T - Universität Konstanz
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Universität <strong>Konstanz</strong>, FB Sportwissenschaft<br />
Proseminar Biomechanik<br />
Thema: Dynamik der menschlichen Bewegung II<br />
Trägheitsmoment, Drehmoment, Drehimpuls<br />
Die folgende Präsentation ist mit geringfügigen Änderungen übernommen aus<br />
dem Seminarvortrag des PS Biomechanik aus dem SS 2006 von Julian Gangl
„Bisher haben wir uns mit den dynamischen<br />
Begriffen bei Translationen, also geradlinigen<br />
Bewegungen, befasst.“<br />
= Masse, Kraft & Impuls<br />
„Die dazu analogen Grundbegriffe bei<br />
Rotations- bzw. Drehbewegungen sind<br />
Thema des heutigen Vortrags!“
Heutiges Thema: die dynamischen Grundbegriffe bei Rotationen<br />
Trägheitsmoment, Drehmoment, Drehimpuls<br />
Aus www.dotnet-magazin.de
Bisherige Erkenntnis:<br />
Bei translatorischen Bewegungen ist der Widerstand, den ein Körper<br />
einer Bewegung(sänderung) entgegensetzt, als Trägheit definiert<br />
worden. Gemessen wurde durch die Masse m.
1. Das Trägheitsmoment (engl.: moment of inertia)<br />
Beispiele für<br />
Rotationen aus<br />
dem Bereich des<br />
Turnens.<br />
Führt ein Körper eine Rotation um eine bestimmte Achse aus, dann setzt er der<br />
Erzeugung oder der Veränderung dieser Bewegung einen Widerstand entgegen.<br />
Diesen Widerstand bezeichnet man als Trägheitsmoment (Symbol I).<br />
Das Trägheitsmoment ist also die für Rotationen analoge Größe zur Masse bzw. Trägheit<br />
bei Translationen.
Das Trägheitsmoment ist von der Masse m und dem Abstand r von der<br />
Drehachse A abhängig. Die Maßeinheit ist [kg·m²].<br />
Für ein Masseteilchen der Masse m mit dem Abstand r<br />
zur Drehachse A ergibt sich somit:<br />
I = m · r²<br />
Trägheitsmoment Masse mal Rotationsradius<br />
Aus Bäumler/ Schneider,<br />
Sportmechanik.
Problem:<br />
Lösung:<br />
„Ein Körper besteht aus vielen Masseteilchen!!!“<br />
die Trägheitsmomente der einzelnen Teilchen ITeil werden aufsummiert<br />
zu IGesamt:<br />
I = ∑<br />
Gesamt<br />
I<br />
Teil<br />
= ∑ Δm ⋅<br />
i<br />
i<br />
r<br />
2<br />
i<br />
Aus Bäumler/ Schneider, Sportmechanik.<br />
Δmi besagt, dass es sich<br />
um das i-te<br />
Massenteilchen mit dem<br />
Abstand ri zur Drehachse<br />
A handelt
Berechnung des Trägheitsmoments für einfache Körper:<br />
i) Berechnung von I für eine Scheibe<br />
(Rotationsachse durch Mittelpunkt und senkrecht auf der Oberseite)<br />
I<br />
Sch<br />
=<br />
1<br />
2<br />
m<br />
Sch<br />
⋅ r<br />
Sch<br />
²<br />
Beispiel 1: Für mSch=2kg und rSch=0.1m ergibt sich:<br />
ISch=0.01kg m²<br />
Aus Bäumler/ Schneider,<br />
Sportmechanik.<br />
ii) Berechnung von I für eine Kugel<br />
(Rotationsachse durch Mittelpunkt)<br />
I<br />
K<br />
=<br />
2<br />
5<br />
m<br />
K<br />
⋅ r<br />
K<br />
²<br />
Beispiel 2: Für mK=7kg und rK=0.1m ergibt sich:<br />
IK=0.028kg m²<br />
Aus Bäumler/ Schneider,<br />
Sportmechanik.
