle ein weit abgeschlagenes
Dasein fristet. Bei den drei Testfahrten
im Winter brachte er es auf gerade einmal 865
km. Damit legte Vettel sogar knapp mehr Kilometer
zurück als sein Teamkollege Daniel
Ricciardo (844 km). Zum Vergleich: Testweltmeister
Nico Rosberg schaffte mehr als drei
Mal so viel (2.812 km). Im Verlauf der Saison
wurde es für Vettel nicht besser. Von Melbourne
bis Singapur spulte er 1.763 Runden
respektive 8.873 km ab. Damit belegte er Rang
13 dieser Wertung. Ricciardo legte hingegen
10.038 km zurück - damit lag er in den Top-5.
Spitzenreiter Kevin Magnussen brachte es auf
stolze 10.653 km. Oft betonte Vettel, dass er
das Fahren nicht verlernt habe. Die Statistik
beweist, dass er aber auch nicht viel Zeit hatte,
um das Fahren mit den neuen Autos richtig
zu erlernen.
4. Reglement
Stichwort: »Neue Autos«. Vettel brauchte
etwas Anlauf, um in der neuen Formel-1-Hybrid-Ära
Fuß zu fassen. Im Vergleich zu
seinen weltmeisterlichen Vorgängern
war der RB10 nicht mit Vettels
Fahrstil kompatibel. Vettel
zeichnete sich in den vergangenen
Jahren als
Meister des angeblasenen
Diffusors
aus -
damit trieb
er Webb
e r
54 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: RED BULL
geradezu in den Wahnsinn. »Seb hat seinen
Fahrstil dafür perfektioniert«, erklärt Christian
Danner. »Das kann er jetzt aber nicht
mehr nutzen, speziell beim Bremsen.« Gleichzeitig
kam Vettel mit den neuen Systemen
nicht wie gewünscht klar. Das Auto machte
einfach nicht, was er wollte. Aus Rache ließ
Vettel seine Wut am neuen Reglement aus.
»Der Sound ist scheiße.« So lautete seine am
meisten beachtete Kritik an der neuen F1.
Danner hatte dafür wenig Verständnis. »Ich
halte es für unklug und nicht konstruktiv,
wenn ich als viermaliger Weltmeister permanent
auf meinen Sport einschlage.«
5. Reifenverschleiß
Als ob all das nicht schon genug wäre, schien
Vettel zu allem Überfluss die neuen Pirelli-
Reifen ab Saisonbeginn stärker zu verschleißen
als Ricciardo. Das bedeutete eine weitere
Baustelle für das Team, das einen Weg finden
musste, um Vettel wieder zu einem Reifenflüsterer
zu machen. Aber selbst nach der Sommerpause
gab es in Monza noch ungelöste
Rätsel. Mit der weichen Reifenmischung war
alles im Lot. Aber mit der härteren hatte er
abermals für das Team unerklärbare
Probleme.
Schwierige Saison für den erfolgsverwöhnten
Serienweltmeister
6. Chassis
Suzie. So hieß Vettels neue Liebe. Doch so
richtig wollte es zwischen den Beiden nicht
funken. Schon in China erhielt Vettel ein
neues Chassis. Hinterher stellte sich heraus:
Suzie war in Ordnung, die Messwerkzeuge
stimmten nicht. »Manchmal macht man das
als Fahrer aus Verzweiflung«, unkte Johnny
Herbert. Dabei sollte es aber nicht bleiben. In
Italien fuhr Vettel erneut ein anderes Chassis,
das zuvor schon bei den Silverstone-Tests eingesetzt
worden war. Mit dem neuerlichen
Wechsel sollte seine Psyche beruhigt werden.
Für Singapur erhielt er dann sein viertes Chassis
in dieser Saison. »Das ist Chassis Nr. 5«,
sagt er. »Ich mag die Fünf. Hoffentlich passt
es jetzt.«
→
www.Motorsport-Magazin.com 55
7. Teamkollege
Sonnyboy, Überraschungssieger, zukünftiger
Weltmeister - Tribute, die in der Vergangenheit,
in Verbindung mit dem Namen
Sebastian Vettel standen. Heute werden sie
meist in einem Atemzug mit Daniel Ricciardo
genannt. Dass sein neuer Teamkollege
in fast jedem Rennen besser abschneidet
als er, schmeckt Vettel ganz und gar
nicht. Allein in der ersten Saisonhälfte fuhr
der Australier im unterlegenen Red Bull drei
Siege ein, während Vettel sieglos blieb. Ein
Faktum, das an Vettels Nr.-1-Status kratzte.
»Sebastian bekam vom Team oder besser
gesagt von Dr. Helmut Marko ständig
gesagt, dass er endlich aufwachen muss. Er
bekam keine positive Energie vom Team.
All das zusammen macht es für einen Fahrer
verdammt schwierig, aus dieser negativen
Spirale herauszufinden«, sagte Ex-Champion
Jacques Villeneuve gegenüber Motorsport-Magazin.com.
8. Strategie
Apropos sieglos. Dass in Kanada Daniel
Ricciardo auf dem Siegerpodest stand und
nicht Vettel, ging nicht auf das Konto des
Deutschen. Das Team holte Vettel zu früh
an die Box, wodurch er auf seiner Inlap
wertvolle Zeit hinter Nico Hülkenberg ver-
lor. »Das war definitiv kein Vettel-Fehler,
sondern der Kommandostand hat sich verschätzt«,
räumte Marko ein. In Ungarn versäumte
das Team, Vettel anzuweisen in eine
andere Motoreinstellung zu wechseln. Die
Folge: Vettel drehte sich und beendete das
Rennen auf P7, Ricciardo gewann. »Unser
Fehler. So etwas darf eigentlich nicht passieren«,
erklärte Teammanager Jonathan
Wheatley. Zum Glück für Red Bull ist Vettel
wie er selbst sagt »nicht nachtragend«. Es
darf bezweifelt werden, dass das auch für
die Teamorder in China und Bahrain gilt,
als Vettel unfreiwillig seinem Teamkollegen
Platz machen musste.
9. Personal
Als hätte Vettel mit der Saison 2014 nicht
schon genug am Hut, ziehen bereits die
nächsten dunklen Wolken herauf. In der
Zukunft muss er auf zwei entscheidende
Wegbegleiter verzichten. Adrian Newey,
das treibende Genie hinter seinen vier
Weltmeistertiteln, wird sich ab 2015 anderen
Projekten widmen und nur noch in
beratender Funktion zur Verfügung stehen.
»Es ist nur natürlich, dass sich Leute, die
viele Meisterschaften und Titel gewonnen
haben, eine neue Herausforderung suchen.
Adrian war in der Vergangenheit sehr
»SEBASTIAN BEKAM VOM
TEAM ODER BESSER VON
HELMUT MARKO STÄNDIG GE-
SAGT, DASS ER ENDLICH AUF-
WACHEN MUSS. ER BEKAM
KEINE POSITIVE ENERGIE VOM
TEAM.« JACQUES VILLENEUVE
56 www.Motorsport-Magazin.com
TEXT: CHRISTIAN MENATH
Christian Danner spricht Klartext
Gehört Vettel zu den großen Pechvögeln der neuen F1-Ära?
Wenn man seine technischen Defekte alle ansieht, würde ich sagen, dass er fast auf Webber-
Niveau liegt. [lacht]
Ist die harte Kritik an ihm gerechtfertigt?
Das eine hat für mich nichts mit dem anderen zu tun. Wenn jemand technische Probleme
hat, ist das blöd. Er hat diese ja nicht höchstpersönlich verursacht. Wenn man wie Pastor
Maldonado an jedem Wochenende zwei Mal in die Wand fahren würde, ist das selbst verursacht.
Wenn er ständig einen falschen Knopf drücken würde, wäre das ebenfalls selbst
verschuldet. Das ist bei Vettel aber nicht der Fall. Ist Kritik an ihm aber dennoch berechtigt?
Ja klar, denn er ist meist deutlich von Daniel Ricciardo geschlagen worden. Man muss einen
vierfachen Weltmeister dafür kritisieren dürfen, wenn er sich von seinem Teamkollegen
glasklar abbraten lässt.
Muss er um seinen Nummer-1-Status im Team bangen?
Der Nummer-1-Status ist in dieser Saison ohnehin durch. Ricciardo hat drei Grands Prix
gewonnen. Grundsätzlich ist es aber natürlich schon so, dass Red Bull nicht vergessen hat,
was Vettel in den vergangenen Jahren am Stück geleistet hat. Er ist ja nicht umsonst so oft
Weltmeister geworden. Er ist brillant gefahren und hat eine noch nie dagewesene Perfektion
an den Tag gelegt. Das Team weiß genau, was für ein Juwel er ist.
Wie stark setzen ihm die vielen Rückschläge zu?
Das muss man zweiteilen: Wie sehr stinkt ihm das? Unfassbar stark. Er ist ein sehr ehrgeiziger,
erfolgshungriger Bursche. Deswegen stinkt ihm das unglaublich. Aber es setzt ihm
nicht zu. Er ist ein intelligenter, junger Mann, der durchaus mit solchen Niederlagen klar
kommen kann. Es gefällt ihm nicht, aber das ist in Ordnung. Das Team weiß inzwischen
ganz genau, warum Ricciardo schneller ist als Vettel. Ich würde sagen, er ist so gut wie dran.
wichtig für das Team und das wird er auch
bleiben«, versuchte Vettel die Personalveränderung
herunterzuspielen. Genau wie
im Fall von Guillaume Rocquelin. Seit 2009
war Rocky als Renningenieur an Vettels
Seite, ab 2015 wird sich das ändern, denn
Rocquelin steigt zum Head of Race Engineering
auf.
10. Gerüchte
»Ich habe in Spa gehört, dass ich für 150
Millionen Dollar einen Dreijahresvertrag
unterschrieben habe. Ich fragte, wo der Stift
ist, aber niemand brachte mir einen«,
scherzte Vettel über die anhaltenden Wechselgerüchte.
In der Vergangenheit war er
immer wieder mit einem Wechsel zu Ferrari
in Verbindung gebracht worden, doch 2014
sahen ihn die Gerüchteköche nahezu in fast
jedem Cockpit. Ferrari, McLaren, Mercedes
- es gab kein Top-Team, in das Vettel nicht
hineingeschrieben wurde, obwohl er selbst
stets dementierte. Mit Verlauf der Saison
nervten ihn die ständig gleichen Fragen
immer mehr. »Ist mein Englisch nicht gut
genug? Ich habe doch gesagt, dass ich auch
in Zukunft für Red Bull fahren werde«, reagierte
Vettel in Singapur genervt. Die
Gerüchte wollten trotzdem nicht
verstummen.
Auch Niederlagen
gehören zum Sport
dazu. Sebastian
Vettel muss 2014
erstmals in seiner
Formel-1-Karriere
richtig leiden
FOTOS: RED BULL
www.Motorsport-Magazin.com 57
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, SAUBER
58 www.Motorsport-Magazin.com
REDEN
AM
TEXT:
LIMIT
STEPHAN HEUBLEIN
EINSTEIGEN. GAS GEBEN. SIEGEN. DIE FORMEL 1 KÖNNTE SO EINFACH SEIN. MOTORSPORT-
MAGAZIN.COM QUETSCHTE SAUBER-PILOT ADRIAN SUTIL AUS: WAS MUSS EIN MODERNER
FORMEL-1-PILOT WIRKLICH ALLES IM COCKPIT TUN?
www.Motorsport-Magazin.com 59
Sauber jagt in
dieser Saison den
guten Ergebnissen
der Vergangenheit
hinterher
Adrian Sutil
kommt die
Einschränkung
des Funkverkehrs
entgegen
MSM: Adrian, wie viel Ingenieur steckt heutzutage
in einem modernen Formel-1-Rennfahrer?
ADRIAN SUTIL: Die Formel 1 ist schon recht
technisch geworden. Auch sehr kompliziert. Man
lernt immer mehr dazu und muss immer mehr
technisches Verständnis mitbringen, um alles auf
Befehl abrufen zu können. Okay, eigentlich muss
man nur zuhören und funktionieren. Aber gewisse
Dinge sind beim Verständnis wichtig, um alles
richtig einschätzen zu können.
Wie viel Spaß macht dir dieser Teil deiner Arbeit?
Das gehört zur modernen Formel 1 dazu. Veränderungen
sind gut. Jetzt haben wir eine Formel 1
in der sehr viel Wert auf das Benzinsparen gelegt
wird. Als Rennfahrer möchte man immer Vollgas
fahren, immer schnell sein, nicht auf den Benzinverbrauch
achten. Das könnte schon ein bisschen
besser sein.
Gibt es spezielle Kenntnisse, die du dafür
benötigst?
Das meiste habe ich in meiner Formel-1-Karriere
gelernt. Davor fährt man mit Autos, die technisch
nicht ganz so kompliziert sind. Diese Fahrzeuge
versteht man recht schnell. Sie sind die Basis. Bei
mir waren das die Formel BMW und die Formel
3. Mein Aufstieg ging ohnehin ein bisschen schneller
vonstatten. Ich bin vor der Formel 1 fast nur
zwei Autos richtig gefahren.
Du hast bereits das Benzinsparen angesprochen.
Das ist ein großes Thema in diesem Jahr. Dies
führte bis Singapur zu einem Anstieg der Funksprüche
von der Box an die Fahrer. Bist du jemand,
der im Funk gerne wie ein Wasserfall quasselt oder
hast du lieber deine Ruhe?
Ich höre dem Team zu, aber ich rede nicht viel. Das
bringt ja nichts. Zuhören, machen und dann läuft
es. Man muss seinem Team vertrauen. In einem
neuen Team harmoniert das am Anfang vielleicht
nicht ganz perfekt. Aber das spielt sich schnell ein.
Es ist wichtig, dass man seinem Ingenieur vertraut.
Wenn er etwas sagt, bedeutet das für mich als Fahrer:
Okay, machen, fertig.
Beim Benzinverbrauch kann der Fahrer nur
schwer mitreden. Aber oft gibt es auch Funksprüche
über die Abstände zum Vorder- oder Hintermann.
Oder Infos in welcher Kurve ein Fahrer Zeit
verliert, wo er später bremsen soll. Willst du solche
Informationen haben?
Es ist immer gut, wenn man ab und zu solche Informationen
erhält. Aber wenn man im Rennen voll
am Limit fährt, kann man nicht großartig in einer
Kurve etwas anderes probieren. Das endet meistens
in einem Fehler. Diese Infos sind besser im Training
aufgehoben. Wenn man klar sieht, dass man an
einer Stelle Zeit verliert, kann man ein bisschen
etwas ausprobieren. Aber im Rennen muss es sitzen.
Da gibt es keine Zeit, um zu üben.
Die Fahranweisungen im Funk haben bei vielen
Fans zu dem Eindruck geführt, dass der Fahrer
ferngesteuert ist und gar nichts mehr selbst machen
muss. Jetzt hast du die Chance, dem zu widersprechen
und zu zeigen, dass du durchaus im Cockpit
einiges zu tun hast...
In der Onboard-Kamera sieht es immer recht einfach
aus, wie wir auf der Strecke herumfahren. Es
sieht ganz leicht aus. Wir machen nur ganz geringe
Lenkbewegungen. Aber wenn man am Limit fährt,
ist es absolute Schwerstarbeit. Das Auto bewegt
sich wie auf der Rasierklinge. Dabei müssen wir
gefühlt hundert Knöpfe drücken. Auf jeder Runde
müssen wir drei Knöpfe betätigen. Das summiert
sich. Hochschalten, runterschalten. Konzentrieren.
Das Rennen fahren. Vor und hinter dir sind Autos.
Wir haben wirklich viel zu tun und das alles bei
Geschwindigkeiten über 300 km/h.
So gesehen machen die Funkanweisungen deine
Arbeit ja sogar noch anspruchsvoller...
Genau, man hat einfach noch mehr zu tun als
letztes Jahr schon. Umso wichtiger ist es, die Konzentration
über das Rennen hinweg zu halten. Das
ist das Schwierige daran.
Siehst du dir hinterher die Rennen als Aufzeichnung
an?
Ja, eigentlich schon. Die meisten Rennen sehe ich
mir hinterher noch einmal an. Das ist in meinen
Augen wichtig, denn man kann auch dabei noch
etwas lernen, zum Beispiel wie die anderen Fahrer
gefahren sind.
Paul Hembery hat mir gesagt, dass die Fahrer für
seinen Geschmack in diesem Jahr im Funk etwas zu
viel jammern. Der eine beschwert sich, dass er abgedrängt
werde, der andere beklagt, dass ein Gegner
die Strecke verlassen habe. Teilst du diese Ansicht?
Es gibt nun einmal Regeln. Gäbe es diese nicht,
würde man wahrscheinlich weniger jammern. Aber
es ist wie auf dem Fußballfeld. Wenn ein Spieler
einen anderen streift, fliegt er gleich hin. Im ersten
Moment sieht es ganz schlimm aus, aber dann steht
er wieder auf, als wenn nichts gewesen wäre. Man
probiert, den anderen ein bisschen ins schlechte
Licht zu drücken. Man versucht, überall alles
herauszuholen und die Grenzen auszuloten. Jeder
macht es. Also muss man es selbst auch machen.
Somit gibt es oftmals wegen einer Kleinigkeit
ein Riesentheater und es wird aus einer Fliege
ein Elefant gemacht. So ist der Sport. Es geht
um sehr, sehr viel. Jeder will gewinnen. Da
musst du auch mit allen Tricks spielen, die zur
Verfügung stehen.
60 www.Motorsport-Magazin.com
Ferngesteuerte
Fahrer? Sutil hat
am Steuer des
widerspenstigen
Autos viel zu tun
Würde es dir als Fahrer gefallen, wenn du ohne
Funk, Telemetrie und all diesen Schnickschnack
fahren könntest?
Ja, ein bisschen Einsparungen auf diesem Gebiet
wären ganz gut. Dagegen hätte ich nichts einzuwenden.
Es ist schon sehr, sehr kompliziert.
Manchmal wäre es schön, mal rauszufahren und
in der Lage zu sein, drei, vier Runden am Stück
die gleiche Rundenzeit zu erzielen, weil die Reifen
halten. Es ist alles sehr limitiert. Wir müssen
den Motor schonen, Benzin sparen, auf die Reifen
achten - und dann ist man plötzlich schon
im Qualifying. Auf einmal muss man die beste
Runde der Welt hinzaubern.
Einige deiner Fahrerkollegen haben zuletzt
gesagt, dass die Formel 1 in diesem Jahr physisch
nicht mehr so anstrengend sei. Stimmst du dem
zu?
Absolut. Im Vergleich zu meinen ersten Formel-
1-Jahren ist es wesentlich einfacher geworden.
Besonders in diesem Jahr ohne den höheren Grip
herrschen geringere Fliehkräfte vor.
