Jahresbericht 2008 - Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit ...
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<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong><br />
ON<br />
ÜBERWACHUNG<br />
LEBENSMITTEL · BEDARFSGEGENSTÄNDE · KOSMETIKA<br />
TRINKWASSER · FUTTERMITTEL
<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong><br />
ÜBERWACHUNG<br />
LEBENSMITTEL<br />
BEDARFSGEGENSTÄNDE<br />
KOSMETIKA<br />
TRINKWASSER<br />
FUTTERMITTEL<br />
◆
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
TEIL I Vorspann
Grusswort des Ministers<br />
Sehr geehrte Leserinnen,<br />
Sehr geehrte Leser,<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
das Jahr <strong>2008</strong> war für die Lebensmittel- <strong>und</strong> Futtermittelüberwachung in<br />
Baden-Württemberg wieder sehr spannend <strong>und</strong> abwechslungsreich. Mit<br />
unserem <strong>Jahresbericht</strong> wollen wir Ihnen die Gelegenheit geben, diese<br />
wichtige Arbeit <strong>und</strong> ihre vielfältigen <strong>und</strong> umfangreichen Ergebnisse mitzuerleben<br />
<strong>und</strong> kennen zu lernen.<br />
Lebensmittel, kosmetische Mittel, Bedarfsgegenstände, Tabakerzeugnisse,<br />
Trinkwasser sowie Futtermittel unterliegen<br />
den lebensmittel- bzw. futtermittelrechtlichen Vorschriften<br />
<strong>und</strong> werden von der amtlichen Überwachung in Baden-<br />
Württemberg risikoorientiert kontrolliert. Unser „Ländle“ liegt<br />
mitten in Europa <strong>und</strong> wir spüren die Auswirkungen der<br />
Globalisierung hautnah. Denken Sie an Schlagzeilen wie:<br />
„Melaminverseuchte chinesische Bonbons in Baden-Württemberg<br />
entdeckt“! Der <strong>Jahresbericht</strong> zeigt jedoch, dass<br />
trotz der immer wieder vorkommenden Meldungen über<br />
„Lebensmittelskandale“ bei der überwiegenden Zahl der<br />
Überprüfungen erfreulicherweise keine oder nur sehr wenige<br />
Beanstandungen festzustellen sind. Dies kann durchaus<br />
auch als Indikator für den hohen Standard des Verbraucherschutzes<br />
im Land gesehen werden.<br />
Wir erwarten als Verbraucher zu Recht, dass die Produkte,<br />
die wir kaufen, einwandfrei, sicher <strong>und</strong> richtig gekennzeichnet<br />
sind. All dies müssen die Lebensmittelunternehmer im<br />
Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht auch durch betriebliche Eigenkontrollen<br />
gewährleisten. Die amtliche Überwachung<br />
ist die „Kontrolle der Kontrolle“, sie überprüft die Wirksamkeit<br />
dieser betrieblichen Eigenkontrollen. Nach diesem<br />
Gr<strong>und</strong>satz findet in Baden-Württemberg die Kontrolle der<br />
Lebensmittelsicherheit „vom Acker bis auf den Teller“ auf<br />
allen Produktionsstufen statt. Das Ziel ist ein wirksamer<br />
Schutz der Verbraucher sowohl vor ges<strong>und</strong>heitlichen Beeinträchtigungen<br />
als auch vor wirtschaftlicher Übervorteilung<br />
durch Irreführung <strong>und</strong> Täuschung.<br />
Im vergangenen Jahr wurden in Baden-Württemberg im<br />
Rahmen der Lebensmittelüberwachung r<strong>und</strong> 100.000 Betriebskontrollen<br />
von den unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
durchgeführt <strong>und</strong> mehr als 50.000<br />
Proben an den Chemischen <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsämtern<br />
(CVUAs) untersucht <strong>und</strong> begutachtet. Die Proben<br />
werden von den Lebensmittelkontrolleuren der Stadt- <strong>und</strong><br />
Landkreise auf allen Stufen der Herstellung <strong>und</strong> des Handels<br />
erhoben, aber auch Verbraucherbeschwerden werden<br />
in die Untersuchung einbezogen. Die notwendigen Maßnahmen<br />
zur Beseitigung von Mängeln werden von den<br />
örtlich zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden veranlasst.<br />
Eine sichere Lebensmittelproduktion ist aber nur möglich,<br />
wenn die zur Lebensmittelgewinnung dienenden Tiere zuvor<br />
mit einwandfreien Futtermitteln gefüttert wurden. Die<br />
Sicherheit der Futtermittel für Nutz- <strong>und</strong> Heimtiere zu kontrollieren,<br />
ist wesentliche Aufgabe der amtlichen Futtermittelkontrolle.<br />
Sie erfolgt risikoorientiert auf allen Stufen der<br />
Herstellung, des Handels <strong>und</strong> in den landwirtschaftlichen<br />
Betrieben. Im Jahr <strong>2008</strong> wurden von den Futtermittelkontrolleuren<br />
an den Regierungspräsidien r<strong>und</strong> 1.500 Betriebsprüfungen<br />
durchgeführt sowie über 1.200 Proben gezogen<br />
<strong>und</strong> an den landwirtschaftlichen Untersuchungsanstalten<br />
bzw. den CVUAs untersucht.<br />
Mein Dank gilt an dieser Stelle wie jedes Jahr allen Mitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Mitarbeitern in der amtlichen Lebensmittel-<br />
<strong>und</strong> Futtermittelüberwachung in Baden-Württemberg.<br />
Sie alle tragen durch ihr großes Engagement dazu bei, dass<br />
wir einen leistungsfähigen Verbraucherschutz in Baden-<br />
Württemberg gewährleisten können.<br />
Peter Hauk MdL<br />
Minister für Ernährung <strong>und</strong> Ländlichen<br />
Raum Baden-Württemberg<br />
Stuttgart, im Juli 2009<br />
3
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
TEIL I VORSPANN<br />
I Vorspann<br />
Grußwort des Ministers 3<br />
Inhaltsverzeichnis 4<br />
Zusammenfassung: Highlights u. Sorgenkinder 6<br />
II Betriebskontrollen <strong>und</strong> Vollzug<br />
Themenübersicht 11<br />
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB 15<br />
Landwirtschaftliche Erzeuger 16<br />
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao,<br />
Brotaufstriche, Kaffee, Tee 61<br />
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse 62<br />
Fertiggerichte 64<br />
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung 66<br />
Nahrungsergänzungsmittel 67<br />
Nährwert- <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsbezogene Angaben 68<br />
Neuartige Lebensmittel 69<br />
Zusatzstoffe, Aromastoffe 70<br />
Hersteller 18<br />
Lebensmitteleinzelhandel 23<br />
Lebensmittelgroßhändler 24<br />
Dienstleistungsbetriebe 24<br />
Schwerpunktkontrollen 26<br />
Einfuhrüberwachung 27<br />
Kosmetische Mittel 73<br />
Karlsruher Kosmetiktag 73<br />
Majantol 75<br />
Babypuder 75<br />
Aloe Vera 76<br />
Verkehrskontrollen 28<br />
Öffentlichkeitsarbeit 28<br />
Lebensmittelüberwachung als Teamarbeit 30<br />
Europäisches Schnellwarnsystem 31<br />
Lebensmittelhandel im Internet 33<br />
III Produktgruppen<br />
Themenübersicht 35<br />
Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen 36<br />
Lebensmittel 40<br />
Milch <strong>und</strong> Milchprodukte 40<br />
Eier, Eiprodukte 42<br />
Fleisch, Fleischerzeugnisse 43<br />
Fischereierzeugnisse 44<br />
Fette, Öle 47<br />
Brühen, Suppen, Soßen, Feinkostsalate 48<br />
Getreide, Backwaren, Teigwaren 50<br />
Obst, Gemüse 51<br />
Kräuter, Gewürze 52<br />
Alkoholfreie Getränke 55<br />
Wein 57<br />
Alkoholhaltige Getränke (außer Wein) 59<br />
Eis, Desserts 60<br />
Bedarfsgegenstände 78<br />
Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt 80<br />
Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt 83<br />
Spielwaren <strong>und</strong> Scherzartikel 86<br />
Bedarfsgegenstände zur Reinigung <strong>und</strong> Pflege 88<br />
Tabakwaren 89<br />
IV Spezielle Untersuchungsbereiche<br />
Themenübersicht 91<br />
Krankheitserregende Mikroorganismen <strong>und</strong><br />
mikrobiologische Besonderheiten 92<br />
Mykotoxine 99<br />
Marine <strong>und</strong> Süßwasser-Biotoxine 104<br />
Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong> organische<br />
Kontaminanten 106<br />
Ökomonitoring 117<br />
Pharmakologisch wirksame Stoffe 119<br />
Lebensmittelallergene 123<br />
Gentechnik in Lebensmitteln 125<br />
Bestrahlung von Lebensmitteln 129<br />
Radiochemische Untersuchungen 130<br />
4
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Industrie- <strong>und</strong> umweltbedingte<br />
Kontaminanten 132<br />
Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB 132<br />
Perfluorierte Tenside 134<br />
Schwermetalle <strong>und</strong> toxische Spurenelemente 135<br />
Herstellungsbedingte Kontaminanten 137<br />
Nitrosamine 137<br />
Wo steht was ?<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe 138<br />
Acrylamid 139<br />
3-Monochlorpropandiol 141<br />
Furan 143<br />
Stabilisotopen-Analytik 144<br />
V Trinkwasser<br />
Themenübersicht 145<br />
Uran im Trinkwasser 146<br />
Legionellen im Duschwasser 146<br />
Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln 147<br />
I Vorspann 3<br />
II Betriebskontrollen <strong>und</strong> Vollzug 11<br />
III Produktgruppen 35<br />
IV Spezielle Untersuchungsbereiche 91<br />
V Trinkwasser 145<br />
VI Futtermittel 149<br />
VI Futtermittel<br />
Themenübersicht 149<br />
Futtermittelüberwachung 150<br />
Ergebnisse 151<br />
Zusammenfassung 154<br />
Impressum 156<br />
5
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Zahlen aus der<br />
Lebensmittelüberwachung<br />
Highlights<br />
<strong>und</strong> Sorgenkinder <strong>2008</strong><br />
Ziel der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist es, Verbraucher<br />
vor ges<strong>und</strong>heitlichen Risiken durch Lebensmittel<br />
<strong>und</strong> Gegenstände des täglichen Bedarfs <strong>und</strong> vor Täuschung<br />
zu schützen. Die amtliche Überwachung ist die „Kontrolle<br />
der Kontrolle“, das heißt, sie überwacht die Wirksamkeit der<br />
betrieblichen Eigenkontrollen. Dies erfolgt über risikoorientierte<br />
Betriebskontrollen <strong>und</strong> zielgerichtete Probenahmen<br />
mit wechselnden Untersuchungsschwerpunkten.<br />
Die Kontrollfrequenzen der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />
in den einzelnen Betrieben leiten sich von der Risikobewertung<br />
ab. Insgesamt fanden 96.829 Kontrollbesuche<br />
statt, bei denen 62.288 der insgesamt 221.143 in Baden-<br />
Württemberg erfassten Betriebe (28%) ein- oder mehrmals<br />
überprüft wurden. In 14.697 Betrieben (24% der kontrollierten<br />
Betriebe) wurden Verstöße festgestellt, die Zahl der<br />
Beanstandungen betrug 23.671.<br />
500 Proben<br />
◆<br />
Mehr als<br />
500 einheimische<br />
Lebensmittel-<br />
betriebe wurden infolge des<br />
chinesischen Melamin-Skandals<br />
kontrolliert <strong>und</strong> beprobt.<br />
Aus den o.g. Tätigkeiten ergaben sich – soweit bei den unteren<br />
Lebensmittelüberwachungsbehörden bekannt – im<br />
Jahr <strong>2008</strong> insgesamt 453 Strafverfahren <strong>und</strong> 2.479 Ordnungswidrigkeitsverfahren,<br />
die zu über 1.741 Bußgeldbescheiden<br />
führten, sowie 4.554 Verwarnungen mit oder<br />
ohne Verwarngeld. 569 Betriebe mussten aufgr<strong>und</strong> der<br />
dort herrschenden unhygienischen Umstände zum Schutz<br />
der Verbraucher sofort geschlossen werden oder wurden<br />
durch den verantwortlichen Betreiber vorübergehend „wegen<br />
Krankheit“ freiwillig geschlossen.<br />
Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden<br />
insgesamt 52.249 Proben chemisch, physikalisch <strong>und</strong><br />
mikrobiologisch untersucht: 46.979 Lebensmittel (18 %<br />
= 8.288 Proben beanstandet), 1.874 kosmetische Mittel<br />
(23% = 436 Proben beanstandet), 3.191 Bedarfsgegenstände<br />
(25% = 808 Proben beanstandet), 162 Tabakerzeugnisse<br />
(4% = 7 Proben beanstandet) <strong>und</strong> 43 sonstige<br />
Produkte, die z. B. wegen der möglichen Ges<strong>und</strong>heitsgefahr<br />
durch Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln überprüft<br />
wurden (76% = 33 Proben beanstandet). Als ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />
wurden insgesamt 149 (0,3%) Proben (Lebensmittel,<br />
kosmetische Mittel <strong>und</strong> Bedarfsgegenstände)<br />
beurteilt – insbesondere wegen pathogener Keime (z. B.<br />
Listeria monocytogenes, Salmonellen, Verotoxinbildende<br />
Escherichia coli), mikrobiell verursachter toxischer Eiweißabbauprodukte<br />
(Histamin), scharfkantiger Fremdkörper sowie<br />
chemischer Verunreinigungen (z. B. Weichmacher DEHP in<br />
Sesampaste).<br />
Außerdem wurden 11.561 Proben im Rahmen des Nationalen<br />
Rückstandskontrollplanes für Lebensmittel tierischer Herkunft,<br />
bei dem unter anderem Fleisch, Milch, Eier <strong>und</strong> Honig<br />
auf Rückstände unerwünschter Stoffe untersucht werden,<br />
sowie 1.461 Proben auf Radioaktivität <strong>und</strong> 9.247 Proben im<br />
Rahmen der Trinkwasserüberwachung untersucht.<br />
6<br />
440 Tonnen<br />
Forellen<br />
aus einer<br />
Fischzuchtanlage<br />
mussten<br />
getötet <strong>und</strong> entsorgt werden, weil<br />
sie das verbotene Tierarzneimittel<br />
Malachitgrün enthielten.<br />
◆<br />
3%<br />
440 t<br />
◆<br />
Nur 3 Prozent<br />
der untersuchten<br />
Proben von<br />
Tafeltrauben aus<br />
konventionellem<br />
Anbau waren<br />
frei von Rückständen<br />
an Pflanzenschutzmitteln; in<br />
einer Probe wurden 19 verschiedene<br />
Pestizide festgestellt.
Teil I Vorspann<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
43 Prozent des in der Gastronomie<br />
z. B. auf Pizzas verwendeten<br />
„Schinkens“<br />
bzw. 20<br />
Prozent des<br />
„Käses“<br />
waren nicht<br />
echt, sondern<br />
◆ Imitate.<br />
43%<br />
Zahlen aus der<br />
Futtermittelüberwachung<br />
Die amtliche Futtermittelkontrolle erfolgt risikoorientiert<br />
<strong>und</strong> versteht sich als Kontrolle der betrieblichen Eigenkontrolle<br />
zur Erreichung einer hohen Futtermittelsicherheit. Im<br />
Jahr <strong>2008</strong> wurden 1.283 Betriebe, in denen Futtermittel<br />
hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden,<br />
kontrolliert. Verschiedene Betriebe wurden mehrfach geprüft.<br />
Insgesamt wurden 1.486 Betriebsprüfungen <strong>und</strong> 73<br />
Buchprüfungen durchgeführt sowie 1.255 Futtermittelproben<br />
gezogen. Beprobt wurden 414 Einzelfuttermittel, 793<br />
Mischfuttermittel, 48 Vormischungen <strong>und</strong> Zusatzstoffe.<br />
Diese wurden vielfältig untersucht, zum Beispiel auf unerwünschte<br />
oder verbotene Stoffe, aber auch auf qualitätsbestimmende<br />
Inhaltsstoffe oder Zusatzstoffe. Von den<br />
untersuchten Proben entsprachen 203 (16 %) nicht den<br />
Vorschriften.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
42 Proben<br />
42 Proben<br />
mussten wegen<br />
überhöhter<br />
Gehalte<br />
des Keims<br />
Listeria monocytogenes,<br />
einem Auslöser schwerwiegender<br />
lebensmittelbedingter Erkrankungen,<br />
als ges<strong>und</strong>heitsschädlich beurteilt<br />
werden.<br />
Bis zu 7500 Euro Bußgeld wurde<br />
wegen Verstößen gegen das<br />
Lebensmittelrecht<br />
verhängt.<br />
w<br />
7.500 €<br />
Beispiele aus der Überwachung<br />
Lebensmittel-Imitate <strong>und</strong><br />
Verfälschungen − Analog-Käse,<br />
falsche Zungen <strong>und</strong> mehr<br />
Durch den Einsatz einer neuartigen Methode wurde bei<br />
Milchprodukten nachgewiesen, dass das Aroma nicht – wie<br />
beworben – von echter Vanille stammte, sondern (auch)<br />
synthetisches Vanillin enthalten war. Die Untersuchungen<br />
werden 2009 bei einem erweiterten Produktspektrum fortgesetzt.<br />
Bereits aus den Vorjahren bekannt war die fälschliche Verwendung<br />
von „Käseimitaten“ als „Käse“: Von Seiten der<br />
Hersteller werden die Imitate meist mit einer ordnungsgemäßen<br />
Bezeichnung wie beispielsweise „Lebensmittelzubereitung<br />
aus Magermilch <strong>und</strong> Pflanzenfett“ versehen <strong>und</strong><br />
an die Gastronomie geliefert. Die korrekte Kennzeichnung<br />
wird dort allerdings oftmals nicht beachtet, so dass die Erzeugnisse<br />
in Speisekarten oder auf Preisaushängen unter<br />
der irreführenden Bezeichnung „Käse“ angeboten werden.<br />
In den Jahren 2007 <strong>und</strong> <strong>2008</strong> fielen besonders die als<br />
offene Ware direkt in Restaurants, Gaststätten, Imbissbetrieben<br />
oder Bäckereien verwendeten Produkte auf – bei<br />
20 Prozent der Proben handelte es sich um Imitate.<br />
7
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil I Vorspann<br />
Ebenfalls seit längerer Zeit im Fokus der Überwachung<br />
sind falsch bezeichnete Speisefische, besonders Plattfische<br />
wie Seezunge, Steinbutt <strong>und</strong> Scholle. Bei etlichen Proben,<br />
auch hier überwiegend aus der Gastronomie, konnte die<br />
deklarierte Fischart nicht bestätigt werden.<br />
Auch die Unterscheidung von Hinterschinken oder Imitat<br />
wird von manchem Gastwirt auf der Speisekarte nicht so<br />
genau genommen. Allein 43 Prozent der Proben von „Schinken“<br />
wurden aufgr<strong>und</strong> irreführender Verkehrsbezeichnungen<br />
auf der Speisekarte beanstandet, weil statt hochwertigem<br />
Kochhinterschinken so genannte Formfleischerzeugnisse<br />
oder Imitate verwendet wurden.<br />
Melamin-Skandal −<br />
F<strong>und</strong>e auch in Baden-Württemberg bei<br />
Bonbons <strong>und</strong> Backtriebmitteln<br />
Aufgr<strong>und</strong> der dramatischen Berichte aus China über melaminhaltige<br />
Babynahrung, an der bislang sechs Babys<br />
gestorben <strong>und</strong> ca. 300.000 Kinder erkrankt sind, wurden<br />
50 Proben aus dem Bereich der Säuglings- <strong>und</strong> Kleinkindernahrung<br />
auf Melamin <strong>und</strong> Nebenprodukte untersucht.<br />
In keiner dieser Proben war ein Melaminzusatz nachweisbar.<br />
Dagegen fielen bei der umfangreichen Untersuchung<br />
verdächtiger Erzeugnisse aus China mit Milchpulveranteil<br />
chinesische Weichkaramellen der Marke „White Rabbit“<br />
auf. Wahrscheinlich waren die Süßwaren mit Milchpulver<br />
hergestellt worden, das mit Melamin gestreckt war, um<br />
so einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen. Auch in<br />
Ammoniumbicarbonat (Hirschhornsalz, ABC-Trieb) chinesischer<br />
Herkunft wurde erstmals in Europa durch Baden-<br />
Württemberg Melamin nachgewiesen. Eine absichtliche<br />
Verfälschung ist hier eher unwahrscheinlich; Ursache ist<br />
möglicherweise eine Kontamination im Herstellungsbetrieb,<br />
da Melamin <strong>und</strong> Ammoniumbicarbonat in denselben<br />
Fabriken hergestellt werden können.<br />
Dioxin-Skandal − Entwarnung bei<br />
irischem Schweinefleisch<br />
Ende <strong>2008</strong> wurden die EU-Mitgliedstaaten über Bef<strong>und</strong>e<br />
von polychlorierten Biphenylen (PCB) in Schweinefleisch<br />
aus Irland informiert. Als vermutliche Ursache wurde kontaminiertes<br />
Futtermittel festgestellt, mit dem 10 Schweinehaltungsbetriebe<br />
beliefert worden waren, die ca. 10 Prozent<br />
des Gesamtbestandes an Schweinen in Irland produzierten.<br />
Auch einige Rindermastbetriebe hatten das Futter erhalten;<br />
Milcherzeuger waren nicht betroffen. Da irisches Schweinefleisch<br />
auch indirekt an Betriebe in Baden-Württemberg<br />
geliefert worden war, wurden umgehend Ermittlungen in<br />
den Betrieben sowie Beprobungen veranlasst. Zusätzlich<br />
wurden weitere Lebensmittel tierischen Ursprungs aus Irland<br />
überprüft. Die Gehalte sämtlicher Proben waren unauffällig.<br />
Dioxine − Kontaminationsfall über alte<br />
Autoreifen<br />
Als Futtertröge verwendete, mit Dioxinen kontaminierte<br />
Autoreifen waren vermutlich die Ursache erhöhter Dioxingehalte<br />
in Eiern aus einem landwirtschaftlichen Betrieb mit<br />
Legehennen in Freilandhaltung.<br />
Der Bestand wurde sofort amtlich gesperrt <strong>und</strong> die Vermarktung<br />
von Eiern <strong>und</strong> Geflügelfleisch untersagt. Der<br />
Vorfall zeigt, dass eine sinnvolle <strong>und</strong> effektive Lebensmittelüberwachung<br />
bereits bei der Tierhaltung beginnt, um<br />
frühzeitig Gefahrenquellen zu erkennen.<br />
Neuer problematischer Stoff in<br />
raffiniertem Palmöl nachgewiesen<br />
In raffinierten pflanzlichen Fetten <strong>und</strong> Ölen können in teilweise<br />
relativ hohen Konzentrationen die sogenannten<br />
3-MCPD-Ester entstehen. Diese im Vorjahr ausführlich<br />
berichteten neuen Erkenntnis wurden <strong>2008</strong> mit weiteren<br />
umfangreichen Ergebnissen untermauert. Insbesondere<br />
raffinierte Palmöle gehören zu den besonders belasteten<br />
Fetten. Im Zuge der umfangreichen Untersuchungen wurde<br />
nun gezeigt, dass dort auch so genanntes Glycidol <strong>und</strong><br />
Glycidylester vorkommen, die den im Tierversuch tumorauslösenden<br />
Stoff 3-MCPD bilden können. Das B<strong>und</strong>esinstitut<br />
für Risikobewertung hat mittlerweile eine erste Risikobewertung<br />
von Glycidol-Fettsäureestern vorgenommen<br />
<strong>und</strong> auf seiner Homepage veröffentlicht.<br />
Honige im Blickpunkt von<br />
Rückstandsuntersuchungen<br />
Zur Bekämpfung der bakteriellen Feuerbrandkrankheit im<br />
Erwerbsobstanbau war auch wieder im Jahr <strong>2008</strong> das Antibiotikum<br />
Streptomycin über Ausnahmegenehmigungen<br />
zugelassen. Im Rahmen der amtlichen Überwachung wurden<br />
in großem Umfang auch Blütenhonige untersucht, die<br />
aus Gebieten mit Feuerbrandbekämpfung stammten. Ein<br />
erheblicher Anteil von gezielt im Rahmen der Ausnahmegenehmigung<br />
beprobten Honigen (Bienenstöcke in der Nähe<br />
von behandelten Anlagen) enthielt Rückstände an Streptomycin;<br />
die betroffenen Chargen wurden nicht in den Verkehr<br />
gebracht. Dagegen waren im Rahmen der amtlichen<br />
Lebensmittelüberwachung beprobte Honige, die ebenfalls<br />
aus den betroffenen Gebieten stammten, unauffällig.<br />
Ein erhebliches Bienensterben hat im Frühjahr <strong>2008</strong> im<br />
Rheintal die Staubabdrift von mit dem Insektizid Clothianidin<br />
gebeiztem Maissaatgut im Zuge der Aussaat ausgelöst.<br />
Die aus diesem Anlass durchgeführten Untersuchungen<br />
bei Honigen, die überwiegend aus Baden-Württemberg<br />
stammten, ergaben ein erfreuliches Bild. Die Honige waren,<br />
wenn überhaupt, insgesamt nur gering belastet; Rückstände<br />
an Clothianidin waren nicht nachweisbar.<br />
8
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Pflanzenschutzmittelrückstände −<br />
Sorgenkinder türkische Birnen <strong>und</strong><br />
Paprika, deutliche Verbesserungen bei<br />
spanischem Paprika<br />
Insgesamt 2.527 Proben pflanzlicher sowie 881 Proben<br />
tierischer Herkunft wurden umfangreich auf Rückstände<br />
von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Bei knapp 7<br />
Prozent der Lebensmittel pflanzlicher Herkunft sowie<br />
bei knapp einem Prozent der tierischen Produkte waren<br />
Höchstmengenüberschreitungen feststellbar. Weiterhin<br />
große Probleme bereiten Rückstände des mittlerweile<br />
europaweit verbotenen Insektizids <strong>und</strong> Akarizids Amitraz,<br />
das bei allen Birnenproben türkischer Herkunft in<br />
teilweise deutlich überhöhten Mengen nachweisbar<br />
war. Infolge der Bef<strong>und</strong>e, über die auch öffentlich <strong>und</strong><br />
im Rahmen des EU-Schnellwarnsystems informiert<br />
wurde, ist eine Inspektion des Lebensmittel- <strong>und</strong> Veterinäramtes<br />
der EU in der Türkei geplant. Ebenfalls<br />
türkischer Herkunft waren alle Proben mit Höchstmengenüberschreitungen<br />
bei Paprika, während sich die<br />
Rückstandsituation bei spanischem Paprika deutlich<br />
gebessert hat.<br />
Internethandel <strong>und</strong><br />
Verkaufsveranstaltungen −<br />
viele problematische Produkte<br />
Unzulässige Werbeaussagen, nicht zugelassene Zusatzstoffe,<br />
Vermarktung von Arzneimitteln als angebliche<br />
Lebensmittel oder Kosmetika – dies sind typische<br />
Verstöße gegen das Lebensmittelrecht, die im Rahmen<br />
eines Projektes bei ausgewählten Produkten aus dem<br />
Internethandel festgestellt wurden. Besondere Risiken<br />
bestehen, wenn kritische, arzneilich wirksame Stoffe<br />
ohne ärztliche <strong>und</strong> pharmazeutische Überwachung <strong>und</strong><br />
ohne Aufklärung des Verbrauchers über die Risiken <strong>und</strong><br />
Nebenwirkungen eingenommen werden. So war nur<br />
etwa ein Drittel der überprüften Schlankheitsmittel als<br />
Lebensmittel verkehrsfähig; bei Sportlerlebensmitteln mit<br />
beworbener hormonmodulierender oder arzneilicher<br />
Wirkung enthielten mehr als die Hälfte Zutaten, deren<br />
Wirkung wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert ist,<br />
andere enthielten verschreibungspflichtige Bestandteile.<br />
Bestenfalls bedeutet dies einen überflüssigen Angriff auf<br />
den Geldbeutel, schlimmstenfalls auf die Ges<strong>und</strong>heit.<br />
Ähnlich problematisch sind häufig Produkte, die auf Verkaufsveranstaltungen<br />
bzw. Kaffeefahrten angeboten wurden.<br />
Nahrungsergänzungsmittel wurden in Form von<br />
Vorführungen <strong>und</strong> Vorträgen mit übertriebenen, wissenschaftlich<br />
nicht haltbaren oder unzulässigen Wirkaussagen<br />
beworben. Auf die Packungen werden solche<br />
Werbeaussagen im Gegensatz zu früher i. d. R. nicht<br />
mehr aufgedruckt. Nur wenn Aufzeichnungen bzw. Zeugenaussagen<br />
über die mündlich getätigten Werbeaussagen<br />
vorlagen, konnten Beanstandungen ausgesprochen<br />
werden. Trotz vielfältiger Aufklärungskampagnen,<br />
auch wegen der extremen Überteuerung der angebotenen<br />
Produkte, ist der Erfolg solcher Veranstaltungen<br />
offensichtlich ungebrochen. Bei üblichen Preisen von<br />
700 bis 1.000 Euro pro Packung Nahrungsergänzungsmittel<br />
erweist sich die scheinbar „kostenlose“ Kaffeefahrt<br />
ins Blaue für viele Käufer im Nachhinein als teurer Spaß.<br />
Die Gefahr lauert in der Dusche!<br />
Legionellen<br />
Wenn eventuell vorhandene Krankheitserreger aus dem<br />
Trinkwasser in den Körper gelangen, treiben sie typischerweise<br />
im Magen-Darm-Trakt ihr Unwesen. Um aber mit<br />
Legionellen, dem Auslöser der „Legionärskrankheit“ infiziert<br />
zu werden, muss man z. B. duschen oder im Whirlpool<br />
baden <strong>und</strong> die dabei entstehenden feinverteilten Aerosole<br />
einatmen. Über 3.000 Duschwasserproben, überwiegend<br />
aus Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Altenheimen,<br />
Hotels <strong>und</strong> anderen öffentlichen Einrichtungen, wurden untersucht.<br />
In immerhin 10 Prozent der Proben wurden derart<br />
hohe Belastungen mit dem Keim gef<strong>und</strong>en, dass Desinfektion<br />
<strong>und</strong> Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind.<br />
Keine Entwarnung bei Weichmachern<br />
aus Twist-off-Deckeln<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Dichtungsmaterialien von Schraubdeckeln bestehen derzeit<br />
nach wie vor ausschließlich aus Weich-PVC <strong>und</strong> führen<br />
immer noch zu stark überhöhten Weichmacherübergängen,<br />
insbesondere bei Kontakt mit fetthaltigen Lebensmitteln<br />
wie in Öl eingelegtem Gemüse oder fetthaltigen<br />
Brotaufstrichen wie Pesto. Insgesamt 12 Lebensmittelproben,<br />
überwiegend aus Drittländern, mussten aufgr<strong>und</strong><br />
der Überschreitung des toxikologisch zulässigen Sicherheitsniveaus<br />
bei bestimmten ges<strong>und</strong>heitlich bedenklichen<br />
Phthalaten als ges<strong>und</strong>heitsschädlich beanstandet werden.<br />
„Spitzenreiter“ waren Sesammus aus der Türkei <strong>und</strong> eine<br />
Würzsoße aus Taiwan.<br />
Hanf − berauschende Lebensmittel?<br />
Seit Hanf wieder als industrielle Nutzpflanze in der Form<br />
rauschmittelarmer Hanfsorten angebaut werden darf, werden<br />
Bestandteile der Hanfpflanze auch zunehmend zur<br />
Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt. Die ständig anwachsende<br />
Produktpalette umfasst unter anderem auch alkoholfreie<br />
Erfrischungsgetränke oder Tee. Für die ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Beurteilung dieser Erzeugnisse ist vor allem der<br />
Gehalt an dem vielseitig wirkenden, rauscherzeugenden<br />
Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) bzw. seiner Vorstufe<br />
entscheidend. Der empfohlene Richtwert für Getränke von<br />
maximal 5 Mikrogramm THC pro Kilogramm wurde in verschiedenen<br />
Proben überschritten, darunter ein Kräutertee<br />
aus Österreich mit 40 µg / kg im Teegetränk.<br />
9
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil I Vorspann<br />
Kurioses<br />
„ ...nur noch Kopf <strong>und</strong> Seil... “<br />
Es geschah am ersten Weihnachtstag, als die Polizei<br />
bei der Lebensmittelüberwachungsbehörde um Mithilfe<br />
bat, nachdem sich Passanten bei der Polizei beschwert<br />
hatten. Bürger waren in einer Schrebergartensiedlung<br />
auf zwei Männer aufmerksam geworden, die eine Ziege<br />
am Strick hinter sich herführten. Die Passanten berichteten,<br />
dass die Männer beabsichtigten, die Ziege zu<br />
schlachten. Als die Amtstierärztin an der Schlachtstätte<br />
eintraf, kam für das Tier jedoch bereits jede Hilfe zu<br />
spät. Die Ziege war getötet <strong>und</strong> in einzelne Teile zerlegt<br />
worden. Die selbst ernannten Metzger erfuhren, dass<br />
sie soeben nicht nur gegen Bestimmungen des Tierseuchen-<br />
<strong>und</strong> Tierschutzrechtes verstoßen hatten, sondern<br />
dass es sich in diesem Fall zusätzlich noch um<br />
eine Schwarzschlachtung handelte. Die Herren waren<br />
sich der Tragweite ihres Vergehens vermutlich nicht<br />
bewusst. Fre<strong>und</strong>lich fragten sie die Tierärztin, ob man<br />
nicht von einer Strafe absehen <strong>und</strong> sich das Fleisch teilen<br />
könne. Dieses großzügige Angebot wurde jedoch<br />
dankend abgelehnt. Stattdessen wurden gegen die Herren<br />
Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft gestellt.<br />
Feuerwehr im Einsatz<br />
Ein Herstellungsbetrieb für Döner-Kebab-Spieße hatte<br />
seine Produktion eingestellt. Sieben Tonnen Restware<br />
wie Verarbeitungsfleisch <strong>und</strong> Hackfleisch-Spieße wurden<br />
in einem Tiefkühlraum aufbewahrt. Bei einer Routinekontrolle<br />
entdeckte die Lebensmittelüberwachung,<br />
dass die Kühlung in dem Tiefkühlraum ausgefallen <strong>und</strong><br />
sämtliches Fleisch verdorben war. Durch die Zersetzungsvorgänge<br />
von sieben Tonnen Fleischeiweiß entstand<br />
derart viel Ammoniakgas, dass die Feuerwehr zu<br />
Hilfe gerufen wurde, um das Fleisch mit Atemschutzausrüstung<br />
aus dem Betrieb sicherstellen zu können.<br />
Kein alltäglicher Betriebsbesuch<br />
Eigentlich begann alles ganz alltäglich. Eine Routinekontrolle<br />
in einem Chinarestaurant stand an, bei dem<br />
wortwörtlich richtig „dick Fett aufgetragen“ sein sollte.<br />
In der Küche des besagten Restaurants waren Wände<br />
<strong>und</strong> Boden, alle Schränke, Gerätschaften, Arbeitstische<br />
<strong>und</strong> sogar das Handwaschbecken mit einer dicken <strong>und</strong><br />
widerlich alten Fett- <strong>und</strong> Schmutzschicht überzogen.<br />
Es gruselte einem beim Gedanken, aus so einer Küche<br />
etwas verzehren zu müssen. Der Kontrolleur stellte<br />
fest, dass hier wohl schon über längere Zeit nicht mehr<br />
ausreichend gereinigt worden war. Doch diese Kritik<br />
war dem Betreiber zu viel. In seiner Wut riss er einen<br />
10-Liter-Topf, gefüllt mit Reis <strong>und</strong> Wasser, vom Herd<br />
<strong>und</strong> kippte ihn auf den Fußboden, nahm ein Hackmesser<br />
zur Hand <strong>und</strong> warf es durch die Küche. Da hieß es, Nerven<br />
behalten. Der Tobsuchtsanfall des Betreibers legte<br />
sich schließlich, so dass er abschließend von einer „freiwilligen“<br />
vorläufigen Betriebsschließung überzeugt werden<br />
konnte. Die Wiederinbetriebnahme erfolgte selbstverständlich<br />
erst nach erneuter Kontrolle.<br />
Explosives Olivenöl<br />
Flaschen mit Olivenöl „explodierten“ sowohl bei einem Verbraucher<br />
als auch in den Räumen der Lebensmittelüberwachungsbehörde.<br />
Der Abfüller hatte das Öl in einem kühlen<br />
Keller randvoll in Weinflaschen abgefüllt <strong>und</strong> mit einem<br />
5 Zentimeter langen Korken verschlossen, ohne einen Luftüberstand<br />
als Druckpuffer zu belassen. In der Wärme hat<br />
sich dann das Öl ausgedehnt <strong>und</strong> das Glas gesprengt.<br />
„ Zeigt her eure … Händ“<br />
Ein Verbraucher biss beim Essen eines Salats auf etwas<br />
Hartes. Während seine Tischgenossen meinten,<br />
dass es sich sicher um ein Stück Knorpel handeln würde,<br />
ließ es dem Beschwerdeführer keine Ruhe <strong>und</strong> er<br />
legte das „Knorpelstück“ im Labor unter sein Mikroskop.<br />
Das Knorpelstück entpuppte sich als ein r<strong>und</strong>es, circa<br />
0,8 mal 0,8 mm großes Gebilde, welches sich unter der<br />
Vergrößerung als Fingerkuppe mit einem Stück Fingernagel<br />
darstellte. Die Ermittlungen im Cateringunternehmen<br />
blieben zunächst ohne Ergebnis. Keiner der anwesenden<br />
Mitarbeiter hatte eine entsprechende Verletzung aufzuweisen.<br />
Allerdings weilte eine Mitarbeiterin, welche am Tag<br />
zuvor mit der Salatzubereitung beschäftigt war, im Kurzurlaub.<br />
Die Frau wurde für den kommenden Montag in das<br />
Amt einbestellt, um ihre Hände vorzuzeigen. Am Montag<br />
gegen 12 Uhr mittags rief die Chefin des Cateringunternehmens<br />
an: Ob denn ihre Mitarbeiterin noch kommen müsse,<br />
sie habe sich tatsächlich beim Schneiden der Salami ein<br />
Stück von der Kuppe des Mittelfingers abgeschnitten <strong>und</strong><br />
zunächst weitergearbeitet! Sie habe sich keine Gedanken<br />
darüber gemacht, wo das abgeschnittene Stück Fingerkuppe<br />
hingeraten sein könnte <strong>und</strong> die Verletzung auch niemandem<br />
gezeigt. Wegen Ekelerregung wurde gegen die<br />
Mitarbeiterin ein Bußgeldverfahren eingeleitet.<br />
Hans-Ulrich Waiblinger, CVUA Freiburg<br />
10
Teil II<br />
Betriebskontrollen<br />
<strong>und</strong> Vollzug<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Betriebskontrollen <strong>und</strong> Vollzug 12<br />
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB 15<br />
Landwirtschaftliche Erzeuger 16<br />
Hersteller 18<br />
Lebensmitteleinzelhandel 23<br />
Lebensmittelgroßhändler 24<br />
Dienstleistungsbetriebe 24<br />
Schwerpunktkontrollen 26<br />
Einfuhrüberwachung 27<br />
Verkehrskontrollen 28<br />
Öffentlichkeitsarbeit 28<br />
Lebensmittelüberwachung als Teamarbeit 30<br />
Europäisches Schnellwarnsystem 31<br />
Lebensmittelhandel im Internet 33<br />
11<br />
w
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Betriebskontrollen <strong>und</strong> Vollzug der<br />
Lebensmittelüberwachung<br />
Der Schutz der Verbraucher vor ges<strong>und</strong>heitlichen Risiken <strong>und</strong> Täuschung durch die im Verkehr befindlichen Lebensmittel<br />
<strong>und</strong> Bedarfsgegenstände war auch im Jahr <strong>2008</strong> ein wichtiges Anliegen der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />
in Baden-Württemberg. Das neu integrierte europaweit einheitliche Lebensmittelrecht gibt hierbei<br />
den Ton an. Es steht im Wesentlichen auf drei starken Säulen, nämlich der Entwicklung <strong>und</strong> Verwirklichung von<br />
Eigenkontrollsystemen auf allen Stufen der Lebensmittelkette, der lückenlosen Umsetzung des „from stable to<br />
table“- bzw. „Vom Acker auf den Teller“-Ansatzes sowie der Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit von Futter- <strong>und</strong><br />
Lebensmitteln.<br />
Aus diesem ganzheitlichen Ansatz resultierten insbesondere<br />
für die unteren Lebensmittelübewachungsbehörden<br />
der Stadt- <strong>und</strong> Landkreise zusätzliche neue Kontrollaufgaben.<br />
Primär mussten zuerst die Voraussetzungen für die<br />
Anwendbarkeit des Gr<strong>und</strong>gedankens geschaffen werden.<br />
Dazu gehörten Informationsveranstaltungen bzw. -schreiben<br />
für die Wirtschaftsbeteiligten sowie Betriebsbegehungen<br />
mit Beratung vor Ort, die den Lebensmittelunternehmer<br />
auf die Veränderungen vorbereiteten. Im Jahr <strong>2008</strong><br />
wurden diese Aktivitäten intensiviert <strong>und</strong> in den Fällen, in<br />
denen die Betriebe die Voraussetzungen erfüllten, die Zulassungsverfahren<br />
nach europäischen Hygienestandards<br />
abgeschlossen. Betroffen sind hiervon alle Metzgereien mit<br />
eigener Schlachtung, unabhängig von der Betriebsgröße.<br />
Betroffen sind aber u. a. auch Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung<br />
oder Lagerbetriebe für kühlpflichtige<br />
Lebensmittel, sofern die geschäftlichen Aktivitäten eine<br />
bestimmte Größenordnung oder überregionale Verbreitung<br />
haben. Eine Vielzahl von Auslegungsmöglichkeiten<br />
der europäischen Rechtsetzung sowie Rechtslücken auf<br />
nationaler Ebene erschwerten die direkte <strong>und</strong> konkrete<br />
Anwendbarkeit der gemeinschaftlichen Hygienevorgaben.<br />
Es bedurfte einer b<strong>und</strong>esweit einheitlichen Vorgehensweise<br />
mittels einer nationalen Durchführungsvorschrift. Diese<br />
brachte Klarheit, bestehen blieben dennoch gewisse<br />
Rechtslücken, die den Verwaltungsvollzug auch im Jahr<br />
<strong>2008</strong> erschwerten. Ergänzende, landesweit geltende Verfahrensanweisungen<br />
sorgten jedoch für eine einheitliche<br />
Vorgehensweise in Baden-Württemberg auf konstant hohem<br />
Niveau.<br />
Überwachung der Rohmilchlieferung als auch das noch in<br />
Arbeit befindliche Modul zur Risikobeurteilung von Lebensmittelunternehmen<br />
anzuführen.<br />
Das bereits seit 2003 auf allen Ebenen der Veterinärverwaltung<br />
implementierte Qualitätsmanagementsystem erfuhr<br />
im Jahr <strong>2008</strong> seine Weiterentwicklung auch im Bereich<br />
der Lebensmittelüberwachung. Die zuständigen Behörden<br />
führen damit die amtlichen Kontrollen anhand eines dokumentierten<br />
Verfahrens durch, welches regelmäßig durch<br />
externe <strong>und</strong> interne Audits (Überprüfungen) einer Kontrolle<br />
unterzogen wird. Diese Auditverfahren dienen der Begutachtung,<br />
ob landesweite Vereinbarungen eingehalten bzw.<br />
wirksam umgesetzt <strong>und</strong> die vereinbarten Ziele erreicht<br />
wurden. Dies gewährleistet eine Überwachung auf einem<br />
einheitlichen <strong>und</strong> konstant hohen Niveau. Zum Qualitätsmanagementsystem<br />
ist ein Artikel im Verbraucher-Journal<br />
<strong>2008</strong>/2009 erschienen, das auf der MLR-Homepage unter<br />
„Broschüren“ zum Download oder zur Bestellung angeboten<br />
wird.<br />
Siehe auch: www.mlr.baden-wuerttemberg.de ><br />
Lebensmittel <strong>und</strong> Ernährung > Qualitätsmanagement<br />
Eine Fülle neuer Informationen <strong>und</strong> Sachverhalte ist die Folge<br />
der Umstrukturierung des Lebensmittelrechts. Dementsprechend<br />
bedurfte <strong>und</strong> bedarf es einer Vielzahl von<br />
Anpassungen der bislang verwendeten behördlichen Instrumente<br />
der Lebensmittelüberwachung an die neuen<br />
Kontrolltätigkeiten <strong>und</strong> -aufgaben. Insbesondere ist das<br />
landesweite elektronische Lebensmittelüberwachungs<strong>und</strong><br />
Veterinärinformationssystem (LÜVIS) an dieser Stelle<br />
zu erwähnen, das ganz besonders unter Mitwirkung der<br />
Lebensmittelüberwachung vor Ort laufend weiter ausgebaut<br />
<strong>und</strong> an die aktuellen Aufgaben angepasst wird. Im<br />
Speziellen sind hier beispielsweise die Module für die<br />
12
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Ausbildung erfolgreich abgeschlossen! Frischgebackene Lebensmittelkontrolleure <strong>und</strong> Minister Peter Hauk (1. Reihe, 7. v.l.) nach der<br />
Urk<strong>und</strong>enübergabe im Dezember <strong>2008</strong>.<br />
Die Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg<br />
wird vor Ort von den Lebensmittelkontrolleuren <strong>und</strong><br />
Amtstierärzten der insgesamt 44 unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
der Land- <strong>und</strong> Stadtkreise durchgeführt.<br />
Sie werden auf Anforderung unterstützt durch<br />
Sachverständige der Chemischen <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsämter.<br />
Die fachliche Koordination obliegt den vier<br />
Regierungspräsidien, welche ihrerseits wiederum dem<br />
Ministerium für Ernährung <strong>und</strong> Ländlichen Raum (MLR)<br />
unterstehen.<br />
Ziel der Lebensmittelüberwachung ist es, Verbraucherinnen<br />
<strong>und</strong> Verbraucher vor ges<strong>und</strong>heitlichen Gefahren,<br />
Irreführung <strong>und</strong> Täuschung zu schützen. Diesen gesetzlichen<br />
Auftrag erfüllt die Lebensmittelüberwachung, indem<br />
sie Betriebskontrollen bei allen Lebensmittelunternehmen<br />
durchführt sowie Proben auf allen Produktions- <strong>und</strong> Vermarktungsstufen<br />
entnimmt. Des Weiteren agiert sie auch<br />
präventiv, indem sie Betriebe, die sich in der Planungsphase<br />
befinden, berät <strong>und</strong> Informationsveranstaltungen für Vereine,<br />
Lehrer, Erzieher <strong>und</strong> Landwirte anbietet. Mängel, die<br />
im Rahmen der Analyse der amtlich entnommenen Proben<br />
festgestellt werden, führen zu unverzüglichem Handeln<br />
der zuständigen Überwachungsbehörden, um den Missständen<br />
abzuhelfen. Auch Verbraucherbeschwerden <strong>und</strong><br />
Hinweise auf unklare Verhältnisse werden entgegengenommen,<br />
<strong>und</strong> es wird sich des Sachverhalts angenommen.<br />
Die amtliche Kontrolltätigkeit mit Probenentnahmen<br />
<strong>und</strong> -analysen im Lebensmittelbereich basiert auf der Verordnung<br />
(EG) Nr. 882/2004, der so genannten Kontrollverordnung,<br />
<strong>und</strong> der b<strong>und</strong>esweit geltenden Allgemeinen<br />
Verwaltungsvorschrift Rahmenüberwachung (AVV RÜb).<br />
Betriebsüberprüfungen sind regelmäßig auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
eines risikobasierten Konzeptes <strong>und</strong> mit angemessener<br />
Häufigkeit durchzuführen. Eine Arbeitsgruppe des MLR mit<br />
Vertretern aller Verwaltungsebenen erarbeitete ein neues<br />
landesweites Konzept für einen risikoorientierten Probenplan<br />
(RIOP), das nun im Jahr 2009 in die Pilotphase<br />
übergeht. Damit werden die europäischen Vorgaben erfüllt,<br />
nämlich neben einem produktorientierten Ansatz auch<br />
die betriebsbezogenen Risiken in die Planprobenplanung<br />
einzubeziehen. Jedes Lebensmittelunternehmen wird dabei<br />
– abhängig von der Empfindlichkeit <strong>und</strong> der Haltbarkeit<br />
der von ihm produzierten oder gehandelten Lebensmittel<br />
– in eine entsprechende Risikogruppe eingestuft. Einbezogen<br />
werden ferner die im Betrieb festgestellte Produktions<strong>und</strong><br />
Personalhygiene <strong>und</strong> die Ausstattung der Räume <strong>und</strong><br />
Anlagen. Berücksichtigung findet auch das Verhalten des<br />
Verantwortlichen, seine Bereitschaft zur Abstellung von<br />
Mängeln <strong>und</strong> die Effizienz der betrieblichen Eigenkontrollmaßnahmen.<br />
Diese Kriterien ergeben eine Kontrollfrequenz,<br />
die zwischen monatlich <strong>und</strong> drei Jahren liegen kann.<br />
Beispielsweise wird ein Hersteller von Fleischerzeugnissen<br />
allein auf Gr<strong>und</strong> des Produktrisikos wesentlich häufiger inspiziert<br />
als ein Getränkehändler.<br />
Nach dem Konzept „from farm to fork“ bzw. „from stable<br />
to table“ beginnt die Lebensmittelsicherheit bereits in der<br />
landwirtschaftlichen „Urproduktion“, z. B. im Stall. mit der<br />
lebensmittelgerechten Haltung <strong>und</strong> Fütterung der Tiere.<br />
13
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Diesem Konzept folgend entstand die Verpflichtung zur<br />
Lebensmittelketteninformation. Inzwischen ist Deutschland<br />
bereits auf der 3. Stufe der schrittweisen Einführung<br />
der Lebensmittelketteninformation in Bezug auf Schlachttiere<br />
angekommen. Nachdem Geflügelschlachtbetrieben<br />
schon seit 2007 bei jeder zur Schlachtung vorgesehenen<br />
Sendung die Erklärungen seitens der Haltungsbetriebe<br />
mitgegeben bzw. vorausgeschickt wurden, gilt nun seit<br />
dem Jahr <strong>2008</strong> diese Pflicht der schriftlichen Information<br />
seitens des Landwirts auch für Schlachtschweine.<br />
Zum Jahreswechsel <strong>2008</strong>/2009 wurde das System auf<br />
die Tiergruppen Pferde <strong>und</strong> Mastkälber ausgedehnt. Dies<br />
stellt ein folgerichtiges Signal in Sachen Harmonisierung<br />
des Verbraucherschutzes dar <strong>und</strong> folgt dem europäischen<br />
Leitgedanken, die Urproduktion stärker in das Lebensmittelüberwachungskonzept<br />
einzubinden. In den geforderten<br />
Dokumenten müssen vom Landwirt vielfältige Angaben<br />
über die Tierentwicklung, über den Einsatz von Futter- <strong>und</strong><br />
Arzneimitteln sowie Tierverluste gemacht werden. Diese<br />
Informationen zur Lebensmittelkette durch den Erzeuger<br />
muss dem Schlachtbetrieb spätestens bei der Anlieferung<br />
des zur Schlachtung vorgesehenen Tieres vorliegen.<br />
Ein Jahr, nachdem die zuständigen Behörden vor Ort stärker<br />
in den Vollzug der Milchliefersperren eingeb<strong>und</strong>en<br />
wurden <strong>und</strong> die Überwachung der Milcherzeuger intensiviert<br />
worden ist, kann eine positive Bilanz gezogen werden:<br />
Zahl der Milchlieferausschlüsse<br />
nach § 17 Milchverordnung bzw. VO (EG) Nr. 854/2004<br />
Anteil Lieferausschluss in %<br />
Gesamt<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
0<br />
100<br />
200<br />
300<br />
400<br />
161<br />
593<br />
331<br />
507<br />
282<br />
176<br />
298<br />
137<br />
262<br />
225<br />
311<br />
135<br />
2005 2006 2007 <strong>2008</strong><br />
0,176 %<br />
0,206 %<br />
0,264 %<br />
0,388 %<br />
Gesamt Keimzahl Zellzahl<br />
Quelle: Milchprüfring Baden-Württemberg<br />
Die Lieferausschlüsse sind von 507 im Jahr 2007 auf 311<br />
im Jahr <strong>2008</strong> zurückgegangen.<br />
Die tabellarische Darstellung der Lieferausschlüsse der<br />
Jahre 2005 bis <strong>2008</strong> spiegelt in eindrucksvoller Weise<br />
die rechtliche Entwicklung wider. Mit Ablösung der alten<br />
Milchverordnung durch das europäische Lebensmittelrecht<br />
im Jahre 2006 <strong>und</strong> damit dem Wegfall der so genannten<br />
„Besserstellungsregelung“ kam es zu einer beachtlichen<br />
Verschärfung der Regelungen, die zu einem Milchlieferausschluss<br />
führen. Dabei handelt es sich zum einen um<br />
die erheblich strengere Handhabung des Verfahrens zur<br />
Wiederaufnahme der Milchlieferung nach erfolgtem Lieferausschluss<br />
<strong>und</strong> die sofortige Wiedereinsetzung der<br />
Liefersperre, wenn eine anhaltende Verbesserung der<br />
Milchqualität nicht erreicht wird. In der Konsequenz dieser<br />
neuen Bestimmungen verdoppelte sich 2006 die Zahl der<br />
Milchliefersperren im Vergleich zum Jahr 2005. Im Folgejahr<br />
2007 blieb diese hohe Zahl der Milchlieferausschlüsse<br />
annähernd bestehen. Eine klare Wende war ab November<br />
2007 festzustellen. Ab diesem Zeitpunkt regelte ein neues<br />
Verwaltungsverfahren die direkte Einbindung der Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
in Lieferausschluss <strong>und</strong> Wiederzulassung<br />
der Milchlieferanten. Seit dieser Neuregelung<br />
verfügen die Überwachungsbehörden deutlich früher über<br />
Informationen, die eine gezielte <strong>und</strong> präventive Überwachung<br />
der Milcherzeuger ermöglichen. Betriebe mit einer<br />
negativen Tendenz können nun beizeiten von den Mitarbeitern<br />
der Veterinärämter aufgesucht <strong>und</strong> durch Beratung<br />
<strong>und</strong>, soweit notwendig, auch durch behördliche Anordnung<br />
regulierender Maßnahmen wieder aufs rechte Gleis<br />
gerückt werden. Das Resultat dieser intensiven Arbeit der<br />
Mitarbeiter der Überwachungsbehörden ist, dass der Anteil<br />
der Lieferausschlüsse auf ein deutlich niedrigeres Niveau<br />
sank. Die in der Tabelle dargestellten Ergebnisse zeigen,<br />
dass die neu eröffneten Informationswege die Behörden in<br />
die Lage versetzen, eine risikoorientierte flächendeckende<br />
Überwachung der Milcherzeugung sicherzustellen.<br />
Das verstärkte Augenmerk der europäischen Union auf eine<br />
rechtskonforme Lebensmittelerzeugung in der Urproduktion<br />
zeigt sich auch in einem zusätzlichen Kontrollauftrag<br />
an die Behörden, den so genannten Cross Compliance-<br />
Kontrollen. Betriebe, die Direktzahlungen erhalten, müssen<br />
in Form einer so genannten „Überkreuzverpflichtung“<br />
(Cross compliance) sicherstellen, dass die Vorgaben in<br />
den Bereichen Umwelt, Lebens- <strong>und</strong> Futtermittelsicherheit<br />
sowie Tierges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Tierschutz eingehalten werden.<br />
Seit dem Jahr 2005 überprüfen die unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
teilweise gemeinsam mit einem<br />
Vertreter des Regierungspräsidiums die Einhaltung der<br />
Vorschriften des Lebensmittel- <strong>und</strong> Futtermittelrechts. Es<br />
handelt sich hier um sehr umfassende <strong>und</strong> zeitaufwändige<br />
Kontrollen nach dem Vieraugenprinzip, die im Falle<br />
der Feststellung von Mängeln Prämienreduzierungen oder<br />
-streichungen für den Landwirt zur Folge haben können.<br />
14
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB<br />
Anzahl der Betriebskontrollen (gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)<br />
Zahl der landwirt- Hersteller Großhändler Einzel- Dienst- handwerkliche Gesamt<br />
schaftliche <strong>und</strong> <strong>und</strong> händler leistungs- Hersteller <strong>und</strong><br />
Erzeuger Abpacker Transporteure betriebe Direktvermarkter<br />
(Urproduktion)<br />
Betriebe 62.581 3.027 3.281 51.185 86.274 14.795 221. 143<br />
kontrollierten Betriebe 2.055 1.170 1.135 18.270 34.780 4.878 62.288<br />
Kontrollbesuche 2.799 6.239 3.493 29.209 46.596 8.493 96.829<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Betriebe mit Verstößen 248 349 220 3.116 9.100 1.664 14.697<br />
Art der festgestellten Verstöße bei Betriebskontrollen (gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)<br />
Verstoßart<br />
(Mehrfachnennungen<br />
möglich)<br />
Hygiene<br />
landwirt- Hersteller Großhändler Einzel- Dienst- handwerkliche Gesamt<br />
schaftliche <strong>und</strong> <strong>und</strong> händler leistungs- Hersteller <strong>und</strong><br />
Erzeuger Abpacker Transporteure betriebe Direktvermarkter<br />
(Urproduktion)<br />
(HACCP, Ausbildung) 43 133 57 799 2.581 577 4.190<br />
Hygiene allgemein 179 273 129 2.541 8.451 1.532 13.105<br />
Zusammensetzung<br />
(nicht mikrobiologisch) 15 15 34 97 56 25 242<br />
Kennzeichnung<br />
<strong>und</strong> Aufmachung 50 86 59 1.164 3.209 471 5.039<br />
Andere 15 53 37 243 629 118 1.095<br />
Die Vorgaben zur Lebensmittelsicherheit beinhalten die<br />
Produktion sicherer Lebensmittel, die Informationspflicht<br />
gegenüber der Behörde, sofern sich ein Lebensmittel als<br />
nicht sicher herausstellt, den Rückruf <strong>und</strong> die Rücknahme<br />
von Lebensmitteln, die Rückverfolgbarkeit <strong>und</strong> die Einhaltung<br />
der Anforderungen an die Lebensmittelhygiene mit<br />
einer besonderen Gewichtung hinsichtlich der Milch- <strong>und</strong><br />
Eiererzeugung.<br />
Die Neuorganisation der Lebensmittelüberwachung nähert<br />
sich nach vier von fünf dafür vorgesehenen Jahren<br />
allmählich ihrem Abschluss. Aus den Reihen der abgeordneten<br />
Beamten des ehemaligen Wirtschaftskontrolldienstes<br />
haben sich zum Jahreswechsel <strong>2008</strong>/09 entsprechend<br />
der Zahl der neu ausgebildeten Kontrolleure Polizeibeamte<br />
aus der Lebensmittelüberwachung verabschiedet <strong>und</strong> sind<br />
in den Polizeidienst zurückgekehrt. Parallel wurde <strong>und</strong> wird<br />
immer noch unter großem Einsatz der Fachkräfte sowohl<br />
zentral bei der Akademie der Polizei in Freiburg als auch<br />
dezentral in den jeweiligen Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
neues Kontrollpersonal ausgebildet. Die erfahrenen<br />
Lebensmittelüberwacher des ehemaligen Wirtschaftskontrolldienstes<br />
haben die Behörden in der Ausbildung neuer<br />
Lebensmittelkontrolleure sehr unterstützt. Die hohe fachliche<br />
Qualifikation <strong>und</strong> berufliche Erfahrung der neu ausgebildeten<br />
Lebensmittelkontrolleure, die mindestens Meister<br />
in einem Lebensmittelhandwerk sein müssen, haben sich<br />
positiv bemerkbar gemacht. Die „neuen“ Lebensmittelkontrolleure<br />
sind Sachkenner mit praktischer Erfahrung, die um<br />
die Schwachstellen in großen <strong>und</strong> kleinen Lebensmittelproduktionsstätten<br />
wissen. Der ges<strong>und</strong>heitliche Verbraucherschutz<br />
in Baden-Württemberg hat mit der Verwaltungsreform<br />
qualitativ keinerlei Schaden genommen. Allerdings<br />
sehen Landkreis- <strong>und</strong> Städtetag quantitativ einen Mehrbedarf<br />
an Personal, um den Aufgaben der Lebensmittelüberwachung<br />
gerecht werden zu können.<br />
Im Dezember <strong>2008</strong> fand ein Inspektionsbesuch des Lebensmittel-<br />
<strong>und</strong> Veterinäramtes (FVO) der Europäischen<br />
Kommission in Deutschland statt. Dieser Inspektionsbesuch<br />
hatte zum Ziel, die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
in Bezug auf amtliche Kontrollen von<br />
Säuglingsnahrung, Folgenahrung <strong>und</strong> Beikost für Säuglinge<br />
zu überprüfen. Da ein größerer Hersteller von Babynahrung<br />
seinen Sitz in einem Landkreis in Baden-Württemberg<br />
hat, erhielt auch das „Ländle“ einen Besuch von den EU-<br />
Inspektoren. Die Inspektion dieses Herstellers erfolgte zunächst<br />
als Überprüfung der Betriebs- <strong>und</strong> Arbeitshygiene<br />
im Rahmen eines Betriebsdurchgangs. Im Anschluss daran<br />
wurden die Eigenkontrollen des Betriebes, beispielsweise<br />
die im Rahmen der Wareneingangskontrolle veranlassten<br />
Laboruntersuchungen, durch die EU-Inspektoren eingesehen.<br />
Die Betriebs- <strong>und</strong> Arbeitshygiene sowie die Effektivität<br />
der Eigenkontrollen des Herstellers wurden insgesamt als<br />
15
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
mit der EU-Gesetzgebung übereinstimmend beurteilt. Der<br />
überprüfte Hersteller von Babynahrung wird regelmäßig<br />
durch die Amtstierärzte des Landkreises überwacht; die<br />
Qualität dieser amtlichen Kontrollen wurde durch die EU-<br />
Inspektoren positiv bewertet.<br />
Landwirtschaftliche Erzeuger<br />
(Urproduktion)<br />
Rückstände<br />
Die Kontrollfrequenzen der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />
in den einzelnen Betrieben leiten sich von der Risikobewertung<br />
ab. Insgesamt fanden 96.829 Kontrollbesuche<br />
statt, bei denen 62.288 der insgesamt 221.143 in Baden-<br />
Württemberg erfassten Betriebe ein- oder mehrmals überprüft<br />
wurden. In 14.697 Betrieben wurden Verstöße festgestellt,<br />
die Zahl der Beanstandungen betrug 23.671.<br />
Führen Kontrollen zu Beanstandungen, die nicht sofort oder<br />
freiwillig durch den Betreiber abgestellt werden, sorgen<br />
die verantwortlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
mit ihren verwaltungsrechtlichen Mitteln in Form von Anordnungen<br />
oder anderen Maßnahmen – im Berichtsjahr<br />
in 20.329 Fällen – dafür, dass rechtskonforme Zustände<br />
wieder hergestellt werden. Bei Verdacht des Vorliegens einer<br />
Straftat wird die Sache an die zuständige Staatsanwaltschaft<br />
weitergeleitet,<br />
In Zahlen ausgedrückt ergaben sich – soweit bei den unteren<br />
Lebensmittelüberwachungsbehörden bekannt – aus<br />
den o.g. Tätigkeiten im Jahr <strong>2008</strong> insgesamt<br />
n 453 Strafverfahren (mit Geldstrafen bis zu 2.000 Euro<br />
bzw. mehrmonatigen Bewährungsstrafen) <strong>und</strong><br />
n 2.479 Ordnungswidrigkeitsverfahren, die zu über<br />
1.741 Bußgeldbescheiden (mit Bußgeldern bis zu<br />
7.500 Euro) führten, sowie<br />
n 4.554 Verwarnungen mit oder ohne Verwarngeld.<br />
569 Betriebe mussten aufgr<strong>und</strong> der dort herrschenden unhygienischen<br />
Umstände zum Schutz der Verbraucher sofort<br />
geschlossen werden oder wurden durch den verantwortlichen<br />
Betreiber vorübergehend „wegen Krankheit“ freiwillig<br />
geschlossen.<br />
Die nachfolgenden Fallbeispiele vermitteln einen Einblick in<br />
die Arbeit der baden-württembergischen Lebensmittel- <strong>und</strong><br />
Fleischhygieneüberwachung. Viele Themen in diesem Kapitel<br />
finden sich auch in den Kapiteln III <strong>und</strong> IV wieder, wo<br />
über die Ergebnisse der Probenuntersuchungen berichtet<br />
wird. Sie werden hier jedoch aus einem anderen Blick-winkel<br />
dargestellt. Daran wird deutlich, dass die Lebensmittelkontrolle<br />
auf zwei Säulen basiert: der Kontrolle vor Ort <strong>und</strong><br />
der Probenuntersuchung. Beide Säulen stehen nicht isoliert<br />
nebeneinander, sondern greifen Hand in Hand – so wie die<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter in den Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
vor Ort <strong>und</strong> in den Untersuchungsämtern<br />
„Hand in Hand“ arbeiten.<br />
Die Beispiele stellen allerdings – zum Teil drastische – Einzelfälle<br />
dar, die nicht repräsentativ für die jeweilige Branche<br />
sind <strong>und</strong> keine Rückschlüsse auf die Lebensmittelunternehmen<br />
in Baden-Württemberg insgesamt erlauben.<br />
Nachweis des verbotenen Arzneimittels<br />
Malachitgrün<br />
Malachitgrün wirkt bei Fischen <strong>und</strong> beim Fischlaich sowohl<br />
vorbeugend als auch therapeutisch gegen Erkrankungen,<br />
die durch Ektoparasiten <strong>und</strong> Pilzbefall verursacht werden.<br />
Aufgr<strong>und</strong> erbgut- <strong>und</strong> fruchtschädigender Wirkung sowie<br />
möglicherweise krebserzeugender Eigenschaften gilt Malachitgrün<br />
