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20 Jahre Technische Hochschule Ingolstadt

Festschrift zum 20-jährigen Bestehen der Technischen Hochschule Ingolstadt

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P. 52<br />

Sparte Lehre<br />

Wie vermittelt man Studenten praxisnahes Wissen? Prof. Dr. Andreas<br />

Frey berichtet, wie er und Prof. Dr. Konrad Költzsch mit <strong>20</strong> Studenten<br />

einen Stratosphärenballon konstruierten und steigen ließen.<br />

P<br />

raxisnahe Lehre wird an der <strong>Technische</strong>n <strong>Hochschule</strong> <strong>Ingolstadt</strong><br />

groß geschrieben. Deshalb sind studentische Projekte aus den<br />

Studiengängen der Fakultät Elektrotechnik und Informatik nicht mehr<br />

wegzudenken. Das Besondere: Die Studierenden haben die Möglichkeit,<br />

ein Praxisprojekt von der ersten Konzeption über die Umsetzung bis hin zum<br />

Abschluss selbst durchzuführen. Zum einen sind ihre technischen Fähigkeiten<br />

gefordert, zum anderen trainieren sie klassisches Projektmanagement:<br />

Sie planen Meilensteine, teilen Teams ein und organisieren Arbeitspakete.<br />

Jedes Projekt hat einen direkten Bezug zu den Studieninhalten der Studenten.<br />

Es wird von Professoren begleitet und abschließend benotet.<br />

Ein besonderes Projekt ist für uns das Projekt „Stratosphärenballon“,<br />

weil es in Kooperation mit der Fakultät Maschinenbau angeboten wurde.<br />

Wir betreuenden Professoren der beiden Fakultäten stellten den Studierenden<br />

die Aufgabe, einen Ballon in die Stratosphäre aufsteigen zu lassen,<br />

während des Auf- und Abstiegs Messdaten aufzunehmen und schließlich<br />

auch Kamerabilder zu machen. Das Projektteam der Fakultät Maschinenbau<br />

war für die Berechnung und den Bau des Ballons verantwortlich, während<br />

das Projektteam der Fakultät Elektrotechnik und Informatik die Sonde mit<br />

den Mess-Sensoren und die Kameras mit der Bildaufzeichnungen entwerfen<br />

und bauen sollte.<br />

Eine erste Analyse zeigte den Studierenden schnell, dass für die Sonde<br />

hohe technische Ansprüche zu erfüllen waren. Die Sonde durfte wegen der<br />

maximalen Tragkraft des Ballons nicht mehr als zwei Kilogramm wiegen.<br />

Doch damit nicht genug. Die Sonde musste angemessen isoliert werden,<br />

da beim Aufstieg auf <strong>20</strong> bis 30 Kilometer Höhe die Temperaturen auf bis zu<br />

minus 60 Grad sinken. Die Akkus und die empfindliche Elektronik durften<br />

also weder zu kalt noch zu heiß werden.<br />

Die ursprüngliche Idee, eine durchgehende Videoaufzeichnung vom<br />

Start bis zur Landung der Sonde zu machen, mussten die Studierenden<br />

nach Berechnung der erforderlichen Speichergröße verwerfen. Um aber die<br />

Reise des Ballons vom Start bis zur Landung trotzdem dokumentieren zu<br />

können, beschlossen sie, Einzelbilder im Zwei-Sekunden-Takt zu machen.<br />

Die Idee, ein 360°-Panoramabild zu erstellen, erwies sich dann während<br />

der Umsetzung ebenfalls als aufwändiger, als ursprünglich angenommen.<br />

Um den Horizont komplett abzudecken, mussten sie es schaffen, sechs<br />

Kameras synchron auszulösen und die Bilder mit einem Zeitstempel zu versehen.<br />

Nur so würden sie die einzelnen Bilder später zu einem Gesamtbild<br />

zusammensetzen können.<br />

Um die erforderlichen Komponenten für den Ballon zu beschaffen,<br />

gingen die Studierenden auf Sponsorensuche und waren auch bald<br />

erfolgreich. Nun konnte es richtig losgehen. Um ihre Konzepte und die<br />

gemachten Annahmen zu überprüfen, führten die Studierenden während der<br />

Entwicklung Tests mit Prototypen durch. Besonders wichtig waren die Tests<br />

in der Klimakammer, bei denen die Innentemperatur der Sonde während<br />

eines simulierten Aufstiegs geprüft werden konnte. Nachdem erste Tests mit<br />

einer Prototypensonde erfolgreich verliefen, konnte die eigentliche Sonde<br />

gebaut werden.<br />

Als Ballon und Sonde fertiggestellt waren, musste die Konstruktion nur<br />

noch losfliegen. An einem sonnigen Morgen kam das gesamte Team am Ettinger<br />

Segelflugplatz zusammen. Begleitet wurden sie unter anderem auch<br />

von lokalen Medienvertretern. So konnten die Studierenden Erfahrungen im<br />

Umgang mit der Presse machen.<br />

Der Ballonstart verlief reibungsfrei. Schon bald schwebte die Sonde in<br />

luftiger Höhe und war kurze Zeit später mit bloßem Auge nicht mehr erkennbar.<br />

Bis in <strong>20</strong> Kilometer Höhe schaffte es der Ballon allerdings nicht, wohl<br />

wegen Löchern in der empfindlichen Außenhülle der selbst geschweißten<br />

Ballonhülle, die vermutlich der starke Wind zum Start des Ballons verursachte.<br />

Die aufgezeichneten Bilder zeigen damit einen Flug über Oberbayern<br />

in maximal 1000 Metern Höhe.<br />

Da die Sonde von einem Landwirt bei Kasing unversehrt geborgen wurde,<br />

konnten die Studenten einen zweiten Start unternehmen. Diesmal ließen<br />

sie einen handelsüblichen Stratosphärenballon steigen, der tatsächlich auf<br />

über <strong>20</strong> Kilometer Höhe stieg und dort, wie geplant, platzte. Die Sonde,<br />

die an einem Fallschirm befestigt war, landete wohlbehalten auf einem<br />

Feld bei Abensberg. Die tiefste gemessene Temperatur lag bei -34°C, bei<br />

einem Luftdruck von 50hPa. Bilder wurden diesmal nicht aufgezeichnet. Der<br />

komplexe Aufbau und die Synchronisierung der Kamerabilder wurden hier<br />

zum Verhängnis. Aber auch diese Erfahrung ist Teil des Projektes. Messdaten<br />

jedoch lieferte die Sonde jede Menge. Ein dritter Start mit nochmals<br />

modifizierter Software brachte schließlich die ersehnten Bilder aus der<br />

Stratosphäre.<br />

Das Projekt war für die Studierenden am Ende ein Erfolg. Sie konnten<br />

interessante Aufgaben umsetzen und sammelten dabei wertvolle Erfahrungen<br />

für ihren künftigen Beruf.<br />

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