Hat sich dadurch dein Trainingsprogramm
verändert?
Man muss die Muskeln verlieren, die man in den
vergangenen Jahren aufgebaut hat. Je leichter,
desto besser. Dadurch ist das Training schwieriger
geworden. Man trainiert nur noch Ausdauer.
Für große Fahrer ist es umso schwieriger
geworden. Ich bin nur noch ganz selten beim
Krafttraining. Stattdessen mache ich eigentlich
nur noch Kardio-Training. Hauptsächlich laufen.
Selbst Radfahren muss man sich zweimal überlegen,
weil die Oberschenkel sehr schwer sind.
Trotzdem haben viele Fahrer gesagt, dass zum
Beispiel Eau Rouge nun wieder eher eine Mutkurve
gewesen ist. Also haben die neuen Autos
auch ihre Vorzüge...
Oh ja, die Eau Rouge war spannend. Man konnte
nicht einfach voll durch fahren. Für uns ging sie
im Qualifying geradeso mit Vollgas. Im Rennen
mussten wir immer mal lupfen, andere sind voll
durchgefahren - das war schon eine Mutkurve
und hat definitiv wieder mehr Spaß gemacht.
Macht es allgemein noch so viel Spaß, mit den
modernen Autos zu fahren?
In Spa hat es auf jeden Fall viel Spaß gemacht.
Unser Auto lag sehr gut. Die Grip-Verhältnisse
waren auch okay. Natürlich könnte man mehr
haben. Jeder Fahrer wünscht sich mehr Grip.
Aber es war ein schönes Rennen.
Kommen wir zurück zu den Ingenieurskünsten,
die ein Fahrer heutzutage besitzen muss. Dabei
gehört es auch zu deinen Aufgaben, dem Team
bei der Weiterentwicklung des Autos zu helfen.
Welchen Einfluss hast du auf diesem Gebiet als
Fahrer?
Du bist der erste, der dazu befragt wird. Du musst
deine Einschätzung abgeben und dem Team ständig
Feedback geben. Jedes Training, jedes Qualifying
wird analysiert. Die Tendenzen sind recht
einfach herauszuhören. Wichtig ist, dass das Team
in der Fabrik den richtigen Weg einschlägt. Ich
bin der Mann, der einen Weg befürwortet oder
eben nicht. Ich muss sagen, wo das Auto noch
Schwierigkeiten bereitet. Wenn wir uns dort verbessern,
werden auch die Rundenzeiten besser.
Danach muss ich es wieder aus meiner Hand
geben. Ich bin eben kein Aerodynamiker. Dann
kommt es auf die Spezialisten an. Sie müssen
umsetzen, was ich benötige, um schneller zu
fahren. Die Schwierigkeit ist, da genau den richtigen
Fühler zu haben, um den besten Weg einzuschlagen.
Über die Zeit bastelt man sich das
Auto natürlich nach seinen Bedürfnissen zurecht.
Jeder Fahrer braucht etwas anderes. Wenn ein
Fahrer lange bei einem Team fährt, kann es durchaus
auch sein, dass ein Auto sehr auf ihn zugeschnitten
ist. Wenn dann ein neuer Fahrer hinzustößt,
kommt er damit vielleicht nicht so gut
zurecht. Dann muss das Auto wieder etwas spezifischer
geändert werden.
»MAN PROBIERT, DEN ANDEREN
EIN BISSCHEN INS SCHLECH-
TE LICHT ZU DRÜCKEN. MAN
VERSUCHT, ÜBERALL ALLES
HERAUSZUHOLEN UND DIE
GRENZEN AUSZULOTEN. SO IST
DER SPORT. ES GEHT UM SEHR,
SEHR VIEL. JEDER WILL
GEWINNEN. DA MUSS MAN MIT
ALLEN TRICKS SPIELEN.«
www.Motorsport-Magazin.com 61
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, SAUBER
SLIDESHOW | MOTORRAD | #39 | 2014
❱ VERLIERER IM
VERTRAGSPOKER
TEXT: MARIA POHLMANN
Nachdem Stefan Bradl HRC nicht mehr die gewünschten Ergebnisse
lieferte, wollte Shuhei Nakamoto ihn loswerden. Aber Lucio Cecchinello
nicht. Der LCR-Chef versuchte auch ohne die Hilfe von HRC, ein Paket
für die kommende Saison zu schnüren und bat den 24-Jährigen um
Geduld. Doch genau die hatte Bradl nicht. Als Cecchinello schließlich
das Geld beisammen hatte, stand Bradls Signum bereits unter einem
brandneuen Vertrag bei Forward Racing. Während der Zahlinger bei
LCR Werksmaterial bekam, fährt er von nun an in der Open-Klasse.
Sollten ihm auf der Forward-Yamaha keine ähnlich guten Ergebnisse
gelingen wie Aleix Espargaro, dann könnte Bradls MotoGP-Geschichte
schnell zu Ende sein. Vielleicht ist dieser Wechsel aber auch genau das,
was er braucht, um wieder durchzustarten.
FOTO: MILAGRO
62 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 63
FOTOS: MILAGRO
ZWEI WELTMEISTER
64 www.Motorsport-Magazin.com
TEXT: MARIA POHLMANN
VALENTINO ROSSI UND MARC MARQUEZ: WAS EINT SIE? WAS TRENNT SIE?
BEIDE SIND CHAMPIONS, DIE IHRESGLEICHEN SUCHEN UND DENNOCH GIBT
ES UNTERSCHIEDE. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM MACHT DEN GROSSEN CHECK.
EINE GESCHICHTE
www.Motorsport-Magazin.com 65
Kaum ein Fahrer
ist so fokussiert
wie Marc Marquez
E
in leichter Wind weht durch
die Boxengasse in Brünn. Die
spanische Nationalhymne erklingt
und lässt Dani Pedrosa
als Sieger des Tschechien
Grands Prix hochleben. Marc Marquez und
seine Crew bekommen nichts davon mit. Die
großen, festen Tore auf der einen Seite der
Repsol-Honda-Box sind bereits geschlossen.
Vorbeiziehende Menschen vermuten, dass der
Weltmeister mit finsterer Miene im Inneren
sitzt, dass er sich darin über die schlechte Abstimmungsarbeit
seines Teams echauffiert, was
wohl jeder Fahrer nach dem abrupten Abbruch
einer Sieges- und Podest-Serie getan hätte.
Aber nicht Marquez: der junge Spanier sitzt
seinen Teammitgliedern in genau diesem Moment
freudestrahlend, ja nahezu erleichtert,
gegenüber. »Heute war ein schwieriger Tag,
einer dieser Sonntage, an denen du dich nicht
perfekt fühlst«, gab er später gelassen zu Protokoll.
»Es gelang uns am Wochenende nicht, das
perfekte Setup zu finden. Am Rennende war
ich langsamer, denn ich sah, dass es nicht mehr
möglich war, ums Podest zu kämpfen, also
machte ich etwas ruhiger. Die anderen waren
einfach schneller. Ich habe versucht, ihnen zu
folgen, aber es war nicht möglich.«
Der Weltmeister hatte nach zehn Siegen in
Folge nicht erwartet, so weit zurückzuliegen.
Er hatte danach aber nur ein Ziel: »Das musste
ich erst einmal verstehen.« Anstatt den Kopf
in den Sand zu stecken, fühlte sich Marquez
nach dem vierten Platz aber eher erleichtert -
das war dem strahlenden Spanier auch anzusehen:
»Ehrlich gesagt, fühle ich mich jetzt viel
besser als vorher. Vorher hatte ich den Druck,
alle haben nach mir gesehen, über die Siege
gesprochen und darüber, dass ich alle Rennen
gewinnen könnte.«
Sicherlich hätten viele Fahrer in diesem Falle
auf Nummer sicher gesetzt, doch nach einem
derartigen Rennen beruhigt anstatt verärgert
zu sein, gelingt nur wenigen. Einer dieser wenigen
ist Valentino Rossi. Auch er beherrscht
das Spiel und zaubert sich selbst ein Lächeln
auf die Lippen - auch, wenn es einmal nicht so
läuft wie geplant. Was bei Rossi hin und wieder
nur zum Wohle der Fan-Sympathien ist,
strahlt Marquez mit einer Ehrlichkeit aus, wie
es sie selten gibt. Zumindest nicht im aktuellen
Fahrerfeld. Doch was verbindet Marquez und
Rossi? Was trennt die beiden Stars?
WAHRE CHAMPIONS
Nach Giacomo Agostini und Angel Nieto wird
Rossi - was die Anzahl seiner Titel angeht - gerne
als der Größte aller Zeiten bezeichnet. An seine
neun Weltmeistertitel kommt schließlich so
schnell keiner ran. Doch viele trauen Marquez
zu, genau das zu erreichen. Noch ist der Spanier
21 Jahre jung, doch schon jetzt hat er drei dieser
begehrten Trophäen auf dem Nachtschränkchen
stehen. Die vierte ist nur eine Frage der Zeit.
Schon jetzt hat Marquez den Italiener in einigen
Rekordfragen geschlagen. Die Erfolge als jüngster
Fahrer in der Geschichte kann Rossi weder
nachweisen noch aufholen.
Rossi blickt auf eine beeindruckende Statistik
voller Titelgewinne, Rennsiege und WM-Punkte
zurück. So ist er bisher der Fahrer, der die meisten
Siege in der Königsklasse feierte, auch für
Yamaha hält er die Triumph-Fahnen hoch.
Gleichzeitig bewies er sein Talent auch auf anderen
Fabrikaten. So holte der Fan-Liebling neben
vier Titeln für Yamaha auch drei für Honda
und zwei für Aprilia. Bis zu seinem Wechsel zu
Ducati gewann er in jeder Saison mindestens ein
Rennen. In 18 WM-Jahren konnte er bis nach
dem San Marino Grand Prix 2014 ganze 5.012
Punkte auf seinem WM-Konto ansammeln. Eine
unglaublich lange GP-Karriere, die ihresgleichen
sucht.
»Marc hat ähnliches Potential«, ist sich Alex
Hofmann sicher. In seinen bisher sieben gefahrenen
Grand-Prix-Jahren hortete Marquez bis
nach dem San Marino GP beachtenswerte 1.665
WM-Zähler. Marquez war der jüngste Pole-Set-
FOTOS: MILAGRO, REPSOL HONDA
66 www.Motorsport-Magazin.com
ter in der Königsklasse und gleichzeitig jüngster
Rennsieger in der MotoGP. Dazu wurde er der
jüngste Pilot, der ein, zwei, drei und immer mehr
Rennen in Folge gewinnen konnte. Die 20-Rennen
lange Rekordsiegesserie von Agostini hat der
Youngster bisher noch nicht gebrochen. Aber
wer weiß schon, was Marquez noch alles aus dem
Hut zaubert?
Marquez und
Rossi verstehen
sich blendend
ROSSI BLICKT AUF EINE BEEINDRUCKENDE STATISTIK VOLLER
TITELGEWINNE, RENNSIEGE UND WM-PUNKTE ZURÜCK. SO IST ER
BISHER DER FAHRER, DER DIE MEISTEN SIEGE IN DER KÖNIGS-
KLASSE FEIERTE.
Rossi fand 2014
zurück zu alter
Stärke
Wie Rossi gewann auch Marquez erst den Titel in
der 125ccm-Klasse und stieg danach auf. Nachdem
Rossi den 250er Titel 1999 abräumte, wechselte
er im Folgejahr in die 500er Kategorie. Rossi
fuhr sein erstes Jahr auf Honda. Ähnlich erging
es bisher auch Marquez. Nach dem Titelgewinn
in der Moto2 2012 kletterte auch der Spanier in
die MotoGP hinauf und startete direkt mit Honda
durch. In seinem ersten Jahr in der obersten
Kategorie sicherte sich Marquez allerdings auf
Anhieb den WM-Titel - ein Erfolg, der Rossi
verwehrt blieb, da er im ersten 500ccm-Jahr ‚nur‘
Zweiter wurde.
Aber auch als Zweiter hatte Rossi immer eine
Besonderheit: sobald ihn seine Fans auf der
Leinwand oder im Fahrerlager sahen, lächelte er.
Der 35-Jährige beherrscht nicht nur den extrem
freundlichen Umgang mit Medien und Sponsoren,
sondern eben und besonders mit den Fans
- selbst wenn diese in Scharen zum neunfachen
Weltmeister pilgern. Rossi nimmt sich Zeit. Noch
etwas mehr Zeit nimmt sich allerdings Marquez.
Immer gut drauf, ständig ein Lächeln auf den
Lippen - das schafft nicht nur Sympathien, sondern
führt den amtierenden Weltmeister auch
auf ein ganz anderes Beliebtheitsniveau.
Zur Fahrerpräsentation in der Karthalle am
Sachsenring sprang Marquez sogar von der Bühne,
nahm das Handy eines jungen Mädchens in
die Hand, das den Spanier die ganze Zeit angehimmelt
hatte, drehte es um und machte gemeinsam
mit ihr einen Selfie. Rossi und Marquez lächeln
also nicht nur selbst, sondern verstehen →
www.Motorsport-Magazin.com 67
es durchaus, ihre Fans zum Strahlen zu bringen.
Die Bewunderung der Anhänger verdienen sich
beide nicht nur mit reiner Bestleistung auf der
Strecke, spannenden Aufholjagden und Duellen,
sondern besonders im direkten Kontakt.
FOTOS: MILAGRO, REPSOL HONDA
Lachen und Freude sind dabei genau das, was
beide Champions auszeichnet und das können
sie auch auf die Strecke übertragen. Alle Fahrer
setzen ihr Leben in jedem einzelnen Training,
Qualifying und Rennen aufs Spiel. Sie sind im
positiven Sinne verrückt und gehen unerhörte
Risiken ein. »Marquez macht das aber mit einer
solchen Selbstverständlichkeit, die ich so noch
nie gesehen habe. Das Ganze macht er dann
noch so abgeklärt und in einem so jungen Alter,
dass es einem schon schwer fällt, alles in Worte
zu fassen«, ringt Hofmann nach den richtigen
Begriffen.
»Ich glaube, er ist dafür geboren, genau das zu
machen und er lebt für diesen Moment auf dem
Motorrad. Dazu hat er einen extrem wichtigen
Punkt, den auch Rossi immer hatte: verdammt
viel Spaß dabei. Genau das ist die gefährliche
Kombination: ein gemischter Cocktail, der brodelt
und alle anderen ein bisschen alt aussehen
lässt.« Und das ist der Schlüssel: während sich
die Konkurrenten Gedanken über Wetter, Reifen
und Abstimmung machen, geben Rossi und
Marquez einfach Gas - ohne sich den Kopf großartig
über Folgen, Ausgang oder Gefahren zu
zermartern.
Das beste Beispiel dafür war Marquez‘ spektakulärer
Slide am Test-Montag in Brünn. Jedem
anderen Fahrer wäre die Maschine schon auf der
Strecke liegend in den Kies gerutscht. Marquez
blieb sitzen. »Ich habe schon gemerkt, dass das
nicht gut geht und ich dachte mir immer: ‚Wie
kann ich das nur retten? Wie kann ich damit nur
umgehen?‘ Als ich dann am Boden lag, hatte ich
nur noch einen Gedanken: ‚Vollgas‘. Dann habe
ich Vollgas gegeben und als ich meine Augen
wieder öffnete, saß ich immer noch auf dem
Niemand hat so eine
breite Fan-Basis wie
Valentino Rossi
ER LEBT FÜR DIESEN MOMENT AUF DEM MOTORRAD. DAZU HAT ER
EINEN EXTREM WICHTIGEN PUNKT, DEN AUCH ROSSI IMMER HATTE:
VERDAMMT VIEL SPASS DABEI.
Bike«, lautete seine Erklärung der Situation, die
wohl keine weiteren Ergänzungen erfordert.
Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Rossi und
Marquez ist ihre Teamverbundenheit. Bezeichnet
Marquez sein Team als seine Familie an der
Rennstrecke, so beweist auch Rossi diese Einstellung
und das bei beiden über mehrere Jahre. Der
Spanier setzte sich stark bei Honda dafür ein, seine
Moto2-Crew mitbringen zu dürfen und setzte
dies - wenn auch im zweiten Jahr erst komplett
- durch. Rossi hielt viele Jahre an Jeremy Burgess,
Alex Briggs, Brent Stephens, Matteo Flamigni
und weiteren Kollegen fest. Obwohl er seinen
Crewchief austauschte, gilt das Prinzip auch weiterhin.
Mit Santi Hernandez konnte Marquez im
ersten MotoGP-Jahr zumindest seinen Chefmechaniker
mitnehmen, bevor er Honda nach Titel
Nummer eins in seiner Rookie-Saison davon
überzeugte, auch seine weiteren Mitarbeiter in
die Königsklasse zu befördern.
In einer Angelegenheit hat Marquez sogar einen
Vorteil gegenüber Rossi. Während sich Dani
Pedrosa, Jorge Lorenzo oder eben Rossi über
Regen, Gripverhältnisse, Reifen und schlechtes
Material beschweren, verliert der junge Spanier
nie ein Wort der Kritik. Er setzt sich auf seine
Honda, nimmt die Gegebenheiten so wie sie sind
und brennt eine schnellste Runde nach der ande-
68 www.Motorsport-Magazin.com
en in den Asphalt. Auch Rossi jammert wenig,
aber Marquez hat wohl noch nie ein schlechtes
Wort über Material, Bedingungen oder Schmerzen
nach einer Verletzung verloren. Er passt sich
einfach an alles an, was ihm durchaus auch einen
psychologischen Vorteil einbringen könnte.
Schon als Michael Schumacher zu Beginn des
Jahrhunderts die Formel 1 dominierte, wurde
ihm nachgesagt, auch er sei seinen Konkurrenten
psychisch überlegen. Durch seine starke
Präsenz und seine Unschlagbarkeit hieß es, der
Deutsche wäre schon vor dem Start um zehn
Meter davongefahren. Rossi glaubt daran jedoch
nicht. »Als ich in der Vergangenheit so viele Rennen
gewann, haben viele auch gesagt, dass ich
eine psychische Dominanz habe und die anderen
damit einschüchtere. Auch als Schumacher
gewann, zählte nur das Tempo auf der Strecke.«
Allerdings gibt auch der Italiener zu: »Wenn du
der Schnellste auf der Strecke bist, wirst du auch
mental stärker.«
Das scheint bei Marquez nur ein kleiner Bonus
zu sein und wie wir und all seine Konkurrenten
nach Brünn und Misano wissen: der Spanier ist
nicht unschlagbar. Was seiner atemberaubenden
Serie von Siegen aber nicht schadet. Auch Rossi
hat sich zu seiner Zeit kaum Sorgen gemacht,
einmal nicht auf der obersten Stufe des Treppchens
zu stehen. »Sie sind momentan die beiden
Top-Fahrer in dieser Welt«, hält Alex de Angels
fest. »Ich denke aber, Marquez hat alles, um zu
versuchen, besser zu sein als Valentino. Damit
meine ich die Rekorde. Er hat es drauf.«
Rossi vs. Marquez
- das ist das Duell
dieser Saison
Rossi stellte
seinen Fahrstil im
Winter radikal um
VALENTINO IST VALENTINO, MARC IST MARC
Gleichzeitig fällt es aber auch schwer, beide zu
vergleichen. Logisch: Aktuell haben Rossi und
Marquez verschiedenes Material. »Auch das Alter
spielt eine Rolle«, bemerkt de Angelis. »Marc
hat ähnliches Potential, ist aber auch ein anderer
Charakter. Rossi ist eben Rossi und ich glaube,
schon wenn er um die Ecke kommt, haben die
meisten beim bloßen Hinsehen bereits ein breites
Lächeln im Gesicht, weil er einfach ein lustiger
Typ ist. Er verstreut Spaß und Freude am Sport,
behandelt die Fans gut und das bekommen sie
natürlich mit. Das ist eine Geschichte, die man
nicht kaufen kann«, meint Hofmann.