Veränderung des Trägheitsmoments durch unterschiedliche Körperhaltung<br />
am Beispiel „Turmspringen“<br />
I<br />
„eher groß“:<br />
I<br />
„eher klein“:<br />
Körperteile weit von der Rotationsachse<br />
entfernt<br />
Körperteile nahe an der Rotationsachse<br />
gelegen
STEINER‘scher Satze: Berechnung von I wenn die Rotationsachse nicht durch<br />
den Körperschwerpunkt fällt:<br />
I = I + d ² ⋅<br />
KSP<br />
m<br />
Aus Ballreich/ Baumann, Grundlagen der<br />
Biomechanik des Sports.
Das Trägheitsmoment eines Körpers ist abhängig von<br />
a) der unterschiedlichen Körperform,<br />
b) der Körperhaltung und<br />
c) der Lage der Rotationsachse.<br />
Unterschiedliche Körperhaltungen und unterschiedliche Lagen der<br />
Rotationsachse:<br />
Aus Bäumler/ Schneider, Sportmechanik.
Merke: Je geringer die Körpermasse ist,<br />
je enger die Körperteile an der Rotationsachse liegen und<br />
je näher die Rotationsachse am KSP liegt,<br />
desto geringer ist der Widerstand = das Trägheitsmoment.
„Wie kommt eine Rotation überhaupt zustande?“<br />
„Durch das Einwirken von Drehmomenten!!“
Die Verallgemeinerung des<br />
Trägheitsmoments ist der<br />
Trägheitstensor<br />
• Dies ist eine Größe, die als 3x3-Matrix<br />
dargestellt wird.<br />
• Diese Größe ist unabhängig von der<br />
aktuellen Richtung der Drehachse durch<br />
den KSP.
2. Das Drehmoment (engl.: torque)<br />
Ein drehbarer Körper vollzieht dann eine Rotationsbewegung, wenn der<br />
Kraftangriffspunkt nicht mit dem Körperschwerpunkt zusammenfällt.<br />
Es entsteht ein Drehmoment (Symbol T), das dem Körper eine<br />
Winkelbeschleunigung erteilt.<br />
Das Drehmoment ist das Produkt aus dem Trägheitsmoment I und der<br />
Winkelbeschleunigung α, gemessen in Newtonmeter [Nm] bzw. [kg·m²/s²].<br />
<br />
T<br />
<br />
= I⋅α<br />
Drehmoment = Trägheitsmoment mal Winkelbeschleunigung
Das Drehmoment T ist die für rotierende Körper analoge Größe zur Kraft F<br />
bei Translationen.<br />
Die Größe des Drehmoments lässt sich somit auch berechnen aus:<br />
T = r · F<br />
Das Drehmoment ist somit das<br />
Produkt der Kraft F und dem senkrechten<br />
Abstand r ihrer Wirkungslinie<br />
von der Drehachse.<br />
r wird auch als Hebelarm bezeichnet.<br />
r ⊥<br />
F<br />
Aus Baumann, Grundlagen der Biomechanik.<br />
Streng genommen ist das Drehmoment eine vektorielle Größe, die sich aus dem<br />
Vektorprodukt des Abstandsvektors mit dem Kraftvektor ergibt: <br />
<br />
T = r×<br />
F<br />
Beschränkt man sich aber auf senkrecht angreifende Kräfte, so kann man die oben<br />
angeführte einfachere Formel benutzen.
Das Drehmoment in der Form T = r · F ist entscheidend für das Verständnis des<br />
sogenannten Hebelgesetzes.<br />
Hebel = eine um eine Achse drehbare<br />
Stange, an der zwei oder mehrere<br />
Kräfte wirken.<br />
Zweiseitiger Hebel im Gleichgewicht (eigene Grafik)<br />
(Wippe als Beispiel für einen zweiseitigen Hebel)<br />
Wenn gilt: F1 · r1 = F2 · r2 ,<br />
dann befindet sich der Hebel im Gleichgewicht.
