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Pathophysiologie und Therapie des Strabismus deorsoadductorius

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(<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>) werden<br />

genannt [30]:<br />

n Parese oder Paralyse <strong>des</strong> ipsilateralen<br />

Obliquus inferior<br />

n Parese oder Paralyse <strong>des</strong> kontralateralen<br />

Rectus inferior<br />

n Retraktionssyndrom nach Stilling,<br />

Türk <strong>und</strong> Duane<br />

n Inzyklotorsion <strong>des</strong> Auges oder der Orbita<br />

n Kontraktur <strong>des</strong> kontralateralen Rectus<br />

superior<br />

n Brown-Syndrom.<br />

Ergänzend sind anzuführen:<br />

n Narbeninduzierte Formen nach orbitalem<br />

Trauma oder Eingriff<br />

n Kongenitale oder erworbene periphere<br />

Fehlinnervation<br />

n Supranukleäre Störungen.<br />

Nach dieser Einteilung wäre als „primäre“<br />

Form eine Obliquus-superior-Überfunktion<br />

anzusehen. Sie sollte einen <strong>Strabismus</strong><br />

<strong>deorsoadductorius</strong> mit ausgeprägter Inzyklodeviation<br />

<strong>und</strong> A-Inkomitanz verursachen.<br />

Simplifizierend könnte man dies<br />

als Gegenteil eines <strong>Strabismus</strong> sursoadductorius<br />

bezeichnen, der im Rahmen <strong>des</strong><br />

frühkindlichen Schielsyndroms auftritt<br />

<strong>und</strong> durch die exzessive Innervation der<br />

Obliqui inferiores infolge einer Entgleisung<br />

<strong>des</strong> Zyklovergenztonus entsteht. Die<br />

Ätiologie <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

ist jedoch komplex.<br />

Vestibuläre Störung:<br />

beidseitiger überschießender Senkertonus<br />

Brodsky <strong>und</strong> Donahue gehen von einem<br />

beidseitigen überschießenden Senkertonus<br />

infolge einer Läsion der vestibulären<br />

Afferenz aus [3]. Wenn eine Läsion die<br />

Afferenz aus den vorderen Bogengängen<br />

bzw. die entsprechende otolithäre Afferenz<br />

inhibiert oder die Afferenz aus den<br />

hinteren Bogengängen bzw. die entsprechende<br />

otolithäre Afferenz enthemmt,<br />

entstünde eine überhöhte Ruheinner-<br />

M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

vation der Obliqui superiores <strong>und</strong> Recti<br />

inferiores, die nicht Herings Regel folgt.<br />

Die exzessive Innervation der Obliqui<br />

superiores würde eine Inzyklodeviation<br />

<strong>und</strong> durch die horizontale Tertiärwirkung<br />

der Obliqui eine im Abblick zunehmende<br />

Exodeviation bewirken. Die<br />

A-Inkomitanz würde dadurch verstärkt,<br />

dass die Recti inferiores aufgr<strong>und</strong> der<br />

Inzyklostellung beider Augen eine geringere<br />

adduzierende Tertiärwirkung<br />

hätten als normal. Um die Horizontale<br />

zu erreichen, müsste dem pathologischen<br />

Senkertonus eine Blickrichtungsinnervation<br />

nach oben entgegen wirken,<br />

die jedoch die Inzyklodeviation nicht<br />

ausgleicht. Im Seitblick bleibt eine senkende<br />

Wirkung <strong>des</strong> Rectus inferior am<br />

jeweils adduzierten Auge erhalten, da<br />

die Blickrichtungsinnervation nach<br />

Hering’s Regel erfolgt. Der Obliquus superior<br />

wirkt bei Abduktion vornehmlich<br />

als Inzyklorotator. Somit fehlt hier seine<br />

senkende Wirkung. Es resultiert ein<br />

Tieferstand <strong>des</strong> adduzierten bzw. Höherstand<br />

<strong>des</strong> abduzierten Auges.<br />

Läsionen im Bereich der vestibulo-okulären<br />

Bahnen können durch strukturelle<br />

Veränderungen im Hirnstamm oder<br />

Kleinhirn entstehen. Kinder mit Hydrozephalus,<br />

Myelomeningozele oder Arnold-Chiari-Malformation<br />

zeigen häufig<br />

einen beidseitigen <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

in Verbindung mit einem<br />

tonischen Abblick. Da der pränukleäre<br />

vestibulo-zerebelläre Input ins vestibuläre<br />

System vornehmlich inhibitorisch<br />

verschaltet ist, würde eine beidseitige<br />

Kompression oder Verletzung der den<br />

anterioren Kanälen entsprechenden Bahnen<br />

die posterioren Kanäle disinhibieren<br />

<strong>und</strong> dadurch den Tonus der entsprechenden<br />

Augenmuskeln, also der Senker,<br />

erhöhen. Diese Erklärung erscheint für<br />

den beidseitigen „primären“ <strong>Strabismus</strong><br />

<strong>deorsoadductorius</strong> im Rahmen neurologischer<br />

Erkrankungen attraktiv.<br />

Der Obliquus superior wirkt bei<br />

Abduktion vornehmlich als<br />

Inzyklorotator. Somit fehlt hier<br />

seine senkende Wirkung.<br />

Kinder mit Hydrozephalus,<br />

Myelomeningozele oder<br />

Arnold-Chiari-Malformation<br />

zeigen häufig einen beidseitigen<br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

in Verbindung mit einem<br />

tonischen Abblick.<br />

Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009) 347

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