Während sich Rossi früher gegen Kenny Roberts
Junior, Max Biaggi, Sete Gibernau, Marco Melandri
und Nicky Hayden im Kampf um seine Titel
auseinandersetzen musste, werden Marquez‘
Gegner als noch stärker eingeschätzt. Lorenzo,
Pedrosa und Rossi selbst gelten neben dem Spanier
als die vier Außerirdischen im aktuellen MotoGP-Feld.
Allen wird erhebliches Talent und ein
unglaubliches Tempo zugerechnet. Auch Rossis
Gegner waren schnell und talentiert, doch spielte
sich der WM-Kampf damals - wie der Italiener
auch selbst zugibt - auf einem anderen Niveau ab.
»Die Rivalen sind unterschiedlich. Ich denke,
momentan ist das Niveau richtig hoch, denn
auch Jorge und Dani sind unglaublich schnell,
aber Marc schafft in diesem Jahr etwas Besonderes.
Er hat bereits so viele Rennen gewonnen
und das bedeutet, dass die Kombination
aus ihm und seinem Bike zum besten Ergebnis
führt«, sagt Rossi und erkennt Marquez damit
als einen Fahrer an, den er selbst nicht dauerhaft
schlagen kann.
Was beide trotz Lächeln und ihrer freundlichen
Art voneinander trennt, ist ihr Charakter. »Nein,
ich denke, das sind komplett verschiedene Szenarien.
Valentino ist Valentino und Marc ist Marc.
Viele Leute wollen Fahrer immer vergleichen,
selbst Valentino und Biaggi wollten sie schon
vergleichen, aber das geht nicht. Sie sind verschiedene
Menschen, haben ihre eigene Persönlichkeit
und ihr eigenes Charisma«, ist sich Colin
Edwards sicher.
Marquez‘ Siege
lassen bei Honda
die Kassen klingeln
FAZIT
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Rossi nach wie
vor der Mann mit der gelben 46 ist und noch
einige Jahre Fan-Liebling Nummer eins bleiben
wird. Doch Marquez hat das Zeug dazu, aus
dem ‚Doktor‘ einen ‚Professor‘ zu machen. »Ausgehend
von seinem fahrerischen Talent scheint
das der nächste Schritt zu sein: das neue Modell,
das einfach noch mehr kann als ein normaler
Rennfahrer. Er ist ein Prototyp-Rennfahrer«,
beschreibt Hofmann den jungen Spanier.
Obwohl beide Spitzenfahrer viel gemeinsam
haben, trennen sie Zeit und Persönlichkeit. Eines
steht jedoch fest: In der gesamten Historie der
Weltmeisterschaft gibt es nur wenige Piloten,
die sich im Laufe vieler Jahrzehnte als derartige
Talente entpuppen, alles dominieren und damit
nicht nur unschlagbar, sondern mit zahlreichen
Einträgen in die Geschichtsbücher der Weltmeisterschaft
auch unsterblich sind.
Champagner
Marsch: Valentino
Rossis Talentschmiede
räumte
schon im ersten
Jahr einige
Moto3-Pokale ab
Rossi vertraut
seinen Leuten
von Team Sky
VR46
Romano Fenati
bleibt 2015 an
Bord
Francesco Bagnaia
schaffte es noch
nicht aufs Podium
Bei den Grid Girls
lässt sich Rossis
Team nicht lumpen
FOTOS: MILAGRO
Rossi lässt sich
keinen Moto3-Start
entgehen
Rossi verneigt sich
nach Siegen seiner
Fahrer ehrfürchtig
70 www.Motorsport-Magazin.com
TEXT: MICHAEL HÖLLER
ROSSIS
KINDERGARTEN
VOR RUND EINEM JAHR GRÜNDETE VALENTINO ROSSI SEIN EIGENES MOTO3-
TEAM. SEITHER GAB ES FÜR DEN RENNSTALL SIEGE UND TRIUMPHE, ABER
AUCH TRÄNEN UND EINE TRENNUNG. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM ZIEHT
EINE ERSTE BILANZ
alentino Rossi steht in der
Boxengasse hinter dem
Begrenzungszaun und wartet
gespannt auf den Start der
kleinen Klassen. Ein gewohntes Bild für erfahrene
MotoGP-Beobachter, doch seit dieser Saison
dürfte Zaungast Rossi noch etwas nervöser sein
als in den Jahren zuvor. Sky Racing Team VR46
- unter diesem etwas sperrigen Namen firmiert
seit März Rossis eigener Moto3-Rennstall. Der
neunfache Weltmeister erfüllte sich damit nicht
nur selbst einen Traum, sondern feuerte zudem
die Hoffnungen der italienischen Fans nach einer
besseren Zukunft für die erfolgreichste Motorrad-Nation
der WM-Geschichte an. Diese hatten
in den letzten Jahren nur noch wenig zu feiern.
2013 gab es in allen drei Klassen zusammen nur
einen einzigen italienischen Sieg (Rossi in Assen)
- so wenige wie zuletzt 1964. Italien drohte in der
Schwemme spanischer Talente unterzugehen.
Doch gemeinsam mit dem PayTV-Sender Sky,
der in Italien die MotoGP-Übertragungsrechte
hält, schnürte Rossi im Sommer 2013 ein Hilfspaket.
»Das Projekt hat als Akademie für junge
Fahrer begonnen und jetzt versuchen wir, den
jungen italienischen Piloten auf dem Weg an die
Spitze zu helfen. Zu Beginn hatten wir einige
Bedenken, aber es ist mittlerweile ein hervorragendes
Projekt und die Leute sind mit voller
Begeisterung dabei«, erklärte Rossi.
Die Kalkulation war einfach: Rossi steuerte neben
seinem umfangreichen Know-how auch die
Infrastruktur seiner Moto Ranch in Tavullia bei.
Sky bezahlte mit einem mittleren einstelligen
Millionenbetrag die Rechnungen. Neben den
beiden Einsatzfahrern Romano Fenati (18) und
Francesco Bagnaia (17) erstellte Rossi im Rahmen
seiner VR46 Riders Academy mit Moto2-Pilot
Franco Morbidelli (19), seinem Halbbruder Luca
Marini (17), dem erst 14-jährigen Talent Nicolo
Bulega und Andrea Migno (18) ein komplettes
italienisches Nachwuchs-Nationalteam. Bei den
Motorrädern kam Rossi nur das Beste ins Haus
- und das war im Winter klar die KTM. »Dorna-
Chef Carmelo Ezpeleta hat höchstpersönlich ein
Treffen zwischen mir und Rossi eingefädelt«,
erzählte KTM-Sportchef Pit Beirer Motorsport-
Magazin.com stolz. »Motorräder für Rossi zu
bauen war natürlich eine Ehre für uns. Uns haben
aber nicht nur der Name und der geniale Typ
Valentino Rossi überzeugt, sondern vor allem das
Konzept jungen Fahrern, die kein Geld mitbringen
müssen, eine Chance zu geben. Hier wird bei der
Selektion nach Talent und nicht nach dem Geldbeutel
entschieden«, lobte Beirer das Projekt.
ROSSI STEUERTE NEBEN
SEINEM UMFANGREICHEN
KNOW-HOW AUCH DIE
INFRASTRUKTUR SEINER
MOTO RANCH IN TAVULLIA
BEI. SKY BEZAHLTE MIT
EINEM MITTLEREN EIN-
STELLIGEN MILLIONENBE-
TRAG DIE RECHNUNGEN.
Rossis ehrgeizige Pläne fruchteten rasch.
Beide Fahrer punkteten beim Debüt des
Teams in Katar, Fenati stand beim zweiten
Rennen zum ersten Mal auf dem Podium
und gewann das dritte und vierte. WM-
Hoffnungen keimten auf, doch nach einem
weiteren Sieg in Mugello ging es zu Sommerbeginn
langsam bergab. Fahrfehler, Irrläufe
beim Setup und die immer stärker werdende
Konkurrenz auf Honda-Motorrädern setzten
den beiden Fahrern des Rossi-Teams zu. Ein
möglicher Titelgewinn ist in weite Ferne
gerückt und unmittelbar vor dem Heimrennen
in Misano gab es sogar eine erste personelle
Konsequenz. Vito Guareschi, langjähriger
Wegbegleiter Rossis und Teamchef
der Moto3-Mannschaft, musste seinen Hut
nehmen. »Wir haben eine schwierige Entscheidung
für den Rest der Saison und die
weitere Zukunft getroffen. Wir konnten uns
mit Vito nicht über die Zukunft einigen -
insbesondere im Bereich der technischen
Entscheidungen«, erklärte Rossi in Misano
seine Entscheidung. Guareschi soll einen
Wechsel auf Honda forciert haben, während
Yamaha-Werksfahrer Rossi weiter KTM den
Vorzug gegenüber den Moto3-Bikes seines
MotoGP-Erzrivalen geben will. Auch bei den
Fahrern setzt Rossi trotz der schwierigen
letzten Monate auf Kontinuität. So werden
erneut Fenati und Bagnaia auch 2015 unter
dem Banner des neunfachen Weltmeisters
unterwegs sein. Und Rossi wird, so wie er es
schon seit über einem Jahrzehnt an jedem
Rennwochenende tut, am Zaun stehen und
seinen Schützlingen zusehen.
www.Motorsport-Magazin.com 71
TEXT: MARIA POHLMANN
FOTOS: MILAGRO
TEXAS TORNADO
SEIT FAST 20 JAHREN TREIBT DER TEXAS TORNADO SEIN UNWESEN IN DEN BESTEN
MOTORRADSERIEN DER WELT. NUN VERABSCHIEDET SICH COLIN EDWARDS VON
DER GROSSEN ZWEIRAD-BÜHNE. FÜR MOTORSPORT-MAGAZIN.COM HAT ER ZUM
ABSCHIED ABER NOCH EINIGE SCHLAGFERTIGE SPRÜCHE PARAT.
www.Motorsport-Magazin.com 73
FOTOS: MILAGRO
TEXAS TORNADO
Edwards verabschiedete
sich nach 196
MotoGP-Rennen
ei den Tests in diesem Jahr konnte
ich sehen, dass ich meinen Fahrstil
umstellen muss. Es widerspricht
meinem Instinkt, anders zu
fahren. Ich will mehr Zeit mit
meiner Frau und meinen Kindern
verbringen.« Colin Edwards, ein Urgestein der
Motorrad-Weltmeisterschaft, verkündete am
zweiten Rennwochenende der Saison 2014, dass
er ab dem kommenden Jahr nicht mehr im Starterfeld
zu finden sein wird. Nur wenige Wochen
danach verabschiedete sich der 40-Jährige frühzeitig:
er fuhr auf heimischem Boden in Indianapolis
sein letztes Rennen in der MotoGP.
Die Motorradwelt verliert eine ihrer schillerndsten
Persönlichkeiten. Nicht immer politisch korrekt
oder jugendfrei sagt Edwards immer genau das,
was er denkt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund
und war wahrscheinlich genau aus diesem Grund
einer der beliebtesten Menschen im MotoGP-
Fahrerlager. Edwards ist nach knapp zwölf Jahren
in der Königsklasse einer der größten Charakterköpfe
der Rennsportwelt.
Sein erster Trip über den großen Teich führte ihn
1995 in die Superbike-Weltmeisterschaft. Der
Texas Tornado wirbelte von 1999 bis 2002 in der
WSBK zwei Mal zum Titel und genauso oft zwischendrin
zum Vizeweltmeister. Mit Troy Bayliss
lieferte sich Edwards jahrelang atemberaubende
Duelle, die in die Geschichte der Superbike eingingen,
beide Fahrer zu harten Konkurrenten,
gleichzeitig aber auch zu extrem angesehenen
Fahrern machten. Die Bewunderung reichte bis
zur Beförderung in die MotoGP. Bayliss und
Edwards siedelten 2003 über, doch besonders der
Texaner blieb in seinem ersten Jahr weit hinter
den Erwartungen zurück. Ein sechster Platz in
SEIN ERSTER TRIP ÜBER DEN GROSSEN TEICH FÜHRTE IHN 1995 IN
DIE SUPERBIKE-WELTMEISTERSCHAFT. DER TEXAS TORNADO
WIRBELTE VON 1999 BIS 2002 IN DER WSBK ZWEI MAL ZUM TITEL.
Suzuka war auf Aprilia das Beste, was er 2003 bieten
konnte.
Edwards wechselte zu Gresini und pilotierte an
der Seite von Sete Gibernau eine Honda, die er
zwei Mal auf dem Podest platzieren konnte, womit
er sich einen Werksvertrag bei Yamaha einhandelte.
Dort fuhr er in den kommenden zwei Jahren
an der Seite eines gewissen Valentino Rossi, der
in beiden Jahren Weltmeister wurde, während
Edwards zwar ein ums andere Mal aufs Treppchen
fuhr, aber noch immer auf seinen ersten Sieg in
der Königsklasse wartete. Zumindest verhalf er
Yamaha zum Hersteller-Titel.
Nach eher mittelmäßigen Leistungen 2007 wurde
Edwards im Folgejahr ins Tech-3-Team degradiert.
Dort konnte er seinen Teamkollegen James Toseland
deutlich distanzieren, was dem Briten den
Rausschmiss und Edwards mit Ben Spies ein rein
texanisches Team verschaffte. Während sein
Landsmann 2011 ins Werksteam abwanderte,
bekam Edwards einen weiteren Rookie-Teamkollegen:
Cal Crutchlow. Die Saison wurde für den
Haudegen - abgesehen von seinen Ergebnissen -
zur Katastrophe. Unverschuldet wurde Edwards
in den tödlichen Unfall Marco Simoncellis verwickelt
und verletzte sich. Der physische Schaden
verheilte bis 2012, die traumatische Erinnerung
blieb.
Edwards wechselte zu Forward Yamaha, wo er bis
zur Saisonmitte 2014 nicht wirklich zurechtkam
und sich im Alter von 40 Jahren dazu entschied,
den Helm an den Nagel zu hängen. Nach knapp
20 Jahren in den besten Motorradklassen der Welt,
ohne MotoGP-Sieg, aber mit einem vierten
Gesamtrang in der Königsklasse 2005 und mit
74 www.Motorsport-Magazin.com
zwei WSBK-Titeln ist der dreifache Familienvater
der Meinung, dass er seine Aufmerksamkeit nun
anderen Dingen widmen müsse. Motorsport-
Magazin.com bat den Fan-, Fahrer- und Paddock-
Liebling bei seinem Besuch im britischen Silverstone
zu einem letzten Interview.
MSM: Warum hast du entschieden, schon vor
Saisonende aufzuhören?
COLIN EDWARDS: Ich kann nicht sagen, dass ich
das wirklich entschieden habe. Das war eher eine
gemeinsame Sache. Man hat gesehen, dass ich nicht
gut mit dem Bike zurechtkam. Es gab einige Dinge,
die wir haben sollten, aber nicht hatten und noch
immer nicht haben. Es war eine gemeinsame Einigung
zwischen Forward und mir. Sie wollten sich
nach jüngeren Fahrern für nächstes Jahr umsehen.
Wir hatten Probleme mit dem Chassis... Aber ja, es
war einvernehmlich. Alles ist gut.
Da gab es Gerüchte, dass das etwas mit Rückenschmerzen
oder deinem neuen Job als Reifentester
zu tun hatte...
Damit hat es nichts zu tun. Mit meinem Rücken
hat es auf jeden Fall nichts zu tun. Ich bin gesund
- noch immer. Das mit dem Test-Job ist noch nicht
unterschrieben, aber könnte eine Möglichkeit für
meine Zukunft sein. Ich werde wohl einfach nur
Reifen testen, mehr ist es nicht. Bisher ist das aber
wirklich noch nicht bestätigt.
Wie schwer wird es sein, wenn du dich in Valencia
vom ganzen Fahrerlager verabschiedest?
Ich weiß ehrlich gesagt noch gar nicht, ob ich
wirklich nach Valencia komme. Aber nach Silverstone
musste ich fahren. Ich habe dort so viele
Fans und so starke Unterstützung. Ich empfand
es als Pflicht, hierher zu kommen und sämtliche
Aktionen mitzumachen.
Welches war das beste Rennen deiner Karriere?
Wenn ich so auf meine Karriere zurückblicke war
das wohl in der Blütezeit meiner Karriere das
zweite Rennen in Imola 2002 im Kampf gegen
Troy Bayliss. Das war wohl eines meiner besseren
Rennen. Das war außergewöhnlich, sodass man
wirklich sagen kann: das war mein bestes Rennen.
Zwischen uns lag nur ein Punkt in der Gesamtwertung
und wir hatten nur ein Rennen, um die
WM zu entscheiden. Insgesamt hat sich die Weltmeisterschaft
an diesem einen Wochenende entschieden.
Das war genug. [lacht]
Welches war das schlechteste Rennen?
2011 Malaysia mit Marco. Das war wirklich ein
schlechtes Wochenende... für alle. Wir haben
einen jungen, aufstrebenden Star verloren. Das
war wirklich für alle fürchterlich.
Was ist deine beste Erinnerung abseits der
Strecke?
Oh Mist... da gibt‘s richtig viele. Also ganz abgesehen
vom Rennsport bin ich mir da sehr sicher:
das waren mein Hochzeitstag und die Geburten
meiner Kinder. Das sind meine besten Erinnerungen
überhaupt.
→
Rossi und Edwards
waren drei Jahre
Teamkollegen
www.Motorsport-Magazin.com 75
Gab es eine lustige Begegnung mit einem Fan?
Jedes Jahr, das passiert ständig! 2011 stand ich
beim Day of Champions auf der Bühne, war komplett
auf Schmerzmitteln, weil ich ein gebrochenes
Schlüsselbein hatte. Das war ziemlich witzig, also
sicherlich auch die lustigste Erfahrung mit meinen
Fans.
