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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 13.10.2014 (Vorschau)

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EXTRAS ZUM GEHALT<br />

Steuerstreit um Golfclub und Firmenwagen<br />

ERBSCHAFT<br />

Ein für alle Mal abgefunden<br />

Nach dem Tod des Vaters erbten<br />

seine Ehefrau und die zwei<br />

Kinder. Die drei schlossen einen<br />

notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag,<br />

in dem sie<br />

das Vermögen aufteilten. Die<br />

volljährigen Geschwister einigten<br />

sich darauf, dass der Bruder<br />

den Erbteil seiner Schwester<br />

übernehmen solle und ihr dafür<br />

100 000 Mark zahle. Die<br />

Schwester erklärte im Vertrag,<br />

dass sie „<strong>vom</strong> elterlichen Vermögen<br />

unter Lebenden und<br />

von Todes wegen ein für alle<br />

SCHNELLGERICHT<br />

GEMEINDE HAFTET FÜR STURZ BEI GLATTEIS<br />

§<br />

Eine Frau rutschte im Februar 2010 an einer Straßenbahnhaltestelle<br />

auf Glatteis aus und brach<br />

sich ein Bein. Sie verklagte die zuständige Gemeinde.<br />

Die sah sich jedoch nicht in der Haftung. Sie habe die<br />

Pflicht zum Winterdienst an den Bahnbetreiber weitergereicht.<br />

Das Oberlandesgericht Brandenburg sah<br />

dagegen die Gemeinde weiter in der Pflicht (2 U 7<br />

/14). Schließlich sei sie Eigentümerin des Grundstücks,<br />

auf dem die Haltestelle stehe. Das Landgericht<br />

Potsdam muss erneut entscheiden.<br />

Male abgefunden“ wurde. Nach<br />

dem Tod der Mutter allerdings<br />

wollte sie erneut erben. Doch<br />

die Richter am Oberlandesgericht<br />

Hamm (15 W 92/14) werteten<br />

den Passus im früheren<br />

Vertrag als klaren Erbverzicht,<br />

auch wenn der Begriff nicht explizit<br />

genannt wurde. Sie sahen<br />

etwa einen Anhaltspunkt für einen<br />

Verzicht in der Tatsache,<br />

dass die Schwester nach dem<br />

Tod des Vaters mehr Geld erhalten<br />

hatte, als ihr nach der gesetzlichen<br />

Erbquote zustand.<br />

Das ganze Berufsleben hindurch<br />

können Unternehmen<br />

ihren Angestellten in einem bestimmten<br />

Rahmen Extras zum<br />

Gehalt bieten, von denen beide<br />

Seiten profitieren. Wenn das<br />

richtig gemacht wird, verzichtet<br />

der Staat auf Steuern und Sozialabgaben.<br />

Dies ist dann der<br />

Fall, wenn es die Leistung zusätzlich<br />

zum vereinbarten Arbeitslohn<br />

gibt. Steuerfrei übernehmen<br />

darf der Chef etwa<br />

Kosten für Kinderbetreuung<br />

oder die Computerausstattung<br />

(WirtschaftsWoche 44/2013).<br />

Was Arbeitnehmern und -gebern<br />

Vorteile bringt, gerät aber<br />

schnell ins Visier der Finanzämter.<br />

Die Beamten vermuten hinter<br />

vielen Wohltaten Lohndumping<br />

und werten die Extras als<br />

steuerpflichtige geldwerte Vorteile.<br />

Im Einzelnen muss das<br />

immer wieder der Bundesfinanzhof<br />

entscheiden. Das sind<br />

die jüngsten Urteile dazu:<br />

Ein Golfclub hatte einem pensionierten<br />

Bankvorstand die<br />

Ehrenmitgliedschaft verliehen,<br />

er spielte jetzt kostenlos. Die Finanzbeamten<br />

vermuteten, dass<br />

dies noch ein Lohnersatz sein<br />

könnte für seine frühere Banktätigkeit,<br />

und werteten das als<br />

geldwerten Vorteil. Die Richter<br />

am Bundesfinanzhof überzeugte<br />

das nicht. Wenn es dem Golfclub<br />

darum ging, den Ex-Vorstand<br />

wegen seiner guten<br />

Kontakte zur Wirtschaft an sich<br />

zu binden, muss der keine Steuern<br />

zahlen (VI R 69/13). Ein beliebtes<br />

Extra zum Gehalt ist<br />

auch der Firmenwagen. Die<br />

BFH-Richter haben entschieden,<br />

dass der angestellte Gesellschafter<br />

