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2.4 Wirtschaftskriminalität

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Seite 134<br />

PSB<br />

Schon diese Aufzählung einiger weniger Erscheinungsformen zeigt zum einen, dass es "die" Wirtschaftskriminalität<br />

und "den" Wirtschaftskriminellen nicht gibt, dass sich vielmehr hinter diesem Sammelbegriff<br />

eine "verwirrend bunte Palette" 414 von verschiedenartigsten Sachverhalten und von Handlungsweisen<br />

unterschiedlichster Schwere verbirgt. Es handelt sich um keine homogene, sondern eine<br />

höchst heterogene Gruppe krimineller Erscheinungsformen. Die Aufzählung zeigt zum anderen aber<br />

auch, dass die Erscheinungsformen - teilweise jedenfalls - dem zeitlichen Wandel unterworfen sind, der<br />

sich so rasch vollzieht wie bei kaum einer anderen Form der Delinquenz.<br />

Angesichts des beschränktem Raums ist im Folgenden eine differenzierte, auf die einzelnen Deliktsformen<br />

eingehende Darstellung, angefangen vom Anlagebetrug über Insolvenzdelikte bis hin zum Wettbewerbsverstoß,<br />

nicht möglich. Dies müsste einem künftigen Sicherheitsbericht vorbehalten bleiben. Hier<br />

sollen nur einige allgemeine Eckdaten zur Wirtschaftskriminalität vorgestellt werden, um die Besonderheiten<br />

dieser Deliktsgruppe zu verdeutlichen, die ihre besondere Sozialschädlichkeit ausmachen.<br />

<strong>2.4</strong>.3 Wirtschaftskriminalität nach Umfang, Struktur und Entwicklung<br />

<strong>2.4</strong>.3.1 Dunkel- und Hellfeld der Wirtschaftskriminalität<br />

Wie auch sonst, so stellen die in den Kriminalstatistiken registrierten Fälle von Wirtschaftskriminalität<br />

nur einen Ausschnitt dar. Unbekannt ist, wie groß dieser Ausschnitt ist, weil die zur Bestimmung des<br />

tatsächlichen Umfangs und der realen Entwicklung der Wirtschaftskriminalität erforderlichen Forschungen<br />

zum Dunkelfeld weitgehend fehlen und, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, mit den herkömmlichen<br />

kriminologischen Instrumenten zur Aufhellung des Dunkelfeldes (Täter- und Opferbefragungen,<br />

Experiment, teilnehmende Beobachtung) auch kaum durchführbar sind. Es kann deshalb derzeit<br />

lediglich begründet vermutet werden, das Dunkelfeld sei relativ groß.<br />

Einige der Gründe, die die Größe des Dunkelfeldes bestimmen, wie z. B. die Abschottung durch einen<br />

Geheimnisschutz oder die Befürchtung nachteiliger Folgen bei Aufdeckung und Verfolgung, führen dazu,<br />

dass die Kooperation der von Wirtschaftskriminalität Betroffenen mit der Wissenschaft, die für die klassische<br />

Dunkelfeldforschung erforderlich ist, insgesamt sehr zurückhaltend ist. Dies kann dazu führen, dass<br />

die Ergebnisse systematisch verzerrt sind, weil z. B. vornehmlich von diesen Delikten Betroffene kooperieren<br />

mit der Folge, dass die Deliktshäufigkeit überschätzt wird. Meist wird freilich das Gegenteil der<br />

Fall sein, nämlich die fehlende Kooperation. Wie schwierig es grundsätzlich ist, in diesem Feld kooperative<br />

Betroffene zu finden, zeigt beispielhaft die Befragung deutscher und ausländischer Gastronomen zum<br />

Thema Korruption durch das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen. 415<br />

Das Ausmaß und die deliktsspezifisch unterschiedliche Größe des Dunkelfeldes der Wirtschaftskriminalität<br />

hat strukturelle Gründe. Wirtschaftsstraftaten sind häufig so angelegt, dass das Delikt mangels eines<br />

unmittelbar und persönlich Geschädigten gar nicht bemerkt wird. Beispiele hierfür sind die Steuerhinterziehung,<br />

der Subventionsbetrug, die Nichtabführung von Beiträgen zur Sozialversicherung, die Preisabsprachen<br />

bei Kartellbildungen. Nicht selten sind die Mitwisser zugleich die Mittäter bzw. die am Delikt<br />

Beteiligten, wie bei Korruption. Hinzu kommt, dass die üblichen Mechanismen sozialer Kontrolle weitgehend<br />

versagen. Wie die "Bundesweite Erhebung von Wirtschaftsstraftaten nach einheitlichen Gesichtspunkten"<br />

(BWE) gezeigt hat, handelt es sich bei knapp 50% der von schwerer Wirtschaftskriminalität Geschädigten<br />

um Kollektivopfer (Staat, soziale Einrichtungen), von den Individualopfern wiederum waren<br />

die Hälfte Unternehmen. Die Opfereigenschaft "verflüchtigt" sich bei Kollektivopfern. 416 Dementsprechend<br />

ist die Anzeigebereitschaft zumeist geringer als bei einem unmittelbaren, persönlich betroffenen<br />

414<br />

KAISER, G., 1996, S. 856.<br />

415<br />

Vgl. OHLEMACHER, T., 1998, S. 46: Am telefonischen Interview nahmen nur 21% und an einer postalischen Befragung nur<br />

13% der kontaktierten Gastwirte teil.<br />

416<br />

KAISER, G., 1996, S. 539.

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