Das Hebelgesetz lautet somit: Last mal Lastarm = Kraft mal Kraftarm<br />
und umgeformt: Last = Kraft · (Kraftarm : Lastarm)<br />
In der Praxis:<br />
Je größer das Verhältnis von Kraftarm und<br />
Lastarm ist, desto geringer die benötigte<br />
Kraft, um am Kraftarm zu ziehen bzw. zu<br />
drücken.<br />
(Praktische Anwendung des<br />
Hebelgesetzes)
Auch in des sportlichen Praxis haben wir es mit Hebeln zu tun: z.B. beim Rudern<br />
An einem Ruder wirken auf der einen Seite die Muskelkraft, auf der anderen<br />
Seite die Kraft des Ruderblatts. Die Drehachse befindet sich in der Dolle.
Wann ist beim Rudern die Kraftausübung optimal?<br />
a) Die Kräfte F1 an den Ruderblättern wirken<br />
parallel zum Boot. Also ist auch die<br />
Triebkraft des Bootes 2 mal F1. Die<br />
Kraftausübung ist optimal.<br />
b) Die Kräfte F1 wirken nun nicht mehr parallel. Es<br />
entstehen Vektorparallelogramme und somit die Kräfte<br />
F2 und F3 auf beiden Seiten.<br />
Die Kräfte F2 wirken nun parallel, die Triebkraft ist<br />
2 mal F2. Die beiden F3 heben sich dagegen auf.
3. Drehimpuls (engl.: angular momentum) -<br />
Drehimpulserhaltungssatz<br />
Der Drehimpuls (Symbol L) beschreibt den Bewegungszustand eines<br />
Körpers bei rotatorischen Bewegungen.<br />
(Wie der Impuls p bei translatorischen Bewegungen.)<br />
Man stelle sich den Drehimpuls als Pfeil vor, dessen Richtung die Drehachse<br />
angibt und dessen Länge den Schwung darstellt.<br />
Mathematisch betrachtet erhält man somit den Drehimpulsvektor :<br />
Der Drehimpuls berechnet sich als Produkt von Trägheitsmoment I und<br />
Winkelgeschwindigkeit ω und wird in [kg·m²/s] gemessen:<br />
<br />
L<br />
= I<br />
⋅ ω <br />
Drehimpuls = Trägheitsmoment mal Winkelgeschwindigkeit<br />
L
Die Richtung des Drehimpulsvektors stimmt bei Drehung um eine feste Achse<br />
mit der Richtung des Winkelgeschwindigkeitsvektors und mit der Richtung der<br />
Drehachse überein.<br />
Aus Bäumler/ Schneider, Sportmechanik.<br />
Zur Veranschaulichung:<br />
Aus www.wikipedia.de<br />
Die gekrümmten Finger zeigen die<br />
Richtung der Drehung,<br />
der Daumen die Richtung des Dreh-<br />
Impulses.
„Wie kommt es, dass eine Frisbeescheibe, der<br />
ein Drehimpuls erteilt wird, eine gleichmäßige<br />
Flugbahn vollzieht?“<br />
Angenommen es greifen keine Drehmomente von außen an, so verändern<br />
sich weder Betrag noch Richtung des Drehimpulses, der Drehimpuls bleibt<br />
also erhalten.<br />
Der Drehimpulserhaltungssatz lautet:<br />
„Wenn keine äußeren Drehmomente angreifen, bleibt der gesamte Drehimpuls<br />
zeitlich konstant.“<br />
(Bäumler/ Schneider, S. 76)<br />
(Der Drehimpulserhaltungssatz gilt streng genommen nur in einem „abgeschlossenen<br />
System“, in dem zwischen einem Körper und seiner Umwelt keine Wechselbeziehungen<br />
stattfinden.)