als toxikologisch bedenklich <strong>und</strong> ist deshalb zu<br />
therapeutischen Zwecken als Tierarzneimittel für Lebensmittel<br />
liefernde Tiere europaweit verboten. Trotz dieses<br />
Verbots der Anwendung fand das Arzneimittel in Baden-<br />
Württemberg in zwei Fällen den Weg in eine Fischzuchtanlage.<br />
In einem Fall wurde auf der Basis einer planmäßigen<br />
Probenentnahme <strong>und</strong> Probenuntersuchung in einem benachbarten<br />
B<strong>und</strong>esland der Stoff Malachitgrün in einer<br />
Forelle nachgewiesen, deren Ursprungsbetrieb in Baden-<br />
Württemberg lag. Im Zuge der globalisierten Vermarktungswege<br />
fanden diese Fische aus der besagten Anlage<br />
in Baden-Württemberg einen weiten Verbreitungsgrad, so<br />
dass die Lebensmittelüberwachung nicht nur b<strong>und</strong>esweit,<br />
sondern europaweit bis nach Polen tätig wurde. Die Folge<br />
war, dass 440 Tonnen Fische aus dieser Fischzuchtanlage<br />
getötet <strong>und</strong> unschädlich beseitigt wurden. Doch dies war<br />
leichter gesagt als getan. Die Entsorgung der belasteten<br />
Fische erforderte eine außerordentliche, nicht alltägliche<br />
Leistung der Mitarbeiter der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde.<br />
Probleme sowohl logistischer als<br />
auch technischer <strong>und</strong> tierschutzrechtlicher Art waren bei<br />
einer solchen Masse an Fischen zu bewältigen. Die Ermittlungen<br />
zu dem Fall ergaben, dass der Stoff Malachitgrün<br />
in Fischen sowohl mit Herkunft aus der Fischzuchtanlage<br />
als auch aus dem Bach oberhalb der Fischzuchtanlage<br />
nachgewiesen wurde. Wie dieser Stoff seinen Weg in<br />
den zuleitenden Bach gef<strong>und</strong>en hatte, konnte jedoch nicht<br />
abschließend geklärt werden. Letztlich wurden die in der<br />
Zuchtanlage verbliebenen noch nicht schlachtreifen Fische<br />
<strong>und</strong> die Fische aus dem zufließenden Gewässer nach umfangreichen<br />
Probenahmen <strong>und</strong> Probenuntersuchungen<br />
wieder als unbedenklich erklärt.<br />
Im zweiten Fall wurde die Lebensmittelüberwachung im<br />
Rahmen der Probenziehung <strong>und</strong> Probenuntersuchung nach<br />
dem Nationalen Rückstandskontrollplan (NRKP) fündig. Es<br />
wurde in einer Forellenaufzuchtanlage mit etwa 900 Forellen<br />
im Alter von 1,5 - 4 Jahren ein positiver Rückstandsbef<strong>und</strong><br />
des verbotenen Stoffes Malachitgrün erhoben. Der Betrieb<br />
wurde von der Lebensmittelüberwachung sofort gesperrt<br />
<strong>und</strong> eine Abgabe der Fische untersagt. Die gemeinsame<br />
16
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Betriebskontrolle der Stabsstelle für Ernährungssicherheit<br />
beim Regierungspräsidium in Tübingen (SES) mit der Lebensmittelüberwachung<br />
vor Ort ergab einen gewaltigen<br />
F<strong>und</strong>. In den Betriebsräumen des Betroffenen wurden<br />
Restbestände von Malachitgrün gef<strong>und</strong>en, das vor etwa<br />
20 Jahren über eine Apotheke bezogen wurde. Probleme<br />
wegen einer parasitär bedingten erhöhten Sterblichkeit bei<br />
den Forellen veranlasste den Betreiber, das verbotene Arzneimittel<br />
einzusetzen. Gegen den Verantwortlichen wurde<br />
Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet.<br />
Der Verdacht allein reicht aus –<br />
vorbeugende Verzehrswarnung für Fische aus<br />
einem Natursee nach erhöhtem Fischsterben<br />
Mitte April kam es in einem Natursee zu einem Fischsterben<br />
großen Ausmaßes. Vor allem Welse, Brachsen <strong>und</strong><br />
Hechte verendeten. Helfer des Fischereivereins sammelten<br />
insgesamt 9 Tonnen verendete Fische ein, die in der Tierkörperbeseitigungsanlage<br />
entsorgt werden mussten. Bei<br />
der Untersuchung von Wasser- <strong>und</strong> Fischproben konnten<br />
Giftstoffe nicht nachgewiesen werden. Dagegen wurden<br />
bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung an den<br />
verendeten Fischen stark geschädigte Kiemen festgestellt.<br />
Kiemen sind das Atmungsorgan der Fische <strong>und</strong> dienen<br />
der Ausscheidung von Ammoniak aus der Eiweißverdauung.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der geschädigten Kiemen kam es daher<br />
zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Ges<strong>und</strong>heit der<br />
Tiere, die in der Folge an einer bakteriellen Infektion erkrankten,<br />
die schließlich zum Tod führte. Die Ursache für<br />
die Kiemenschäden ließ sich nicht mit letzter Sicherheit ermitteln.<br />
Als mögliche Ursachen kamen eine Aufwirbelung<br />
von Schlamm <strong>und</strong> die Beeinträchtigung der Fische durch<br />
die besonderen Bedingungen in diesem bestimmten Natursee<br />
mit zeitweise hohen pH- <strong>und</strong> Ammoniakwerten im<br />
Wasser in Frage. Wegen der Verkeimung der Fische gab<br />
das Veterinäramt eine Verzehrswarnung für Fisch aus dem<br />
besagten Natursee heraus. Ab Ende Mai wurden keine toten<br />
Fische mehr aufgef<strong>und</strong>en, so dass nach einer lebensmittelrechtlichen<br />
Untersuchung die Verzehrswarnung im<br />
August wieder aufgehoben werden konnte. Alle aktuellen<br />
Erkenntnisse sprechen dafür, dass der Fischbestand in diesem<br />
Natursee wieder zunimmt.<br />
führen können. Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat die Europäische<br />
Union bei Lebensmitteln tierischer Herkunft Höchstgehalte<br />
an Dioxinen festgelegt. Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung<br />
wurden in einem landwirtschaftlichen Betrieb mit<br />
Legehennen in Freilandhaltung Eier zur Untersuchung auf<br />
Dioxine entnommen. Es wurde eine Überschreitung der<br />
Höchstgehalte festgestellt. Der Bestand wurde daher sofort<br />
amtlich gesperrt <strong>und</strong> das Inverkehrbringen von Eiern <strong>und</strong><br />
Geflügelfleisch untersagt. Die Ermittlungen ergaben, dass<br />
die Ursache für die Dioxinbelastung der Eier vermutliche<br />
alte Autoreifen waren, die als Futtertröge benutzt wurden.<br />
Der Vorfall zeigt, dass eine sinnvolle <strong>und</strong> effektive Lebensmittelüberwachung<br />
bereits bei der Tierhaltung beginnt, um<br />
frühzeitig Gefahrenquellen zu erkennen.<br />
Der Nachweis von polychlorierten Biphenylen<br />
(PCB) führte zur Tötung einer Rinderherde<br />
Zufällige Bef<strong>und</strong>e im Rahmen routinemäßiger Rückstandskontrollen<br />
deckten die hohe Belastung einer Rinderherde<br />
mit PCB auf. Leider konnte trotz intensiver Bemühungen<br />
<strong>und</strong> zahlreicher aufwändiger Probenahmen letztlich die<br />
genaue Quelle der Belastung nicht abschließend geklärt<br />
werden. Zu vermuten war jedoch, dass es sich um eine<br />
Umweltkontamination handelte. Aus Gründen des Verbraucherschutzes<br />
musste die gesamte Herde mit 34 Rindern<br />
getötet <strong>und</strong> unschädlich entsorgt werden. Für den<br />
betroffenen Landwirt entstand ein hoher wirtschaftlicher<br />
Schaden, der nicht entschädigt werden konnte.<br />
Schwarzschlachtung einer Ziege am ersten<br />
Weihnachtstag<br />
Es geschah am ersten Weihnachtstag, als die Polizei bei<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Dioxin in Hühnereiern nach Nutzung alter<br />
Autoreifen als Futtertröge<br />
Dioxine sind in der Umwelt weit verbreitet <strong>und</strong> entstehen<br />
hauptsächlich bei Verbrennungsvorgängen in der Industrie,<br />
beim Hausbrand, im Verkehr, aber auch beispielsweise bei<br />
Waldbränden oder lokal beim Verbrennen von Kunststoff<br />
<strong>und</strong> mit Kunststoffen behandeltem Holz. Über die Nahrungskette<br />
werden diese in der Umwelt angereicherten<br />
Dioxine von Tieren aufgenommen <strong>und</strong> lagern sich insbesondere<br />
im tierischen Fettgewebe ab. Dioxine stehen im<br />
Verdacht, krebsauslösende Wirkungen zu haben. Nachgewiesen<br />
sind bei schwangeren Frauen auch fruchtschädigende<br />
Eigenschaften, die zu erheblichen Missbildungen<br />
der Lebensmittelüberwachungsbehörde um Mithilfe bat,<br />
nachdem sich Passanten bei der Polizei beschwert hatten.<br />
Bürger waren in einer Schrebergartensiedlung auf zwei<br />
Männer aufmerksam geworden, die eine Ziege am Strick<br />
hinter sich herführten. Die Passanten berichteten, dass die<br />
17
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Männer beabsichtigten, die Ziege zu schlachten.<br />
Den Ernst der Lage erkennend, zog die Polizei eine<br />
Amtstierärztin hinzu. Als diese an der Schlachtstätte<br />
eintraf, kam für das Tier jedoch bereits jede Hilfe<br />
zu spät. Die Ziege war getötet <strong>und</strong> in einzelne Teile<br />
zerlegt worden. Das Fell <strong>und</strong> ein Teil der Organe waren<br />
im Boden vergraben worden. Die Tierärztin erläuterte den<br />
selbst ernannten Metzgern, dass sie nicht nur gegen Bestimmungen<br />
des Tierseuchen- <strong>und</strong> Tierschutzrechtes verstoßen<br />
hatten, sondern dass es sich in diesem Fall zusätzlich noch<br />
um eine Schwarzschlachtung handelte. Ziegen unterliegen<br />
vor <strong>und</strong> nach der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung<br />
(Schlachttier- <strong>und</strong> Fleischuntersuchung), wenn ihr Fleisch<br />
zum Genuss für Menschen bestimmt ist. Die zuständige Behörde<br />
kann zwar bei Schlachtungen außerhalb gewerblicher<br />
Schlachtstätten, wenn das Fleisch ausschließlich im eigenen<br />
Haushalt des Besitzers verwendet werden soll (Hausschlachtungen),<br />
im Einzelfall von einer Schlachttieruntersuchung befreien,<br />
nicht aber von der Fleischuntersuchung. Die Herren<br />
waren sich der Tragweite ihres Vergehens vermutlich nicht<br />
bewusst. Fre<strong>und</strong>lich fragten sie die Tierärztin, ob man nicht<br />
von einer Strafe absehen <strong>und</strong> sich das Fleisch teilen könne.<br />
Dieses großzügige Angebot wurde jedoch von der Beamtin<br />
dankend abgelehnt. Die vergrabenen Tierkörperreste wurden<br />
wieder ausgegraben <strong>und</strong> zusammen mit dem Fleisch<br />
sichergestellt. Gegen die Herren wurden Strafanzeigen bei<br />
der Staatsanwaltschaft gestellt.<br />
Hersteller<br />
Metzgereien<br />
„Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht“<br />
oder wie ein Dönersteckbetrieb seine Zulassung<br />
nach EU-Recht verspielte<br />
Hier ist weniger an das Lustspiel Heinrich von Kleists „Der<br />
zerbrochne Krug“ gedacht als an die Symbolik des Wortes<br />
„zerbrochen“, weil nicht nur die Aussicht auf eine unbefristete<br />
Zulassung in dem hier beschriebenen Fall zerbrach.<br />
Im vorliegenden Fall erhielt ein Fleischverarbeitungsbetrieb<br />
zunächst eine befristete Zulassung mit dem Ziel, die vom<br />
europäischen Hygienerecht bis Ende 2009 geforderte endgültigen<br />
Zulassung zu erlangen. Dies setzt jedoch voraus,<br />
dass u. a. die betrieblichen Anforderungen nach den Vorgaben<br />
der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 für die Herstellung<br />
von Fleischzubereitungen in Form von Drehspießen<br />
aus Fleisch <strong>und</strong> Geflügelfleisch erfüllt werden, weshalb nun<br />
die notwendigen amtstierärztlichen Kontrollen folgten. Eine<br />
Vielzahl von Mängeln wurde dabei festgestellt, So konnten<br />
beispielsweise gr<strong>und</strong>legende Dokumentationen wie die<br />
der Temperaturaufzeichnungen mangels funktionierender<br />
technischer Einrichtung nur noch von Hand vorgenommen<br />
werden. Im Betrieb befindliches Frischfleisch war nicht<br />
mehr eindeutig zu identifizieren <strong>und</strong> damit nicht mehr rückverfolgbar,<br />
weil jede Kennzeichnung an den Euro-Kisten<br />
fehlte. Betriebseigene mikrobiologische Untersuchungen<br />
im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 waren nur<br />
lückenhaft dokumentiert. Der schon früher als Kontaminationsquelle<br />
festgestellte Frischwassercontainer befand sich<br />
nach wie vor im Betrieb, <strong>und</strong> der daraus entstandenen Verpflichtung<br />
zur vierteljährlichen mikrobiologischen Untersuchung<br />
war nicht nachgekommen worden. Die bei der Zerlegung<br />
angefallenen Fleischabschnitte waren je nach Bedarf<br />
tiefgefroren worden, um dann bei Gelegenheit wieder eingearbeitet<br />
zu werden. Dazu hätte es einer Erweiterung der<br />
befristeten Zulassung bedurft. Art <strong>und</strong> Umfang der festgestellten<br />
Mängel machten es unumgänglich, den Weg der<br />
behördlichen Anordnung zur Beseitigung der Missstände<br />
zu beschreiten. Inzwischen musste bei weiteren Kontrollen<br />
festgestellt werden, dass Ware verkauft werden sollte, für<br />
die keine betrieblichen Untersuchungsergebnisse vorgelegt<br />
werden konnten. Daraufhin wurden amtliche Proben<br />
von Putenfleisch zur Überprüfung der betrieblichen Eigenkontrolle<br />
entnommen. In diesen Fleischproben fanden sich<br />
schließlich sowohl Salmonella enteriditis als auch Escherichia<br />
coli-Bakterien. Als die Warenbestände hinsichtlich<br />
der als nicht verkehrsfähig beurteilten Spieße überprüft<br />
wurden, konnte mangels betriebsinterner Chargenbildung<br />
<strong>und</strong> Kennzeichnung nicht ermittelt werden, welche Spieße<br />
in einem bestimmten Produktionszeitraum hergestellt<br />
worden waren. Betriebseigene Untersuchungsergebnisse<br />
hinsichtlich der mikrobiologischen Qualität lagen nicht<br />
vor. Auch der Verbleib zwischenzeitlich laut Lieferscheinen<br />
nach Italien verkaufter Ware konnte nicht nachvollzogen<br />
werden. Insgesamt mussten 20 Tonnen tiefgefrorene Geflügelfleischspieße<br />
mit einem geschätzten Warenwert von<br />
80.000 Tausend Euro sichergestellt <strong>und</strong> unter amtlicher<br />
Aufsicht entsorgt werden. Die gesamten Umstände führten<br />
nun dazu, dass die Produktion von Fleischzubereitungen<br />
mittels behördlicher Anordnung endgültig untersagt <strong>und</strong><br />
damit auch eingestellt wurde. Letztlich ist aufgr<strong>und</strong> der<br />
fehlenden Bereitschaft des Lebensmittelunternehmers, das<br />
klar formulierte europäische Hygienekonzept in Zusammenarbeit<br />
mit den zulassenden <strong>und</strong> überwachenden Behörden<br />
zu verwirklichen, eine Zulassung im wahrsten Sinne<br />
des Wortes verspielt worden. Die befristete Zulassung<br />
wurde nach Betriebsaufgabe widerrufen, die Löschung der<br />
Bekanntmachung im B<strong>und</strong>esanzeiger veranlasst.<br />
Feuerwehr im Einsatz<br />
Ein Herstellungsbetrieb für Döner-Kebab-Spieße hatte seine<br />
Produktion eingestellt. Sieben Tonnen Restware, wie<br />
Verarbeitungsfleisch <strong>und</strong> Hackfleisch-Spieße wurden in<br />
einem Tiefkühlraum aufbewahrt. Bei einer Routinekontrolle<br />
entdeckte die Lebensmittelüberwachung, dass die Kühlung<br />
in dem Tiefkühlraum ausgefallen <strong>und</strong> sämtliches Fleisch<br />
verdorben war. Durch die Zersetzungsvorgänge von sieben<br />
Tonnen Fleischeiweiß entstand derart viel Ammoniakgas,<br />
dass die Feuerwehr zu Hilfe gerufen wurde, um das Fleisch<br />
18
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
mit Atemschutzausrüstung aus dem Betrieb zu befördern.<br />
Sämtliches Material wurde in einer Tierkörperbeseitigungsanlage<br />
entsorgt. Außerdem mussten noch drei Tonnen Gewürze<br />
beseitigt werden, die ebenfalls im Betrieb lagerten<br />
<strong>und</strong> inzwischen feucht <strong>und</strong> von Schimmel befallen waren.<br />
Der Besitzer stimmte einer Entsorgung der Lebensmittel<br />
auf seine Kosten zu.<br />
Ges<strong>und</strong>heitsgefährdung durch Rohwurst<br />
Die routinemäßig gezogenen Planproben bringen so manche<br />
Unzulänglichkeiten in einem Lebensmittelunternehmen<br />
zum Vorschein. Im vorliegenden Fall wurden in einer<br />
Metzgerei in einer Teewurst Listerien in einer ges<strong>und</strong>heitsgefährdenden<br />
Konzentration nachgewiesen. Eine Kaskade<br />
behördlicher Sofortmaßnahmen war zum Schutz des Verbrauchers<br />
zu veranlassen. Die Handlungen erstreckten sich<br />
vom Verkaufsverbot, den Ermittlungen über eventuell vorhandene<br />
Restbestände, die unschädliche Beseitigung der<br />
betroffenen Charge bis hin zu zusätzlichen Probenahmen<br />
weiterer Fleischerzeugnisse <strong>und</strong> Umgebungsuntersuchungen<br />
an Einrichtungen, Anlagen <strong>und</strong> Gerätschaften mittels<br />
Abklatsch-/Tupferproben. Letztere erbrachten weitere Listerienbef<strong>und</strong>e,<br />
so dass das Verkaufsverbot auch auf andere<br />
Fleischerzeugnisse ausgedehnt wurde. Auch der Betreiber<br />
der Metzgerei war nicht untätig <strong>und</strong> intensivierte die Reinigungs-<br />
<strong>und</strong> Desinfektionsmaßnahmen <strong>und</strong> ließ die Effizienz<br />
derselben mittels Abklatschproben durch ein beauftragtes<br />
Labor prüfen. Des Weiteren ließ der Betroffene Versuchschargen<br />
unter Verwendung von neuen Gewürzpackungen<br />
<strong>und</strong> Pökelsalz produzieren. Jede Stufe der Produktion von<br />
der Schlachtung über die Zerlegung bis zum Endprodukt<br />
wurde mikrobiologisch überprüft <strong>und</strong> amtlich sachverständig<br />
begleitet. Es folgte eine fortlaufende Umstellung der<br />
Produktionsabläufe, gepaart mit einer Optimierung der Reinigungs-<br />
<strong>und</strong> Desinfektionsmaßnahmen. Letztlich waren<br />
die Listerien verschw<strong>und</strong>en. Der Erfolg lag in der Summe<br />
aller Einzelmaßnahmen <strong>und</strong> vor allem in der kooperativen<br />
<strong>und</strong> konstruktiven Zusammenarbeit des Betreibers der<br />
Metzgerei mit der Lebensmittelüberwachung.<br />
anschließenden Herstellungsprozess wurden diese Knochen-<br />
bzw. Sehnenplatten fein zerkleinert. Dieser Vorgang<br />
ist ein Beispiel dafür, dass nur Betriebskontrollen<br />
einen Laborbef<strong>und</strong> ins rechte Licht stellen können. Die<br />
Hersteller wurden angehalten, ihre Ausgangsware besser<br />
herzurichten.<br />
Bäckereien <strong>und</strong> Konditoreien<br />
Der lange Marsch zum Handwaschbecken<br />
Da w<strong>und</strong>erten sich die Lebensmittelkontrolleure bei der<br />
Überprüfung einer Bäckereifiliale dann doch, als sie von<br />
einer der beiden Verkäuferinnen auf die Frage, wo sich<br />
denn die Handwascheinrichtung befände, zur Antwort<br />
bekamen, dass sie sich dann etwas überziehen würde,<br />
denn man müsste schon ein Stück gehen <strong>und</strong> es sei zugig,<br />
aber man hätte ja Glück, denn sie könnte die Filiale<br />
verlassen, weil sie zu zweit seien. Man verließ die Filiale<br />
durch eine Seitentür, überquerte eine Hofeinfahrt, betrat<br />
einen Seitenbau, durchquerte zwei große dunkle Lagerräume<br />
voller leerer Transportkisten, vorbei an Spinnwebenbehängen,<br />
um in einer hinteren Ecke am Ende des<br />
Anbaus auf ein steinernes Handwaschbecken <strong>und</strong> eine<br />
daneben befindliche Spüle zu treffen. Dazwischen zwei<br />
Transportkisten, ein Spültuch darüber <strong>und</strong> darauf standen<br />
Warmhaltekannen für Kaffee neben den Utensilien zum<br />
Spülen. Allein der Verschmutzungsgrad beider Einrichtungen<br />
ließ die beiden Lebensmittelkontrolleure zu der<br />
Erkenntnis kommen, dass das gänzlich gesprungene steinerne<br />
Waschbecken keineswegs als Handwaschbecken<br />
einzustufen war, von Funktionalitätsüberprüfungen ganz<br />
zu schweigen. Abgesehen von den hier notwendigen behördlichen<br />
Maßnahmen wurde anhand der Verordnung<br />
(EG) Nr. 852/2004 erläutert, dass Handwaschbecken<br />
nicht nur an geeigneten Standorten, dort mit Kalt- <strong>und</strong>-<br />
Warmwasserzufuhr, sondern auch mit geeigneten Mitteln<br />
zum Händewaschen <strong>und</strong> hygienischen Händetrocknen<br />
versehen sein müssen. Aber immerhin war die Spüleinrichtung<br />
vom Handwaschbecken getrennt.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
„Fleisch oder nicht Fleisch war hier die Frage“<br />
In einer Untersuchung von Planproben fielen neben einem<br />
Döner auch so genannte Saftwürstchen mit einem<br />
hohen Anteil an Knochenpartikeln im Labor auf. Die Untersuchungsbef<strong>und</strong>e<br />
eines Döners mit 1,8 Knochenpartikeln<br />
pro cm 2 sowie der Gehalt von 7,5 Knochenpartikeln<br />
pro cm 2 eines Saftwürstchens ließen den Verdacht<br />
aufkommen, dass diese unter Verwendung von Separatorenfleisch<br />
hergestellt wurden. Zur Absicherung der Ergebnisse<br />
wurden deshalb in beiden Herstellerbetrieben<br />
Betriebskontrollen durch die Lebensmittelüberwachung<br />
vor Ort durchgeführt. Das Ergebnis war überraschend.<br />
In beiden Fällen stellte sich heraus, dass kein Separatorenfleisch<br />
verwendet wurde, jedoch bei der Herrichtung<br />
des Ausgangsfleisches am Fleisch anhaftende Knochenbzw.<br />
Sehnenplatten nicht sauber abgelöst wurden. Beim<br />
19
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Lebensmittelüberwachung sorgte für den Erhalt<br />
von mehreren h<strong>und</strong>ert Arbeitsplätzen<br />
In einer Nacht im Mai fand in einer Großbäckerei ein<br />
Großbrand mit mehreren Millionen Euro Schaden statt.<br />
Dies erfuhr die örtliche Lebensmittelüberwachung am darauf<br />
folgenden Morgen durch die Radiomeldungen. Sofort<br />
wurde der betroffene Betrieb aufgesucht. In dem von<br />
Brand <strong>und</strong> Rauch schwer beschädigten Gebäude befanden<br />
sich Teigrohlinge im Wert von ca. 300.000 Euro <strong>und</strong><br />
Rohstoffe im Wert von mehreren h<strong>und</strong>ert Tausend Euro.<br />
Der Betriebsverantwortliche veranlasste die freiwillige<br />
Entsorgung der beeinträchtigen Waren. Betroffen durch<br />
den Brand waren auch ca. 35 Filialen, die von der Großbäckerei<br />
beliefert wurden, <strong>und</strong> ungefähr 300 Arbeitsplätze.<br />
Für das schwer beschädigte Gebäude musste deshalb<br />
unverzüglich ein Ersatz gef<strong>und</strong>en werden, damit die Produktion<br />
<strong>und</strong> der Versand weitergehen konnten, um die<br />
K<strong>und</strong>en wie gewohnt zu versorgen. Backwaren wurden<br />
zunächst zum überwiegenden Teil zugekauft oder bei einer<br />
Bäckerei im Nachbarkreis in Sonderschichten zusätzlich<br />
produziert. In einer leer stehenden Fabrikhalle wurde<br />
nach kurzer Suche eine Übergangsmöglichkeit für die<br />
Distributionslogistik gef<strong>und</strong>en. Das erheblich verschmutzte<br />
Betriebsgebäude selbst sowie die Einrichtung wurden<br />
durch eine Spezialfirma gründlich saniert, so dass nach<br />
erfolgter Kontrolle der Lebensmittelüberwachung einzelne<br />
Bereiche nach <strong>und</strong> nach zur Produktion freigegeben<br />
werden konnten. Die Lebensmittelüberwachung stand<br />
dem Betriebsverantwortlichen für die Vorbereitung der<br />
Übergangsproduktion <strong>und</strong> zur Klärung lebensmittelhygienischer<br />
Fragen praktisch r<strong>und</strong> um die Uhr zur Verfügung,<br />
um immer wieder Teilkontrollen durchzuführen <strong>und</strong> Teilfreigaben<br />
an der neuen Produktionsstätte zu ermöglichen.<br />
Auch wurde das Chemische- <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsamt<br />
Stuttgart zur Beratung zugezogen. Es gab in dieser<br />
„kritischen“ Zeit weder bei Betriebsbesuchen noch bei Probenahmen<br />
Beanstandungen. Nur dem Schulterschluss mit<br />
der Lebensmittelüberwachung war es zu verdanken, dass<br />
der Betrieb schon nach kurzer Übergangzeit an einer neuen<br />
Betriebsstätte produzieren <strong>und</strong> somit alle Filialen <strong>und</strong><br />
Arbeitsplätze erhalten konnte.<br />
Holzofenbrot ohne Holzofen<br />
Ein Bäcker zeichnete sein Brot als „Holzofenbrot“ aus,<br />
obwohl er gar keinen Holzbackofen besaß. Vielleicht<br />
eine Wunschvorstellung, denn er hielt eisern an der Bezeichnung<br />
fest. Erstmals fiel dem Lebensmittelkontrolleur<br />
die irreführende Bezeichnung bei der Kontrolle einer<br />
seiner Bäckereifilialen auf, da ihm bekannt war, dass es<br />
im Hauptbetrieb nur Steinöfen gab. Der Betriebsinhaber<br />
wurde aufgefordert, die Leitsätze für Backwaren <strong>und</strong> die<br />
ordnungsgemäße Kennzeichnung zu beachten. Es dauerte<br />
schließlich fünf Monate, bis der besagte Bäcker die<br />
Bezeichnung „Holzofenbrot“ aus seiner Kennzeichnung<br />
entfernte. Das war zu viel des Guten, so dass der Fall an<br />
die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde.<br />
Die Bäckerei als Mäuseparadies<br />
Durch einen anonymen Anruf wurde die Lebensmittelüberwachung<br />
auf eine Bäckerei aufmerksam, die besser den<br />
Namen „Mäuseparadies“ verdient hätte. In dieser Bäckerei<br />
fühlten sich die Mäuse wohl, sie spazierten ungestört durch<br />
Lager- <strong>und</strong> Verkaufsräume, auf ihren Wegen hinterließen<br />
sie ihre Notdurft so wie es ihnen gefiel, hatten freien Aus<strong>und</strong><br />
Eingang über ein Loch in der Wand des Gebäudes <strong>und</strong><br />
vergesellschafteten sich sogar noch mit den Schaben. Zwei<br />
Kandidaten aus der Mäusefamilie hatten sich wohl etwas<br />
übernommen, sie ließen ihr Leben <strong>und</strong> wurden beim Verrücken<br />
eines Tiefkühlschrankes im Lagerraum entdeckt. Die<br />
sofortige Bestellung eines Schädlingsbekämpfungsbetriebs<br />
<strong>und</strong> eine Gr<strong>und</strong>reinigung mit anschließender Desinfektion<br />
war das Ende des Mäuseparadieses. Gegen den Inhaber<br />
wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet.<br />
Häufig Mängel beim Transport von Back- <strong>und</strong><br />
Konditoreiwaren, aber „warum kompliziert, wenn<br />
es auch einfach geht“<br />
Fahrzeuge, die im Zusammenhang mit Überprüfungen der<br />
zugehörigen Bäckerei- bzw. Konditoreibetriebe kontrolliert<br />
wurden, entsprachen hinsichtlich ihrer baulichen Beschaffenheit<br />
<strong>und</strong> des Umgangs mit den transportierten Lebensmitteln<br />
häufig nicht den hygienerechtlichen Anforderungen.<br />
So waren beispielsweise Innenwände <strong>und</strong> Bodenbeläge<br />
stark beschädigt, die eingelegten Matten zerfleddert, löcherig<br />
<strong>und</strong> verschmutzt. Transportkörbe, die in aller Regel<br />
gitterförmige Stellflächen aufweisen, wurden direkt auf diesen<br />
unsauberen Matten abgestellt. Private Gegenstände im<br />
Transportraum waren keine Seltenheit. Torten <strong>und</strong> andere<br />
empfindliche feine Backwaren wurden auch in der warmen<br />
Jahreszeit ohne Kühlung an die Filialen geliefert. Obwohl<br />
meistens mehrere Filialen nacheinander beliefert wurden,<br />
handelte es sich nach Auffassung der Verantwortlichen um<br />
„kurze Transportzeiten“, so dass sie die Notwendigkeit einer<br />
Kühlung bisher nicht in Betracht gezogen hatten. Die<br />
Lebensüberwachung fand hier eine einfache, aber gute Lösung<br />
<strong>und</strong> ordnete die Beschaffung von Boxen an, in denen<br />
die erforderliche Temperatur mittels Kühlelementen gehalten<br />
werden kann <strong>und</strong> gleichzeitig die zu transportierenden<br />
Erzeugnisse vor anderen nachteiligen Einflüssen geschützt<br />
werden.<br />
20
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Brezelfabrik produzierte tausende Brezeln hinter<br />
einer Bretterwand<br />
In einer großen Brezelbäckerei wurden hinter einer Bretterwand<br />
in einem alten, eigentlich stillgelegten Produktionsbereich<br />
frische Brezeln produziert. Angeblich handelte<br />
es sich um eine „Versuchsproduktion“, aus der jedoch<br />
schon 5.000 Brezeln in der Tiefkühlung waren. Die äußeren<br />
Umstände, wie festgetrocknete Teigreste <strong>und</strong> ausgelaufene<br />
Natronlauge, zeugten davon, dass die Produktion<br />
nicht einmalig stattgef<strong>und</strong>en hatte. Der gesamte Produktionsbereich<br />
war massiv verunreinigt, zwischen alten<br />
Teigresten befand sich massenhaft Ratten- <strong>und</strong> Mäusekot<br />
sowie ein Haufen zusammengefegter Zigarettenkippen.<br />
An den Öffnungsklappen im Inneren des Frosters<br />
hingen dicke Schmutzablagerungen. Bei tiefgekühlten<br />
Lebensmitteln war das Mindesthaltbarkeitsdatum bereits<br />
fünf Jahre überschritten. Bei diesem Kandidaten hatte<br />
auch die Innung keinen Erfolg. Trotz jahrelanger Aufklärung<br />
von Seiten der Innung <strong>und</strong> der Lebensmittelüberwachung<br />
wurde in dem Betrieb noch immer Laugengebäck<br />
direkt auf Alu-Blechen gebacken. Ungeachtet der<br />
Verpflichtung, ihr Personal mindestens einmal jährlich<br />
in Hygienefragen zu schulen, schien es die Verantwortlichen<br />
nicht zu stören, dass die Personaltoiletten völlig<br />
verdreckt waren, Putzgeräte für den Produktionsbereich<br />
in Toilettenräumen aufbewahrt wurden, übel riechende,<br />
zerfledderte Putzlappen zum Einsatz kamen oder die Arbeitskleidung<br />
auch in verschmutztem Zustand am nächsten<br />
Tag weiter getragen wurde. In einer großen Zahl von<br />
Betrieben finden diese Schulungen offensichtlich nicht<br />
statt, weil die Betriebsinhaber damit überfordert sind<br />
bzw. sich mit den gesetzlichen Vorgaben noch immer<br />
nicht auseinandergesetzt haben.<br />
Laugenbrezel verursachte Verätzungen beim<br />
Verbraucher<br />
Der Verzehr einer Butterbrezel hatte böse Folgen. Ein Verbraucher<br />
erlitt an Lippen sowie M<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Rachenraum<br />
Verätzungen, nachdem er eine Butterbrezel gegessen hatte.<br />
Unmittelbar nach dem Verzehr traten mit Jucken <strong>und</strong><br />
Beißen einhergehenden Symptome auf, gefolgt von Brennen,<br />
nässenden Bläschen <strong>und</strong> allgemeinem Unwohlsein.<br />
Daraufhin setzte sich der Geschädigte mit der betreffenden<br />
Bäckerei <strong>und</strong> der Polizei in Verbindung. Bei der unverzüglichen<br />
gemeinsamen Kontrolle des Bäckereibetriebes durch<br />
die Polizei <strong>und</strong> die Lebensmittelüberwachung konnte die<br />
maßgebliche Ursache schnell ermittelt werden. In der vorausgegangenen<br />
Nacht wurde in der Bäckerei durch einen<br />
Backofenhersteller ein neuer Ofen in Betrieb genommen.<br />
Um ein besseres Backergebnis zu erzielen, wurden die<br />
Oberflächen in den Backräumen mit Brezellauge ausgestrichen<br />
<strong>und</strong> eingebrannt. Anschließend wurden die Rückstände<br />
der eingebrannten Lauge ausgefegt bzw. ausgesaugt.<br />
Dieser Vorgang wurde mehrmals wiederholt, damit<br />
keine Brezeln am Ofen anhaften. Bei den Reinigungsarbeiten<br />
wurde jedoch offensichtlich nicht gründlich genug<br />
gearbeitet, so dass zumindest eine Brezel mit Laugenanhaftungen<br />
in den Verkauf gelangen konnte. Die Reste der<br />
beanstandeten Butterbrezel wurden zur Untersuchung an<br />
das Chemische <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsamt geschickt.<br />
Die Untersuchung ergab, dass die Unterseite der Brezel<br />
einen pH-Wert von 9,9 in 100 ml Probenlösung aufwies,<br />
also stark alkalisch war. Das Sachverständigengutachten<br />
bestätigte somit die Feststellungen der Lebensmittelkontrolleure.<br />
Der betroffene Verbraucher befand sich mehrere<br />
Tage in ambulanter ärztlicher Behandlung, trug aber zum<br />
Glück keine bleibenden Schäden davon.<br />
21
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Hohe Risikobereitschaft<br />
In einer Großbäckerei wurden von der Lebensmittelüberwachung<br />
schadhafte Kettenbänder der Vorbacköfen <strong>und</strong><br />
Backöfen beanstandet. Einzelne Glieder waren auf eine<br />
Weise ausgebrochen, dass grobe Metallteile freigesetzt<br />
wurden. Ein Eintrag von Fremdkörpern in die Backwaren<br />
war wahrscheinlich. Doch solange der Metalldetektor des<br />
Betriebes nicht eingeschaltet wird, bleibt dies unbemerkt.<br />
Die Lebensmittelüberwachung ging der Sache auf den<br />
Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> schob ein markiertes, mit ausgebrochenen Gliederteilen<br />
versetztes Brötchen durch den Detektor. Doch<br />
das Gerät zeigte keine Reaktion. Den Betreiber der Großbäckerei<br />
kümmerte dies wohl wenig. Ob er sich seiner hohen<br />
Risikobereitschaft wirklich bewusst war? Sollte ein mit<br />
einem Metallteil versetztes Brötchen an den Verbraucher<br />
gelangen, wäre von einer Ges<strong>und</strong>heitsgefahr auszugehen,<br />
deren Folge sogar mit einer Anzeige wegen Körperverletzung<br />
einhergehen könnte. Das hätte kein gutes Ende für<br />
den Betreiber der Großbäckerei.<br />
Brauereien<br />
Ammoniakgeruch in einer Brauerei<br />
Eine Brauerei, die zum wiederholten Male durch hygienische<br />
Mängel auffiel, hatte dieses Mal beim Kontrollgang durch die<br />
Lebensmittelüberwachung noch mehr zu bieten. Eingangs<br />
wurden stark verschmutzte <strong>und</strong> mit altem Malzstaub verkrustete<br />
Fußböden, Transportschnecken, Abdeckungen beanstandet.<br />
Schwarz verschimmelte Decken, Wände <strong>und</strong> die<br />
Oberfläche eines Kühlaggregats waren auch auf der Liste.<br />
Auch Spinnen waren in allen Ecken <strong>und</strong> Nischen heimisch<br />
<strong>und</strong> Kriechspuren von Insekten ließen die Beheimatung anderer<br />
Kleintiere erahnen. Im Bereich der Flaschenabfüllung<br />
war zwar zwischen der Flaschenwaschmaschine <strong>und</strong> der<br />
Abfüllanlage ein automatisches Laugenkontrollgerät installiert.<br />
Laut Aussage des Verantwortlichen <strong>und</strong> gemäß Eintragungen<br />
in einem Kalender wurde die Funktionsfähigkeit des<br />
Gerätes jedoch nur einmal pro Abfülltag überprüft. Eine ausgewiesene<br />
präparierte Kontrollflasche konnte auf Befragen<br />
nicht vorgezeigt werden. Doch der Gipfel des Ganzen stand<br />
dem Kontrolleur noch bevor, er musste nur immer der Nase<br />
nachgehen. So wurde in verschiedenen Betriebsräumen der<br />
Brauerei ein deutlicher Geruch nach Ammoniak feststellbar.<br />
Ammoniak wird in Brauereien häufig als Kühlmittel eingesetzt.<br />
Dies ist unbedenklich, sofern das Kühlsystem gasdicht<br />
ist. Im vorliegenden Fall war dies nicht gegeben. Als Ursache<br />
für den Ammoniakgeruch war eine Undichtigkeit im recht<br />
betagten Kühlsystem feststellbar. Aus den Äußerungen des<br />
Verantwortlichen war zu schließen, dass ihm dies schon seit<br />
längerem bekannt war. Er sah jedoch offensichtlich keine<br />
Notwendigkeit, geeignete Maßnahmen zur Behebung des<br />
Mangels zu ergreifen. Doch dies war die längste Zeit so<br />
gewesen, die Lebensmittelüberwachung brachte die Notwendigkeit<br />
in der Sache gegenüber dem Betreiber klar zum<br />
Ausdruck.<br />
Hersteller <strong>und</strong> Importeure von<br />
Bedarfsgegenständen<br />
„Große Größen für starke Frauen“,<br />
die Rückrufaktion der besonderen Art<br />
Im August <strong>2008</strong> musste eine Charge rote Damenslips zurückgerufen<br />
werden, weil in dem als Futterstoff verwendeten<br />
roten Tüll Rückstände eines für Kleidung verbotenen Azofarbstoffs<br />
nachgewiesen worden waren. Die europaweite<br />
Schnellwarnung trug eine nicht alltägliche Betitelung – „rote<br />
Damenslips, große Größen für starke Frauen“. Doch mit<br />
Azofarbstoffen lässt sich nicht spaßen, nachdem bewiesen<br />
wurde, dass der menschliche Körper in der Lage ist, durch<br />
reduktive Spaltung die aufgenommenen Azofarbstoffe an<br />
der Azobrücke wieder in die Ausgangsstoffe zu spalten. Dies<br />
kann durch Darmbakterien, durch Azoreduktasen der Leber<br />
oder extrahepatisches Gewebe geschehen. Daher gibt es<br />
den Verdacht, dass alle Azofarbstoffe, die eine freisetzbare<br />
kanzerogene Arylaminkomponete enthalten, ein krebserzeugendes<br />
Potenzial haben. Azofarbstoffe, die aus mindestens<br />
einem dieser kanzerogenen Amine aufgebaut sind, sind in<br />
Bedarfsgegenständen in Deutschland verboten. Auch nach<br />
der europäischen Richtlinie 2002/61/EG ist die Verwendung<br />
in Bedarfsgegenständen verboten, die durch reduktive Spaltung<br />
von Azogruppen derartige Amine mit mehr als 30 ppm<br />
im Fertigerzeugnis freisetzen können. Dieses Verbot gilt für<br />
Textilien <strong>und</strong> Leder, die mit der menschlichen Haut oder der<br />
M<strong>und</strong>höhle direkt <strong>und</strong> längere Zeit in Berührung kommen<br />
können. In Europa werden diese Farbstoffe in der Textil- <strong>und</strong><br />
Lederindustrie seit Jahren nicht mehr eingesetzt.<br />
Da auch Importware aus Drittländern, wie in dem anschließend<br />
beschriebenen Fall aus China, nicht mit derartigen<br />
ges<strong>und</strong>heitsgefährdenden Farbstoffen gefärbt werden darf,<br />
werden von den zuständigen Behörden stichprobenartige<br />
Untersuchungen veranlasst. Bei der Untersuchung eines<br />
Kinderkostüms, das als Aktionsware über einen Discounter<br />
b<strong>und</strong>esweit vertrieben wurde, wurden verbotene <strong>und</strong><br />
krebserzeugende Azofarbstoffe festgestellt. Der deutsche<br />
Verkäufer ließ die Ware in China fertigen. Im Vorfeld des<br />
Vertriebs der Ware wurden zwar Muster im Rahmen von<br />
Eigenuntersuchungen des Verkäufers sowie des Discounters<br />
vorgenommen, jedoch nicht speziell auf die krebserzeugenden<br />
Azofarbstoffe untersucht. Aufgr<strong>und</strong> des amtlichen<br />
22
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Gutachtens erfolgte eine europaweite Schnellwarnung. Der<br />
Verkäufer veranlasste freiwillig den Rückruf dieser Ware. Der<br />
Fall wurde zu weiteren Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft<br />
weitergeleitet.<br />
Rückverfolgbarkeit <strong>und</strong> Eigenkontrollen –<br />
der Teufel liegt im Detail<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden die Kontrollen von Betrieben, die Bedarfsgegenstände<br />
herstellen oder importieren gegenüber<br />
dem Vorjahr abermals ausgeweitet <strong>und</strong> insgesamt 28 Betriebe<br />
unter die Lupe genommen. Weiter im Fokus lag die<br />
Überprüfung des seit Oktober 2006 für Lebensmittelbedarfsgegenstände<br />
vorgeschriebenen Rückverfolgbarkeitssystems.<br />
Diese Vorschrift wird bei den Herstellerbetrieben in<br />
der Regel beachtet <strong>und</strong> ernst genommen. Die Möglichkeit,<br />
ein Material oder einen Gegenstand durch alle Herstellungs-,<br />
Bearbeitungs- <strong>und</strong> Vertriebsstufen zurück zuverfolgen wird<br />
auf unterschiedliche Art <strong>und</strong> Weise realisiert, wobei hier tendenziell<br />
auf den Einsatz EDV-basierter Systeme gesetzt wird.<br />
In der Regel können aber durchweg die entsprechenden<br />
Daten zu Lieferanten <strong>und</strong> Abnehmern, sämtliche Informationen,<br />
die im Laufe des Herstellungsprozesses erhalten werden,<br />
schnell <strong>und</strong> abrufbar erfasst werden. Die Ausweitung<br />
der Kontrollen hat aber auch gezeigt, dass zwar erfreulicherweise<br />
die Unterlagen zur Rückverfolgbarkeit zur Verfügung<br />
stehen, dass aber immer noch nicht bei allen Betrieben<br />
schlüssige Eigenkontrollsysteme eingeführt sind. Auffällig<br />
ist auch, dass in den wenigsten Fällen eigene Untersuchungen<br />
zur Überprüfung der Rechtskonformität durchgeführt<br />
oder in Auftrag gegeben werden. Vielmehr verlassen sich<br />
viele Betriebe ausschließlich auf Konformitätsbescheinigungen<br />
der Vorlieferanten. Die Verantwortlichen gehen davon<br />
aus, dass damit das Fertigerzeugnis ebenfalls den gesetzlichen<br />
Anforderungen entspricht. Wie in so vielen Fällen steckt<br />
„der Teufel im Detail“ oder besser gesagt im Kleingedruckten<br />
dieser Konformitätsbescheinigungen. Denn hier wird in<br />
der Regel darauf verwiesen, dass zwar beispielsweise die<br />
Rohstoffe die rechtlichen Anforderungen erfüllen, dass aber<br />
das Fertigerzeugnis maßgebend ist <strong>und</strong> vom Hersteller gesondert<br />
überprüft werden muss. Dieser Hin-weis hat einen<br />
guten Gr<strong>und</strong>, denn im Herstellungsprozess des Fertigerzeugnisses<br />
finden in der Regel Veränderungen des Materials<br />
statt, woraus eventuell ein geändertes Migrationsverhalten<br />
bestimmter Stoffe resultiert <strong>und</strong> in der Folge die Einhaltung<br />
bestimmter Migrationslimits gefährdet sein kann. Auch regelmäßige<br />
sensorische Tests der Fertigware sind immer<br />
noch nicht üblich, obwohl bekannt ist, dass die sensorische<br />
Neutralität zumindest bei Lebensmittelbedarfsgegenständen<br />
ein absolutes Muss ist. Bei den überprüften Importeuren <strong>und</strong><br />
Großhändlern fiel positiv auf, dass Qualitätsmanagementsysteme<br />
vorhanden waren <strong>und</strong> bei Auffälligkeiten reagiert<br />
werden kann. So waren Bilderbücher aus China durch sehr<br />
hohe Naphthalingehalte aufgefallen. Der Importeur reagierte<br />
erfreulich schnell <strong>und</strong> hat etwa 11.000 Exemplare dieser<br />
auffälligen Produktcharge freiwillig vom Handel zurückgerufen<br />
<strong>und</strong> vernichten lassen.<br />
Aufgefallen ist auch, dass Hersteller von Bedarfsgegenständen<br />
mit Körperkontakt nicht wussten, dass sie gesetzlich<br />
festgelegte Anforderungen im Sinne des ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Verbraucherschutzes einhalten müssen <strong>und</strong> wie die chemische<br />
Zusammensetzung dieser Produkte demzufolge aussehen<br />
muss. Sie sind auch dementsprechend nicht darauf<br />
vorbereitet, wenn Erzeugnisse aufgr<strong>und</strong> der chemischen<br />
Zusammensetzung auffallen <strong>und</strong> dies weitere Maßnahmen<br />
durch den Hersteller erforderlich macht. Infolge einer derartigen<br />
Beanstandung wird meist aus mangelnder Fachkenntnis<br />
<strong>und</strong> aus Kostengründen, ein „nur“ spezifisch auf den entsprechenden<br />
Stoff ausgerichteter Untersuchungsauftrag an<br />
ein externes Labor erteilt. Offensichtlich wird ein derartiger<br />
Auftrag von Seiten der für den Hersteller tätigen Untersuchungslaboratorien<br />
nicht hinterfragt. Eine produktspezifische<br />
Beratung, ob weitere Untersuchungen notwendig sind, findet<br />
oft nicht statt.<br />
Lebensmitteleinzelhandel<br />
Kurioses<br />
Eine Verbraucherin überbrachte eine mit drei „Metallpfeilen“<br />
gespickte Orange, die sie in einem Supermarkt gekauft hatte.<br />
Diese „Pfeile“ entpuppten sich als Glas- <strong>und</strong> Keramikbohrer,<br />
die auch in diesem Markt angeboten wurden. Bei einer<br />
Überprüfung gemeinsam mit dem Betriebsleiter wurde hinter<br />
Originalpackungen eine leere Verpackung aufgef<strong>und</strong>en.<br />
Es ist zu vermuten, dass ein K<strong>und</strong>e alte Bohrer gegen neue<br />
ausgetauscht <strong>und</strong> die alten in der Orange entsorgt hat. Ob<br />
er sie auch bezahlt hat, ist nicht bekannt. Der Polizeidirektion<br />
Tübingen wurde ein Ermittlungsbericht übersandt. Der Täter<br />
konnte jedoch nicht ermittelt werden.<br />
Unbelehrbar: Wiederholt abgelaufene Lebensmittel<br />
im Hofladen angetroffen<br />
Unbelehrbar zeigte sich der Betreiber eines Hofladens, der<br />
seinen K<strong>und</strong>en eine Vielzahl von abgelaufenen, fehlerhaft<br />
gekennzeichneten <strong>und</strong> zudem in beschädigten Umhüllungen<br />
verpackten Lebensmitteln zumutete. Der Lebensmittelkontrolleur<br />
ging dabei auf Nummer sicher, zog verschiedene<br />
Verdachtsproben <strong>und</strong> ließ diese beim zuständigen Unter-<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
23
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
suchungsamt amtlich untersuchen. Wie zu erwarten war,<br />
wurden die Proben als nicht mehr für den Verzehr geeignet<br />
eingestuft. Doch die Nachkontrolle brachte wieder zahlreiche<br />
abgelaufene Lebensmittel ans Licht. Man sollte nun<br />
meinen, dass sich der Betreiber zwischenzeitlich einsichtig<br />
gezeigt haben sollte. Doch vergebens! Der Betriebsinhaber<br />
zeigte sich, wie schon bei der ersten Kontrolle, uneinsichtig<br />
<strong>und</strong> beharrte darauf, dass seine Ware in Ordnung gewesen<br />
sei. Infolge der fehlenden Einsicht des Betroffenen musste<br />
ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet werden.<br />
Eigenimport wurde zu einem teuren Spaß<br />
Aus Kostengründen importieren insbesondere ausländische<br />
Einzelhändler ihre Ware direkt aus ihren Heimatländern.<br />
Dem steht gr<strong>und</strong>sätzlich nichts entgegen, wären<br />
da nicht beispielsweise die Vorgaben der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung<br />
für die Kennzeichnung von<br />
Fertigpackungen, wonach die Kennzeichnungselemente<br />
wie Verkehrsbezeichnung, Zutatenverzeichnis <strong>und</strong> Haltbarkeitsdatum<br />
insbesondere in deutscher Sprache anzugeben<br />
sind. So boten zwei Einzelhändler ihr komplettes<br />
Sortiment an Fertigpackungen in italienischer bzw. in arabischer<br />
Landessprache an. Letztlich ein teurer „Spaß“, da<br />
diese Lebensmittel in dieser Form nicht verkehrsfähig sind<br />
<strong>und</strong> die verantwortliche Person die Etiketten selbst oder<br />
durch einen Fachmann in die deutsche Version zu überführen<br />
hatte.<br />
Lebensmittelgroßhändler<br />
Gepanschter Wein aus Italien<br />
Ebenfalls durch Routinekontrollen wurde italienischer Wein<br />
entdeckt, dem Glyzerin <strong>und</strong> Zitronensäure zugesetzt worden<br />
waren. Es bestand auch der Verdacht auf Wässerung<br />
des Weines. Betroffen waren nicht nur preisgünstige, sondern<br />
auch hochpreisige Produkte. Die betroffenen Chargen,<br />
ca. 2.500 Liter Wein allein in einem Landkreis, wurden<br />
gesperrt. Anhand von weiteren Gutachten muss nun entschieden<br />
werden, wie viel Wein vernichtet werden muss<br />
oder ob ein Teil davon mit einer speziellen Kennzeichnung<br />
noch in den Verkehr gebracht werden darf.<br />
Dienstleistungsbetriebe<br />
Gastronomie<br />
Massiver Mäusebefall in Lebensmittelmarkt<br />
Ein anonymer Hinweis machte die Lebensmittelüberwachung<br />
auf Missstände in einer Filiale einer bekannten Handelskette<br />
aufmerksam. Die sofortige Kontrolle der Lebensmittelüberwachung<br />
brachte die Misere zum Vorschein.<br />
Im gesamten Markt- <strong>und</strong> Lagerbereich turnten die Mäuse<br />
auf allen Regalen. Mäusekot war überall verteilt, selbst<br />
Lebensmittelpackungen waren von Mäusen angefressen.<br />
Nach wie vor ist die Schadnagerbekämpfung eine wichtige<br />
Sache im Dienste der Lebensmittelsicherheit. Aber auch<br />
hier hatte die Überwachung mit der Uneinsichtigkeit des<br />
Verantwortlichen zu kämpfen, weshalb eine Androhung<br />
von Zwangsgeld <strong>und</strong> der Betriebsschließung notwendig<br />
wurde, um eine gründlichen Reinigung sowie eine konsequente<br />
Schädlingsbekämpfung durchzusetzen. Doch das<br />
hatte Folgen für den Betroffen, denn der Fall wurde an die<br />
Staatsanwaltschaft zur Einleitung eines Strafverfahrens abgegeben.<br />
Ein Dessert mit Folgen<br />
Jenes berühmte, seit dem Mittelalter bekannte <strong>und</strong> leckere<br />
venezianische Dessert mit Namen „Tiramisu“ <strong>und</strong> dessen<br />
notwendige geschmackliche Vollendung durch Zugabe rohen<br />
Eigelbs brachte den Betreiber einer Gaststätte nicht<br />
nur lebensmittelrechtlich in Bedrängnis. Das Dessert war<br />
den Teilnehmern eines Geschäftessens als wohlwollende<br />
Zugabe angeboten worden. Eine Teilnehmerin beschwerte<br />
sich beim zuständigen Ges<strong>und</strong>heitsamt wegen notwendiger<br />
ärztlicher Behandlung mit der Diagnose Lebensmittelvergiftung<br />
<strong>und</strong> wies darauf hin, dass zwei weitere Teilnehmer<br />
mit gleicher Diagnose stationär in Krankenhäusern<br />
aufgenommen waren. Das Ges<strong>und</strong>heitsamt informierte<br />
daraufhin die Lebensmittelüberwachung. Inzwischen war<br />
seit dem Essen eine Woche vergangen. Die Lebensmittelkontrolleure<br />
fanden in der Küche des Lokals auf einem<br />
Arbeitstisch neun Paletten mit rohen Hühnereiern <strong>und</strong><br />
Reste des Desserts im Kühlhaus. Auf der Speisekarte war<br />
das selbst <strong>und</strong> mit frischen Eiern produzierte Dessert fester<br />
Bestandteil. Bei der Analyse risikobezogener Proben<br />
durch das Chemische <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsamt<br />
konnte bei den Dessertresten aus dem Kühlhaus „Salmonella<br />
enteriditis“ nachgewiesen werden. In den vom<br />
24
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Ges<strong>und</strong>heitsamt veranlassten Stuhlproben des Personals<br />
wurde dieser Erreger ebenfalls nachgewiesen, so dass ein<br />
Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden musste. Bei<br />
den in ärztlicher Behandlung befindlichen Teilnehmern des<br />
Geschäftsessens hatte sich der Bef<strong>und</strong> mit dem Erreger<br />
„Salmonella enteriditis“ bei allen bestätigt, die das Dessert<br />
gegessen hatten, so dass der Vorgang zu weiteren strafrechtlichen<br />
Ermittlungen an die Polizei abgegeben wurde.<br />
Abgesehen von einem Strafverfahren stehen dem Gastwirt<br />
nicht unerhebliche zivilrechtliche Forderungen ins Haus.<br />
Die strafrechtliche Anzeige hingegen bezieht sich auf die<br />
Vorgaben der Eier- <strong>und</strong> Eiprodukte-Verordnung, die konkret<br />
postuliert, dass solche Lebensmittel, die unter Verwendung<br />
roher Bestandteile von Hühnereiern, die keinem<br />
Erhitzungsverfahren unterzogen <strong>und</strong> bestimmungsgemäß<br />
kalt zum Verzehr an Ort <strong>und</strong> Stelle hergestellt wurden, nach<br />
Kühlung auf maximal + 7 Grad C innerhalb von 2 St<strong>und</strong>en,<br />
bis spätestens 24 St<strong>und</strong>en nach Herstellung abgegeben<br />
sein müssen. Waren diese Bedingungen im vorliegen Fall<br />
eingehalten worden??<br />
„Zeigt her eure … Händ“<br />
Nachmittags erreichte das Amt für Veterinärwesen <strong>und</strong><br />
Lebensmittelüberwachung per E-Mail eine Verbraucherbeschwerde<br />
mit dem Hinweis, der Beschwerdeführer habe<br />
das Stück eines Fingers im Salat gef<strong>und</strong>en. Der Beschwerdeführer,<br />
im Berufsleben Leiter der Qualitätssicherung in<br />
einem metallverarbeitenden Betrieb, hatte bei einem Caterer<br />
eine Salatplatte mit Salami bestellt <strong>und</strong> beim Essen<br />
auf etwas Hartes gebissen. Während seine Tischgenossen<br />
meinten, dass es sich sicher um ein Stück Knorpel handeln<br />
würde, ließ dem Beschwerdeführer das Ereignis keine<br />
Ruhe <strong>und</strong> er legte das „Knorpelstück“ im Labor unter<br />
sein Mikroskop. Und siehe da, das Knorpelstück entpuppte<br />
sich als ein r<strong>und</strong>es, ca. 0,8 mal 0,8 mm großes Gebilde,<br />
welches sich unter der Vergrößerung als Fingerkuppe<br />
mit einem Stück Fingernagel darstellte. Er fotografierte<br />
die Fingerkuppe <strong>und</strong> bewahrte sie als Beweisstück, mit<br />
Datum <strong>und</strong> Uhrzeit versehen auf, so dass das Stück für<br />
eine Probenahme zur Verfügung stand. Die Ermittlungen<br />
im Cateringunternehmen blieben zunächst ohne Ergebnis.<br />
Sämtliche Mitarbeiter wurden aufgefordert, die Hände<br />
vorzuzeigen, keiner der Anwesenden hatte eine entsprechende<br />
Verletzung aufzuweisen. Allerdings weilte eine Mitarbeiterin,<br />
welche am Tag zuvor mit der Salatzubereitung<br />
beschäftigt war, über das Wochenende zum Skifahren im<br />
Urlaub. Es konnte sich nach intensiverem Nachfragen aber<br />
ein anderer Betriebsangehöriger erinnern, dass sich diese<br />
Mitarbeiterin „in den Finger“ geschnitten hatte. Die besagte<br />
Frau wurde für den kommenden Montag in das Amt einbestellt,<br />
um ihre Hände vorzuzeigen. Am Montag gegen 12<br />
Uhr mittags rief die Chefin des Cateringunternehmens an:<br />
Ob denn ihre Mitarbeiterin noch kommen müsse, sie habe<br />
sich tatsächlich beim Schneiden der Salami ein Stück von<br />
der Kuppe des Mittelfingers abgeschnitten <strong>und</strong> zunächst<br />
weitergearbeitet!! Sie habe sich keine Gedanken darüber<br />
gemacht, wo das abgeschnittene Stück Fingerkuppe hingeraten<br />
sein könnte <strong>und</strong> die Verletzung auch niemandem<br />
gezeigt. Auf die Untersuchung der Probe wurde verzichtet,<br />
eine gentechnische Untersuchung wurde für nicht notwendig<br />
erachtet. Wegen Ekelerregung wurde gegen die<br />
Mitarbeiterin ein Bußgeldverfahren eingeleitet.<br />
… ich meinte, ich bin im Film!<br />
Eine Regelkontrolle in einer Gaststätte ähnelte eher einem<br />
Gruselkabinett, denn neben erheblichen Hygienemängeln<br />
wurde der Kontrolleur zufällig auf einen Gewölbekellerraum<br />
aufmerksam, der den Kontrolleuren bis dahin jahrelang verschwiegen<br />
worden war. Eine Falltüre, die durch einen PVC-<br />
Boden abgedeckt war, führte in diesen Kellerraum. Beim<br />
Öffnen dieser Falltür kam den Eintretenden ein muffiger<br />
Luftzug entgegen <strong>und</strong> siehe da – man traute seinen Augen<br />
kaum, in diesem Kellerraum befanden sich Tiefkühltruhen,<br />
befüllt mit Lebensmitteln, ebenso Getränke <strong>und</strong> Konserven.<br />
Sämtliche Oberflächen des Kellerraums waren mit Schimmel<br />
<strong>und</strong> Salpeter überzogen. Etwas Essbares soll an dieser<br />
Örtlichkeit lagern? Nein! Die Lebensmittelüberwachung<br />
veranlasste eine komplette Entrümpelung sowie Sanierung<br />
<strong>und</strong> Reinigung der gesamten Betriebsräume unter vorübergehender<br />
Betriebsschließung. Gegen den Betreiber der<br />
Gaststätte wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.<br />
„Dumm gelaufen …“<br />
Es war einmal ein Lokal im südlichen Württemberg, das<br />
hatte ein verstaubtes Image <strong>und</strong> lief nicht gut. Gegessen<br />
wurde darin auch fast gar nichts. Es saßen eben ein<br />
paar Rentner dort <strong>und</strong> tranken ein Bier. Das ging so, bis<br />
ein neuer Pächter kam. Der hatte einige gute Ideen <strong>und</strong><br />
machte aus diesem Lokal ein gut besuchtes Speiserestaurant.<br />
Dummerweise war die Küche klein, alt <strong>und</strong> den<br />
neuen Aufgaben nicht gewachsen, so dass die Lebensmittelüberwachung<br />
dem Eigentümer klar machen muss-<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
25
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
te, dass hier Investitionsbedarf bestünde. Der Eigentümer<br />
hatte Verständnis geäußert, aber keine Taten folgten. Als<br />
mehrere dieser Hinweise nichts fruchteten <strong>und</strong> auch der<br />
Pächter mit seiner alten kleinen Küche immer unzufriedener<br />
wurde, drohte die Lebensmittelüberwachung mit der<br />
Schließung. Das wollte der Eigentümer dann auch wieder<br />
nicht <strong>und</strong> begann eine umfangreiche Renovierung. Diese<br />
Umbaumaßnahmen kosteten aber viel Geld, <strong>und</strong> so wollte<br />
der Eigentümer, dass der Pächter sich an den Kosten beteiligte.<br />
Der Pächter aber wollte mit dem Lokal Geld verdienen<br />
<strong>und</strong> nicht verlieren <strong>und</strong> sagte nein. Daraufhin stritten sich<br />
die zwei so sehr, dass sie ihren Vertrag auflösten. Jetzt<br />
musste der Eigentümer einen neuen Pächter suchen <strong>und</strong><br />
der Pächter ein neues Lokal. „Dumm gelaufen“ kann man<br />
hier nur sagen. P.S. Der Pächter hatte es aber der Lebensmittelüberwachung<br />
nicht übel genommen.<br />
Kein alltäglicher Betriebsbesuch<br />
Eigentlich begann alles ganz alltäglich. Eine Routinekontrolle<br />
in einem Chinarestaurant stand beim Kontrolleur auf<br />
seiner Besucherliste. Bei so mancher Betriebskontrolle erlebt<br />
der Kontrolleur Unerfreuliches. Doch dieses Mal wurde<br />
wortwörtlich richtig „dick Fett aufgetragen“. In der Küche<br />
in dem besagten Chinarestaurant waren Schränke, Gerätschaften,<br />
Regalbretter, Dunstabzugshaube, Handwaschbecken,<br />
Spülmaschine, Fußboden, Wände, Arbeitstische <strong>und</strong><br />
Kühlschränke mit einer dicken <strong>und</strong> widerlich alten Fett- <strong>und</strong><br />
Schmutzschicht überzogen. An Fensterrahmen <strong>und</strong> Fensterbank<br />
klebten alte Speisereste. Es gruselte einen beim<br />
Gedanken, aus so einer Küche etwas verzehren zu müssen.<br />
Der Kontrolleur stellte gegenüber dem Betreiber fest, dass<br />
schon über längere Zeit nicht mehr ausreichend gereinigt<br />
worden war. Doch diese Kritik war dem Betreiber zu viel. In<br />
seiner Wut riss er einen 10-Liter-Topf, gefüllt mit Reis <strong>und</strong><br />
Wasser, vom Herd <strong>und</strong> kippte ihn auf den Küchenfußboden,<br />
nahm ein Hackmesser zur Hand <strong>und</strong> warf es durch die<br />
Küche. Da hieß es, Nerven behalten. Der Tobsuchtsanfall<br />
des Betreibers legte sich schließlich, so dass er abschließend<br />
von einer „freiwilligen“ vorläufigen Betriebsschließung<br />
überzeugt werden konnte. Die Wiederinbetriebnahme<br />
erfolgte erst nach erneuter Kontrolle.<br />
Schwerpunktkontrollen<br />
„Alles Käse oder nicht“<br />
Nicht alles, was wie Käse aussieht <strong>und</strong> schmeckt, ist tatsächlich<br />
auch Käse. Während echter Käse aus dick gelegter<br />
Milch hergestellt wird, ist es der Lebensmittelindustrie<br />
gelungen, das teure Milchfett durch billiges Pflanzenöl zu<br />
ersetzen. So lassen sich aus Magermilch, Soja- oder Bakterieneiweiß,<br />
Öl <strong>und</strong> einigen weiteren Zusatzstoffen Produkte<br />
herstellen, die Eigenschaften wie Käse aufweisen,<br />
aber eben nur ein Käseimitat darstellen. Käseimitate sind<br />
zudem etwa ein Drittel billiger als richtiger Käse. Zur Kostensenkung<br />
werden solche Produkte dem Original gerne<br />
vorgezogen <strong>und</strong> werden beispielsweise auf die Pizza oder<br />
Käsestangen gestreut oder wie ein Fetakäse zum Salat<br />
gereicht. Die Lebensmittelüberwachung schaut bei ihren<br />
Kontrollen genau hin <strong>und</strong> lässt sich in Betrieben, die Käse<br />
in ihren Erzeugnissen oder Speisen verarbeiten, genau das<br />
Ausgangsmaterial zeigen. Werden Imitate verwendet, so<br />
muss dies ausdrücklich auf der Speisekarte oder einem<br />
Schild neben der Ware dem Gast oder Käufer mitgeteilt<br />