Was wirst du am meisten vermissen?
Das ist meine zweite Familie hier. Ich verlasse
meine richtige Familie und komme hier jedes
Wochenende her. Deshalb ist es eben meine
zweite Familie. Es wird mir insgesamt fehlen, auf
jeden Fall.
Wer war dein bester Rivale?
Das war eindeutig Troy Bayliss. Wir haben uns in
seiner Blütezeit und in meiner Blütezeit die besten
Duelle geliefert. Er war natürlich auch gleichzeitig
der Fahrer, der am schwierigsten zu schlagen war.
Gibt es trotz deiner langen, erfolgreichen Karriere
einen Fahrer, den du noch heute bewunderst?
Ich denke alle mögen Marquez. Er ist einfach das
Gesamtpaket. Ihm steht eine glorreiche Zukunft
bevor und ich bin gespannt, das zu beobachten.
Du bist für deine coolen Sprüche berühmt und
dafür, dass du sagst, was du denkst.
Oh ja, ich sage, was ich denke.
Welcher war dein bester Spruch?
Du fragst Sachen! [lacht] Es gab richtig viele in
den ganzen Jahren. Es wäre schwierig, mich da für
den besten Spruch zu entscheiden. Wenn ich ehrlich
bin: Ich vergesse auch viel davon. Ich wollte
einfach immer ehrlich sein. Manchmal ist es eben
angebracht, einen kleinen Witz einzubauen, um
ehrlich zu sein. Eine genaue Erinnerung habe ich
jetzt nicht. Es gab einfach zu viele.
»ICH WOLLTE EINFACH IMMER EHRLICH SEIN. MANCHMAL IST
ES EBEN ANGEBRACHT, EINEN KLEINEN WITZ EINZUBAUEN, UM
EHRLICH ZU SEIN.«
Welcher war der glücklichste Moment deiner
Karriere?
2002, dieses letzte Wochenende war einfach wundervoll.
Für die Leute, die es verpasst haben, ist es
schwer zu erklären. Das ganze Wochenende war
der Hammer. Ich hatte meine ganze Familie dabei,
meine Frau war schwanger mit unserem ersten
Kind... Das war einfach ein tolles Wochenende,
eine gute Erinnerung.
Welcher Moment hat dich am meisten
verärgert?
Da muss ich wieder mit Malaysia 2011
antworten...
Wirst du dir die Rennen nächstes Jahr noch
anschauen?
Ja! Schon an dem Brünn-Wochenende dieses Jahr
bin ich aufgewacht und habe bewusst nicht auf
mein Telefon geschaut, um nicht vorher schon
über den Ausgang des Rennens Bescheid zu wis-
ANDERE ÜBER
EDWARDS
Valentino Rossi: »Ich bin sehr, sehr traurig darüber,
denn Colin ist einer meiner besten Freunde
im Paddock. Wir sind 2000 und 2001 zusammen
bei den 8 Stunden von Suzuka gefahren und das
ist die beste Erinnerung, die wir beide haben,
denn wir hatten viel Spaß und haben gewonnen.
Wir waren auch lange Teamkollegen in einer
großartigen Zeit meiner Karriere, als ich tolle
Jahre mit Yamaha hatte. Ich bin traurig, denn er
ist ein toller Typ und ein toller Fahrer. Wir werden
ihn vermissen, aber wir hoffen, dass Colin in der
MotoGP irgendwie erhalten bleibt.«
Marc Marquez: »Ich denke, Colin kann stolz auf seine
Karriere sein. Als er in der WM anfing, war ich zwei
Jahre alt! Gratulation zu deiner Karriere!«
Nicky Hayden: »Ich habe Colin vor den anderen
Jungs verfolgt, denn er war der junge, heiße
Amerikaner. Ich erinnere mich, als er in der AMA
anfing und sie im Sturm eroberte. Er war sofort
schnell auf den 250ern und dann auf dem Superbike.
Er hat diesem Sport so viel gegeben. Jetzt
noch, wenn wir manchmal zusammen zurück
nach Amerika fliegen, denke ich ‚Mann, dieser
Typ hat eine Menge Energie‘, denn er ist auch
schon zehn Jahre Superbike gefahren. Er hat
76 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: MILAGRO
FOTOS: MIALGRO
TEXAS TORNADO
Waffennarr und Army-Fan Colin Edwards verabschiedete sich in Indianapolis im
Tarn-Outfit von seinen heimischen Fans in den USA
Bei Forward war
Edwards ein Schatten
seiner selbst
noch viel vor sich. Als Amerikaner ist es sehr
schade, dass er aufhört. Wir werden immer
weniger.«
Dani Pedrosa: »Meine beste Erinnerung ist, als
er 2002 einen großen Rückstand auf Troy Bayliss
aufholte und die Weltmeisterschaft im
letzten Rennen gewann. Ich habe mir das Rennen
angeschaut und das ist eine meiner besten
Erinnerungen an ihn.«
Ben Spies: »Ich war ein Fan von ihm seit ich 1992
in Texas mit Speedway anfing und er Superbike fuhr.
Ich bin ein bisschen in seine Fußstapfen getreten.
Sein Teamkollege zu sein, war eine Ehre. Das war
wahrscheinlich eines der coolsten Jahre meiner
Karriere. Colin ist definitiv verrückt!«
sen. Ich wollte ein Grand-Prix-Rennen genießen
und es mir danach eben in Ruhe anschauen. Das
war lustig. Ich bin mir sicher, dass ich mir die Rennen
ansehen werde.
Welche Menschen haben dich während deiner
Karriere am meisten geprägt?
Auf jeden Fall mein Dad. Er war mein ganzes
Leben lang eine riesen Unterstützung. Was Helden
und so angeht... Kenny Roberts Senior, Schwantz,
Rainey - diese Jungs habe ich immer bewundert.
Aber das ist schließlich normal, wenn du als Amerikaner
in diesem Sport aufwächst.
Wie hat deine Familie reagiert, als du mit ihnen
besprochen hast, dass du aufhören wirst?
Das war eine Entscheidung, die wir gemeinsam
getroffen haben. Es war einfach an der Zeit. Ich
bin jetzt schon seit 20 Jahren in Europa. Ich weiß
nicht, ob irgendein anderer Amerikaner bisher
eine 20 Jahre lange Karriere drüben in Europa
hatte. Das ist eine lange Karriere und es ist einfach
soweit.
Worauf freust du dich in deiner ‚Rente‘ am meisten?
Ein bisschen Freizeit. Mein Leben sah immer so
aus: du musst zu der Zeit dort sein, zu dieser Zeit
ein Auto ausleihen, dann sehen wir dich zu der
und der Zeit. Alles war immer durchgeplant. Ich
hatte einen Komplett-Plan. Jetzt ist mein Plan
etwas weniger umfangreich. Meine Frau wird mir
trotzdem noch sagen, was ich zu tun und zu lassen
habe, aber das ist ok. [lacht]
Wenn du nun auf deine lange Karriere zurückblickst:
würdest du etwas anders machen?
Nein, gar nichts.
Was verbindest du mit dem Spitznamen ‚Texas
Tornado‘?
Das begann... ich weiß gar nicht mehr. Ich glaube
1991 oder 1992. Ich gewann ein paar Rennen und
die Cycle News in den USA schrieb das. Es ist
irgendwie hängengeblieben. Ich finde es eh einen
coolen Spitznamen, also habe ich ihn behalten.
Was machst du abgesehen vom Reifentesten im
nächsten Jahr noch so?
Das weiß ich noch nicht. Ich werde auf jeden Fall
öfter im Boot-Camp sein. Vielleicht werde ich
auch ein bisschen kommentieren. Ich hänge
bestimmt noch hier rum...
Bist du mit deiner Entscheidung glücklich?
Ja, absolut. Das ist genau der richtige Zeitpunkt.
Eine letzte Botschaft an die deutschen Fans...
Hoffentlich stehen die Karten gut, dass es bald
einen neuen Alex [Hofmann] gibt, der dann in
Zukunft zwei oder drei Rennen gewinnen kann,
während ich diese mit Alex zusammen kommentiere.
[lacht]
→
www.Motorsport-Magazin.com 77
TEXAS TORNADO
DIE COOLSTEN SPRÜCHE
»Ich habe eine Million Waffen zu Hause und jedes Mal, wenn sie
mit einem Jungen ausgeht, wird er nicht draußen auf sie warten,
er wird ins Haus kommen. Wenn er hereinkommt, wird er mich
dabei sehen, wie ich eine Waffe putze. Er muss wissen, dass ich
ihn töten werde, wenn er sie berührt.« - Edwards über das mögliche
erste Date seiner Tochter
»Die amerikanische Einstellung ist einfach: Ich reiße
dir den Kopf ab und sch**** hinein. Solange man das
glaubt, kannst du dich durchsetzen.« - Edwards über
die Mentalität amerikanischer Motorrad-Profis
»Ich mag keine Ameisen. Aus irgendeinem
Grund machen mir Ameisen Angst. Es ist
wohl eine meiner größten Ängste. Mann,
ich komme mit denen einfach nicht klar.«
- Selbst Edwards hat vor etwas Angst
»Mein Lieblings-Charakter ist Jesus von
The Big Lebowski, der sagt: ‚Niemand
verarscht Jesus.‘ Und niemand verarscht
Colin.« - Ein gut gemeinter Rat
im Umgang mit dem Texaner
»Er ist ein Arschloch und sein Crewchief ist ein Arschloch. Wenn
sie zusammenarbeiten wollten, hätten wir uns an einen Tisch setzen
und das diskutieren sollen. Stattdessen haben sie alles hinter
meinem Rücken gemacht.« - Edwards über Ex-Teamkollege James
Toseland, der ihm seinen Crewchief abwarb
»Er ist keine Primadonna - im Gegensatz zu
manch anderem Fahrer. Er weiß, dass er kein
Arschloch sein muss, nur weil er ein Motorrad
schneller fahren kann als die meisten Menschen.
Das gibt es heutzutage leider nicht mehr
allzu oft.« - Edwards über Marc Marquez
»Ich bin ein Extremist des rechten Flügels und Gesetze sind zum
Brechen da. Wenn du versuchst, irgendwelche Regeln zu implementieren,
die Nein zu diesem oder jenen sagen - das ist alles Bullshit.«
- Edwards zum gekippten Rookie-Verbot in Werksteams
»Ich sehe das so: Ich habe jetzt keine verdammte
Wahl und muss in ein paar Ärsche
treten, weil die hier zugucken.« - Edwards
über den Druck bei Heimrennen
»VERDAMMT, DA IST EINE MOTORRADRENNSTRE-
CKE HIER UND DANN ZIEHEN LEUTE HER UND
REGEN SICH ÜBER DEN LÄRM AUF. DAS MUSS
MAN SICH MAL VORSTELLEN! WENN DU NICHT
NAHE EINER MOTORRADRENNSTRECKE LEBEN
WILLST, DANN PACK DEINE SACHEN UND HAU
AB!« - EDWARDS ÜBER LÄRM-DEBATTEN MIT
ANWOHNERN IN ASSEN
»Unsere Kurvengeschwindigkeiten sind im Moment wirklich astronomisch,
sodass du, wenn du verdammt noch mal keine Traktionskontrolle
hättest, bei jedem verfluchten Rennen in den Orbit fliegen
würdest.« - Edwards über hilfreiche Elektronik
»Diese Woche bin ich rausgegangen und habe mit
einem 50-Kaliber geschossen, Zeug in die Luft
gesprengt und es fühlt sich an wie jede andere
Woche auch.« - Edwards bliebt auch direkt vor
Saisonstarts ruhig und gelassen
»Ich tendiere dazu, schneller zu sein, wenn ich nicht
sehe, wo ich hin fahre. Und auf diese Art funktioniert
irgendwie alles besser.« - Edwards über
Nachtrennen
»Morgen werde ich also 40. Mein Nacken und
mein rechtes Knie fühlen sich wie 40 an.
Gehirn... 18, vielleicht 19.« - Eigentlich könnte
Edwards noch viele Jahre weiter fahren...
»Auf dem anderen Motorrad fühlte ich mich wie ein Affe, der einen
Football vögelt. Ich hatte nie ein Gefühl und saß einfach nur drauf.«
- Bildhafte Beschreibung, was an seinem Bike nicht stimmte
»Dieses Bike muss man eben hinten rannehmen,
aber wir haben ja alle eine Ex-Freundin, die das
auch mochte.« - Colin über die Vorlieben der Forward
Yamaha
»Ich mag es, Spaß zu haben und ich denke
nicht, dass du ein Arschloch sein musst,
wenn du erfolgreich bist.« - Das Erfolgsgeheimnis
und warum ihn garantiert jeder vermissen
wird.
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FOTOS: MILAGRO
DANI PEDROSA
TEXT: MICHAEL HÖLLER
DIE GESICHTER DES
ER IST DER ERFOLGREICHSTE MOTOGP-PILOT, DER ES IN DER KÖNIGSKLASSE NOCH NIE ZU
WM-EHREN BRACHTE. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM WIRFT EINEN BLICK AUF DIE GESICHTER
DES DANI PEDROSA UND DIE FACETTEN SEINER PARTNERSCHAFT MIT REPSOL HONDA.
Pedrosa und Honda - zwei Namen, die seit vielen Jahren miteinander verknüpft
sind. Im letzten Sommer wurde der Vertrag zwischen dem japanischen Hersteller
und Pedrosa um zwei weitere Jahre bis Ende 2016 verlängert. Was macht den
kleinen Katalanen so begehrenswert, dass sich ein Weltkonzern wie Honda über
ein Jahrzehnt an ihn bindet? Siegertyp, Teamplayer, Entwickler - Pedrosa vereint
viele positive Eigenschaften in sich, die ihn zu einem der komplettesten Fahrer
der MotoGP-Gegenwart aufsteigen ließen. Die erfolgreiche Karriere des 28-Jährigen
hatte neben vielen Jubelstunden auch Tiefen, aus denen Pedrosa oft aber
gestärkt hervorging. Motorsport-Magazin.com mit einem Versuch, das Phänomen
Pedrosa zu ergründen.
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FOTOS: MILAGRO, HONDA
Freud und Leid
lagen bei Dani
Pedrosa in seinen
bisherigen neun
Jahren bei Repsol
Honda oft eng
beisammen
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FOTOS: MILAGRO, HONDA
DANI, DER SIEGERTYP
26
- Das ist nicht nur die Startnummer auf Dani Pedrosas
Motorrad, sondern seit Brünn auch die Anzahl seiner
Siege in der Königsklasse des Motorradsports. Damit
zählt der kleine Katalane zu den erfolgreichsten Piloten
in der Geschichte. Die folgenden Zahlen belegen das
eindrucksvoll. Seit 2002 hat Pedrosa in 13 Saisons in Folge mindestens jeweils ein
Rennen gewonnen, eine Pole Position geholt und sechs Podiumsplätze eingefahren.
Zu seinen 26 Siegen in der MotoGP gesellen sich 93 Podiumsplätze, 27 Pole Positions,
41 schnellste Rennrunden und ein Punktedurchschnitt von 15,42 pro Rennen
in der Königsklasse. Nur Valentino Rossi, Giacomo Agostini, Mick Doohan, Casey
Stoner, Mike Hailwood, Eddie Lawson und Jorge Lorenzo konnten mehr Siege in
der höchsten WM-Kategorie einfahren als Pedrosa. Was vielen MotoGP-Fans vielleicht
gar nicht mehr bewusst ist: Pedrosa ist dreifacher Weltmeister. Zwischen
2003 und 2005 gewann er einmal die 125cc- und zweimal in Folge die WM der
Viertelliterklasse. Ein Titel in der höchsten Klasse war ihm bislang aber nicht vergönnt.
2007, 2010 und 2012 wurde Pedrosa Vizeweltmeister, in den Jahren 2008,
2009 und 2013 immerhin WM-Dritter und noch nie war er schlechter als auf Rang
fünf in der Endabrechnung. »Die wichtigste Fähigkeit eines Rennfahrers ist, am
Sonntag auf der Strecke schnell zu sein. Das hat oberste Priorität und diese Fähigkeit
hat Dani in all seinen Jahren in der MotoGP stets unter Beweis gestellt«, erklärte
HRC-Teamchef Livio Suppo im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. »Dass es
vollkommen richtig war, dass wir Dani für weitere Jahre an uns gebunden haben,
sah man in Brünn. Als Marc dort plötzlich ein schwaches Wochenende hatte, war
er da und hat für uns gewonnen«, fügte Pedrosas Boss lobend hinzu.
Dani Pedrosa
beendete die
Marquez-Serie
82 www.Motorsport-Magazin.com
2011 gönnte sich
Honda mit
Pedrosa, Dovizioso
und Stoner drei
Werksfahrer
DANI, DER TEAMPLAYER
So erfolgreich Dani Pedrosa in seiner bisherigen
Laufbahn auch war, seine Teamkollegen
waren ab und zu erfolgreicher.
26 Pedrosa-Siegen stehen im selben Zeitraum
36 seiner Teamkollegen gegenüber.
Seit seinem MotoGP-Aufstieg 2006 hatte der Katalane
mit Nicky Hayden, Andrea Dovizioso, Casey Stoner und
Marc Marquez vier verschiedene Stallrivalen. Drei
davon musste er bereits zum Titel gratulieren: Hayden
2006, Stoner 2011 und zuletzt Marquez im Vorjahr.
Doch Missgunst oder gar Neid waren Pedrosa stets
fremd und so brach er nie offene Konflikte vom Zaun.
Boxenwände, wie etwa in der Yamaha-Box am Höhepunkt
der Rivalität zwischen Valentino Rossi und Jorge
Lorenzo, gab es bei Honda nie. Im Vorjahr kam es nach
dem Zwischenfall in Aragon, als Marquez Pedrosa ein
Kabel abfuhr, was zu dessen Ausfall führte, intern zu
einer kleinen Auseinandersetzung, doch seit sich
Pedrosa im Dezember von seinem langjährigen Manager
Alberto Puig getrennt hat, ist bei Honda wieder
Ruhe eingekehrt. »Ob sie es mir glauben oder nicht:
Dani kann mit Marcs Dominanz sehr gut umgehen«,
stellte Livio Suppo klar. »Beide Fahrer sind sehr entspannt
und haben ein gutes Verhältnis zueinander. Sie
respektieren sich und haben gemeinsam Spaß. Bei
unseren gemeinsamen Team-Essen sieht man, wie
gut sie sich verstehen.« Für den HRC-Teamchef gibt
es an der Fahrerpaarung Marquez/Pedrosa daher aktuell
nichts zu kritisieren. »Wir glauben, dass zwei starke
Fahrer die beste Wahl für unser Team sind. Wir hatten
in den letzten Jahren immer Glück, dass wir starke
Fahrer finden konnten. Casey, Dovi, aber auch zuletzt
Marc und Dani. Es hat immer funktioniert.« 2014 wird
Honda wohl zum fünften Mal die Herstellerwertung
gewinnen, seit Pedrosa im Team ist. Der Anteil des
treuen Katalanen ist dabei kein geringer.