einer GmbH seinen<br />

Wagen für Privatfahrten nutzen<br />

darf. Er muss aber für den geldwerten<br />

Vorteil sowohl Lohn- als<br />

auch Umsatzsteuer zahlen (XI R<br />

2/12). Um die Berechnung zu<br />

vereinfachen, kann er monatlich<br />

ein Prozent des Brutto-Listenneupreises<br />

des Wagens als<br />

steuerpflichtig ansetzen.<br />

AKADEMIKER<br />

Wer fälscht,<br />

verliert Titel<br />

Universitäten können Absolventen<br />

den Doktortitel wegen<br />

„Unwürdigkeit“ entziehen,<br />

wenn sich das Fehlverhalten<br />

auf die wissenschaftliche Arbeit<br />

bezieht (Bundesverfassungsgericht,<br />

1 BvR 3353/13). Dies gelte<br />

beispielsweise, wenn der Doktorand<br />

Forschungsergebnisse<br />

gefälscht habe. Der Entzug des<br />

Doktortitels sei nicht unwirksam,<br />

weil der Begriff „Unwürdigkeit“<br />

zu unbestimmt sei.<br />

GEBÜHRENBESCHEID MUSS WERBEFREI SEIN<br />

§<br />

Eine Gemeinde unterhielt einen eigenen Bestattungsbetrieb.<br />

In den an die Hinterbliebenen verschickten<br />

Gebührenbescheide auch für Begräbnisse,<br />

die die Gemeinde nicht selbst durchgeführt hat, warb<br />

die Kommune für Dienstleistungen ihres eigenen<br />

Betriebs. Dagegen klagten private Bestattungsunternehmen.<br />

Zu Recht, wie das Landgericht Freiburg<br />

fand (12 O 150/13). Es sei wettbewerbswidrig, hoheitliche<br />

Aufgaben mit betriebswirtschaftlichen Interessen<br />

zu vermischen, so das Gericht.<br />

VERTRAG GILT TROTZ UNERLAUBTEN ANRUFS<br />

§<br />

Schließen Telefonkunden nach einem unerlaubten<br />

Werbeanruf eines Telekommunikationsanbieters<br />

einen Vertrag ab, ist dieser trotz des wettbewerbswidrigen<br />

Verhaltens gültig (Amtsgericht Lahr,<br />

5 C 246/13).<br />

MIETHÖHE<br />

THOMAS HANNEMANN<br />

ist Rechtsanwalt<br />

in der<br />

Steuerkanzlei<br />

am Ludwigsplatz<br />

in Karlsruhe.<br />

n Herr Hannemann, wie<br />

ermittelt ein Vermieter die<br />

richtige Miethöhe, wenn<br />

er erstmalig vermietet?<br />

Nach der derzeitigen Rechtslage<br />

kann er im Mietvertrag<br />

die Höhe vereinbaren, die der<br />

Mieter akzeptiert. Würde er<br />

die ortsübliche Vergleichsmiete<br />

aber zu mehr als 50 Prozent<br />

überschreiten, gälte das als<br />

Mietwucher und wäre ein<br />

Straftatbestand. Die ortsübliche<br />

Höhe erfährt er aus dem<br />

Mietspiegel oder bei den Interessenvertretungen<br />

von Mietern<br />

oder Hauseigentümern.<br />

n Und wenn der Wohnungsmarkt<br />

in seiner Stadt als<br />

„angespannt“ gilt?<br />

In dem Fall darf die Miete nur<br />

20 Prozent über der ortsüblichen<br />

Miete liegen, sonst droht<br />

bei einer Anzeige ein Bußgeldverfahren.<br />

Bisher scheiterten<br />

Mieter damit jedoch häufig,<br />

weil sie nicht beweisen konnten,<br />

dass der Vermieter die<br />

Marktlage ausgenutzt hat.<br />

n Bleibt Vermietern mehr<br />

Spielraum, wenn sie noch<br />

vor der für 2015 erwarteten<br />

Mietpreisbremse vermieten?<br />

Ja. Bei einer Wiedervermietung<br />

nach Einführung der<br />

Preisbremse darf die Miete<br />

nur maximal zehn Prozent<br />

über dem ortsüblichen Niveau<br />

liegen. Sie gilt für Städte mit<br />

angespannter Wohnungssituation<br />

und dort für alle vor<br />

Oktober 2014 errichteten Gebäude.<br />

Mindestens kann der<br />

Vermieter aber das verlangen,<br />

was schon sein Vormieter gezahlt<br />

hat. Nur Neubauten und<br />

direkt vor der Vermietung umfassend<br />

modernisierter Wohnraum<br />

sind ausgenommen.<br />

WirtschaftsWoche <strong>13.10.2014</strong> Nr. 42 Redaktion: martin.gerth@wiwo.de, heike schwerdtfeger | Frankfurt<br />

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