werden. Erfolgt keine ausreichende Kenntlichmachung,<br />
so handelt es sich um eine Verbrauchertäuschung, die<br />
entsprechend geahndet wird. Ein Imbissbetreiber servierte<br />
seinen mediterranen Salat laut Aushang mit Käse. Tat-<br />
26
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
sächlich verwendete er ein Produkt namens „Puma“, eine<br />
Lebensmittelzubereitung aus Magermilch <strong>und</strong> Pflanzenfett,<br />
also ein Käseimitat. Doch dem nicht genug, nach näherer<br />
Prüfung stellte sich heraus, dass sich auf der Innenseite<br />
des Großgebindes bereits ein Schimmelrasen gebildet hatte.<br />
Der Imbissbetreiber wurde angezeigt wegen Verbrauchertäuschung<br />
<strong>und</strong> Inverkehrbringens eines nicht sicheren<br />
Lebensmittels.<br />
Auch ein Hersteller für Feinkostspezialitäten schreckte nicht<br />
davor zurück, den Verbraucher zu täuschen. Hier wurde<br />
ein Lebensmittelkontrolleur neugierig, als er Dosen, die mit<br />
„Lebensmittelzubereitung aus Magermilch <strong>und</strong> Pflanzenöl<br />
in Salzlake“ gekennzeichnet waren, im Lager fand. Die amtliche<br />
Untersuchung des Inhalts der in der Theke vorgef<strong>und</strong>enen<br />
Fertigpackungen mit der Bezeichnung „Käse“ bestätigte<br />
die vermutete Irreführung des Verbrauchers. Der Fall<br />
wurde an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.<br />
Ein weniger gutes Ergebnis zeigte eine weitere Aktion, bei<br />
der 71 Proben „Rohwürste <strong>und</strong> Fleischzubereitungen“ in<br />
Metzgereien erhoben <strong>und</strong> vom CVUA untersucht wurden.<br />
Insgesamt wurden 42 % beanstandet. Davon wurden wegen<br />
„unzulässiger Verwendung von Zusatzstoffen“ 13 %<br />
der Proben <strong>und</strong> 15 % wegen Verstößen gegen Kennzeichnungsvorschriften<br />
beanstandet. Die weiteren 14 % wurden<br />
mikrobiologisch beanstandet. In 9 Proben wurden Bakterien<br />
aus der Familie der Listerien nachgewiesen. Hierbei<br />
handelte es sich in der Mehrzahl der Fälle entweder um<br />
einen Hygienemangel oder um keine ausreichende Trennung<br />
der Rohfleischverarbeitung von der Wurstherstellung.<br />
Sofern es sich nicht um die krankmachende Listerienart<br />
L. monocytogenes handelte, ging keine Gefahr für den Verbraucher<br />
aus. Anders war das Ergebnis einer Probe einzustufen,<br />
bei der das Bakterium „Salmonella typhimurium“<br />
nachgewiesen wurde. Dieser Keim gilt für den Menschen<br />
als potenziell krankmachend, weshalb die Lebensmittelüberwachung<br />
sofort reagierte <strong>und</strong> die noch vorhandene<br />
Ware unverzüglich aus dem Verkehr nehmen ließ.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Hygienestatus von Eiswürfeln<br />
Fleisch- <strong>und</strong> Wurstwaren<br />
In der Hauptsache nur Kennzeichnungsmängel festzustellen.<br />
In einem Landkreis wurden einige Schwerpunktbeprobungen<br />
bei Fleischerzeugnissen durchgeführt. Es wurden<br />
55 Proben Dosenwurst mit Brüh- <strong>und</strong> Kochwürsten von<br />
kleinen Herstellern erhoben <strong>und</strong> vom Chemischen <strong>und</strong><br />
Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) auf die Kennzeichnung,<br />
Zusammensetzung <strong>und</strong> Zusatzstoffe untersucht.<br />
Lediglich 3 Proben blieben ohne Beanstandung. Die Beanstandungsquote<br />
lag in diesem Landkreis damit über<br />
94 %! Letztlich beruhigend dabei ist, dass der Löwenanteil<br />
aller Beanstandungen auf das Konto der Kennzeichnungsmängel<br />
geht. Somit erfolgte bei 51 Proben <strong>und</strong> damit bei<br />
93 % aller untersuchten Proben eine Beanstandung wegen<br />
Irreführung. Des Weiteren wurden 13 Proben wegen<br />
„Wertminderung“ beanstandet. Dies ist beispielsweise dann<br />
der Fall, wenn der Fremdwassergehalt der Wurst zu hoch<br />
ist, die Wurst hinsichtlich ihrer Beschaffenheit von der Verkehrsauffassung<br />
abweicht <strong>und</strong> diese ohne ausreichende<br />
Kenntlichmachung gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht<br />
wurde. In keinem Fall jedoch ging eine Gefahr für den Verbraucher<br />
aus.<br />
Unter dem Motto „Hygienestatus von Eiswürfeln“ fand in<br />
einem Landkreis im Jahr <strong>2008</strong> eine Schwerpunktbeprobung<br />
statt. Es wurden Eiswürfel in Dienstleistungsbetrieben<br />
beprobt <strong>und</strong> mikrobiologisch untersucht. Es wurden<br />
insgesamt 8 Proben Eiswürfel untersucht, davon wurden<br />
alle Proben beanstandet. Es folgte in allen Fällen eine Beratung<br />
durch die Lebensmittelüberwachung vor Ort zum<br />
richtigen Umgang mit Eismaschinen <strong>und</strong> deren Reinigung.<br />
Die Nachbeprobung brachte ein erfreuliches Ergebnis, die<br />
Nachproben zeigten in keinem Fall eine Beanstandung.<br />
Das Schwerpunktprogramm soll im Jahr 2009 weiter ausgebaut<br />
werden.<br />
Einfuhrüberwachung<br />
„Glaube ist gut, Kontrolle ist besser“<br />
Ein in Baden-Württemberg ansässiger Importeur führte regelmäßig<br />
laktosefreie Milchprodukte aus der Schweiz ein.<br />
Diese Produkte fielen erstmals in einer stichprobenartigen<br />
Kontrolle wegen Kennzeichnungsmängeln auf. Die Konsequenz<br />
daraus war, dass die Kontrollfrequenz bei Milchprodukten<br />
des betreffenden Herstellers erhöht wurde. Das Ergebnis<br />
der Untersuchungen ergab, dass der Eiweißgehalt<br />
der importierten Milchprodukte zu niedrig war <strong>und</strong> nicht<br />
dem der Standardsorte entsprach. Weitere Kontrollen folgten<br />
<strong>und</strong> ergaben Restlaktose in laktosefrei deklarierten<br />
Milchprodukten des Herstellers aus der Schweiz. Nun hatte<br />
der Schweizer die Sache doch zu bunt getrieben. Unmittelbar<br />
nachdem dieses Ergebniss bekannt wurde, hat<br />
die Lebensmittelüberwachung bei sämtlichen folgenden<br />
Einfuhren Proben bei den verdächtigen Produkten gezogen<br />
27
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
<strong>und</strong> die Lieferung bis zum Vorliegen eines zufriedenstellenden<br />
Analyseergebnisses gesperrt. Sendungen mit Gehalten<br />
an Restlaktose über 0,1 g /100 g mussten vernichtet<br />
werden. Die Ermittlungen ergaben, dass der besagte<br />
Importeur zwar Eigenkontrollen durchführte, dafür jedoch<br />
ein Labor beauftragte, welches für diese Untersuchungen<br />
gar nicht autorisiert war. Der Importeur hätte vorab prüfen<br />
müssen, ob sein Auftragslabor für diese Untersuchungen<br />
akkreditiert ist <strong>und</strong> somit über die nötige Kompetenz verfügt<br />
oder nicht. Auf diesen Sachverhalt trifft das Sprichwort<br />
zu „Glaube ist gut, Kontrolle ist besser“. Die Herstellerfirma<br />
der beanstandeten Milchprodukte konnte den<br />
Herstellungsprozess für die beanstandeten Produkte nicht<br />
optimieren mit dem Ergebnis, dass der Importeur die Geschäftsbeziehungen<br />
zur Herstellerfirma abbrach. Bei einer<br />
Sendung mit deutlich überhöhtem Gehalt an Restlaktose<br />
musste eine europaweite Schnellwarnung eingeleitet werden.<br />
Diese Sendung wurde zurückgerufen <strong>und</strong> vernichtet.<br />
Dem Importeur wurde ein Bußgeld auferlegt.<br />
Beanstandungen bei tiefgefrorenem,<br />
retourniertem Fisch<br />
benen Solltemperatur für tiefgefrorene Lebensmittel von<br />
mindesten -18°C. Sofort versiegelten die Beamten der<br />
Lebensmittelkontrolle das Fahrzeug, damit ein weiteres<br />
Inverkehrbringen unterb<strong>und</strong>en wurde <strong>und</strong> informierten die<br />
zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde am Betriebssitz<br />
des Transporteurs. Die Behörde vor Ort ließ Untersuchungen<br />
des Transportguts durchführen. Die Ergebnisse<br />
waren besser als erwartet, so dass die Ware mit dem<br />
Hinweis „Aufgetaut – sofort verbrauchen“ noch in Verkehr<br />
gebracht werden konnte <strong>und</strong> sich der Schaden für den Betreiber<br />
im Rahmen hielt <strong>und</strong> er somit nochmals „mit einem<br />
blauen Auge“ davon gekommen war. Die Einleitung eines<br />
Bußgeldverfahrens gegen den Betriebsverantwortlichen<br />
war jedoch unumgehbar.<br />
Vorbeugender<br />
Verbraucherschutz durch<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Informationen aus einer Hand!<br />
Aufgr<strong>und</strong> von Kennzeichnungsmängeln auf den Umverpackungen<br />
lehnte eine Schweizer Firma eine Sendung von 1,2<br />
Tonnen tiefgefrorenen Buntbarschfilets ab, welche bereits<br />
für den Einzelhandel verpackt waren. Die Sendung sollte<br />
retour zum Hersteller, einem zugelassenen fischverarbeitenden<br />
Betrieb in Baden-Württemberg. Da die Ware die<br />
Grenze wieder passieren musste, war eine grenztierärztliche<br />
Einfuhruntersuchung für die Sendung unumgänglich.<br />
Dabei wurde festgestellt, dass ein Teil der Sendung<br />
in einem isolierten Anhänger ohne Kühlung transportiert<br />
wurde <strong>und</strong> im dazugehörigen Zugfahrzeug die Kühlung<br />
defekt war. In den ehemals tiefgefrorenen Fischen war die<br />
Temperatur auf bis zu -2,8 °C angestiegen. Die Ware war<br />
damit nicht mehr verkehrsfähig. In Absprache mit der zuständigen<br />
Lebensmittelüberwachungsbehörde wurde die<br />
Ware unter amtlicher Überwachung zum Herkunftsbetrieb<br />
zurücktransportiert <strong>und</strong> dort entsorgt.<br />
Verkehrskontrollen<br />
Überwachung beim Transport von<br />
Lebensmitteln<br />
„Aufgetaut – sofort verbrauchen“<br />
Zusammen mit der Autobahnpolizei wurde bei der Überprüfung<br />
eines Lebensmitteltransporters festgestellt, dass<br />
dieser keine Kühleinrichtung hatte. Das war für den Verantwortlichen<br />
kein Hinderungsgr<strong>und</strong>, ca. 900 kg frisches<br />
<strong>und</strong> tiefgekühltes Geflügelfleisch zu transportieren. Die<br />
Temperaturmessungen der Kontrolleure ergaben beim<br />
tiefgefrorenen Geflügel nur noch eine Temperatur von<br />
-3,7 °C. Dieser Wert war weit entfernt von der vorgeschrie-<br />
In einem Landkreis in Baden-Württemberg wurde ein<br />
FORUM „Ernährung“ geschaffen <strong>und</strong> formal im Veterinäramt<br />
in den Bereich der Lebensmittelüberwachung integriert.<br />
Schon bald wurden die ineinandergreifenden Themen<br />
des vorbeugenden Verbraucherschutzes deutlich. Besonders<br />
greift dies beim Thema Verpflegung in Kindertagesstätten<br />
<strong>und</strong> Schulen. In diesem komplexen Bereich wirken<br />
eine Vielzahl an Institutionen <strong>und</strong> Behörden mit, um zu einer<br />
brauchbaren Lösung für die Einrichtung zu kommen. Verschiedene<br />
Zuständigkeiten wurden nun im Vetrinäramt zu<br />
einer Einheit gebündelt bestehend aus Veterinär, Lebensmittelkontrolleur<br />
<strong>und</strong> Ernährungsfachkraft. Während die Veterinäre<br />
<strong>und</strong> Lebensmittelkontrolleure bei Küchenplanungen<br />
<strong>und</strong> Kontrollen in Schulen auf ernährungsbezogene Angebote<br />
verweisen können, hat sich auch der kurze Weg bei<br />
Veranstaltungsangeboten zum Thema Lebensmittelhygiene<br />
bewährt. Durch die Kombination zwischen Veterinär, Lebensmittelkontrolleur<br />
<strong>und</strong> Ernährungsfachkraft wird die Verbindung<br />
dieser sensiblen Bereiche verdeutlicht. Teilnehmer<br />
von Fortbildungen im Ernährungsbildungsbereich bekommen<br />
so die Informationen aus „einer Hand“, was letztlich<br />
die Verbindung zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis verdeutlicht.<br />
Sie erkennen, dass die Umsetzung der Hygienemaßnahmen<br />
nicht nur den Vorschriften dient, sondern in erster Linie dem<br />
Schutz der Menschen in der Einrichtung. Zudem werden<br />
dadurch, so ganz nebenbei, bereits die Kinder auf einen bewussten<br />
Umgang mit Lebensmitteln im Alltag vorbereitet.<br />
So auch bei der Veranstaltung mit dem Thema: „Ein Fest<br />
im Kindergarten – <strong>und</strong> alle sind dabei!“ – worauf ist dabei<br />
aus lebensmittelhygienischer Sicht zu achten? Dabei stehen<br />
die leicht verderblichen Speisen besonderes im Mittelpunkt.<br />
Welche Lebensmittel besonders anfällig sind, womit dies<br />
zusammenhängt <strong>und</strong> was daraus folgt sind die Kernfragen<br />
28
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
der Veranstaltung. Anschaulich erfahren die Teilnehmer am<br />
Beispiel der Ausrichtung eines Festes, was dabei alles zu<br />
beachten ist. Gerade auch die Elternbeteiligung bei Festen<br />
wirft immer wieder Fragen auf, die in dieser R<strong>und</strong>e diskutiert<br />
werden <strong>und</strong> in konkreten Handlungsvorschlägen münden.<br />
An Beispielen aus der Lebensmittelkontrolleurspraxis werden<br />
die Fakten verdeutlicht. So kann bereits im Kindergarten<br />
die Gr<strong>und</strong>lage für einen vernünftigen Umgang mit Lebensmitteln<br />
<strong>und</strong> Hygiene gelegt werden, als wichtiger Schritt in<br />
Richtung vorbeugender Verbraucherschutz.<br />
Neue Konzepte, wie kleine <strong>und</strong> auch große<br />
„Hocketse“ sicher sein können<br />
Vielerorts finden über das Jahr verteilt Straßenfeste, Vereinsfeste<br />
<strong>und</strong> so genannte „Hocketse“ statt. Nicht selten<br />
handelt es sich hierbei um Veranstaltungen, die auch mal<br />
mehr als 100.000 Besucher anlocken. H<strong>und</strong>erte von Ständen,<br />
die Lebensmittel abgeben, stellen jährlich eine Herausforderung<br />
für die Lebensmittelüberwachung dar. Nur<br />
unter Einsatz aller Personalreserven sind solche Aufgaben<br />
zu bewältigen. Nachdem in den vergangen Jahren mit Sorge<br />
festgestellt wurde, dass sich die Hygienestandards vor<br />
Ort immer weiter verschlechtert hatten, wurde ein neues<br />
Kontrollkonzept entwickelt. Alle Teilnehmer mit gastronomischem<br />
Angebot wurden nochmals angeschrieben <strong>und</strong><br />
über die Auflagen im Sinne von sicheren Lebensmitteln informiert.<br />
Des Weiteren wurde allen Teilnehmern das Angebot<br />
von kostenlosen Schulungen <strong>und</strong> Beratungen gemacht.<br />
Das Konzept hatte sich aus Sicht aller Betroffenen, sowohl<br />
von Seiten der Lebensmittelüberwachung <strong>und</strong> der Veranstalter<br />
als auch von Seiten der Standbetreiber bewährt <strong>und</strong><br />
soll im Jahr 2009 fortgeführt werden.<br />
Zu diesem Thema steht auch ein Artikel im Verbraucher-Journal<br />
<strong>2008</strong>/09, das auf der MLR-Homepage<br />
unter „Broschüren“ zum Download oder zur Bestellung<br />
angeboten wird.<br />
Verbraucherinformationsgesetz (VIG)<br />
Verbraucher konnten sich auf der Homepage des<br />
Landratsamtes informieren<br />
Weil ein Weinbauer <strong>und</strong> ein Weinhändler gegen die Bestimmungen<br />
des Weingesetzes verstoßen haben, wurden<br />
sie per Strafbefehl zu mehrmonatigen Bewährungsstrafen<br />
verurteilt. Die Betroffenen hatten in erheblichen Mengen Erzeugnisse<br />
mit irreführenden Bezeichnungen <strong>und</strong> Angaben<br />
in Verkehr gebracht, die mit falscher oder gar nicht zugeteilter<br />
Amtlicher Prüfnummer der Qualitätsweinprüfung ausgezeichnet<br />
waren. Auch entsprachen Teilmengen nicht den<br />
Erfordernissen von Qualitätsweinen <strong>und</strong> hätten als Tafelweine<br />
in den Verkehr gebracht werden müssen. Ein Großteil<br />
dieser Weine ging in Getränkehandlungen als Aktionsware<br />
schnell über den Ladentisch. Nachfolgende Abfüllungen<br />
dieser Betriebe wurden bei Prüfungen nicht beanstandet.<br />
Infolge der Veröffentlichung der Strafbefehle durch verschiedene<br />
Medien gingen beim zuständigen Landratsamt<br />
28 Auskunftsanträge nach dem Verbraucherinformationsgesetz<br />
(VIG) ein. Nach einer Interessensabwägung war vorgesehen,<br />
den Auskunftsanträgen in Form einer Mitteilung<br />
auf der Homepage des Landratsamts zu entsprechen. Der<br />
Weinbauer <strong>und</strong> der Weinhändler wurden angehört. Deren<br />
Prozessbevollmächtigter widersprach der Veröffentlichung<br />
<strong>und</strong> beantragte, die Anträge auf Auskunft abzulehnen, zumindest<br />
personenbezogene Daten seiner Mandaten nicht<br />
zu veröffentlichen. Nach nochmaliger eingehender Prüfung<br />
unter sorgfältiger Beachtung der Rechtslage wurde<br />
der Sofortvollzug der Internet-Veröffentlichung verfügt. Der<br />
Bevollmächtigte widersprach beim Landratsamt dem Sofortvollzug<br />
<strong>und</strong> stellte gleichzeitig beim Verwaltungsgericht<br />
einen Eilantrag mit dem Ziel, die Internet-Veröffentlichung<br />
bis zur Hauptsachenentscheidung auszusetzen. Das Verwaltungsgericht<br />
hat dem Eilantrag nicht entsprochen <strong>und</strong><br />
in der Entscheidungsbegründung ausgeführt, dass der<br />
Sofortvollzug per Internet-Mitteilung nicht zu beanstanden<br />
ist. Doch ordnete das Gericht an, die Telefon- <strong>und</strong> Telefaxnummern<br />
des Weinbauern <strong>und</strong> des Weinhändlers nicht<br />
zu veröffentlichen. Gegen die Gerichtsentscheidung wurde<br />
keine Beschwerde eingelegt. Der Verstoß gegen das Weingesetz<br />
wurde auf der Homepage des Landratsamts unter<br />
Namensnennung des Weinbauern <strong>und</strong> des Weinhändlers<br />
– ohne die Telefon- <strong>und</strong> Telefaxnummern der beiden Betriebe<br />
– veröffentlicht. Den 28 Auskunft Beantragenden<br />
ging eine Mitteilung über die Veröffentlichung zu.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Weitere Informationen sind unter:<br />
www.service-bw.de > Verfahrensbeschreibungen<br />
> Lebensmittelüberwachung - Vereins- <strong>und</strong> Straßenfeste<br />
zu finden.<br />
29
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Lebensmittelüberwachung<br />
als Teamarbeit<br />
Das Zusammenwirken der an der Lebensmittelüberwachung<br />
beteiligten Behörden <strong>und</strong> Stellen soll an den<br />
nachfolgenden Beispielen dargestellt werden.<br />
Für zehn Personen<br />
endete eine<br />
Hochzeitsfeier im<br />
Krankenhaus<br />
Ein Vertreter des örtlich zuständigen<br />
Ges<strong>und</strong>heitsamts<br />
kontaktierte an einem Sonntagmorgen<br />
die Lebensmittelüberwachung,<br />
nachdem am<br />
vorhergehenden Abend der<br />
ärztliche Notdienst auf einer<br />
Hochzeitsfeier im Allgäu in Einsatz<br />
gerufen wurde. Ein zweijähriges<br />
Kind <strong>und</strong> weitere neun<br />
Personen erkrankten noch<br />
während der Hochzeitsfeier.<br />
Die vorherrschende Symptomatik<br />
war mit Übelkeit <strong>und</strong><br />
Erbrechen wenige St<strong>und</strong>en<br />
t bis 24 St<strong>und</strong>en nach der Nahrungsaufnahme<br />
mit kurzem<br />
Krankheitsverlauf (1-3 Tage) gekennzeichnet. Ein typisches<br />
Indiz für eine Lebensmittelvergiftung. Die Lebensmittelüberwachung<br />
des Veterinäramtes hatte an diesem<br />
Sonntag viel zu tun. Es wurden sofort die noch vorhandenen<br />
Speisen beprobt, Umgebungstupfer genommen <strong>und</strong><br />
zur Untersuchung an das zuständige Chemische <strong>und</strong><br />
Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) eingeschickt, sowie<br />
eine umfangreiche Bestandsaufnahme durchgeführt.<br />
Die Untersuchung der eingesandten Lebensmittelproben<br />
ergaben den Nachweis eines toxinbildenden Staphylokokkus<br />
aureus-Stammes in einer Größenordnung von 1 Million<br />
Keimen pro Gramm Lebensmittel. In dieser Konzentration<br />
war davon auszugehen, sofern es sich um einen<br />
toxinbildenden Bakterienstamm handelte, dass dieser auch<br />
die Ursache für eine Lebensmittelvergiftung sein konnte.<br />
Des Weiteren wurde in drei Lebensmittelproben das Toxin<br />
des Staphylococcus aureus, ein hitzestabiles Enterotoxin,<br />
durch Fluoreszenzimmunoassay in großen Mengen nachgewiesen.<br />
Weiterführende Untersuchungen zur Typisierung<br />
des Staphylococcus aureus-Stammes wurden durch<br />
das Robert-Koch-Institut durchgeführt. Es handelte sich<br />
um eine so genannte Spa-Gen-Typisierung, wodurch die<br />
Häufigkeit <strong>und</strong> die Verteilung bestimmter toxinbildenden<br />
Staphylococcus aureus-Stämme verfolgt werden kann. Es<br />
wurde in vier der fünf eingesandten Lebensmittelproben<br />
einschließlich der vom Landesges<strong>und</strong>heitsamt untersuchten<br />
Nasentupfer der Köchin <strong>und</strong> der Stuhlprobe einer erkrankten<br />
Person der gleiche toxinbildende Staphylococcus<br />
aureus-Stamm festgestellt. Das Robert-Koch-Institut kam<br />
zu dem Schluss, dass es sich hierbei um einen humanen<br />
Stamm handelt. Damit konnte der Eintrag des genannten<br />
Keimes durch ein tierisches Lebensmittel ausgeschlossen<br />
werden. Der isolierte Spa-Typ t018 in Verbindung mit den<br />
nachgewiesenen Toxizitätsgenen wurde nach Aussage des<br />
Robert Koch -I nstituts bisher in weniger als 1 % der untersuchten<br />
Proben nachgewiesen. Die zeitliche <strong>und</strong> lokale<br />
Häufung dieses nur beim Menschen <strong>und</strong> insgesamt recht<br />
selten vorkommenden Typs weist auf eine bestimmte Person<br />
als Verursacher für den Keimeintrag hin. Da in dem<br />
vorliegenden Falle bei der Köchin genau derselbe Stamm<br />
auf der Nasenschleimhaut nachgewiesen wurde, wurde sie<br />
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Verursacherin<br />
für den Keimeintrag gesehen. Allein der Nachweis<br />
dieser Bakterienstämme hätte jedoch nicht ausgereicht, die<br />
Kausalität dieser Gruppenerkrankung abschließend zu erklären,<br />
vielmehr bedurfte es der Prüfung weiterer Umstände,<br />
die eine Lebensmittelvergiftung erst ermöglichten. In vorliegenden<br />
Fall kamen folgende Ereignisse zusammen: Die<br />
Köchin war Trägerin eines seltenen toxinbildenden Staphylococcus<br />
aureus-Stammes, der durch eine Unterbrechung<br />
der Kühlkette über mehrere St<strong>und</strong>en ausreichend Zeit hatte,<br />
sich massenhaft zu vermehren, <strong>und</strong> gleichzeitig wurde<br />
für seine Verbreitung durch mangelnde Hygiene bei der<br />
Zubereitung von Speisen gesorgt. Diese doch beachtliche<br />
Verkettung von Umständen führten zur Lebensmittelvergiftung<br />
bei 10 Personen. Das erfolgreiche Zusammenwirken<br />
aller an der Lebensmittelüberwachung beteiligten Stellen<br />
<strong>und</strong> Behörden, wie Ges<strong>und</strong>heitsamt, Landesges<strong>und</strong>heitsamt,<br />
Chemisches <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsamt, Robert<br />
Koch-Institut mit dem örtlich zuständigen Veterinäramt ermöglichte<br />
die Klärung eines solch komplexen Falles.<br />
Gemeinsame Aktion von Polizei, Zoll <strong>und</strong><br />
Lebensmittelüberwachung<br />
In den einzelnen Landkreisen fanden regionale Großfahndungen<br />
in Spezialitätenrestaurants statt. An der gemeinsamen<br />
Aktion von Polizei <strong>und</strong> Zoll war die Lebensmittelüberwachung<br />
mit Lebensmittelkontrolleuren <strong>und</strong> amtlichen<br />
Tierärzten beteiligt. In den jeweiligen Landkreisen konnten<br />
so zeitgleich Kontrollen durchgeführt werden. In den Spezialitätenrestaurants<br />
wurden durch die Lebensmittelüberwachung<br />
teilweise gravierende Hygienemängel wie unsachgemäß<br />
gelagertes Fleisch <strong>und</strong> Fisch oder verdorbene<br />
Lebensmittel vorgef<strong>und</strong>en. Neben sofortigen Maßnahmen<br />
vor Ort wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet<br />
<strong>und</strong> Verwaltungsverfahren eröffnet. In deren Folge wurden<br />
die beanstandeten Betriebe in der Risikobewertung höher<br />
eingestuft <strong>und</strong> damit die Kontrollfrequenz erhöht.<br />
Dr. Cornelia Pfleghar, LRA Ravensburg<br />
30
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Das Ländle als Teil des europäischen Schnellwarnsystems<br />
Wenn Lebensmittel oder Lebensmittel-Bedarfsgegenstände<br />
verunreinigt sind oder andere ges<strong>und</strong>heitliche Risiken<br />
für den Verbraucher von ihnen ausgehen können, müssen<br />
die betroffenen Behörden Informationen unverzüglich austauschen,<br />
um den Schutz der Verbraucher sicherzustellen.<br />
Durch weit verzweigte Vertriebswege ist es für viele Behörden<br />
wichtig, schnell die notwendigen Informationen zu<br />
erhalten, um darüber zu entscheiden, ob <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
welche Maßnahmen vor Ort zur Gewährleistung der<br />
Lebensmittelsicherheit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit des Verbrauchers zu<br />
treffen sind.<br />
Für die schnelle Weitergabe von Informationen innerhalb<br />
der Europäischen Union sorgt das Schnellwarnsystem RASFF<br />
(Rapid Alert System Food and Feed) für Lebensmittel <strong>und</strong><br />
Lebensmittel-Bedarfsgegenstände. Als nationale Kontaktstelle<br />
für das europäische RASFF nimmt das B<strong>und</strong>esamt für<br />
Verbraucherschutz <strong>und</strong> Lebensmittelsicherheit (BVL) Meldungen<br />
aus Deutschland über Produkte, von denen Gefah-<br />
Die amtliche Lebensmittelüberwachung steht im Zeitalter<br />
der Globalisierung vor immer neuen Herausforde-<br />
entgegen <strong>und</strong> übermittelt diese der EU. Andersherum unterren<br />
für die Verbraucherinnen <strong>und</strong> Verbraucher ausgehen,<br />
rungen. Angesichts der zunehmenden Warenströme in richtet das BVL die zuständigen obersten Landesbehörden<br />
der heutigen eng vernetzten Welt ist es in der amtlichen über Meldungen, die von anderen Mitgliedstaaten oder teilweise<br />
auch aus Drittländern in das Schnellwarnsystem ein-<br />
Lebensmittelüberwachung kaum noch möglich, ohne<br />
globale Sicht lokal erfolgreich zu arbeiten.<br />
gestellt werden. Hinweise über weitere Informationen zum<br />
Was ist das RASFF?<br />
RASFF sind im <strong>Jahresbericht</strong> 2007 beschrieben.<br />
Das RASFF dient jedoch nicht ausschließlich dazu, erkannte<br />
ges<strong>und</strong>heitsgefährdende Lebensmittel rasch aus dem<br />
Verkehr zu ziehen <strong>und</strong> konkrete Gefahren abzuwehren.<br />
Das System wird auch eingesetzt, um Informationen über<br />
ges<strong>und</strong>heitliche Gefahren im Sinne präventiver Gefahrenabwehr<br />
innerbehördlich europaweit auszutauschen. So<br />
ist die detaillierte Weitergabe von Informationen über das<br />
EU-Schnellwarnsystem an die belieferten Länder essenziell,<br />
um nachträglich Zusammenhänge zwischen etwaigen Erkrankungen<br />
<strong>und</strong> ursächlich verantwortlichen Lebensmitteln<br />
herstellen zu können. Darüber hinaus ist die Benachrichtigung<br />
der Länder erforderlich, in denen die Ausgangswaren<br />
hergestellt wurden, damit entsprechende Maßnahmen zur<br />
Ursachenaufklärung in den betroffenen Betrieben ergriffen<br />
werden können.<br />
Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies deshalb im Jahr <strong>2008</strong><br />
den Eilantrag eines Unternehmers zurück, der der Ansicht<br />
war, dass keine RASFF-Meldung eingestellt werden dürfe,<br />
weil das betroffene leichtverderbliche Produkt zwischenzeit-<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Schematische Darstellung des Informationsflusses im RASFF<br />
Marktkontrolle<br />
Grenzzurückweisungen<br />
Eigenkontrolle/<br />
Verbraucherbeschwerde<br />
Mitgliedstaat<br />
Meldung<br />
RASSFF<br />
Bewertung<br />
Pressemeldungen<br />
Drittland<br />
Rapid<br />
Alert System<br />
for Food and<br />
Feed<br />
Rapid Alert<br />
System for<br />
Food and<br />
Feed<br />
RASFF<br />
NEWS<br />
Wochenübersicht<br />
<strong>Jahresbericht</strong><br />
RASFF<br />
BORDER<br />
REJECTION<br />
Rückmeldung<br />
von Mitgliedstaaten<br />
RASSFF<br />
Übermittlung<br />
Rückmeldung<br />
von Mitgliedstaaten<br />
Mitgliedstaaten<br />
angeschlossenes<br />
Drittland<br />
Quelle: RASFF-<strong>Jahresbericht</strong> 2007<br />
31
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Als Beispiel für die Entwicklung dieses europaweiten Systems auf Kreisebene<br />
wird nachfolgend die Statistik der Landeshauptstadt Stuttgart dargestellt:<br />
Die Anzahl der zu bearbeitenden Fälle im Zusammenhang mit dem RASFF<br />
stieg im Jahr <strong>2008</strong> weiter an. 145 Meldungen, also 8 % mehr als im Vorjahr,<br />
gingen von anderen Behörden oder über die Kontaktstelle des Landes<br />
beim MLR bei der Dienststelle ein. Die Rücknahme der betroffenen<br />
Produkte vom Markt wurde von den Lebensmittelkontrolleuren durch die<br />
Überprüfung der belieferten Betriebe überwacht. In einigen Fälle waren<br />
die Rückrufe in den betroffenen Betrieben nicht bekannt oder die Waren<br />
trotz des eingegangenen Rückrufes nicht aus dem Verkauf genommen<br />
worden. Dies zeigt deutlich, wie wichtig derartige Überwachungsmaßnahmen<br />
zum Schutz des Verbrauchers sind.<br />
Von 42 Produkten, die in der Landeshauptstadt Stuttgart im Berichtsjahr<br />
beprobt wurden, gingen derartige Gefahren aus, dass von der Verwaltung<br />
ein Entwurf für eine Meldung im RASFF erstellt <strong>und</strong> weitergeleitet wurde.<br />
Somit ist auch hier eine deutliche Zunahme zu verzeichnen.<br />
lich nicht mehr im Verkehr sei <strong>und</strong> somit auch keine Gefahr<br />
mehr für den Verbraucher bestehe. Die Auffassung des<br />
MLR, dass eine Einstellung aus den oben genannten Gründen<br />
dennoch notwendig <strong>und</strong> sinnvoll sei, wurde damit in<br />
vollem Umfang bestätigt. Auch stellte das Gericht klar, dass<br />
die Weiterleitung der Informationen über das Schnellwarnsystem<br />
eine innerbehördliche Benachrichtigung <strong>und</strong> keine<br />
Veröffentlichung von Informationen darstellt.<br />
Was wird gemeldet?<br />
Um die Bedeutung des RASFF darzustellen, werden nachfolgend<br />
aus dem Berichtsjahr zwei Vorkommnisse herausgegriffen,<br />
die größeres Aufsehen erregten.<br />
Österreichische Behörden warnten über das RASFF vor<br />
mit Gluten verunreinigtem Buchweizenmehl. Das Risiko<br />
bestand in der allergenen Reaktion auf Gluten bei Zöliakiekranken.<br />
Buchweizen wird, da er von Natur aus kein Gluten<br />
enthält, gerne von dieser besonders empfindlichen Verbrauchergruppe<br />
konsumiert. Mit Hilfe des Schnellwarnsystems<br />
wurde schnell deutlich, dass die verunreinigte Ware<br />
auch nach Baden-Württemberg gelangte. Nun galt es, den<br />
Verbraucher umgehend zu schützen. Das Produkt wurde<br />
unverzüglich vom Markt genommen <strong>und</strong> die Verbraucher<br />
durch eine Pressemitteilung der Landesregierung Baden-<br />
Württemberg über die Gefahr unmittelbar informiert.<br />
Nachdem im September Pressemitteilungen über mit Melamin<br />
verunreinigte Babynahrung für Aufsehen gesorgt<br />
hatten, beprobten die baden-württembergischen Überwachungsbehörden<br />
aus China importierte Lebensmittel<br />
zur Untersuchung auf Melamin. Bei Weichkaramellen der<br />
Marke „White Rabbit Creamy Candis“ wurden die Untersuchungsämter<br />
fündig. Es handelte sich hierbei um den ersten<br />
Melaminbef<strong>und</strong> in Deutschland überhaupt. Der Vorfall<br />
wurde sogleich im RASFF kommuniziert <strong>und</strong> löste in den<br />
Mitgliedstaaten eine Welle von Untersuchungen aus, die zu<br />
weiteren Positivbef<strong>und</strong>en auch bei anderen chinesischen<br />
Lebensmitteln führten. In kürzester Zeit wurden mehr als<br />
500 Lebensmittelbetriebe (zum Beispiel Asia-Shops, Einzelhandelsgeschäfte,<br />
die u. a. asiatische Produkte vertreiben,<br />
Großhandelsgeschäfte für asiatische/chinesische Produkte,<br />
asiatische Restaurants) kontrolliert <strong>und</strong> zahlreiche Proben<br />
entnommen. Der weitergeführten intensiven Überprüfung in<br />
Baden-Württemberg ist es zu verdanken, dass auch erstmals<br />
in Europa bei Ammoniumbicarbonat, einem für Kekse<br />
<strong>und</strong> Backwaren zugelassenen Zusatzstoff, eine Melamin-<br />
Kontamination festgestellt wurde. Das weitere Verarbeiten<br />
der beanstandeten Ware wurde sofort untersagt. Anhand<br />
mehrerer darauf folgender RASFF-Meldungen konnten die<br />
Vertriebswege in Deutschland puzzleartig zusammengefügt<br />
werden. Erst aus dem daraus entstandenen Gesamtbild der<br />
Warenströme wurde deutlich, dass das mit Melamin verunreinigte<br />
Ammoniumbicarbonat aus China importiert worden<br />
war, dagegen das unbelastete aus Deutschland stammte.<br />
Dies war Teil 1 der „Melamin-Story“ – Fortsetzung folgt in<br />
Kapitel III:<br />
n Melamin-Story Teil 2: chinesische Weichkaramellen<br />
n Melamin-Story Teil 3:<br />
Säuglingsnahrung – einwandfreie Ware in Deutschland<br />
n Melamin-Story Teil 4: Backtriebmittel<br />
Jens Kleefeldt, MLR<br />
32
Betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Lebensmittelhandel im Internet<br />
Forschungsprojekt Internethandel<br />
Für eine effiziente Kontrolle des Internethandels durch<br />
die amtliche Lebensmittelüberwachung fehlen derzeit<br />
noch geeignete Strukturen. Ziel des vom Ministerium<br />
für Ernährung <strong>und</strong> Ländlichen Raum Baden-Württemberg<br />
initiierten Projektes ist daher, erste Erkenntnisse<br />
über den Internethandel mit Lebensmitteln <strong>und</strong> Kosmetika<br />
zu gewinnen <strong>und</strong> Problembereiche zu identifizieren.<br />
Einstufung der angebotenen Produkte<br />
16<br />
22<br />
22<br />
14<br />
(*je nach Konzentration<br />
<strong>und</strong><br />
Zweckbestimmung<br />
/ aus dem<br />
Internetangebot<br />
nicht ermittelbar)<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Das Forschungsprojekt wurde am Chemischen <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsamt<br />
Karlsruhe durchgeführt.<br />
Arzneimittel<br />
Im Rahmen dieses Projektes wurden der Internethandel mit<br />
keine Einstufung möglich<br />
Borderlineprodukten am Beispiel von Schlankheitsmitteln<br />
<strong>und</strong> Anti-Aging-Produkten, der Handel mit Sportlernah-<br />
Lebensmittel<br />
rungsmitteln sowie der Handel <strong>und</strong> die Bewerbung alkoho-<br />
Grenzfall Arzneimittel*<br />
lischer Produkte im Internet eingehend untersucht.<br />
Borderlineprodukte sind Produkte, die Probleme bei der<br />
Abgrenzung <strong>und</strong> Zuordnung zu den Bereichen Lebensmitteln,<br />
Kosmetika <strong>und</strong> Arzneimittel verursachen. Der Internethandel<br />
mit diesen Produkten ist besonders problematisch<br />
im Hinblick auf Verstöße gegen das Lebensmittelrecht wie<br />
z. B. die Verwendung von nicht zugelassenen Zusatzstoffen.<br />
Oft liegen auch unzulässige Werbeaussagen <strong>und</strong> sonstige<br />
Irreführungen vor. Dies gilt besonders für das Inverkehrbringen<br />
von Arzneimitteln als angebliche Lebensmittel bzw.<br />
kosmetische Mittel. Ein Risiko für den Verbraucher besteht<br />
hier besonders durch kritische arzneilich wirksame Stoffe,<br />
die ohne ärztliche <strong>und</strong> pharmazeutische Überwachung <strong>und</strong><br />
ohne Aufklärung des Verbrauchers über die Risiken <strong>und</strong><br />
Nebenwirkungen eingenommen werden.<br />
Verbraucher beschweren sich –<br />
zu Recht<br />
Anzeigen <strong>und</strong> Beschwerden mehrerer Verbraucher<br />
über einen Versandhandel mit Ges<strong>und</strong>heitsprodukten<br />
führten zu einer polizeilichen<br />
Durchsuchung sämtlicher bekannter Betriebsstätten<br />
dieses Versands. Zur Unterstützung<br />
wurden auch die Lebensmittelüberwachungsbehörde<br />
vor Ort sowie lebensmittelchemische<br />
<strong>und</strong> pharmazeutische Sachverständige hinzugezogen.<br />
Es zeigte sich, dass Serienbriefe mit<br />
angeblichen Gewinnmitteilungen an potenzielle<br />
K<strong>und</strong>en verschickt wurden, in denen vor allem<br />
für die Bestellung von Nahrungsergänzungsmitteln<br />
mit unhaltbaren Wirkungsbehauptungen,<br />
angeblichen Schlankheitsmitteln <strong>und</strong> Arzneimitteln<br />
geworben wurde. Zum Beispiel wurde versprochen,<br />
dass man durch die Einnahme eines<br />
angebotenen Schlankheitsmittels auch ohne<br />
Umstellung der Lebens- <strong>und</strong> Ernährungsgewohnheiten<br />
schlank würde. Ferner wurden Nahrungsergänzungsmittel<br />
zur Vorbeugung, Linderung<br />
oder Heilung von Krankheiten angepriesen,<br />
obwohl das lebensmittelrechtlich verboten ist.<br />
Die beworbenen Produkte wurden überprüft, bei<br />
keinem waren die Werbeaussagen aufgr<strong>und</strong> der<br />
Zusammensetzung plausibel. Dies stimmte auch<br />
mit den Beobachtungen der Beschwerdeführer<br />
überein, welche die Wirkungslosigkeit bezogener<br />
Produkte moniert hatten. Das Verfahren gegen<br />
den Versandhandel ist noch im Gange.<br />
Dr. Cornelia Pfleghar, LRA Ravensburg<br />
33
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil iI betriebskontrollen <strong>und</strong> vollzug<br />
Bei den im Internet angebotenen <strong>und</strong> von uns überprüften<br />
Schlankheitsmitteln konnten wir nur etwa ein Drittel als<br />
verkehrsfähige Lebensmittel einstufen, während bei ca. einem<br />
Viertel der Produkte arzneiliche Wirkstoffe festgestellt<br />
wurden. Weitere Verstöße waren irreführende Werbeaussage,<br />
nicht zugelassene Zusatzstoffe sowie als ‚Novel Food’<br />
eingestufte Zutaten.<br />
Von 79 anhand der Werbeaussagen im Internet überprüften<br />
Produkten enthielten 44 (56%) pflanzliche Zutaten wie<br />
Lepidium meyenii, Avena sativa, Tribulus terrestris oder Trigonella<br />
foenum-graecum, deren beworbene hormonmodulierende<br />
Wirkung nicht in jedem Fall wissenschaftlich hinreichend<br />
gesichert ist. Weitere 17 (22%) Produkte enthielten<br />
unzulässigerweise arzneilich wirksame Bestandteile, darunter<br />
Stoffe wie Dehydroepiandrosteron, dessen 7-Keto-Derivat<br />
(= Prohormon) oder Somatotropin (Wachstumshormon)<br />
<strong>und</strong> traditionelle pflanzliche Arzneimittel wie Extrakte aus<br />
Serenoa repens oder aus Mucuna pruriens.<br />
Insgesamt wurde aus dieser Recherche deutlich, dass es<br />
für den Verbraucher nicht möglich ist, tatsächlich „hormonell<br />
wirksame“ Zubereitungen, die dann aber auf der<br />
Verbotsliste der WADA stehen <strong>und</strong> in der Regel verschreibungspflichtig<br />
sind, von denjenigen zu unterscheiden, bei<br />
denen solche Wirkungen nicht hinreichend belegt oder sogar<br />
unwahrscheinlich sind. Bestenfalls bedeutet dies einen<br />
überflüssigen Angriff auf den Geldbeutel, schlimmstenfalls<br />
auf die Ges<strong>und</strong>heit.<br />
w<br />
Alkohol gilt in Deutschland als Kulturdroge, das heißt, der<br />
Konsum alkoholhaltiger Getränke wird gesellschaftlich akzeptiert<br />
<strong>und</strong> ist mitunter sogar erwünscht. Andererseits<br />
kann der Genuss von Alkohol zu ges<strong>und</strong>heitlichen Schäden<br />
führen, ebenso besteht ein Suchtrisiko. Die Alkoholindustrie<br />
versucht teilweise, ein positives Image aufzubauen, indem<br />
sie in ihrer Werbung Aspekte wie einen ges<strong>und</strong>en Lebensstil<br />
mit dem Trinken von Alkohol assoziiert. Besonders aus<br />
Sicht des Jugendschutzes <strong>und</strong> des ges<strong>und</strong>heitlichen Verbraucherschutzes<br />
sind Berichterstattungen über eine mögliche<br />
ges<strong>und</strong>heitsfördernde Wirkung von moderatem Alkoholkonsum,<br />
die vor allem im Internet zu finden sind, äußerst<br />
kritisch zu betrachten.<br />
Beim Marktsegment Sportlerlebensmittel lag der Fokus<br />
auf Produkten, die mit einer hormonmodulierenden oder<br />
arzneilichen Wirkung beworben wurden.<br />
Viele Hormone, z. B. Insulin, Cortisol, Testosteron <strong>und</strong><br />
Wachstumshormone beeinflussen direkt oder indirekt den<br />
Proteinumsatz. Die interessanteste Wirkung von Testosteron<br />
ist für Sportler der Muskelaufbau. Da diese Hormone auf<br />
der Verbotsliste der WADA (World-Anti-Doping-Agency)<br />
stehen bzw. Arzneimittel darstellen, ist z. B. der „Ersatz“ in<br />
Form von Prohormonen (Steroidhormone, die bei der Biosynthese<br />
von Testosteron als Zwischenprodukte auftreten)<br />
oder in Form von Pflanzen(-extrakten) attraktiv, denen ein<br />
Einfluss auf den Hormonhaushalt des Körpers zugeschrieben<br />
wird. Für die systematische Recherche im Zuge des<br />
Projekts wurde in die Suchmaschine www.google.de das<br />
Stichwort „Sportlernahrung“ eingegeben. Außerdem wurden<br />
Anzeigen in einschlägigen Zeitschriften nach Internetadressen<br />
von Händlern für Sportlernahrung durchsucht.<br />
Nach der ersten Sichtung des Angebots im Internet haben<br />
sich die Produktgruppen Kräuterliköre, Topinamburbrände,<br />
Absinthe <strong>und</strong> Biere als besonders auffällig dargestellt, so<br />
dass hierfür eine systematische Recherche durchgeführt<br />
wurde.<br />
Weitere Informationen zum Projekt <strong>und</strong> den Erkenntnissen<br />
daraus sind auch in den <strong>Jahresbericht</strong>en des<br />
CVUA Karlsruhe 2007 <strong>und</strong> <strong>2008</strong> <strong>und</strong> im Internet unter<br />
www.ua-bw.de zu finden.<br />
Sigrid Löbell-Behrends, CVUA Karlsruhe<br />
34
Teil III<br />
Produktgruppen<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Untersuchungsergebnisse:<br />
Übersicht in Zahlen 36<br />
Übersicht Untersuchungsergebnisse 38<br />
Lebensmittel 40<br />
Milch, Milchprodukte 40<br />
Eier, Eiprodukte 42<br />
Fleisch, Fleischerzeugnisse 43<br />
Fischereierzeugnisse 44<br />
Fette, Öle 47<br />
Brühen, Suppen, Soßen, Feinkostsalate 48<br />
Getreide, Backwaren, Teigwaren 50<br />
Obst, Gemüse 51<br />
Kräuter, Gewürze 52<br />
Alkoholfreie Getränke 55<br />
Wein 57<br />
Alkoholische Getränke 59<br />
Eis, Desserts 60<br />
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao,<br />
Brotaufstriche, Kaffee, Tee 61<br />
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse 62<br />
Fertiggerichte 64<br />
Diätetische Lebensmittel 65<br />
Nahrungsergänzungsmittel 67<br />
Nährwert- <strong>und</strong><br />
ges<strong>und</strong>heitsbezogene 68<br />
Neuartige Lebensmittel 69<br />
Zusatzstoffe, Aromastoffe 70<br />
Kosmetische Mittel 73<br />
Karlsruher Kosmetiktag 73<br />
Majantol, Babypuder 75<br />
Aloe Vera 76<br />
Bedarfsgegenstände 78<br />
Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt 80<br />
Bedarfsgegenstände mit<br />
Körperkontakt 83<br />
Spielwaren <strong>und</strong> Scherzartikel 86<br />
Bedarfsgegenstände zur Reinigung<br />
<strong>und</strong> Pflege 88<br />
Tabakwaren 89<br />
◆<br />
35
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppen<br />
Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen<br />
Die Untersuchung <strong>und</strong> Beurteilung von Lebensmitteln, Wein, kosmetischen Mitteln <strong>und</strong> Bedarfsgegenständen<br />
<strong>und</strong> Tabakwaren ist neben den Betriebskontrollen (siehe Kapitel II) die zweite Säule der amtlichen Lebensmittelüberwachung.<br />
Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden<br />
insgesamt 52.249 Proben chemisch, physikalisch <strong>und</strong><br />
mikrobiologisch untersucht: 46.979 Lebensmittel, 1.874<br />
kosmetische Mittel, 3.191 Bedarfsgegenstände, 162 Tabakerzeugnisse<br />
<strong>und</strong> 66 sonstige Produkte, die z. B. wegen<br />
der möglichen Ges<strong>und</strong>heitsgefahr durch Verwechselbarkeit<br />
mit Lebensmitteln überprüft wurden.<br />
Probenanforderung <strong>und</strong> Probenahme erfolgen risikoorientiert,<br />
es werden Verdachts-, Beschwerde- <strong>und</strong> Vergleichsproben<br />
eingesendet <strong>und</strong> die Untersuchung der Proben<br />
wird zielgerichtet durchgeführt. Die Zahl der Beanstandungen<br />
ist deshalb nicht repräsentativ für das Marktangebot<br />
<strong>und</strong> erlaubt nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Qualität<br />
unserer Lebensmittel insgesamt.<br />
Obwohl Trinkwasser das wichtigste Lebensmittel darstellt,<br />
unterliegt Trinkwasser rechtlich der Trinkwasserverordnung<br />
<strong>und</strong> nicht dem Lebensmittel- <strong>und</strong> Futtermittelgesetzbuch.<br />
Der große Bereich Trinkwasser wird deshalb separat dargestellt.<br />
Außerdem wurden 11.561 Proben im Rahmen des Nationalen<br />
Rückstandskontrollplanes für Lebensmittel tierischer Herkunft,<br />
bei dem unter anderem Fleisch, Milch, Eier <strong>und</strong> Honig<br />
auf Rückstände unerwünschter Stoffe untersucht werden,<br />
sowie 1.461 Proben auf Radioaktivität untersucht.<br />
Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung:<br />
Lebensmittel 46.979<br />
Kosmetische Mittel 1.874<br />
Bedarfsgegenstände (z. B. Verpackungsmaterial,<br />
Spielwaren, Gegenstände mit Hautkontakt,<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel) 3.191<br />
Kein Erzeugnis nach LFGB 43<br />
Tabakerzeugnisse 162<br />
Probenzahl gesamt 52.249<br />
Beschwerde- <strong>und</strong> Erkrankungsproben 2.888<br />
davon beanstandet 579<br />
Die festgestellten Verstöße beruhten auf folgenden<br />
Mängeln:<br />
n Mängel der Kennzeichnung <strong>und</strong> Aufmachung<br />
n Mängel der Zusammensetzung <strong>und</strong> Beschaffenheit<br />
(z. B. Qualitätsmängel)<br />
n Mängel durch mikrobiologische Verunreinigungen,<br />
mikrobiologischen Verderb<br />
n Mängel durch andere Verunreinigungen oder<br />
Verderbsursachen<br />
n Verstöße gegen Vorschriften zum vorbeugenden<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />
n Beanstandungen aufgr<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsschädlicher<br />
Eigenschaften<br />
Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe<br />
bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe<br />
höher sein als die der beanstandeten Proben.<br />
Geeignet die Ges<strong>und</strong>heit zu schädigen waren insgesamt<br />
149 (0,3 %) Proben. Einzelheiten sind in der Tabelle auf der<br />
nächsten Doppelseite dargestellt.<br />
Sonstige Proben:<br />
Nationaler Rückstandskontrollplan 11.561<br />
Radioaktivität 1.461<br />
Trinkwasser 9.247<br />
Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte Abweichung<br />
von der Norm, unabhängig von der Art oder dem<br />
Ergebnis der weiteren Verfolgung. Die Feststellungen, die<br />
im Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen gegebenenfalls<br />
noch der richterlichen Nachprüfung. Insbesondere<br />
sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher Hinsicht,<br />
sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften<br />
<strong>und</strong> Kenntlichmachungsgebote aufgeführt. Die Art der Beanstandung<br />
ist aus den nachfolgenden Grafiken <strong>und</strong> Tabellen<br />
erkennbar.<br />
36
Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen<br />
Anteil der beanstandeten Proben an der Gesamtprobenzahl <strong>und</strong> Verteilung der Beanstandungsgründe<br />
Lebensmittel untersuchte Proben 46.979 davon beanstandet 8.288 18%<br />
129 790<br />
2.101<br />
nicht beanstandet 38.691 82%<br />
790<br />
5.745<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
3.012<br />
Kosmetik untersuchte Proben 1.874 davon beanstandet 436 23%<br />
44<br />
3<br />
nicht beanstandet 1.438 77%<br />
490<br />
Bedarfsgegenstände untersuchte Proben 3.191 davon beanstandet 808 25%<br />
9<br />
nicht beanstandet 2.383 75%<br />
378<br />
455<br />
Beanstandungsgründe<br />
Kennzeichnung, Aufmachung<br />
Zusammmensetzung, Beschaffenheit<br />
Andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen<br />
Mikrobiologischer Verderb<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschädliche Eigenschaften<br />
Verstöße gegen vorbeugenden Ges<strong>und</strong>heitschutz<br />
37
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppen<br />
Übersicht: Untersuchungsergebnisse<br />
Produktgruppe<br />
Gesamtzahl<br />
der Proben<br />
Zahl der<br />
beanstandeten Proben<br />
Anteil der<br />
beanstandeten Proben<br />
in %<br />
Beanstandung aufgr<strong>und</strong><br />
Zusammensetzung/<br />
Beschaffenheit<br />
Beanstandung aufgr<strong>und</strong><br />
Kennzeichnung/<br />
Aufmachung<br />
Summe<br />
der Beanstandung<br />
Anteil<br />
Zusammensetzung<br />
in %<br />
Anteil<br />
Kennzeichnung in %<br />
Lebensmittel 46.979 8.288 18% 4.648 5.743 10.391 45% 55%<br />
Milch <strong>und</strong> Milchprodukte 4.477 970 22% 584 614 1.198 49% 51%<br />
Eier <strong>und</strong> Eiprodukte 903 109 12% 36 101 137 26% 74%<br />
Fleisch, Wild, Geflügel <strong>und</strong> deren Erzeugnisse 6.968 1.918 28% 1.250 1.284 2.534 49% 51%<br />
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere <strong>und</strong> deren Erzeugnisse 2.429 412 17% 313 200 513 61% 39%<br />
Fette <strong>und</strong> Öle 1.436 229 16% 152 99 251 61% 39%<br />
Brühen, Suppen, Soßen, Feinkostsalate 1.279 160 13% 96 84 180 53% 47%<br />
Getreide, Backwaren, Teigwaren 4.707 874 19% 513 478 991 52% 48%<br />
Obst, Gemüse, -Erzeugnisse 4.352 420 10% 334 198 532 63% 37%<br />
Kräuter <strong>und</strong> Gewürze 1.123 141 13% 56 129 185 30% 70%<br />
Alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- <strong>und</strong> Tafelwasser) 3.542 567 16% 230 421 651 35% 65%<br />
Wein 2.409 280 12% 95 225 320 30% 70%<br />
Alkoholische Getränke (außer Wein) 2.821 568 20% 248 537 785 32% 68%<br />
Eis <strong>und</strong> Desserts 1.914 339 18% 217 203 420 52% 48%<br />
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche, Kaffee, Tee 2.457 380 15% 96 398 494 19% 81%<br />
Hülsenfrüchte, Nüsse, Nusserzeugnisse 1.298 279 21% 245 65 310 79% 21%<br />
Fertiggerichte 2.242 230 10% 93 160 253 37% 63%<br />
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung 1.768 176 10% 30 191 221 14% 86%<br />
Nahrungsergänzungsmittel 377 212 56% 44 346 390 11% 89%<br />
Zusatzstoffe 477 24 5% 16 10 26 62% 38%<br />
Kosmetische Mittel 1.874 436 23% 47 490 537 9% 91%<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel für die Haut 944 240 25% 16 276 292 5% 95%<br />
Haarbehandlungsmittel 230 47 20% 5 48 53 9% 91%<br />
Nagelkosmetik 110 24 22% 6 22 28 21% 79%<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel für die M<strong>und</strong>hygiene 93 9 10% 0 10 10 0% 100%<br />
Deodorants <strong>und</strong> Parfüms 97 27 28% 0 33 33 0% 100%<br />
Mittel zur Beeinflussung des Aussehens (Make-up, Sonnenschutz) 376 88 23% 20 100 120 17% 83%<br />
Rohstoffe für kosmetische Mittel 24 1 4% 0 1 1 0% 100%<br />
Bedarfsgegenstände 3.191 808 25% 387 455 842 46% 54%<br />
Materialien mit Lebensmittelkontakt 1.405 254 18% 128 82 210 61% 39%<br />
Gegenstände mit Körperkontakt 938 321 34% 163 219 382 43% 57%<br />
Spielwaren <strong>und</strong> Scherzartikel 638 126 20% 94 49 143 66% 34%<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel 209 107 51% 2 105 107 2% 98%<br />
Verpackungsmaterialien für kosmetische Mittel <strong>und</strong> Tabakwaren 1 0 0% 0 0 0 0% 0%<br />
Kein Erzeugnis nach LFGB 43 33 77% 8 26 34 0% 0%<br />
Tabakwaren 162 7 4% 0 0 0 0% 0%<br />
Summe 52.249 9.572 18% 5.090 6.714 11.804 43% 57%<br />
Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln (ohne Trinkwasser), kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen <strong>und</strong> Tabakwaren<br />
38
Übersicht: Untersuchungsergebnisse<br />
Als ges<strong>und</strong>heitsschädlich beanstandet wegen Probenbezeichnung Anzahl<br />
Bacillus cereus, Staphylococcus aureus<br />
Pfannkuchen mit Hackfleisch<br />
Fleisch <strong>und</strong> Spätzle 2<br />
Bacillus cereus; Cereulid positiv Aprikosendressing 1<br />
Campylobacter jejuni Entenbrust-Filets, Petersilie 2<br />
Campylobacter Entenbrust 1<br />
Clostridium perfringens<br />
Rind- <strong>und</strong> Schweinefleisch mit Soße<br />
Schweinefleisch 2<br />
Listeria monocytogenes<br />
Ricotta (23x), Hackfleisch vom Rind, Bauernbratwurst (2x), Mettwurst (2x),<br />
Zwiebelmettwurst, Pastawurst, Teewurst (6x), Schwartenmagen,<br />
Forellenfilet (3x), Räucherlachs (2x) 42<br />
Salmonella enteritidis<br />
Eier, Hackfleisch, Rehgulasch, Tomatensuppe kalt, Tiramisu,<br />
Heringsalat, Spätzle, Paprika gefüllt 8<br />
Salmonella newport Gänsebrust geräuchert 1<br />
Salmonella typhimurium Paprikawurst, Zwiebelmettwurst 2<br />
Salmonella Poly II Melonenkerne 1<br />
Salmonellen Eier (2x), Sesam, schwarzer Pfeffer 4<br />
Staphylococcus aureus Geflügelteile 1<br />
Verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC)<br />
Vorzugsmilch (2x), Rohmilchschnittkäse, Schweiz. Schnittkäse,<br />
Franz. Weichkäse, Rinderhackfleisch, Schweinehackfleisch,<br />
Zwiebelmettwurst (2x) 9<br />
Yersinia enterocolitica (pathogen) Schweinehackfleisch 1<br />
erhöhter Histamin-Gehalt (870 bis 6420 mg/kg) Thunfisch (offen bzw. in Öl) 8<br />
erhöhter Histamin-Gehalt (2800 mg/kg) Salat Nizza 1<br />
hoher Quecksilbergehalt Nahrungsergänzungsmittel (Guduchi <strong>und</strong> Nimba-Pflanzenextrakte) 2<br />
Laktose-Gehalt (2,1 g/100 g) lactosefreier Bio-Schlemmerquark 1<br />
erhöhter Gehalt an Jod, Warnhinweise nicht anwendbar Meeresalgen (getrocknet) 3<br />
überhöhter Selen-Gehalt Selenium-Kapseln 1<br />
überhöhter Zink-Gehalt Zink-Kapseln 1<br />
Wasserstoff-Peroxid Diät-Milchreis 1<br />
stark alkalischer pH-Wert Laugenbrezel 1<br />
Spüllauge im Lebensmittel Mineralwasser 2<br />
organische Verunreinigung; nicht-ionische Tenside Mineralwasser 1<br />
Fremdkörper (Glas, Knochen, Kunststoff, Stein)<br />
Kabeljau-Fischstäbchen, Bratwurstzöpfe, Hausmacher Schwarzwurst,<br />
Wiener Würstchen, Bio-Früchte-Müsli, Kürbiskernbrot, Vollkornbrot,<br />
Sprossen-Brezeln, Schneckennudel, Fleischsalat, Gemüselasagne, Lachsbrötchen 12<br />
Fremdkörper aus Metall (Clip, Schraube, Stift)<br />
Joghurt-Crisp, Schwarzwurst, Truthahn-Aufschnitt,<br />
Soja-Schinkenwurst, Fleischkäsebrötchen, Vitamin C-Kaubonbon 6<br />
Nachweis des Weichmachers DEHP in<br />
ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Konzentrationen getrocknete Tomaten in Olivenöl (2x), Sesampaste (10x) 12<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Atemnot <strong>und</strong> Hustenanfälle<br />
beim Inhalieren des feinen Pulverinhalts Zigarettenscherzartikel 7<br />
Gefahr von Lungenschäden beim Verschlucken;<br />
fehlende Kindersicherung ätherische Öle (2x), Kräuter Öl Kosmetik 3<br />
Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln,<br />
Aspirationsgefahr aufgr<strong>und</strong> der Viskosität<br />
des Inhaltes bzw. der Größe Jasmin Hair Oil, Gummibärchenseife 2<br />
Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln Dekosteine, scharfkantig 8<br />
39
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Lebensmittel<br />
Milch <strong>und</strong> Milchprodukte<br />
Echte Vanille in Milcherzeugnissen?<br />
Die Vanille zählte schon immer zu den edelsten <strong>und</strong> teuersten Gewürzen, <strong>und</strong> mit Vanille aromatisierte Lebensmittel<br />
genießen seit jeher bei Jung <strong>und</strong> Alt einen hohen Stellenwert. Nicht verw<strong>und</strong>erlich also, dass Vanillin als Hauptaromakomponente<br />
der Vanille einer der in der Lebensmittelindustrie am meisten verwendeten Aromastoffe ist.<br />
Auch bei den Milcherzeugnissen ist die Geschmacksrichtung<br />
„Vanille“ eine sehr beliebte Variante. Wird in der Bezeichnung<br />
auf Vanille hingewiesen <strong>und</strong> werden dekorative<br />
Abbildungen von Vanilleblüten oder -schoten auf den<br />
Verpackungen angebracht, lässt dies erwarten, dass die zur<br />
Geschmacksgebung eingesetzten Zutaten ausschließlich<br />
aus der Namen gebenden Vanille stammen. Die Hersteller<br />
setzen jedoch häufig preisgünstigere Vanillearomen ein,<br />
die mittels chemisch-synthetischer oder biotechnologischer<br />
Verfahren hergestellt <strong>und</strong> nicht aus der Vanillepflanze bzw.<br />
-schote gewonnen werden. Bei Verwendung solcher Aromen<br />
darf weder in der Verkehrsbezeichnung auf Vanille<br />
Bezug genommen noch dürfen die genannten bildlichen<br />
Darstellungen verwendet werden.<br />
Insgesamt 23 Milcherzeugnisse wurden auf den Zusatz<br />
von echter Vanille bzw. daraus hergestelltem natürlichem<br />
Vanillin untersucht. Natürliches <strong>und</strong> synthetisches Vanillin<br />
sind strukturchemisch völlig identisch. Daher ist die analytische<br />
Überprüfung der Echtheit des Vanillins nicht einfach.<br />
Mittels der Stabilisotopenanalytik kann jedoch anhand des<br />
Kohlenstoff-Isotopenmusters ( 13 C/ 12 C) das der Vanillepflanze<br />
entstammende Vanillin erkannt werden.<br />
Weitere Informationen hierzu im Kapitel Stabilisotopen-Analytik<br />
<strong>und</strong> unter: www.ua-bw.de/uploaddoc/<br />
portal/Verfaelschungen_Vanillin.pdf<br />
n Bei 8 Proben (35%) hatten die Hersteller auf der Verpackung<br />
durch die Angabe „mit Vanille-Geschmack“ (mehr<br />
oder weniger deutlich) darauf hingewiesen, dass Vanille-<br />
Aromen eingesetzt wurden, die nicht natürlicher Herkunft<br />
sind. Dies wurde analytisch bestätigt <strong>und</strong> Beanstandungen<br />
mussten in diesen Fällen nicht ausgesprochen werden.<br />
n Bei 15 Proben wurde durch die Kennzeichnung <strong>und</strong><br />
Aufmachung hingegen der Eindruck erweckt, dass die zur<br />
Geschmacksgebung eingesetzten Aromen ausschließlich<br />
aus der Vanille stammen. Auf den Verpackungen waren<br />
werbende Angaben wie „mit Bourbon-Vanille“, „mit Vanilleschotenextrakt“<br />
oder „Vanille Joghurt mit natürlichen Aromen“<br />
vorhanden, meist in Kombination mit Abbildungen<br />
von Vanilleschoten <strong>und</strong> -blüten. Nur bei zwei Produkten<br />
waren diese Auslobungen gerechtfertigt. 13 Erzeugnisse<br />
(57% der 23 untersuchten Proben) mussten beanstandet<br />
werden, da nachweislich vanillefremdes Vanillin enthalten<br />
war! Um den Verbraucher auch künftig vor Täuschung <strong>und</strong><br />
Irreführung zu schützen, ist die Kontrolle hier weiterhin angezeigt.<br />
„Lebensmittelzubereitungen<br />
aus Magermilch <strong>und</strong> Pflanzenfett“ –<br />
einem Käse zum Verwechseln ähnlich!<br />
Bereits im Jahr 2006 waren von 78 aus Gaststätten<br />
<strong>und</strong> Imbissbetrieben erhobenen Käseproben 14 Proben<br />
(18 %) wegen des Nachweises von Pflanzenfett zu beanstanden.<br />
In den Jahren 2007 <strong>und</strong> <strong>2008</strong> wurde daher<br />