Der Drehimpuls L hängt sowohl vom Trägheitsmoment I als auch von der<br />
Winkelgeschwindigkeit ω ab (L = I · ω).<br />
Bleibt nun L stets konstant, so muss ,wenn I sich verkleinert, ω im gleichen Maße<br />
größer werden und andersrum.<br />
Eines der gängigsten Beispiele für die Nutzung des Drehimpulserhaltungssatzes ist<br />
die Pirouettenbewegung beim Eiskunstlauf.<br />
I groß<br />
ω klein<br />
I klein<br />
ω groß<br />
Aus Ballreich/ Baumann, Grundlagen der<br />
Biomechanik des Sports.<br />
Legt der Eiskunstläufer während der Pirouette die zuvor ausgestreckten Arme<br />
eng an den Körper, so verkleinert er sein Trägheitsmoment I und erhöht im<br />
selben Ausmaß seine Winkel- bzw. Drehgeschwindigkeit ω.<br />
Die Drehung wird somit beschleunigt.
Fazit: „die Drehgeschwindigkeit ist steuerbar!!“<br />
Weitere Beispiele für die Nutzung des Drehimpulserhaltungssatzes im Sport:<br />
-Sprünge im Turnen (Salti), Turmspringen, Ballett, Kampfsport...<br />
-Diskuswerfen (beim Abwurf wird dem Diskus ein Eigendrehimpuls erteilt,<br />
bei optimaler Ausführung behält der Diskus eine stabile Lage in der Luft)<br />
-Videobeispiele-
Literatur<br />
Bäumler G., Schneider K.: Sportmechanik. Grundlagen für Studium und Praxis.<br />
München 1981.<br />
Ballreich R., Baumann W.: Grundlagen der Biomechanik des Sports.<br />
Probleme, Methoden, Modelle. Stuttgart 1996.<br />
Baumann W.: Grundlagen der Biomechanik. Schorndorf 1989.<br />
Baumann H., Reim H.: Bewegungslehre. Frankfurt am Main 1989.<br />
http://www.wikipedia.de (letzter Zugriff am 19.06.2006)
Activity 06
Activity<br />
Wir messen die Zeit T für eine Umdrehung um die Körperlängsachse auf einem<br />
Drehstuhl:<br />
T A<br />
T E<br />
= Zeit, wenn Arme gestreckt<br />
= Zeit, wenn Arme gebeugt<br />
T′<br />
A<br />
T′<br />
E<br />
= Zeit, wenn Arme gestreckt mit Gewichten<br />
= Zeit, wenn Arme gebeugt mit Gewichten<br />
aus T folgt A<br />
ω<br />
A<br />
=<br />
2π<br />
T<br />
A<br />
T′<br />
aus folgt<br />
A<br />
ω ′<br />
A<br />
=<br />
2π<br />
T ′<br />
A<br />
aus T E<br />
folgt<br />
ω<br />
E<br />
=<br />
2π<br />
T<br />
E<br />
T′<br />
aus folgt<br />
E<br />
ω ′<br />
E<br />
=<br />
2π<br />
T ′<br />
E<br />
Wir erhalten somit die jeweiligen Winkelgeschwindigkeiten ω.
Aufgrund des Drehimpulserhaltungssatzes muss gelten:<br />
L<br />
A<br />
= L E<br />
und damit auch:<br />
L ′ = ′<br />
A<br />
L E<br />
und damit auch aufgrund des Steiner‘schen<br />
Satzes:<br />
I<br />
A<br />
⋅ω<br />
A<br />
=<br />
I<br />
E<br />
⋅ω<br />
E<br />
( I<br />
A<br />
+ d ² ⋅ m)<br />
⋅ω ′ = ( I + h²<br />
⋅ m)<br />
⋅ω′<br />
A<br />
E<br />
E<br />
(es gilt h = 0)<br />
Durch weitere Umformungen lässt sich das Trägheitsmoment IA bestimmen:<br />
I<br />
A<br />
=<br />
I<br />
E<br />
ωE<br />
⋅<br />
ω<br />
A<br />
=<br />
I<br />
E<br />
T<br />
⋅<br />
T<br />
A<br />
E