DANI, DER PATIENT
Pedrosa zog sich bei
Stürzen schon
mehrfach Brüche zu
Sprungbein, Knöchel, Zeh, Oberarm, Knie, Rippen, Mittelhandknochen,
Zeigefinger, Speiche, linkes Schlüsselbein, rechtes
Schlüsselbein. Das ist eine Auflistung von Dani Pedrosas Knochen,
die schon einmal gebrochen oder zumindest angeknackst
waren. Verletzungen wie schwere Schürfwunden samt Hauttransplantationen,
entzündete Gelenke oder gezerrte Sehnen sind ob der
beängstigenden Anzahl an Knochenbrüchen in der Krankenakte Pedrosas
ohnehin nur Randnotizen. Wie viele Stunden der Katalane in Medical Centern,
Krankenhäusern und auf Operationstischen verbracht hat, weiß er wohl
nicht einmal mehr selbst. Seit seinem Aufstieg in die MotoGP gab es nur
vier Saisons, in denen er alle Rennen bestreiten konnte. Bis heute verpasste
er wegen Verletzungen, Operationen oder deren Nachwirkungen insgesamt
acht Rennen: Indianapolis 2008, Motegi, Sepang und Phillip Island 2010,
Barcelona, Silverstone und Assen 2011 sowie das Rennen am Sachsenring
im Vorjahr. »Dani hatte in den letzten Jahren immer wieder schwere Verletzungen,
aber im Kopf ist er immer stark geblieben«, sagt sein Crewchief,
der Österreicher Mike Leitner. Was für Pedrosa spricht: der Katalane kämpfte
sich jedes Mal vom OP-Tisch zurück auf sein Motorrad und war meist
wenige Wochen nach schweren Verletzungen schon wieder auf Top-Niveau.
»Das ist eine Grundvoraussetzung für Motorradfahrer. Ich habe mich bei
Dani oft gewundert, wie er sich mit Schmerzen auf das Motorrad quälen
konnte. Er hat es aber immer wieder geschafft, den Schmerz zu unterdrücken.
Da bedarf es schon einer unglaublichen mentalen Stärke«, zieht
Leitner, der seit über einem Jahrzehnt mit Pedrosa zusammenarbeitet,
seinen Hut vor den Kämpferqualitäten seines Schützlings.
www.Motorsport-Magazin.com 83
DANI, DER ENTWICKLER
Umstellung von 990cc- auf 800cc-Bikes und die Einführung der aktuellen
MotoGP-Motorräder mit einem Liter Hubraum, Wechsel von Michelinauf
Bridgestone-Reifen, den großen Einzug der Elektronik in die immer
kraftvolleren Maschinen - all diese technischen Änderungen hat Dani
Pedrosa mitgemacht und sich stets als Top-Pilot behauptet. Ohne das
nötige Know-how und die richtige Art und Weise seines Feedbacks an die Ingenieure,
würde Pedrosa heute wohl nicht mehr im Sattel seiner RC213V sitzen. 2016 steht mit
der Einführung der Einheitselektronik und dem Wechsel auf Michelin-Reifen eine
weitere Zäsur an. Honda darf bei diesem wichtigen Schritt auf die Expertisen seines
erfahrenen Piloten bauen. »Das Wichtigste für die Entwicklung eines Motorrads ist,
dass der Fahrer konstante Kommentare abgibt. Das Schlimmste für Ingenieure ist,
wenn ein Fahrer an einem Tag das Eine mag und am nächsten Tag schon wieder etwas
Anderes. Da können die Ingenieure keine klare Richtung der Entwicklung ausmachen.
Dani bringt diese Qualitäten mit, hat viel Erfahrung in einem Werksteam und er kennt
alle Abläufe«, ist sich Livio Suppo sicher. Allerdings sei Pedrosas langjährige Kenntnis
der Teamstrukturen und seine technische Kompetenz keineswegs entscheidend für
seine Vertragsverlängerung gewesen, wie Suppo klarstellt: »Ehrlich gesagt, zieht man
bei der Verpflichtung eines Fahrers nicht in Betracht, ob er ein Motorrad gut entwickeln
kann oder nicht. Ingenieure entwickeln ein Motorrad. Aber natürlich folgen sie dabei
den Hinweisen der Fahrer.« Das Pedrosa aber auch auf der Honda nach dem Reglement
des Jahres 2016 schnell sein wird, daran zweifelt im Team keiner. »Dani und Honda
- das ist in jeder Hinsicht eine gute Beziehung«, ist sich Suppo sicher.
Pedrosa machte
schon viele
technische
Umstellungen mit
84 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: MIALGRO, HONDA
DANI, DER TREUE
Pedrosa geht 2015
in seine zehnte
Saison bei Hondas
Werksteam
Dani Pedrosa wird 2015 seine zehnte Saison
in den Farben von Repsol Honda bestreiten
und im Folgejahr zumindest eine weitere
anhängen. Mit Mick Doohan (elf Jahre in
Hondas Werksteam) schaffte es vor Pedrosa
überhaupt erst ein Fahrer in der Geschichte der Königsklasse,
sich ein Jahrzehnt am Stück bei ein und demselben Team
zu halten. »Streng genommen war Dani ja schon vor der
MotoGP für Honda unterwegs und hat die Weltmeisterschaften
in der Achtel- und Viertelliter-Klasse auf dieser Marke
gewonnen. Er bestreitet also schon seine gesamte Karriere,
und das sind mittlerweile 14 Jahre, für Honda. Das ist ein
beeindruckender Umstand«, zeigt sich Livio Suppo von
Pedrosas Treue beeindruckt. Mit Valentino Rossi für Yamaha
hat nur ein Fahrer in der MotoGP noch mehr Rennen für eine
Marke bestritten als Pedrosa für Honda. Nur selten wurden
Wechselgerüchte laut, zuletzt soll sich Suzuki im Frühsommer
mit einem Gehaltsangebot im hohen einstelligen Millionenbereich
die Zähne am treuen Katalanen ausgebissen
haben. Pedrosa selbst meinte zu seiner Vertragsverlängerung
im Juli: »Ich bin sehr froh über meine Vertragsverlängerung
mit Repsol Honda und sehr dankbar, dass sie mir das Vertrauen
für zwei weitere Jahre entgegen bringen. Für mich
ist es toll, meine Rennkarriere mit dem Hersteller fortzusetzen,
für den ich in meinem allerersten Weltmeisterschaftslauf
gestartet bin.« Suppo meinte selbstsicher: »Dani hat bei uns
alles, was er braucht. Warum also sollte er wechseln?« Die
bisherigen Erfolge geben Suppo, Pedrosa und dem Repsol
Honda Team jedenfalls recht.
www.Motorsport-Magazin.com 85
Valentino Rossi hat fast
150 Rennen für Yamaha
bestritten
TOP
TREUE SEELEN
TEXT: MICHAEL HÖLLER
GEMEINSAM DURCH DICK UND DÜNN. DIESE MOTOGP-FAHRER HALTEN IHREN TEAMS
EISERN DIE TREUE, KOMME WAS WOLLE. DER ERFOLG GIBT IHNEN RECHT.
1. VALENTINO ROSSI
Wieder einmal ein erster Platz für Valentino Rossi
in einer Statistik. Kein Fahrer bestritt mehr Rennen
für ein und dasselbe Team als Rossi für die Werks-
Mannschaft von Yamaha. Ganze zwölf Millionen
US-Dollar ließ sich der japanische Hersteller die
Verpflichtung des damals dreifachen MotoGP-
Weltmeisters im Winter 2003/04 kosten. Rossi
selbst wollte mit dem Transfer nicht nur die Rekordgage
absahnen, sondern auch seine Kritiker zum
Verstummen bringen, die ihm vorwarfen, nur aufgrund
der überlegenen Honda zu gewinnen. Der
Dottore strafte seine Kritiker ab, gewann sein erstes
Rennen für Yamaha, holte zwei Titel in Folge und
ließ 2008 und 2009 zwei weitere folgen. 46 Rennen
gewann er in seiner »ersten Amtszeit« bei Yamaha,
die zwischen 2004 und 2010 insgesamt 117 Grand
Prix umfasste. Nach zwei bitteren Jahren bei Ducati
kehrte der verlorene Sohn zu Yamaha heim, wo er
seine beachtlichen Statistiken seither weiter aufmöbelt.
Mindestens zwei weitere gemeinsame
Jahre hat man noch vor sich.
86 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: MILAGRO, HONDA
2. DANI PEDROSA
2006 stieg der damals 20-jährige Dani Pedrosa als zweifacher
250cc-Weltmeister in die MotoGP auf. Bei Repsol
Honda spannte man ihn mit Nicky Hayden zusammen.
Pedrosa siegte bereits im vierten Rennen zum ersten Mal,
Hayden wurde Weltmeister und gemeinsam durfte man
den Hersteller-Titel für Honda bejubeln. Es sollte der
Auftakt zu einer Partnerschaft sein, die bis heute andauert.
Der umgängliche Katalane etablierte sich rasch in
der Königsklasse und ist seit neun Jahren in beinahe
jedem Rennen ein Podiumskandidat. Das Team wechselte
er nie. Mit dem Grand Prix von Aragon hatte Pedrosa
ganze 147 Rennen für Hondas Werksmannschaft auf dem
Buckel. Und es ist noch lange nicht Schluss, denn im
Sommer wurde sein Vertrag bis Ende der Saison 2016
Dani Pedrosa
wechselte noch
nie den
Arbeitgeber
verlängert, was seine Amtszeit bei Repsol Honda auf
mindestens elf Jahre erhöht. Einen WM-Titel konnte
Pedrosa seinem Arbeitgeber trotz 26 Siegen in der
MotoGP bislang noch nicht schenken. Der dreifache Vizeweltmeister
ist der Pilot mit den meisten Siegen, der nie
Weltmeister in der Königsklasse wurde. Zumindest zwei
weitere Versuche hat Pedrosa aber noch.
Mick Doohan
holte fünf Titel
für Honda
3. MICK DOOHAN
Eines kann man Mick Doohan nicht vorwerfen: Untreue. Der fünffache Weltmeister
war über ein Jahrzehnt für Hondas Werksteam unterwegs und bestritt zwischen
1989 und 1999 jeden einzelnen seiner 137 WM-Starts für den japanischen Hersteller.
Anfänglich noch in blau-weißer Lackierung einer britischen Tabakmarke,
bildete Doohan gemeinsam mit Criville ab Mitte der Neunzigerjahre unter dem
Banner von Repsol Honda ein unschlagbares Duo. Doohan holte als Werksfahrer
54 Siege, 58 Pole Positions und bescherte Honda zwischen 1994 und 1998 fünf
WM-Titel in Folge. Kein anderer Fahrer war für den größten Motorradhersteller der
Welt erfolgreicher. Doch die Partnerschaft musste auch schwere Zeiten durchlaufen.
Etwa 1992, als Doohan nach einem schweren Unfall in Assen beinahe ein Bein
verlor. Auch wehrte sich der Australier immer wieder gegen Innovationen der Honda-
Ingenieure. Ein erneuter Beinbruch nach einem Sturz in Jerez 1999 beendete die
erfolgreiche Partnerschaft schließlich, als Doohan durch die Verletzung zum Rücktritt
gezwungen wurde.
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116 Mal startete
Lorenzo bislang für
Yamaha
4. JORGE LORENZO
25. Juli 2007: Yamaha verkündet die Verpflichtung des amtierenden 250cc-
Weltmeisters Jorge Lorenzo. Im Alter von 20 Jahren stieg der Mallorquiner als
Doppel-Weltmeister zum Teamkollegen von Valentino Rossi auf. Von Beginn an
war die Beziehung zwischen Yamaha und Lorenzo von Erfolg geprägt. In seinen
ersten drei MotoGP-Rennen holte Lorenzo die Pole Position, gewann im dritten
Rennen erstmals, wurde im zweiten Jahr Vize- und in seiner dritten Saison
schließlich Weltmeister. Yamaha und Lorenzo - das funktioniert. Auch wenn es
in seinen sieben Jahren bei den Blauen immer wieder Gerüchte über einen
Wechsel gab. Zuletzt machten im Januar Gerüchte über ein hoch dotiertes Angebot
von Ducati die Runde, doch Lorenzo entschied sich erneut für Yamaha und verlängerte
seinen Vertrag bis Ende 2016, was Lorenzos neuntes Jahr beim japanischen
Hersteller wäre. Mehrfach betonte der zweifache MotoGP-Weltmeister
in dieser Saison: »Am liebsten würde ich meine Karriere bei Yamaha
beenden.«
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FOTOS: MILAGRO, HONDA
Alex Criville war nach
Mick Doohan der zweite
Honda-Pilot im 100er-Klub
5. ALEX CRIVILLE
Honda NSR500 - eines der legendärsten Motorräder der
WM-Geschichte lag in den Neunzigerjahren jahrelang
in den Händen von Alex Criville. Der Katalane bestritt
bereits die Saisons 1992 und 1993 für das spanische
Pons-Team auf einer Honda und wurde 1994 ins Werksteam
befördert. In diesem fuhr er bis zu seinem Karriere-Ende
im Jahr 2001 und bestritt in den Farben von
HRC insgesamt 112 Rennen. Zudem war Criville im Jahr
1995 mit an Bord, als sich Hodas Werksteam mit
Hauptsponsor und Technologiepartner Repsol zusammenschloss.
Eine Partnerschaft, die bis heute besteht
und wohl die erfolgreichste in der Geschichte der
Motorrad-WM ist. Sportlich lief es für Criville lange nur
mäßig, denn an seinem Teamkollegen Mick Doohan kam
der Katalane fünf Jahre lang nicht vorbei. Erst 1999, als
Doohan seine Karriere nach nur zwei Rennen beenden
musste, schlug Crivilles große Stunde. Nach sechs Saisonsiegen
krönte er sich zum ersten spanischen Weltmeister
der Königsklasse. Insgesamt gewann der Katalane
bis zu seinem Karriereende 2001 in acht Jahren in
Hondas Werksteam 14 Rennen.
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90 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: MILAGRO
TEXT: MARIA POHLMANN
ICH BIN
NIE
GLÜCKLICH
NEUE REGELN, SCHWIERIGE ERINNERUNGEN UND IMMER ETWAS ZU VERBESSERN:
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM SPRACH MIT DORNA-CEO CARMELO EZPELETA ÜBER
SEINEN SPANNENDEN JOB UND NOCH VIEL MEHR.
MSM: Warum wurde das Alterslimit für die
Moto3-Klasse geändert?
CARMELO EZPELETA: Wir haben das Alterslimit
nicht wirklich geändert, sondern nur einen Spezialfall
geschaffen. Wenn jemand die FIM CEV
gewinnt, die jetzt eine internationale Meisterschaft
ist, dann darf er in der Moto3-Weltmeisterschaft
an den Start gehen. Denn wenn ein Fahrer die FIM
CEV gewinnt, dann hat er definitiv Talent und
sollte in die Weltmeisterschaft aufsteigen. Wir
haben nicht das generelle Alterslimit heruntergesetzt.
Wir helfen damit nur den Fahrern, von denen
wir denken, dass sie es verdient haben, in der Weltmeisterschaft
zu fahren. Wenn er in der spanischen
Meisterschaft bleibt, dann ist das nicht wirklich
förderlich für seine Karriere.
Schaut ihr auch in anderen Serien nach Talenten
wie Fabio Quartararo?
Fabio Quartararo wird im nächsten Jahr erst einmal
höchst wahrscheinlich in die Moto3-WM kommen.
Nach anderen Fahrern suchen wir nicht speziell.
Die FIM CEV ist jetzt unter dem Schirm der
Ezpeleta ist
selbst gerne auf
zwei Rädern
unterwegs
FIM und wird nicht mehr von der spanischen
Föderation geführt. Damit ist sie eine internationale
Meisterschaft. Unsere neue Regelung ist ein
System, um den Sieger der Meisterschaft zu belohnen.
Wenn in Zukunft ein Fahrer die FIM CEV
gewinnt und in die Weltmeisterschaft wechseln
möchte, das nötige Alter dafür aber noch nicht
erreicht hat, wird das genauso der Fall sein.
Gerüchten zufolge soll auch eine nordeuropäische
Meisterschaft aufgebaut werden...
Wir sprechen aktuell mit dem ADAC und haben
uns bereits getroffen. Wir haben verschiedene
Ideen, das umzusetzen, ja.
Was braucht ein junger Fahrer, um von der
Dorna Aufmerksamkeit zu bekommen?
Momentan gibt es so viele talentierte Fahrer: in
Asien, im MotoGP Red Bull Rookies Cup und in
den nationalen Meisterschaften. Wir haben viele
Leute, die sich nach jungen Fahrern umsehen,
aber das Geheimnis kann ich natürlich nicht
verraten.
→
www.Motorsport-Magazin.com 91
MotoGP ist noch
immer
Motorsport zum
Anfassen
Die Moto2
garantiert
spannende
Rennen
Die Open-Klasse
ist eine
Bereicherung für
die MotoGP
Zu Beginn der Saison hatte Honda im Vergleich
zu KTM in der Moto3 Probleme. Jetzt ist das Kräfteverhältnis
wieder ausgeglichen. Sind Sie mit der
aktuellen Situation zufrieden?
Es ist okay, wenn ein Hersteller einmal besser ist
als ein anderer. Wichtig für uns ist, dass der Wettbewerb
erhalten bleibt und die Kosten niedrig hält.
In allen Kategorien ist es sehr wichtig, die Ausgaben
so gering wie möglich zu halten, aber in der Moto2
und in der Moto3 ist das noch ein bisschen
wichtiger.
Sind Moto2 und Moto3 heute die ideale Vorbereitung
für die MotoGP?
Meiner Meinung nach gibt es da keine Zweifel.
Das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch
die der ganzen Fahrer. Alle Piloten, die bisher
von der Moto2 in die MotoGP aufgestiegen sind,
sagen, dass diese Kategorie hilfreicher war als
die alte 250ccm Klasse und der Beweis dafür ist,
dass sie sich von Anfang an bestens in der
Königsklasse zurechtfinden. Genau das Gleiche
sagen auch die Moto3-Fahrer, die in die Moto2
aufgestiegen sind. Die Piloten sind sicherer, der
Wettbewerb ist größer, weil die Motorräder ähnlicher
sind als zuvor. Wir haben keinen Zweifel
daran und freuen uns, dass es ein so großer
Erfolg war, von 125er zu Moto3 und von 250er
zu Moto2 zu wechseln.