in diesem Bereich verstärkt kontrolliert.<br />
„Käseimitate“ oder „Analogkäse“ stellen Erzeugnisse eigener<br />
Art dar <strong>und</strong> müssen mit einer beschreibenden Verkehrsbezeichnung<br />
versehen sein, in der die Angabe „Käse“ nicht<br />
vorkommt. Die Bezeichnung „Käse“ ist nämlich einem aus<br />
dickgelegter Käsereimilch hergestellten Erzeugnis vorbehalten.<br />
Produkte, bei denen Milchbestandteile (wie Fett <strong>und</strong>/<br />
oder Eiweiß) vollständig oder teilweise durch andere Stoffe<br />
ersetzt wurden, dürfen nicht als Käse bezeichnet werden.<br />
Imitationserzeugnisse werden im Wesentlichen aus Eiweiß<br />
<strong>und</strong> pflanzlichen Fetten, Verdickungsmitteln, Aromen <strong>und</strong><br />
Farbstoffen hergestellt, teilweise mit Milchbestandteilen,<br />
teils gänzlich ohne. Im Vergleich zu Käse ist die Herstellung<br />
einfacher <strong>und</strong> kostengünstiger. Es gibt sie in verschiedenen<br />
Sorten <strong>und</strong> Geschmacksrichtungen, manchmal in Blöcken,<br />
häufig in Scheiben oder gerieben. Insbesondere aufgr<strong>und</strong><br />
des Aussehens <strong>und</strong> der Konsistenz sind sie mit echtem Käse<br />
verwechselbar. Von Seiten der Hersteller werden die Imitate<br />
meist mit einer ordnungsgemäßen Verkehrsbezeichnung<br />
wie beispielsweise „Lebensmittelzubereitung aus Magermilch<br />
<strong>und</strong> Pflanzenfett“ versehen <strong>und</strong> an die Gastronomie<br />
geliefert. Die korrekte Kennzeichnung wird dort allerdings<br />
oftmals nicht beachtet, so dass die Erzeugnisse in Speisekarten<br />
oder auf Preisaushängen unter der irreführenden<br />
Bezeichnung „Käse“ angeboten werden.<br />
Weitere Informationen sind unter: www.ua-bw.de<br />
> Aktuelle Meldungen > Artikel vom 06.05.2009 zu<br />
erhalten (siehe auch www.ua-bw.de > Infomaterial –<br />
Merkblätter > „Feta, Käse in Lake <strong>und</strong> Erzeugnisse aus<br />
Magermilch <strong>und</strong> Pflanzenfett auf der Speisekarte oder<br />
am Schild an der Ware“ vom 30.03.2009<br />
40
Milch <strong>und</strong> Milchprodukte<br />
Im Zeitraum 2007 <strong>und</strong> <strong>2008</strong> wurden insgesamt 542 Produkte<br />
untersucht. Dabei führten Imitationserzeugnisse, die<br />
irreführend als Käse bezeichnet <strong>und</strong> angeboten wurden, in<br />
47 Fällen (9%) zu einer Beanstandung. Erhoben wurden<br />
die Proben als offene Ware direkt in Restaurants, Gaststätten,<br />
Imbissbetrieben oder Bäckereien – von 204 „Käsen“<br />
handelte es sich bei 41 Erzeugnissen um so genannte Imitate<br />
(20%). Die Beanstandungsquote der als loser Käse<br />
aus dem Einzelhandel oder in Fertigpackungen zur Untersuchung<br />
vorgelegten Proben lag mit 2 % deutlich darunter<br />
(6 von 338 Proben).<br />
Käse-Imitat zum Überbacken<br />
Biokäse –<br />
garantiert ohne Konservierungsstoffe?<br />
ein Stoff mit antibiotischer Wirkung, der zur Oberflächenbehandlung<br />
dient. Kalium- <strong>und</strong> Natriumnitrat werden zur<br />
Vermeidung von Reifungsfehlern bei der Herstellung von<br />
reifenden Käsesorten eingesetzt. Bei Biokäse sind dagegen<br />
sämtliche Konservierungsstoffe gr<strong>und</strong>sätzlich verboten.<br />
22 Schnitt- <strong>und</strong> Hartkäse, die als „Bio“ gekennzeichnet waren,<br />
sind auf die unzulässige Verwendung von Natamycin,<br />
Kalium- <strong>und</strong> Natriumnitrat untersucht worden. Erfreulicherweise<br />
war keine der Biokäse-Proben zu beanstanden.<br />
Bei konventionellem Käse kam es in den vergangenen<br />
Jahren bei Verwendung von Natamycin immer wieder zu<br />
Kennzeichnungsverstößen <strong>und</strong> Höchstmengenüberschreitungen.<br />
Auch in <strong>2008</strong> wurden 39 konventionelle Schnitt<strong>und</strong><br />
Hartkäse auf ihren Natamycingehalt untersucht. Davon<br />
fielen 5 Proben (12%) wegen fehlender Kennzeichnung<br />
des Konservierungsstoffes auf, sogar 8 Proben (20%) wegen<br />
einer Überschreitung der zulässigen Höchstmenge.<br />
Beim Einsatz von Nitraten war die Situation vergleichsweise<br />
besser: Von 57 untersuchten konventionellen Schnitt- <strong>und</strong><br />
Hartkäseproben waren nur zwei Proben wegen fehlender<br />
Kennzeichnung <strong>und</strong> keine der Proben wegen Höchstmengenüberschreitung<br />
zu beanstanden.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Im Gegensatz zu konventioneller Ware ist für Bio-Produkte<br />
gemäß den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen<br />
Landbau nur eine sehr begrenzte Zahl von<br />
Zutaten, Zusatzstoffen <strong>und</strong> Verarbeitungshilfsstoffen<br />
zulässig. Im Jahr <strong>2008</strong> wurden daher so genannte<br />
„Biokäse“ wieder auf die Verwendung nicht zulässiger<br />
Zusatzstoffe untersucht.<br />
Käse darf nur dann mit dem Zusatz „Bio“ <strong>und</strong> dem Bio-<br />
Siegel gekennzeichnet werden, wenn folgende Bedingungen<br />
erfüllt sind:<br />
n Mindestens 95 Gewichtsprozent der Zutaten landwirtschaftlichen<br />
Ursprungs müssen ökologisch/biologisch nach<br />
den Kriterien der EU-Öko-Verordnungen erzeugt sein. So<br />
müssen z. B. die milchliefernden Tiere nach den Kriterien<br />
dieser Verordnungen gehalten werden.<br />
n Verbot der Verwendung von genetisch veränderten Organismen<br />
(GVO) sowie von Erzeugnissen, die aus oder durch<br />
GVO hergestellt wurden, z. B. gentechnisch gewonnenes Lab.<br />
n Alle anderen Zutaten, Zusatzstoffe <strong>und</strong> Verarbeitungshilfsstoffe<br />
müssen in den so genannten Positivlisten der<br />
Anhänge der EU-Öko-Verordnungen aufgeführt sein; allein<br />
dadurch sind z. B. nur 47 von über 300 möglichen Zusatzstoffen<br />
zugelassen.<br />
Einem konventionell erzeugten Käse werden je nach Sorte<br />
verschiedene Zusatzstoffe zugesetzt. Bei Schnitt- <strong>und</strong><br />
Hartkäse sind dies vor allem die Konservierungsstoffe Natamycin<br />
sowie Kalium- <strong>und</strong> Natriumnitrat. Natamycin ist<br />
Silke Helble, CVUA Freiburg<br />
Deutsches Bio-Siegel<br />
Im Juni 2007 haben sich die<br />
Landwirtschaftsminister der EU auf<br />
eine vollständige Neufassung der bis<br />
dahin gr<strong>und</strong>legenden Öko-Verordnung<br />
(EG) Nr. 2092/91 geeinigt. Die neue Verordnung<br />
(EG) Nr. 834/2007 <strong>und</strong> die zugehörigen<br />
Durchführungsverordnungen enthalten nun die<br />
EU-weiten Regeln für die Produktion, Kontrolle<br />
<strong>und</strong> Kennzeichnung von biologischen Erzeugnissen.<br />
Sie gelten ab dem 1. Januar 2009, Teile<br />
der Kennzeichnungsvorgaben erst zum 1. Juli<br />
2010. Zu diesem späteren Zeitpunkt wird auch<br />
die Angabe eines Gemeinschaftslogos bei vorverpackten<br />
biologischen Lebensmitteln Pflicht.<br />
Derzeit ist es den biologisch wirtschaftenden<br />
Erzeugern noch freigestellt, ob sie ihre Produkte<br />
mit einem EU-Bio-Logo auszeichnen. Auch über<br />
den 1. Juli 2010 hinaus dürfen (zusätzlich) verwendet<br />
werden: das deutsche Bio-Siegel zur<br />
Kennzeichnung jener Produkte, die mindestens<br />
den Anforderungen der EU-Öko-Verordnung<br />
genügen, wie auch privatwirtschaftliche Siegel<br />
der jeweiligen Öko-Anbauverbände<br />
bei Einhaltung der entsprechenden<br />
Richtlinien.<br />
Deutsche Version des EU-Bio-Logos<br />
41
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Eier <strong>und</strong> Eiprodukte<br />
Insgesamt 12 % der 903 untersuchten Eier <strong>und</strong> Eiprodukte mussten beanstandet werden. Anlass gab hierzu in<br />
36 Fällen die stoffliche Beschaffenheit oder der (nicht mehr vorhandene) Frischezustand. Nach wie vor die meisten<br />
Verstöße lagen jedoch im Bereich der mangelhaften <strong>und</strong> oftmals zur Täuschung des Verbrauchers geeigneten<br />
Aufmachung <strong>und</strong> Kennzeichnung: Bei 101 der 109 beanstandeten Proben mussten derartige Mängel festgestellt<br />
werden.<br />
Die Kennzeichnung der<br />
„Eier vom Wochenmarkt“ –<br />
ein Problemfeld<br />
Bei Eiern, die auf Wochenmärkten angeboten werden, treten<br />
besonders häufig Kennzeichnungsverstöße auf. Weiterhin<br />
„Spitzenreiter“ unter den Beanstandungsgründen ist der<br />
fehlende oder nicht leserliche Erzeugercode auf den Eiern.<br />
Dies gilt auch als Täuschung <strong>und</strong> Irreführung des Verbrauchers,<br />
da weder die tatsächliche Herkunft der Eier noch die<br />
Haltungsform der Hühner eindeutig erkennbar ist.<br />
Gleich, ob es sich um Lose-Verkäufe oder um bereits verpackte<br />
Eier handelt, die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums,<br />
der Legehennen-Haltungsart <strong>und</strong> die Erläuterung<br />
des Erzeugercodes sind (neben der Güte- <strong>und</strong> der Gewichtsklasse)<br />
verpflichtend vorgeschrieben <strong>und</strong> müssen<br />
dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden. Gerade<br />
diese Kennzeichnungselemente fehlen jedoch sehr häufig<br />
beim Verkauf auf Wochenmärkten. Und das, obwohl es<br />
sich bei der Mehrzahl der dortigen Händler nicht um Direktvermarkter<br />
handelt. Denn bestimmte Kennzeichnungserleichterungen<br />
gelten nur für echte Direktvermarkter, die<br />
nicht nach Güte- <strong>und</strong> Gewichtsklasse sortierte Eier anbieten.<br />
Ebenso scheint den Verkäufern von Eiern auf Märkten<br />
häufig nicht bekannt zu sein, dass aus Hygienegründen<br />
viele Verpackungen nicht mehrfach verwendet werden<br />
dürfen. Zur Wiederverwendung bestimmte Verpackungen<br />
müssen leicht zu reinigen <strong>und</strong> erforderlichenfalls zu desinfizieren<br />
sein, um eine nachteilige Beeinflussung der wiederverpackten<br />
Lebensmittel zu vermeiden. Eierpackungen aus<br />
Pappe erfüllen diese Anforderung nicht.<br />
Silke Helble, CVUA Freiburg<br />
42
Fleisch <strong>und</strong> Fleischerzeugnisse<br />
Fleisch <strong>und</strong> Fleischerzeugnisse<br />
Histologische Untersuchungen<br />
Der Hersteller eines Fleischerzeugnisses hat im Zutatenverzeichnis einer Fertigpackung gemäß der Lebensmittelkennzeichnungs-Verordnung<br />
zwischen der Angabe „Fleisch“ <strong>und</strong> „Separatorenfleisch“ (mechanisch vom Knochen<br />
gelöstes Fleisch) zu unterscheiden. Zur Klärung der Frage ob „Fleisch“ oder „Separatorenfleisch“ verwendet wurde,<br />
wurden von unterschiedlichen Erzeugnissen (Brüh- <strong>und</strong> Rohwürste, „Döner Kebab“ <strong>und</strong> dessen Imitate) histologische<br />
Präparate angefertigt.<br />
Im histologischen Schnittbild deutet die Anwesenheit von<br />
Knochenpartikeln – nach entsprechender Färbung – auf<br />
die Verwendung von Separatorenfleisch hin. Von den 112<br />
auf Knochenpartikel untersuchten Proben waren 47 (42%)<br />
auffällig. Bei den auffälligen Proben handelte es sich um<br />
Würste mit Einfachqualitäten (bis zu 7,5 Knochenpartikel<br />
pro cm 2 ), um Würste mit Auslobung einer „Spitzenqualität“<br />
oder um „Döner Kebab“ <strong>und</strong> ähnliche Erzeugnisse (bis<br />
zu 3,8 Knochenpartikel pro cm 2 ). Wie sich im Rahmen von<br />
Betriebskontrollen herausstellte, kann jedoch aufgr<strong>und</strong> des<br />
histologischen Bef<strong>und</strong>es nicht eindeutig auf die Verwendung<br />
von Separatorenfleisch geschlossen werden. So wurde<br />
bei zwei durchgeführten Betriebskontrollen nicht Separatorenfleisch,<br />
sondern an Fleisch anhaftende Reste von<br />
Knochenstückchen als Ursache festgestellt. Fleischerzeugnisse<br />
mit hervorhebenden Hinweisen wie „Spitzenqualität“<br />
unterscheiden sich u. a. durch eine besondere Auswahl des<br />
Ausgangsmaterials. Eine Probe „Wiener Würstchen Spitzenqualität“<br />
wurde beispielsweise aufgr<strong>und</strong> des erhöhten<br />
Anteils an Knochenpartikeln (2,3 Knochenpartikel pro cm 2 )<br />
als irreführend beurteilt, da offensichtlich das Ausgangsmaterial<br />
nicht entsprechend sorgfältig ausgewählt wurde.<br />
Hinterschinken oder Imitat?<br />
Hinterschinken oder Imitat, diese Frage nimmt so mancher<br />
Gastwirt auf seiner Speisekarte nicht so genau <strong>und</strong><br />
unterscheidet daher nicht zwischen einem hochwertigen<br />
Kochhinterschinken, einem Formfleischerzeugnis<br />
oder einem z. T. brühwurstartig zerkleinertem Erzeugnis<br />
mit Magerfleisch- <strong>und</strong> Speckeinlage mit bis zu 40 %<br />
Fremdwasser, einem so genannten „Imitat“.<br />
Gefärbte Knochenpartikel<br />
im histologischen<br />
Schnitt<br />
Produziert werden diese Imitate hauptsächlich für die Gastronomie,<br />
wobei es sich um eine Verbrauchertäuschung<br />
handelt, wenn diese brühwurstartig zerkleinerten Erzeugnisse<br />
als „Schinken“ auf der Speisekarte ausgelobt werden.<br />
Häufig wird über eine Fußnote versucht, diese Verbrauchertäuschung<br />
wieder zu korrigieren, was aus Sicht<br />
der Lebensmittelüberwachung jedoch nicht möglich ist.<br />
Hauptsächlich werden diese Imitate bei der Pizzaherstellung<br />
bzw. bei Nudelgerichten verwendet. Neben dem geringeren<br />
Einkaufspreis besitzen diese Imitate gegenüber einem<br />
herkömmlichen Hinterschinken den technologischen<br />
Vorteil, dass es aufgr<strong>und</strong> des hohen Fremdwasseranteils<br />
beim Erhitzen nicht zu einem unerwünschten Verformen<br />
oder Verbrennen des als Pizzabelag verwendeten Erzeugnisses<br />
kommt. Von 141 Proben „Schinken oder Schinkenimitate“<br />
aus Gaststätten <strong>und</strong> Kochschinken aus Metzgereien<br />
wurden 98 (69 %) der Proben beanstandet, davon allein<br />
60 (43 %) aufgr<strong>und</strong> irreführender Verkehrsbezeichnungen<br />
auf der Speisekarte. Eine Probe mit einem deklarierten<br />
Fleischanteil von 70 % wies lediglich einen berechneten<br />
Fleischanteil von 44 % auf, womit es sich um kein Fleischerzeugnis<br />
handelte.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Schinken<br />
Imitat<br />
43
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Fischereierzeugnisse<br />
Neue Fische auf dem deutschen Markt<br />
Auf dem deutschen Fischmarkt vollzieht sich derzeit ein<br />
Wandel. Der Bedarf an Fisch ist weltweit <strong>und</strong> auch in<br />
Deutschland steigend. Auf der anderen Seite sind die<br />
Fangmengen der „klassischen“ Speisefische begrenzt.<br />
Um den steigenden Bedarf decken zu können, kommen<br />
zunehmend neue, hier bisher unbekannte Fischarten<br />
aus einer steigenden Anzahl von Ländern <strong>und</strong> Fanggebieten<br />
auch ins „Ländle“. Für die Verbraucher muss dabei<br />
die Fischart klar erkennbar sein, damit sie eine f<strong>und</strong>ierte<br />
Kaufentscheidung treffen können. Daher werden<br />
regelmäßig Produkte auf die korrekte Kennzeichnung<br />
der angegebenen Fischarten überprüft. Wie die Untersuchungen<br />
zeigen, wird es häufig mit der Bezeichnung<br />
der Fischarten nicht so genau genommen.<br />
Problemfall Nitrat?<br />
Nitrit <strong>und</strong> Nitrat werden in verschiedenen Fleischerzeugnissen<br />
als Konservierungsstoffe (z. B. Natriumnitrit<br />
E 250 <strong>und</strong> Natriumnitrat E 251) traditionell in<br />
Form des Pökelsalzes bzw. als Salpeter eingesetzt.<br />
Bei Rohpökelwaren wie beispielsweise Schinken,<br />
Nussschinken, Bündnerfleisch etc. wurde die Einhaltung<br />
der Höchstmenge für Nitrat überprüft.<br />
Von den 109 untersuchten Proben überschritten 12 Proben<br />
(13%) den Nitrat-Höchstwert für gepökelte Fleischerzeugnisse<br />
von 250 mg / kg (berechnet als Natriumnitrat).<br />
Der höchste gemessene Wert lag bei einem geräucherten<br />
Rohschinken bei einem Gehalt von 1.650 mg Natriumnitrat<br />
/ kg Probe. Verglichen mit den Untersuchungen von<br />
2007 (von 128 Proben wiesen 9 % Höchstmengenüberschreitungen<br />
auf) ist eine leichte Steigerung in <strong>2008</strong><br />
feststellbar. Auffällig ist, dass fast ausnahmslos handwerklich<br />
strukturierte Hersteller betroffen sind, wie sich<br />
dies schon 2007 andeutete. Neben einer Überdosierung<br />
liegt sicherlich ein weiterer Gr<strong>und</strong> in der zu niedrigen Lagertemperatur<br />
während der Reifungszeit, des so genannten<br />
„Brennens“. Den für die Nitrat-Reduktion verantwortlichen<br />
Mikroorganismen ist es schlichtweg zu kalt für ihre<br />
Arbeit, weshalb bei der Herstellung von Rohpökelwaren,<br />
wie Schinken auf die sachgerechte Temperaturführung<br />
(ca. 8 °C) zu achten ist.<br />
Dr. Joachim Kuntzer, CVUA Stuttgart<br />
◆<br />
Von 41 Proben so genannter „Plattfische“, dazu gehören<br />
z. B. Seezunge, Steinbutt <strong>und</strong> Scholle, waren 11 falsch bezeichnet.<br />
Dabei gab es große Unterschiede bei den verschiedenen<br />
Fischarten. Außerdem zeigte sich, dass falsche<br />
Bezeichnungen in der Gastronomie am häufigsten vorkamen.<br />
Falsche Zungen –<br />
eine unendliche Geschichte<br />
Die Seezunge ist in Deutschland<br />
einer der delikatesten <strong>und</strong> teuersten,<br />
gleichzeitig auch einer<br />
der bekanntesten Speisefische.<br />
Falsch bezeichnete<br />
angebliche Seezungen<br />
werden seit Jahren beanstandet.<br />
Auch <strong>2008</strong><br />
waren von 9 untersuchten,<br />
für Seezungengerichte<br />
verwendeten Fischen<br />
<strong>und</strong> Fischfilets nur<br />
7 „echte“ Seezungen. In<br />
den anderen Fällen handelte<br />
es sich meist um<br />
tropische Zungenarten.<br />
Diese besitzen nach unseren<br />
Erfahrungen einen<br />
deutlich geringeren Genusswert<br />
als Seezungen <strong>und</strong> kosten<br />
nur einen Bruchteil des<br />
Preises, der für das Original verlangt<br />
wird. Sie werden tiefgefroren,<br />
bereits filetiert <strong>und</strong> portioniert<br />
gehandelt <strong>und</strong> sind deshalb für<br />
die Gastronomie ausgesprochen<br />
bequem zu handhaben.<br />
44
FischereiErzeugnisse<br />
Neuauflage bei Steinbutt, Scholle <strong>und</strong> Co.?<br />
Auch zwei weitere, dem Verbraucher als klassische Speisefische bekannte Arten, der Steinbutt <strong>und</strong> die Scholle, werden<br />
zunehmend durch mehr oder weniger verwandte Fischarten aus dem Südatlantik <strong>und</strong> Pazifik auf dem Markt ergänzt oder<br />
ersetzt. Einen Überblick der Plattfische, in deren Bezeichnung bei den Untersuchungen <strong>2008</strong> die Begriffe „Steinbutt“ oder<br />
„Scholle“ auftauchten, gibt die folgende Tabelle:<br />
Überblick an Fischen mit Bezeichnung „Steinbutt“ oder „Scholle“<br />
Zulässige Bezeichnung Wissenschaftliche Bezeichnung Herkunft<br />
„Steinbutt“ Psetta maxima/Scophthalmus maximus Nordostatlantik<br />
„Tropischer Steinbutt“ Psettodes belcheri, Psettodes bennettii Westafrika<br />
„Pazifischer Steinbutt“ Psettodes erumei Indischer/ Pazifischer Ozean<br />
„Scholle“ Pleuronectes platessa Nordostatlantik<br />
„Pazifische Scholle“ Lepidopsetta bilineata Nordpazifik<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
§<br />
Rechtlicher Hintergr<strong>und</strong><br />
Nach den einschlägigen rechtlichen Vorgaben<br />
sind Fische nach ihrer Art zu bezeichnen. Für<br />
Fische <strong>und</strong> viele Fischereierzeugnisse gelten<br />
darüber hinaus spezielle Kennzeichnungsvorschriften<br />
(„Fischetikettierung“). Danach muss<br />
im Einzelhandel neben der Handelsbezeichnung<br />
des Fisches auch für den Verbraucher erkennbar<br />
sein, ob der Fisch wild gefangen oder gezüchtet<br />
wurde <strong>und</strong> woher er stammt. Dies gilt auch für<br />
Fische, die in Bedientheken angeboten werden.<br />
Steinbutt<br />
Trotz ähnlicher Bezeichnungen unterscheiden sich die<br />
„Neuen“ von den Klassikern. Wer ein „Pazifisches Schollenfilet“<br />
erwirbt, kann trotz ähnlicher Bezeichnung nicht erwarten,<br />
die gewohnte Scholle wiederzufinden, denn es handelt<br />
sich um verschiedene Tierarten aus ganz unterschiedlichen<br />
Lebensräumen. Umso wichtiger ist eine eindeutige Kennzeichnung.<br />
Diese war bei den untersuchten tiefgefrorenen<br />
Schollenfilets aus dem Einzelhandel <strong>und</strong> Großhandel nicht<br />
in allen Fällen in der vorgeschriebenen Weise vorgenommen<br />
worden. Teilweise waren die Angaben auf der Verpackung<br />
sogar widersprüchlich oder die zutreffende Tierart<br />
war verschlüsselt angegeben <strong>und</strong> konnte vom Verbraucher<br />
nur durch mühsame Suche auf allen Seiten der Verpackung<br />
herausgef<strong>und</strong>en werden. Erfreulicher stellte sich die<br />
Situation bei Steinbuttproben aus der Gastronomie dar. Bei<br />
allen 6 in Restaurants erhobenen Proben, die für Gerichte<br />
mit Steinbutt vorgesehen waren, konnte die Tierart „Steinbutt“<br />
bestätigt werden.<br />
Ausblick<br />
Die Anzahl der Fischarten auf dem Markt hat in den letzten<br />
Jahren ständig zugenommen <strong>und</strong> wird weiter zunehmen.<br />
Die für die Vermarktung von Fischen verbindliche Liste<br />
von Handelsbezeichnungen verzeichnet jährlich einen Zuwachs<br />
von etwa 10 Fischarten. Diese neuen Arten sind<br />
dem Verbraucher im Allgemeinen nicht bekannt. Teilweise<br />
sind die Bezeichnungen der „neuen“ Fischarten denen der<br />
klassischen Speisefische ähnlich. Nur eine eindeutige, zutreffende<br />
Bezeichnung der Fischart seitens des Handels,<br />
aber auch eine aufmerksame, interessierte Wahrnehmung<br />
durch den Verbraucher ermöglicht eine bewusste Kaufentscheidung.<br />
t<br />
45
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Sushi <strong>und</strong> Co. – Trend zum Rohverzehr auch bei Fischen<br />
Der bei anderen Lebensmitteln feststellbare Trend zum Rohverzehr hat auch den Fischsektor erreicht. Rohe maritime<br />
Genüsse erfreuen sich in den größeren Städten Baden-Württembergs bereits seit längerer Zeit wachsender<br />
Beliebtheit. Vor allem rohfischhaltige Sushi sind mittlerweile nahezu überall erhältlich. Roher Fisch ist allerdings<br />
ein außerordentlich sensibles Produkt, dessen Zubereitung hohe Anforderungen an Sachkenntnis <strong>und</strong> Hygienebewusstsein<br />
stellt.<br />
strenger zeitlicher Begrenzung akzeptabel. Krankheitserregende<br />
Mikroorganismen waren in keiner Probe nachweisbar.<br />
Abgesehen von den fertig zubereiteten Gerichten wurden<br />
auch 10 Proben des „Rohstoffes“ untersucht. Es handelte<br />
sich überwiegend um rohen Thunfisch <strong>und</strong> rohen Lachs.<br />
Der Handel hält besondere Qualitäten für den Rohverzehr<br />
bereit (so genannte „Sashimi-Qualität“). Krankheitserreger<br />
waren auch in diesen Proben nicht nachweisbar, allerdings<br />
entsprach der Umgang mit dem Fisch nicht in allen Fällen<br />
den gesetzlichen Vorgaben <strong>und</strong> hygienischen Notwendigkeiten.<br />
So wurde in zwei Fällen der Fisch unkontrolliert<br />
bei deutlich zu hohen Temperaturen aufgetaut <strong>und</strong> hatte<br />
in einem Fall bei der Probenahme bereits Raumtemperatur<br />
erreicht. Ein derartiger Umgang mit dem Produkt zeigt<br />
deutlich, dass hier die erforderliche Sachkenntnis nicht vorhanden<br />
war. In zwei weiteren Fällen war das vorgeschriebene<br />
Einfrieren des rohen Fisches vor der Zubereitung der<br />
Speisen nicht erfolgt.<br />
◆<br />
Dr. Elke Müller-Hohe, CVUA Freiburg<br />
Sushi <strong>und</strong> Sashimi, Fischcarpaccio <strong>und</strong> Fischtatar – das sind<br />
die bekanntesten Gerichte, die rohen Fisch oder rohes Muschelfleisch<br />
enthalten. Während diese Speisen bisher überwiegend<br />
in einschlägigen gastronomischen Betrieben (z. B.<br />
Sushi-Bars) genossen wurden, sind sie mittlerweile auch<br />
im Einzelhandel weit verbreitet, meist als tiefgefrorenes Erzeugnis,<br />
aber auch in Form gekühlter Fertigpackungen. Die<br />
Frage, wie „sicher“ die genannten Erzeugnisse für den Verbraucher<br />
sind, war Gegenstand der Untersuchungen insbesondere<br />
hinsichtlich mikrobiologischer Risiken. Untersucht<br />
wurde z. B. auf Krankheitserreger wie Salmonellen <strong>und</strong> bestimmte<br />
Vibrionen, aber auch auf Verderbskeime, die in<br />
bestimmten Fischarten wie Thunfisch ges<strong>und</strong>heitsschädliche<br />
Stoffwechselprodukte bilden können. Weiterhin wurde<br />
überprüft, ob die Fische vor der Zubereitung der Speisen<br />
eingefroren worden waren. Dieses Behandlungsverfahren<br />
ist gesetzlich vorgeschrieben, um eventuell im Fischfleisch<br />
vorhandene Parasiten abzutöten. Von 14 rohfischhaltigen<br />
Gerichten (Sushi), die teils aus gastronomischen Betrieben,<br />
teils aus dem Einzelhandel stammten, wies eines auffallend<br />
hohe Gehalte an Verderbskeimen auf. Drei Produkte waren<br />
unter Verwendung von noch warmem Sushi-Reis hergestellt<br />
worden <strong>und</strong> wiesen bei der Probenahme erheblich überhöhte<br />
Kerntemperaturen auf. Rohfischhaltige Gerichte müssen, sofern<br />
sie nicht unmittelbar nach der Herstellung verzehrt werden,<br />
gekühlt werden. Das Anbieten von Sushi außerhalb der<br />
Kühlung, z. B. als so genannte „running sushi“, ist nur unter<br />
◆<br />
Lachscarpaccio, in dünne Scheiben geschnittener roher Fisch,<br />
mit Limettensaft <strong>und</strong> Öl verfeinert<br />
46
Fette <strong>und</strong> Öle<br />
Fette <strong>und</strong> Öle<br />
Jeder B<strong>und</strong>esbürger verbraucht im Durchschnitt jedes Jahr ca. 30 kg Speisefette <strong>und</strong> -öle. Davon ist etwa ein Drittel<br />
tierischer Herkunft (hauptsächlich Butter), die anderen zwei Drittel sind pflanzlicher Herkunft, dabei handelt es sich<br />
hauptsächlich um Speiseöle <strong>und</strong> Margarine. Diese 30 kg stellen übrigens nur einen kleinen Bruchteil der gesamten<br />
Fettzufuhr dar, denn der überwiegende Teil wird als „verstecktes Fett“ mit anderen Lebensmitteln aufgenommen.<br />
Beanstandungsquote offener Proben von Speiseölen in der Gastronomie seit 2004 bis <strong>2008</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
2004<br />
13<br />
37<br />
beanstandete Proben<br />
insgesamt entnommene Proben<br />
Jahrgang<br />
2005<br />
2006<br />
14<br />
14<br />
54<br />
63<br />
2007<br />
24<br />
129<br />
<strong>2008</strong><br />
19<br />
129<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130<br />
Anzahl der Proben<br />
Offene Speiseöle in der Gastronomie<br />
Transfettsäuren<br />
Von 96 offenen Speiseölen, die in Gaststätten <strong>und</strong> Kantinen<br />
auf den Tischen, an der Theke oder am Salatbüffet zur<br />
Selbstbedienung angeboten wurden, waren 20 % so stark<br />
ranzig, dass sie wertgemindert oder nicht mehr zum Verzehr<br />
geeignet waren. Seit Beginn der Untersuchungen vor<br />
5 Jahren hat sich die Situation nicht wesentlich verbessert<br />
(siehe Grafik oben). Offensichtlich wissen die Verantwortlichen<br />
häufig nicht, dass diese Öle empfindliche Lebensmittel<br />
sind, die mit Sorgfalt behandelt werden müssen. Das Thema<br />
wird von der Überwachung daher noch weiter verfolgt<br />
werden.<br />
Frittierfette<br />
Von 344 gebrauchten Frittierfetten mussten 106 (31%)<br />
beanstandet werden. Mit handlichen elektronischen Messgeräten<br />
können potenziell verdorbene Frittierfette recht gut<br />
erkannt <strong>und</strong> gezielt als Probe gezogen werden. Für eine<br />
rechtsverbindliche Beurteilung eines Frittierfettes ist jedoch<br />
auch weiterhin eine qualifizierte Untersuchung im chemischen<br />
Labor absolut unverzichtbar. Die Verwendung von<br />
verdorbenem Frittierfett kann vermieden werden, wenn<br />
beim Frittieren einige Gr<strong>und</strong>regeln eingehalten werden.<br />
siehe Merkblatt „Frittierfette“ bei<br />
www.ua-bw.de > Informationsmaterial > Merkblätter<br />
Ein Teil der Frittierfette wurde zudem auf Transfettsäuren<br />
untersucht. Erfreulicherweise wies mehr als die Hälfte<br />
der Proben Gehalte unter 1 % an Transfettsäuren auf. Der<br />
höchste Wert betrug allerdings 49 %. Gehärtete Frittierfette<br />
mit einem hohem Gehalt an Transfettsäuren werden immer<br />
weniger zur Herstellung von Pommes frites etc., sondern<br />
vor allem zum Frittieren von Backwaren (Berliner, Krapfen,<br />
Donuts etc.) eingesetzt. Beim Frittieren selbst findet jedoch<br />
praktisch keine Neubildung von Transfettsäuren statt.<br />
In 81 Proben Margarine wurde der Gehalt an Transfettsäuren<br />
bestimmt. Bei „normalen“ Margarinen lagen die Gehalte<br />
durchweg unter 2 %, lediglich Margarinen für spezielle<br />
backtechnische Zwecke (Ziehmargarinen etc.) wiesen im<br />
Extremfall bis zu 20 % Transfettsäuren auf.<br />
Olivenöl<br />
Die meisten der in Deutschland verkauften Olivenöle werden<br />
als „Natives Olivenöl extra“ vermarktet. Olivenöle dieser<br />
Kategorie müssen bestimmte chemische Vorgaben einhalten,<br />
eine wahrnehmbare Fruchtigkeit aufweisen <strong>und</strong> frei von<br />
Fehlern sein. Im Berichtsjahr wurden 248 Olivenöle untersucht,<br />
davon waren 27 % (Vorjahr: 20 % von 219 Proben)<br />
zu beanstanden. Mehr als die Hälfte der Beanstandungen<br />
erfolgten wegen fehlerhafter Kennzeichnung. Dies liegt vor<br />
allem daran, dass bei der Kennzeichnung von Olivenöl neben<br />
den Regeln der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung<br />
47
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
auch die EU-Vermarktungsregeln für Olivenöl eingehalten<br />
werden müssen. Wie die große Anzahl von Anfragen zeigt,<br />
sind insbesondere Gewerbetreibende, die in kleinerem Umfang<br />
Olivenöl einführen, mit diesen komplizierten Kennzeichnungsregeln<br />
häufig überfordert.<br />
Ein kurioser Einzelfall:<br />
Flaschen mit Olivenöl „explodierten“ sowohl bei einem Verbraucher<br />
als auch in den Räumen der Lebensmittelüberwachungsbehörde.<br />
Der Abfüller hatte das Öl in einem kühlen<br />
Keller randvoll in Weinflaschen abgefüllt <strong>und</strong> mit einem<br />
5 cm langen Korken verschlossen, ohne einen Luftüberstand<br />
als Druckpuffer zu belassen. In der Wärme hat sich dann das<br />
Öl ausgedehnt <strong>und</strong> das Glas gesprengt.<br />
Sonnenblumenöl<br />
Nach einer Meldung im europäischen Schnellwarnsystem<br />
RASFF war Sonnenblumenöl aus der Ukraine mit Mineralöl<br />
verunreinigt. Die Chemischen <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsämter<br />
Stuttgart <strong>und</strong> Karlsruhe, die Schwerpunktlaboratorien<br />
für die chemisch-analytische Untersuchung von Speiseölen<br />
unterhalten, haben mit Bekanntwerden ein geeignetes Analysenverfahren<br />
zur Bestimmung von Mineralölrückständen in<br />
Speiseölen implementiert. Im Rahmen der Überprüfung von<br />
Vertriebswegen der betroffenen Produkte wurden auch in<br />
Baden-Württemberg verschiedene Speiseöle aus Osteuropa<br />
als Proben entnommen. Mineralölkohlenwasserstoffe waren<br />
in keinem dieser 30 untersuchten Speiseöle nachweisbar.<br />
Brühen, Suppen, Soßen<br />
<strong>und</strong> Feinkostsalate<br />
Ja, was lebt denn da?<br />
Zwei Proben „Soßenbinder“ <strong>und</strong> „Muskatnüsse“ wurden<br />
als Verdachtsproben in einer Gaststätte erhoben. Sie<br />
enthielten zahlreiche Gespinste <strong>und</strong> tote Motten <strong>und</strong> wurden<br />
als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet<br />
beurteilt. Bei den vorgelegten Muskatnüssen war das vom<br />
Hersteller angegebene Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD)<br />
überschritten. Bei Lebensmitteln in Fertigpackungen liegt<br />
nach allgemeiner Rechtsauffassung die Verantwortlichkeit<br />
für die Verzehrsfähigkeit des Lebensmittels nach Ablauf<br />
des angegebenen MHDs nicht mehr beim Hersteller, sondern<br />
beim Weiterverarbeiter. Dieser muss sich dann im<br />
Rahmen seiner Sorgfaltspflicht durch Stichproben davon<br />
überzeugen, dass die Ware noch in Ordnung ist.<br />
Die Untersuchungen zu 3-MCPD-Estern in raffinierten Speisefetten<br />
<strong>und</strong> fetthaltigen Lebensmitteln sowie zu Mykotoxinen<br />
in Speiseölen sind in Kapitel IV dargestellt.<br />
Dr. Rüdiger Weißhaar, CVUA Stuttgart<br />
Tummelplatz für Mikroorganismen<br />
◆<br />
Bei einer Betriebskontrolle wurde eine Probe „Weiße Sauce“<br />
erhoben. Sie war verdorben <strong>und</strong> daher für den Verzehr durch<br />
den Menschen inakzeptabel. Der Verderb zeigte sich an den<br />
sinnfälligen Abweichungen (milchsauer, Geruch nach Erbrochenem,<br />
grießartige Konsistenz) <strong>und</strong> den mikrobiologischen<br />
Untersuchungsergebnissen (hohe aerobe mesophile Gesamtkeimzahl<br />
<strong>und</strong> hohe Gehalte an den Verderbskeimgruppen<br />
Laktobazillen <strong>und</strong> Hefen), die typisch sind für Verderb<br />
verursacht von Mikroorganismen bzw. deren Stoffwechselprodukten.<br />
Der Hersteller der Soße vermutete eine Manipulation<br />
durch Dritte bei einem Einbruch in die Gaststätte. Die<br />
Veränderungen waren jedoch typisch für mikrobiellen Verderb.<br />
Die Ursache, z. B. Hygienemängel bei der Herstellung<br />
oder Lagerung, oder aber Kontamination von außen/durch<br />
Dritte, konnte nicht ermittelt werden.<br />
48
Brühen, Suppen, SoSSen <strong>und</strong> Feinkostsalate<br />
Die gute alte E-Nummer<br />
Offen oder vorverpackt angebotene Feinkostsalate insbesondere<br />
aus handwerklichen Betrieben wurden hinsichtlich<br />
fehlender Kenntlichmachung von verwendeten<br />
Zusatzstoffen untersucht <strong>und</strong> dabei in einigen Salaten<br />
der Süßstoff Saccharin oder Konservierungsstoffe (Benzoesäure<br />
<strong>und</strong> Sorbinsäure) nachgewiesen. Gemäß Zusatzstoffzulassungsverordnung<br />
ist der Zusatz von Saccharin<br />
<strong>und</strong> Konservierungsstoffen zu Feinkostsalaten<br />
zugelassen, allerdings müssen sie durch die Angaben<br />
„mit Süßungsmittel“ bzw. „mit Konservierungsstoff“ oder<br />
„konserviert“ kenntlich gemacht werden.<br />
Feinkostsalat mit Garnelen oder mit<br />
Eiswürfeln?<br />
Wiederholt wurden Feinkostsalate mit Shrimps in Fertigpackungen<br />
beanstandet, weil die angegebenen Gewichte<br />
an Krebstieren nicht vorhanden waren. Zwar treten Austauschvorgänge<br />
innerhalb der Packung auf, dennoch sollte<br />
der Garnelenanteil wenigstens größenordnungsmäßig vorhanden<br />
sein. Nach unserer Kenntnis wird in der Produktion<br />
zum Teil glasierte Rohware eingesetzt <strong>und</strong> das Gewicht der<br />
glasierten Ware als Garnelengewicht angegeben mit der<br />
Argumentation: Die Garnelen verlieren beim Kochen Wasser<br />
<strong>und</strong> die Glasur kompensiert dies.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Fein, aber nicht mehr frisch<br />
Routinemäßig oder bei sensorischen Auffälligkeiten<br />
wurden Feinkostsalate mikrobiologisch überprüft. Wiederholt<br />
mussten Feinkosterzeugnisse aus Einzelhandel<br />
oder Gastronomie wegen Verstößen gegen die Anforderungen<br />
des Hygienerechts beanstandet werden.<br />
Rohstoffe, Zutaten, Zwischen- <strong>und</strong> Enderzeugnisse,<br />
welche die Vermehrung pathogener Mikroorganismen<br />
oder die Bildung von Toxinen fördern können, müssen<br />
bei geeigneten Temperaturen aufbewahrt werden, um<br />
jede Ges<strong>und</strong>heitsgefährdung zu vermeiden. Die Kühlkette<br />
darf nicht unterbrochen werden. Kühlpflichtige <strong>und</strong><br />
empfindliche Lebensmittel waren mit bis zu 19 °C, gemessen<br />
bei der Probenahme, viel zu warm aufbewahrt<br />
worden. Bei der sensorischen Prüfung waren dann oft<br />
gravierende sensorische Abweichungen wahrnehmbar,<br />
entsprechend vielfältig zeigte sich das Vorkommen von<br />
Mikroorganismen. Vor allem typische Verderbniserreger<br />
wie Enterobakteriazeen <strong>und</strong> Pseudomonaden, aber auch<br />
Hefen waren – häufig in großer Zahl – nachweisbar. Eine<br />
Probe wies eine hohe aerobe Gesamtkeimzahl sowie<br />
stark erhöhte Gehalte an Laktobazillen, Pseudomonaden<br />
<strong>und</strong> Hefen auf. Es wurde die Empfehlung ausgesprochen,<br />
das Ergebnis solle dem Lebensmittelunternehmer<br />
Anlass geben, die betriebseigenen Hygienemaßnahmen<br />
<strong>und</strong> ggf. die Auswahl <strong>und</strong>/oder Herkunft der Rohstoffe<br />
zu überprüfen <strong>und</strong> möglichst zu verbessern.<br />
Merkwürdige Entdeckungen<br />
Bei einer Fertigpackung Eiersalat stellte ein Verbraucher vor<br />
dem Öffnen der Siegelfolie fest, dass ein trockener, zusammengebackener<br />
Bollen darin lag. Durch die Untersuchung<br />
war nicht zu klären, ob es sich lediglich um verklumpte Zutaten<br />
handelte oder um vertrocknete Reste einer früheren<br />
Produktionscharge.<br />
Eine weitere Beschwerdeprobe ging wegen eines Fremdkörpers<br />
in Salatdressing ein. Es konnten jedoch sowohl in<br />
der Beschwerdeprobe als auch in den Vergleichsproben<br />
keine Fremdkörper entdeckt werden. Am nächsten Tag<br />
meldete sich dann die Beschwerdeführerin <strong>und</strong> entschuldigte<br />
sich, dass die Plastikteile nicht wie vermutet aus<br />
dem Salatdressing waren, sondern von ihrer Salatschleuder<br />
stammten.<br />
Bei einer Probe Fleischsalat wurde durch einen Verbraucher<br />
die Beschwerde geäußert, sie habe einen „leicht<br />
fischigen, seifigen, schmierigen <strong>und</strong> fettigen Nachgeschmack“.<br />
Das wurde im Untersuchungsamt bestätigt.<br />
Bei der sensorischen Untersuchung wurde die Probe<br />
als „leicht alt“ <strong>und</strong> im Nachgang talgig beurteilt <strong>und</strong> bei<br />
der chemischen Untersuchung erwartungsgemäß eine<br />
erhöhte Peroxidzahl, die auf einen oxidativen Fettverderb<br />
hindeutete, festgestellt. Die Probe war daher in ihrer<br />
Brauchbarkeit nicht unerheblich gemindert.<br />
Frieder Gr<strong>und</strong>höfer, CVUA Freiburg<br />
49
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Getreide, Backwaren<br />
<strong>und</strong> Teigwaren<br />
Alle Jahre wieder: Fremdkörper<br />
Glassplitter in einem Müsli, lebende <strong>und</strong> tote Vorratsschädlinge<br />
<strong>und</strong> deren Hinterlassenschaften in <strong>und</strong> auf Getreide<br />
<strong>und</strong> Backwaren, Mäusekot in Weckmehl, Teil eines Kieferknochens<br />
einer Katze in Roggen, ein glasartiges Kunststoffstück<br />
in einem Dinkelknauzen, Fasern einer Backfolie in<br />
Brot, ein Kaugummi in einer Backware, braune Fremdteilchen<br />
in Mischbrot, mottenbefallene Kürbiskerne auf einer<br />
Laugenstange, ein Pflanzenfasernbüschel in einem nusshaltigen<br />
Kirschkuchen usw.<br />
Eine bei einer Betriebskontrolle erhobene Verdachtsprobe<br />
Laugenbrötchen wies auf der Unterseite Teile des Beschichtungsmaterials<br />
des Backblechs auf.<br />
Wie kam die Maus ins Fladenbrot?<br />
Das Fladenbrot war zum Zeitpunkt der Probenübergabe<br />
bereits in der Mitte aufgebrochen. Im Rahmen der Untersuchung<br />
der toten Maus wurde festgestellt, dass der<br />
Tierkörper keinem Erhitzungsprozess ausgesetzt gewesen<br />
war. Der Tierkörper war also nach dem Backvorgang in das<br />
Fladenbrot gelangt.<br />
Hohe Keimbelastung bei Teigwaren<br />
aus der Gastronomie<br />
13 % der mikrobiologisch untersuchten Teigwaren mussten<br />
beanstandet werden. Wie im letzten Jahr handelte<br />
sich dabei überwiegend um feuchte Teigwaren, die in<br />
Gaststätten vorrätig gehalten wurden. Bei diesen Proben<br />
wurden hohe Keimbelastungen, besonders durch Pseudomonaden,<br />
nachgewiesen. Bei vorgekochten Teigwaren ist<br />
auf kurze Lagerdauer zu achten, da diese einen idealen<br />
Nährboden für Mikroorganismen darstellen. Insbesondere<br />
die kältetoleranten Pseudomonaden können sich auch<br />
noch bei Kühlschranktemperaturen vermehren.<br />
In einem Fall führten mit Salmonellen kontaminierte Spätzle<br />
zur Erkrankung mehrerer Restaurant-Besucher. Mehr<br />
zu lebensmittelbedingten Erkrankungen steht in Kapitel IV<br />
Mikrobiologie.<br />
Macht Dinkel glücklich?<br />
Dinkelnudeln waren beworben mit: „Dinkelkost steigert das<br />
Allgemeinbefinden, stimuliert die Zellerneuerung <strong>und</strong> wirkt<br />
durch Anregung der Nierentätigkeit entgiftend. Und Dinkel<br />
macht glücklich; seine Aminosäuren bewirken die Ausschüttung<br />
der so genannten Glückshormone im Körper.“<br />
Diese Angaben waren als irreführend zu beurteilen, da es<br />
sich nicht um allgemein anerkannte, wissenschaftlich gesicherte<br />
Aussagen handelt.<br />
Dr. Ingrid Kaufmann-Horlacher, CVUA Stuttgart<br />
◆<br />
50
Obst, Gemüse <strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />
Obst, Gemüse <strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />
Insekten – nicht nur ein Problem der Lagerung<br />
In den letzten Jahren wurden immer wieder getrocknete Feigen aufgr<strong>und</strong> eines Insektenbefalls als zum Verzehr<br />
ungeeignet beurteilt. Auch im Jahr <strong>2008</strong> waren einige als Verdachtsproben erhobene getrocknete Feigen auffällig.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Verunreinigungen wie abgestorbene Larven, Kot <strong>und</strong> Gespinste,<br />
die im Inneren der Feigen vorkommen <strong>und</strong> mit<br />
bloßem Auge nur sehr schwer erkannt werden, sind meist<br />
auf den Backobstkäfer zurückzuführen. Dieser legt bereits<br />
vor der Ernte seine Eier im Fruchtfleisch ab. Gelegentlich<br />
finden sich auch tote Käfer in den getrockneten Feigen.<br />
Zur Beurteilung von getrockneten Feigen kann der UNECE-<br />
Standard DF-14 der Wirtschaftskommission der Vereinten<br />
Nationen für Europa herangezogen werden. Dieser Standard<br />
schreibt u. a. vor, dass in getrockneten Feigen keine<br />
lebenden Insekten <strong>und</strong> nur vereinzelt tote Insekten oder Verunreinigungen<br />
vorhanden sein dürfen.<br />
Die hier vorgelegenen Feigenproben wurden als Verdachtsproben<br />
erhoben, da sie kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums<br />
standen. Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde<br />
lag ein Hinweis vor, dass die Proben<br />
verdorben bzw. mit Schädlingen befallen sein könnten. Von<br />
diesen Proben wurden mehrere Kilogramm dem CVUA zur<br />
Untersuchung überbracht. Schon mit bloßem Auge konnten<br />
in einigen Packungen tote Insekten (Käfer, Maden) festgestellt<br />
werden. Teilweise wiesen aufgeschnittene Feigen<br />
Schädlingsbefall <strong>und</strong> Schimmel im Inneren der Früchte auf.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des Schädlings- <strong>und</strong> Schimmelbefalls wurden<br />
die Proben als zum Verzehr ungeeignet beurteilt. Zudem<br />
wurde bei allen vorgelegenen Verdachtsproben ein leicht<br />
alter Geruch <strong>und</strong> Geschmack festgestellt.<br />
Karottensaft mit Spülwasser<br />
Gr<strong>und</strong> einer Verbraucherbeschwerde war die Beobachtung<br />
einer Familie, dass nach Öffnung von originalverschlossenen<br />
Kartonpackungen „Karottensaft mit Honig“<br />
nur eine wässrige, nicht karottensafttypische Flüssigkeit<br />
enthalten war.<br />
Nach den Untersuchungsergebnissen handelte es sich um<br />
das Vorspülwasser der Abfüllanlage, glücklicherweise waren<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Desinfektionsmittel nicht nachweisbar.<br />
Offensichtlich hatten die Sicherungssysteme in dem<br />
Abfüllbetrieb versagt. Da die Karottensaftanlage vor dem<br />
Spülwasser in der Regel mit Reinigungs- <strong>und</strong> Desinfektionsmittel<br />
behandelt wird, handelt es sich um einen kritischen<br />
Kontrollpunkt im Sinne des HACCP-Konzeptes, den<br />
der Abfüllbetrieb sicher beherrschen muss. Im vorliegenden<br />
Fall haben die Eigenkontrollen zur Funktionstüchtigkeit<br />
von automatischen Inspektoren innerhalb der Abfüllanlage<br />
nicht ausgereicht. Oftmals sind elektronische Mängel die<br />
Ursache für ein derartiges Versagen der Inspektionsgeräte<br />
im feuchten Umfeld, allerdings muss der Karottensaftabfüllbetrieb<br />
sein HACCP-Konzept derart gestalten <strong>und</strong> handhaben,<br />
dass Fehlfunktionen rechtzeitig erkannt werden <strong>und</strong><br />
die nicht einwandfreie Charge gar nicht erst in den Handel<br />
gelangt. Hier lag ein Mangel im betrieblichen HACCP-Konzept<br />
vor, der nur durch geänderte zusätzliche Eigenkontrollen<br />
abgestellt werden kann.<br />
51
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
◆<br />
Getrocknete Steinpilze mit Nikotin<br />
33 Proben kleingeschnittene, getrocknete Steinpilze wurden<br />
auf ihren Nikotingehalt untersucht. In allen Proben<br />
war Nikotin nachzuweisen. Die Gehalte lagen zwischen<br />
0,22 mg / kg <strong>und</strong> 5,87 mg / kg, der Mittelwert betrug 1,89<br />
mg / kg. In einer Probe selbst getrockneter Steinpilze sowie<br />
in 15 Proben anderer Trockenpilzarten (u. a. Pfifferlinge,<br />
Mu-Err-, Shiitake- <strong>und</strong> Austern-Pilze) konnte hingegen kein<br />
Nikotin nachgewiesen werden.<br />
Die Ursache für die Belastung der getrockneten Steinpilze<br />
mit Nikotin ist derzeit immer noch nicht geklärt. Steinpilze<br />
wachsen vorwiegend in Nadel- <strong>und</strong> Mischwäldern, sie sind<br />
nicht kultivierbar. Wie sich im Rahmen der Aktion gezeigt<br />
hat, befindet sich im Handel fast ausschließlich Importware<br />
aus China.<br />
Es ist bekannt, dass Nikotin aufgr<strong>und</strong> seiner stark<br />
toxischen Wirkung auf bestimmte niedere Tiere wie<br />
Insekten <strong>und</strong> Würmer schon im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
als Schädlingsbekämpfungsmittel<br />
eingesetzt wurde. Seit Beginn der<br />
1980er Jahre kommt Nikotin jedoch<br />
in der Landwirtschaft nicht<br />
mehr zur Anwendung.<br />
Als Ursache für die<br />
Bef<strong>und</strong>e kann ein<br />
unzulässiger Einsatz<br />
zur Bekämpfung von<br />
Maden <strong>und</strong> anderen<br />
Schädlingen nicht ausgeschlossen<br />
werden.<br />
In diesem Fall ist für<br />
die Beurteilung von Ware,<br />
die vor dem 01.09.<strong>2008</strong> in<br />
den Verkehr gebracht wurde,<br />
noch die nationale Rückstandshöchstmengen-Verordnung<br />
(RHmV) heranzuziehen. Bei 29 der 33 Proben getrockneter<br />
Steinpilze war die berechnete Höchstmenge der<br />
RHmV von 0,45 mg / kg Probe überschritten. Für Ware,<br />
die nach dem 01.09.<strong>2008</strong> in den Verkehr gebracht wurde,<br />
gelten die zwischenzeitlich in der EU harmonisierten<br />
Höchstmengen der Verordnung (EG) Nr. 396/2005. Danach<br />
liegen alle 33 Proben über der berechneten Höchstmenge<br />
von 0,09 mg / kg Probe.<br />
Kräuter <strong>und</strong> Gewürze<br />
Essig – sauer macht nicht immer lustig<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden 54 Essigproben als Planproben untersucht.<br />
Davon musste die Hälfte beanstandet werden.<br />
Die Probenzahlen <strong>und</strong> Beanstandungsquoten waren:<br />
n 5 Branntweinessige (0%)<br />
n 5 Wein-/Branntweinessigmischungen (0%)<br />
n 4 Weißweinessige (0%)<br />
n 9 Rotweinessige (33%)<br />
n 7 Sherryessige (86%)<br />
n 18 Aceto Balsamico (78%)<br />
n 6 Balsamico bianco (67%)<br />
Schwefeldioxid<br />
Nach der Zusatzstoffzulassungs-Verordnung (ZZulV) darf<br />
Essig durch die Verwendung von Schwefeldioxid <strong>und</strong><br />
verschiedener Sulfite geschwefelt werden. Die zulässige<br />
Höchstmenge beträgt 170 mg/l, berechnet als Schwefeldioxid.<br />
Der höchste gemessene Wert lag bei 153 mg/l in<br />
einem Rotweinessig. Höchstwertüberschreitungen wurden<br />
nicht festgestellt.<br />
Bei Gehalten von mehr als 10 mg/l ist laut ZZulV die<br />
Schwefelung kenntlich zu machen. Bei je einer Probe Aceto<br />
Balsamico mit 32 mg/l <strong>und</strong> Rotweinessig mit 94 mg/l fehlte<br />
diese Kenntlichmachung.<br />
Nach den Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung<br />
(LMKV) über Zutaten, die allergische oder andere<br />
Unverträglichkeitsreaktionen auslösen können, muss<br />
bei Gehalten vom mehr als 10 mg/l Schwefeldioxid dieser<br />
Gehalt immer durch die Angabe „Schwefeldioxid“ oder<br />
„...sulfit“ im Zutatenverzeichnis kenntlich gemacht werden.<br />
Auch in drei Proben von offen angebotenem Essig wurde<br />
Schwefeldioxid im Bereich zwischen 20 <strong>und</strong> 40 mg/l nachgewiesen.<br />
Bei offener Ware ist dies nach der<br />
ZZulV durch die Angabe „geschwefelt“<br />
auf einem Schild auf oder neben der<br />
Ware kenntlich zu machen.<br />
Aceto Balsamico<br />
Dennoch ist das ges<strong>und</strong>heitliche Risiko für den Verbraucher<br />
als gering einzuschätzen. Das B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung<br />
(BfR) hält den Verzehr von getrockneten<br />
Steinpilzen mit einem Nikotingehalt bis zu 6 mg/kg mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit für unbedenklich, wenn die für Erwachsene<br />
übliche Portionsgröße von 25 g (dies entspricht<br />
etwa 225 g frischen Pilzen) bei einer Mahlzeit nicht überschritten<br />
wird.<br />
Dr. Helmut Reusch, CVUA Karlsruhe<br />
Im Lebensmittelrechts-Kommentar<br />
Zipfel/Rathke ist der Begriff Aceto<br />
Balsamico (Balsamessig) unter den Essigarten<br />
definiert als italienische Essigspezialität,<br />
welche durch gleichzeitig stattfindende alkoholische<br />
<strong>und</strong> Essiggärung aus Traubenmost hergestellt wird. Die<br />
Herstellung von normalem Weinessig erfolgt dem gegenüber<br />
zweistufig. Aus dem Traubenmost wird durch alkoholische<br />
Gärung Wein erzeugt. Dieser Wein ist eine „weingeisthaltige<br />
Flüssigkeit“ i. S. der Essigverordnung. Durch<br />
52
Kräuter <strong>und</strong> Gewürze<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Zuckerkulör E 150d in Wasser<br />
Zuckerkulör<br />
Erhitzt man Zucker (Saccharose) auf ca. 160 °C, so<br />
schmilzt der Zucker <strong>und</strong> färbt sich beim weiteren<br />
Erhitzen zu einer immer dunkler werdenden braunen<br />
Masse. Dabei verschwindet der Süßgeschmack <strong>und</strong><br />
es entwickelt sich ein Karamellaroma. Dieser Karamell<br />
wird als Geschmacksstoff verwendet.<br />
Ähnlich geht man bei der Herstellung des Farbstoffes<br />
Zuckerkulör vor. Zuckerkulör wird durch kontrollierte<br />
Hitzeeinwirkung auf im Handel erhältliche<br />
Kohlenhydrate (Monomere <strong>und</strong>/oder Polymere von<br />
Glucose <strong>und</strong> Fructose, z. B. Glucosesirup, Saccharose,<br />
Invertzuckersirup etc.) hergestellt. Zur Förderung<br />
der Farbstoffbildung können Säuren, Alkalien, Sulfite<br />
<strong>und</strong> Ammoniakverbindungen verwendet werden.<br />
Je nach Art des verwendeten Reaktionsbeschleunigers<br />
werden die verschiedenen Zuckerkulöre E 150a<br />
bis E 150d erhalten, die als braune Farbstoffe verwendet<br />
werden.<br />
Zuckerkulör ist nach der ZZulV quantum satis für<br />
alle Lebensmittel zugelassen, er muss allerdings<br />
kenntlich gemacht werden. Es gibt jedoch auch eine<br />
Reihe von Lebensmitteln die lt. ZzulV generell nicht<br />
gefärbt werden dürfen, hierzu zählt auch Weinessig.<br />
Weinessig darf nicht gefärbt werden, da er zu den<br />
„unbehandelten“ bzw. unverarbeiteten Lebensmitteln<br />
gezählt wird. Zwei Proben Rotweinessig mussten<br />
beanstandet werden, weil sie gegen das Verbot<br />
der ZZulV mit Zuckerkulör gefärbt waren.<br />
Auch Sherryessige <strong>und</strong> Aceto Balsamico sind eigentlich<br />
Weinessige. Demnach dürften auch diese<br />
Essige nicht gefärbt werden. Die Realität sieht jedoch<br />
anders aus. Alle 7 untersuchten Sherryessige<br />
<strong>und</strong> 16 der 17 untersuchten Aceto balsamico waren<br />
mit Zuckerkulör gefärbt.<br />
Nach der Weinverordnung darf jedoch Likörwein,<br />
zu dem auch Sherry gezählt wird, mit Zuckerkulör<br />
gefärbt werden. Zudem ist fraglich, ob Sherryessige<br />
<strong>und</strong> Aceto Balsamico noch wie der reine Weinessig<br />
als unbehandeltes Lebensmittel gelten können.<br />
Rein formal wäre eine Beanstandung durchaus<br />
zu begründen, aber aus den aufgeführten Gründen<br />
wurde darauf verzichtet, diese Essig wegen der<br />
Verwendung von Zuckerkulör zu beanstanden. Bei<br />
6 Sherryessigen <strong>und</strong> bei 2 Aceto Balsamico war<br />
jedoch der Farbstoff Zuckerkulör nicht kenntlich<br />
gemacht.<br />
53
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Essiggärung wird aus dem Wein dann Weinessig erzeugt.<br />
Nur die Begriffe „Aceto balsamico tradizionale di Modena“<br />
<strong>und</strong> „Aceto balsamico tradizionale di Reggio Emilia“,<br />
für die eine geschützte Ursprungsbezeichnung gilt, sind<br />
rechtlich geschützt. Die Begriffe „Aceto Balsamico“ oder<br />
„Balsamessig“ allein sind rechtlich nicht definiert oder geschützt.<br />
Die Herstellung der „tradizionale“ direkt aus eingekochtem<br />
Traubenmost ist sehr langwierig <strong>und</strong> aufwendig.<br />
Deshalb sind sie auch sehr teuer, unter 50 Euro ist das<br />
100 ml-Fläschchen nicht zu bekommen. Den Aceto Balsamico<br />
in der Halbliterflasche aus dem Supermarkt gibt es<br />
aber schon für unter 2 Euro. Bei diesen Produkten handelt<br />
es sich um preisgünstige Nachahmungen aus Weinessig<br />
<strong>und</strong> Traubenmostkonzentrat mit süß-saurem Geschmack.<br />
Essigmutter<br />
Essige mit der Bezeichnung „Balsamessig“ oder „Aceto<br />
Balsamico“, die nicht der Definition im o. g. Lebensmittelrechts-Kommentar<br />
entsprechen, sind bereits seit einiger<br />
Zeit auf dem Markt. Es wird daher davon ausgegangen,<br />
dass sich inzwischen eine Verkehrsauffassung für diese Art<br />
von Produkten gebildet hat. Daher wurde nicht von einer Irreführung<br />
des Verbrauchers schon allein aufgr<strong>und</strong> der Verwendung<br />
der Bezeichnungen „Balsamessig“ oder „Aceto<br />
Balsamico“ ausgegangen.<br />
In den Werbetexten auf der Packung wird jedoch gerne ein<br />
möglichst enger Bezug zum „tradizionale“ hergestellt. Angaben<br />
wie „original italienischer Essig aus Traubenmost“,<br />
„Gärungsessig aus Traubenmost“ oder Herstellungsbeschreibungen<br />
für den „tradizionale“, die aber nicht auf<br />
den Essig in der Flasche zutreffen, sollen den Verbraucher<br />
glauben machen, dass dieser Essig irgend etwas mit dem<br />
teuren Original zu tun hätte. Die Wahrheit steht immerhin<br />
häufig im Zutatenverzeichnis:<br />
Zutaten:<br />
Weinessig, Traubenmostkonzentrat,<br />
Farbstoff E 150d, Antioxidationsmittel E 124.<br />
Allerdings taucht auch im Zutatenverzeichnis z. T. als Zutat<br />
nur „Traubenmost“ auf. Der durch den hohen Zuckergehalt<br />
(bis zu 30 %) bedingte intensive Süßgeschmack dieser<br />
Essige wäre jedoch nur durch Verwendung von Traubensaft,<br />
der zur Gewinnung von Beerenauslesen oder Eisweinen<br />
geeignet ist, zu erzielen. In der Regel verbirgt sich auch<br />
hinter der Angabe „Traubenmost“ im Zutatenverzeichnis<br />
nur das wesentlich billigere Traubenmostkonzentrat.<br />
Auch beim so genannten „Balsamico bianco“ oder „Weißen<br />
Balsamessig“ sind solche „dichterischen Freiheiten“<br />
weit verbreitet.<br />
Essigmutter aus Rotweinessig<br />
Immer wieder werden Verbraucherbeschwerden wegen<br />
Trübungen <strong>und</strong>/oder gallertartiger Klumpen in der Essigflasche<br />
vorgelegt. Häufig war der Essig zuvor über geraume<br />
Zeit im Haushalt verwendet worden. Die Ursache dieser<br />
Beschwerden ist meist die so genannte „Essigmutter“.<br />
Essigmutter ist nichts anderes als eine Kolonie aus Essigsäurebakterien,<br />
die sich mit einer Gallerthülle umgeben<br />
haben. Diese kann sich bei Luftzutritt bilden, wenn eine<br />
Infektion mit den z. B. auf Obst <strong>und</strong> Gemüse weit verbreiteten<br />
Essigbakterien im Haushalt stattfindet oder die Essigbakterien<br />
bei der Abfüllung nicht durch Filtration oder<br />
Pasteurisierung abgetrennt bzw. abgetötet wurden.<br />
Während die bei der Essigherstellung verwendeten Essigbakterien<br />
in der Regel die Essigsäure nicht weiter umwandeln,<br />
können wild vorkommende Essigbakterien die<br />
Essigsäure weiter zu Wasser <strong>und</strong> Kohlendioxid abbauen.<br />
Die dabei auftretenden Trübungen oder die Bildung von<br />
etwas Essigmutter ist in der Regel harmlos.<br />
Findet jedoch ein deutlicher Säureabbau statt, so kann es,<br />
insbesondere bei stark zuckerhaltigem Aceto Balsamico,<br />
zu einer Vergärung des Zuckers durch Hefen zu Alkohol<br />
kommen. Auch eine Besiedelung durch Schimmelpilze ist<br />
dann möglich.<br />
So war in einer Verbraucherbeschwerde der anfängliche<br />
Säuregehalt von 6 % auf 2 % reduziert. Die Gärung durch<br />
Hefen hatte zu einem Alkoholgehalt von 1,5 % geführt. Unter<br />
dem Mikroskop konnten zahlreiche Hefen <strong>und</strong> Schimmelpilze<br />
erkannt werden. Dieser Essig war nicht mehr zum<br />
Verzehr geeignet.<br />
Diese Vorspiegelungen falscher Tatsachen mussten als<br />
irreführend beanstandet werden.<br />
Dr. Winfried Ruge, CVUA Karlsruhe<br />
54
Alkoholfreie Getränke<br />
Alkoholfreie Getränke<br />
Fruchtsäfte, Fruchtnektare<br />
<strong>und</strong> alkoholfreie Erfrischungsgetränke<br />
Säfte/Nektare aus Nicht-EU-Ländern<br />
Die Beanstandungsquote bei diesen Produktgruppen war<br />
außergewöhnlich hoch. Häufig lag dies an Mängeln in der<br />
Kennzeichnung, offensichtlich bedingt durch den Trend<br />
zum Selbstimport bei ausländischen Einzelhandelsgeschäften<br />
<strong>und</strong> in der Gastronomie. In nicht wenigen Fällen<br />
war jedoch auch die Zusammensetzung der Erzeugnisse<br />
zu beanstanden. Beispielhaft seien genannt eine Probe<br />
Ananassaft aus einer unlackierten Weißblechdose mit einem<br />
deutlich erhöhten Zinngehalt, „Granatapfelsäfte“, die<br />
überwiegend aus Apfelsaft bestanden bzw. bei denen<br />
als Aromastoff-Hauptkomponente Vanillin vorlag, weitere<br />
Säfte/Nektare aus exotischen Früchten, bei denen ebenfalls<br />
eine unzulässige Aromatisierung mit naturidentischen<br />
Aromastoffen vorgenommen wurde, <strong>und</strong> schließlich ein<br />
Apfel-Trauben-Nektar, der sensorisch durch eine deutlich<br />
blumig-parfümige Note auffiel. Analytisch bestätigt wurde<br />
dieser Eindruck durch den Nachweis eines untypisch<br />
hohen Gehaltes an Methylanthranilat. Vermutlich ist diese<br />
Substanz ebenfalls durch eine nicht zulässige Aromatisierung<br />
