Myasthenia gravis - Engelhardt Lexikon Orthopädie und ...
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PDF 01366<br />
<strong>Engelhardt</strong> (Hrsg.)<br />
<strong>Lexikon</strong> Orthopädie <strong>und</strong> Unfallchirurgie<br />
<strong>Myasthenia</strong> <strong>gravis</strong><br />
Synonyme<br />
Myasthenie<br />
Englischer Begriff<br />
<strong>Myasthenia</strong> <strong>gravis</strong><br />
Definition<br />
Erkrankung, die auf einer Störung der neuromuskulären Übertragung beruht <strong>und</strong> mit abnormer Ermüdbarkeit<br />
der Muskeln einhergeht.<br />
Pathogenese<br />
Pathophysiologisch liegt der Myasthenie eine Bildung von Autoantikörpern (autoreaktive B-Lymphozyten) gegen<br />
die Azetylcholinrezeptoren der muskulären Endplatte zugr<strong>und</strong>e. Sinkt die Azetylcholinrezeptorendichte an der<br />
Endplatte unter 50 %, kann die kritische Schwelle zur Membrandepolarisation nicht immer überschritten<br />
werden. Aufgr<strong>und</strong> einer speziellen Muskelfaserkomposition, hoher Entladungsfrequenz, fehlendem<br />
Sicherheitsfaktor sind die äußeren Augenmuskeln besonders betroffen. Der Thymus spielt bei der Mehrheit der<br />
Patienten bei der Immunreaktion eine wichtige Rolle.<br />
Prävalenz: 5–12 / 100.000, Inzidenz: 0,4 / 100.000 pro Jahr; Manifestationsalter: zweite bis dritte<br />
Lebensdekade, Frauen zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Männer.<br />
Symptome<br />
Es wird die generalisierte <strong>und</strong> die okuläre Myasthenie unterschieden. Bei der Ersteren treten wechselnd starke<br />
Lähmungen der Augenmuskeln, Extremitätenmuskeln, rumpfnahen Muskeln, Schluckstörungen, Schwäche der<br />
Kaumuskulatur <strong>und</strong> Luftnot auf, während bei der okulären Form die Doppelbilder im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Die<br />
Symptome sind tageszeit- <strong>und</strong> belastungsabhängig.<br />
Beginn der Symptome: 60 % okulär, 20 % bulbär, 20 % Extremitäten.<br />
Komplikationen<br />
Myasthene Krise: relativ akut einsetzende hochgradige Paresen häufig mit rasch auftretender<br />
Ateminsuffizienz einhergehend, Aspirationsgefahr; Auslöser: Infektionen, Medikamente, körperliche<br />
Überanstrengung, Hitze.<br />
Cholinerge Krise: Überdosierung mit Azetylcholinesterasehemmern; Symptome ähnlich der myasthenen<br />
Krise; hochgradige Paresen, Faszikulationen, Ateminsuffizienz; autonome Symptome: Tachykardie, hohe<br />
Körpertemperatur, Schwitzen, Schleimproduktion, Hautrötung, Durchfall.<br />
Diagnostik<br />
Anamnese: tageszeitabhängige <strong>und</strong> wechselnd stark ausgeprägte Paresen, abnorme Ermüdbarkeit, positiver<br />
Myasthenie-Score (MGFA-Klassifikation); Neurophysiologie: Abfall der Amplitude des Muskelsummenpotentials<br />
(Dekrement) bei repetitiver Reizung; Einzelfaserelektromyographie: abnormer Jitter; Tensilontest: Injektion von<br />
Pyridostigmin führt zur Normalisierung des Dekrements; Thoraxcomputertomographie; kraniale<br />
Magnetresonanztomographie.<br />
Labor: positive Antikörper gegen Azetylcholinrezeptoren (85–90 % bei generalisierter Myasthenie, 50 % bei<br />
okulärer Myasthenie); Antikörper gegen muskelspezifische Tyrosinase (MUSK): 50–75 % mit negativen<br />
Antikörpern gegen Azetylcholinrezeptoren positiv für MUSK; Antikörper gegen Skelettmuskulatur: 20–30 % der<br />
Patienten, 80 % der Patienten mit Thymom.<br />
file:///D|/RAW_TEST/all_pdf_drafts/to025640.html[12.10.2010 07:24:04]
PDF 01366<br />
Differenzialdiagnose<br />
Lambert-Eaton-Syndrom, kongenitale Myastheniesyndrome, Polmyositis, Dermatomyositis, Botulismus,<br />
Motoneuronerkrankung, Bulbärparalyse, Myotonie, Myopathien.<br />
Therapie<br />
Akuttherapie<br />
Je nach Alter, Schwere der Erkrankung: Thymektomie, Immunsuppression; Plasmapherese, Immunadsorption.<br />
Konservative/symptomatische Therapie<br />
Symptomatisch: Azetylcholinesterasehemmer.<br />
Medikamentöse Therapie<br />
Immunsuppressive Therapie: Glukokortikoide, Azathioprin, Ciclosporin A, Cyclophosphamid, Methotrexat;<br />
hochdosierte intravenöse Immunglobulintherapie.<br />
Operative Therapie<br />
Thymektomie bei Vorliegen eines Thymoms; Thymektomie ohne Thymom bei jüngeren Patienten bis 45 Jahre<br />
<strong>und</strong> kurzer Krankheitsdauer; keine Thymektomie bei Patienten älter als 60–65 Jahre.<br />
Dauertherapie<br />
Immunsuppression, Azetylcholinesterasehemmer.<br />
Bewertung<br />
Stabilisierung der Erkrankung ohne Behandlung innerhalb von drei Jahren bei generalisierter Myasthenie,<br />
Symptome während der ersten drei bis fünf Jahre am stärksten ausgeprägt. Spontane Remission bei 10–20 %<br />
der Patienten, 90 % der Patienten können gut stabilisiert werden <strong>und</strong> sind berufsfähig. Patienten mit<br />
Bulbärparalyse neigen zur Dekompensation während hochdosierter Kortisontherapie.<br />
Nachsorge<br />
Patienten benötigen lebenslange Therapie <strong>und</strong> neurologische Kontrolle.<br />
Autor<br />
Iris Reuter<br />
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