Sind Sie mit dem aktuellen MotoGP-Feld
zufrieden?
Ich bin nie glücklich. Wir können immer an allem
noch etwas verbessern. Aber ich denke, dass wir
auf einem guten Weg sind. Das Programm, das wir
kreiert haben, um die Kosten zu senken und Hersteller
anzulocken - also von CRT über Open-
Klasse bis hin zum einheitlichen ECU-System -
funktioniert gut. Wir hoffen, dass es auch in
Zukunft keine Probleme damit geben wird, aber
natürlich arbeiten wir dennoch stets an
Optimierungen.
Magneti Marelli soll nicht unbedingt der beste
Software-Hersteller sein. Warum fiel die Wahl auf
die Italiener?
Wir begannen früh mit Magneti Marelli zu sprechen,
weil sie schon zwei der drei großen Hersteller
in der MotoGP beliefert haben. Nun arbeiten wir
mit diesem ECU-System. Es ist ja schon lange entschieden,
dass alle Teams dieses 2016 verpflichtend
nutzen müssen. Alle Hersteller in der Königsklasse
werden dabei helfen, das System noch zu verbessern,
also bin ich überzeugt, dass es gut funktionieren
wird. Magneti Marelli stand nie in Frage.
Warum wurde die Einführung der neuen Regeln
überhaupt auf 2016 verschoben?
Wir sprechen immer mit den Herstellern über neue
Regeln. Wenn sich alle einig sind, gibt es kein Problem.
Dieses Mal hat es etwas länger gedauert, die
Zustimmung für das ECU-System zu bekommen
und gleichzeitig auch die Anzahl der Sensoren der
Bikes festzulegen. Mehr oder weniger haben wir
die wichtigsten technischen Vorschriften jetzt aber
fixiert. Einiges steht noch aus, aber das sind eher
kleine Dinge. Wir reduzieren das Gewicht für nächstes
Jahr ein wenig. Wir sprechen aktuell auch noch
über die Bremsen und ein paar andere Sachen, aber
das ist alles nichts Großes und sollte keine Probleme
machen.
Was bedeutet es für Sie, in den nächsten Jahren
zahlreiche alte und neue Hersteller in der MotoGP
begrüßen zu dürfen?
Unsere Pflicht ist es, gute Regeln zu schreiben und
damit die Grundlage zu schaffen, den Sport für die
Hersteller attraktiv zu machen. KTM hat ja schon
bekannt gegeben, dass sie vielleicht 2017 in die
MotoGP kommen. Suzuki und Aprilia kommen
nächstes Jahr. Das ist toll. Aber eigentlich ist die
Anzahl qualitativ hochwertiger Bikes für uns wichtiger
als die Anzahl der Hersteller. Ich bin mir aber
sicher, dass sie kommen werden, wenn wir ihnen
eine gute Plattform anbieten können.
Was ist das Wichtigste für die Zukunft der MotoGP?
Die Show so gut wir können aufrecht zu erhalten
92 www.Motorsport-Magazin.com
Honda und KTM
sind in der
Moto3 gleichauf
Ezpeletas
Aushängeschild
ist und bleibt
Valentino Rossi
und dabei so geringe Kosten wie möglich zu
verursachen.
Gibt es schon etwas Neues zur TV-Übertragung
im deutschsprachigen Raum ab 2015?
Unsere Leute, die dafür verantwortlich sind, führen
aktuell noch Gespräche mit den beiden verschiedenen
TV-Sendern.
In Italien wird die MotoGP nur noch auf Pay-
TV-Sendern übertragen. Stellt das kein Problem
für die Vermarktung des Grand Prix dar?
Wir haben kein Problem in Italien. Wir haben
entschieden, ins Pay-TV zu wechseln - wie es
auch zahlreiche andere Sportarten auf der Welt
tun. Die Kombination aus frei zugänglicher
Übertragung und Pay-TV funktioniert in Italien
sehr gut. Wir sind glücklich und haben kein Problem
damit. Wir hatten uns natürlich ausgerechnet,
was in etwa passieren wird. Aber die
Zuschauerzahl ist sogar besser als wir am Anfang
dachten.
Wer ist ihr Lieblingsfahrer?
Ich habe keinen Lieblingsfahrer. Damit gehe ich
nur Problemen aus dem Weg. [lacht]
Wie kommt man an einen solchen Job?
Als ich noch sehr jung war, fuhr ich Motorrad- und
ALS ICH NOCH SEHR JUNG WAR, FUHR ICH MOTORRAD- UND AUCH
AUTORENNEN. SPÄTER HABE ICH EIN INGENIEURSSTUDIUM GEMACHT.
MEIN GANZES LEBEN HATTE BISHER MIT DIESER SPORTART ZU TUN.
ICH KÖNNTE MIR NIE VORSTELLEN, ETWAS ANDERES ZU TUN.«
auch Autorennen. Später habe ich ein Ingenieursstudium
gemacht. Mein ganzes Leben hatte bisher
mit dieser Sportart zu tun. Ich könnte mir nie vorstellen,
etwas anderes zu tun.
Was ist ihre beste Erinnerung als Chef des
MotoGP-Hauptvermarkters?
Es gibt so viele... Ich habe keine spezielle beste
Erinnerung, davon gab es einfach zu viele. Allerdings
erinnere ich mich sehr gut an die schlechtesten
Momente, Unfälle und so etwas. Ich mache
mir keine Gedanken darüber, was die beste Erinnerung
war. Ich mache mir eher Sorgen um
Unfälle und an die muss ich auch immer wieder
zurückdenken.
Was war das Schlimmste?
Marco Simoncelli, Shoya Tomizawa, Daijiro Kato,
all die Leute, die bei uns gestorben sind. Der Unfall
von Wayne Rainey 1993 in Misano war auch
fürchterlich.
Macht es den Job manchmal schwer, das schwarze
Schaf zu sein, wenn es Kritik gibt oder etwas Negatives
passiert?
Die Dorna besteht momentan aus 300 Menschen.
Ich bin nur der CEO. Es gibt viel mehr Leute, die
für unsere Firma arbeiten und ich bin natürlich
nicht für alles verantwortlich. Die Dorna ist
schließlich kein Unternehmen, das nur aus einer
Person besteht. Um alles gut zu machen, brauchst
du einfach ein großes, gutes Team.
Angenommen Sie hätten einen Wunsch frei. Was
wäre das?
So weiterzumachen, wie bisher. Wir verbessern uns
in jedem Jahr und beenden viele Dinge positiv.
Wenn wir - was die technischen Regeln angeht -
alles so fertigstellen, wie wir es geplant haben, dann
ist das toll. Aber wir denken auch über neue Rennstrecken
nach, darüber, wie wir noch mehr
Zuschauer anziehen und wie wir neue Sponsoren
gewinnen können. Es gibt immer viel zu tun.
FOTOS: MILAGRO
www.Motorsport-Magazin.com 93
FOTOS: MIALGRO
94 www.Motorsport-Magazin.com
CRAZY
JOE
AUF DER
ÜBERHOLSPUR
ANDREA IANNONE IST EINER DER GEWINNER DIESER MOTOGP-SAISON. NACH
GESCHWINDIGKEITS-REKORD UND AUFSTIEG IN DUCATIS WERKSTEAM WILL ER ALS
TEIL DER ITALIENISCHEN ROTEN ARMEE DIE GEGNER IN DIE MANGEL NEHMEN.
TEXT: MICHAEL HÖLLER
www.Motorsport-Magazin.com 95
ür Andrea Iannone ging im
Sommer alles ganz schnell. »Ich
kann mich gar nicht mehr
genau erinnern, wann und wie
mir die Ducati-Offiziellen von
meiner Beförderung ins Werksteam
berichtet haben«, gesteht
Iannone gegenüber Motorsport-Magazin.com. Zu
rasant sei damals alles gegangen, um irgendwelche
Details im Gedächtnis behalten haben zu können.
»Ich bin aber sehr glücklich, dass mir Ducati diese
Chance eröffnet. Das war mein großer Traum«,
stellt Iannone klar. Schon im Frühjahr wurde der
25-jährige Italiener als heißer Kandidat für die
Nachfolge von Cal Crutchlow im Werksteam von
Ducati gehandelt. Beim Satellitenteam Pramac mit
ebenbürtigem Werksmaterial versorgt, stellte Iannone
den britischen Neuzugang ein ums andere
Mal in den Schatten. Bis zur Sommerpause war
Iannone bei zwei Ausfällen nur ein einziges Mal
hinter Crutchlow ins Ziel gekommen. Die Gerüchte
um und der Ruf mancher italienischer Gazetten
nach der Ablöse des inferioren Briten wurden
immer lauter. Nicht zuletzt, weil Crutcahlow selbst
eine Option in seinem Vertrag hatte, die es ihm
erlaubte, bei schlechten Ergebnissen selbst einen
Schlussstrich zu ziehen. Doch Ende Juli verkündete
Crutchlow im Rahmen der »World Ducati Week«,
dass er seine Ausstiegsklausel nicht wahrnehmen
werde und auch 2015 bei Ducati neben Andrea
Dovizioso antrete. Iannone schaute durch die Finger
und musste sich mit der Zusage aus Bologna
zufrieden gebe, dass er in der kommenden Saison
bei Pramac dennoch Werksunterstützung erhalte.
Rund eineinhalb Wochen später sah die Sache ganz
anders aus. Denn in den Wirren von Transferfristen
und Vertragsparagraphen tat sich für Crutchlow
eine Chance bei LCR und damit die Möglichkeit
auf eine Factory Honda auf, weil sich Stefan Bradl
zu überhastet für Forward Racing entschieden
hatte. Bradls Pech machte Crutchlow glücklich.
Noch glücklicher machte das allerdings Iannone,
der plötzlich doch einen Vertrag als Werksfahrer
für 2015 in der Tasche hatte. Am 2. August traf
um 16:22 Uhr eine schlichte Presseaussendung
im Posteingang der Motorsport-Magazin.com-
Redaktion ein. »Die beiden Ducati Team Fahrer
für 2015 sind nun Andrea Dovizioso und Andrea
Iannone«, hieß es dort im letzten der nur zwei
Sätze langen Aussendung, die über Cal
Crutchlows Abgang informierte. Für Iannone
waren diese schnöden Worte die Krönung seiner
Laufbahn in der Weltmeisterschaft, an der er
bereits seit 2005 teilnimmt. Seinen Aufstieg zum
offiziellen Werksfahrer kann Iannone noch
immer nicht so richtig fassen. »Ich weiß nicht,
wieso Ducati ausgerechnet mich ausgewählt hat.
Natürlich bin ich davon überzeugt, dass ich ein
starker Fahrer bin und meine Ergebnisse waren
zuletzt gut. Ducati glaubt, dass ich die beste Wahl
für sie bin - das ehrt mich natürlich sehr«, freut
sich der Italiener.
96 www.Motorsport-Magazin.com
349,6 km/h - Iannone
knackte in
Mugello einen
Rekord
Iannone ist für
seine
Kampfkraft
bekannt
In den
italienischen
Medien kommt
Crazy Joe gut an
Für den Durchbruch in der Weltmeisterschaft
brauchte der 25-Jährige etwas länger als andere
Fahrer vor oder nach ihm. Am 4. Mai 2008 gelang
ihm im Alter von 18 Jahren im erst 48. Rennen
seiner Karriere in der Achtelliterklasse in Shanghai
der erste Sieg. Drei weitere Erfolge und eineinhalb
Jahre später gelang ihm der Aufstieg in
die 250cc-Nachfolgeklasse Moto2. Mit diesem
Wechsel ging Iannones Durchbruch in der Weltmeisterschaft
einher. In seinem vierten Saisonrennen
in Mugello stand er das erste Mal auf der
Pole Position, siegte und sackte die schnellste
Rennrunde auch gleich noch mit ein. Zwei weitere
Saisonsiege folgten und am Ende des Jahres
stand Iannone als Dritter der Gesamtwertung da.
Das gelang ihm auch in den beiden Folgejahren
kämpfen zu können«, sagte Iannone nach Saisonende
2013.
Und tatsächlich: 2014 sollte alles anders werden.
Topfit und mit Werksunterstützung von Ducati
war Iannone eine der positiven Überraschungen
der ersten Saisonrennen. Rang sieben in Austin
bedeutete sein bis dahin bestes Ergebnis in der
Königsklasse, das er nur zwei Wochen später in
Argentinien mit Platz sechs toppte. In Mugello
stand er zum ersten Mal in seiner Karriere in der
ersten Startreihe eines MotoGP-Rennens und
erzielte an diesem Wochenende zudem seinen
ersten Rekord in der Königsklasse. Im Training
wurde er mit 349,6 km/h geblitzt. Nie zuvor wurde
eine höhere Geschwindigkeit bei einem Fahrer in
»IRGENDWANN WÜRDE ICH GERNE SO GUT SEIN UND
EIN SO GUTES MOTORRAD HABEN, DASS ICH IN JEDEM
RENNEN UM DAS PODIUM KÄMPFEN KANN. DAS IST DAS
OBERSTE ZIEL.«
2015 steigt
Iannone ins
Werksteam auf
FOTOS: MIALGRO
und mit insgesamt acht Siegen und 19 Podestplätzen
ist Iannone bis heute einer der erfolgreichsten
Fahrer der noch jungen Moto2-Klasse.
In diesen Jahren sicherte er sich auch seinen
Spitznamen »Crazy Joe«. Denn in der Moto2 war
Iannone kein Manöver zu riskant, keine Lücke
zu klein und kein Gashebel zu früh offen. Durch
seine Aggressivität machte er sich viele Feinde
unter den Fahrern, mit denen er auf der Strecke
nie zimperlich umging. Doch die Teamverantwortlichen
der MotoGP wurden auf den risikofreudigen
Italiener aufmerksam. So sicherte sich
Ducati für 2013 Iannones Dienste und parkte ihn
im Satellitenteam Pramac. Doch wie schon viele
Piloten vor ihm musste es Iannone in der Königsklasse
auf die harte Tour lernen. Stürze und Verletzungen
prägten sein Premierenjahr in der
MotoGP. Noch vor Saisonstart wurde ein angeknackster
Lendenwirbel - eine Verletzung, die er
noch bei einem Moto2-Sturz davontrug - diagnostiziert.
Hinzu gesellten sich in den ersten
Monaten der Saison Unterarmschmerzen und
schließlich eine ausgerenkte Schulter nach einem
Trainingssturz auf dem Sachsenring. Eine Verletzung,
die Iannone an seinem erst achten
MotoGP-Wochenende bereits zur ersten Pause
zwang und die ihn auch für das Folgerennen in
Laguna Seca außer Gefecht setzte. Die zweite
Hälfte seiner Rookie-Saison stand somit eher im
Zeichen der Regeneration denn des aggressiven
Rennfahrens. Nur fünf Top-10-Plätze sorgten
dafür, dass Iannone die WM nur an der zwölften
Position abschließen konnte. Ein Umstand, der
niemanden mehr ärgerte als den Italiener selbst.
»Ich kann meinen Instinkten nicht so folgen, wie
ich es gerne würde. Ich will den Kampfgeist, den
ich immer hatte, wiederfinden. Ich will mit dem
Wissen zu Rennen reisen, mit den besten Fahrern
der Motorrad-WM gemessen. Für Ducati musste
Iannone aber auch immer wieder als Versuchskaninchen
im Motorenbereich herhalten - die Kehrseite
der Werksunterstützung für den Italiener. Da
bei der roten Rennfraktion aus Bologna noch lange
nicht alles glatt läuft, musste Iannone aber auch den
einen oder anderen Defekt in Kauf nehmen. So ging
ihm etwa in Indianapolis kurz nach Hälfte der
Renndistanz der Motor hoch. Als Werkspilot ist
Iannone ab nächster Saison im Hinblick auf die
störrische Desmosedici auch als Entwickler gefragt.
Eine neue Herausforderung, auf die er sich freut:
»Das Motorrad ist nicht schlecht. Ich hoffe aber,
dass wir in nächster Zeit noch einige Bereiche verbessern
können. Das ist wichtig für meine Zukunft
und für die Zukunft von Ducati.« Denn Iannone
hat große Pläne, die er im italienischen Dream
Team mit seinem neuen Teamkollegen Andrea
Dovizioso und dem Technikguru Gigi Dall‘Igna in
die Tat umsetzen will. »Irgendwann würde ich
gerne so gut sein und ein so gutes Motorrad haben,
dass ich in jedem Rennen um das Podium kämpfen
kann. Das ist das oberste Ziel«, gibt sich Iannone
für die kommenden Jahre kämpferisch.
Die Erwartungshaltung ist hoch - vor allem
wegen Ducatis hohem Selbstanspruch. Seit 2010
ist die italienische Marke in der MotoGP nun
schon ohne Sieg. Ein Umstand, der vor allem
dem sportlich stets erfolgreichen Eigentümer
Audi sauer aufstößt. An Motivation und Arbeitseifer
mangelt es Iannone aber nicht, der seinen
Teil zu Ducatis Weg zurück an die Spitze der
Motorrad-WM beitragen möchte. »Ducati-Fahrer
zu werden, war immer mein Traum. Das ist
eine ganz besondere Marke«, stellt Iannone klar.
Ab 2015 wird dieser Traum für den Italiener
Wirklichkeit.
www.Motorsport-Magazin.com 97
FOTOS: MILAGRO
DIE
ULTIMATIVE
ÜBERFORDERUNG?
TEXT: MARKUS ZÖRWEG
FREDDIE SPENCER KONNTE ALS LETZTER PILOT IN DER MOTORRAD-WM ZWEI TITEL IN EINEM
JAHR GEWINNEN UND WAR VOR MARC MARQUEZ DER JÜNGSTE KÖNIGSKLASSEN-CHAMPION
DER GESCHICHTE. IM GESPRÄCH MIT MOTORSPORT-MAGAZIN.COM ANALYSIERT ER DIE
AMBITIONEN SEINES NACHFOLGERS AUF DEN TITEL-DOPPELPACK.
Freddie Spencer
war der Marc
Marquez der 80er
www.Motorsport-Magazin.com 99
MSM: Es gab Gerüchte, dass Marc Marquez bald
auch in der Moto2 fahren wird. Denkst du, dass
so etwas heute noch möglich ist?
FREDDIE SPENCER: Alles ist möglich! Wenn es
irgendjemand schaffen kann, dann Marc. Man muss
nur die Art beobachten, wie er Rennen gewinnt.
Da erkennt man, dass er sich sehr schnell an neue
Situationen anpassen kann. Das ist der Schlüssel
zum Erfolg.
Du hast es 1984 sogar geschafft, in den Klassen bis
250ccm und 500ccm Weltmeister zu werden.
Das stimmt, und Marc war ja schon Moto2-Weltmeister.