in das Produkt gelangt.<br />
Aluminium in Kernobstsäften –<br />
weiterhin ein aktuelles Thema<br />
Aufgr<strong>und</strong> neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse hat die<br />
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)<br />
die tolerierbare Aufnahme von Aluminium in Lebensmitteln<br />
deutlich gesenkt. Aus diesem Anlass wurde weiterhin<br />
ein verstärktes Augenmerk auf Fruchtsäfte, insbesondere<br />
Kernobstsäfte gerichtet. Wenn diese in unbeschichteten<br />
Aluminiumtanks gelagert werden, besteht die Gefahr, dass<br />
Aluminium durch die Fruchtsäuren aus der Oberfläche herausgelöst<br />
wird.<br />
Einige Kernobstsäfte, vor allem aus älteren Aluminiumtanks,<br />
mussten beanstandet werden, da die Gehalte deutlich<br />
oberhalb des vom B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung<br />
(BfR) genannten tolerierbaren Gehaltes von 8 mg/l lagen.<br />
Da aufgr<strong>und</strong> der überdurchschnittlichen Apfelernte <strong>2008</strong><br />
vereinzelt Engpässe in der Lagerkapazität entstanden sind<br />
<strong>und</strong> infolgedessen möglicherweise noch vorhandene Aluminiumtanks<br />
reaktiviert wurden, werden die Untersuchungen<br />
in 2009 fortgesetzt.<br />
Getränke aus Schankanlagen:<br />
Hygienemängel als Dauerthema<br />
Erneut mussten Proben aus Gaststätten, Kantinen, Fitness-<br />
Studios <strong>und</strong> ähnlichen Betrieben beanstandet werden, da<br />
die mikrobiologische Beschaffenheit auf eine unzureichende<br />
Betriebshygiene bzw. auf schlecht gereinigte Schankanlagen<br />
schließen ließ. Enterobakterien, Milchsäurebakterien<br />
<strong>und</strong> Hefen waren die häufigsten Verderbniserreger. Die<br />
Aufhebung der Schankanlagenverordnung hat in der Praxis<br />
offenbar zu einer Verlängerung der Reinigungsintervalle<br />
geführt, eine Folge, die aus Sicht der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />
nicht begrüßt wird.<br />
Ein Erzeugnis besonderer Art wurde in einer Gaststätte<br />
entnommen, die sich auf den Ausschank selbst hergestellter<br />
Getränke aus Fruchtsäften <strong>und</strong> anderen Zutaten spezialisiert<br />
hatte. Es wurde als „Fruchtampulle“ bezeichnet.<br />
Außer Fruchtsäften war diesem Getränk auch ein Pulver<br />
zugesetzt worden, welches einen 15-prozentigen Anteil<br />
an Purpur-Sonnenhutwurzel enthielt. Die Untersuchung<br />
ergab, dass der Menge des Pulvers, die einer Portion des<br />
Getränks zugesetzt wurde, eine pharmakologische (arzneiliche)<br />
Wirkung zukommt. Das als „Fruchtampulle“ verkaufte<br />
Getränk durfte somit in dieser Zusammensetzung nicht<br />
als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden.<br />
Schwarztee – Erfrischungsgetränke mit<br />
Hanfblütenextrakt<br />
Mehrere Proben wurden als Beschwerde- <strong>und</strong> Verdachtsproben<br />
überbracht, da aufgr<strong>und</strong> der Aufmachung der Produkte<br />
(Abbildung eines Hanfblattes, Bezeichnungen wie<br />
„Hanfblüten“ bzw. „Cannabis“) von Eltern von Jugendlichen<br />
<strong>und</strong> Kindern Besorgnis geäußert wurde. Seit Hanf wieder<br />
als industrielle Nutzpflanze in der Form rauschmittelarmer<br />
Hanfsorten angebaut werden darf, werden Bestandteile<br />
der Hanfpflanze auch zunehmend zur Herstellung von<br />
Lebensmitteln eingesetzt. Die ständig anwachsende Produktpalette<br />
umfasst unter anderem auch alkoholfreie Erfrischungsgetränke.<br />
Für die ges<strong>und</strong>heitliche Beurteilung<br />
dieser Erzeugnisse ist nach Ansicht des BgVV (heute BfR)<br />
vor allem der Gehalt an dem vielseitig wirkenden, rauscherzeugenden<br />
Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) bzw. seiner<br />
Vorstufe Delta-9-Tetrahydrocannabinolcarbonsäure<br />
entscheidend. Das BgVV empfiehlt als Richtwert für alkoholfreie<br />
Erfrischungsgetränke einen THC-Gehalt von maximal<br />
5 µg / kg. Tatsächlich wurden in verschiedenen Proben<br />
THC-Gehalte von bis zu über 30 µg / kg bestimmt.<br />
Rainer Marten, CVUA Sigmaringen<br />
◆<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
55
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Mineralwasser, Quellwasser,<br />
Tafelwasser, abgepacktes Trinkwasser<br />
„Dieses Wasser wurde einem zugelassenen Adsorptionsverfahren unterzogen.“<br />
Was bedeutet denn das?<br />
Fluorid-Ionen können aus Gesteinen <strong>und</strong> Mineralien freigesetzt werden <strong>und</strong> damit auf natürliche Weise ihren Weg<br />
in Gr<strong>und</strong>wasser- <strong>und</strong> Mineralwasservorkommen finden. Die Fluoridkonzentrationen können dabei derart ansteigen,<br />
dass sie festgesetzte Grenzwerte überschreiten oder eine spezielle Kennzeichnung auf dem Etikett natürlicher Mineralwässer<br />
auslösen. Aluminiumoxid besitzt die Fähigkeit, Fluorid aus Wasser zu adsorbieren (lat.: adsorbere =<br />
ansaugen). Der Fluoridgehalt eines Wassers kann so gesenkt werden.<br />
Am 1. Januar <strong>2008</strong> trat ein Höchstgehalt von 5 mg/l Fluorid<br />
für natürliches Mineralwasser in Kraft. Die EU-Kommission<br />
hatte zuvor durch „Leitlinien zur Fluoridreduzierung bei natürlichen<br />
Mineralwässern <strong>und</strong> Quellwässern“ die Möglichkeit<br />
eröffnet, unter genau beschriebenen Bedingungen die<br />
Fluoridgehalte zu reduzieren. Im Berichtsjahr <strong>2008</strong> zeigte<br />
sich, dass das Verfahren zur selektiven Fluoridentfernung<br />
von einigen Brunnenbetreibern eingesetzt wird: Ziel der<br />
Fluoridentfernung ist es, in natürlichen Mineralwässern mit<br />
Fluoridgehalten über 1,5 mg/l die spezielle Kennzeichnung<br />
„enthält mehr als 1,5 mg/l Fluorid, für Säuglinge <strong>und</strong> Kinder<br />
unter 7 Jahren nicht zum regelmäßigen Verzehr geeignet“<br />
Natürliches Mineralwasser ist definiert als ein Wasser, das seinen<br />
Ursprung in einem unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten<br />
Vorkommen hat <strong>und</strong> von ursprünglicher Reinheit ist: Anthropogene<br />
(vom Menschen <strong>und</strong> seiner Zivilisation stammende) Verunreinigungen,<br />
z. B. aus der Landwirtschaft, dürfen nicht enthalten<br />
sein. Werden Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in natürlichen<br />
Mineralwässern festgestellt, so wird ein Orientierungswert angewendet.<br />
Dieser Wert für die Beurteilung von Pflanzenschutzmitteln<br />
beträgt 0,05 µg/l <strong>und</strong> liegt weit unter einer ges<strong>und</strong>heitlich relevanten<br />
Schwelle. Das natürliche Mineralwasser hat seine ursprüngliche<br />
Reinheit verloren, wenn diese Konzentration an Pflanzenschutzmitteln<br />
überschritten wird. Die Anwesenheit von Metaboliten wird entsprechend<br />
gleichartig beurteilt. Dabei ist es nicht ausschlaggebend,<br />
ob der Metabolit eine dem Wirkstoff ähnliche Wirksamkeit hat oder<br />
andere toxikologische Eigenschaften aufweist.<br />
durch Unterschreiten dieses Schwellenwertes zu vermeiden.<br />
Die untersuchten natürlichen Mineralwässer wiesen<br />
nach Anwendung des zugelassenen Verfahrens keine<br />
Fluoridgehalte über 1,5 mg/l auf. Das gesamte Herstellungsverfahren<br />
für natürliches Mineralwasser unterliegt<br />
besonderen Anforderungen: So darf sich unter anderem<br />
die physikalisch-chemische Zusammensetzung des Wassers<br />
nicht ändern. Die Untersuchungen zeigten, dass die<br />
Gehalte der das Wasser charakterisierenden Bestandteile<br />
konstant bleiben. Zudem darf der Aluminiumgehalt durch<br />
den Einsatz von aktiviertem Aluminiumoxid um maximal<br />
60 µg/l ansteigen. Auch für diese Vorgabe wurden<br />
keine Überschreitungen festgestellt. Die Anwendung des<br />
Fluorid-Entfernungsverfahrens ist zur Information des Verbrauchers<br />
mit einer Kennzeichnungspflicht verb<strong>und</strong>en,<br />
z. B. mit dem von der EU vorgeschlagenen Hinweis: „Dieses<br />
Wasser wurde einem zugelassenen Adsorptionsverfahren<br />
unterzogen.“<br />
Bewertung von Pflanzenschutzmittel-<br />
Metaboliten in natürlichem Mineralwasser<br />
Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft<br />
dient dem Ziel einer sicheren Nahrungsmittelversorgung.<br />
Voraussetzung für den Einsatz der<br />
Pflanzenschutzmittel ist eine Zulassung durch das B<strong>und</strong>esamt<br />
für Verbraucherschutz <strong>und</strong> Lebensmittelsicherheit.<br />
Pflanzenschutzmittel gelangen bei ihrer Anwendung<br />
zwangsläufig auch in die Umwelt. Die im Boden<br />
durch Stoffwechselvorgänge entstehenden Abbau- <strong>und</strong><br />
Umwandlungsprodukte (= Metaboliten) werden bei der<br />
Zulassung bewertet. In Einzelfällen sind sie jedoch zum<br />
Zeitpunkt der Zulassung noch unbekannt.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden Abbauprodukte der Pflanzenschutzmittel<br />
Tolylfluanid, Chloridazon <strong>und</strong> Metazachlor, deren<br />
Nachweis erst durch die Anwendung aufwendiger instrumenteller<br />
Analytik möglich wurde, in einzelnen natürlichen<br />
Mineralwässern festgestellt. Die Pflanzenschutzmittel<br />
als Ausgangsstoffe waren in den Wässern jeweils nicht<br />
nachweisbar. Anhand der Bef<strong>und</strong>e für diese anthropogenen<br />
Verunreinigungen entscheidet die zuständige Behörde<br />
über das Weiterbestehen der amtlichen Anerkennung<br />
des natürlichen Mineralwassers. Zur Abhilfe wurde in den<br />
Mineralbrunnenbetrieben versucht, durch besseren Brunnenausbau<br />
den Zulauf von belastetem Wasser zu verhindern.<br />
Es mussten jedoch teilweise auch Entnahmestellen<br />
mit Belastungen aus der Nutzung herausgenommen <strong>und</strong><br />
neue, geschützte Wasservorkommen erschlossen werden.<br />
Aus Gr<strong>und</strong>wasseruntersuchungen ist bekannt, dass<br />
sich die Konzentrationen vorhandener Metaboliten über<br />
Jahre nur geringfügig verändern. Möglicherweise ist daher<br />
in manchen Fällen die Nutzung als natürliches Mineralwasser<br />
für längere Zeit ausgeschlossen.<br />
Dr. Katja Fischer-Hüsken, CVUA Freiburg<br />
56
Wein<br />
Wein<br />
Wirbel um italienische Weine<br />
Tafelweine als reiner Kunstwein – oder nur ganz normal<br />
gepanscht?<br />
Das Weinland Italien machte im Frühjahr negative Schlagzeilen.<br />
Nach Pressemitteilungen sollten dort „Kunstweine“<br />
aus Wasser, Zucker, Düngemitteln <strong>und</strong> sogar Schwefel- <strong>und</strong><br />
Salzsäure gemischt worden sein. Von „Frankenstein-Wein“,<br />
„Vino terribile“ <strong>und</strong> „höllischem Cocktail“ war die Rede. Die<br />
Presse berichtete vom Zusatz „krebserregender Stoffe“. Kurze<br />
Zeit später kam aus Italien die offizielle Mitteilung, dass<br />
die vorgef<strong>und</strong>enen Säuren lediglich zu landwirtschaftlichen<br />
Zwecken in den betroffenen Betrieben gelagert worden waren,<br />
ein Zusatz zu Wein hätte nicht stattgef<strong>und</strong>en. In Weinen<br />
seien lediglich Zusätze von Wasser <strong>und</strong> Rübenzucker nachgewiesen<br />
worden; diese wären aber nicht ges<strong>und</strong>heitsschädlich.<br />
Außerdem hätte nach aktuellen Erkenntnissen<br />
keiner dieser Weine Italien verlassen. In der Presse wurden<br />
zwar Kellereien <strong>und</strong> Firmen genannt, weiterführende Hinweise<br />
auf Vertriebswege etc. hielten die italienischen Behörden<br />
mit dem Argument des Justizgeheimnisses zurück.<br />
Was war dran an den Pressemeldungen? Mit Schwerpunkt<br />
auf dem verdächtigen Marktsegment der Tafelweine wurden<br />
63 Proben untersucht. Ein Zusatz von Düngemitteln <strong>und</strong><br />
Säuren konnte nicht nachgewiesen werden. Bei vier Tafelweinen<br />
(6%) wurde jedoch mittels Stabilisotopentechnik<br />
festgestellt, dass diese gewässert <strong>und</strong> unzulässigerweise<br />
angereichert worden waren. Unter Anreicherung versteht<br />
man die Zugabe von Zucker vor der Vergärung – dies ist in<br />
Deutschland erlaubt, wegen des wärmeren Klimas in Italien<br />
jedoch nicht zugelassen.<br />
Auch Flaggschiff „Brunello di Montalcino“ betroffen?<br />
Ferner sollten nach diesen Berichten auch „Brunello di<br />
Montalcino“-Weine manipuliert worden sein. Bei diesen<br />
hochwertigen <strong>und</strong> hochpreisigen Weinen handelt es sich<br />
um ein rebsortenreines Erzeugnis, das nach italienischem<br />
Dekret nur zu 100 % aus der Sangiovese-Traube hergestellt<br />
werden darf <strong>und</strong> nur in Montalcino (Toskana) angebaut <strong>und</strong><br />
hergestellt wird. Weitere Vorschriften wie eine zweijährige<br />
Lagerung in Eichenfässern machen Brunello di Montalcino<br />
zu einem hochpreisigen Produkt, das die höchste Qualitätsstufe<br />
„Denominazione di Origine controllata e Garantita“<br />
(DOCG) erhält.<br />
Um dem lange gelagerten Wein eine gewisse Frische <strong>und</strong><br />
Fruchtigkeit zu verleihen, sollte er angeblich unzulässigerweise<br />
mit jüngeren Merlot- <strong>und</strong> Cabernet Sauvignon-Weinen<br />
versetzt worden sein. Acht DOCG-Qualitätsweine „Brunello<br />
di Montalcino“ wurden einem breiten Spektrum der<br />
Weinanalytik unterzogen. Die Proben waren im Rahmen der<br />
durchgeführten Untersuchungen unauffällig.<br />
Glycerinzusatz –<br />
für mehr Fülle im Wein<br />
Im Fokus: Spanische Sektgr<strong>und</strong>weine<br />
Eine Sektkellerei außerhalb Baden-Württembergs, die<br />
spanische Gr<strong>und</strong>weine zu Schaumweinen verarbeitet,<br />
war Mitte des Jahres wegen des darin enthaltenen 3-Methoxy-1,2-Propandiols<br />
(3-MPD) aufgefallen. Dieser Stoff<br />
kommt als Nebenprodukt in technisch hergestelltem Glycerin<br />
vor. Glycerin ist auch natürlich im Wein vorhanden,<br />
es entsteht als Nebenprodukt der alkoholischen Gärung in<br />
Höhe von sechs bis acht Prozent des Alkoholgehaltes. Glycerin<br />
verleiht dem Wein seine „Stoffigkeit“ <strong>und</strong> zusammen<br />
mit anderen Extraktstoffen die Fülle. Weineigenes Glycerin<br />
enthält keine nachweisbaren Mengen an 3-MPD.<br />
Durch zulässige Enzymbehandlungen des Weines können<br />
geringe Spuren von 3-MPD in den Wein gelangen.<br />
Eine 3-MPD-Konzentration von mehr als 0,10 mg/l gilt<br />
jedoch als sicherer Indikator für einen Zusatz von technischem<br />
Glycerin zu Wein. Da der Zusatz von Glycerin zu<br />
Wein kein zugelassenes önologisches Verfahren ist, dürfen<br />
so behandelte Weine nicht in den Verkehr gebracht<br />
werden.<br />
38 spanische Gr<strong>und</strong>weine, die zu Sekt weiterverarbeitet<br />
werden sollten, wurden als Probe genommen. Dabei stellte<br />
sich heraus, dass vier Betriebe Sektgr<strong>und</strong>weine zugekauft<br />
hatten, die mit 3-MPD belastet waren. Insgesamt<br />
lagen bei 22 Einzelproben erhöhte 3-MPD-Gehalte vor<br />
(teilweise Mehrfachuntersuchungen).<br />
Bei den von drei Betrieben zugekauften spanischen<br />
Gr<strong>und</strong>weinen ist davon auszugehen, dass den Weinen unzulässigerweise<br />
Glycerin zugesetzt worden war. In einem<br />
weiteren Fall ist aufgr<strong>und</strong> des niedrigen 3-MPD-Gehaltes<br />
noch abzuklären, ob bei der Herstellung der Gr<strong>und</strong>weine<br />
in Spanien gegebenenfalls zulässige glycerinhaltige Enzympräparate<br />
verwendet wurden.<br />
Alle Weine mit erhöhten 3-MPD-Gehalten konnten in<br />
den Betrieben festgesetzt werden <strong>und</strong> kamen nicht in<br />
den Verkehr.<br />
Fast immer einwandfrei: Proben aus dem Handel<br />
Viele Verstöße gegen das Weinrecht können schon auf Stufe<br />
der Hersteller oder Erzeuger abgestellt werden. Ob nicht<br />
verkehrsfähige Ware zum Verbraucher gelangen kann, zeigt<br />
eine Probenahme im Handel.<br />
Insgesamt wurden 119 Handelsproben untersucht, neben<br />
spanischen auch italienische, französische <strong>und</strong> deutsche<br />
Produkte. Zwei italienische Tafelweine, ein deutscher Sekt<br />
<strong>und</strong> ein Weißwein aus Spanien enthielten 3-MPD <strong>und</strong> wurden<br />
beanstandet. Die geringe Beanstandungsquote von<br />
3 % zeigt, dass Handelsproben fast immer einwandfrei sind.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
57
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Aus der Arbeit der<br />
Weinkontrolle<br />
rollen im örtlichen Lebensmitteleinzelhandel wurden diese<br />
Weine jedoch als „Qualitätsweine“ vorgef<strong>und</strong>en. Die<br />
Weine waren widerrechtlich als Qualitätsweine etikettiert<br />
worden. Der Fall erregte durch hohe Strafen für die Verantwortlichen<br />
<strong>und</strong> die öffentliche Namensnennung nach dem<br />
Verbraucherinformationsgesetz einiges Aufsehen (siehe Kapitel<br />
II Betriebskontrollen).<br />
Ein weiterer Fall geht auf eine Verbraucherbeschwerde<br />
zurück. Es wurden zwei Beschwerdeproben Wein abgegeben,<br />
die den Verbraucher geruchlich an Essig erinnerten.<br />
Auf den Etiketten war eine Amtliche Prüfungsnummer angebracht.<br />
Der Antrag auf Zuteilung dieser Prüfungsnummer<br />
war jedoch auf Gr<strong>und</strong> eines sensorisch festgestellten Geruchs<br />
<strong>und</strong> Geschmacks nach flüchtiger Säure (essigstichig)<br />
<strong>und</strong> des analytisch nachweislich erhöhten Gehalts an flüchtiger<br />
Säure abgelehnt worden. Der Wein war infolge dessen<br />
zu einem nicht verkehrsfähigen Erzeugnis herabgestuft<br />
worden <strong>und</strong> hätte mit der Angabe „Qualitätswein“ <strong>und</strong> mit<br />
der Angabe der A.P.Nr. nicht in Verkehr gebracht, sondern<br />
nur zu Weinessig oder Essig verarbeitet werden dürfen.<br />
Das Beste aus zwei Anbaugebieten –<br />
im Weinrecht so nicht vorgesehen<br />
Aus Vermarktungsgründen ist in mehreren Fällen der<br />
Wunsch nach Bereitung von Cuvées aus badischen <strong>und</strong><br />
württembergischen Qualitätsweinen entstanden. Aufgr<strong>und</strong><br />
der derzeitigen Rechtslage des Weinbezeichnungsrechts<br />
müssen derartige Erzeugnisse als Tafelwein mit den daraus<br />
resultierenden Bezeichnungsbeschränkungen gekennzeichnet<br />
werden. Auch der Hinweis auf die jeweiligen<br />
Erzeuger ist nur mit entsprechenden Auflagen <strong>und</strong> Einschränkungen<br />
möglich.<br />
Es wurden Lösungen gef<strong>und</strong>en, die in Einklang mit dem<br />
Weinrecht sowohl den Verbraucher mit den notwendigen<br />
Informationen versorgen als auch die Interessen der Hersteller<br />
berücksichtigen.<br />
◆<br />
Dank wirksamer Kontrollen eine Seltenheit:<br />
Betrug mit Amtlichen Prüfungsnummern<br />
Zu den Aufgaben der staatlichen Weinkontrolle gehört die<br />
Überprüfung des so genannten Qualitätsweinprüfverfahrens.<br />
In Deutschland dürfen Qualitätsweine <strong>und</strong> Prädikatsweine<br />
nur als solche in den Verkehr gebracht werden, wenn<br />
sie erfolgreich analytisch <strong>und</strong> sensorisch geprüft wurden<br />
<strong>und</strong> ihnen eine Amtliche Prüfungsnummer (A.P.Nr.) zugeteilt<br />
wurde. Wird ein Wein abgelehnt, erhält die Weinkontrolle<br />
von der Qualitätsweinprüfstelle eine Mitteilung, um die<br />
weitere Verwendung dieses Weines zu überprüfen.<br />
Im Rahmen einer Betriebskontrolle wurden bei zwei Weinbaubetrieben<br />
auch die Bestände der abgelehnten Qualitätsweine<br />
überprüft. Diese waren zum Zeitpunkt der Kontrolle<br />
vollständig <strong>und</strong> sollten nach Aussagen der Betriebsleiter<br />
nur noch als Tafelwein verkauft werden. Bei späteren Kont-<br />
EDV-Buchführung – moderne Technik im Weinkeller<br />
Innerhalb der genossenschaftlichen Strukturen der Anbaugebiete<br />
Baden <strong>und</strong> Württemberg spielt die Nutzung der<br />
elektronischen Datenverarbeitung zur Führung der weinrechtlich<br />
vorgeschriebenen Aufzeichnungen eine große Rolle.<br />
Dabei müssen die Anforderungen, die an die bisherige<br />
Papierform bestanden, auch weiterhin uneingeschränkt erfüllt<br />
werden.<br />
Daraus resultiert, dass seitens der Sachverständigen auch<br />
im Jahr <strong>2008</strong> wieder mehrere Programme erstmals zur<br />
Zulassung anstanden <strong>und</strong> mit erheblichem Aufwand der<br />
hierfür notwendigen Prüfung hinsichtlich Fehlerfreiheit <strong>und</strong><br />
Funktionalität unterzogen werden mussten. Letztlich konnte<br />
jedoch allen Antragstellern ein positives Zeugnis ausgestellt<br />
<strong>und</strong> somit allen Anträgen entsprochen werden.<br />
Ludwig Rothenbücher, CVUA Stuttgart<br />
58
Alkoholhaltige Getränke (ausser Wein)<br />
Alkoholhaltige Getränke (außer Wein)<br />
Ist Topinambur wirklich gut für<br />
Diabetiker?<br />
Die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, die so genannte<br />
Health-Claims-Verordnung, hat die Regelungen zu nährwert-<br />
<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Angaben bei alkoholhaltigen<br />
Getränken europaweit vereinheitlicht (siehe auch<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2007). Die Verordnung verbietet gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
ges<strong>und</strong>heitsbezogene Angaben für Getränke mit einem<br />
Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent. Das europäische<br />
Lebensmittelrecht definiert „ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />
Angaben“ dabei sehr weit als jede Angabe, mit der erklärt,<br />
suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht<br />
wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie,<br />
einem Lebensmittel oder einem seiner<br />
Bestandteile einerseits <strong>und</strong> der Ges<strong>und</strong>heit andererseits<br />
besteht. Diese Regelung beschränkt sich nicht nur auf die<br />
Flaschenetiketten, sondern gilt auch für die Werbung, so<br />
dass insbesondere auch die Internetangebote von Spirituosen-<br />
<strong>und</strong> Bierherstellern bezüglich ges<strong>und</strong>heitsbezogener<br />
Werbung unter die Lupe genommen wurden.<br />
Während nach Ablauf der Übergangsfrist der Verordnung<br />
im Jahre 2007 bereits acht Beanstandungen bezüglich<br />
unzulässiger ges<strong>und</strong>heitsbezogener Angaben ausgesprochen<br />
wurden, stieg diese Anzahl im Jahre <strong>2008</strong> auf 35<br />
Beanstandungen (1,5% aller Proben dieser Produktkategorie).<br />
In diesem Rahmen fielen besonders Spirituosen aus<br />
Topinambur auf. Neben allgemeinen angeblich ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Vorzügen wie „Verdauungsschnaps, dem eine<br />
besondere Heilkraft nachgesagt wird“, wird Topinambur<br />
mit Auslobungen beworben, die suggerieren, dass der<br />
Schnaps besonders für Diabetiker geeignet sei, z. B. „Von<br />
Kennern wird Topinambur wegen der Inulin-Haltigkeit als<br />
Medizin für Diabetiker geschätzt“. Es ist zwar richtig, dass<br />
die Topinamburknolle bis zu 16 % Inulin enthält, das als<br />
Stärkeersatz bei der Ernährung von Diabetikern eingesetzt<br />
werden kann. Jedoch wird das Inulin im Falle der Spirituose<br />
zu Alkohol vergoren <strong>und</strong> ist im Destillat nicht mehr vorhanden.<br />
Das Hormon mit dem ähnlich klingenden Namen „Insulin“<br />
ist übrigens weder in der Topinamburknolle noch in<br />
der Spirituose enthalten. Insofern liegt bei den genannten<br />
Werbeaussagen neben verbotenen ges<strong>und</strong>heitsbezogenen<br />
Angaben auch eine Irreführung des Verbrauchers vor.<br />
Die Hinweise wurden zwischenzeitlich in der Etikettierung<br />
der Produkte <strong>und</strong> der Werbung im Internet entfernt.<br />
2007 eine wissenschaftliche Studie vor, nach der Ethylcarbamat<br />
in bestimmten Spirituosen ein ges<strong>und</strong>heitliches<br />
Risiko für den Verbraucher darstellen kann. Die EFSA hat<br />
zudem gefordert, dass Maßnahmen zur Reduzierung von<br />
Ethylcarbamat in Steinobstbränden eingeleitet werden sollten.<br />
Die Chemischen <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsämter<br />
Baden-Württemberg beschäftigen sich schon seit langem<br />
mit dem „Dauerbrenner“ Ethylcarbamat <strong>und</strong> haben schon<br />
frühzeitig ein Merkblatt für Kleinbrenner über leicht durchführbare<br />
Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat<br />
im Internet bereitgestellt<br />
www.ua-bw.de > Merkblätter > Merkblatt für Kleinbrenner<br />
„Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat<br />
in Steinobstbränden“<br />
Im Jahre <strong>2008</strong> wurden neben Steinobstbränden erstmals<br />
auch 110 mexikanische Spirituosen (neben Tequila auch<br />
einige Mezcals <strong>und</strong> andere Agavenbrände) untersucht, da<br />
bei der Herstellung von Agavenbränden möglicherweise<br />
auch Ethylcarbamat entstehen kann. Dabei wurden nur<br />
sehr geringe Gehalte nahe der Bestimmungsgrenze des<br />
Messverfahrens vorgef<strong>und</strong>en (Mittelwert 0,05 mg/l). Kein<br />
einziger Agavenbrand lag über dem technischen Richtwert<br />
von 0,4 mg/l, der derzeit als Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage für<br />
Steinobstbrände verwendet wird.<br />
Bei deutschen Steinobstbränden mussten 21 % aller untersuchten<br />
Proben wegen Überschreitung des Richtwertes<br />
um mehr als das Doppelte (0,8 mg/l) beanstandet werden.<br />
Die Beanstandungsquote war damit wieder rückläufig<br />
(2005: 22 %, 2006: 24 %, 2007: 28 %, <strong>2008</strong>: 21 %).<br />
Acetaldehyd<br />
Neues oder altes Problem durch unzureichende Vorlaufabtrennung<br />
in der Brennerei?<br />
Man kann sich darüber streiten, ob das Problem einer<br />
Acetaldehydbelastung von Spirituosen wirklich ein neues<br />
ist, wie es teilweise in der Presse aufgr<strong>und</strong> unserer Un-<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Ethylcarbamat<br />
Entwarnung bei Tequila, jedoch weitere Beanstandungen<br />
bei Steinobstbränden<br />
Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (European<br />
Food Safety Authority, EFSA) legte im November<br />
3D-Struktur von Acetaldehyd<br />
59
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
tersuchungsergebnisse dargestellt wurde. Im Prinzip ist<br />
es richtig, dass das Problem der unsauberen Vorlaufabtrennung<br />
seit Jahren bekannt ist <strong>und</strong> dass Acetaldehyd<br />
als Vorlaufbestandteil in mangelhaft hergestellten Spirituosen<br />
in höheren Konzentrationen vorkommt. Neu <strong>und</strong> vielleicht für<br />
manche Hersteller überraschend ist jedoch die Erkenntnis,<br />
dass es sich bei Acetaldehyd nach Einstufung des Internationalen<br />
Krebsforschungszentrums IARC der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation<br />
WHO – ähnlich wie bei dem oben erwähnten<br />
Ethylcarbamat – um einen für den Menschen möglicherweise<br />
krebserregenden Stoff handelt. Die Chemischen <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsämter<br />
Baden-Württemberg haben aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> Daten zu Acetaldehyd in Spirituosen gesammelt, die<br />
dem B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung zur ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Bewertung zur Verfügung gestellt wurden.<br />
Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Acetaldehydgehalte<br />
zwischen den Produktgruppen sehr stark schwanken.<br />
Untersuchungsergebnisse zu Acetaldehyd (alle Angaben in mg/l)<br />
Produktgruppe Herkunft Anzahl Mittel Min. Max.<br />
Proben<br />
Spirituosen (alle) weltweit 1.659 64 0 1.243<br />
Obstbrände Deutschland 576 72 0 1.159<br />
Tresterbrände Deutschland 32 387 47 1.243<br />
Grappa Italien 27 116 0 620<br />
Tequila Mexiko 70 60 0 670<br />
chinesische<br />
Spirituosen China 48 304 0 721<br />
Auch innerhalb einer Produktgruppe gibt es große Unterschiede,<br />
wie durch die breite Spanne der Werte erkennbar<br />
wird (Tabelle). Hohe Acetaldehydgehalte waren generell in<br />
Tresterbränden feststellbar. In den anderen Produktkategorien<br />
wurden auch vereinzelt Produkte am Markt angetroffen<br />
◆<br />
(z. B. bestimmte mexikanische <strong>und</strong> chinesische Spirituosen,<br />
einzelne Obstbrände), die die mittleren Gehalte in der jeweiligen<br />
Produktkategorie weit überschritten. Ursache ist in allen<br />
Fällen eine mangelhafte Vorlaufabtrennung beim Destillieren.<br />
Für den Verbraucher ist derzeit keine akute Ges<strong>und</strong>heitsgefahr<br />
durch Acetaldehyd anzunehmen, die über die ohnehin<br />
bekannten schädlichen Effekte des Alkoholkonsums hinausgeht.<br />
Bis zu einer endgültigen Risikobewertung durch die<br />
entsprechenden nationalen <strong>und</strong> europäischen Institutionen<br />
wird dennoch Acetaldehyd im Rahmen der routinemäßigen<br />
Untersuchungen von Gärungsnebenprodukten weiter beobachtet.<br />
Im Jahre <strong>2008</strong> wurden 5,4 % der untersuchten Obstbrände<br />
wegen erhöhter Anteile an Gärungsnebenprodukten<br />
(z. B. Vorlauf-/Nachlaufbestandteile) beanstandet.<br />
Dr. Dirk Lachenmeier, CVUA Karlsruhe<br />
Eis <strong>und</strong> Desserts<br />
Unsachgemäße Desinfektion mit<br />
silberhaltigem Entkeimungsmittel<br />
Unsachgemäße Desinfektion mit<br />
Wasserstoffperoxid<br />
In der Vergangenheit wurden bei der Herstellung von<br />
Speiseeis vielfach silberhaltige Entkeimungsmittel in unzulässiger<br />
Weise zugesetzt, um die mikrobiologische Beschaffenheit<br />
zu verbessern. Teilweise wurde auch eine<br />
Verunreinigung von Speiseeis über den Portionierer, der<br />
in mit silberhaltigen Desinfektionsmitteln konserviertem<br />
Wasser aufbewahrt wurde, festgestellt. In diesen Fällen<br />
muss jedoch der Portionierer gründlich mit unbelastetem<br />
Wasser abgespült werden, damit keine Silberrückstände<br />
ins Speiseeis gelangen können.<br />
In 6 von 64 im Berichtsjahr untersuchten Proben konnte<br />
Silber nachgewiesen werden. Alle Proben stammten<br />
aus derselben Eisdiele. Nach Aussage des Herstellers<br />
verwendet er ein silbersalzhaltiges Desinfektionsmittel zur<br />
Reinigung seiner Eismaschine. Da die Anwendung jedoch<br />
weder bestimmungs- noch sachgemäß erfolgte, waren<br />
die Eisproben zu beanstanden.<br />
Wegen eines brennenden Geschmacks <strong>und</strong> des Verdachts,<br />
beim Verzehr Verätzungen im M<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Rachenbereich zu<br />
verursachen, wurde eine Probe Milchreis als Beschwerdeprobe<br />
vorgelegt.<br />
Bei der lebensmittelchemischen Untersuchung wurden in<br />
dem Milchreis 38 g Wasserstoffperoxid / kg (3,8%) nachgewiesen.<br />
Wasserstoffperoxid wird in der Lebensmittelindustrie zur<br />
Keimreduktion <strong>und</strong> Desinfektion eingesetzt. Es ist ein starkes<br />
Oxidationsmittel <strong>und</strong> wirkt in höheren Konzentrationen<br />
ätzend. Ein Hautkontakt mit mehrprozentigen Wasserstoffperoxid-Lösungen<br />
führt zu schmerzhaften Reizungen <strong>und</strong><br />
weißlichen Verfärbungen (Sauerstoffemphysem). Die Probe<br />
wurde als ges<strong>und</strong>heitsschädlich beurteilt.<br />
Dr. Ingrid Kaufmann-Horlacher, CVUA Stuttgart<br />
60
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche, Kaffee, Tee<br />
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao,<br />
Brotaufstriche, Kaffee, Tee<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Melamin-Story Teil 2:<br />
chinesische Weichkaramellen<br />
Aufgr<strong>und</strong> der dramatischen Berichte aus China über melaminhaltige<br />
Babynahrung, an der bislang sechs Babys<br />
gestorben <strong>und</strong> ca. 300.000 Kinder erkrankt sind, wurden<br />
milchpulverhaltige Erzeugnisse aus China auf Melamin untersucht.<br />
7 Proben chinesische Weichkaramellen der Marke „White<br />
Rabbit“ waren zu beanstanden, da sie Melamingehalte aufwiesen.<br />
Wahrscheinlich waren die Weichkaramellen mit<br />
Milchpulver hergestellt worden, das mit Melamin gestreckt<br />
war, um so einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen.<br />
Die in den Weichkaramellen festgestellten Melamingehalte<br />
schwankten zwischen 6 <strong>und</strong> 152 mg / kg. Alle positiven Proben<br />
wurden als nicht sichere Lebensmittel beanstandet.<br />
… Fortsetzung folgt unter Kapitel III Säuglingsnahrung<br />
Wabenhonige mit Brutzellen<br />
Im Berichtsjahr wurden 12 Proben Wabenhonig zur Untersuchung<br />
vorgelegt. Nach der Honigverordnung darf Wabenhonig<br />
nur aus brutfreien Zellen der von Bienen frisch<br />
gebauten Honigwaben gewonnen werden. 5 Wabenhonige<br />
(42 %) waren zu beanstanden, da die verwendeten<br />
Waben nicht brutfrei waren. Zudem wurde bei einer Probe<br />
auch Insektenbefall festgestellt.<br />
Der größte Teil der Beanstandungen bei Honig betraf, wie<br />
auch in den Jahren zuvor, fehlende oder fehlerhafte Kennzeichnungselemente.<br />
Zu Rückstandsuntersuchungen in<br />
Honig siehe Kapitel IV Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong> pharmakologisch<br />
wirksame Stoffe.<br />
Kaugummizigaretten mit Raucheffekt<br />
Nachdem in einer Pressemitteilung im Januar vor Scherzartikelzigaretten<br />
(siehe hierzu Kapitel III Bedarfsgegenstände)<br />
gewarnt worden war, die Hustenreiz <strong>und</strong> ernsthafte<br />
Atembeschwerden durch Inhalieren eines feinen Pulvers<br />
hervorrufen können, wurden Kaugummizigaretten als Verdachtsproben<br />
vorgelegt, die ebenfalls mit einem zusätzlichen<br />
Raucheffekt beworben waren. Verursacht wurde<br />
dieser Raucheffekt durch Stärkepuder, der zwischen der<br />
Kaugummizigarette <strong>und</strong> dem Papiereinwickler aufgebracht<br />
war. Beim kräftigen Hineinblasen wird der Puder ausgeblasen<br />
<strong>und</strong> es entsteht der Eindruck einer „Rauchwolke“.<br />
Bei den vorliegenden Verdachtsproben konnte jedoch we-<br />
61
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
der durch bestimmungsgemäßes kräftiges<br />
Hineinblasen noch durch vorhersehbares<br />
Ziehen wie bei echten Zigaretten bei keiner<br />
der Testpersonen ein Hustenreiz ausgelöst werden.<br />
Auch sonst traten keine Atembeschwerden auf. Bei<br />
den vorgelegten Verdachtsproben war die Menge an<br />
aufgebrachtem Stärkepuder so gering, dass dadurch<br />
keine ges<strong>und</strong>heitlichen Beeinträchtigungen zu befürchten<br />
waren. Ungeachtet dessen wurde der Hersteller auf<br />
mögliche Gefahren durch derartige Produkte aufmerksam<br />
gemacht <strong>und</strong> ihm zur eigenen Absicherung die<br />
Einholung eines medizinischen Gutachtens empfohlen.<br />
Cadmium in Schokoladen <strong>und</strong><br />
Kakao<br />
Insbesondere Kakaobohnen aus Südamerika weisen<br />
naturbedingt einen erhöhten Cadmiumgehalt auf, da<br />
die Kakaopflanze das in den dortigen vulkanischen<br />
Böden vorhandene Cadmium anreichert. Im vergangenen<br />
Jahr wurden deshalb dunkle Schokoladen mit<br />
hohem Kakaoanteil, Kakaomassen von Herstellern aus<br />
dem Überwachungsgebiet <strong>und</strong> Kakaopulver auf Cadmium<br />
untersucht. Gesetzlich verbindliche Grenzwerte<br />
für Cadmium in Kakaoerzeugnissen gibt es bisher nicht,<br />
lediglich einen vom B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung<br />
(BfR) im Jahr 2007 für Cadmium in Schokolade vorgeschlagenen<br />
Höchstgehalt von 0,30 mg / kg. Von<br />
61 untersuchten Schokoladen wies nur eine Probe einen<br />
höheren Cadmiumgehalt auf.<br />
Ein Bio-Kakaopulver mit der Herkunftsangabe Südamerika<br />
wies mit 0,95 mg / kg einen sehr hohen Cadmiumgehalt<br />
auf. Beide Hersteller wurden über die Bef<strong>und</strong>e<br />
informiert.<br />
Hanftee:<br />
Lebensmittel oder Rauschdroge?<br />
In einer Kräuterteemischung aus Österreich, die<br />
Hanfblätter als Hauptbestandteil enthielt, wurde ein<br />
Tetrahydrocannabinol -Gehalt von 80 mg / kg in der<br />
Teemischung festgestellt. Daraus ergibt sich, bei bestimmungsgemäßer<br />
Zubereitung, eine Tetrahydrocannabinol<br />
-Konzentration von ca. 40 µg / kg im Teegetränk.<br />
Dieser Wert liegt weit über dem Beurteilungswert des<br />
BgVV (heute BfR) von max. 5 µg / kg in Getränken.<br />
Süß schmeckende Kräuter- <strong>und</strong> Früchtetees werden<br />
im Kapitel III Neuartige Lebensmittel beschrieben. Zu<br />
Furangehalten in Kaffee siehe Kapitel IV Furan.<br />
Ulla Blum-Rieck, CVUA Stuttgart<br />
Hülsenfrüchte,<br />
Ölsamen, Nüsse<br />
<strong>und</strong> Nusserzeugnisse<br />
Bittere Aprikosenkerne –<br />
Gefahr durch Blausäurefreisetzung<br />
Bittere Aprikosenkerne stellen nach wie vor einen Problembereich<br />
dar. Durch die Vertriebswege über das Internet<br />
entziehen sich viele Händler der Lebensmittelüberwachung.<br />
Das trifft insbesondere auf solche Händler zu,<br />
die über Internet-Verkaufsplattformen ihre Waren anbieten<br />
oder versteigern. Mit blumigen Werbeaussagen <strong>und</strong><br />
Verweis auf entsprechende Veröffentlichungen wird eine<br />
vorbeugende <strong>und</strong> heilende Wirkung bei Krebs-Erkrankungen<br />
angepriesen. Während bittere Aprikosenkerne vor der<br />
Herstellung von Persipan entbittert werden <strong>und</strong> damit<br />
keine ges<strong>und</strong>heitliche Gefährdung darstellen, wurden<br />
in bitteren Aprikosen selbst zum großen Teil erhebliche<br />
Mengen freisetzbarer Blausäure bestimmt. Dies stellt<br />
angesichts der üblichen Verpackungsgrößen von 500 g<br />
bis über 1000 g <strong>und</strong> der Verwechselbarkeit mit Mandeln<br />
ein erhebliches Ges<strong>und</strong>heitsrisiko dar, da bereits wenige<br />
Kerne reichen, um eine toxische, für Kinder sogar tödliche<br />
Dosis zu erreichen.<br />
Auch im Jahr <strong>2008</strong> wurden die bitteren Aprikosenkerne<br />
in die Untersuchungen mit aufgenommen. Ziel der Beanstandungen<br />
war es, durch aussagekräftige <strong>und</strong> auffällige<br />
Warnhinweise <strong>und</strong> Verminderung der Packungsgrößen<br />
die ges<strong>und</strong>heitliche Gefährdung zu minimieren. Anzustreben<br />
ist eine Regelung entsprechend den bitteren<br />
Mandeln, bei denen eine Vereinbarung über maximale<br />
Packungsgrößen <strong>und</strong> entsprechende Warnhinweise besteht.<br />
Zusätzlich müssen die unhaltbaren <strong>und</strong> wissenschaftlich<br />
nicht gesicherten Werbeaussagen unterb<strong>und</strong>en<br />
werden.<br />
Untersuchung von Nüssen aus<br />
Marktständen<br />
Wie bereits im letzten Jahr berichtet, fand ein Lebensmittelkontrolleur<br />
an einem Marktstand einen Sack mit<br />
rohen Erdnüssen von auffälliger äußerer Beschaffenheit.<br />
Er entnahm eine Probe der verdächtigen Ware <strong>und</strong> bat<br />
das zuständige Untersuchungsamt um Begutachtung<br />
<strong>und</strong> Untersuchung. Schnell stellte sich heraus, dass die<br />
Qualität keinesfalls den Ansprüchen an ein verkehrsfähiges<br />
Lebensmittel entsprach. Neben zahlreichen Maden<br />
sowie deren Gespinsten <strong>und</strong> Ausscheidungen wiesen<br />
die Analytiker einen Gehalt an Aflatoxinen nach, der den<br />
geltenden Höchstwert um r<strong>und</strong> das 200fache überstieg.<br />
62
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse <strong>und</strong> Nusserzeugnisse<br />
Bei der nachfolgenden verstärkten Untersuchung von geschälten<br />
Erdnüssen, überwiegend auf Marktständen zur<br />
Herstellung gebrannter Erdnüsse bestimmt, wurden 18 %<br />
Höchstmengenüberschreitungen bei Aflatoxinen festgestellt<br />
(siehe <strong>Jahresbericht</strong> 2007).<br />
Daraufhin wurde im Jahr <strong>2008</strong> eine landesweite Schwerpunktaktion<br />
durchgeführt. Hierbei zeigte sich, dass sich die<br />
Vertriebswege im Wandergewerbe größtenteils gravierend<br />
von denen des niedergelassenen Handels unterscheiden.<br />
Während die verschiedenen Einzelhandelsketten von wenigen<br />
Importeuren bzw. Großhändlern beliefert werden, sind<br />
im Wandergewerbe die unterschiedlichsten Händler <strong>und</strong><br />
Zwischenhändler tätig. Die Situation bewegt sich zwischen<br />
Direktbezug aus dem Herkunftsland <strong>und</strong> vielfältigen, mehr<br />
oder weniger nachvollziehbaren Zwischenhandelsstufen,<br />
wobei selbst im Wandergewerbe tätige Süßwarenhändler<br />
häufig auch als Zwischenhändler für ihre Kollegen fungieren.<br />
Je kleiner der Abnehmerbetrieb, desto mehr Stationen<br />
hat die Rohware bereits hinter sich. Nur vereinzelt verwenden<br />
die selbständigen Süßwarenhändler übliche Handelsware.<br />
Insgesamt – vor allem in der Vorweihnachtszeit – gingen<br />
77 Proben zur Untersuchung ein, die Verteilung ergibt sich<br />
aus der unten stehenden Tabelle. Während der überwiegende<br />
Teil der Erdnüsse <strong>und</strong> Mandeln sowohl sensorisch als<br />
auch hinsichtlich der Belastung mit Aflatoxinen unauffällig<br />
war, ließ die Qualität etlicher Proben zu wünschen übrig.<br />
Je nach Verschmutzungsgrad, Intensität des Insektenfraßes<br />
oder der geschmacklichen Abweichungen waren die<br />
Nüsse als in ihrem Genusswert erheblich gemindert zu beurteilen<br />
oder als nicht sichere <strong>und</strong> damit nicht verkehrsfähige<br />
Lebensmittel. Letzteres gilt z. B. auch für die Sonnenblumenkerne<br />
mit Schraubenbeilage.<br />
Während der K<strong>und</strong>e beim Kauf roher Nüsse durchaus die<br />
Möglichkeit hat, unansehnliche, angefressene oder gar verschimmelte<br />
Exemplare auszusondern, hat er diese Chance<br />
beim Erwerb bereits gebrannter Ware nicht. Üblicherweise<br />
werden die süßen Naschereien als Ganzes verzehrt, Fraßlöcher<br />
fallen nicht auf; Gespinste, Insekten <strong>und</strong> deren Kot<br />
bilden eine Einheit mit der Zuckerkruste.<br />
Problematisch war in etlichen Fällen die Verantwortlichkeit.<br />
Offensichtlich versuchen die Großhändler für das<br />
Wandergewerbe immer wieder, die Sorgfaltspflicht auf<br />
die Abnehmer abzuschieben. Sie fungieren ausschließlich<br />
als Warenvermittler, Lieferung <strong>und</strong> Bezahlung wird jedoch<br />
direkt zwischen dem außerhalb Deutschlands ansässigen<br />
Hersteller <strong>und</strong> dem hiesigen Endabnehmer abgewickelt.<br />
Den Standbetreibern ist in aller Regel nicht bewusst, dass<br />
sie mit einem etwas günstigeren Einkaufspreis Verpflichtungen<br />
eines Importeurs auf sich nehmen.<br />
Sojawurst mit Metallteil<br />
In einer Beschwerdeprobe „Sojawurst Art Schinkenwurst“<br />
wurde ein Metallteil festgestellt. Der Beschwerdeführer<br />
gab an, beim Aufschneiden der Wurst auf ein Metallteil gestoßen<br />
zu sein. Bei der Sojawurst handelte es sich um eine<br />
rosa-beigefarbene, feine, schnittfeste Masse, in der lose<br />
eingebettet ein nicht magnetisches Metallstück auffindbar<br />
war. Bei diesem Metallstück handelte es sich offenbar um<br />
einen Clip für Wursthüllen.<br />
Der Fremdkörper war aufgr<strong>und</strong> seiner Beschaffenheit (hart,<br />
scharfkantig, Maße ca. 0,4 x 0,8 x 0,6 cm) dazu geeignet,<br />
die Ges<strong>und</strong>heit zu schädigen.<br />
Dr. Helmut Reusch, CVUA Karlsruhe<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Verteilung der Proben<br />
*mit Fremdkörper<br />
Gesamtanzahl einwandfrei wertgemindert nicht zum Überschreitung<br />
Verzehr geeignet der Höchstgehalte<br />
an Aflatoxinen<br />
Erdnüsse roh 25 18 (72 %) 0 3 4<br />
Erdnüsse gebrannt 4 3 (75 %) 1 0 0<br />
Mandeln roh 25 21 (84 %) 1 3 0<br />
Mandeln gebrannt 8 7 (88 %) 1 0 1<br />
Sonnenblumenkerne 7 6 (86 %) 0 1* 0<br />
Kürbiskerne 1 1 (100 %) 0 0 0<br />
Haselnüsse 5 5 (100 %) 0 0 0<br />
Haselnüsse gebrannt 1 1 (100 %) 0 0 0<br />
Walnüsse gebrannt 1 1 (100 %) 0 0 0<br />
Summe 77 63 (82 %) 3 7 5<br />
63
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Fertiggerichte<br />
Nanu, was haben wir denn da?<br />
Sachverständige durch deutliche Fettzersetzungserscheinungen<br />
auf (ranziger, muffiger Geruch <strong>und</strong> Geschmack).<br />
Analytisch wurde der sensorische Bef<strong>und</strong> durch die Peroxidzahl<br />
abgesichert, die bei beiden Proben erhöht war.<br />
Die Peroxidzahl ist ein Analysenparameter, der einen Fettverderb<br />
nachweisen kann. Sie dient als Maß für oxidative<br />
Fettveränderungen. Aufgr<strong>und</strong> der Fettzersetzung wurden<br />
beide Proben als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet<br />
beurteilt.<br />
Eine Beschwerdeprobe „Brötchen für Chickenburger“<br />
wies bei der Untersuchung deutliche Schimmelspuren<br />
auf. An der Unterseite des angebissenen Brötchens befand<br />
sich eine daumennagelgroße, grau-grüne Schimmelkolonie.<br />
Bei den Vergleichsproben wurden an zwei<br />
von 10 Brötchen auf beiden Brötchenhälften grau-grüne,<br />
Ekelerregend war eine Beschwerdeprobe Pizzatasche, in<br />
der ein Heftpflaster eingebacken war. Ein Beschwerdeführer<br />
stellte in einer Probe Maultaschen einen Fremdkörper<br />
fest, bei dem es sich um ein arterielles Blutgefäß handelte.<br />
Eine Beschwerdeprobe „belegtes Brötchen“ bestand aus<br />
einem u. a. mit einem Salatblatt belegten Brötchen. Auf<br />
dem Salatblatt hafteten Körner einer blauen Substanz, die<br />
als Schneckenkorn identifiziert wurde. Das belegte Brötchen<br />
wurde als kontaminiert <strong>und</strong> damit zum Verzehr durch<br />
den Menschen ungeeignet beurteilt.<br />
In einer Lasagne wurde von einem Verbraucher in einer<br />
Kantine ein Glassplitter gef<strong>und</strong>en. Ein scharfkantiger Glassplitter<br />
ist als ges<strong>und</strong>heitsschädlich zu beurteilen. Die am<br />
CVUA untersuchten 6 kg (24 Portionen) der Vergleichsprobe,<br />
einem Rückstellmuster des Herstellers, enthielten keine<br />
Glassplitter. Die Schichten des Nudelgerichtes wurden<br />
voneinander getrennt <strong>und</strong> einzeln geprüft. Die Vergleichsprobe<br />
blieb dabei unbeanstandet.<br />
Frisch tiefgefroren, aber nicht frisch<br />
hergestellt<br />
Eine Verdachtsprobe Dinkelmaultaschen wurde vom Einzelhändler<br />
tiefgekühlt angeboten, obwohl das Produkt vom<br />
Hersteller als frisches Lebensmittel ausgelobt <strong>und</strong> in den<br />
Verkehr gebracht wird. Durch das Einfrieren wurden die<br />
Herstellerangaben auf der Fertigpackung in Bezug auf die<br />
Eigenschaft „frisch“ <strong>und</strong> die Haltbarkeit des Erzeugnisses<br />
zur Täuschung geeignete Angaben.<br />
Ranzig, schimmelig, verdorben<br />
Zwei als Verdachtsproben erhobene „Flädle“ <strong>und</strong> „Backerbsen“<br />
fielen bei der sensorischen Untersuchung durch drei<br />
faserige Schimmelrasen festgestellt. Alle Brötchen waren<br />
gemäß den Angaben auf den Verpackungskisten in dem<br />
Betrieb nach dem Auftauen wieder in den Gefrierraum<br />
gebracht <strong>und</strong> dort weiter gelagert worden. Eine solche<br />
Behandlung begünstigt die Bildung von Schimmel. Die<br />
Proben wurden als kontaminiert <strong>und</strong> damit als für den<br />
Verzehr durch den Menschen ungeeignet beurteilt. Ihre<br />
hygienische Beschaffenheit war eindeutig beeinträchtigt.<br />
Wiederholt fielen bei der sensorischen Untersuchung gefüllte<br />
Champignonköpfe auf, die vor Ablauf der Haltbarkeitsdauer<br />
einen hefigen Geruch <strong>und</strong> Geschmack zeigten<br />
<strong>und</strong> verdorben waren.<br />
Schwerpunktaktionen Schulküchen <strong>und</strong><br />
Pizza-Service<br />
Im Rahmen von Projekten des Landratsamtes Karlsruhe<br />
wurden Gerichte aus Schulküchen <strong>und</strong> Speisen von<br />
Pizza-Heimservice-Betrieben untersucht.<br />
64
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung<br />
Bei der Schulverpflegung wurden vom Landratsamt teilweise<br />
zu niedrige Ausgabetemperaturen der warmen Speisen festgestellt,<br />
hingegen waren Salate bei Temperaturen um 25 °C<br />
eindeutig zu warm aufbewahrt worden. In mehreren Fällen<br />
waren bei den warmzuhaltenden Produkten Gehalte an Bacillus<br />
cereus-Keimen nachweisbar, die jedoch jeweils unterhalb<br />
der für die Toxinbildung notwendigen Menge lagen.<br />
Bei den Pizza-Imbiss- <strong>und</strong> -Bringdiensten waren wiederholt<br />
Beanstandungen wegen irreführender Angaben bei<br />
den fleischhaltigen Belägen <strong>und</strong> bei den Käseerzeugnissen<br />
auszusprechen. Wohlklingende Bezeichnungen wie<br />
„Schinken“ auf den Speisekarten erwiesen sich im besten<br />
Fall als Formfleischvorderschinken, meist verbarg sich dahinter<br />
ein brühwurstähnliches Erzeugnis, das mit Schinken<br />
außer der Rosafärbung keine Gemeinsamkeiten aufwies.<br />
Salate mit der ausgelobten Zutat „Feta“ oder „Schafskäse“<br />
enthielten Käse nur aus Kuhmilch.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Frieder Gr<strong>und</strong>höfer, CVUA Freiburg<br />
Diätische Lebensmittel, Säuglingsnahrung<br />
◆<br />
Auswüchse bei der internationalen Vermarktung von bilanzierten Diäten<br />
Bilanzierte Diäten werden besonders in Krankenhäusern<br />
bei Patienten eingesetzt, die nicht selbstständig<br />
schlucken können <strong>und</strong> auf eine Ernährung<br />
mittels einer Magensonde angewiesen sind. In<br />
Form von Trinknahrung in Portionspäckchen werden<br />
vollbilanzierte Diätprodukte aber auch in Privathaushalten<br />
bei schwerer Unterernährung oder<br />
krankheitsbedingt erhöhtem Nährstoffbedarf, z. B.<br />
bei Tumorerkrankungen oder nach Operationen angewendet.<br />
Die Beschaffung dieser Produkte erfolgt<br />
dann meist über Apotheken.<br />
Oftmals werden bei kleineren Packungen wesentliche<br />
Angaben in Form eines kompakten Blockes im<br />
Fließtext in sechs <strong>und</strong> mehr Sprachen hintereinander<br />
ohne Zwischenräume oder Absätze aufgelistet.<br />
Wenn dies dann noch in geringer Schriftgröße mit<br />
schmalen Buchstabentypen <strong>und</strong> in farblich schwach<br />
kontrastierender Form gemacht wird, kann von der<br />
rechtlich geforderten leichten Lesbarkeit nicht mehr<br />
die Rede sein. Der Verbraucher ist dann nur noch<br />
mittels einer Lupe in der Lage, die Angaben zu entziffern.<br />
Wenn dadurch Warnhinweise oder Gegenanzeigen<br />
übersehen werden, kann die Ges<strong>und</strong>heit<br />
der Patienten gefährdet werden.<br />
Für die Auswahl des geeigneten Diätproduktes ist<br />
wesentlich, dass die Kennzeichnung der Packungen<br />
besonders hinsichtlich des Anwendungsbereiches<br />
<strong>und</strong> der Nährstoffe vollständig, gut sichtbar <strong>und</strong><br />
leicht lesbar ist. Im Zuge der Globalisierung werden<br />
Lebensmittel EU-weit – wenn nicht weltweit –<br />
vermarktet. Um den Aufwand für kostenintensive<br />
Packungsmaterialien möglichst gering zu halten,<br />
tragen zahlreiche Produkte daher die für die jeweiligen<br />
Empfängerländer vorgeschriebenen Kennzeichnungselemente<br />
in mehreren Sprachen.<br />
65
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Melamin-Story Teil 3:<br />
Säuglingsnahrung –<br />
einwandfreie Ware in Deutschland<br />
Warnmeldungen der EU-Kommission <strong>und</strong> der allgemeinen<br />
Presseorgane schreckten Mitte September <strong>2008</strong><br />
die Öffentlichkeit auf. In China gab es zahlreiche Erkrankungs-<br />
<strong>und</strong> Todesfälle bei Säuglingen auf-gr<strong>und</strong><br />
von Verunreinigungen von Anfangs- <strong>und</strong> Folgenahrungen<br />
mit Melamin.<br />
In Baden-Württemberg wurden über 50 Proben aus dem<br />
Bereich der Säuglings- <strong>und</strong> Kleinkindernahrungen auf Melamin<br />
<strong>und</strong> Nebenprodukte hin untersucht. In keiner dieser<br />
Proben war ein Melaminzusatz nachweisbar. Bislang ist<br />
auch in ganz Deutschland <strong>und</strong> Mitteleuropa keine Melaminmanipulation<br />
im Bereich der Säuglingsnahrung festgestellt<br />
worden.<br />
Siehe hierzu: www.ua-bw.de > Im Brennpunkt –<br />
Melamin > Meldung vom 25.09.<strong>2008</strong> „Industriechemikalie<br />
Melamin in Deutschland: weiterhin Entwarnung“.<br />
… Fortsetzung folgt unter Kapitel III Zusatzstoffe<br />
Säuglingsmilchnahrung auf<br />
Sojaproteinbasis –<br />
nur für eingeschränkte medizinische<br />
Indikationen empfohlen<br />
Laut Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft<br />
für Kinder- <strong>und</strong> Jugendmedizin (DGKJ) <strong>und</strong> der Ernährungskommission<br />
der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie<br />
sollten Säuglingsnahrungen auf der Basis von Soja-<br />
Proteinisolaten nur mit begründeten Indikationen eingesetzt<br />
werden, da Nachteile wegen ihrer Gehalte an Phytat, Aluminium<br />
<strong>und</strong> Phytoöstrogenen nicht auszuschließen sind.<br />
Das B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung (BfR) schließt sich<br />
der Empfehlung der DGKJ an, wobei als mögliche medizinische<br />
Indikationen nur die seltene angeborene Lactose-<br />
Intoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) <strong>und</strong> die klassische<br />
Galactosämie (erbliche Stoffwechselerkrankung) angesehen<br />
werden. Auch sollte Sojanahrung nicht zur Therapie von<br />
Lebensmittelallergien in den ersten sechs Lebensmonaten<br />
eingesetzt werden.<br />
◆<br />
Derzeit sind zwei Melamin-Eintragswege bekannt, so im<br />
Spurenbereich (deutlich unter 2,5 mg / kg) Übergang vom<br />
Kunststoff (Melaminharz)-Bedarfsgegenstand in das betreffende<br />
Lebensmittel <strong>und</strong> zum anderen der absichtliche<br />
Melaminzusatz (hoher Stickstoffanteil) zur Vortäuschung<br />
eines deutlich höheren Gesamteiweißgehaltes. So enthielten<br />
manche verfälschte chinesische Säuglingsnahrungen<br />
Melaminzusätze in Grammmengen (bezogen auf ein Kilogramm<br />
Gesamtprodukt), z. B. 2,5 g / kg. Bei der Anwendung<br />
von einfachen Analysenverfahren zur Ermittlung des<br />
Gesamtstickstoffgehaltes täuscht der Melaminstickstoff<br />
höhere Eiweißgehalte vor. Solche klassischen kostengünstigen<br />
Analysenverfahren kommen oftmals in der Lebensmittelwirtschaft<br />
zur Ermittlung der Zwischenhandelspreise<br />
zur Anwendung.<br />
Ges<strong>und</strong>heitlich problematisch ist insbesondere die alleinige<br />
Verfütterung von Säuglingsanfangsnahrung in den<br />
ersten Monaten. Hier werden dann recht hohe Melamindosen<br />
zugeführt. Bei Säuglingen <strong>und</strong> Kleinkindern in<br />
China führte der Verzehr von Milchprodukten mit hohen<br />
Melamin-Konzentrationen über einen längeren Zeitraum zu<br />
schweren ges<strong>und</strong>heitlichen Beeinträchtigungen besonders<br />
der Nieren (Nierensteine <strong>und</strong> im Extremfall Nierenversagen).<br />
Tausende von Erkrankungen <strong>und</strong> mehrere Todesfälle<br />
im Säuglingsalter sind das Zeugnis dieser auf breiter Ebene<br />
begangenen Verfälschungsstraftaten. Berichtet wurde<br />
auch von mehr als 2.000 Tonnen beschlagnahmter Säuglingsnahrung<br />
(in Trockenform) allein im September <strong>2008</strong><br />
wie auch von mehr als 8.000 Tonnen zurückgerufener<br />
Ware. Diese enormen Mengen verdeutlichen das Ausmaß<br />
der verbrecherischen Melamin-Manipulationen.<br />
Es gibt in diesem Bereich nur sehr wenige Hersteller. Bei<br />
3 verschiedenen Produkten Säuglingsmilchnahrungen auf<br />
Basis von Sojaprotein wurden die von den Herstellern angegeben<br />
Indikationen überprüft. Das Ergebnis zeigt, dass<br />
entgegen der o.g. restriktiven Empfehlungen ein weitaus<br />
größerer Verbraucherkreis durch die Packungsangaben<br />
angesprochen wird. Als weitere Indikationen werden auf<br />
den Verpackungen „Kuhmilchallergie <strong>und</strong> Kuhmilch-Unverträglichkeit“,<br />
„Zöliakie <strong>und</strong> Sprue“ oder „Fructose-Intoleranz“,<br />
meist zur Verwendung „von Geburt an“ genannt. Bei<br />
2 Proben wurden die Hersteller daher zur Stellungnahme<br />
aufgefordert. Teilweise sagten diese zu, den Hinweis „nur<br />
unter medizinischer Kontrolle verwenden“ deutlicher auf<br />
der Verpackung hervorzuheben oder darauf hinzuweisen,<br />
dass bei Säuglingen unter sechs Monaten mit nachgewiesener<br />
Kuhmilchallergie Sojanahrung nicht geeignet ist.<br />
Weitere Informationen zu diesem Thema sind zu<br />
finden unter:<br />
www.dge.de > DGEInfo > Ausgabe 4/<strong>2008</strong>.<br />
Zudem war bei einer Sojamilchnahrung, die als „milchfrei,<br />
bei Kuhmilchallergie“ angeboten wurde, Milcheiweiß nachweisbar.<br />
In diesem Fall wurden die Angaben als irreführend<br />
beurteilt.<br />
Sibylle Maixner, CVUA Karlsruhe<br />
66
Nahrungsergänzungsmittel<br />
Nahrungsergänzungsmittel<br />
Von 377 Proben waren 212 zu beanstanden (56 %). Seit vielen Jahren fallen Nahrungsergänzungsmittel<br />
regelmäßig dadurch auf, dass besonders häufig irreführende Werbung für sie gemacht wird. Eine Besserung<br />
der Situation ist jedoch trotz der vielen Beanstandungen nicht zu beobachten. Bei immerhin 36 %<br />
aller Proben wurden irreführende Angaben beanstandet, oft kombiniert mit Kennzeichnungsmängeln<br />
(44 % aller Proben) <strong>und</strong> verbotenen Aussagen über die Vorbeugung, Heilung oder Linderung von Krankheiten<br />
(7 % aller Proben).<br />
Die unzulässige Verwendung nicht zugelassener Zutaten war nur noch bei 5,6 % der Proben festzustellen.<br />
Dieser Rückgang der Beanstandungen kam jedoch nicht durch Rezepturänderungen zustande. Vielmehr<br />
zeigt eine geänderte Rechtsauslegung durch hohe Gerichte (siehe auch <strong>Jahresbericht</strong> 2007) hier<br />
Auswirkungen auf die Beurteilungspraxis der Untersuchungsämter.<br />
Nicht erfasst in der o. g. Gesamtzahl von 377 Proben sind die als angebliche „Nahrungsergänzungsmittel“<br />
bezeichneten Proben, bei denen es sich aufgr<strong>und</strong> der Zusammensetzung oder Aufmachung nicht um<br />
Lebensmittel, sondern um Arzneimittel handelte. Ihre Überprüfung <strong>und</strong> Beurteilung erfolgte durch die<br />
Arzneimittelprüfstelle des CVUA Karlsruhe (siehe auch dortiger <strong>Jahresbericht</strong>).<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsschädliche<br />
Nahrungsergänzungsmittel<br />
Verkaufsveranstaltungen –<br />
immer noch problematisch<br />
Drei Verdachtsproben ayurvedischer Nahrungsergänzungsmittel<br />
auf Pflanzenbasis enthielten sehr hohe Mengen<br />
Quecksilber (83, 34 bzw. 20 mg / kg). Es ist bekannt, dass<br />
bei der Herstellung bestimmter ayurvedischer Präparate<br />
Schwermetalle – insbesondere Quecksilberverbindungen<br />
– zur Erzielung therapeutischer Wirkungen mitverarbeitet<br />
werden.<br />
Von der WHO wurde für Quecksilber vorläufig eine duldbare<br />
wöchentliche Aufnahmemenge festgelegt. Dieser<br />
PTWI-Referenzwert (PTWI = Provisional Tolerable Weekly<br />
Intake) entspricht 5 µg / kg, bezogen auf ein Körpergewicht<br />
von 60 kg. Aufgr<strong>und</strong> der Überschreitung des<br />
PTWI-Wertes wurden die beiden am höchsten belasteten<br />
Proben als ges<strong>und</strong>heitsschädlich beurteilt, die dritte Probe<br />
wurde als für den menschlichen Verzehr ungeeignet<br />
eingestuft.<br />
Auch 2 in einem „Wellness-Studio“ beschlagnahmte Nahrungsergänzungsmittel<br />
wurden wegen der hohen Zufuhr<br />
von Selen bzw. Zink als ges<strong>und</strong>heitsschädlich beanstandet:<br />
n 200 µg Selen sollten mit einem der Produkte pro Tag<br />
zugeführt werden. In der Europäischen Union wird zwar<br />
seit längerem über eine tolerierbare Tageshöchstdosis<br />
von 300 µg Selen diskutiert, jedoch weisen aktuelle Studienergebnisse<br />
darauf hin, dass Verbraucher bereits bei<br />
einer Dosierung von 200 µg/Tag einem höheren Risiko<br />
ausgesetzt sind, an Diabetes zu erkranken. Die aktuell<br />
empfohlene Tagesdosis der EU für die Gesamtaufnahme<br />
an Selen mit allen Lebensmitteln liegt bei nur 55 µg/Tag!<br />
n 100 mg Zink/Tag wurden mit einer weiteren Probe<br />
zugeführt. Diese Menge liegt über dem toxikologisch vertretbaren<br />
Wert für dieses Spurenelement. Zum Vergleich:<br />
Die aktuell empfohlene Tagesdosis der EU liegt bei nur 10<br />
mg Zink/Tag (Gesamtaufnahme mit allen Lebensmitteln)!<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden Proben von 7 Verkaufsveranstaltungen<br />
bzw. Kaffeefahrten vorgelegt. In 2 Fällen gab es<br />
konkrete Informationen zu vom Veranstalter mündlich getätigten<br />
Werbeaussagen (in Form einer DVD, eines Flipchartblockes<br />
<strong>und</strong>/oder von Zeugenaussagen). Die übertriebenen,<br />
wissenschaftlich nicht haltbaren oder unzulässigen<br />
(weil krankheitsbezogenen) Wirkaussagen wurden als irreführend<br />
beanstandet. Auf die Packungen werden solche<br />
Werbeaussagen im Gegensatz zu früher i.d.R. nicht mehr<br />
aufgedruckt. Anscheinend haben die Vertreiber aus den<br />
vielen Beanstandungen gelernt, dass dies zu riskant ist.<br />
Die unlautere Werbung erfolgt meistens nur noch in Form<br />
von Vorführungen <strong>und</strong> Vorträgen bei den Verkaufsveranstaltungen.<br />
Oft erfahren die Sachverständigen der CVUAs<br />
nicht, wie die Produkte mündlich angepriesen wurden <strong>und</strong><br />
können das nicht in ihren Gutachten berücksichtigen.<br />
Bei 2 anderen Proben handelte es sich um so genannte<br />
„Mogelpackungen“, die bei Verkaufsveranstaltungen<br />
immer noch üblich sind. Durch versteckte, nicht befüllte<br />
Hohlräume oder unnötig große Mengen von Polstermaterial<br />
wird dem K<strong>und</strong>en eine größere Füllmenge vorgetäuscht.<br />
Z. B. waren bei den vorgelegten Proben nur 6 % des Packungsvolumens<br />
tatsächlich mit Trinkfläschchen gefüllt, der<br />
Rest bestand aus Styropor <strong>und</strong> Luft. Solche „Mogelpackungen“<br />
werden von uns seit Jahren beanstandet, dennoch<br />
ver-schwinden sie nicht vom Markt, weil die Überwachung<br />
dieser Art des Vertriebs ausgesprochen schwierig ist.<br />
Anscheinend soll bei vielen Verkaufsveranstaltungen der<br />
extrem hohe Preis mancher Nahrungsergänzungsmittel<br />
durch besonders großvolumige Packungen <strong>und</strong> nicht haltbare<br />
Wirkungsversprechen gerechtfertigt werden. Trotz<br />
vielfältiger öffentlicher Warnungen, auch wegen der extremen<br />
Überteuerung der angebotenen Produkte, ist die<br />
67
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Frequentierung solcher Veranstaltungen offensichtlich<br />
ungebrochen. Bei üblichen Preisen von 700–1.000 Euro<br />
pro Packung Nahrungsergänzungsmittel erweist sich die<br />
scheinbar „kostenlose“ Kaffeefahrt ins Blaue für viele Käufer<br />
aber im Nachhinein als teurer Spaß.<br />
Omega-3-Fettsäuren (z. B. Lachsöl)<br />
Von 32 Proben mit Omega-3-Fettsäuren (überwiegend<br />
marinen Ursprungs) wurden 21 beanstandet. Zwar ist bei<br />
„Lachsölkapseln“ als Ergebnis der Beanstandungen aus<br />
den Vorjahren zu verzeichnen, dass zunehmend auf die<br />
Mitverwendung von anderen Fischölen hingewiesen wird,<br />
jedoch wird unverändert häufig mit nicht berechtigten Angaben<br />
wie „für die cholesterinbewusste Ernährung“ geworben.<br />
Nach dem Stand der wissenschaftlichen Literatur<br />
beeinflussen die langkettigen Omega-3-Fettsäuren DHA<br />
<strong>und</strong> EPA aus Fischöl den Cholesterinspiegel nicht positiv,<br />
senken aber die Triglyzeridkonzentration im Blut. Sie haben<br />
somit andere Wirkungen als Alpha-Linolensäure (ALA),<br />
eine Omega-3-Fettsäure, die in einigen pflanzlichen Fetten<br />
<strong>und</strong> Ölen in hohen Mengen vorkommt.<br />
Hildegard Bauer-Aymanns, CVUA Karlsruhe<br />
Nährwert- <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsbezogene Angaben<br />
„Funktionelle Lebensmittel” (Functional Food) ist ein Mode-Wort in der Lebensmittelwelt geworden. Es<br />
wird prognostiziert, dass deren Marktanteil in den kommenden Jahren deutlich zunehmen wird. Der Begriff<br />
„Funktionelle Lebensmittel“ ist rechtlich nicht definiert. Diese Lebensmittel sollen einen zusätzlichen<br />
nützlichen physiologischen <strong>und</strong> psychologischen Effekt haben, der über die reine Versorgung mit Gr<strong>und</strong>nährstoffen<br />
hinausgeht. Daher werden für sie besonders häufig nährwertbezogene Angaben <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />
Aussagen (auch als „health claims“ bezeichnet) gemacht.<br />
Die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 zu nährwert- <strong>und</strong><br />
ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Angaben über Lebensmittel regelt<br />
Anforderungen an (freiwillige) Werbeaussagen, die<br />
sich auf besondere nährwert- oder ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />
Eigenschaften einer Lebensmittelkategorie, eines Lebensmittels<br />
oder einzelner Inhaltsstoffe beziehen. Derartige Anforderungen<br />
umfassen u. a. Mindest- oder Höchstmengen<br />
an Nährstoffen (z. B. für Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe<br />
oder Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker), Anforderungen<br />
an die Gesamtzusammensetzung des Lebensmittels<br />
(Nährwertprofile), die Erfordernis der Zulassung oder<br />
zusätzliche Kennzeichnungselemente (z. B. Hinweis auf<br />
eine ges<strong>und</strong>e, abwechslungsreiche Ernährung).<br />
Die stufenweise Umsetzung der Verordnung mit spezifischen<br />
Übergangsvorschriften für jeden Umsetzungsschritt<br />
bereitet in der Praxis für die Lebensmittelwirtschaft <strong>und</strong><br />
die Überwachung erhebliche Schwierigkeiten. Auch die<br />
Zusammenstellung der „europäischen Liste“ mit zugelassenen<br />
ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Werbeaussagen stellt<br />
alle Beteiligten nicht nur wegen ihres enormen Umfangs<br />
(über 4.000 eingereichte Werbeaussagen), sondern auch<br />
aufgr<strong>und</strong> ihres „unklaren“ rechtlichen Status bis zur Veröffentlichung<br />
durch die Kommission vor Probleme.<br />
Die zahlreichen Umsetzungsprobleme <strong>und</strong> Fragestellungen<br />
zur Interpretation in der Praxis lassen deutlich werden, dass<br />
eine „Verordnung in Raten“ nicht die gewünschte Rechtssicherheit<br />
schafft. Ohne eine klare vorherige Konzeption zur<br />
Ausgestaltung der Verordnung (z. B. festgelegte Nährwertprofile,<br />
Kriterien für die Aufnahme in die Liste zugelassener<br />
Werbeaussagen) herrscht derzeit insgesamt mehr Unsicherheit<br />
als Klarheit.<br />
Was hat sich im Jahr <strong>2008</strong><br />
auf dem Markt getan ?<br />
Auffallend ist, dass viele Hersteller, insbesondere Großunternehmen,<br />
für die meisten Produkte ihrer Palette eine<br />
gr<strong>und</strong>legende inhaltliche <strong>und</strong> grafische Neugestaltung der<br />
Etiketten <strong>und</strong> sonstigen Kennzeichnung auf den Packungen<br />
vorgenommen haben. Insgesamt ist das Bemühen seitens<br />
68
Nährwert- <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsbezogene angaben<br />
der Hersteller erkennbar, die Pflicht- <strong>und</strong> freiwilligen Angaben<br />
für die Verbraucher optisch klarer zu strukturieren <strong>und</strong><br />
sprachlich zu vereinfachen. Auch besteht die Tendenz, bisher<br />
national zulässige oder tolerierte <strong>und</strong> künftig nicht mehr<br />
zugelassene nährwertbezogene Angaben noch bis möglichst<br />
nahe zur Umsetzungsfrist zu verwenden.<br />
Mittlerweile wurden die nationalen Listen für bisherige ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />
Angaben in einer „europäischen“ Liste<br />
nach Art. 13 zusammengeführt <strong>und</strong> ein Zeitplan für die<br />
Stellungnahme zur wissenschaftlichen Absicherung dieser<br />
Werbeaussagen durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit<br />
EFSA wurde erstellt. Über den rechtlichen<br />
Stellenwert dieser „europäischen“ Liste im jetzigen<br />
Stadium (ohne Bewertung durch die EFSA) gibt es allerdings<br />
unterschiedliche Auffassungen: Manche Hersteller interpretieren<br />
die Tatsache, dass ein Wirkungszusammenhang auf<br />
der Liste steht, bereits jetzt schon als Zulassung. Tatsächlich<br />
wird die EFSA jedoch diese Wirkungszusammenhänge<br />
wissenschaftlich bewerten <strong>und</strong> die Europäische Kommission<br />
wird über die Zulassung oder Nicht-Zulassung mithilfe<br />
dieser Bewertung entscheiden.<br />
Für erheblichen Wirbel nicht nur unter Insidern, sondern<br />
auch in der Öffentlichkeit, sorgte die Veröffentlichung eines<br />
Vorschlags der Europäischen Kommission zu Nährwertprofilen:<br />
Teilweise wurde in der Tagespresse behauptet, dass<br />
die Kommission für das „deutsche Gr<strong>und</strong>nahrungsmittel<br />
Brot“ die Verwendung von Kochsalz verbiete <strong>und</strong> auch der<br />
Schwarzwälder Schinken sei aufgr<strong>und</strong> seines Kochsalzgehaltes<br />
„in Gefahr“. Das trifft so nicht zu!<br />
Tatsächlich verhält es sich so: Die Schwellenwerte für die<br />
Nährwertprofile (zu Natrium/Kochsalz, gesättigten Fettsäuren<br />
<strong>und</strong> Zuckern) stellen lediglich eines von mehreren Entscheidungskriterien<br />
dafür dar, ob ein Lebensmittel künftig<br />
nährwert- <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsbezogen beworben werden darf.<br />
Diese Schwellenwerte für den Kochsalzgehalt in Brot oder<br />
Schwarzwälder Schinken sind, abgesehen von geschmacklichen<br />
oder technologischen Aspekten, nur dann von Bedeutung,<br />
wenn besondere Nährwerteigenschaften oder<br />
ges<strong>und</strong>heitliche Vorteile werbend herausgestellt werden.<br />
Unter dem Blickwinkel einer insgesamt ges<strong>und</strong>en Ernährung<br />
ist allerdings die einseitige Fokussierung bei den Nährwertprofilen<br />
auf „ernährungsphysiologisch eher weniger<br />
wünschenswerte Nährstoffe“ nicht in jedem Fall zielführend.<br />
Gerade Vollkornbrot in Deutschland als bedeutsamer Lieferant<br />
für u. a. Ballaststoffe, Mineralstoffe, einige Vitamine <strong>und</strong><br />
sek<strong>und</strong>äre Pflanzenstoffe ist dafür ein Beispiel.<br />
Dr. Daniela Schweizer, CVUA Freiburg<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Neuartige Lebensmittel<br />
Nach mehreren Jahren Bearbeitungszeit hat die zuständige EU-Kommission im Jahr <strong>2008</strong> für sieben neuartige Produkte<br />
eine Zulassung zur Verwendung als Lebensmittel erteilt.<br />
Mehr dazu siehe unter: www.ua-bw.de, Beitrag vom 03.06.2009<br />
Erfahrungen aus der Überwachung<br />
In einem „ayurvedischen Kräuterpulver“ waren Pflanzenteile<br />
von Pogostemon heyneanus, Mesua nagassarium <strong>und</strong> Abies<br />
webbiana enthalten. Diese wurden in der Europäischen<br />
Gemeinschaft bisher nicht in nennenswertem Umfang für<br />
den menschlichen Verzehr verwendet <strong>und</strong> wurden daher als<br />
nicht zugelassene neuartige Lebensmittelzutaten beurteilt.<br />
Ein als Schlankheitsmittel angepriesenes Nahrungsergänzungsmittel<br />
wurde wegen eines Glycerin-Wasserextraktes<br />
aus den bisher ausschließlich arzneilich verwendeten Pflanzen<br />
Wiesenkönigin (Mädesüß, Filipendula ulmaris, syn. Spiraea<br />
ulmaria), Bärentraube (Arctostaphylos uvae ursi) <strong>und</strong><br />
Schachtelhalm (Equisetum arvense) als nicht verkehrsfähig<br />
beurteilt.<br />
Kräuter- <strong>und</strong> Früchtetee<br />
mit neuer Süße?<br />
In Ingwertee aus Thailand wurden geringe Mengen an<br />
Stevia rebaudiana nachgewiesen. Teile der Pflanze Stevia<br />
rebaudiana enthalten süß schmeckende Glycoside, von denen<br />
Steviosid die Hauptkomponente ist. Stevia rebaudiana<br />
wurde bisher in der Europäischen Gemeinschaft noch nicht<br />
in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr<br />
verwendet <strong>und</strong> ist daher als neuartiges Lebensmittel i. S. der<br />
Verordnung (EG) Nr. 258/97 einzustufen. Die Zulassung von<br />
Stevia als neuartige Lebensmittelzutat wurde im Jahr 2000<br />
von der Europäischen Kommission abgelehnt: Ein erneuter<br />
Antrag auf Zulassung aus dem Jahr 2007 wurde noch nicht<br />
entschieden. Die Verwendung von Stevia in Lebensmitteln ist<br />
daher derzeit nicht zulässig.<br />
Eine Probe eines langanhaltend <strong>und</strong> intensiv süß schmeckenden<br />
Früchtetees enthielt laut Zutatenverzeichnis „süße Brombeerblätter“.<br />
Bei „süßen Brombeerblättern“ handelt es sich<br />
um Blätter des Chinesischen Brombeerstrauchs (Rubus suavissimus<br />
S. Lee, auch R. chingii Hu <strong>und</strong> R. palmatus Thunb.),<br />
die zwischen 5,4 <strong>und</strong> 8,6 Prozent des süß schmeckenden<br />
Glycosids Rubusosid (β-D-Glucosylester von 13-O-β-D-<br />
Glukosylsteviol) enthalten. Dieser Stoff ist etwa 200-fach<br />
süßer als Saccharose. Seine chemische Struktur ist der von<br />
Steviosid, der Hauptsüßstoffkomponente von Stevia rebaudiana,<br />
ähnlich. Auch süße Brombeerblätter sind als neuartige<br />
Lebensmittelzutat anzusehen <strong>und</strong> bedürfen daher einer Zulassung.<br />
Die Verwendung der süßen Brombeerblätter in Kräuter-<br />
<strong>und</strong> Früchtetee ist daher ebenfalls unzulässig.<br />
69
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Auch Sportlernahrung stellt ein besonders innovatives<br />
Marktsegment dar, weil scheinbar nur, wer sich mit<br />
„neuen“ Lebensmittelzutaten ernährt, auch im Sport<br />
„die Nase vorn“ hat:<br />
n Ein bioaktives Molkenprotein, das mithilfe<br />
einer neuen <strong>und</strong> innovativen Technologie<br />
hergestellt wurde,<br />
n ein besonders patentiertes, innovatives Verfahren,<br />
mit dessen Hilfe Nährstoffe noch schneller<br />
bioverfügbar sein sollen oder<br />
n ein Pflanzenextrakt aus einer Wurzel (Cyanotis<br />
vaga root) mit „hormonell wirksamen Stoffen“<br />
wie β-Ecdysteron oder 5-Methyl-7-Methoxy-<br />
Isoflavon<br />
sind einige Beispiele.<br />
◆<br />
Sibylle Maixner, CVUA Karlsruhe<br />
Zusatzstoffe <strong>und</strong> Aromastoffe<br />
Kurz vor dem Jahreswechsel war es soweit: Die neue EU-Aromen- <strong>und</strong> die Zusatzstoffverordnung<br />
§<br />
traten nach ca. 5 Jahren Vorbereitung in den europäischen Gremien am 31.12.<strong>2008</strong> in Kraft. Diese<br />
Verordnungen sind Teil eines Gesamtpakets, das unter dem etwas unhandlichen Namen „Food Improvement<br />
Agent“ Paket (FIAP) insgesamt 4 Rechtsvorschriften für die Verwendung <strong>und</strong> Kennzeichnung<br />
von Aromen, Zusatzstoffen <strong>und</strong> Enzymen sowie das Zulassungsverfahren enthält.<br />
nächsten Jahres als Anhang der neuen EU-Aromenverordnung<br />
veröffentlich. Diese Liste enthält momentan ca. 2.750<br />
Aromastoffe<br />
Stoffe. Darin werden in Zukunft nach einem festgelegten<br />
Mit Gültigwerden der neuen Aromenverordnung zum Genehmigungsverfahren nur solche Aromastoffe aufgenommen,<br />
die von dem zuständigen EU-Expertengremium<br />
20.01.2011 ergeben sich weitreichende Änderungen.<br />
Mit diesem Termin tritt auch die bisher maßgebliche als unbedenklich eingestuft wurden.<br />
deutsche Aromenverordnung außer Kraft.<br />
Es waren einmal ... naturidentische<br />
<strong>und</strong> künstliche Aromastoffe<br />
Von diesen Kategorien können wir uns bald für immer verabschieden.<br />
Als naturidentisch wurden bisher solche Aromastoffe<br />
bezeichnet, deren Molekülstruktur mit der von natürlich<br />
vorkommenden Stoffen identisch ist, die aber durch<br />
chemische Synthese hergestellt werden. Auch künstliche<br />
Aromastoffe sind chemisch synthetisiert, haben jedoch<br />
kein Vorbild in der Natur. Bisher mussten nur die künstlichen<br />
Aromastoffe explizit zugelassen werden, weil sie den<br />
Zusatzstoffen gleichgestellt waren.<br />
Künftig müssen alle Aromastoffe zugelassen sein, damit<br />
sie in Verkehr gebracht <strong>und</strong> in Lebensmitteln verwendet<br />
werden dürfen. Sie müssen dann in einer umfangreichen<br />
Liste, der so genannte Gemeinschaftsliste oder Positivliste<br />
verzeichnet sein. Sie wird voraussichtlich im Laufe des<br />
Und die natürlichen Aromastoffe?<br />
Die natürlichen Aromastoffe bleiben uns erhalten. Nach<br />
wie vor dürfen diese nicht aus der chemischen Synthese<br />
stammen, sondern müssen mittels physikalischer, mikrobiologischer<br />
oder enzymatischer Verfahren aus geeigneten<br />
Ausgangsstoffen hergestellt worden sein. In der neuen<br />
EU-Aromenverordnung wurden die Anforderungen an<br />
physikalische Verfahren klarer wie bisher festgelegt, so<br />
dass der Interpretationsspielraum, ab wann ein Aromastoff<br />
als „natürlich“ bezeichnet werden darf, kleiner geworden<br />
ist. Wird bei natürlichen Aromen ein Bezug zu einer bestimmten<br />
Quelle hergestellt, dann müssen mindestens 95<br />
Gewichtsprozent des Aromas aus dieser Quelle stammen.<br />
Die restlichen 5 dürfen nur zur Standardisierung verwendet<br />
werden oder z. B. zur Verleihung einer frischeren, schärferen,<br />
reiferen oder grüneren Aromanote.<br />
Eine neue Variante besteht darin, natürliche Aromen nach<br />
70
Zusatzstoffe <strong>und</strong> Aromastoffe<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
◆<br />
einer bestimmten Quelle zu bezeichnen, auch wenn weniger<br />
als 95 Gewichtsprozent daraus stammen. Voraussetzung ist,<br />
dass das Ausgangsaroma noch „leicht erkennbar“ ist <strong>und</strong><br />
dass die Kennzeichnung der Vorgabe entspricht.<br />
Beispiel: „Natürliches Kakaoaroma mit anderen natürlichen<br />
Aromen“ für Kakaoextrakt, dem zur Verleihung<br />
einer Bananennote andere natürliche Aromen zugesetzt<br />
wurden.<br />
Die Bezeichnung „natürliches Aroma“ ohne nähere Angabe<br />
der Herkunft darf nur noch verwendet werden, wenn das<br />
Aroma des Ausgangsmaterials nicht leicht erkennbar ist.<br />
Wie steht es mit ges<strong>und</strong>heitlich<br />
bedenklichen Aromastoffen?<br />
Es gibt einige wenige ges<strong>und</strong>heitlich bedenkliche Aromastoffe,<br />
wie z. B. Cumarin, das in Zimt <strong>und</strong> anderen Gewürzen<br />
enthalten ist <strong>und</strong> für den typischen Geschmack<br />
von Waldmeisterbowle verantwortlich ist. Diese sind<br />
nicht in der Gemeinschaftsliste verzeichnet, weil eine<br />
Zugabe als reiner Stoff nicht zulässig ist. Sie gelangen<br />
jedoch in Lebensmittel, weil sie natürliche Bestandteile<br />
von Lebensmittelzutaten wie z. B. Kräutern <strong>und</strong> Gewürzen<br />
sind, die zur Aromatisierung verwendet werden. Die<br />
Zulassungsbeschränkungen für diese Stoffe richten sich<br />
künftig nach vollkommen anderen Prinzipien als bisher.<br />
In der neuen EU-Aromenverordnung werden nur noch<br />
für Lebensmittel, die hauptsächlich zur Belastung mit diesen<br />
Stoffen beitragen, Höchstwerte festgelegt sein. Alle<br />
anderen Lebensmittel bleiben unreglementiert, d.h. um<br />
ein Lebensmittel, für das keine Höchstmenge festgelegt<br />
wurde, beanstanden zu können, muss eine ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Gefährdung nachgewiesen werden, was gegenüber<br />
der Feststellung einer Höchstwertüberschreitung deutlich<br />
schwieriger zu bewerkstelligen sein wird.<br />
Und sonst ...?<br />
... wurden zwei neue Aromakategorien geschaffen: Die<br />
„Aromavorstufen“ (Lebensmittelzutaten, aus denen Aromen<br />
während der Verarbeitung gebildet werden) <strong>und</strong> die<br />
„Sonstigen Aromen“ (Auffangbegriff für Aromatypen, die<br />
unter keine der aufgeführten Kategorien fallen).<br />
... wurden Regelungen für die Verwendung von Aromen<br />
aus genetisch veränderten Organismen aufgestellt.<br />
... enthält die EU-Aromenverordnung Berichtspflichten für<br />
die Aromenhersteller <strong>und</strong> die Mitgliedsländer, die eine regelmäßige<br />
Berichterstattung über die Verwendung <strong>und</strong><br />
den Verzehr von Aromen in der EU sicherstellen sollen.<br />
Dr. Harald Hahn, CVUA Sigmaringen<br />
71
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Lebensmittel<br />
Zusatzstoffe<br />
Melamin-Story Teil 4: Backtriebmittel<br />
In der Vorweihnachtszeit wurde in Baden-Württemberg<br />
die Kontamination von Backtriebmitteln (ABC-Trieb) mit<br />
Melamin festgestellt.<br />
enthalten wie zulässig. Nach Abschluss der Analysen ging<br />
die o. g. RASFF-Meldung ein. Die Probe wurde daraufhin<br />
noch auf Melamin untersucht, das tatsächlich in Mengen<br />
von 470 mg / kg nachgewiesen wurde.<br />
Der Handelsweg der Ware wurde bis zu einem Chemikalienhandel<br />
in Nürnberg, der die kontaminierte Ware aus<br />
China bezogen hatte, rückverfolgt. Zur Absicherung, dass<br />
nicht größere Mengen an kontaminiertem Hirschhornsalz<br />
in Verkehr sind, erfolgte eine breit angelegte Untersuchung<br />
von insgesamt 60 Proben ABC-Trieb aus Bäckereien, Apotheken,<br />
Lebensmitteleinzelhandel <strong>und</strong> Großhandel. Hiervon<br />
zeigten 12 (z. T. gleiche Chargen, die bei unterschiedlichen<br />
Vertreibern erhoben worden waren) Gehalte zwischen<br />
200 <strong>und</strong> 780 mg / kg Melamin.<br />
w<br />
Bereits in den Jahren 2006 <strong>und</strong> 2007 wurde bekannt,<br />
dass Melamin Haustierfutter zur Verfälschung zugesetzt<br />
wurde. Da der wichtige Qualitätsparameter Eiweiß durch<br />
eine Stickstoffbestimmung analytisch ermittelt wird, kann<br />
ein Zusatz von stickstoffhaltigen Verbindungen wie Melamin<br />
einen höheren Stickstoffgehalt <strong>und</strong> somit eine bessere<br />
Qualität vortäuschen. Im September <strong>2008</strong> wurden im<br />
Schnellwarnsystem der EU (RASFF) Meldungen bezüglich<br />
Melamin in Säuglingsanfangsnahrungen <strong>und</strong> Milchpulver<br />
aus China eingestellt. Die Presse berichtete über 6 Todesfälle,<br />
r<strong>und</strong> 294.000 Kinder in China erlitten Nierenerkrankungen.<br />
Die EU erließ relativ kurzfristig ein Einfuhrverbot<br />
für diese Produkte. Doch Melamin wurde auch in weiteren<br />
Erzeugnissen (Bonbons, Snacks, Dosenkaffeegetränk usw.,<br />
die mit entsprechenden Anteilen an Milchpulver hergestellt<br />
werden) in nennenswerten Gehalten nachgewiesen. Am<br />
30.10.<strong>2008</strong> wurde mit einer RASFF-Meldung auf Melamin<br />
in Ammoniumbicarbonat aus China (2.470 mg / kg) hingewiesen.<br />
Warum ist Melamin im ABC-Trieb? Dessen Qualität bemisst<br />
sich nicht am Stickstoffgehalt, sondern an der Backtriebwirkung,<br />
die durch Verunreinigungen eher verringert<br />
wird. Eine absichtliche Verfälschung ist daher unwahrscheinlich.<br />
Vielmehr ist davon auszugehen, dass in Fabriken,<br />
in denen ABC-Trieb hergestellt wird, auch andere<br />
stickstoffhaltige Produkte, z. B. Dünger oder auch Melamin,<br />
hergestellt werden, da gleiche Ausgangschemikalien benötigt<br />
werden. Eine endgültige Klarheit über den Kontaminationsweg<br />
wäre allerdings erst gegeben, wenn die chinesischen<br />
Herstellerbetriebe besichtigt werden könnten, bzw.<br />
dort eine Aufklärung erfolgen würde.<br />
Hier endet die Melamin-Story!<br />
Ammoniumbicarbonat (auch Hirschhornsalz<br />
oder ABC-Trieb genannt) ist ein typischerweise<br />
in Flachgebäcken (z. B. Amerikaner) eingesetztes<br />
Backtriebmittel. Beim Erhitzen von ABC-Trieb<br />
werden Gase freigesetzt, die damit den Teig<br />
voluminös werden lassen. Nachteilig ist, dass<br />
Ammoniak (eines dieser Gase) einen stechenden<br />
Geruch aufweist. Daher ist der Einsatz von<br />
ABC-Trieb auch auf Flachgebäcke beschränkt,<br />
da sonst das Gebäck einen unangenehmen Geschmack<br />
aufweisen würde.<br />
Weil ABC-Trieb auch für die Herstellung von Lebkuchen<br />
verwendet wird, untersucht das CVUA Karlsruhe regelmäßig<br />
im Oktober Proben von ABC-Trieb. Eine der eingelieferten<br />
Proben war auffällig bezüglich der festgelegten<br />
Reinheitsanforderungen: es war ca. achtmal soviel Sulfat<br />
Dr. Rüdiger Schneider, CVUA Karlsruhe<br />
72
Kosmetische Mittel<br />
Kosmetische Mittel<br />
Karlsruher Kosmetiktag – Sicherheitsbewertung<br />
Die Sicherheitsbewertung als neue Strategie in der amtlichen Lebensmittelüberwachung war Thema des Karlsruher<br />
Kosmetiktages <strong>2008</strong>, bei dem sich einh<strong>und</strong>ert<strong>und</strong>dreißig Experten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz <strong>und</strong><br />
Dänemark im Chemischen <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe trafen, um die Anforderungen an eine Sicherheitsbewertung<br />
aus Sicht der Behörden, Verbände, sowie externer <strong>und</strong> interner Sicherheitsbewerter zu diskutieren.<br />
Im Entwurf der künftigen europäischen Kosmetik-Verordnung,<br />
die unmittelbar in allen 27 Mitgliedstaaten gelten<br />
wird, wurde die Bedeutung der Sicherheitsbewertung<br />
deutlich aufgewertet. Viele Passagen dieser Regelung sind<br />
einer Veröffentlichung amtlicher Kosmetiksachverständiger<br />
verschiedener Untersuchungsämter entnommen (G.<br />
Mildau et al., Basic Requirements for Safety Assessments<br />
of Cosmetic Products, SÖFW-Journal, 133, 6 (2007), 16-<br />
22). In diesen Mindeststandards werden ganz konkrete<br />
Hinweise zu einzelnen Punkten der Sicherheitsbewertung<br />
gegeben. So müssen Wirksamkeitsnachweise in bestimmten<br />
Fällen zur Sicherheitsbewertung gehören, wie dies z. B.<br />
bei den Daten zum Lichtschutzfaktor oder in-vitro UV-A-<br />
Schutz der Fall ist.<br />
Der Karlsruher Kosmetiktag beschäftigte sich insbesondere<br />
mit folgenden Themen:<br />
Welche Qualifikation benötigt der Sicherheitsbewerter?<br />
Ein Sicherheitsbewerter muss zunächst die gesetzlichen Anforderungen<br />
erfüllen. Diplom in einem naturwissenschaftlichen<br />
Fach <strong>und</strong> drei Jahre Berufserfahrung in seinem<br />
Fachgebiet. Darüber hinaus muss er sich sehr gut im Kosmetikrecht<br />
<strong>und</strong> in den angrenzenden Rechtsgebieten auskennen<br />
(Arzneimittel, Medizinprodukte, Biozide, Lebensmittel,<br />
Bedarfsgegenstände). Er muss Zugang zu sämtlichen<br />
Produktunterlagen haben <strong>und</strong> sich bzgl. der Warenk<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> Formulierung der Produkte gut auskennen. Schließlich<br />
sollte er die toxikologischen Daten der Rohdaten <strong>und</strong><br />
die dermatologischen Daten zum Fertigprodukt fachgerecht<br />
interpretieren <strong>und</strong> hieraus die Sicherheitsbewertung<br />
ableiten können. Hierzu gehört der Zugang zu den einschlägigen<br />
internationalen Datenbanken <strong>und</strong> die ständige<br />
Fortbildung, wie sie z. B. bei der Deutsche Gesellschaft für<br />
Wissenschaftliche <strong>und</strong> Angewandte Kosmetik eV (DGK)<br />
für Sicherheitsbewerter angeboten wird. Er muss auch in<br />
alle Relaunchprozesse der Firma eingeb<strong>und</strong>en sein. Und<br />
schließlich benötigt er wegen seiner persönlichen Verantwortung<br />
für die Sicherheit der Produkte eine ausreichende<br />
Haftpflichtversicherung, um im Schadensfall haften zu<br />
können.<br />
Große Kosmetikhersteller beschäftigen in der Regel angestellte<br />
Sicherheitsbewerter. Bei kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />
(KMU) ist dies unterschiedlich. Je kleiner ein<br />
Kosmetikhersteller ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass externe Sicherheitsbewerter die Expertise durchführen.<br />
Die Vorteile der internen Sicherheitsbewertung in<br />
KMU sind die folgenden:<br />
n Enge Kontakte zur Produktentwicklung –<br />
die Sicherheitsbewertung kann parallel dazu laufen<br />
n Schnelle Information über Rezepturänderungen<br />
n Direkter Einfluss auf Rohstoffhersteller ist gegeben<br />
n Bündeln von Daten ist möglich<br />
n Direkter Zugriff auf die Produktion<br />
KMU beschäftigen im Schnitt 30 bis 70 Mitarbeiter, nicht<br />
selten auch weniger. Solche Hersteller können es sich<br />
häufig nicht leisten, Sicherheitsbewerter fest anzustellen.<br />
Ein externer Sicherheitsbewerter wird daher aus Kostengründen<br />
meist bevorzugt. Er bewegt sich aber noch<br />
stärker als interne Bewerter im Spannungsfeld zwischen<br />
Entwicklungsleitung der Produkte, den Rohstofflieferanten<br />
<strong>und</strong> dem Vertrieb bzw. den Anforderungen des Handels,<br />
da er häufig nicht in alle Abläufe eingeb<strong>und</strong>en ist. Da der<br />
Preiskampf <strong>und</strong> Zeitdruck gerade im Segmentbereich von<br />
KMU-Produkten gewaltig ist, bietet sich dem externen Sicherheitsbewerter<br />
in der Praxis oft eine unzureichende Datenlage<br />
bei der Produktdokumentation. Dies erfordert einen<br />
großen Erfahrungsschatz externer Sicherheitsbewerter, um<br />
mit möglichst wenig Bürokratie die gesetzlichen Anforderungen<br />
an das KMU zu erfüllen.<br />
Prüfung der Rohstoffe<br />
Ein wesentliches Element der Sicherheitsbewertung muss<br />
die Prüfung der Rohstoffe in Bezug auf Verunreinigungen<br />
sein. Der Gehalt an Verunreinigungen kann entscheidend<br />
dafür sein, ob ein Produkt als sicher beurteilt werden kann.<br />
Deshalb müssen Hersteller sich von Rohstofflieferanten Produktdatenblätter,<br />
die entsprechende Spezifikationen über<br />
Verunreinigungen enthalten, vorlegen lassen. Häufig werden<br />
den Kontrolleuren jedoch nur Sicherheitsdatenblätter<br />
vorgelegt. Diese sind nicht ausreichend, da sie nur Angaben<br />
nach dem Gefahrstoffrecht enthalten, jedoch keinerlei<br />
Angaben über Nebenbestandteile <strong>und</strong> Verunreinigungen.<br />
z. B. kann der Konservierungsstoff Phenoxyethanol als Verunreinigung<br />
Phenol (in Kosmetika verboten) enthalten. Die<br />
Höhe des Gehaltes an Phenol in dem Rohstoff ist deshalb<br />
für die Verkehrsfähigkeit des Produktes von entscheidender<br />
Bedeutung. Die pharmazeutische Qualität ist mitunter<br />
nicht die reinste Qualität. Ein weiteres Beispiel für problematische<br />
Verunreinigungen ist Chromat (CMR-2 Stoff) in<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
73
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Kosmetische Mittel<br />
Chromoxid (CI 77288), das für Lidschatten eingesetzt wird.<br />
Für viele Rohstoffe ist kein NOAEL (engl. für No Observed<br />
Adverse Effect Level), d.h. Dosis, bei der keine schädigende<br />
Wirkung beobachtet wird, <strong>und</strong> kein NOEL (engl. für No<br />
Observed Effect Level oder Concentration), d.h. Dosis, bei<br />
der keinerlei Wirkung beobachtet wird, bekannt. Deshalb<br />
kann in solchen Fällen auch keine Sicherheitsspanne (Margin<br />
of Safety) berechnet werden.<br />
Toxikologisches Profil der Bestandteile<br />
Ein besonderes Problemfeld ist das toxikologische Profil<br />
der Bestandteile mit den Fragestellungen:<br />
n welche Tests wann notwendig sind,<br />
n welche Alternativmethoden akzeptiert werden können,<br />
da sie ausreichend valide sind, wie die toxikologischen<br />
Daten zu bewerten sind <strong>und</strong><br />
n wann auf bestimmte toxikologische Tests verzichtet<br />
werden kann.<br />
Es wird vorgeschlagen, dass die amtlich tätigen Kosmetiksachverständigen<br />
der B<strong>und</strong>esländer gemeinsam mit Toxikologen<br />
eine Checkliste mit den relevanten Punkten erarbeiten<br />
<strong>und</strong> ggf. auf bestimmte Produktgruppen abgestellt<br />
die wesentlichen Anforderungen an die toxikologischen<br />
Daten auf der gemeinsamen Datenbank hinterlegen.<br />
Folgende weitere Themen wurden auf dem Karlsruher<br />
Kosmetiktag vorgetragen <strong>und</strong> diskutiert:<br />
n Percutane Absorption von Kosmetikbestandteilen in<br />
tieferen Hautschichten, auch unter dem Aspekt von<br />
elektrisch unterstützten Methoden wie Iontophorese<br />
n Ergebnisse der COLIPA-Expositionsstudie für<br />
kosmetische Mittel<br />
n Besonderheiten bei der Sicherheitsbewertung von<br />
Nanomaterialien, insbesondere der nanoskaligen UV-<br />
Filter Titandioxid <strong>und</strong> Zinkoxid<br />
n Die Sicherheitsbewertung von Haarfarben,<br />
insbesondere der Permanenthaarfarben<br />
n Die Sicherheitsbewertung von ätherischen Ölen <strong>und</strong><br />
deren Mischungen<br />
n Das TTC-Konzept zur Bewertung toxikologischer<br />
Eigenschaften von Substanzen, für die keine spezifischen<br />
toxikologischen Daten vorliegen<br />
n Bewertung von Schwermetallspuren in dekorativen<br />
Kosmetika<br />
Die einzelnen Vorträge wurden publiziert in<br />
SÖFW-Journal 134, 11, <strong>2008</strong> <strong>und</strong><br />
SÖFW-Journal 134, 12, <strong>2008</strong>.<br />
74
Majantol, Babypuder<br />
Majantol –<br />
neuer allergischer Duftstoff?<br />
Nach Kosmetikrecht müssen bestimmte Duftstoffe mit<br />
allergenem Potenzial auf dem Produktetikett im Verzeichnis<br />
der Bestandteile aufgeführt werden. Derzeit<br />
sind dies konkret 26 Stoffe, z. B. Limonen, Geraniol,<br />
Linalool usw. Für neu entwickelte Duftstoffe gibt es keine<br />
Kennzeichnungspflicht, auch wenn sie ein allergenes<br />
Potenzial aufweisen.<br />
Diese Kennzeichnungsverpflichtung soll dem Verbraucher<br />
zusätzliche Informationen <strong>und</strong> Transparenz bei der Auswahl<br />
von Produkten bieten, so dass bei entsprechender individueller<br />
ges<strong>und</strong>heitlicher Konstitution bestimmte Produkte mit<br />
kritischen Inhaltsstoffen gemieden werden können.<br />
Babypuder – Verbraucheraufklärung<br />
erforderlich<br />
Babypuder mit Talkum – wichtige Hinweise für die<br />
sichere Verwendung<br />
Das folgende unglückliche Ereignis war der Anlass für die<br />
Untersuchung von Babypudern: „Die Tochter einer Verbraucherin<br />
schaffte es, die auf dem Wickeltisch stehende<br />
Dose Babypuder zu öffnen. Der Inhalt fiel dem 17 Monate<br />
alten Mädchen über Gesicht <strong>und</strong> Oberkörper. Das Kind<br />
wurde umgehend ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde<br />
die Durchführung einer Bronchioskopie für erforderlich erachtet.<br />
Glücklicherweise wurden keine Puderbestandteile<br />
in der Lunge entdeckt, so dass das Kind wieder entlassen<br />
werden konnte.“<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Für neu entwickelte Duftstoffe gilt diese Regelung nicht.<br />
Der Einsatz neuer Duftstoffe kann für die Hersteller interessant<br />
sein, die vor einer Kennzeichnung der Duftstoffe<br />
zurückschrecken.<br />
Das B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt in<br />
seiner Stellungnahme Nr. 024/<strong>2008</strong> vom 5.3.<strong>2008</strong> eine<br />
europaweit einheitliche Regelung für den Einsatz neuer<br />
Duftstoffe. Im Fokus seiner Stellungnahme stand der relativ<br />
neue Duftstoff Majantol, der bereits in kosmetischen<br />
Mitteln eingesetzt wird. Das BfR kam zum Schluss, dass<br />
Majantol allergenes Potenzial aufweist.<br />
Majantol selbst wurde in die Liste der allergenen Duftstoffe<br />
nicht aufgenommen, da es sich im Tierversuch als nicht<br />
allergen erwies. In neueren Patch-Test-Untersuchungen an<br />
mehreren Patientenkollektiven zeigte sich hingegen eine<br />
allergene Wirkung des Duftstoffes, obwohl auf molekularer<br />
Ebene kein Hinweis auf die Ursache erkennbar ist. Bei Allergikern<br />
kann der Duftstoff eine Kontaktdermatitis hervorrufen<br />
<strong>und</strong> zur Bildung von Ekzemen führen.<br />
Die chemische Bezeichnung von Majantol (CAS 103694-<br />
68-4) lautet 2,2-Dimethyl-3-(3-methylphenyl)propanol oder<br />
3-(2,2-Dimethyl-3-hydroxypropyl)toluol, weitere INCI-konforme<br />
Namen sind: 3-Trimethyl Benzene propanol. Der Geruch<br />
von Majantol ist als frisch-blumig beschrieben <strong>und</strong><br />
erinnert an Maiglöckchen oder Lindenblüten.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden ca. 80 parfümierte Kosmetikproben<br />
auf Majantol untersucht <strong>und</strong> in 10 % der Proben Majantol<br />
auch nachgewiesen. Da eine Kennzeichnungspflicht für<br />
Majantol derzeit nicht besteht, könnte sich für entsprechend<br />
sensibilisierte Anwender hieraus ein Problem ergeben, denn<br />
das Produkt kann nicht gezielt gemieden werden. Wir unterstützen<br />
deshalb die Forderung des BfR für den Einsatz<br />
neuer Duftstoffe eine einheitliche europaweite Regelung zu<br />
treffen <strong>und</strong> die Liste in der Kosmetikrichtlinie 76/768/EWG<br />
für potenziell allergene Duftstoffe zu erweitern.<br />
Babypuder besteht in der Regel zu über 90 % aus Talkum.<br />
Talkum ist ein vielseitig eingesetztes Mineral (Magnesiumsilikathydrat,<br />
bekannt auch als Speckstein). Es fühlt sich<br />
seifig oder fettig an <strong>und</strong> hat gleitende Eigenschaften. Daher<br />
dient es in der Medizin <strong>und</strong> auch bei Kosmetika als Pudergr<strong>und</strong>lage.<br />
In der bei allen kosmetischen Mitteln obligatorischen<br />
Bestandteileliste (Ingredients) ist Talkum als „Talc“<br />
gekennzeichnet.<br />
Die Kosmetikverordnung schreibt bei talkumhaltigen, pulvrigen<br />
Kosmetika für Kinder bis zu 3 Jahren folgenden Warn-<br />
◆<br />
hinweis vor: „Von Nase <strong>und</strong> M<strong>und</strong> des Kindes fernhalten“.<br />
Die Babyprodukte, die wir überprüft haben, wiesen den<br />
vorgeschriebenen Warnhinweis auf. Bei 6 von 7 verschiedenen<br />
Produkten stand zusätzlich: „Wichtiger Hinweis: Puder<br />
unzugänglich für Kinder aufbewahren“.<br />
Der Warnhinweis ist notwendig, weil beim Einatmen von<br />
Talkum – wie bei allen feinen Stäuben – die Gefahr be-<br />
75
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Kosmetische Mittel<br />
steht, dass die kleinen wasserunlöslichen Partikel in die<br />
Atemwege <strong>und</strong> von dort, wenn sie nicht wieder abgehustet<br />
werden, in die tieferen Atemwege gelangen <strong>und</strong> Entzündungen<br />
hervorrufen können. Im schlimmsten Fall können<br />
hieraus Belüftungsstörungen <strong>und</strong> Lungenentzündungen<br />
entstehen. Bei vorgesehener Verwendung von Babypuder<br />
besteht diese Ges<strong>und</strong>heitsgefahr nicht.<br />
Auch bei nicht talkumhaltigen Pudern – im Handel eher<br />
selten – muss die Gefahr des Einatmens (Aspiration) in der<br />
für alle kosmetischen Mittel erforderlichen Sicherheitsbewertung<br />
berücksichtigt werden. Wenn die Stäube dieser<br />
Puder so fein sind, dass das Einatmen auch hier eine Gefahr<br />
darstellt, müssen die oben genannten Warnhinweise<br />
ebenfalls angebracht werden.<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Babypuder<br />
bei bestimmungsgemäßer Verwendung<br />
ein sicheres kosmetisches Mittel ist. Um eine<br />
Puder-Inhalation bei Babys zu vermeiden, sollte<br />
jedoch Folgendes beachtet werden:<br />
n Puderdosen sollten nicht in der Reichweite<br />
von Kindern aufbewahrt werden. Dies be<br />
zieht sich auch auf größere Kinder, die evtl.<br />
mit der Puderdose spielen <strong>und</strong> dadurch<br />
Puderwolken verursachen könnten.<br />
n Puderdosen müssen immer verschlossen<br />
aufbewahrt werden.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des aktuellen Falles, der uns über die Verbraucherzentrale<br />
Baden-Württemberg erreichte, machten wir<br />
uns über die Datenlage in den deutschen Giftinformationszentren<br />
k<strong>und</strong>ig. Hieraus ergab sich, dass in den vergangenen<br />
Jahren durchaus Fälle von Puderaspirationen bei<br />
Babys <strong>und</strong> Kleinkindern vorkamen. Die Vergiftungszentrale<br />
beim B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung wird unseren zusammenfassenden<br />
Bericht dieser Fälle zum Anlass nehmen,<br />
gemeinsam mit den Vergiftungszentralen die Sicherheit<br />
von talkumhaltigen Babypudern erneut zu bewerten.<br />
n Bei der Verwendung des Puders muss<br />
entsprechend dem Warnhinweis darauf<br />
geachtet werden, dass er nicht in der<br />
Nähe des Gesichts (z. B. Hals) angewandt<br />
wird.<br />
Nähere Informationen zu den Giftinformationszentralen<br />
<strong>und</strong> deren Arbeit finden Sie unter:<br />
www.bfr.b<strong>und</strong>.de > Vergiftungen.<br />
Aloe Vera – natürlicher Wirkstoff mit vielfältigen Auslobungen<br />
Die Überprüfung der Aloe Vera-Rohstoffe zeigte, dass sehr<br />
unterschiedliche Qualitäten auf dem Markt sind <strong>und</strong> die<br />
Spezifikationen dazu teilweise wenig aussagekräftig.<br />
Das CVUA Karlsruhe hat bereits im <strong>Jahresbericht</strong> 2006<br />
über den Einsatz von Aloe Vera in kosmetischen Mitteln<br />
als Wirkstoff ausführlich berichtet. Die Untersuchungen auf<br />
Aloe Vera in kosmetischen Mitteln wurden im Jahr 2007<br />
<strong>und</strong> <strong>2008</strong> fortgeführt. Für die Überwachung kosmetischer<br />
Mittel sind die gr<strong>und</strong>sätzlichen Untersuchungsziele der<br />
Ausschluss von Ges<strong>und</strong>heitsgefahren <strong>und</strong> der Schutz des<br />
Verbrauchers vor Irreführung.<br />
Für die Untersuchungen haben wir als Leitsubstanzen das<br />
Anthrachinonderivat Aloin <strong>und</strong> die acetylierte Polymannose<br />
Aloverose gewählt:<br />
n Aloin kommt nur in der Blattrinde vor <strong>und</strong> wird in der<br />
Pharmazie als Abführmittel eingesetzt, ist in kosmetischen<br />
Mitteln also unerwünscht.<br />
n Aloverose ist eine acetylierte Polymannose <strong>und</strong> nach<br />
unserem Kenntnisstand der für kosmetische Anwendung<br />
wertgebende Inhaltsstoff.<br />
◆<br />
Kosmetische Rohstoffe gelten als sicher, wenn der Aloingehalt<br />
unter 50 mg / kg liegt. Rohstoffe werden auf Aloin<br />
76
Aloe Vera<br />
untersucht, wenn der Verdacht auf Verwendung der Schalenbestandteile<br />
besteht. Neben einer in der Lebensmittel<strong>und</strong><br />
Arzneimittelanalytik etablierten Analysenmethode mittels<br />
Hochdruckflüssigkeitschromatographie haben wir eine spezifische<br />
<strong>und</strong> empfindliche dünnschichtchromatographische<br />
Methode entwickelt, die ausführlicher im <strong>Jahresbericht</strong> des<br />
CVUA Karlsruhe <strong>2008</strong> beschrieben wird.<br />
Auch zur Bestimmung der Aloverose wurde eine eigene<br />
Analysenmethode entwickelt. Das Verfahren <strong>und</strong> seine Störmöglichkeiten<br />
sind beschrieben im <strong>Jahresbericht</strong> des CVUA<br />
Karlsruhe 2007.<br />
Der analytisch ermittelte Aloverosegehalt wird berechnet auf<br />
Aloe Vera-Gel, wobei wir von einem durchschnittlichen Gehalt<br />
an Aloverose von 1 g/1 kg Gel ausgehen.<br />
Derzeit liegt die Bestimmungsgrenze bei ca. 30 mg Aloverose<br />
pro kg Produkt bzw. 3 g Aloe Vera-Gel pro 100 g kosmetisches<br />
Mittel (abhängig von konkreter Probeneinwaage <strong>und</strong><br />
Verdünnungsschritten).<br />
Da das Verfahren auf der quantitativen Bestimmung des<br />
Polysaccharidbausteins Mannose basiert, können wir auf den<br />
ursprünglichen Gehalt an eingesetzter Aloverose schließen.<br />
Wir können allerdings nicht erkennen, ob der Aloverosegehalt<br />
im Rohstoff bereits durch mikrobiologische Prozesse reduziert<br />
wurde. Das Aloe Vera-Gel ist wegen des Gehaltes an<br />
Glukose ein gutes Nährmedium für Lactobacillus. Aus Glukose<br />
wird Milchsäure, die die Acetylgruppen der Aloverose<br />
hydrolysieren.<br />
200-fach <strong>und</strong> ggf. standardisiert mit Maltodextrin oder anderen<br />
neutralen Additiven.<br />
Gute Rohstoffqualitäten haben nach unseren Erfahrungen<br />
ca. 0,5 -1,5 g Aloverose, berechnet auf 1 kg frisches Gel. Es<br />
sind aber auch Rohstoffqualitäten mit weit unter 0,5 g auf<br />
dem Markt.<br />
Bei Rohstoffen, die unter Verwendung des gesamten Blattes<br />
hergestellt <strong>und</strong> anschließend über Aktivkohle gereinigt werden,<br />
ist mit geringen Aloingehalten zu rechnen (< 5 mg / kg),<br />
aber auch mit weniger Aloverose als bei den o.g. Rohstoffen<br />
– entsprechend des eingesetzten Pflanzenmaterials, das aus<br />
Rinde <strong>und</strong> Gel besteht.<br />
Bei Rohstoffen, die unter Verwendung des gesamten Blattes<br />
hergestellt <strong>und</strong> anschließend nicht über Aktivkohle gereinigt<br />
werden, ist mit einem erhöhten Aloingehalt zu rechnen.<br />
Ein auffällige Rohstoffprobe war bezeichnet als Aloe Capensis<br />
aus braun-grünen Granulaten mit glänzenden Bruchflächen<br />
<strong>und</strong> einem Gehalt an Aloin von 27 g / 100 g. Die Prüfung<br />
ergab, dass es sich hierbei um eine Droge nach dem<br />
Europäischen Arzneimittelbuch handelte <strong>und</strong> zum Einsatz in<br />
Arzneimitteln bestimmt war. Als Bestandteil in kosmetischen<br />
Mitteln ist dieser Rohstoff u. E. ungeeignet.<br />
Eine weitere Rohstoffprobe bestand aus einem dunkel gefärbten<br />
Wasser-Propylenglycolextrakt. Laut Hersteller enthielt<br />
dieser Rohstoff maximal 2.600 mg / kg Aloin. Aloverose war<br />
nach unseren Untersuchungen nicht nachweisbar. Wir bezweifeln<br />
die kosmetische Eignung dieses Rohstoffes.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Wenn wir in unserem Labor in den Kosmetikproben mittels<br />
Dünnschichtchromatographie keine Aloverose nachweisen<br />
können, d.h. der Gehalt an Aloe Vera Gel unter 3 g pro<br />
100 g Produkt liegen muss, überprüfen wir i.d.R. den Rohstoff<br />
beim Hersteller des kosmetischen Mittels <strong>und</strong> bewerten<br />
ihn in Verbindung mit der Einsatzkonzentration im Hinblick<br />
auf die Auslobung.<br />
Wir sind im Rahmen unserer Untersuchungen auf 5 Rohstofftypen<br />
gestoßen, bei denen jeweils unterschiedliche<br />
Blattanteile bzw. Extraktionsmittel eingesetzt werden:<br />
n Verwendung des klaren inneren Gel<br />
n Verwendung des gesamten Blattes, gereinigt<br />
n Verwendung des gesamten Blattes<br />
n Yellow sap = grün-gelbe Flüssigkeit zwischen Rinde<br />
<strong>und</strong> Gel<br />
n Glykolextrakt aus Rinde<br />
n Ölextrakt<br />
Bei der Verwendung des inneren klaren Gels ergeben sich<br />
je nach Konzentrationsgrad cremefarbene bis leicht beige<br />
Flüssigkeiten oder Pulver. Die Flüssigkeiten sind häufig<br />
10-fach oder 40-fach konzentriert, die Pulver 100-fach oder<br />
Auf dem Rohstoffmarkt werden auch ölhaltige Extrakte aus<br />
Aloe Vera angeboten. Laut Herstellerangaben sind hier Extrakte<br />
aus der grünen Rinde zu verstehen. Die extrahierten<br />
Stoffe sollen die Haut schützen <strong>und</strong> pflegen. Bestandteile<br />
des inneren Gels, also auch Aloverose, sind hier nicht enthalten,<br />
da sie wegen der hydrophilen Eigenschaften nicht in die<br />
Ölphase extrahiert werden können. Wirksamkeitsnachweise<br />
der Hersteller für diesen Rohstoff liegen uns nicht vor, so<br />
dass wir entsprechende Auslobungen als irreführend beurteilen.<br />
Zusammen mit den Rohstoffproben werden auch die Spezifkationen<br />
der Hersteller überprüft. Dabei müssen wir immer<br />
wieder feststellen, dass die darin gemachten Angaben<br />
ungenügend sind. Häufig fehlen genaue Angaben zur Art<br />
des Rohstoffes, also hier Gel oder Rinde. Der Aloverosegehalt<br />
wird nur selten ausgewiesen <strong>und</strong> der Aloingehalt häufig<br />
nur auf Nachfrage mitgeteilt. Dosierungsempfehlungen für<br />
den Einsatz in kosmetischen Mitteln sind kritisch auf Vorhandensein<br />
von Wirksamkeitsnachweisen zu hinterfragen.<br />
Dr. Gerd Mildau, CVUA Karlsruhe<br />
77
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Kosmetische Mittel<br />
Bedarfsgegenstände<br />
Phthalate weiterhin im Fokus<br />
Während der Einsatz von phthalathaltigen Weichmachern bei der Herstellung von Spielzeug <strong>und</strong> Babyartikeln seit<br />
Anfang 2007 detaillierten Vorschriften unterliegt <strong>und</strong> teilweise verboten ist, gibt es für sonstige Verbraucherprodukte<br />
bisher immer noch keine rechtsverbindlichen Regelungen.<br />
In <strong>2008</strong> wurde daher verstärkt das Augenmerk auf derartige<br />
Erzeugnisse gelegt. Aber auch in Lebensmittelverpackungen<br />
liegt das Thema Weichmacher immer noch auf Platz<br />
1 der Kontaminantenhitliste. Neuerdings bekommen jedoch<br />
Deckeldichtungen aus Weich-PVC große Konkurrenz, denn<br />
Klebstoffe <strong>und</strong> Druckfarben wurden als weitere Kontaminationsquellen<br />
erkannt. Wobei letztere – je nach Art der Bedruckung<br />
– auch in Bezug auf migrierfähige Photoinititoren in<br />
der Diskussion <strong>und</strong> Anlass für Beanstandungen sind.<br />
Entwarnung bei Spielzeug –<br />
Probleme bei sonstigen Verbraucherprodukten<br />
aus Weich-PVC<br />
(DINP) verringerte sich erfreuerlicherweise ebenfalls deutlich<br />
<strong>und</strong> lag in <strong>2008</strong> nur noch bei 5 % der untersuchten Proben.<br />
Ein vollkommen anderes Bild ergeben die Untersuchungen<br />
von körpernah getragenen Gegenständen. Hier gibt es für<br />
weichmachende Substanzen keine gesetzlich festgelegten<br />
Höchstwerte. Dies hat zur Folge, dass die Hersteller in diesem<br />
Bereich nach wie vor an den ges<strong>und</strong>heitlich bedenklichen,<br />
im Falle von DEHP für Spielzeug komplett verbotenen,<br />
aber eben billigeren Phthalaten festhalten <strong>und</strong> sogar von<br />
Jahr zu Jahr vermehrt einsetzen. Gegenüber 2006 (20%)<br />
lag im Jahr <strong>2008</strong> der Anteil der untersuchten Proben (z. B.<br />
Skibrillen, Badesandalen, Armbanduhren) mit DEHP sogar<br />
bei 44 %.<br />
Eine Vielzahl an Erzeugnissen für Kinder ( z. B. Puppen, Skibrillen,<br />
Armbanduhren, Badesandalen, aufblasbare Wassertiere)<br />
wurden auch in <strong>2008</strong> wieder schwerpunktmäßig<br />
auf ihre Materialbeschaffenheit <strong>und</strong> den Weichmachergehalt<br />
hin untersucht: Über 150 Proben <strong>und</strong> -teile bestanden<br />
aus Polyvinylchlorid (PVC) <strong>und</strong> enthielten verschiedene, als<br />
Weichmacher eingesetzte Substanzen.<br />
siehe auch: www.cvuas.de<br />
Seit Anfang 2007 ist die Verwendung von bestimmten<br />
Phthalaten als Weichmacher in Spielzeug <strong>und</strong> Babyartikeln<br />
rechtlich verboten bzw. eingeschränkt. Hier werden seither<br />
zunehmend alternative Weichmacher eingesetzt. So ist das<br />
für Spielzeug <strong>und</strong> Babyartikel verbotene Di-(2-ethylhexyl)<br />
phthalat (DEHP) seit 2007 nur noch in 5 bis 6 % der untersuchten<br />
Proben enthalten. Der Anteil von Diisononylphthalat<br />
Entwicklung der Weichmacherbef<strong>und</strong>e in<br />
körpernah getragenen Erzeugnissen<br />
70<br />
2006 2007 <strong>2008</strong><br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
36<br />
44<br />
61<br />
50<br />
40<br />
20<br />
10<br />
0<br />
20<br />
14 15<br />
19<br />
DEHP DINP alternativer<br />
Weichmacher<br />
◆<br />
78
Mios-Online<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
w<br />
Homepage „mios-online“<br />
MioS – Was ist denn das?<br />
Lebensmittelverpackungen machten im Verlauf der letzten<br />
Jahre mehrfach Schlagzeilen, weil immer wieder eine<br />
„neue“ <strong>und</strong> evtl. krebserregende oder genotoxische Substanz<br />
im Lebensmittel nachgewiesen wurde, die aus dem<br />
Verpackungsmaterial übergewandert war. Meist fehlen<br />
dann Kenntnisse darüber, ob auch andere Erzeugnisse betroffen<br />
sind <strong>und</strong> wenn ja, wie hoch bzw. wie niedrig die im<br />
Labor ermittelten Migrationswerte tatsächlich sind. Nicht zuletzt<br />
vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde am CVUA Stuttgart eine<br />
Datenbank entwickelt, in der Migrationsbef<strong>und</strong>e verknüpft<br />
sind mit der Art des Gegenstandes oder Materials sowie der<br />
Anwendung im Kontakt mit den jeweiligen Lebensmitteln.<br />
Die Datenbank enthält bisher weit über 23.000 Datensätze<br />
zu Migrationswerten, die bei der Untersuchung sowohl von<br />
Prüflebensmitteln als auch von realen Lebensmitteln erhalten<br />
wurden.<br />
Das Ziel der Datenbank ist, diese als Gr<strong>und</strong>lage für die Beurteilung<br />
des Migrationsverhaltens bestimmter Substanzen<br />
<strong>und</strong> als Entscheidungshilfe sowohl bei der Interpretation<br />
z. B. eigener Untersuchungsergebnisse bzw. Berechnungen<br />
als auch bei der Formulierung von Richt- <strong>und</strong> Grenzwerten<br />
heranziehen zu können. Daher ist die Aktualisierung besonders<br />
wichtig: Sowohl von Überwachungsseite als auch<br />
von der Seite der Hersteller von Bedarfsgegenständen soll<br />
weiteres Datenmaterial zur Verfügung gestellt, dieses in<br />
die Datenbank eingeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> dann via Internet der Öffentlichkeit<br />
wieder zur Verfügung gestellt werden.<br />
Die Migrationsdatenbank „MioS“ (MioS = Migration of<br />
Substances) steht seit Ende <strong>2008</strong> via Internet (www.miosonline.de)<br />
für den registrierten Benutzerkreis in deutscher<br />
<strong>und</strong> englischer Sprache zur Verfügung. Im November <strong>2008</strong><br />
wurde sie auf dem 4th International Symposium on Food<br />
Packaging in Prag erstmals vor internationalem <strong>und</strong> sehr<br />
interessiertem Publikum (Verpackungshersteller, Abfüller,<br />
Forschungsinstitute, Universitäten sowie Vertreter der<br />
Überwachung <strong>und</strong> Mitglieder der Europäischen Kommission<br />
als Gesetzgeber) vorgestellt.<br />
siehe auch: www.cvuas.de<br />
MioS online: www.mios-online.de<br />
79
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Bedarfsgegenstände<br />
Bedarfsgegenstände mit<br />
Lebensmittelkontakt<br />
Weichmacher in Lebensmitteln –<br />
Migration aus Twist-off-Deckeln<br />
weiterhin problematisch<br />
Dichtungsmaterialien von Schraubdeckeln bestehen derzeit<br />
nach wie vor ausschließlich aus Weich-PVC <strong>und</strong> führen immer<br />
noch zu stark überhöhten Weichmacherübergängen,<br />
insbesondere bei Kontakt mit fetthaltigen Lebensmitteln<br />
wie in Öl eingelegtem Gemüse, Käse- oder Fischkonserven<br />
sowie fetthaltigen Brotaufstrichen wie Pesto. Über die<br />
Jahre 2005 bis 2007 hat sich die Situation nicht wesentlich<br />
verbessert, daher wurden auch im Jahr <strong>2008</strong> insgesamt<br />
77 derartige Proben als Kontrollschwerpunkt untersucht.<br />
Die gute Nachricht zuerst: Bei keinem der 30 untersuchten<br />
Gläschen für Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder war der Grenzwert<br />
für den Weichmacher ESBO (30 mg / kg), welcher exklusiv<br />
für Deckeldichtungen derartiger Produkte verwendet wurde,<br />
überschritten. Bei Untersuchungen in 2005 lagen immerhin<br />
noch 7 von 55 Proben (13%) über diesem Grenzwert.<br />
Leider waren aber immer noch in 25 Deckeln (23 %) die<br />
ges<strong>und</strong>heitlich bedenklichen Phthalate DEHP, DINP oder<br />
DIDP enthalten <strong>und</strong> in unterschiedlichen Mengen in die jeweiligen<br />
Lebensmittel migriert.<br />
„Spitzenreiter“ waren Sesammus aus der Türkei mit<br />
327 mg / kg DEHP <strong>und</strong> eine Würzsauce aus Taiwan mit<br />
282 mg / kg DINP. Im Vergleich mit den „Spitzenreitern“<br />
in 2007 lagen die Extremwerte in <strong>2008</strong> zwar deutlich<br />
niedriger, dennoch wurden insgesamt 12 Proben (11 %)<br />
aufgr<strong>und</strong> der Überschreitung des toxikologisch zulässigen<br />
Sicherheitsniveaus als ges<strong>und</strong>heitsschädlich beanstandet.<br />
Insgesamt wurden im Jahr <strong>2008</strong> aufgr<strong>und</strong> der Überschrei-<br />
tung von Migrationsgrenzwerten 23 Proben (21%) beanstandet.<br />
Diese Beanstandungsquote ist im Vergleich zu<br />
2007 (12%) deutlich erhöht, was vor allem auf den hohen<br />
Anteil von Proben aus Drittländern (v. a. Türkei, Osteuropa,<br />
Südostasien <strong>und</strong> Indien) zurückzuführen ist.<br />
„Neues“ altbekanntes Problem:<br />
Weichmacherübergänge aus<br />
Packungsklebstoffen<br />
In der Fachwelt ist schon seit längerem bekannt, dass auch<br />
bei vermeintlich „sicheren“ Produkten, wie Mehl <strong>und</strong> Zucker,<br />
Stoffe aus der Verpackung übergehen können. Denn:<br />
gerade trockene <strong>und</strong> pulverförmige Lebensmittel besitzen<br />
eine große innere Oberfläche <strong>und</strong> können insbesondere<br />
niedermolekulare Stoffe aus der Verpackung adsorbieren.<br />
Trotzdem wird in den bestehenden EU-Richtlinien für Testverfahren<br />
ein Übergang auf trockene Lebensmittel explizit<br />
ausgeklammert. Die Folge: kaum ein Labor untersuchte bisher<br />
routinemäßig auf Stoffübergänge von Verpackungen in<br />
derartige Lebensmittel.<br />
Dies änderte sich im Jahr 2007 als gerade in trockenen,<br />
pulvrigen Lebensmitteln der Stoff Diisobutylphthalat (DiBP)<br />
aufgefallen war <strong>und</strong> die Papier- bzw. Kartonverpackung für<br />