Ich war vor meiner Saison noch nie eine
250er-Maschine in der WM gefahren und generell
hatte ich sechs Jahre lang kein Rennen mehr auf
einer 250er bestritten. Aber es wäre trotzdem
schwer für Marc. Der Leistungsunterschied zwischen
den beiden Klassen ist groß. Was ihm zu Gute
kommt, ist die Tatsache, dass sowohl die Moto2- als
auch die MotoGP-Bikes Viertakter sind.
Ist der Unterschied zwischen einer Moto2- und
einer MotoGP-Maschine kleiner als zwischen einer
250er und einer 500er?
Ich denke schon. Zwischen einer 250er und einer
500er ist ein Riesenunterschied - die Bremspunkte,
wo man einlenken muss, wann man wieder ans Gas
gehen kann. Außerdem musste man die zwei Bikes
ganz unterschiedlich fahren. Mit der 250er musste
man mehr das Tempo mitnehmen, auf der 500er
musste man hart bremsen, das Motorrad in die
Kurve werfen und wieder voll hinausbeschleunigen.
Das ist der Grund, warum damals sogar großartige
250er-Piloten wie Toni Mang oder Carlos Lavado
auf den 500ern Probleme hatten. Es war schwieriger,
diesen Übergang zu schaffen. Außerdem gab es
damals noch keine elektronischen Hilfsmittel. Als
Pilot warst Du die Elektronik. Man musste auf einer
500er-Maschine konstant vorausdenken. Das war
das Schwierige.
Du warst der letzte Fahrer, der zwei Weltmeisterschaften
in einer Saison gewonnen hat. Ist das ein
Rekord, der dir viel bedeutet?
Natürlich! Es ist ein unglaubliches Privileg, dass
Leute sich 29 Jahre später immer noch erinnern,
wie sie dich damals siegen gesehen haben. Das war
eine großartige Chance für mich, aber auch
unglaublich hart. Es gab viele Momente, in denen
ich mir gedacht habe: ‚Was zur Hölle mache ich hier
nur?‘ Am Ende hat aber alles funktioniert.
Würdest du diese Leistung für etwas anderes eintauschen,
zum Beispiel für mehr Weltmeistertitel
in der 500ccm-Klasse?
Ich habe viel darüber nachgedacht und jedes Mal
überlege ich, ob meine Karriere länger gedauert
hätte, wenn ich nur eine Klasse gefahren wäre. Aber
wer weiß das schon? Das ist alles hypothetisch. Im
Leben geht es nicht darum, sich zu fragen, was passieren
könnte, sondern es einfach zu machen. In
zwei Klassen zu fahren hat meine Karriere vielleicht
etwas verkürzt, aber ich sehe es definitiv als Privileg
an. Ich hätte nur eine Klasse fahren können und
vielleicht wäre etwas anderes passiert.
Was war das Schwierigste daran, zwei unterschiedliche
Motorräder in einer Saison zu fahren?
Man muss die Umstände kennen. Honda war
damals neu in der Motorrad-Weltmeisterschaft,
jetzt sind sie schon seit Ewigkeiten dabei. Die
Motorräder ändern sich heutzutage jedes Jahr nur
minimal. Damals haben wir jedes Jahr große Veränderungen
vorgenommen. Wir haben einige
Dinge probiert, die vor uns noch niemand versucht
hatte. Wir mussten einen komplett neuen Motor
und ein neues Chassis entwickeln. Das war an sich
schon schwierig. Für mich und das Team war aber
das Schwierigste, dass wir immer zu wenig Zeit
Spencer wurde
zweimal
500cc-Weltmeister
Die Rookies konnten sich extrem schnell eingewöhnen
Name:
Freddie Spencer
Geburtsdatum: 20. Dezember 1961
in Shreveport, USA
Weltmeistertitel:
2x 500ccm
(1983 und 1985),
1x 250ccm (1985)
WM-Starts: 72
Siege: 27
Podien: 39
Pole Positions: 24
Debütalter in der Königsklasse: 18 Jahre
hatten. Damals waren die Trainings noch direkt
hintereinander, ohne jegliche Pause. Sobald eine
Klasse fertig und von der Strecke weg war, kam die
nächste dran. Erst nach den Trainings beider Klassen
war Zeit für die Nachbesprechung.
Du musstest dich also an alles erinnern.
An alles, was ich nicht in einer sehr kurzen Zeit
sagen konnte. Dann hatte ich in den zwei Klassen
auch noch unterschiedliche Crews. Ich musste
abseits der Strecke viele Stunden in mentales Training
investieren, um das zu meistern.
Die Rennen waren zeitlich auch eng beieinander.
Ja, ich war beispielsweise auf dem Podium, weil ich
das 500er-Rennen gewonnen hatte und die 250er
waren schon auf dem Weg in die Startaufstellung.
Dann musste ich vom Podium runterlaufen, schnell
so viel Wasser wie möglich trinken und dann auf
der 250er rausgehen.
Du durftest ja nicht einmal Champagner
trinken!
Ich konnte es nicht mal richtig genießen! Darüber
muss ich heute immer lachen. Jetzt würde ich mich
so richtig feiern lassen. Ich wäre der Letzte, der das
Podium verlässt, würde Champagner trinken und
herumblödeln. Damals war ich immer so ernst, aber
ich musste mich eben schon auf das nächste Rennen
konzentrieren. Dann hatte ich nur die eine Runde
in die Startaufstellung und die Aufwärmrunde, um
mich an das Motorrad zu gewöhnen. →
VERGLEICH: SPENCER VS. MARQUEZ
Name:
Marc Marquez
Geburtsdatum: 17. Februar 1993
in Cervera, Spanien
Weltmeistertitel: 1x 125ccm (2010),
1x Moto2 (2012),
1x MotoGP (2013)
WM-Starts: 109
Siege: 43
Podien: 66
Pole Positions: 47
Debütalter in der Königsklasse: 20 Jahre
FOTOS: MILAGRO
100 www.Motorsport-Magazin.com
Nach seinem
zweiten WM-Titel
gewann Spencer
nie wieder ein
Rennen
IM LEBEN GEHT ES NICHT DARUM, SICH ZU FRAGEN, WAS PASSIEREN KÖNNTE, SONDERN
ES EINFACH ZU MACHEN. IN ZWEI KLASSEN ZU FAHREN HAT MEINE KARRIERE VIELLEICHT
ETWAS VERKÜRZT, ABER ICH SEHE ES DEFINITIV ALS PRIVILEG AN.
USA meets Japan:
Spencer fuhr lange
Jahre für Honda
MAN BRAUCHT MEHR ALS NUR SPEED. ES GEHT DARUM, DINGE VORAUSZUAHNEN, DENN ES
WIRD KEIN WOCHENENDE GEBEN, AN DEM MAN OHNE JEGLICHE PROBLEME DURCHKOMMT.
FOTOS: MILAGRO
500cc und 250cc
- Spencer stellte
sich beiden
Klassen
gleichzeitig
Marc sagte, dass man als Neuling in einer Klasse
nie so schnell sein kann, wie die Piloten, die schon
länger dort fahren. Siehst du das auch so?
Er hat schon Recht. Auch wenn er früher in der
Moto2 gefahren ist, hat sich die Klasse inzwischen
doch weiterentwickelt. Der Unterschied ist aber
nicht so gravierend. Er könnte sich sicherlich daran
gewöhnen. Ich denke, wenn es jemand schafft, dann
Marc.
Sonst niemand?
Mir wurde genau dieselbe Frage gestellt, als Valentino
2001 das letzte Jahr auf der 500er gefahren ist.
Da gab es auch diese Gerüchte. Hätte er es gekonnt?
Mit Sicherheit! Davon bin ich überzeugt. Er ist ein
großartiger Pilot, genauso wie Marc. Die zwei sind
da aber schon besonders, weil sie einfach alles
haben, was man benötigt, um ein Weltklassepilot
zu sein. Man braucht mehr als nur Speed. Es geht
darum, Dinge vorauszuahnen, denn es wird kein
Wochenende geben, an dem man ohne jegliche
Probleme durchkommt.
Ist Marc der Konkurrenz da in so vielen Bereichen
voraus?
Es ist oft nicht viel, aber immer ein kleines Bisschen.
In Silverstone etwa war er bereit, in manchen
Bereichen etwas mehr zu geben und es machte sich
bezahlt. Das ist etwas, das einen großartigen Piloten
von einem guten Piloten unterscheidet. Diese Gabe,
immer einen Weg zu finden.
Siehst du einen Fahrer in der MotoGP oder auch
in den kleineren Klassen, der Marc in den nächsten
Jahren konstant fordern könnte?
Es geht nicht nur um Marc alleine. Auch das Team
und das Equipment machen viel aus. Es ist wichtig,
dass die Crew und das Bike zum Fahrer passen.
Marc hat eine großartige Truppe, die er aus der
Moto2 mitgebracht hat und das bedeutet ihm sehr
viel. Solche Kleinigkeiten können den Unterschied
ausmachen.
Also kann ihn niemand schlagen?
Alex, sein Bruder. Der könnte es vielleicht schaffen.
Er macht seine Sache sehr gut. Das wäre sicherlich
interessant. Vielleicht werden wir es irgendwann in
nicht allzu ferner Zukunft sehen.
Was würdest du davon halten, wenn Marc und
Alex in einem Team fahren?
Ich habe das im Motorradsport noch nicht oft gesehen,
aber dafür bei Autorennen, zum Beispiel die
Bush-Brüder in der NASCAR. Da gab es ja echte
Probleme, denn sie haben in den Duellen überhaupt
nicht nachgegeben. Die Bushs haben sich manchmal
sogar gegenseitig aus dem Rennen geschossen.
Da fragt man sich schon, was da zwischen Marc
und Alex passieren würde.
2016 wird es ein völlig neues Reglement und mit
Michelin einen anderen Reifenlieferanten geben.
Denkst du, dass wir dann einen anderen Fahrer
sehen könnten, der so dominiert wie Marc jetzt?
Ich gehe davon aus, dass Honda weiterhin stark sein
wird. Durch die Einheitselektronik werden die
Abstände aber wohl geringer werden. Die Reifen
sehe ich nicht als großes Problem. Es gibt in diesem
Herbst bereits die ersten Testfahrten mit Michelin,
also sollte genug Zeit bleiben, um sich auf einen
neuen Hersteller einzustellen und den Fahrern ein
gutes Gefühl zu geben. Der entscheidende Faktor
wird aber auch 2016 wieder die Anpassungsfähigkeit
der Fahrer sein, denn die Motorräder werden
sich anders anfühlen.
Viele Leute sehen ja die Elektronik als großen Vorteil
der Honda. Wie siehst du das?
Darüber wird es immer Spekulationen geben. Marc
würde dir jetzt wahrscheinlich sagen, dass die
Yamaha auch in einigen Bereichen stärker ist. Wenn
du Jorge oder Valentino fragst, werden sie dir sagen,
dass die Honda viel stärker ist. Wenn du Kenny
Roberts fragst, wird er dir sagen, dass die Honda
besser auf der Bremse war und ich sage, dass seine
Yamaha besser beschleunigt hat. Man muss immer
Kompromisse eingehen. Ein Motorrad ist nie
perfekt.
Also wird sich durch die Einheitselektronik am
aktuellen Kräfteverhältnis nicht viel ändern?
Ich denke, dass Honda und Yamaha an der Spitze
sein werden, genauso wie jetzt. Man muss abwarten,
was mit Ducati passiert und auch mit Suzuki und
Aprilia. Es wäre großartig, wenn sie auch mithalten
könnten. Man wünscht sich ja mehr als nur zwei
Hersteller, die gewinnen können. In der MotoGP
ist es teilweise schon so, dass sich das Feld ziemlich
auseinander zieht und man nicht so viele Zweikämpfe
sieht. Es sind meistens nur zwei Piloten
beisammen, während zu meiner Zeit zehn Fahrer
in einer Gruppe waren, sich gegenseitig überholten
und um den Sieg kämpften. Jeder will gutes Racing
und ein ausgeglichenes Feld sehen, sodass es mehr
auf den Fahrer ankommt. Das wünscht sich auch
jeder Pilot. Mit Ausnahme vielleicht des Piloten,
der den Vorsprung hat. Der wird sagen: ‚Hey, mir
geht‘s gut. Ich habe kein Problem mit dem
Vorteil.‘
Es wird immer Leute geben, die sagen, Marc ist
nur so stark, weil die Honda so gut ist. Denkst du,
dass es für ihn wichtig wäre, auf einem anderen
Motorrad Weltmeister zu werden?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass er wechseln wird.
Er ist so gerne bei Honda und fühlt sich dort wohl.
Valentino zum Beispiel ist damals gewechselt, weil
es ihn motiviert hat. Marc ist da etwas anders. Ihn
motiviert es eher, bei seinem Team und seinen Leuten
zu bleiben. Als Valentino auf der Honda gewonnen
hat, haben auch alle gesagt, die Honda ist besser,
aber Valentino hat den Unterschied ausgemacht,
genauso wie es Marc jetzt auch tut. Das wird es
immer geben. Das ist Teil des Sports.
Dani Pedrosa konnte Marc als Teamkollege bei
Repsol Honda nie richtig fordern. Denkst du, es
wäre für Marc schwieriger, wenn beispielsweise
Jorge Lorenzo sein Teamkollege wäre?
Ich weiß es nicht. Marc und Jorge fahren sehr unterschiedliche
Stile. Die Yamaha und die Honda sind
zwei grundverschiedene Bikes, also muss Jorge auch
anders fahren als Marc. Man weiß nicht, wie Jorge
mit der Honda zurechtkommen würde. Etwas, dass
ihn aber von Dani unterscheidet und wodurch er
vielleicht ein härterer Konkurrent wäre, ist, dass er
ebenso aggressiv ist wie Marc. Sobald sich eine
Chance bietet, nutzen sie die auch. Dani hat uns oft
genug gezeigt, dass er gewinnen kann, aber man
sieht selten, dass er sich Siege richtig erkämpft. Es
ist nicht so, dass er nicht aggressiv sein könnte, aber
das ist einfach nicht seine Art Rennen zu fahren.
Er hat eine andere Herangehensweise. Wenn er zum
Beispiel in Führung liegt, ist er nur ganz schwer zu
schlagen.
Marc und du wart in etwa gleich alt, als ihr in die
Königsklasse gekommen seid. Welche Unterschiede
siehst du in puncto Reife zwischen euch beiden,
sowohl als Fahrer als auch als Person?
Nicht besonders viele. Marc hatte aber bei seinem
MotoGP-Einstieg schon viel mehr Erfahrung in der
Weltmeisterschaft. Er war zuvor schon zwei Mal
Weltmeister. Ich bin zwei Rennen in der WM
gefahren, bevor ich 1982 in meine erste 500ccm-
Saison mit Honda gegangen bin. Das ist der größte
Unterschied. Wir hatten aber beide schon viel
Erfahrung was den Rennsport generell angeht. Ich
bin bei meinem Einstieg schon 17 Jahre Rennen
gefahren und das ist bei ihm ähnlich. Marc geht
sehr überlegt und methodisch an die Sache heran,
weiß genau, was wichtig ist, ist stets aufmerksam.
Ich war genau gleich. Unsere Fahrstile sind vielleicht
unterschiedlich, aber was die Persönlichkeit angeht,
sind wir uns recht ähnlich.
Spencer war 1983
der jüngste
Weltmeister der
Königsklasse
www.Motorsport-Magazin.com 103
SLIDESHOW | MOTORSPORT | #39 | 2014
❱ KONKURRENZ
MIT TOTALSCHADEN
FOTO: ADRIVO/SUTTON
TEXT: MARION ROTT
Volkswagen ist voll auf Kurs. Ein Titel jagt den nächsten und selbst ein
Dreifachpodest ist mittlerweile nichts Außergewöhnliches mehr. Doch wo
viel Licht ist, gibt es auch Schatten. VW zeigt grandiose Leistungen und
gewinnt, was es zu gewinnen gibt. Für die ohnehin gebeutelte WRC ist
diese unglaubliche Dominanz aber der nächste Nackenschlag. Wo bleibt
die Spannung, wo der Kampf, wo die Sekundenduelle der einzelnen Hersteller?
Ohne technische Defekte oder Ausrutscher - wie beispielsweise
in Deutschland - ist schon vor dem Start der ersten Prüfung der Sieger
klar. Citroen, Ford und auch Neueinsteiger Hyundai mutieren zu Randnotizen.
Die Frage ist nur, wie lange sich die anderen Hersteller noch im
Schatten des Weltmeisters aufhalten wollen, bevor sie sich einen anderen
Platz an der Sonne suchen.
104 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 105
FOTOS: DTM, MERCEDES-BENZ
TEXT: STEFANIE SZLAPKA
MOTORSPORT
KANN
BRUTAL
SEIN
ALS AMTIERENDER CHAMPION HAT PAUL DI RESTA DIE DTM ENDE 2010 VERLASSEN. MIT DER HOFFNUNG AUF
SIEGE UND EINEN ZWEITEN TITEL KEHRTE ER ZU BEGINN DIESES JAHRES AUS DER FORMEL 1 IN DIE DTM ZURÜCK.
IM GESPRÄCH MIT MOTORSPORT-MAGAZIN.COM ERKLÄRT DER SCHOTTE DEN UNTERSCHIED ZWISCHEN ANSPRUCH
UND WIRKLICHKEIT.
106 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 107
FOTOS: DTM, MERCEDES-BENZ, ADRIVO/SUTTON
Paul Di Resta ging mit dem Ziel in seine Comeback-Saison,
um Rennsiege und den DTM-Titel zu kämpfen. Die
Ernüchterung war bei den ersten Saisonläufen groß
MSM: Wie war es für dich in die DTM zurückzukehren und festzustellen,
dass Mercedes nicht so stark ist wie erwartet?
PAUL DI RESTA: Ich wusste, dass Mercedes gegen Ende der Vorjahressaison
zu kämpfen hatte. Mit meiner Rückkehr hatte ich gehofft, dem Team mit meiner
Erfahrung helfen zu können. Wir haben relativ schnell gemerkt, dass die Performance
nicht wie erwartet war. Trotzdem war das erste Rennen ein Schock.
Wir hatten nicht damit gerechnet, so weit weg zu sein. Von diesem Moment an
wurden sofort Gegenmaßnahmen gesetzt, die Teamstruktur wurde verändert
und wir bekamen die Möglichkeit, das Auto weiterzuentwickeln. Wir hoffen
jetzt, dass wir mit den neuen Teilen am Auto, die wir seit Zandvoort haben,
konkurrenzfähiger sind und den Abstand verkürzen können.
Wie sehr bist du in die Entwicklung des nächstjährigen Autos involviert?
Wir haben vor einigen Wochen einen Test absolviert, allerdings habe ich bei
diesem gefehlt. Entscheidend sind neue Ideen, die unsere Leute einbringen.