diese Kontamination evtl. in Frage kam. Allerdings wurde<br />
der Einsatz von DiBP bei der Papierherstellung ausgeschlossen.<br />
Mögliche andere Eintragsquellen, u. a. Druckfarben<br />
<strong>und</strong> Klebstoffe, wurden diskutiert. Schließlich räumten die<br />
Verpackungshersteller ein, evtl. DiBP-haltige Klebstoffe verwendet<br />
zu haben. Der eindeutige Nachweis war aber bis<br />
dahin nicht geführt worden.<br />
Daher wurden <strong>2008</strong> insgesamt 66 Proben von Papier- <strong>und</strong><br />
Kartonverpackungen auf Weichmacher in Klebstoffen <strong>und</strong><br />
den möglicherweise verwendeten Stoff DiBP untersucht.<br />
Hierbei wurde die Verpackung zum einen an der Klebenaht<br />
Warenströme ...<br />
UK<br />
Müsli vom Markt<br />
genommen<br />
Irland<br />
Ungarn<br />
Müsli vom Markt<br />
genommen<br />
Portugal<br />
Müsli vom<br />
Markt genommen<br />
Schweden<br />
Frankreich<br />
Dänemark<br />
Italien<br />
Österreich<br />
Niederlande<br />
Griechenland<br />
Norwegen<br />
Spanien Slowenien Finnland Kroatien<br />
Zypern<br />
Mex. Tacos<br />
Niederlande<br />
Griechenland<br />
Finnland<br />
Schweden<br />
Belgien<br />
Mexikanische Tacos<br />
Rückruf<br />
Schweiz<br />
Lasagne<br />
Schweiz<br />
Lack<br />
Niederlande<br />
Karton<br />
Belgien<br />
Müsli -Hersteller<br />
5 Müsli-Sorten<br />
vom Markt genommen<br />
Dänemark<br />
Irland<br />
Frankreich<br />
Polen<br />
Schweiz<br />
Deutschland<br />
Niederlande<br />
Griechenland<br />
Malta<br />
Deutschland<br />
Baden-Württemberg<br />
Müsli vom Markt genommen<br />
Quelle: BLV, Stand 16.04.2009<br />
80
Materialien mit Lebensmittelkontakt<br />
Diagramme: Warenströme für verpackte Lebensmittel, Verpackung <strong>und</strong> Lack<br />
... Warenströme<br />
Brandenburg<br />
Rheinland-<br />
Pfalz<br />
Niedersachsen<br />
Schweiz<br />
Lack<br />
Italien Österreich Frankreich Niederlande Schweden Belgien<br />
Hessen<br />
Bayern<br />
Deutschland<br />
Nordrhein-<br />
Westfalen<br />
Baden-<br />
Württemberg<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
1 Kartonbedrucker<br />
1 Kartonbedrucker<br />
5 Kartonbedrucker<br />
3 Kartonbedrucker<br />
5 Kartonbedrucker<br />
6 Kartonbedrucker<br />
2 Kartonbedrucker<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
verschiedene Sorten<br />
Cornflakes derzeit in<br />
Untersuchung<br />
Belgien<br />
2 Sorten Cornflakes<br />
vom Markt genommen<br />
Schleswig-Holstein<br />
verschiedene Sorten<br />
Cornflakes<br />
Quelle: BLV, Stand 16.04.2009<br />
Saarland<br />
Cornflakes <strong>und</strong> ähnl.<br />
<strong>und</strong> zum anderen an einer (auch bedruckten) anderen Stelle<br />
untersucht, um den Ursprung von DiBP zweifelsfrei beweisen<br />
zu können. In 13 Verpackungen (20 % der Proben)<br />
wurde DiBP in der Klebenaht festgestellt. In 4 Lebensmitteln<br />
war hier außerdem der vom BfR festgelegte Richtwert von<br />
1 mg / kg überschritten. Der höchste gemessene Wert<br />
lag bei 4,4 mg / kg in einer Probe „Brotbackmischung mit<br />
Hefe“.<br />
4-Methylbenzophenon –<br />
eine Druckfarbe geht auf Reisen<br />
In den Jahren 2005 <strong>und</strong> 2006 sorgte der Übergang des in<br />
UV-härtenden Druckfarben als Photoinitiator verwendeten<br />
Isopropylthioxanthon (ITX) auf in Verb<strong>und</strong>karton verpackte<br />
Lebensmittel für Furore. Daher wurden die Untersuchungen<br />
ab 2007 auf weitere Photoinitiatoren ausgedehnt <strong>und</strong> insbesondere<br />
auf Stoffe fokussiert, die als Basismolekül Benzophenon<br />
oder Benzoesäure enthalten.<br />
Im Berichtsjahr wurden 75 Lebensmittel in bedruckten Papier-<br />
<strong>und</strong> Kartonverpackungen, wie z. B. Müslis, Nudeln,<br />
Reis, Haferflocken, Knäckebrot <strong>und</strong> Kartoffelpüree untersucht.<br />
Oft waren die Lebensmittel zusätzlich zur bedruckten<br />
Kartonverpackung noch in Beuteln aus Papier, Kunststoff,<br />
Aluminium oder Kombinationen dieser Materialien verpackt.<br />
Startpunkt der Analysen war immer die bedruckte Verpackung.<br />
Nur wenn hier ein Photoinitiator nachgewiesen<br />
wurde <strong>und</strong> keine funktionelle Barriere ( z. B. Metallschicht)<br />
das Lebensmittel vor dem Übergang schützte, wurde das<br />
Lebensmittel untersucht.<br />
Das Untersuchungsergebnis war eindeutig: In 26 (33 %)<br />
Verpackungen waren die Photoinitatoren Benzophenon<br />
(17 Proben), Methyl-o-benzoyl-benzoat (3 Proben) sowie<br />
4-Methylbenzophenon (2 Proben) nachweisbar. 4 Verpackungen<br />
enthielten diese außerdem als Gemische in unterschiedlicher<br />
Kombination.<br />
Bei der Untersuchung der Lebensmittel waren allerdings<br />
nur zwei Proben auffällig. Hierbei handelte es sich um<br />
2 in Hochglanzkartons verpackte Müsliproben desselben<br />
Herstellers, bei denen 456 bzw. 254 mg 4-Methylbenzophenon<br />
pro Kilogramm Karton bzw. 8,1 bzw. 0,8 mg 4-Methylbenzophenon<br />
pro Kilogramm Lebensmittel bestimmt<br />
wurden. Die Lebensmittel waren zwar zusätzlich mit einem<br />
Polyethylenbeutel verpackt, trotzdem fand die Kontamination<br />
mit diesem Druckfarbenbestandteil statt <strong>und</strong> erfolgte<br />
eindeutig über die Gasphase <strong>und</strong> durch den Innenbeutel<br />
aus Polyethylen hindurch.<br />
4-Methylbenzophenon ist bisher toxikologisch nur unvollständig<br />
bewertet. Daher wurde die Kontamination des Lebensmittels<br />
als eine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung<br />
des Lebensmittels beurteilt. Die Folge war ein<br />
Verkehrsverbot sowohl für die Verpackung als auch für das<br />
Lebensmittel.<br />
Antihaftbeschichtung hielt Tomatensoße<br />
nicht stand<br />
Antihaftbeschichtete Pfannen wurden getestet <strong>und</strong> die<br />
Robustheit der Antihaftbeschichtung geprüft. Nach der<br />
haushaltsüblichen Reinigung wurde eine Tomaten-Reis-Mischung<br />
in den Pfannen zubereitet, 30 Minuten am Köcheln<br />
gehalten, gelegentlich mit einem Holzlöffel umgerührt <strong>und</strong><br />
über Nacht stehen gelassen. Anschließend wurde das Lebensmittel<br />
aus der Pfanne entfernt, die Pfanne mit der Hand<br />
gespült <strong>und</strong> erneut befüllt. Diese Prozedur wurde insgesamt<br />
fünfmal Mal durchgeführt.<br />
81
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Bedarfsgegenstände<br />
Übergang von Farbstoffen –<br />
immer wieder ein Problem<br />
Pfanne mit abgelöster Antihaftbeschichtung<br />
Während 6 der 7 Pfannen den Funktionstest mit Bravour<br />
bestanden haben, war bei einer Probe bereits nach dem<br />
2. Durchgang Blasenbildung erkennbar. Außerdem waren<br />
schon kleine Teile der Beschichtung von der Pfanne abgelöst.<br />
Nach dem 3. Durchgang waren Stücke der Beschichtung<br />
im Lebensmittel sichtbar <strong>und</strong> nach der Reinigung zeigte<br />
sich schließlich, dass sich die Beschichtung großflächig<br />
gelöst hatte. Der Übergang der Beschichtung auf die Tomaten-Reis-Mischung<br />
wurde als unvertretbare Veränderung<br />
der Zusammensetzung des Lebensmittels beurteilt <strong>und</strong> die<br />
Pfanne außerdem aufgr<strong>und</strong> der Auslobung mit „Long Life<br />
Non-Stick Interior“ wegen irreführender Kennzeichnung beanstandet.<br />
Auch fehlten die erforderlichen Hinweise für eine<br />
sichere <strong>und</strong> sachgemäße Verwendung sowie die Adresse<br />
des Herstellers.<br />
Auch <strong>2008</strong> wurden wieder bunt bedruckte oder gefärbte<br />
Materialien <strong>und</strong> Gegenstände mit Lebensmittelkontakt<br />
(Servietten, Dönertüten, Bäckertüten, Dekoartikel) auf das<br />
Ausbluten von Farbstoffen untersucht. Bei 13 (18%) ein<br />
unerlaubter Farbstoffübergang festgestellt <strong>und</strong> beanstandet.<br />
Besonders auffällig waren Dönertüten: 6 (50%) von<br />
12 untersuchten Proben bluteten aus.<br />
Ein Übergang von Farbstoffen kann aber nicht nur beim<br />
Kontakt der Materialien mit Lebensmitteln stattfinden,<br />
sondern auch beim Körperkontakt durch Speichel <strong>und</strong><br />
Schweiß. 30 Proben wie z. B. Servietten, Gläser <strong>und</strong> Tischsets<br />
wurden auf einen möglichen Farbstoffübergang mit<br />
Speichel- <strong>und</strong>/oder Schweißsimulanz getestet. Erfreulicherweise<br />
waren alle getesteten Gegenstände speichel- <strong>und</strong><br />
schweißecht.<br />
siehe auch: www.cvuas.de<br />
Dekosteine aus Glas –<br />
gefährliche Verwechslungsgefahr mit<br />
Lebensmitteln<br />
Blei <strong>und</strong> Cadmium aus Keramik –<br />
Ausnahmen bestätigen die Regel<br />
Blei <strong>und</strong> Cadmium werden immer noch in Keramikglasuren<br />
in Form von bunten Pigmenten eingesetzt. Besonders säurehaltige<br />
Lebensmittel können diese Schwermetalle aus der<br />
Glasur lösen, wodurch sie in das Lebensmittel übergehen.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden daher insgesamt 47 Proben aus Keramik<br />
(Auflaufformen, Müsli- <strong>und</strong> Suppenschüsseln sowie<br />
Tassen) auf ihre Blei- <strong>und</strong> Cadmiumlässigkeit untersucht.<br />
Erfreulicher Bef<strong>und</strong>: Nur eine von 47 Proben war wegen<br />
zu hoher Bleilässigkeit zu beanstanden.<br />
Die leidige Erkenntnis: Bereits im Jahr 2006 war eine<br />
Auflaufform desselben italienischen Herstellers wegen zu<br />
hoher Bleilässigkeit aufgefallen.<br />
Getrübter Genuss durch Verpackung<br />
<strong>und</strong> Co.<br />
In <strong>2008</strong> wurden insgesamt 98 Gegenstände mit Lebensmittelkontakt<br />
(Wasserkocher, Pralinentüten, Kinder- <strong>und</strong><br />
Sporttrinkflaschen, Pfannenwender, Silikonbackformen, Stileisbereiter)<br />
darauf geprüft, ob sie den Geruch bzw. den<br />
Geschmack von Lebensmitteln beeinflussen. Erfreulich:<br />
93 % der untersuchten Proben waren unauffällig. 7 Proben<br />
(7%) – insbesondere (4 von 6 getesteten) Schraubverschlüsse<br />
für Saftflaschen – bestanden den sensorischen<br />
Test nicht <strong>und</strong> wurden beanstandet.<br />
Dekosteine<br />
Bonbons<br />
Wenn Dekorationsgegenstände Lebensmitteln ähneln,<br />
kann dies für kleine Kinder durchaus gefährlich werden.<br />
Denn diese unterscheiden nicht zwischen Dekoration <strong>und</strong><br />
Lebensmittel. Was lecker aussieht, wird erst mal in den<br />
M<strong>und</strong> geschoben <strong>und</strong> probiert. Ist der Gegenstand des<br />
gustatorischen Interesses scharfkantig oder spitz, kann es<br />
beim Verschlucken dieser Teile zu Verletzungen kommen.<br />
Als besonders problematisch fallen hier Dekosteine auf.<br />
Diese werden immer häufiger angeboten <strong>und</strong> bestehen<br />
meist aus bunt eingefärbtem Kunststoff oder Glas. Letztere<br />
haben häufig große Ähnlichkeit mit Kandiszucker oder<br />
Bonbons. Dekosteine aus Kunststoff können wegen ihrer<br />
Farbe <strong>und</strong> ihrem Glanz u. U. Götterspeise ähneln. Sind<br />
verwechselbare Dekosteine nicht mit der entsprechenden<br />
Sorgfalt hergestellt – z. B. nicht abger<strong>und</strong>et – dann kann<br />
eine Verwechslung mit einem Lebensmittel zur Ges<strong>und</strong>heitsgefahr<br />
werden.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden 8 Proben Dekosteine (einmal 3 verschiedene<br />
Farben vom selben Hersteller) untersucht <strong>und</strong><br />
alle als gefährlich beanstandet. Im europaweiten Schnellwarnsystem<br />
RAPEX wurde vor diesen Produkten gewarnt.<br />
82
gegenstände mit Körperkontakt<br />
Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt<br />
<strong>und</strong> zur Körperpflege<br />
PAK – auch in Verbraucherprodukten<br />
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind<br />
Stoffgemische, die bei unvollständiger Verbrennung von organischem<br />
Material wie Kohle, Kraftstoff, Tabak oder beim<br />
Grillen entstehen können (siehe auch Kapitel IV PAK in Lebensmitteln).<br />
Der bei der Verkokung von Steinkohle anfallende<br />
PAK-haltige Teer kann durch Destillation in Öle <strong>und</strong><br />
Pech aufgetrennt werden. Derartige Teeröle werden u. a.<br />
auch in Erzeugnissen aus Kunststoff bzw. Kautschuk als<br />
Weichmacher eingesetzt. Die Gruppe der PAK umfasst über<br />
100 Substanzen, von denen einige beim Menschen mit großer<br />
Wahrscheinlichkeit erbgutverändernd, die Fortpflanzung<br />
beeinträchtigend <strong>und</strong> krebserzeugend (z. B. Naphthalin)<br />
wirken. Das BfR ist in seiner am 01.10.2007 aktualisierten<br />
Stellungnahme Nr. 035/2007 deshalb der Auffassung, dass<br />
die Gehalte an PAK in verbrauchernahen Produkten soweit<br />
PAK-Gehalte in Werkzeuggriffen aus Kunststoff/Gummi<br />
Probenzahl in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Bedarfsgegenstände<br />
„Nickel-Vortests“ bei der Kontrolle vor Ort im Landkreis Schwäbisch Hall<br />
Die Nickelallergie ist die häufigste Kontaktallergie überhaupt. Fast zehn Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen.<br />
Zu den Risikogruppen zählen insbesondere Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen mit einer Veranlagung zu Überempfindlichkeitsreaktionen<br />
der Haut. Bereits jede fünfte Frau reagiert allergisch auf Nickel.<br />
Nickel ist ein Metall, das in Bedarfsgegenständen wie Uhren,<br />
Schmuck, Brillen, Jeansknöpfen, Reißverschlüssen, Essbestecken,<br />
Konservendosen sowie in vielen Kosmetika – immer<br />
noch – verwendet wird. Voraussetzung für eine allergische<br />
Reaktion ist aber die an der Oberfläche des Schmuckes etc.<br />
freigesetzte Menge Nickel. In den Sommermonaten werden<br />
sog. Körperkontaktmaterialien vermehrt direkt auf der Haut<br />
getragen, so dass es häufiger zu allergischen Reaktionen<br />
kommt. Oberflächenbeschichtungen, die die Nickelfreisetzung<br />
verhindern sollen, können durch regelmäßiges Tragen<br />
des Schmuckes mit der Zeit abgenutzt bzw. beschädigt<br />
werden. So können auch Bedarfsgegenstände, auf die man<br />
lange Zeit nicht allergisch reagiert hat, mit der Zeit eine Allergie<br />
auslösen.<br />
Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat im Jahr <strong>2008</strong> auf<br />
Anregung des CVUA Stuttgart ein Schwerpunktprogramm<br />
zur Überprüfung von Körperkontaktmaterialien auf Nickellässigkeit<br />
durchgeführt. Im April <strong>2008</strong> wurden zwei Lebensmittelkontrolleure<br />
des Amtes für Veterinärwesen <strong>und</strong><br />
Verbraucherschutz durch Mitarbeiter des CVUA Stuttgart in<br />
die Durchführung des sog. „Nickel-Vortests“ eingeführt. Die<br />
notwendigen Reagenzien für die Durchführung des Vortests<br />
in den Betrieben wurden übergeben.<br />
Von den beiden Lebensmittelkontrolleuren wurden von<br />
Juni bis August <strong>2008</strong> im Rahmen gemeinsam durchgeführter<br />
Schwerpunktkontrollen insgesamt 30 Einzelhandelsbetriebe,<br />
die Schmuck <strong>und</strong> Modeaccessoires zum<br />
Verkauf anbieten, überprüft. Im Rahmen einer allgemeinen<br />
Betriebskontrolle wurden in jedem Betrieb vor den Augen<br />
des Betriebspersonals infrage kommende Schmuckgegenstände<br />
<strong>und</strong> Accessoires mit dem Schnelltest untersucht.<br />
Dabei wurden pro Betrieb mindestens 1 Hals-,<br />
1 Ohr-, 1 Finger- sowie 1 Armschmuckstück <strong>und</strong> zudem<br />
Gürtelschnallen, Hosenknöpfe etc. getestet. Insgesamt<br />
wurden somit mehr als 120 Schnelltests durchgeführt.<br />
Drei im Schnelltest auffällige Bedarfsgegenstände (2 Armreife,<br />
1 Halskette) wurden zur quantitativen Bestimmung<br />
der Nickellässigkeit an das CVUA Stuttgart übermittelt. Die<br />
Höchstmenge von 0,5 µg / cm 2 / Woche wurde bei keiner<br />
der Proben überschritten <strong>und</strong> damit in keinem dieser Fälle<br />
eine erhöhte Nickellässigkeit festgestellt. Alle drei Proben<br />
wiesen jedoch Kennzeichnungsmängel nach dem Geräte<strong>und</strong><br />
Produktsicherheitsgesetz auf. Zur weiteren Veranlassung<br />
wurden die für das Gewerberecht zuständigen Stellen<br />
<strong>und</strong> Behörden informiert.<br />
Erfreulicherweise haben die Schwerpunktkontrollen insgesamt<br />
ergeben, dass lediglich bei 2,5 % der mit dem<br />
„Nickel-Vortest“ überprüften mehr als 120 Bedarfsgegenstände<br />
eine Nickellässigkeit anzunehmen war. Bei sämtlichen<br />
in der Vortestung positiven Proben ergaben sich bei<br />
den anschließenden quantitativen Untersuchungen durch<br />
das CVUA Stuttgart keine erhöhten Nickelabgaben. Diese<br />
Resultate legen den Schluss nahe, dass derzeit zumindest<br />
kein erhöhter Handlungsbedarf hinsichtlich einer Überprüfung<br />
von Schmuck <strong>und</strong> Modeaccessoires auf Nickellässigkeit<br />
besteht. Es bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass beschichtete<br />
Gegenstände erst nach längerem Tragen Nickel<br />
abgegeben können. Um diesen Sachverhalt ausreichend<br />
zu berücksichtigen, wäre eine vorherige Abriebprüfung erforderlich.<br />
Bei Betriebsinhabern <strong>und</strong> Verkaufspersonal fand die unmittelbare<br />
Testung der Bedarfsgegenstände im Betrieb<br />
insgesamt eine sehr positive Resonanz. Die Aufmerksamkeit<br />
der örtlichen Lebensmittelüberwachung auch für die<br />
Thematik der durch Bedarfsgegenstände auslösbaren Allergien<br />
konnte eindrucksvoll aufgezeigt werden. Vor allem<br />
aber wurde in den Handelsbetrieben eine verstärkte Sensibilisierung<br />
bezüglich des Themas Nickelallergie erreicht.<br />
Das Amt für Veterinärwesen <strong>und</strong> Verbraucherschutz des<br />
Landratsamtes Schwäbisch Hall wird den „Nickel-Vortest“<br />
auch weiterhin im Rahmen der Routineüberwachung zur<br />
Anwendung bringen.<br />
Dr. Thomas Pfisterer, LRA Schwäbisch Hall<br />
84
gegenstände mit Körperkontakt<br />
Was stinkt denn da?<br />
Im Laufe des Jahres fielen wiederum verschiedenste Erzeugnisse<br />
durch einen intensiven <strong>und</strong> unangenehmen Geruch<br />
auf <strong>und</strong> wurden daraufhin auf ausgasende <strong>und</strong> evtl.<br />
ges<strong>und</strong>heitlich relevante Stoffe untersucht.<br />
Besonders bemerkenswert war ein sehr unangenehm<br />
riechendes Spielbuch für Kleinkinder. Es enthielt neben<br />
Naphthalin <strong>und</strong> weiteren alkylierten PAK (bis zu<br />
800 mg / kg), außerdem Isophoron, das im Verdacht steht,<br />
eine krebserregende Wirkung zu besitzen. Der Hersteller<br />
hat aufgr<strong>und</strong> dieses Untersuchungsbef<strong>und</strong>es sofort reagiert<br />
<strong>und</strong> das Produkt umgehend vom Handel zurückgerufen.<br />
sensibilisierende Dispersionsfarbstoffe (Disperse Yellow<br />
3, Disperse Red 1 <strong>und</strong> Disperse Orange 37 / 76) <strong>und</strong> in<br />
2 weiteren Proben wurden verbotene Azofarbstoffe nachgewiesen<br />
(989 mg / kg <strong>und</strong> 1.518 mg / kg Benzidin).<br />
25 Handschuhproben waren unzureichend gekennzeichnet:<br />
Überwiegend fehlte die Herstellerangabe. Bei textilen<br />
Handschuhen entsprach die Textilkennzeichnung nicht den<br />
Vorgaben des Textilkennzeichnungsgesetzes. Bei Arbeitshandschuhen<br />
war die nach der 8. Verordnung zum Geräte-<br />
<strong>und</strong> Produktsicherheitsgesetz (8. GPSGV) geforderte<br />
Informationsbroschüre nicht beigefügt.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
In einer Faschingsmaske war der Anteil an flüchtigen Stoffen<br />
mit 11% durchaus „wertbestimmend“: neben Weichmachern<br />
waren Lösungsmittel wie Toluol, Xylol, Cyclohexanon<br />
enthalten, die als ges<strong>und</strong>heitsschädlich beim Einatmen gelten.<br />
Sie reizen Augen <strong>und</strong> Schleimhäute <strong>und</strong> verursachen<br />
Kopfschmerzen, Schwindel <strong>und</strong> Benommenheit.<br />
Auch bei einem Schnorchelm<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> einer Luftmatratze<br />
für Kinder waren ein starker, aromatischer <strong>und</strong> sehr<br />
penetranter Geruch festzustellen. Die Kinderluftmatratze<br />
enthielt sogar 5% flüchtige Stoffe, zudem das krebserregende<br />
Isophoron <strong>und</strong> weitere Stoffe, die Haut <strong>und</strong> Atemwege<br />
reizen.<br />
Auch Schuhe aus Kunststoff (z. B. Badesandalen, Flipp-<br />
Flopps, Clogs) lagen im Fokus der Untersuchungen. Hier<br />
lag der Anteil der flüchtigen Stoffe ebenfalls im Bereich<br />
mehrerer Prozente, es waren hauptsächlich aliphatische<br />
Kohlenwasserstoffe <strong>und</strong> Acetophenon zu finden. Ein Paar<br />
Badeschuhe enthielt erhebliche Mengen an niedermolekularen<br />
PAK, für die eine krebserzeugende Wirkung nicht<br />
ausgeschlossen werden kann.<br />
Handschuhe –<br />
Schutz oder Plage für die Haut?<br />
Nach einigen Rapex-Meldungen zu unerwünschten Farbstoffen<br />
bzw. Inhaltsstoffen in Handschuhen standen auch<br />
in diesem Berichtsjahr Handschuhe aus textilem Material,<br />
Leder oder einer Materialkombination aus Textilien <strong>und</strong> Leder<br />
auf dem Prüfstand.<br />
Untersucht wurden insgesamt 58 Handschuhproben aus<br />
den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen, z. B. Handschuhe<br />
für die Freizeitgestaltung (Fahrrad-, Fitness-, Outdoor-,<br />
Golf-, Schieß- <strong>und</strong> Reitsport), Winterhandschuhe<br />
(bevorzugt Säuglings- <strong>und</strong> Kinderhandschuhe), Arbeitshandschuhe<br />
<strong>und</strong> Verkleidungshandschuhe (Fastnacht, Halloween).<br />
In Bezug auf Farbstoffe ergibt sich ein ähnliches Bild wie<br />
bei den Rollenkostümen: In 11 Proben (19%) waren unerwünschte<br />
Farbstoffe nachweisbar. 9 Proben enthielten<br />
Endlich: Amtliches Untersuchungsverfahren<br />
für Chrom(VI)<br />
In persönlicher Schutzausrüstung (PSA), wie z. B. Arbeitshandschuhen,<br />
darf zur Vermeidung von Allergien<br />
Chrom(VI) nicht nachweisbar sein. Als analytische Nachweisgrenze<br />
wird 3 mg / kg Chrom(VI) je kg Leder (DIN<br />
EN 420) angegeben. Für andere Bedarfsgegenstände<br />
aus Leder (z. B. Bekleidung, Schuhe, Uhrarmbänder,<br />
Schmuck, Taschen) gab es bislang keine konkreten rechtlichen<br />
Regelungen. Allerdings wurde im August <strong>2008</strong><br />
die Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung mit<br />
der Maßgabe vorgeschlagen, dass für Lederwaren mit<br />
nicht nur vorübergehendem Körperkontakt <strong>und</strong> für Spielwaren<br />
der Chrom(VI)-Gehalt nicht nachweisbar sein darf.<br />
Geknüpft wurde diese Anforderung an eine in der Amtlichen<br />
Sammlung nach § 64 LFGB beschriebenen Methode<br />
(B 82.02-11). Diese wurde inzwischen Ende <strong>2008</strong> publiziert.<br />
Der Umsetzung der o.a. Anforderung in der Bedarfsgegenständeverordnung<br />
dürfte demnach nichts mehr im<br />
Wege stehen.<br />
Von 69 untersuchten Lederproben waren erfreulicherweise<br />
nur 2 Handschuhpaare (3 %) aufgr<strong>und</strong> einer erhöhten<br />
Chrom (VI)-Abgabe (6,6 bzw. 19 mg / kg) zu beanstanden.<br />
Die Beanstandungsquote ist über die Jahre hinweg konstant<br />
geblieben.<br />
85
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Bedarfsgegenstände<br />
Fastnachts- <strong>und</strong> Halloweenverkleidungen:<br />
aufreizend fürs Auge –<br />
reizend für die Haut<br />
Es werden immer mehr Artikel zu Fastnacht <strong>und</strong> Halloween<br />
angeboten. Dabei fallen die Kostüme meist durch<br />
eine spektakuläre Färbung auf. In solch intensiv gefärbten<br />
Kostümen werden immer wieder unerwünschte <strong>und</strong>/<br />
oder verbotene Farbstoffe entdeckt. Damit der Verbraucher<br />
durch die in der Verkleidung enthaltenen Farbstoffe keine<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen Beeinträchtigungen erfährt, sondern der<br />
Spaß an der Kostümierung erhalten bleibt, werden jedes<br />
Jahr stichprobenartig Fastnachts- <strong>und</strong> Halloweenverkleidungen<br />
auf verbotene Azofarbstoffe <strong>und</strong> sensibilisierende<br />
Dispersionsfarbstoffe untersucht.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> waren insgesamt 49 Fastnachts- <strong>und</strong> Halloweenkostüme<br />
auf dem Prüfstand. Unerwünschte Farbstoffe<br />
waren in 9 Proben (18%) enthalten. Davon waren<br />
in drei dieser Erzeugnisse potenziell krebsauslösende Azofarbstoffe<br />
nachweisbar. Die restlichen 6 Proben enthielten<br />
den Dispersionsfarbstoff Disperse Orange 37 / 76. Dieser<br />
Farbstoffe wird immer noch bevorzugt zur Färbung von<br />
Textilien <strong>und</strong> Leder verwendet, obwohl er schon seit Jahren<br />
als potenziell gefährlich eingestuft ist <strong>und</strong> ihm hautsensibilisierende<br />
Eigenschaften zugeschrieben werden.<br />
Bei sechs weiteren Kostümen (12%) entsprach die Kennzeichnung<br />
nicht den Vorgaben des Textilkennzeichnungsgesetzes.<br />
Spielwaren <strong>und</strong> Scherzartikel<br />
Scherzzigaretten –<br />
ein schlechter Scherz<br />
Aufgr<strong>und</strong> einer Warnmeldung wurden insgesamt 7 Proben<br />
Scherzzigaretten bzw. -zigarren untersucht. Es handelte<br />
sich dabei um Nachbildungen von glimmenden Zigaretten.<br />
Durch Hineinblasen wird feines Pulver aus dem Innern der<br />
Zigarette freigesetzt <strong>und</strong> ein Raucheffekt erzielt. Wird allerdings<br />
an der Scherzzigarette gesaugt statt geblasen, kann<br />
das feine Pulver direkt in die Lunge gelangen <strong>und</strong> Atemnot<br />
<strong>und</strong> Hustenanfälle verursachen. Die Scherzartikel wurde<br />
deshalb als akute Gefahr für die Ges<strong>und</strong>heit eingestuft.<br />
Bunte Krebserreger<br />
Obwohl das krebserregende Benzol in Kinderspielwaren<br />
seit langem verboten ist, wurde Anfang des Jahres <strong>2008</strong><br />
im europäischen Schnellwarnsystem RAPEX vor Filzstiften<br />
gewarnt, die Benzol enthielten. Diese Warnmeldung wurde<br />
zum Anlass genommen, gezielt derartige Erzeugnisse zu<br />
untersuchen: Insgesamt wurden 37 Sets mit Fasermalern<br />
unter die Lupe genommen. Die positive Erkenntnis: „nur“ in<br />
3 Sets <strong>und</strong> hier wiederum „nur“ in einzelnen Fasermalstiften<br />
war Benzol enthalten.<br />
Dass nicht nur Filzstifte eine Quelle für das krebserregende<br />
Benzol sind, zeigte der Fall einer weiteren Spielware. In<br />
einer Masse, die mithilfe eines Blasrohrs zu einem Ballon<br />
86
w<br />
Spielwaren <strong>und</strong> Scherzartikel<br />
aufgepustet wird, wurde ebenfalls Benzol als Lösungsmittel<br />
verwendet.<br />
Die beiden Fälle hatten eines gemeinsam: es war nicht in<br />
allen Farben bzw. Chargen Benzol enthalten. Dies macht<br />
deutlich, wie wichtig eine Verpflichtung von Spielzeugherstellern<br />
zu kontinuierlichen Kontrolluntersuchungen ihrer<br />
Produkte ist. Eine gesetzliche Vorschrift dazu gibt es aber<br />
bisher nicht.<br />
Schwermetalle in Spielzeug –<br />
nur Einzelfälle<br />
Auch in <strong>2008</strong> wurde die Untersuchung auf Schwermetalle<br />
in insgesamt 170 Spielzeugproben fortgeführt, da<br />
aufgr<strong>und</strong> der im Herbst weltweit erfolgten Rückrufaktionen<br />
von bleihaltigem Spielzeug eine Verunsicherung der<br />
Verbraucher spürbar war. Es handelte sich vor allem um<br />
Spielzeug, das dazu bestimmt ist, in den M<strong>und</strong> genommen<br />
zu werden (z. B. M<strong>und</strong>stücke von Musikinstrumenten),<br />
<strong>und</strong> um Spielzeug für Kinder unter 3 Jahren, das<br />
erfahrungsgemäß oder vorhersehbar in den M<strong>und</strong> genommen<br />
wird (z. B. Rasseln, Babybücher).<br />
Entwarnung auf breiter Front: 93 % der untersuchten Proben<br />
wiesen keine auffälligen Metallgehalte im Material<br />
auf. Bei 5 Proben waren der Bleigehalt <strong>und</strong> bei 8 weiteren<br />
Proben waren der Chrom- bzw. Bariumgehalt im Material<br />
zwar erhöht, die Freisetzungsraten lagen aber alle unterhalb<br />
der in DIN EN 71-3 genannten Migrationsgrenzen.<br />
Glibberspaß in Kinderhänden –<br />
nicht ganz unbedenklich<br />
Schleimartige Spielzeugzubereitungen begeistern die Kinder<br />
schon seit vielen Jahren. Manche dieser Massen<br />
enthalten zusätzlich noch Kunststoffnachbildungen von<br />
Insekten oder Körperteilen, um den Gruselfaktor zu erhöhen.<br />
Eine neuere Modeerscheinung sind so genannte<br />
„Ölschleime“. Im Gegensatz zu den inzwischen fast klassischen<br />
Spielzeugmassen, die sich geleeartig verhalten,<br />
handelt es sich hier um eine schleimige, angedickte<br />
flüssige Masse, die so genanntem Schweröl ähneln soll.<br />
Diese wird in Kunststoffbechern aufbewahrt, die häufig<br />
einem Ölfass nachgebildet sind. Beim Spiel wird dieser<br />
Ölschleim in die Hand gegossen.<br />
Die wabbeligen, für manchen Erwachsenen sicher unangenehm<br />
anmutenden Massen enthalten meist Dickungsmittel,<br />
z. B. Guarkernmehl, <strong>und</strong> sind mit Borsäure versetzt,<br />
welche die Konsistenz beeinflusst <strong>und</strong> zudem konservierend<br />
wirkt. Borsäure ist allerdings ges<strong>und</strong>heitlich nicht unproblematisch.<br />
Sie gilt als fortpflanzungsgefährdend <strong>und</strong><br />
ist in höheren Dosen akut toxisch.<br />
Alle 11 untersuchten Proben (100 %!) wurden wegen ihres<br />
Borsäuregehaltes beanstandet. Nur eine Probe „Ölschleim“<br />
enthielt allerdings so viel Borsäure, dass es bei<br />
einer Aufnahme des flüssigen Becherinhalts zum Auftreten<br />
von Vergiftungserscheinungen des Kindes kommen<br />
kann. Bei den anderen Proben lag der Borsäuregehalt dagegen<br />
in einem Bereich, in dem keine akute Toxizität zu<br />
befürchten ist, aber die Fortpflanzungsgefährdung nachweislich<br />
eine Rolle spielt.<br />
Formaldehyd in Holz –<br />
ein Spielzeug mit besonderem Reiz<br />
Auch in <strong>2008</strong> stand die Bestimmung der Formaldehydabgabe<br />
aus Kinderspielwaren im Fokus: Formaldehyd ist eine<br />
leicht flüchtige Substanz, die beim Einatmen erwiesenermaßen<br />
krebserregend wirkt, zudem Augen <strong>und</strong> Schleimhäute<br />
reizt <strong>und</strong> allergische Reaktionen auslösen kann. Bei<br />
der Beurteilung von Formaldehyd aus Holzspielzeug wird<br />
der vom B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung festgelegte<br />
„safe level“ von 0,1 ppm herangezogen. Dieser Wert beschreibt<br />
die Raumluftkonzentration, unter der keine krebserregende<br />
Wirkung durch Formaldehyd mehr zu erwarten<br />
ist. Dieser Wert gilt als eingehalten, wenn von der Spielware<br />
nicht mehr als 110 mg / kg Formaldehyd innerhalb<br />
24 St<strong>und</strong>en abgegeben wird.<br />
Es wurden 39 Proben aus Massivholz oder Holzwerkstoffen<br />
(z. B. Puzzle für Kleinkinder, Bilderbücher, Modellbausätze)<br />
getestet. Es waren 6 Proben (17 %; 2006 18 %;<br />
2005 37 %) zu beanstanden. Im Vergleich zum Jahr 2005<br />
hat sich die Situation zwar deutlich verbessert, allerdings<br />
gibt es immer noch Erzeugnisse mit außerordentlich hohen<br />
Formaldhydabgaben. So war der Richtwert von 110<br />
mg / kg bei einem Lernuhrpuzzle um das 9-fache <strong>und</strong> bei<br />
einem Modellbausatz um das 6-fache überschritten.<br />
Neben den Spielwaren aus Holzwerkstoffen wurden auch<br />
Erzeugnisse aus Massivholz untersucht. Auslöser für eine<br />
gezielte Untersuchungsaktion war eine Verbraucherbeschwerde<br />
über einen stechenden Geruch <strong>und</strong> Reizungen<br />
der Schleimhäute beim Spiel mit Dominoklötzchen aus<br />
Massivholz . Bei diesem Spielzeug, das von einem Internethändler<br />
mit Sitz in Baden-Württemberg vertrieben wurde,<br />
war der „safe level“ für die Formaldehydabgabe auch tatsächlich<br />
um das 24-fache überschritten. Daraufhin wurden<br />
7 Tonnen dieses Spielzeugs vernichtet.<br />
Erfreulich war: in weiteren 28 Proben Massivholzspielzeug<br />
lag die Formaldehydabgabe weiter unter dem Richtwert<br />
von 110 mg / kg<br />
siehe auch: www.cvuas.de<br />
Dr. Gabriele Steiner, CVUA Stuttgart<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
87
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Bedarfsgegenstände<br />
Bedarfsgegenstände zur Reinigung <strong>und</strong> Pflege<br />
sowie sonstige Haushaltschemikalien<br />
Wie in den Vorjahren ergibt sich die hohe Beanstandungsquote bei der Warengruppe durch Kennzeichnungsmängel<br />
auf den Produkten selbst <strong>und</strong> bei Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemitteln insbesondere durch fehlende Verbraucherinformationen<br />
im Internet (Datenblatt über alle Inhaltsstoffe). Hersteller müssen nach dem Wasch- <strong>und</strong> Reinigungsmittelgesetz<br />
<strong>und</strong> der Detergenzienverordnung der EU auf der Verpackung von Produkten, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, eine<br />
Website angeben, von der im Internet ein Verzeichnis aller Inhaltsstoffe abgerufen werden kann. Die Inhaltsstoffe sind<br />
entsprechend ihrem Gewichtsanteil in absteigender Reihenfolge aufzulisten.<br />
Die Proben wurden bei Herstellern oder Betrieben, die Produkte unter ihrem Namen vertreiben (insgesamt 14 Betriebe)<br />
<strong>und</strong> im Einzelhandel entnommen.<br />
Produktbeispiele Fahrzeugpflegemittel<br />
Hohe Beanstandungsquote wegen<br />
unzureichender Verbraucherinformation<br />
Ein Schwerpunkt bei den Handelsproben waren Produkte<br />
zur Reinigung <strong>und</strong> Pflege von Fahrzeugen. Dabei wurde<br />
das Angebot von Tankstellenshops besonders berücksichtigt.<br />
Untersucht wurden 30 Proben (Insektenentferner,<br />
Autoshampoo, Felgenreiniger, Scheibenreiniger, Innenraumreiniger<br />
<strong>und</strong> Reifenpflegemittel), von denen 17 zu<br />
beanstanden waren. Für 11 Proben wurde im Internet kein<br />
Datenblatt über die Inhaltsstoffe zur Verfügung gestellt. Auf<br />
einem Produkt fehlte die Website, bei 4 Proben stimmten<br />
die Angaben der Konservierungsstoffe im Datenblatt <strong>und</strong><br />
auf dem Produkt nicht überein <strong>und</strong> bei einer Probe war<br />
auf dem Produkt nur die Wirkstoffgruppe „Konservierungsstoffe“<br />
<strong>und</strong> nicht wie vorgeschrieben die Einzelsubstanzen<br />
angegeben.<br />
Informierte Verbraucher können<br />
Risiken minimieren<br />
lichen Produkten über deren Eigenschaften zu informieren.<br />
Außerdem müssen die Produkte sicher verpackt sein.<br />
Eine Probe Kalklöser eines türkischen Herstellers wurde<br />
als Beschwerdeprobe eingereicht. Nach der Anwendung<br />
des Produktes waren bei einer Verbraucherin unter nicht<br />
näher beschriebenen Umständen Atemwegsbeschwerden<br />
aufgetreten. Das kalk- <strong>und</strong> rostlösende Agens des Produktes<br />
war Salpetersäure in einer Konzentration von etwa<br />
25 %. Salpetersäure kommt üblicherweise zum Einsatz als<br />
Metallbehandlungsmittel im gewerblichen oder industriellen<br />
Bereich. In Verbraucherprodukten ist Salpetersäure<br />
in Europa nicht üblich. Das türkische Produkt ist jedoch<br />
inzwischen in Deutschland im Einzelhandel eingeführt.<br />
Salpetersäure verursacht in der genannten Konzentration<br />
bei Hautkontakt schwere Verätzungen <strong>und</strong> es können<br />
bei Raumtemperatur geringe Mengen stechend riechende<br />
Dämpfe (nitrose Gase) austreten. Der Kalklöser war<br />
entsprechend seiner Einstufung als gefährliche Flüssigkeit<br />
nach den chemikalienrechtlichen Vorschriften richtig<br />
gekennzeichnet <strong>und</strong> verpackt. Beispielsweise waren die<br />
vorgeschriebenen Gefahrensymbole, Gefahrenhinweise<br />
<strong>und</strong> die Sicherheitsratschläge „Dämpfe nicht einatmen“<br />
<strong>und</strong> „Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung tragen“ vorhanden.<br />
Auf der Verpackung war eine Webadresse des<br />
Herstellers angegeben, die zu einer Website in türkischer<br />
Sprache führt. Der Importeur hatte keine eigene Website<br />
zur Verfügung gestellt. Ein Datenblatt über die Inhaltsstoffe<br />
war im Internet nicht zugänglich.<br />
Fazit: Nur wenn die Hersteller umfassend über die Inhaltsstoffe<br />
<strong>und</strong> Risiken informieren <strong>und</strong> wenn Gefahrenhinweise<br />
<strong>und</strong> Sicherheitsratschläge sowie Anwendungsbeschreibungen<br />
beachtet werden, können die<br />
Risiken im Umgang mit chemischen Produkten minimiert<br />
werden.<br />
Einige Reiniger sind aufgr<strong>und</strong> ihrer chemischen Zusammensetzung,<br />
beispielsweise dem Gehalt an Säuren, Laugen, speziellen<br />
Wirkstoffen oder Lösungsmitteln sehr wirkungsvoll in<br />
der Anwendung, bergen aber bei unsachgemäßer Handhabung<br />
<strong>und</strong> Lagerung erhebliche ges<strong>und</strong>heitliche Risiken.<br />
Deshalb sind die Verantwortlichen verpflichtet, Verbraucher<br />
auf den Behältnissen über die Inhaltsstoffe <strong>und</strong> bei gefähr-<br />
Iris Eckstein, CVUA Stuttgart<br />
88
Tabakwaren<br />
Tabakwaren<br />
Das Chemische <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen ist als Prüflaboratorium entsprechend der Tabakprodukt-<br />
Verordnung zugelassen <strong>und</strong> bei der zuständigen Stelle der Europäischen Union gemeldet. Im Rahmen der amtlichen<br />
Kontrolle werden alle Arten von Tabakprodukten zentral für Baden-Württemberg untersucht. Zudem werden amtliche<br />
Proben für die B<strong>und</strong>esländer Bayern, Rheinland-Pfalz <strong>und</strong> Saarland auf die Rauchinhaltsstoffe Nikotin, Teer <strong>und</strong> Kohlenmonoxid<br />
untersucht.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden in Amtshilfe für das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg, Außenstelle Forchheim,<br />
Proben von Feinschnitt-Prüflingen auf Nikotin <strong>und</strong> Kondensat untersucht. Auffälligkeiten hinsichtlich der stofflichen<br />
Zusammensetzung bzw. von Höchstwertüberschreitungen gab es keine.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Zigaretten<br />
Zusatzstoffe in Zigaretten<br />
Die Rauchinhaltsstoffe Nikotin, Kondensat <strong>und</strong> Kohlenmonoxid<br />
werden nach den Vorgaben der ISO-Methoden<br />
überprüft. Dazu wird die Abrauchmaschine eingesetzt. Mit<br />
einem Zugvolumen von 35 ml/min wird durch das Anlegen<br />
eines Vakuums der Rauch durch einen Filter geleitet. Hierbei<br />
schlägt sich die Partikelphase auf der Oberfläche des<br />
Filters nieder <strong>und</strong> die Gasphase passiert diesen.<br />
Bei der Verbrennung von Zigaretten entstehen toxische Pyrolyseprodukte<br />
durch den Tabak selbst als auch durch die<br />
Verwendung von Zusatzstoffen. Das B<strong>und</strong>esministerium<br />
für Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz hat<br />
einen Forschungsauftrag zu dieser Problemstellung an das<br />
Chemische <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen<br />
vergeben. Es soll der Einfluss von Glycerin, Zucker <strong>und</strong> Kakao<br />
auf folgende toxikologisch relevante Rauchinhaltsstoffe<br />
überprüft werden:<br />
Filter<br />
nach<br />
dem Abrauchen<br />
von<br />
20 Zigaretten<br />
Um einen repräsentativen Mittelwert der Rauchinhaltsstoffe<br />
Nikotin, Teer <strong>und</strong> Kohlenmonoxid zu erhalten, werden<br />
zeitgleich 20 Zigaretten maschinell abgeraucht.<br />
n Tabakspezifische Nitrosamine<br />
n Formaldehyd<br />
n Acetaldehyd<br />
n 1,3 Butadien<br />
n Isopren<br />
n Benzo(a)pyren<br />
n Teer<br />
n Nikotin <strong>und</strong><br />
n Kohlenmonoxid<br />
Das Projekt wurde im Berichtsjahr <strong>2008</strong> abgeschlossen.<br />
Die Untersuchungsergebnisse wurden vom B<strong>und</strong>esministerium<br />
für Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />
veröffentlicht.<br />
Auf dem Filter verbleiben Nikotin <strong>und</strong> der Teer. Dieses<br />
Stoffe werden anschließend analytisiert. Das Kohlenmonoxid<br />
wird in der Gasphase bestimmt.<br />
Da das Rauchverhalten individuell stark unterschiedlich ist,<br />
erlauben die ermittelten Werte keine verbindlichen Aussagen<br />
über die tatsächliche Aufnahmemenge an Nikotin,<br />
Teer <strong>und</strong> Kohlenmonoxid durch den Raucher. Insbesondere<br />
bei Produkten mit niedrigen Nikotingehalten verändert<br />
der Raucher sein Rauchverhalten. Er inhaliert tiefer <strong>und</strong><br />
länger, die Zugfrequenz wird erhöht. Durch diese Veränderungen<br />
des Rauchverhaltens hin zu einem intensiveren<br />
Rauchen kompensiert der Raucher die geringere Nikotinaufnahme<br />
pro Zug <strong>und</strong> erhöht somit die Aufnahme von<br />
toxischen Rauchinhaltsstoffen.<br />
◆<br />
89
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Teil III Produktgruppe Tabakwaren<br />
Wasserpfeifentabak – immer noch „in“<br />
Ferner wurden 75 Proben Wasserpfeifentabak auf ihre<br />
Gehalte an Feuchthaltemitteln überprüft. Die gesetzliche<br />
Höchstmenge von 5 % in der Summe aller<br />
Feuchthaltemittel wurde bei 7 Proben überschritten.<br />
Vor allem bei Jugendlichen <strong>und</strong> jungen Erwachsenen<br />
ist das Rauchen einer Wasserpfeife (= Shisha) ausgesprochen<br />
„in“. Die Meinung, dies sei weniger<br />
schädlich als das Rauchen von Zigaretten, ist weit<br />
verbreitet. Diese Einschätzung ist allerdings ein<br />
Trugschluss. So kann das Rauchen einer Zigarette<br />
knapp fünf Minuten dauern, während<br />
eine Shisha eine gute St<strong>und</strong>e lang<br />
geraucht wird. Dabei wird etwa 200-mal<br />
soviel Rauch inhaliert wie beim Rauchen<br />
einer Zigarette. Entsprechend höher ist<br />
auch die Aufnahme von ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Substanzen.<br />
Außerdem ist nach bisherigen Erkenntnissen der<br />
Kohlenmonoxidgehalt im Shisha-Rauch um den Faktor 10<br />
höher als im Zigarettenrauch. Auch das suchterzeugende<br />
Nikotin ist im Rauch von Wasserpfeifentabak enthalten <strong>und</strong><br />
kann zu einer Abhängigkeit führen. Nach Literaturangaben<br />
können Schwermetalle, wie z. B. Arsen, Chrom, Nickel sowie<br />
andere krebserregende Substanzen im Wasserpfeifenrauch<br />
nachgewiesen werden. Das CVUA Sigmaringen entwickelt<br />
derzeit in Zusammenarbeit mit dem B<strong>und</strong>esinstitut<br />
für Risikobewertung (BfR) eine standardisierte Methode zur<br />
Bestimmung verschiedener Rauchinhaltsstoffe.<br />
Neue Produkte<br />
Die Industrie hat auf das Rauchverbot in öffentlichen Räumen<br />
reagiert <strong>und</strong> bietet verstärkt rauchlose, nikotinhaltige<br />
Produkte wie z. B. nikotinhaltiges Bier <strong>und</strong> zigarettenartige<br />
Inhalationsgeräte an. Bei normalen Zigaretten verbrennt<br />
Tabak. Dabei entstehen Schadstoffe, wie z. B. Teer, der<br />
die Atemwege verklebt, Kohlenmonoxid, das die Sauerstoffzufuhr<br />
im Körper hemmt <strong>und</strong> zu Bluthochdruck führt,<br />
<strong>und</strong> krebserregende Stoffe. Bei E-Zigaretten wird dagegen<br />
flüssiges Nikotin verdampft. Sie werden von einem Akku<br />
angetrieben, sehen einer herkömmlichen Zigarette relativ<br />
ähnlich <strong>und</strong> haben eine glutähnliche Diode, die bei jedem<br />
Zug aufleuchtet. In ihrem Inneren befinden sich ein<br />
Zerstäuber <strong>und</strong> eine auswechselbare Kapsel mit Nikotin.<br />
Zieht man an dem M<strong>und</strong>stück, reagiert ein Sensor auf den<br />
Luftstrom <strong>und</strong> schaltet ein Heizelement ein. Der Raucher<br />
inhaliert dann statt Rauch Nikotindampf. „Weil kein Tabak<br />
verbrenne“, so die Aussagen der Anbieter, „würden auch<br />
keine schädlichen Stoffe entstehen“. Wer eine E-Zigarette<br />
raucht, inhalierte lediglich Nikotin <strong>und</strong> „harmlose Aromastoffe“.<br />
Folgerichtig bestünde auch für Passivraucher kein<br />
ges<strong>und</strong>heitliches Risiko. Das enthaltene Nikotin ist jedoch<br />
eine der am schnellsten süchtig machenden Substanzen<br />
<strong>und</strong> führt somit in die Anhängigkeit. Derartige Produkte<br />
befinden sich in einer rechtlichen Nische zwischen Tabakprodukt<br />
<strong>und</strong> Arzneimittel. Die zuständigen Länderbehörden<br />
suchen nach einer b<strong>und</strong>esweit einheitlichen Einstufung für<br />
derartige Produkte.<br />
Jürgen Hahn, CVUA Sigmaringen<br />
90
Teil IV<br />
Spezielle<br />
Untersuchungsbereiche<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Krankheitserregende Mikroorganismen<br />
<strong>und</strong> mikrobiologische Besonderheiten 92<br />
Mykotoxine 99<br />
Marine <strong>und</strong> Süßwasser-Biotoxine 104<br />
Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong> organische<br />
Kontaminanten 106<br />
Lebensmittel tierischer Herkunft 114<br />
Ökomonitoring 117<br />
Pharmakologisch wirksame Stoffe 119<br />
Lebensmittelallergene 123<br />
Gentechnik in Lebensmitteln 125<br />
Bestrahlung von Lebensmittel 129<br />
Radiochemische Untersuchungen 130<br />
Industrie- <strong>und</strong> umweltbedingte<br />
Kontaminanten 132<br />
Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB 132<br />
Perfluorierte Tenside 134<br />
Schwermetalle <strong>und</strong><br />
toxische Spurenelemente 135<br />
Herstellungsbedingte Kontaminanten 137<br />
Nitrosamine 137<br />
Polyzyklische aromatische<br />
Kohlenwasserstoffe (PAK) 138<br />
Acrylamid 139<br />
3-Monochlorpropandiol 141<br />
Furan in Lebensmitteln 143<br />
Stabilisotopen-Analytik 144<br />
◆
◆<br />
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Krankheitserregende Mikroorganismen <strong>und</strong><br />
mikrobiologische Besonderheiten<br />
Im Jahr 2007 wurden in den Chemischen <strong>und</strong> Veterinäruntersuchungsämtern in Baden-Württemberg 21.823 Proben, bestehend aus<br />
14.933 Planproben <strong>und</strong> 6.890 Anlassproben mikrobiologisch untersucht. Aufgr<strong>und</strong> der Untersuchungen wurden 9,8 % der Planproben<br />
<strong>und</strong> 28,0 % aller Anlassproben beanstandet. 1.381 Proben (6,3 %) waren aufgr<strong>und</strong> des grobsinnlichen <strong>und</strong> mikrobiologischen Untersuchungsbef<strong>und</strong>es<br />
„nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet“ oder „im Genusswert gemindert“, 51 Proben (0,2 %) waren geeignet,<br />
beim Verzehr durch den Menschen aufgr<strong>und</strong> ihrer mikrobiologischen Beschaffenheit ges<strong>und</strong>heitliche Schäden hervorzurufen.<br />
Vergleich der letzten 5 Jahre – eingesandte Proben im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Erkrankungen:<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007 <strong>2008</strong><br />
Zahl der Erkrankungsfälle 394 407 461 425 356<br />
Zahl der Lebensmittelproben 1.881 1.664 1.546 1.871 2.628<br />
Listeria monocytogenes<br />
Salmonellen<br />
verotox.bildende E. coli<br />
Histamin<br />
Campylobacter spp.<br />
Bacillus cereus<br />
Staphylococcus aureus<br />
Clostridium perfringens<br />
Yersinia enterocolitica<br />
Anzahl der als<br />
Ges<strong>und</strong>heitsgefährdend<br />
beurteilten<br />
Proben:<br />
9<br />
9<br />
3 3 3 2 1<br />
42<br />
16<br />
Potenziell ges<strong>und</strong>heitsschädliche Lebensmittel <strong>und</strong> lebensmittelbedingte Erkrankungsfälle<br />
Im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Erkrankungen wurden im Jahr <strong>2008</strong> insgesamt 2.628 Lebensmittelproben zu 356 Erkrankungsfällen<br />
(Erkrankung von 1 bis zu über 100 Personen) bearbeitet. Diese Proben sind nicht planbar, dennoch zeigt ein Vergleich<br />
der letzten 5 Jahre, dass die Zahl der Erkrankungsfälle weitgehend gleichbleibend ist, wobei die Zahl der in diesem Zusammenhang<br />
eingesandten Proben größeren Schwankungen unterliegt. Bei einem Fall können zum Teil sehr große Probenzahlen angeliefert werden,<br />
die umgehend untersucht werden müssen. Für das Labor stellt dies eine große logistische Aufgabe dar.<br />
Insgesamt wurden 86 Lebensmittelproben (Erkrankungsproben <strong>und</strong> andere Anlassproben sowie Planproben) als ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />
beurteilt, weil Lebensmittel-Infektionserreger (Listeria monocytogenes, Salmonellen, Campylobacter, Clostridium perfringens, Yersinia<br />
enterocolitica), Lebensmittel-Intoxikationserreger (Verotoxin-bildende E. coli, Staphylococcus aureus, Bacillus cereus) oder mikrobiell<br />
verursachte toxische Eiweißabbauprodukte (Histamin) nachgewiesen wurden (siehe Grafik).<br />
92
Krankheitserregende Mikroorganismen <strong>und</strong> mikrobiologische Besonderheiten<br />
Vergleich der letzten 5 Jahre – als ges<strong>und</strong>heitsgefährdend beurteilte Proben:<br />
Proben<br />
Listeria<br />
monocytogenes<br />
Salmonellen<br />
verotox.bildende<br />
E. coli<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90<br />
2<br />
0<br />
0<br />
7<br />
6<br />
8<br />
9<br />
9<br />
12<br />
12<br />
16<br />
19<br />
39<br />
42<br />
53<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
8<br />
Histamin<br />
0<br />
7<br />
12<br />
9<br />
Campylobacter<br />
spp.<br />
0<br />
0<br />
0<br />
3<br />
3<br />
3<br />
Bacillus cereus<br />
2<br />
2<br />
8<br />
15<br />
Staphylococcus<br />
aureus<br />
3<br />
3<br />
5<br />
0<br />
3<br />
Clostridium<br />
perfringens<br />
0<br />
1<br />
0<br />
0<br />
3<br />
Yersinia enterocolitica<br />
0<br />
0<br />
0<br />
0<br />
1<br />
Noro-Viren<br />
1<br />
0<br />
1<br />
3<br />
0<br />
Rota-Viren<br />
0<br />
0<br />
0<br />
1<br />
0<br />
Jahre<br />
2004 2005 2006 2007 <strong>2008</strong><br />
Zahl der<br />
beanstandeten<br />
Proben *<br />
51<br />
59<br />
63<br />
70<br />
86<br />
* Durch Zusammentreffen mehrerer Nachweise bei einer Probe kann die Summe in der Grafik höher sein als die Zahl der beanstandeten Proben<br />
Der Anteil der nachgewiesenen mikrobiellen Erkrankungsursachen unterliegt starken Schwankungen, wie der Vergleich der letzten<br />
5 Jahre zeigt. Darüber hinaus gab es Lebensmittel, die aufgr<strong>und</strong> anderer, nicht unmittelbar mikrobiologischer Ursachen (z. B. scharfkantige,<br />
spitze Fremdkörper etc.) als ges<strong>und</strong>heitsgefährdend beurteilt werden mussten. Siehe hierzu Kapitel III Produktgruppen.<br />
93
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Listerien-Untersuchungen<br />
Listeria monocytogenes ist als Auslöser schwerwiegender lebensmittelbedingter Erkrankungen bekannt. Im Vergleich<br />
zu Campylobacter-Infektionen <strong>und</strong> Salmonellosen ist die Listeriose zwar eine eher seltene Erkrankung, allerdings weist<br />
sie eine hohe Sterblichkeitsrate von 20 % auf, insbesondere bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen wie zum Beispiel<br />
älteren Menschen. Nach dem aktuellen Zoonosebericht für 2007 der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit<br />
blieb die Zahl der Listeriose-Erkrankungen auf dem gleichen Stand wie 2006. Bei immunkompetenten Patienten<br />
verläuft die Infektion meist symptomlos oder mit leichter, grippeähnlicher Symptomatik. Dagegen können die Erreger<br />
bei Patienten mit Abwehrschwäche schwere Infektionen (v.a. Sepsis, Meningoenzephalitis) verursachen. Die Listeriose<br />
während der Schwangerschaft kann zum Abort oder konnataler Listeriose führen.<br />
Der Verzehr kontaminierter Lebensmittel gilt als hauptsächlicher<br />
Übertragungsweg auf den Menschen, wobei die Lebensmittel<br />
ihrerseits einer Vielzahl von Kontaminationsquellen<br />
ausgesetzt sein können. Listerien sind überall verbreitet,<br />
besonders an kühlen, feuchten Stellen. Aus den international<br />
bei Codex Alimentarius <strong>und</strong> WTO geprägten Begriffsdefinitionen<br />
im Zusammenhang mit „Food Safety Objectives“ ergibt<br />
sich, dass bei Listeria monocytogenes-Gehalten über<br />
100 KbE / g in verzehrsfertigen Lebensmitteln das in der EU<br />
als angemessen geltende Ges<strong>und</strong>heitsniveau als unzulässig<br />
erhöht anzusehen ist. Solche Lebensmittel gelten als nicht<br />
sicher <strong>und</strong> sind geeignet, die menschliche Ges<strong>und</strong>heit zu<br />
schädigen.<br />
Von 9.674 durchgeführten Untersuchungen auf Listerien<br />
verliefen 311 mit positivem Ergebnis (3,2 %). Durch weitere<br />
Differenzierungen konnte hierbei in 213 Fällen die pathogene<br />
Art Listeria (L.) monocytogenes nachgewiesen werden<br />
(2,2%). Am häufigsten wurde L. monocytogenes bei<br />
Fischerzeugnissen nachgewiesen (62 Nachweise). Dabei<br />
handelte es sich überwiegend um vakuumverpackte Räucherfischwaren.<br />
Listerien in Pangasiusfilets<br />
Aufgr<strong>und</strong> mehrere Nachweise in den vergangenen Jahren<br />
wurden gezielt Filets der meist aus Südostasien stammenden<br />
<strong>und</strong> überwiegend in Aquakulturen gehaltenen Fischart<br />
Pangasius auf Listerien untersucht. In 8 von 14 Proben<br />
war L. monocytogenes, in weiteren 5 Proben L. innocua in<br />
der Anreicherung nachweisbar. Auch wenn aufgr<strong>und</strong> der<br />
überwiegenden Vermarktung von Pangasiusfilets im tiefgefrorenen<br />
Zustand <strong>und</strong> der hiesigen Verzehrsgewohnheiten<br />
von einer unmittelbaren Verbrauchergefährdung nicht ausgegangen<br />
werden kann, stellt Pangasius derzeit zumindest<br />
eine potenzielle Eintragsquelle für L. monocytogenes dar.<br />
Listerien in Ricotta-Käse<br />
Auf dem Wege einer Meldung im europäischen Schnellwarnsystem<br />
RASFF wurde vor dem Verzehr eines italienischen<br />
Ricotta-Käses wegen einer Kontamination mit Listeria<br />
monocytogenes gewarnt. Bei dem in Baden-Württemberg<br />
ansässigen Importeur wurden daraufhin 7 Originalpackungen<br />
aus drei unterschiedlichen Chargen entnommen. In<br />
allen Proben wurden mehr als 100 KbE Listeria monocyto-<br />
genes pro Gramm nachgewiesen, in 3 Proben sogar mehr<br />
als 3 Millionen KbE / g. Die drei Chargen wurden als ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />
beurteilt <strong>und</strong> mussten aus dem Handel zurückgenommen<br />
werden.<br />
Ausgelöst durch diesen Bef<strong>und</strong> bei einer bis dahin unauffälligen<br />
Käseart wurden im Rahmen der Planprobenanforderung<br />
Ricotta-Käse verschiedenster Herkunft im Sinne einer Marktübersicht<br />
angefordert. Im Rahmen dieser begrenzten Aktion<br />
konnten bei den Ricotta-Käsen zweier weiterer italienischer<br />
Käsereien Listeria monocytogenes festgestellt werden, wiederum<br />
in Größenordnungen bis zu 1 Million KbE / g. Dies<br />
führte zu öffentlichen Rückrufaktionen sowie zwei weiteren<br />
RASFF-Meldungen.<br />
Listerien in schnellgereiften<br />
Rohwürsten<br />
Der Nachweis von 500 KbE L. monocytogenes pro Gramm<br />
in einer Teewurst, hergestellt in einer Metzgerei, gab Anlass<br />
zu einer Betriebskontrolle mit Probenerhebung von weiteren<br />
derartigen verzehrfertigen Erzeugnissen sowie Tupferproben<br />
zur Untersuchung auf Listerien. 16 Nachproben (Teewurst,<br />
grobe Mettwurst, Zwiebelmettwurst, Bauernbratwurst) aus<br />
fünf verschiedenen Produktionschargen wurden vorgelegt<br />
<strong>und</strong> auf eine mögliche Kontamination mit L. monocytogenes<br />
untersucht.<br />
Die Erstprobe <strong>und</strong> acht weitere schnellgereifte Rohwurstproben<br />
mussten aufgr<strong>und</strong> eines ermittelten Keimgehalts an<br />
L. monocytogenes von >100 KbE / g als ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />
beurteilt werden.<br />
Auch in den restlichen acht Proben war L. monocytogenes<br />
nachweisbar, allerdings in Konzentrationen unter 100 KbE / g.<br />
Als L. monocytogenes-positiv zeigte sich auch je eine Tupferprobe<br />
des beprobten Schneidebrettes <strong>und</strong> des Kutters<br />
des Herstellerbetriebes.<br />
Der Betrieb stellte die Herstellung streichfähiger Rohwurst<br />
vorübergehend ein. Die durchgeführten Maßnahmen –<br />
Reinigung <strong>und</strong> Desinfektion sowie die Überprüfung <strong>und</strong><br />
Korrektur der Technologie <strong>und</strong> der Reifung – zeigten erst<br />
nach längeren Bemühungen Erfolg. Vier Proben aus dem<br />
betreffenden Betrieb, hergestellt drei Monate nach dem ersten<br />
Listerienbef<strong>und</strong>, waren L. monocytogenes-negativ. Die<br />
Produktion konnte unter optimierten Eigenkontrollen wieder<br />
aufgenommen werden.<br />
94
Krankheitserregende Mikroorganismen <strong>und</strong> mikrobiologische Besonderheiten<br />
Salmonellen-Untersuchungen<br />
Eine Lebensmittelvergiftung durch Salmonellen führt in der Regel 12 bis 36 St<strong>und</strong>en nach dem Verzehr des Lebensmittels<br />
zu Symptomen wie Kopfschmerz, Unwohlsein, Erbrechen, Leibschmerzen, Fieber bis ca. 38 °C <strong>und</strong><br />
Durchfälle. Die Schwere der Erkrankung ist bei Kleinkindern <strong>und</strong> alten Menschen am ausgeprägtesten.<br />
Salmonellen in Tiramisu<br />
Drei Personen hatten in einer Gaststätte verschiedene Mahlzeiten<br />
eingenommen. Als Dessert wurde von allen drei Gästen<br />
Tiramisu verzehrt. Ein bis drei Tage später erkrankten sie<br />
an Durchfall, Fieber, Schüttelfrost <strong>und</strong> Erbrechen. Stuhluntersuchungen<br />
der Erkrankten zeigten, dass diese an einer<br />
durch Salmonella enteritidis verursachten Salmonellose erkrankt<br />
waren.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Von 9.201 Untersuchungen auf Salmonellen verliefen 88<br />
(1,0 %) positiv. Naturgemäß erfolgten aus Geflügelfleisch die<br />
häufigsten Salmonellen-Nachweise (44 Fälle = 12,4 % aller<br />
Geflügelfleischproben). Die am häufigsten nachgewiesenen<br />
Salmonellen-Serovare waren S. Typhimurium (18 Fälle) <strong>und</strong><br />
S. Enteritidis (14 Fälle).<br />
Bei einer von der unteren Lebensmittelüberwachungsbehörde<br />
durchgeführten Betriebskontrolle wurde festgestellt, dass<br />
das Tiramisu in der Gaststätte unter Verwendung roher Eier<br />
hergestellt wird. Es werden stets größere Mengen als Vorrat<br />
für 3 bis 4 Tage zubereitet. Eine vorrätig gehaltene Tiramisu-<br />
Probe wurde, neben anderen Lebensmitteln, zur Untersuchung<br />
eingeschickt. Die mikrobiologische Untersuchung<br />
ergab den Nachweis von Salmonella enteritidis. Ein kausaler<br />