Es geht darum, eine neue Richtung zu finden und nicht den Leuten Vorwürfe
zu machen. Es passiert leicht, dass man in die falsche Richtung entwickelt.
Doch jeder Einzelne bei Mercedes arbeitet hart daran, dass wir unser Ziel
erreichen.
Welchen Einfluss hat die neue Struktur auf deine Arbeitsweise?
Alles läuft sehr gut. Es war die richtige Entscheidung, die Fahrer in den
Umstrukturierungsprozess miteinzubeziehen. Das Team wollte unsere Meinung
hören, wie ein Wochenende bestmöglich funktioniert, gleiches wollten
sie von den Ingenieuren, den Mechanikern und allen anderen Beteiligten
wissen. Es geht absolut in die richtige Richtung. Ich denke, dass jeder dieser
Ansicht ist. Natürlich kommt der Erfolg nicht über Nacht zurück. Wichtig
ist, dass wir in speziellen Bereichen, die Leute holen, die wir brauchen und
gleichzeitig die Qualität der bereits vorhandenen Leute nutzen. Sie kennen
die aktuelle Struktur und stellen sicher, dass wir am Wochenende unser Bestes
geben können.
Wenn du dieses Jahr zu einem Rennen reist, siehst du das dann als Rennen
oder eher als Test an?
Ich sehe es als Rennen an. Natürlich muss man jedes Mal schauen, wo man
steht. Aber bei Rennen wie dem Norisring war die Hoffnung groß, ein tolles
Rennen zeigen zu können. Wir geben immer unser Bestes und versuchen, in
die Punkte zu fahren. Das hat man auch am Nürburgring gesehen. Unsere
Performance war dort sehr gut. Die Chance auf das Podium war definitiv
vorhanden. Wenn wir weiter vorne gestanden hätten, dann hätten wir durchaus
auch um den Sieg mitkämpfen können. Wir müssen einfach als Team
wachsen.
Das Rennen auf dem Norisring war wohl die größte Enttäuschung für dich
in dieser Saison...
Für mich persönlich, ja. Ich bin von Platz zwei gestartet und am Ende als 15.
ins Ziel gekommen. Aber Motorsport kann manchmal brutal sein und das
Rennen auf dem Norsiring war definitiv einer dieser Momente.
War es für dich schwer, dich für die Rennen zu motivieren?
Nein, mit Sicherheit nicht. Natürlich bin ich in die DTM zurückgekehrt, um
Rennen und Meisterschaften zu gewinnen. Das ist weiterhin mein Ziel. Doch
die DTM hat sich in meiner Abwesenheit weiterentwickelt - genauso wie ich.
Ich denke, dass ich als Fahrer gereift bin. Ich habe jetzt mehr Erfahrungen,
verfüge über mehr fahrerische Qualitäten. Mercedes weiß das und ich bin
überzeugt, dass wir gemeinsam unser Ziel erreichen werden.
Seit Zandvoort setzt Mercedes das neue Auto ein. Wie aufregend ist das?
Wir hatten in Zandvoort ja nur ein neues Fahrzeug am Start. Wir dürfen die
Erwartungen nicht zu hoch schrauben. Man kann nicht erwarten, dass das
Auto von Beginn an konkurrenzfähig ist und reibungslos funktioniert. Im
Hinblick auf das nächste Jahr ist es allerdings wichtig, dass wir sicherstellen,
dass wir ausreichend Daten haben, um im Winter das Maximum herausholen
zu können.
Du würdest also sagen, dass wir erst in Hockenheim 2015 das volle Potenzial
des Autos sehen werden?
So wird es vermutlich sein. Aber das Auto kann auch von Beginn an schnell
sein. Im Moment ist es schwer zu sagen.
Das heißt, es wird einfach weiter gearbeitet?
Ja, wir arbeiten mit der gleichen Philosophie weiter. Wir tun, was wir können.
Wenn das reicht, dann ist es super. Wenn es nicht reicht, dann arbeiten wir
einfach noch härter. Ich bin überzeugt, dass wir über den Winter - mit den
bestehenden Leuten und den neuen Leuten, die zum Team stoßen werden
- einen super Job machen und 2015 wieder konkurrenzfähig sein werden.
108 www.Motorsport-Magazin.com
Wenn du die DTM 2010 mit der DTM des Jahres 2014 vergleichst, was sind die
größten Unterschiede?
Es gibt einen weiteren Hersteller [lacht]. Es ist auf jeden Fall härter geworden.
In den Rennen gibt es mehr Kontakte als früher. Wichtiger ist für mich, was sich
nicht geändert hat. Die DTM ist für mich immer noch ein toller Ort zum Rennfahren,
ich bin zurück bei Mercedes, wo ich respektiert werde und mit Leuten
zusammenarbeite, die ich gut kenne und mit denen ich bereits Erfolge gefeiert
habe. Jetzt müssen wir nur noch zu unserer alten Performance-Stärke auf der
Strecke zurückfinden. Dafür arbeite ich genauso hart wie jede andere Person im
Team. Ich habe vollstes Vertrauen in mein Team. Ich freue mich schon auf den
Moment, wenn wir auf dem Podest stehen und den Siegerchampagner trinken
- das wird ein sehr zufriedenstellender Moment für uns sein.
Das heißt, dass wir dich nächstes Jahr wieder in der DTM sehen werden.
Ja.
Trotzdem sieht es nicht so aus, als wäre das Thema Formel 1 endgültig abgeschrieben.
Wie siehst du das?
Das stimmt. Die Formel 1 war immer mein großes Ziel. Natürlich ist es eine hart
umkämpfte Rennserie. Wenn man es bereits einmal in die Formel 1 geschafft
hat, dann will man es wieder schaffen. Es hat sich nichts geändert. Ich bin zu 100
Prozent auf meinen Job in der DTM fokussiert und gebe mein Bestes für
Mercedes-Benz sowie umgekehrt.
Verfolgst du das Geschehen in der Formel 1?
Ja, definitiv. Ich versuche, mit den Leuten in Kontakt zu bleiben - soweit es
mir in der DTM möglich ist. Die DTM ist mein Antrieb. Diese Rennserie ist
die klare Nummer 1 in meinem Leben - und Priorität hat, dort wieder erfolgreich
zu sein.
Di Resta verließ die DTM
Ende 2010 als
amtierender Champion
Paul Di Resta und Daniel
Juncadella arbeiten an
weiteren Fortschritten
5
FACTS ZU PAUL DI RESTA
Berühmte Verwandtschaft: Di Resta ist
Cousin des früheren DTM-Fahrers Dario
Franchitti, der ebenfalls für Mercedes
startete. In diesem Jahr löste Pascal
Wehrlein Franchitti als jüngsten DTM-Sieger
der Geschichte ab.
Besser als Vettel: Di Resta gewann in der
Saison 2006 mit fünf Siegen den Titel in der
Formel 3 Euroserie. Sein Kontrahent im
Meisterschaftskampf: Ein gewisser
Sebastian Vettel.
Langjährige Partner: Di Resta und
Mercedes blicken auf eine langjährige
Zusammenarbeit zurück. Bereits im Jahr
2000 siegte der Schotte in der McLaren
Mercedes Champions of the Future
Kartserie.
Furioser Einstieg: Di Resta stand bereits in
seinem zweiten DTM-Rennen auf dem
Podium. 2007 wurde er in Oschersleben
Zweiter - mit einem zwei Jahre alten Auto.
Er führte als erster Fahrer eines »Jahreswagens«
die Gesamtwertung an.
F1-Ausflug: Nach seinem Titelgewinn in
der DTM 2010 wechselte Di Resta zu Force
India. Dort fuhr er zwischen 2011 und 2013
in 58 F1-Rennen 121 WM-Punkte ein.
www.Motorsport-Magazin.com 109
AMG MERCEDES C-KLASSE
DUO DER SPITZEN-KLASSE
AUF EINER MERCEDES C-KLASSE SICHERTE SICH PAUL DI RESTA IN DER SAISON 2010 DEN TITEL
IN DER DTM. AUF EINEM ZWEI JAHRE ALTEN MODELL MACHTE ER IM JAHR 2007 BEREITS ALS
ROOKIE VON SICH REDEN.
TEXT: SAMY ABDEL AAL
D
ie Mercedes C-Klasse machte ihrem Beinamen
wahrlich alle Ehre: In elf Einsatz-
Jahren in der DTM und ITC gewann das
erfolgreichste Auto der Tourenwagenserie unglaubliche
85 von 159 Rennen. Größen des Sports wie
Klaus Ludwig (1994), Bernd Schneider (1995 DTM
+ITC, 2006), Gary Paffett (2005) und Paul di Resta
(2010) krönten sich im Tourenwagen-Primus der
Sternenmarke zum Champion.
Nach ihrem Debüt 1994 kam die Mercedes C-Klasse
bis 1996 (DTM/ITC) sowie zwischen 2004 und
2011 in drei gebauten Generationen zum Einsatz.
Bereits am zweiten Rennwochenende der Premierensaison
jubelte Mercedes über den ersten Sieg der
neuen ‚Wunderwaffe‘. Letztlich obsiegte die Sternenmarke
direkt im Einstandsjahr in der Fahrerund
Markenwertung - und feuerte so den Startschuss
in das erfolgreichste Kapitel des deutschen
Tourenwagensports ab.
Paul di Resta, der 2011 im Jahr nach seinem Titelgewinn
in die Königsklasse Formel 1 aufstieg, stellte
bereits als DTM-Rookie im Jahr 2007 die unglaubliche
Dominanz der Mercedes C-Klasse unter
Beweis. In seinem erst zweiten Rennen durfte er als
Zweiter in Oschersleben bereits mit Schampus vom
Podest spritzen - und das, obwohl er in einem zwei
Jahre alten Modell aus dem Jahr 2005 an den Start
ging.
Trotz einer der wohl auffälligsten Lackierungen in
der Geschichte der Serie machte der junge Schotte
vor allem sportlich von sich reden. Auf dem Euro-
Speedway Lausitz wiederholte er das Kunststück
aus Oschersleben und sicherte sich erneut den ‚Sil-
110 www.Motorsport-Magazin.com
TABELLE LEISTUNGSDATEN
AMG MERCEDES C-KLASSE
Rennen gesamt: 159
Siege gesamt: 85 (Quote 53%)
Letzter Auftritt: DTM-Saisonfinale 2011,
Hockenheimring
Titel DTM/ITC:
Bernd Schneider (x6),
Klaus Ludwig (x2),
Garry Paffett, Paul di Resta
Anteil an
Mercedes-Siegen
DTM/ITC gesamt: 85/170 (50%)
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
berrang‘. Zwei weitere Podestplätze mit Rang drei
in Mugello und Barcelona sowie insgesamt sieben
Punkteankünften in zehn Saisonläufen brachten
den Neuling auf den beeindruckenden fünften
Rang im Endklassement. Die ‚Liebesgeschichte‘
zwischen di Resta und der C-Klasse hatte jedoch
schon früher begonnen.
»Ich fuhr die C-Klasse zum ersten Mal beim
McLaren BRDC Autosport Young Driver Award
2004 und erinnere mich noch heute lebhaft daran:
das Auto fühlte sich wie ein Formelrennwagen an,
bot aber mehr Leistung, machte viel Spaß und hatte
ein Dach über dem Kopf«, erinnert sich Di Resta.
In der DTM gingen beide vier Jahre lang gemeinsame
Wege. »Ich habe vier Jahre lang in der DTM
auf der C-Klasse bestritten und gewann damit den
Meistertitel, worauf ich wahnsinnig stolz bin. Das
war wirklich eine unvergessliche Zeit in meiner
Karriere.«
Für seine Zeit bei Force India in der Formel 1 nahm
di Resta vieles an Erfahrung aus der Zeit im Tourenwagen-Sport
mit. »Bei der Arbeit mit der
C-Klasse lernte ich viel über die Fahrzeugabstimmung
und die Zusammenarbeit mit den Technikern,
um das Optimum aus dem Auto herauszuholen.
Die DTM ist so hart umkämpft, dass man
stets das letzte Quäntchen Performance herausquetschen
muss. Es war eine perfekte Vorbereitung für
die Formel 1.«
Im Oberhaus des Motorsports gelang es di Resta
zwar nicht, an seiner Erfolgsgeschichte weiterzuspinnen
- ohne seine ‚bessere Hälfte‘ scheint dies
im Nachhinein nur allzu verständlich...
www.Motorsport-Magazin.com 111
Mikkel Jensen hat sich in seiner
zweiten Saison im ADAC Formel
Masters an die Spitze gesetzt
TALENT - MIKKEL JENSEN
SPÄTZÜNDER IM HÖHENFLUG
TEXT: MARION ROTT
MIKKEL JENSEN STARTET IN DIESER SAISON IM ADAC FORMEL MASTERS. DER 19-JÄHRIGE WURDE ERST
SPÄT VON MOTORSPORT-VIRUS INFIZIERT, DOCH SEITHER NIE WIEDER LOSGELASSEN. NUN SOLL SEIN
TITELGEWINN IHM DEN WEG IN DEN PROFESSIONELLEN MOTORSPORT EBNEN.
DIE ANFÄNGE:
Ich habe mit 15 Jahren mit dem Kartfahren begonnen
- also erst vor vier Jahren. Das ist auch der Grund,
warum ich älter als meine Kollegen im ADAC Formel
Masters bin. Als ich ein Kind war, versuchte mein
Vater, mich in ein Kart zu setzen. Mein Interesse galt
zu dieser Zeit aber dem Fußball. Ich habe zwar schier
jegliches Rennspiel auf der Konsole gespielt und mich
immer für Autos interessiert, aber erst mit 15 Jahren
wurde mir bewusst, dass ich unbedingt Rennfahrer
werden wollte. Seither kann ich nicht mehr verstehen,
wieso mich das als Kind nicht interessiert hat.
DIE ERFOLGE:
Ich fuhr nur in der dänischen Kartmeisterschaft und
da hielten sich die Erfolge in Grenzen. Wir hatten leider
nicht genug Budget, um sehr viele Läufe zu bestreiten.
Erst voriges Jahr bekam ich einen Test bei Lotus im
ADAC Formel Masters. Sie wollten mich als Fahrer in
ihrem Team und wir haben alle Hebel in Bewegung
gesetzt, um die Finanzierung zu stemmen. Bereits
nach dieser Saison sah es aber wieder schwierig aus
und ich dachte, meine Karriere sei schon wieder vorbei.
Glücklicherweise erhielt ich dann ein Angebot
von Hannes Neuhauser und die Budgetjagd begann
erneut. Jetzt ist der Erfolg da und nun sieht es auch
gut für die Zukunft aus. Deshalb bedeutet das Jahr
2014 für mich extrem viel und ist auf jeden Fall mein
bisher größter Erfolg im Motorsport.
DAS ZIEL:
Langfristig gesehen wollen alle Fahrer irgendwann
in die Formel 1. Es gilt aber, realistisch zu bleiben und
die Chancen zu ergreifen, die sich bieten. Mein Hauptziel
ist, eines Tages vom Rennfahren leben zu können.
Ich möchte so lange wie möglich im Formel-Sport
bleiben, aber wenn ich irgendwann dort keine Perspektiven
mehr sehe, werde ich mich in Richtung
GT-Sport orientieren. Für kommendes Jahr hoffe ich
auf einen Platz in der Formel 3 Europameisterschaft.
Es hängt alles vom richtigen Team, dem besten Deal
und auch der Finanzierung ab - fixiert ist momentan
noch nichts.
DIE AUSBILDUNG:
Ich studiere auf einer Businessschule in Dänemark.
Das ist am ehesten mit einer Highschool zu vergleichen,
aber in meiner Heimat gibt es die Möglichkeit,
sich für unterschiedliche Zweige zu entscheiden. Ich
besuche nun Kurse im Bereich Wirtschaft. Das ist
mein Plan in der Hinterhand, sollte es eines Tages im
Motorsport nicht mehr weitergehen. Glücklicherweise
gibt es auf meiner Schule eine besondere Regelung:
Schüler, die Sport auf hohem Niveau betreiben, dürfen
die Regelstudienzeit von drei Jahren um zwölf Monate
ausdehnen. Damit lerne ich die gleichen Inhalte in
vier Jahren und kann mich gleichzeitig voll auf den
Rennsport konzentrieren.
DIE HOBBIES:
Als Kind war Fußball beinahe alles für mich.
Jetzt zählt nur noch der Rennsport. Ich liebe
Motorsport wirklich sehr und verbringe alle
Wochenenden, an denen ich nicht selbst im Auto
sitze, vor dem Fernseher - ich verfolge beinahe
jede Rennserie. Ansonsten gehe ich jeden Tag
ins Fitnessstudio. Es macht mir großen Spaß,
dient aber vorrangig der Rennvorbereitung und
nicht der Freizeitgestaltung.
112 www.Motorsport-Magazin.com
ATTRAKTIV
Die Moto3 ist zurück. Ab 2015 geht sie unterteilt in Moto3 GP und
Moto3 Standard im Rahmen der SUPERBIKE*IDM an den Start. Das
Interesse ist riesig: Bisher gibt es Einschreibungen aus Deutschland,
Dänemark und Schweden. Fast 20 weitere Interessenten aus
Deutschland, Dänemark, Tschechien und den Niederlanden haben
sich gemeldet. Darunter sind prominente Teams wie das Aki Ajo
Junior Team, das Team Holzhauer und das Team Freudenberg.
ZUKUNFTSWEISEND
DIE ADAC FORMEL 4
Die ADAC MX Academy
legte 2013 einen
fulminanten Start hin
FOTOS: ADAC MOTORSPORT
Die neue ADAC Formel
4 kommt 2015
Die Moto3 kehrt
2015 zurück
Die neue ADAC Formel 4 hat einen Chassispartner.
Ab der Saison 2015 stattet der italienische Hersteller
Tatuus die neue Nachwuchsklasse aus. Tatuus
beliefert bereits seit Saisonbeginn 2014 die Italienische
F.4 Meisterschaft mit Autos. Bei Demonstrationsfahrten
auf dem Slovakia Ring hatten die anwesenden
Teamchefs des ADAC Formel Masters die
Gelegenheit, sich einen ersten Eindruck eines
Rennwagens mit Tatuus-Chassis zu verschaffen.
Geschwindigkeitsrausch
in Spielberg
PFEIL-
SCHNELL
Daniel Keilwitz und Oliver Gavin siegten auf dem Red Bull Ring im ersten
Lauf beim Rennen mit der bisher höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit
im ADAC GT Masters. Die Corvette-Piloten gewannen das schnellste
Rennen in der Geschichte der Serie mit einem Schnitt von 165,9 km/h.
Keilwitz unterbot dabei seinen eigenen Rekord aus dem Vorjahr. Die
Corvette absolvierte die Renndistanz von 39 Runden in diesem Jahr 27
Sekunden schneller als 2013.
www.Motorsport-Magazin.com 113
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