Zusammenhang zwischen dem Tiramisu-Verzehr <strong>und</strong> den<br />
gemeldeten Erkrankungsfällen war gegeben.<br />
Im vorliegenden Fall hatte die mehrtägige Vorratshaltung die<br />
Vermehrung von Salmonellen, die wahrscheinlich über die<br />
rohen Eier in das Tiramisu gelangt waren, begünstigt.<br />
VTEC/EHEC-Untersuchungen<br />
EHEC-Infektionen werden durch Escherichia-coli-Bakterien verursacht, welche bestimmte Toxine bilden können. Sie<br />
werden unter dem Begriff Shiga-Toxin- bzw. Verotoxin-bildende E. coli (STEC bzw. VTEC) zusammengefasst. Als EHEC<br />
werden diejenigen STEC/VTEC bezeichnet, die fähig sind, beim Menschen Krankheitserscheinungen auszulösen. Viele<br />
EHEC-Infektionen verlaufen klinisch inapparent („nicht in Erscheinung tretend“) <strong>und</strong> bleiben daher unerkannt. Etwa ein<br />
Drittel der manifesten Erkrankungen tritt als Durchfall in Erscheinung. Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen <strong>und</strong><br />
zunehmende Bauchschmerzen, selten Fieber. In wenigen Fällen entwickelt sich als schwere Verlaufsform eine hämorrhagische<br />
Kolitis mit Leibschmerzen, blutigem Stuhl <strong>und</strong> häufig mit Fieber. Säuglinge, Kleinkinder, alte Menschen <strong>und</strong><br />
abwehrgeschwächte Personen erkranken erfahrungsgemäß häufiger schwer. Gefürchtet sind schwerwiegende Komplikationen<br />
wie das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) mit hämolytischer Anämie <strong>und</strong> Nierenversagen.<br />
Wiederkäuer, vor allem Rinder, Schafe <strong>und</strong> Ziegen, aber auch Wildwiederkäuer (v.a. Rehe <strong>und</strong> Hirsche) werden als<br />
Hauptreservoir für EHEC angesehen.<br />
912 Lebensmittel wurden auf VTEC untersucht. Der Nachweis<br />
von VTEC aus Lebensmitteln umfasst eine relativ<br />
aufwändige Kombination von molekularbiologischen <strong>und</strong><br />
klassisch-kulturellen Verfahren <strong>und</strong> führte im Jahr <strong>2008</strong> zu<br />
insgesamt 32 positiven Bef<strong>und</strong>en. Neunmal wurde VTEC in<br />
Proben festgestellt, die bestimmungsgemäß vor dem Verzehr<br />
keinem keimabtötenden Verfahren mehr unterworfen<br />
werden <strong>und</strong> somit geeignet waren, die Ges<strong>und</strong>heit zu schädigen.<br />
Hierbei handelte es sich um Rohmilchkäse (3 Proben),<br />
Zwiebelmettwurst, Vorzugsmilch <strong>und</strong> Hackfleisch (je 2<br />
Proben). Im Falle der zwei offen in Metzgereien angebotenen<br />
Hackfleischproben vom Schwein bzw. vom Rind konnte<br />
ein Rohverzehr, z. B. als Schweinemett bzw. als Tatar, nicht<br />
ausgeschlossen werden.<br />
VTEC in Rohmilchkäse<br />
Bei der Frischkäse- <strong>und</strong> Weichkäseherstellung aus Rohmilch<br />
besteht die Gefahr, dass in der rohen Ausgangsmilch vorhandene<br />
VTEC-Keime den Herstellungsprozess überleben<br />
95
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
<strong>und</strong> im fertigen Käse nachweisbar sind. Bei langgereiften<br />
Käsesorten, z. B. Hartkäse, werden VTEC-Keime infolge der<br />
fortschreitenden Trocknung <strong>und</strong> pH-Wert-Senkung inaktiviert<br />
<strong>und</strong> schließlich abgetötet. Bei den drei Rohmilchkäsen<br />
mit positivem VTEC-Bef<strong>und</strong> handelte es sich jeweils um<br />
Weichkäse. Die betroffenen Chargen mussten aus dem<br />
Verkehr genommen werden. Die Fälle unterstreichen die<br />
bei Rohmilchkäse herausragende Bedeutung wirksamer betrieblicher<br />
Eigenkontrollen durch den Hersteller.<br />
VTEC in Zwiebelmettwurst<br />
VTEC in Vorzugsmilch<br />
In einer rohen, verzehrsfertigen Zwiebelmettwurst, die planmäßig<br />
in einem Fleischwarenbetrieb entnommen worden<br />
war, wurden verotoxinbildende Escherichia coli nachgewiesen.<br />
Die Wurst wurde deshalb als unsicheres Lebensmittel<br />
<strong>und</strong> geeignet, die Ges<strong>und</strong>heit zu schädigen, beurteilt. Vom<br />
Hersteller wurden daraufhin alle in seinen Filialen noch<br />
vorrätigen Zwiebelmettwürste freiwillig aus dem Verkehr<br />
genommen. In 2 der 4 entnommenen Nachproben wurden<br />
ebenfalls VTEC nachgewiesen. Im Verlauf der Rohwurstreifung<br />
wird die gramnegative Keimflora, zu der verderbniserregende<br />
Pseudomonaden <strong>und</strong> Enterobakteriazeen<br />
(einschließlich VTEC) gehören, infolge der fortschreitenden<br />
pH-Wert-Absenkung inaktiviert <strong>und</strong> schließlich abgetötet.<br />
Bei der nur kurzgereiften oder häufig nur mangelhaft gereiften<br />
Zwiebelmettwurst können über das rohe Ausgangsmaterial<br />
eingebrachte VTEC überleben. Dem Hersteller wurde<br />
deshalb geraten, die Reifung seiner Zwiebelmettwürste zu<br />
überprüfen <strong>und</strong> diese keinesfalls vor Abschluss der Reifung<br />
in den Verkehr zu bringen.<br />
Vorzugsmilch ist Rohmilch, die unter bestimmten Voraussetzungen<br />
<strong>und</strong> nach Genehmigung durch die zuständige<br />
Überwachungsbehörde an Verbraucher, ausgenommen<br />
Ein-richtungen zur Gemeinschaftsverpflegung, abgegeben<br />
werden darf. Sie wird keinem Erhitzungsverfahren wie<br />
z. B. einer Pasteurisierung unterworfen <strong>und</strong> in der Regel roh<br />
verzehrt. Um das Risiko für den Verbraucher abzumildern,<br />
muss Vorzugsmilch monatlich einer mikrobiologischen<br />
Untersuchung, insbesondere auf pathogene Keime, unterworfen<br />
werden. Bei einer dieser monatlichen Pflichtuntersuchungen<br />
wurden in der Milch eines Vorzugsmilchbetriebes<br />
VTEC nachgewiesen. Von der zuständigen unteren Lebensmittelüberwachungsbehörde<br />
wurde daraufhin der Verkauf<br />
der Milch als Vorzugsmilch untersagt <strong>und</strong> eine Abgabe an<br />
die Molkerei zum Zwecke der Hitzebehandlung angeordnet.<br />
Nach der Durchführung betrieblicher Reinigungs- <strong>und</strong> Desinfektionsmaßnahmen<br />
<strong>und</strong> dem negativen VTEC-Bef<strong>und</strong> bei<br />
5 Nachproben in Folge durfte der Betrieb wieder Vorzugsmilch<br />
abgeben.<br />
Bacillus cereus-Untersuchungen<br />
Bacillus cereus ist ein Umweltkeim, aber auch ein potenzieller Lebensmittelvergifter <strong>und</strong> Enterotoxinbildner, dessen<br />
unterschiedliche Toxine entweder Durchfall (Diarrhoe-Toxin) oder Übelkeit <strong>und</strong> gelegentlich Erbrechen (emetisches<br />
Toxin) hervorrufen.<br />
Zur Auslösung einer Lebensmittelvergiftung<br />
durch Bacillus cereus (B. cereus)<br />
werden in der Literatur Mindestkeimgehalte<br />
zwischen 10 5 <strong>und</strong> 10 6 /g Lebensmittel<br />
genannt. Von der Deutschen<br />
Gesellschaft für Hygiene <strong>und</strong><br />
Mikrobiologie (DGHM) wird als Bacillus<br />
cereus-Warnwert für die meisten<br />
Lebensmittel eine Menge von 10 4<br />
Keimen/g angegeben. Symptome treten 1<br />
bis 5 St<strong>und</strong>en (Erbrechenstyp) bzw. 6 bis 12<br />
St<strong>und</strong>en (Durchfallstyp) nach Verzehr des kontaminierten<br />
Lebensmittels auf. Bei durcherhitzten Lebensmitteln ist oftmals<br />
der mittels HPLC durchgeführte Cereulid-Nachweis die<br />
einzige Möglichkeit, um die Ursachenkette aufzuklären, da<br />
dieses Toxin hitzestabil ist, während die auslösenden Keime<br />
durch den Erhitzungsvorgang abgetötet werden.<br />
Bacillus cereus in Aprikosen-Dressing<br />
Eine Frau hatte in einem Asia-Restaurant u. a. einen Salat<br />
mit Aprikosen-Dressing zu sich genommen. Zweieinhalb<br />
St<strong>und</strong>en später bekam sie Kreislaufprobleme <strong>und</strong> musste<br />
erbrechen. Die Frau wandte sich an die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde,<br />
welche sofort den Betrieb aufsuchte.<br />
In der Kühlzelle der Gaststätte lagerten vorbereitete<br />
Speisenbestandteile, so auch noch das Dressing, das als<br />
Verdachtsprobe entnommen wurde. Nach dem Ergebnis der<br />
durchgeführten mikrobiologischen Untersuchungen enthielt<br />
das Dressing B. cereus. Mithilfe der lebensmittelchemischen<br />
Untersuchung wurde das emetische Toxin Cereulid im Dressing<br />
nachgewiesen. Wie die Ermittlungen ergaben, war das<br />
Dressing für mehrere Tage auf Vorrat hergestellt <strong>und</strong> nicht<br />
durchgehend ausreichend kühl gelagert worden. Die Probe<br />
wurde aufgr<strong>und</strong> des Toxinnachweises als ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />
beurteilt.<br />
96
Krankheitserregende Mikroorganismen <strong>und</strong> mikrobiologische Besonderheiten<br />
Staphylococcus aureus-Untersuchungen<br />
Staphylococcus aureus ist ein potenzieller Lebensmittelvergifter, der ab einer Konzentration von etwa 100.000 bis<br />
1 Million Keimen pro Gramm Lebensmittel, sofern er Toxin bildet, Lebensmittelvergiftungen verursachen kann.<br />
Ein hoher Gehalt an Staphylococcus aureus (S. aureus)<br />
spricht für eklatante Hygienefehler bei der Herstellung <strong>und</strong><br />
Behandlung von Lebensmitteln. S. aureus kommt bei sehr<br />
vielen Menschen im Nasen-Rachen-Raum, auf der Haut,<br />
in den Haaren, aber auch in eiternden W<strong>und</strong>en vor. Werden<br />
Lebensmittel infolge mangelhafter Personalhygiene mit<br />
S. aureus kontaminiert <strong>und</strong> danach unsachgemäß (zu lange<br />
<strong>und</strong> ohne ausreichende Kühlung) gelagert, können sich die<br />
Staphylokokken massenhaft vermehren <strong>und</strong> Enterotoxin bilden.<br />
Das von Staphylokokken gebildete Toxin ist hitzestabil.<br />
Es wird durch das Erhitzen des Lebensmittels in der Regel<br />
nicht inaktiviert. Einen typischen Fall einer Staphylokokken-<br />
Gruppenerkrankung infolge von Hygienemängeln zeigt der<br />
nachfolgend beschriebene Fall auf.<br />
Die Hochzeitsgäste mussten ins<br />
Krankenhaus<br />
Im Laufe einer Hochzeitsfeier erkrankten mehrere Personen<br />
2-8 St<strong>und</strong>en nach dem Verzehr von Speisen an Durchfall<br />
<strong>und</strong> Erbrechen. Insgesamt 10 Hochzeitsgäste wurden in die<br />
umliegenden Krankenhäuser eingeliefert. Das Hochzeitsessen<br />
war von einem Partyservice geliefert worden, u. a. gegarte<br />
Zunge sowie mit Hackfleisch gefüllte Pfannkuchen<br />
<strong>und</strong> Wassermelonen. Zur Untersuchung gelangten Proben,<br />
die nach dem Bekanntwerden der Erkrankungen aus einem<br />
Tiefkühlgerät des Partyservices entnommen wurden, sowie<br />
Probenreste vom Hochzeitsessen, die im Krankenhaus<br />
eingelieferte Patienten der Lebensmittelüberwachungsbehörde<br />
übergeben hatten. Mithilfe der mikrobiologischen<br />
Untersuchung konnten in allen o. g. Proben S. aureus mit<br />
Toxinbildungsvermögen nachgewiesen werden, im Falle der<br />
gefüllten Pfannkuchen in einer Menge weit über 3 Millionen<br />
KbE/g. Im Rahmen weiterer Untersuchungen wurde das<br />
entsprechende S. aureus-Enterotoxin, welches zu Erkrankungen<br />
führen kann, in großer Menge festgestellt.<br />
Die gefüllten Pfannkuchen wurden aufgr<strong>und</strong> des Nachweises<br />
extrem hoher Keimgehalte an S. aureus <strong>und</strong> erheblicher<br />
Mengen an S. aureus-Enterotoxin im Zusammenhang mit<br />
den gemeldeten Erkrankungen als geeignet beurteilt, die Ges<strong>und</strong>heit<br />
zu schädigen. Vermutlich hatte eine mangelhafte<br />
Personalhygiene <strong>und</strong>/oder ein unsachgemäßer Umgang mit<br />
den Lebensmitteln der Keimvermehrung <strong>und</strong> Enterotoxinbildung<br />
Vorschub geleistet. Ein wichtiger Auslöser für lebensmittelbedingte<br />
Erkrankungen sind Temperaturfehler, welche<br />
das Überleben bzw. die Vermehrung von Krankheitserregern<br />
in Lebensmitteln ermöglichen. Neben der mangelhaften Kühlung<br />
bei der Lagerung ist die ungenügende Erhitzung bei der<br />
Speisenzubereitung oder beim Wiederaufwärmen von zubereiteten<br />
Speisen von Bedeutung. Weitere Fehler sind das lange<br />
Warmhalten von Speisen bei zu niedrigen Temperaturen<br />
<strong>und</strong> die zu langsame Abkühlung von erhitzten Speisen.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Clostridium perfringens-Untersuchungen<br />
C. perfringens ist ein ubiquitär vorkommender Sporenbildner <strong>und</strong> in Lebensmitteln ab einer<br />
Konzentration von 106 KbE / g ein potenzieller Lebensmittelvergifter. Die meisten Tiere scheiden<br />
Clostridium perfringens mit dem Stuhl aus, so dass eine Kontamination von rohem Fleisch nicht<br />
ungewöhnlich ist. Häufige Kontaminationsquellen für C. perfringens sind Fäkalienspuren, Staub,<br />
Erdboden <strong>und</strong> Abwasser.<br />
Während des Stehenlassens von hauptsächlich fertigen<br />
Speisen auf Fleischgr<strong>und</strong>lage bei Zimmertemperatur bzw.<br />
ungenügender Kühlung können sich die Erreger in den zubereiteten<br />
Speisen innerhalb kurzer Zeit auf Konzentrationen<br />
von über 106 Keime/g Lebensmittel vermehren. Da C. perfringens<br />
nicht obligat anaerob, sondern aerotolerant anaerob<br />
ist, findet eine Vermehrung nicht nur unter anaeroben Verhältnissen<br />
statt. Das Temperaturoptimum für seine Vermehrung<br />
liegt zwischen 43 <strong>und</strong> 47 °C mit einer Generationszeit<br />
von 15 bis 20 min. Die Hitzeresistenz der Sporen ist je nach<br />
Matrix sehr unterschiedlich. Bei der Erhitzung von Lebensmitteln<br />
gehen eventuell vorhandene Sporen schnell in die<br />
vegetative Zellform über, welche zum einen sehr hitzeempfindlich<br />
ist <strong>und</strong> zum anderen auch gegenüber Gefriertemperaturen<br />
empfindlich reagiert. Daher kann man Speisen durch<br />
eine angemessene Temperaturführung bei der Herstellung<br />
<strong>und</strong> Aufbewahrung von erhitzten Produkten vor einer Vermehrung<br />
von C. perfringens wirksam schützen.<br />
Ein typisches Beispiel für Lebensmittelvergiftungen durch<br />
C. perfringens zeigt folgender Fall.<br />
Clostridien in passiertem<br />
Schweinefleisch<br />
In einem Altenheim erkrankten während einer Nacht 15<br />
Bewohner an massivem Durchfall. Alle Erkrankten gehörten<br />
zu der Seniorengruppe, die mit zerkleinerter (passierter)<br />
Nahrung verpflegt wurden. Zur Untersuchung wurden<br />
deshalb die passierten Rückstellproben, u. a. passiertes<br />
Schweinefleisch vom Vortag, eingeschickt. Mithilfe der mi-<br />
97
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
krobiologischen Untersuchung wurden in dem Schweinefleisch<br />
C. perfringens-Keime in einer Konzentration von über<br />
10 Millionen KbE/g nachgewiesen. Das Vorhandensein des<br />
Enterotoxin-Gens <strong>und</strong> somit die Toxinbildungsfähigkeit dieser<br />
Keime wurde molekularbiologisch bestätigt. Ein Zusammenhang<br />
zwischen dem Verzehr des passierten Fleisches <strong>und</strong> der<br />
Erkrankung ist wahrscheinlich. Ursache für die massenhafte<br />
Vermehrung von C. perfringens dürfte eine zu lange Lagerung<br />
bei ungenügender Kühlung gewesen sein. Vertreter der unteren<br />
Lebensmittelüberwachungsbehörde <strong>und</strong> des Ges<strong>und</strong>heitsamtes<br />
stellten bei einer Betriebskontrolle verschiedene<br />
Hygienemängel fest.<br />
Campylobacter-Untersuchungen<br />
Thermophile Campylobacter-Keime (C. jejuni, C. coli <strong>und</strong> C. lari) sind nach Angaben des B<strong>und</strong>esinstituts für Risikobewertung<br />
(BfR) neben Salmonellen die häufigsten bakteriellen Verursacher von lebensmittelbedingten Darminfektionen in<br />
Deutschland. Trotzdem gelingt es nur selten, den Zusammenhang zwischen dem Verzehr eines bestimmten Lebensmittels<br />
<strong>und</strong> einer Campylobacter-Erkrankung nachzuweisen. Dies liegt daran, dass Campylobacter-Infektionen mit einer meist<br />
mehrere Tage dauernden Inkubationszeit einhergehen. Wenn erste Erkrankungssymptome auftreten, wird ein vor mehreren<br />
Tagen verzehrtes Lebensmittel in der Regel nicht mehr als Ursache der Erkrankung angenommen bzw. es steht für eine<br />
Untersuchung nicht mehr zur Verfügung.<br />
Eine Campylobacter-Infektion geht in der Regel mit den Symptomen<br />
Durchfall, Erbrechen <strong>und</strong> Fieber einher. Routinemäßig<br />
werden daher alle Proben, die im Zusammenhang mit fieberassoziierten<br />
Erkrankungen eingeschickt wurden, auf Campylobacter<br />
untersucht. Einen weiteren Untersuchungsschwerpunkt bildet<br />
die Untersuchung von rohem Geflügelfleisch, da dieses sehr<br />
häufig mit Campylobacter-Erregern belastet ist. Untersuchungen<br />
auf thermophile Campylobacter-Keime wurden an 1.519<br />
Lebensmitteln durchgeführt, davon waren 155 Proben positiv<br />
(10,2%). Die meisten positiven Bef<strong>und</strong>e betrafen rohes Geflü-<br />
gelfleisch. Von 46 untersuchten Hühnerfleischproben waren 41<br />
(85%) Campylobacter-positiv, während bei 11 Putenfleisch-<br />
Planproben lediglich eine Campylobacter-positiv war. Rohes<br />
Hühnerfleisch ist damit nach wie vor primärer Campylobacter-<br />
Träger. Zwei C. lari-Isolate stammten von frischen Miesmuscheln<br />
<strong>und</strong> frischen Sandklaffmuscheln. Positive Campylobacter-Bef<strong>und</strong>e<br />
blieben lebensmittelrechtlich weitgehend ohne<br />
Folgen: bei einer bestimmungsgemäßen Behandlung durch<br />
ausreichende Durcherhitzung vor dem Verzehr der Lebensmittel<br />
werden Campylobacter-Keime mit Sicherheit abgetötet.<br />
Virus-Untersuchungen<br />
Noroviren <strong>und</strong> Rotaviren sind hochinfektiöse Erreger von Magen-Darm-Erkrankungen.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden 838 Untersuchungen auf Noroviren<br />
durchgeführt. Das Virus wird mit dem M<strong>und</strong> aufgenommen<br />
<strong>und</strong> führt nach einer Inkubationszeit von 1 bis 2 Tagen zu den<br />
typischen Symptomen einer Norovirus-Erkrankung: massives<br />
<strong>und</strong> unkontrollierbares Erbrechen <strong>und</strong> begleitend dazu sehr<br />
starker Durchfall. Im Patienten-Stuhl sowie in Erbrochenem<br />
sind sehr hohe Viruszahlen vorhanden, wobei zum Auslösen<br />
der Krankheit nur 10 bis 100 Viruspartikel benötigt werden.<br />
Diese hohe Infektiosität in Verbindung mit der Übertragbarkeit<br />
von Person zu Person erklärt auch, warum Norovirus-Infektionen<br />
meist zu Gruppenerkrankungen führen, oft in Einrichtungen,<br />
in denen Menschen auf engem Raum zusammenleben<br />
(z. B. Altenheime oder Krankenhäuser). Rotaviren (98 Untersuchungen<br />
in <strong>2008</strong>) verursachen beim Menschen üblicherweise<br />
12-48 St<strong>und</strong>en nach Verzehr kontaminierter Lebensmittel<br />
Magen-Darm-Erkrankungen mit Symptomen wie massives<br />
Erbrechen mit starken Durchfällen <strong>und</strong> Leibschmerzen. Die<br />
Krankheitserscheinungen halten in der Regel ein bis vier Tage<br />
an. Besonders anfällig für Rotavirus-Infektionen sind Kleinkinder.<br />
Die Übertragung von sowohl Norovirus als auch Rotavirus<br />
erfolgt meist von Person zu Person, kann aber auch, wie am<br />
CVUA Stuttgart in den vergangenen Jahren wiederholt bewiesen<br />
wurde, durch kontaminierte Lebensmittel erfolgen.<br />
Norovirus vom Caterer?<br />
Am Tag nach einer Familienfeier erkrankten mindestens 15<br />
der Gäste an Übelkeit <strong>und</strong> vielfachem Erbrechen, später auch<br />
Durchfall. Die Untersuchung von Patientenstuhlproben ergab<br />
den Nachweis von Noroviren. Beim Festessen waren neben<br />
selbst gebackenen Kuchen auch diverse warme Speisen <strong>und</strong><br />
Nachtisch von einer Metzgerei mit Party-Service geliefert<br />
worden. Die Untersuchung noch vorhandener Lebensmittel<br />
ergab keinen Anhaltspunkt für die Quelle der Erkrankungen.<br />
Allerdings hatte die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde<br />
auch eine Hygienekontrolle im Betrieb des Metzgers<br />
durchgeführt <strong>und</strong> in diesem Rahmen verschiedene<br />
Tupferproben erhoben. In einer Tupferprobe vom Personal-<br />
WC konnten ebenfalls Noroviren nachgewiesen werden. Die<br />
abschließende Klärung, ob es sich hierbei um infektiöse Viruspartikel<br />
handelte, die tatsächlich im direkten Zusammenhang<br />
mit dem Erkrankungsfall stehen, hätte jedoch nur über<br />
einen Abgleich von Gensequenzen mit aus Patientenmaterial<br />
isolierten Noroviren erfolgen können. Die hierzu notwendigen<br />
Sequenzen standen leider nicht zur Verfügung.<br />
Dr. Alfred Friedrich, CVUA Stuttgart<br />
98
Mykotoxine<br />
Mykotoxine<br />
Im Rahmen der menschlichen Ernährung (einschließlich der Futtermittel für nahrungsmittelliefernde Tiere) spielt<br />
nur ein relativ geringer Teil der bekannten etwa 200 als Mykotoxine bezeichneten Stoffwechselprodukte der unterschiedlichsten<br />
Schimmelpilzarten eine Rolle. Für Aflatoxine, Deoxynivalenol (DON), Fumonisine, Ochratoxin A,<br />
Patulin <strong>und</strong> Zearalenon (ZON) sind Höchstgehalte festgelegt. Im Hinblick auf die zukünftige Festlegung weiterer<br />
Höchstgehalte finden in den vergangenen Jahren zunehmend Untersuchungen auf Alternaria-Toxine <strong>und</strong> eine Vielzahl<br />
von Trichothecenen statt, für die noch keine Regelungen zur Verfügung stehen.<br />
Da neu entwickelte bzw. verbesserte Multimethoden die gleichzeitige <strong>und</strong> treffsichere Bestimmung unterschiedlicher<br />
Toxine <strong>und</strong> Toxingruppen erlauben, werden die gängigen Einzelverfahren immer mehr in den Hintergr<strong>und</strong><br />
gedrängt. Allerdings sind dazu teure, hochempfindliche Geräte erforderlich <strong>und</strong> die Tätigkeit der technischen Kräfte<br />
verlagert sich in entsprechendem Maße auf die Auswertung der komplexen Messergebnisse.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden in mehr als 1.800 Lebensmittelproben r<strong>und</strong> 3.400 Toxinbestimmungen durchgeführt, wobei teilweise<br />
nur ein Toxin, zunehmend aber auch mehrere Toxine <strong>und</strong> Toxingruppen gleichzeitig bestimmt werden können.<br />
Aflatoxine B 1<br />
,B 2<br />
,G 1<br />
<strong>und</strong> G 2<br />
Aflatoxine werden überwiegend in feuchtwarmen Klimazonen von Lagerpilzen<br />
wie Aspergillus flavus <strong>und</strong> Aspergillus parasiticus gebildet. Aufgr<strong>und</strong><br />
ihres krebsauslösenden Potenzials wurden diese Stoffe schon sehr früh mit<br />
nationalen Grenzwerten belegt. Die Kontaminantenverordnung der EU hat<br />
die entsprechenden Werte aufgegriffen; weltweit gelten jedoch die unterschiedlichsten<br />
Anforderungen.<br />
Zur Vermeidung von Handelshemmnissen hat die Codex-Alimentarius-Kommission,<br />
ein gemeinsames Gremium der Ernährungs- <strong>und</strong> Landwirtschaftsorganisation<br />
(FAO) <strong>und</strong> der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation der Vereinten Nationen (WHO), eine Vereinheitlichung<br />
auf der Basis höherer Werte vorgesehen, so dass die europäische Regelung entsprechend angepasst werden muss.<br />
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Beanstandungsquoten unter diesem Gesichtspunkt entwickeln werden.<br />
Der Prozentsatz an aflatoxinhaltigen Proben lag im Gegensatz<br />
zum vergangenen Jahr (50 %) nur bei knapp 38 %,<br />
der Anteil der Überschreitung der zulässigen Höchstgehalte<br />
von 2 µg / kg Aflatoxin B 1<br />
bzw. 4 µg / kg für die<br />
Summe aus den Aflatoxinen B 1<br />
, B 2<br />
, G 1<br />
<strong>und</strong> G 2<br />
bzw. 5 <strong>und</strong><br />
10 µg / kg für Gewürze entsprach mit knapp 5 % den<br />
Werten der vergangenen Jahre.<br />
Nüsse, Ölsaaten <strong>und</strong> daraus<br />
hergestellte Erzeugnisse<br />
Auffällige Bef<strong>und</strong>e ergaben sich insbesondere bei Pistazien<br />
(überwiegend in gerösteter <strong>und</strong> gesalzener Form).<br />
Nahezu 28 % enthielten Aflatoxine; bei 7 Proben (8,5 %)<br />
war der zulässige Höchstgehalt an Aflatoxin B 1<br />
bzw. der<br />
Summe an Aflatoxinen überschritten. Die höchsten Werte<br />
betrugen 37,2 µg / kg (B 1<br />
) bzw. 66,3 µg / kg (Summe).<br />
Melonenkerne wiesen teilweise noch höhere Gehalte auf.<br />
Die Höchstgehalte für Nüsse <strong>und</strong> Ölsaaten waren bei<br />
59 % der Produkte mit Maximalwerten von 158,4 µg / kg<br />
für B 1<br />
bzw. 195,7 µg / kg für die Summe überschritten.<br />
Eine ebenfalls bisher kaum untersuchte Produktgruppe,<br />
überwiegend in Geschäften für türkische <strong>und</strong> russische<br />
Lebensmittel vertriebene Knabbermischungen, fiel mit<br />
60 % Höchstmengenüberschreitungen (bei allerdings nur<br />
5 Proben) ebenfalls aus dem Rahmen. Es handelt sich um<br />
unterschiedlichste Mischungen aus verschiedenen Nüssen<br />
<strong>und</strong> Ölsaaten, Kichererbsen oder geröstetem Mais.<br />
Es ist vorgesehen, diese Erzeugnisse zukünftig verstärkt<br />
zu untersuchen.<br />
Wie im vergangenen Jahr wurden die höchsten Aflatoxingehalte<br />
bei einer Verdachtsprobe Erdnüssen ermittelt.<br />
Auch bei Proben, die im Rahmen einer Sonderaktion<br />
schwerpunktmäßig an Marktständen für gebrannte Erdnüsse<br />
lagen neben zahlreichen sensorischen Abweichungen,<br />
Fraßspuren <strong>und</strong> Insektenbefall sowie vereinzelt sehr<br />
hohe Aflatoxingehalte vor (siehe Kapitel III Nüsse).<br />
Bei Pistazienpasten als Gr<strong>und</strong>stoff für die Herstellung<br />
von Pistazieneis ergab sich im Gegensatz zum Vorjahr<br />
nur eine Überschreitung des Höchstgehaltes an Aflatoxin<br />
B1 bzw. der Summe der Aflatoxine. Die Werte betrugen<br />
6,7 (B 1<br />
) bzw. 7,3 µg / kg (Summe). Da die Belastung der<br />
Pistazienpasten sehr von der Qualität des jeweils voran-<br />
99
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
gegangenen Erntejahres abhängt, bleiben diese Produkte<br />
auch weiterhin unter regelmäßiger Überwachung.<br />
Trockenobst<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> war ein erneuter Anstieg der positiven Bef<strong>und</strong>e<br />
bei Feigen von 75 auf 81 % zu verzeichnen. Auch die<br />
Beanstandungsquote war mit 19 % dreimal so hoch wie im<br />
Jahr 2007. Bei einem Höchstgehalt von 5 µg / kg für B1 bzw.<br />
10 µg / kg für die Summe waren die Überschreitungen mit<br />
bis zu 37 bzw. 84 µg / kg zumeist sehr deutlich.<br />
Getreide <strong>und</strong> Getreideerzeugnisse<br />
Während Weizenmehl <strong>und</strong> Weizengrieß frei von Ochratoxin<br />
A waren, wiesen alle Roggen- <strong>und</strong> Dinkelmehle Belastungen<br />
auf. Der Höchstgehalt von 3 µg / kg war in keinem<br />
Fall überschritten.<br />
Trockenobst<br />
Gewürze<br />
Knapp 57 % aller untersuchten Gewürz-Proben enthielten<br />
nachweisbare Mengen an Aflatoxinen. Bei einem Paprikapulver<br />
waren die zulässigen Höchstgehalte sowohl bei<br />
B 1<br />
(11,4 µg / kg) als auch bei der Summe der Aflatoxine<br />
(12,5 µg / kg) überschritten.<br />
Ochratoxin A<br />
Dieses von bestimmten Spezies der Gattungen Penicillium<br />
<strong>und</strong> Aspergillus auch in gemäßigten Klimaregionen<br />
gebildete Toxin wird als Lagertoxin bezeichnet, da es auf<br />
bzw. in pflanzlichen Lebensmitteln erst nach der Ernte, also<br />
während der Trocknung, Weiterverarbeitung <strong>und</strong> Lagerung<br />
entsteht. Es ist relativ weit verbreitet, die Gehalte sind vergleichsweise<br />
gering. Allerdings spielt es wegen seiner langen<br />
Verweildauer <strong>und</strong> der möglichen Schädigungen der<br />
Nierenfunktion, der Erbsubstanz bzw. des Embryos <strong>und</strong> der<br />
Unterdrückung des Immunsystems weiterhin eine Rolle bei<br />
der Gesamtbeurteilung der Nahrung.<br />
Für die meisten wichtigen Lebensmittelgruppen stehen<br />
EU-weit geltende Höchstgehalte zur Verfügung, die zwischen<br />
0,5 µg / kg für Säuglingsnahrung, 2 µg / kg für Wein<br />
<strong>und</strong> Traubensaft, 3 bis 5 µg / kg für Getreide <strong>und</strong> Getreideprodukte<br />
sowie 10 µg / kg für getrocknete Weintrauben<br />
<strong>und</strong> löslichen Kaffee liegen. Bei den übrigen betroffenen<br />
Lebensmitteln wie Feigen <strong>und</strong> anderen, nicht aus Weinbeeren<br />
hergestellten Trockenfrüchten, bei Bier, Kakao <strong>und</strong><br />
Kakaoerzeugnissen, Likörweinen, Fleischerzeugnissen, Gewürzen<br />
<strong>und</strong> Süßholz konnten sich die zuständigen Gremien<br />
noch nicht auf einen endgültigen Wert einigen. Für Gewürze,<br />
bei denen die höchsten Gehalte gemessen werden,<br />
stehen Höchstgehalte zwischen 10 <strong>und</strong> 50 µg / kg in der<br />
Diskussion. Für die Beurteilung von getrockneten Feigen<br />
wird die Höchstmenge der nationalen Mykotoxin-Höchstmengenverordnung<br />
von 8 µg / kg herangezogen.<br />
Bei 56 % der untersuchten Lebensmittel war zwar Ochratoxin<br />
A nachweisbar, die entsprechenden Höchstgehalte<br />
waren in keinem Fall überschritten.<br />
Insgesamt waren 41 % der verschiedenen Arten von<br />
Trockenobst, (teilweise auch aus Studentenfutter <strong>und</strong><br />
vergleichbaren Mischungen mit Nüssen <strong>und</strong> anderen<br />
Lebensmitteln), mit Ochratoxin A belastet. Mit 88 % positiven<br />
Bef<strong>und</strong>en lagen getrocknete Weinbeeren (Rosinen,<br />
Korinthen <strong>und</strong> Sultaninen) vor den Feigen mit knapp 39 %.<br />
Allerdings wurden die jeweils zulässigen Höchstmengen<br />
von den höchsten Gehalten bei Rosinen (4,4 µg / kg) sowie<br />
getrockneten Feigen (5,1 µg / kg) nicht erreicht.<br />
Fruchtsäfte, Wein <strong>und</strong> weinhaltige<br />
Getränke<br />
Mehr als die Hälfte der roten Traubensäfte enthielt messbare<br />
Mengen des Toxins, bei Glühwein lag die Quote bei<br />
82 %. Bei Rotweinen betrug der Anteil positiver Proben<br />
40 % mit einem Maximalwert von nur 0,43 µg / kg.<br />
Lakritz, Kakao <strong>und</strong> daraus hergestellte<br />
Erzeugnisse<br />
Die Anteile der positiven Proben lag bei Lakritzen bei 95 ,<br />
sämtliche Kakaomassen bzw. Kakaopulver mit Ausnahme<br />
eines Mischerzeugnisses aus Kakaopulver wiesen Ochratoxin<br />
A auf. Der Maximalwert bei Kakaomassen betrug<br />
3,1 µg / kg. 2,2 µg / kg Ochratoxin A war der höchste Gehalt<br />
bei den Kakaopulvern. Die verschiedenen Kaffeeerzeugnisse<br />
waren zu 34 % mit Ochratoxin A belastet. Ein Röstkaffee mit<br />
3,4 µg / kg bzw. ein Kaffee-Extrakt mit 1,9 µg / kg Ochratoxin<br />
wiesen die höchsten Gehalte auf <strong>und</strong> lagen damit<br />
deutlich unter den maximal zulässigen Werten von 5 bzw.<br />
10 µg / kg.<br />
Gewürze<br />
In über 78 % der untersuchten Gewürze <strong>und</strong> Gewürzzubereitungen<br />
war Ochratoxin A nachweisbar; insbesondere<br />
Muskatnuss, Paprikapulver, Chili <strong>und</strong> Kurkuma fielen mit Maximalwerten<br />
zwischen 11 <strong>und</strong> 23 µg / kg Ochratoxin A auf.<br />
100
Mykotoxine<br />
Patulin<br />
Patulin gilt als genotoxisch (genverändernd) <strong>und</strong> teratogen (fruchtschädigend), wird jedoch nicht als kanzerogen<br />
(krebserregend) eingestuft. Es entsteht als Stoffwechselprodukt verschiedener Schimmelpilzarten insbesondere<br />
auf Früchten <strong>und</strong> Gemüse; besonders betroffen sind Äpfel <strong>und</strong> Birnen. Während der Höchstgehalt in Apfelerzeugnissen<br />
für Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder in der Kontaminantenverordnung auf 10 µg / kg festgelegt ist, dürfen<br />
Fruchtsäfte, Fruchtsaftkonzentrate, Apfelweine usw. nicht mehr als 50 µg / kg Patulin <strong>und</strong> feste Apfelerzeugnisse,<br />
wie Apfelkompott oder Apfelpüree, nicht mehr als 25 µg / kg Patulin enthalten.<br />
In 36 % aller untersuchten Produkte konnte Patulin nachgewiesen<br />
werden. Bei Kernobstsäften einschließlich der 15 %. Überschreitungen der Höchstgehalte ergaben sich<br />
zu 50 % belastet, Gemüsesäfte für diese Zielgruppe nur zu<br />
Konzentrate betrug der Anteil positiv getesteter Produkte lediglich bei zwei Apelsäften mit bis zu 93,1 µg / kg.<br />
49 %, Gemüsesäfte für Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder waren<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Fusarientoxine<br />
Schimmelpilze der Gattung Fusarium sorgen zwar durch den Abbau der Biomasse in wieder verfügbare Nährstoffe<br />
für einen natürlichen Stoffkreislauf im Ackerboden, auf der anderen Seite befallen sie in Abhängigkeit von den<br />
Witterungsbedingungen insbesondere während der Blütezeit das Getreide, so dass der gezielte Einsatz pilztötender<br />
Mittel oft unausweichlich ist. Ohne diese Maßnahmen kann die Frucht so erheblich geschädigt werden, dass es zu<br />
gravierenden Ernteausfällen kommt. Ein Indikator für entsprechenden Befall sind die meist hochgiftigen Fusarientoxine,<br />
die aufgr<strong>und</strong> ihrer unterschiedlichen chemischen Struktur in die drei Gruppen Fumonisine, Trichothecene<br />
<strong>und</strong> Zearalenon unterteilt werden. Unter anderem als Folge der teilweise drastischen Anhebung der Höchstgehalte<br />
ergaben sich im Berichtsjahr trotz des relativ hohen Anteils an positiven Proben lediglich drei Höchstmengenüberschreitungen.<br />
Ob die relativ gute Bilanz bei Getreide bzw. Getreideerzeugnissen auch auf günstige Witterung bei<br />
den für Fusarienbefall entscheidenden Vegetationsphasen zurückgeführt werden kann oder nur daraus resultiert,<br />
dass qualitativ schlechtere Frucht ohne finanziellen Verlust für die Landwirte heute zur Gewinnung von Biogas<br />
eingesetzt werden kann, lässt sich aufgr<strong>und</strong> fehlender Daten nicht feststellen. Untersuchungen in den Folgejahren<br />
werden möglicherweise entsprechende Erkenntnisse bringen.<br />
Fumonisine<br />
Nur 21 % der vorgelegten Getreide bzw. Erzeugnisse auf<br />
Getreidebasis enthielten nachweisbare Mengen der Fumonisine<br />
B 1<br />
<strong>und</strong> B 2<br />
, für deren Summe die Höchstgehalte gelten;<br />
Überschreitungen lagen nicht vor.<br />
80 % positiver Bef<strong>und</strong>e lag der höchste Wert mit 240 µg / kg<br />
deutlich unter dem zulässigen Gehalt. Maismehl mit maximal<br />
523 µg / kg <strong>und</strong> Maisgrieß mit maximal 319 µg / kg erreichten<br />
die zulässige Grenze von 1.000 µg / kg nicht.<br />
Mais <strong>und</strong> daraus hergestellte Produkte sind die Spitzenreiter<br />
bei dieser Toxingruppe, allerdings wurden die Werte aus<br />
den Vorjahren nicht annähernd erreicht. Diese Entwicklung<br />
ist vor allem für die Verbrauchergruppe positiv, die wegen<br />
Gluten-Intoleranz, d. h. Unverträglichkeitsreaktion auf<br />
das Klebereiweiß gängiger Getreidesorten vorwiegend auf<br />
Mais <strong>und</strong> Maisprodukte ausweichen muss. Bei den ausdrücklich<br />
als glutenfrei beworbenen Back- <strong>und</strong> Teigwaren<br />
betrug die Kontaminationsrate 47 %; der Höchstgehalt von<br />
800 µg / kg für alle zum unmittelbaren Verzehr bestimmten<br />
Lebensmittel auf der Basis von Mais wurde mit maximal<br />
119 µg / kg nur zu etwa einem Achtel ausgeschöpft. Der<br />
Maximalwert von 420 µg / kg bei Maischips hätte allerdings<br />
vor dem 01.10.2007 nach den alten nationalen Höchstmengen<br />
zu einer Beanstandung geführt.<br />
Maiskörner enthielten bis zu 540 µg / kg Fumonisine bei<br />
einem Höchstgehalt von 4.000 µg / kg; bei Cornflakes mit<br />
101
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Trichothecene<br />
Trichothecene umfassen ein große Anzahl strukturverwandter Toxine. Aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher funktioneller<br />
Gruppen werden sie noch weiter in Gruppen unterteilt, u. a. in Trichothecene TYP A <strong>und</strong> Typ B. Für die Trichothecene<br />
des Typ A existiert derzeit noch keine Höchstmenge, allerdings ist die EU-weite Festsetzung des Höchstgehaltes<br />
für die Summe aus T-2-/HT-2-Toxin schon seit vielen Jahren geplant. Aus der Gruppe der Typ B-Trichothecene gibt<br />
es nur für Deoxynivalenol eine Höchstmenge.<br />
Trichothecene TYP A <strong>und</strong> B (außer DON)<br />
Trichothecene des Typ A <strong>und</strong> B kommen hauptsächlich<br />
in Getreide <strong>und</strong> daraus hergestellten Produkten vor. Mit<br />
einer Multimethode wurden daher insbesondere Getreideerzeugnisse,<br />
vereinzelt aber auch andere Lebensmittel<br />
auf diese Trichothecene untersucht. Bei der Untersuchung<br />
auf Typ A Trichothecene wurden wie in den Vorjahren bei<br />
Hafererzeugnissen <strong>und</strong> Braugerste die höchsten Toxingehalte<br />
festgestellt.<br />
10 (56%) von insgesamt 18 untersuchten Haferflocken<br />
enthielten HT-2-Toxin, T2-Toxin war dagegen nur in 2<br />
Proben nachweisbar. Alle 3 Proben Braugerste enthielten<br />
auffällig hohe Gehalte an Typ A-Trichothecenen, wobei in<br />
einer Probe T-2-Toxin, HT-2-Toxin, T2-Tetraol <strong>und</strong> Neosolaniol<br />
festgestellt wurde. Darüber hinaus wurden auch vereinzelt<br />
in Reis Spuren an T-2-Toxin <strong>und</strong> HT-2-Toxin nachgewiesen.<br />
Als weiteres Trichothecen des Typ A war nur<br />
noch 15-Acetoxyscirpenol in Weizen, Mais <strong>und</strong> Braugerste<br />
in Spuren nachweisbar.<br />
Wie bereits in den Vorjahren traten die Typ A-Trichothecene<br />
insbesondere in Hafer <strong>und</strong> Erzeugnissen aus Hafer<br />
sowie in Gerste auf. In allen 8 untersuchten Haferproben<br />
war HT-2-Toxin enthalten, 6 Proben Hafer enthielten das<br />
T-2-Toxin <strong>und</strong> 7 wurden positiv auf T-2-Tetraol getestet.<br />
Die höchsten Gehalte wies ein ungereinigter Hafer<br />
der Ernte 2007 auf, er enthielt 215 µg / kg HT-2-Toxin,<br />
46 µg / kg T-2-Toxin <strong>und</strong> 169 µg / kg T-2-Tetraol. Bei den<br />
Haferflocken wurden ebenfalls sehr häufig HT-2-Toxin<br />
<strong>und</strong> T-2-Toxin nachgewiesen, allerdings lagen die Gehalte<br />
insgesamt deutlich niedriger. Vergleichsweise selten war<br />
15 Acetoxyscirpenol nachweisbar, in 2 Proben Gerste <strong>und</strong><br />
in einer Probe Hafer waren Spuren vorhanden.<br />
Bei der Untersuchung auf Trichothecene des Typ B wurden<br />
in 12 von 16 Proben Maiskörner mit Deoxynivalenol-Gehalten<br />
auch 15-Acetyldoxynivalenol nachgewiesen, 3-Acetyldeoxynivalenol<br />
war lediglich in 6 Proben in Spuren vorhanden.<br />
Auch in Maismehl, Maisgrieß <strong>und</strong> Maisgebäck wurde<br />
häufiger 15-Acetyldeoxynivalenol festgestellt.<br />
Deoxynivalenol (DON)<br />
Deoxynivalenol war zwar in 66 % aller untersuchten Proben<br />
nachweisbar, die Höchstgehalte waren jedoch nur bei<br />
3 Erzeugnissen überschritten. Außer bei Reis, der nur zu<br />
einem geringen Anteil kontaminiert war, betrug die Belastung<br />
bei allen Getreidesorten <strong>und</strong> daraus hergestellten<br />
Lebensmitteln nur wenig unter 100 %. Da jedoch die<br />
zulässigen Höchstgehalte mit Werten zwischen 500 <strong>und</strong><br />
1.750 µg / kg sehr hoch angesetzt sind, fiel nur ein Maismehl<br />
mit 1.772 µg / kg (Höchstgehalt 1.750 µg / kg), sowie<br />
je eine Probe Gerstenkörner zum unmittelbaren Verzehr mit<br />
879 µg / kg (Höchstgehalt 750 µg / kg) bzw. Cornflakes mit<br />
689 µg / kg (Höchstgehalt 500 µg / kg) aus dem Rahmen.<br />
Unbefriedigend war die Situation im Zusammenhang mit<br />
einer ausdrücklich als „Kinderlöffelbisquits“ in den Verkehr<br />
gebrachten Feine Backware ohne Zuckerkruste <strong>und</strong> mit erhöhtem<br />
Calciumgehalt, bei der ein Gehalt von 253 µg / kg<br />
für das Deoxynivalenol (DON) festgestellt wurde. Da erfahrungsgemäß<br />
insbesondere Kinder unter 3 Jahren Löffelbiskuits<br />
verzehren, liegt es nahe, die Höchstgehalts-Regelung<br />
für Getreidebeikost <strong>und</strong> andere Beikost für Säuglinge <strong>und</strong><br />
Kleinkinder mit 200 µg / kg heranzuziehen. Anlässlich eines<br />
Tests von Baby- <strong>und</strong> Kinderkeksen im Jahr 2006 hatte<br />
Öko-Test seine Einstufung u.a. auf dieses Beurteilungskriterium<br />
gestützt. Trotz der Bezeichnung „Kinder-....“ <strong>und</strong><br />
einer ausgesprochen kindgerechten Aufmachung handelt<br />
es sich jedoch nicht um ein Erzeugnis im Sinne der Diätverordnung,<br />
so dass der Höchstgehalt für Backwaren<br />
aller Art, Getreidesnacks <strong>und</strong> Frühstückszerealien von<br />
500 µg / kg anzuwenden ist. Diese Situation ist im Hinblick<br />
auf den Schutz von Säuglingen <strong>und</strong> Kleinkindern bedauerlich,<br />
da die wenigsten Eltern die spezielle Rechtslage<br />
kennen <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> der beschriebenen Unterschiede zu<br />
„normalen“ Löffelbiskuits gerade das entsprechend aufgemachte<br />
Produkt für ihre Kinder wählen.<br />
Zearalenon<br />
Zearalenon ist überwiegend in Getreide <strong>und</strong> Getreideerzeugnissen<br />
anzutreffen, da es ebenfalls ein Stoffwechselprodukt<br />
von Trichothecen-bildenden Stämmen ist. Das<br />
Toxin weist eine ausgeprägte östrogene Wirksamkeit auf,<br />
diskutiert wird eine mögliche krebserregende Wirkung. Insgesamt<br />
liegt der Anteil positiver Proben bei 21 %, wobei<br />
Erdnussöl mit 100 % bei allerdings sehr geringen Gehalten<br />
sowie Gersten- <strong>und</strong> Maiskörner mit 80 bzw. 79 % <strong>und</strong><br />
Maismehl mit 82 % auffallen. Die zulässigen Höchstgehalte,<br />
die außer bei Getreidebeikost für Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder<br />
zwischen 75 <strong>und</strong> 400 µg / kg betragen, wurden nur<br />
in einem Fall überschritten. Dabei handelt es sich um ein<br />
Maismehl mit einem Gehalt von 115 µg / kg.<br />
102
Mykotoxine<br />
Alternariatoxine<br />
Die Gattung Alternaria (Schwärzepilze innerhalb der Deuteromycetes) besteht aus mehr als 40 Arten, die in unterschiedlichem<br />
Maße Toxine <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>äre Metaboliten bilden. Den Alternariatoxinen werden sowohl akute als auch<br />
chronische toxische Wirkungen zugeschrieben. In einer toxikologischen Bewertung kommt das B<strong>und</strong>esinstitut für<br />
Risikobewertung (BfR) im Jahr 2003 zum Schluss, dass die Datenlage bezüglich der Alternaria-Toxinbelastung<br />
derzeit nicht ausreicht, um eine Risikoabschätzung für den Verbraucher vorzunehmen. Das BfR hält daher unter<br />
anderem weitere Untersuchungen zur Exposition für erforderlich. Eine Höchstmengenregelung existiert nicht.<br />
Das CVUA Sigmaringen untersucht nun schon mehrere kerne mit 5.400 µg / kg TEA, 260 µg / kg AOH, 182 µg / kg<br />
Jahre zahlreiche Lebensmittel auf die Alternariatoxine Alternariol<br />
(AOH), Alternariolmonomethylether (AME), Alte-<br />
bislang nachweisbaren Altertoxin I. Auch der Alternaria-<br />
TEN, 86 µg / kg AME sowie mit Spuren des sehr selten<br />
nuen (ALT), Tentoxin (TEN) <strong>und</strong> Tenuazonsäure (TEA). Seit Toxingehalt in einem glutenfreien Brot (Zutat u. a. Sonnenblumenkerne)<br />
dürfte auf die hohe Belastung von Sonnen-<br />
<strong>2008</strong> wird eine Multimethode angewandt, mit der auch<br />
Fusarientoxinen (Trichothecene, Fumonisine, Zearalenon) blumenkernen zurückzuführen sein.<br />
sowie die bislang noch selten nachgewiesenen Alternariatoxine<br />
Altertoxin I (ATXI) sowie die AAL-Toxine TA1 <strong>und</strong> hier wurden 3 Alternariatoxine festgestellt. Bei der Prü-<br />
Bei Sesam lag nur eine Probe zur Untersuchung vor, auch<br />
TA2 (TA1 bzw. TA2) erfasst werden. Die Zahl der auf Alternariatoxine<br />
untersuchten Lebensmittel hat sich dadurch se (88 %) AME. Am höchsten belastet war „Nicht-süßes<br />
fung von 16 Proben Sesammus enthielten 14 Erzeugnis-<br />
gegenüber dem Vorjahr mit 249 Proben mehr als verdoppelt.<br />
Ziel dieser breit angelegten Untersuchungsreihe ist TEA, darüber hinaus wurden 41 µg / kg Altertoxin I festge-<br />
Naturkost-Sesammus“ mit 80 µg / kg AME <strong>und</strong> 140 µg / kg<br />
es festzustellen, welche Lebensmittelgruppen mit Alternariatoxinen<br />
belastet sind, damit diese Lebensmittel künfstellttig<br />
verstärkt in das Untersuchungsprogramm einbezogen Ebenso wie Sonnenblumenkerne werden auch Wassermelonenkerne<br />
von bestimmten ethnischen Gruppen gerne<br />
werden.<br />
als Knabberartikel verzehrt <strong>und</strong> werden daher neu in das<br />
Von den untersuchten Ölen war wiederum Sonnenblumenöl<br />
deutlich belastet, in den Ölen war TEA <strong>und</strong> TEN Proben wurde AME mit einem Gehalt von 4,1 µg / kg fest-<br />
Untersuchungsprogramm aufgenommen. In einer von drei<br />
nachweisbar.<br />
gestellt. Auch bei dieser Lebensmittelgruppe werden die<br />
Untersuchungen verstärkt.<br />
Bei Getreide wiesen vor allem Dinkel <strong>und</strong> Roggen erhöhte<br />
Alternariabelastungen auf. So enthielt ein Bio-Rohdinkel Für die glutenfreie Ernährung wird auch Traubenkernmehl<br />
256 µg / kg AOH, bei Roggen wurde vor allem TEA <strong>und</strong> verwendet. In der einzigen untersuchten Probe lag ein sehr<br />
TEN bestimmt.<br />
hoher AOH-Gehalt von 196 µg / kg <strong>und</strong> ein AME-Gehalt<br />
von 29 µg / kg vor. Für eine statistische Auswertung müssen<br />
auch hier die Untersuchungszahlen erhöht werden.<br />
Im Gegensatz zu allen anderen Reissorten enthielt nur der<br />
als Naturreis gekennzeichnete Reis Spuren an TEA. Sehr<br />
auffällig war jedoch der erstmals untersuchte Wildreis. Bei<br />
einer Probe Naturreis mit Wildreis wurden der Naturreis<br />
Brigitte Gutmacher, CVUA Sigmaringen<br />
<strong>und</strong> der Wildreis getrennt untersucht. Nur der Wildreis war<br />
stark belastet mit 250 µg / kg AOH, 86 µg / kg AME <strong>und</strong><br />
182 µg / kg TEA. Zur Bestätigung der Vermutung, dass<br />
Wildreis häufig mit Alternariatoxinen belastet ist, werden<br />
die Untersuchungen mit einer höheren Anzahl Proben fortgeführt.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Eine weitere erstmals untersuchte Produktgruppe war Soja.<br />
Lediglich in einem Bio-Sojagranulat wurden Spuren an TEN<br />
festgestellt.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Ergebnisse der Öluntersuchungen im aktuellen<br />
<strong>und</strong> vorhergehenden Jahr wurden verstärkt Sonnenblumenkerne<br />
<strong>und</strong> Sesam-Erzeugnisse untersucht. Wie<br />
befürchtet, enthielten 4 von 5 Proben Sonnenblumenkerne<br />
Alternariatoxine. Am höchsten <strong>und</strong> sogar mit 5 Alternariatoxinen<br />
gleichzeitig belastet waren weiße Sonnenblumen-<br />
103
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Marine <strong>und</strong> Süßwasser - Biotoxine<br />
Marine Biotoxine<br />
Marine Biotoxine werden von mikroskopisch kleinen, einzelligen Algen (Dinoflagellaten, Diatomeen) gebildet,<br />
die zu den Vertretern des Phytoplanktons am Beginn der Nahrungskette gehören. Die von bestimmten<br />
Arten produzierten Toxine können sich in Muscheln anreichern <strong>und</strong> durch Verzehr solcher mit Giften<br />
kontaminierten Muscheln beim Menschen zu schweren Erkrankungen führen. Deshalb wurden von der<br />
Europäischen Kommission in der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 Grenzwerte <strong>und</strong> Analysemethoden für<br />
Algentoxine in lebenden Muscheln, Stachelhäutern, Manteltieren <strong>und</strong> Meeresschnecken festgeschrieben.<br />
Im Berichtsjahr <strong>2008</strong> kann über ein positives Ergebnis<br />
berichtet werden. Muscheln <strong>und</strong> Muschelprodukte waren<br />
gering belastet. Der Trend der vergangenen Jahre, der sich<br />
in der Belastungshäufigkeit <strong>und</strong> dem Anstieg der Gehalte<br />
zeigte, bestätigte<br />
§<br />
sich nicht.<br />
Grenzwerte je Kilogramm Muschelfleisch:<br />
n Lähmungen hervorrufende Algentoxine<br />
(Paralytic Shellfish Poison — PSP): 800 µg<br />
Saxitoxinequivalente (STXeq),<br />
n Amnesie hervorrufende Algentoxine<br />
(Amnesic Shellfish Poison — ASP): 20 mg<br />
Domoinsäuren,<br />
n Okadasäure, Dinophysistoxine <strong>und</strong> Pectenotoxine<br />
insgesamt: 160 µg Okadasäure-<br />
Äquivalent (OAeq),<br />
n Yessotoxine: 1 mg Yessotoxin-Äquivalent<br />
<strong>und</strong><br />
n Azaspiracide: 160 µg Azaspiracid-<br />
Äquivalent.<br />
Weitere Informationen siehe auch:<br />
www.ua-bw.de > finden… „Algentoxine“ ><br />
Artikel vom 05.08.2005<br />
Insgesamt wurden 133 Proben Muscheln <strong>und</strong> Muschelprodukte<br />
auf PSP-Toxine (Paralytic Shellfish Poisoning,<br />
Saxitoxine) untersucht, von denen 11 Proben<br />
(8,3%) mit einem durchschnittlichen Gehalt von unter<br />
200 µg STXeq / kg belastet waren. Keine Probe lag über dem<br />
Grenzwert. Eine Probe Venusmuscheln aus Thailand mit<br />
680 STXeq pro kg Muschelfleisch wies den höchsten Gehalt<br />
auf. 6 Proben Miesmuscheln (frische, tiefgefrorene oder<br />
Dosenware; Maximalwert 240 µg / kg), <strong>und</strong> 2 Proben Grünschalenmuscheln<br />
(Maximalwert 290 µg / kg) wiesen höhere<br />
Gehalte auf. Je eine Probe Jakobsmuscheln <strong>und</strong> Austern<br />
enthielt geringe Gehalte unter 150 µg / kg.<br />
Shellfish Poisoning) nachgewiesen, die starke Durchfälle<br />
hervorrufen, mit Okadasäure als Leitsubstanz. Die Kontamination<br />
erstreckte sich nur auf Miesmuscheln mit Herkunft<br />
Europa. Alle anderen untersuchten Muschelarten waren frei<br />
von DSP-Toxinen. Auch was die Höhe der Belastung angeht,<br />
erbrachten die Untersuchungen ein positives Ergebnis: der<br />
Maximalwert betrug nur 40 µg / kg in einer Miesmuschelprobe<br />
aus Dänemark.<br />
Pectenotoxine scheinen auch im Berichtsjahr – wie in<br />
den vorhergehenden Jahren – bei Muscheln <strong>und</strong> Muschelprodukten<br />
keine Rolle zu spielen. Nur in 6 (5%) von<br />
130 Proben waren Pectenotoxine in geringen Mengen unter<br />
10 µg Oaeq / kg Muschelfleisch enthalten. Das gleiche Bild<br />
zeigte sich auch bei den Yessotoxinen. Von 130 Proben waren<br />
124 (95%) toxinfrei. Auch einige Proben Nahrungsergänzungsmittel,<br />
in denen Grünschalenmuscheln aus Neuseeland<br />
gefriergetrocknet als „Muschelpulver“ verarbeitet wird,<br />
wiesen keine nachweisbaren Konzentrationen auf. Die wenigen<br />
positiv getesteten Proben waren – neben einer Probe<br />
Austern – Miesmuscheln, auch Konservenware. Der Maximalwert<br />
von 70 µg / kg wurde in einer Miesmuschelprobe<br />
aus Dänemark <strong>und</strong> in einer Austernprobe aus Frankreich<br />
nachgewiesen. Aus dem letzten Jahr war bekannt, dass<br />
Yessotoxine in Muscheln aus der gesamten Welt nachweisbar<br />
waren. Die scheinbare Tendenz der steigenden Kontamination<br />
hat sich nicht bewahrheitet.<br />
Von 130 Proben wurden in 3 Fällen AZP-Toxine (Azaspiracid<br />
Shellfish Poisoning, Azaspirsäuren) nachgewiesen. Betroffen<br />
waren Miesmuscheln aus Irland mit Gehalten an der<br />
Bestimmungsgrenze.<br />
Von 122 Muschelproben enthielt keine ASP-Toxin (Amnesic<br />
Shellfish Poisoning, Domoinsäure).<br />
Von insgesamt 130 untersuchten Muschelproben wurden<br />
in 18 Proben (14 %) klassische DSP-Toxine (Diarrhetic<br />
104
Marine <strong>und</strong> SüSSwasser-biotoxine<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Süßwasser - Biotoxine<br />
(Microcystine)<br />
Diese cyclischen Heptapeptid-Toxine sind selektive Lebergifte,<br />
die auch als potente Tumorpromotoren gelten.<br />
Zur Beurteilung von Microcystinen in Trinkwasser <strong>und</strong> Badegewässern<br />
wurden bisher keine Grenzwerte erlassen,<br />
deshalb werden die von der WHO vorgesehenen Richtwerte<br />
von 1 µg Microcystin LR je Liter für Trinkwasser <strong>und</strong><br />
1.000 µg je Liter in Badegewässern zugr<strong>und</strong>e gelegt.<br />
Da das Berichtsjahr keine günstigen Bedingungen für<br />
Blaualgen bot <strong>und</strong> mit massenhafter Vermehrung <strong>und</strong> Toxinproduktion<br />
nicht zu rechnen war, wurden nur wenige<br />
Proben untersucht.<br />
41 Proben Nahrungsergänzungsmittel mit Blaualgen<br />
in Tablettenform oder als Pulver gelangten zur Untersuchung.<br />
Proben aus Chlorella- <strong>und</strong> Spirulina-Algen oder<br />
Mischungen verschiedener Süßwasseralgen waren toxinfrei.<br />
Dagegen waren von 9 AFA-Algenproben insgesamt 6<br />
Proben mit Microcystin-Gehalten zwischen 50 µg / kg <strong>und</strong><br />
220 µg / kg belastet.<br />
Nachdem jeweils 3 Proben unbelastet waren, 3 Proben im<br />
Bereich zwischen 50 µg / kg <strong>und</strong> 90 µg / kg bzw. 3 Proben im<br />
Bereich von 180 µg / kg bis 220 µg / kg lagen, lässt sich der<br />
Schluss ziehen, dass die Produkte aus unterschiedlich stark<br />
mit Mikrocystis-Algen belasteten Rohstoffen stammen.<br />
Dr. Gerhard Thielert, CVUA Sigmaringen<br />
105
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Pf lanzenschutzmittel<br />
<strong>und</strong> organische Kontaminanten<br />
Lebensmittel pflanzlicher Herkunft<br />
EU-weit einheitliche Höchstgehalte für Pestizidrückstände seit 01.09.<strong>2008</strong><br />
Zum 01.09.<strong>2008</strong> wurde die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf<br />
Lebens- <strong>und</strong> Futtermitteln pflanzlichen <strong>und</strong> tierischen Ursprungs wirksam. Mit dieser Verordnung sind erstmalig<br />
EU-weit einheitliche Pestizidhöchstmengen für Lebens- <strong>und</strong> Futtermittel festgesetzt.<br />
t<br />
Zukünftig können Änderungen von Höchstmengen oder<br />
Festsetzungen von Höchstmengen neuer Pestizide nur auf<br />
EU-Ebene auf Antrag erfolgen <strong>und</strong> gelten unmittelbar in<br />
der ganzen EU gleichermaßen. Anträge zur Änderung oder<br />
Neufestsetzung von Höchstmengen werden von Mitgliedsstaaten<br />
bewertet <strong>und</strong> durch die Europäische Behörde für<br />
Lebensmittelsicherheit (EFSA) insbesondere hinsichtlich<br />
ges<strong>und</strong>heitlicher Risiken für Verbraucher bzw. Tiere geprüft.<br />
Die rechtliche Festsetzung von Höchstmengen erfolgt durch<br />
Verordnung der EU-Kommission nach Zustimmung eines<br />
Ausschusses aller Mitgliedsstaaten <strong>und</strong> Anhörung des europäischen<br />
Parlaments. Bedingt durch diesen Harmonisierungsprozess<br />
kam es im Vergleich zu den zuvor geltenden, in<br />
der Rückstands-Höchstmengenverordnung (RHmV) festgelegten<br />
nationalen Höchstmengenregelungen zu vielfältigen<br />
Änderungen, sowohl Anhebungen als auch Absenkungen<br />
von Höchstmengen bestimmter Wirkstoff-Lebensmittelkombinationen.<br />
Hintergr<strong>und</strong>informationen zu den neuen, EU-weit<br />
geltenden Höchstmengenregelungen sowie eine Datenbank<br />
zum Abruf der jeweiligen Höchstmengen sind über das Internet<br />
zugänglich www.ec.europa.eu/food/plant/protection/<br />
pesticide. Für Lebensmittel, die vor dem 01.09.<strong>2008</strong> erzeugt<br />
wurden, sind jedoch gemäß einer Übergangsregelung auch<br />
noch nach diesem Zeitpunkt die zuvor festgelegten nationalen<br />
Höchstmengen gemäß RHmV anzuwenden.<br />
Rückstandshöchstgehalte sind Grenzwerte für Rückstände in Lebensmitteln <strong>und</strong> Futtermitteln, die für jeden<br />
Wirkstoff <strong>und</strong> aufgeschlüsselt nach Erzeugnissen festgelegt werden. Bei der Festsetzung der Rückstandshöchstgehalte<br />
werden die in Versuchen ermittelten Rückstände, Daten zur Toxikologie <strong>und</strong> Verzehrmengen berücksichtigt.<br />
Rückstandshöchstgehalte werden dabei nicht automatisch auf den toxikologisch gerade noch akzeptablen<br />
Wert gelegt, sondern eher darunter, <strong>und</strong> zwar so niedrig wie möglich <strong>und</strong> angemessen (ALARA-Prizip: As Low<br />
As Reasonably Achievable = so niedrig wie möglich <strong>und</strong> angemessen). Dies bedeutet, dass Rückstandshöchstgehalte<br />
zu allererst die Verkehrsfähigkeit regeln. Damit kann bei Überschreitung des Rückstandshöchstgehaltes in<br />
einem Lebensmittel der Handel mit diesem Erzeugnis auch dann versagt werden kann, wenn noch keine ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Gefährdung besteht. Nur in einigen Fällen entspricht der Rückstandshöchstgehalt einem ges<strong>und</strong>heitlich<br />
relevanten Grenzwert.<br />
Mit einer EG-Verordnung sind die Rückstandshöchstgehalte in Europa harmonisiert worden. Die Zulassung eines<br />
Pflanzenschutzmittels ist nur noch dann möglich, wenn für die vorgesehenen Kulturen entsprechende Rückstandshöchstgehalte<br />
festgesetzt sind.<br />
Quelle: BVL (www.bvl-b<strong>und</strong>.de > Pflanzenschutzmittel > Rückstände & Höchstgehalte)<br />
106
PFLANZENSCHUTZMITTEL UND ORGANISCHE KONTAMINANTEN<br />
Am Zentrallabor für Pestizidrückstandsanalytik in pflanzlichen Lebensmitteln am CVUA Stuttgart werden pflanzliche<br />
Lebensmittel in der Routine auf ein sehr umfangreiches Wirkstoffspektrum von über 500 verschiedenen Pestiziden<br />
<strong>und</strong> relevanten Metaboliten untersucht. Das Wirkstoffspektrum wird durch kontinuierliche Recherche <strong>und</strong><br />
Methodenentwicklung ständig erweitert <strong>und</strong> aktualisiert.<br />
Pflanzenschutzmittelrückstände in Proben pflanzlicher Lebensmittel, differenziert nach Herkunft<br />
Frischobst<br />
Inland andere Drittländer Gesamt*<br />
konventionell<br />
EU-Länder<br />
erzeugt<br />
Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl %<br />
Anzahl Proben 265 33 231 29 269 33 806 -<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
davon mit Rückständen 226 85 211 91 231 86 703 87<br />
Proben über HM 15 6 12 5 46 17 76 9<br />
mittlerer Pestizidgehalt 0,22 mg/kg 0,40 mg/kg 0,64 mg/kg 0,44 mg/kg<br />
Frischgemüse<br />
konventionell<br />
erzeugt<br />
Inland andere Drittländer Gesamt*<br />
EU-Länder<br />
Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl %<br />
Anzahl Proben 310 42 249 34 143 19 737 -<br />
davon mit Rückständen 207 67 239 96 90 63 562 76<br />
Proben über HM 10 3 11 3 14 10 36 5<br />
Mittlerer Pestizidgehalt 0,20 mg/kg 0,56 mg/kg 0,18 mg/kg 0,33 mg/kg<br />
* aus konventioneller <strong>und</strong> ökologischer Erzeugung, enthält auch Proben unbekannter Herkunft<br />
Durch die zunehmende Globalisierung des Lebensmittelangebots<br />
gerade auch im Bereich von Obst <strong>und</strong> Gemüse<br />
<strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen Vielzahl unterschiedlicher Herkunftsländer<br />
<strong>und</strong> Produktionsstandards bei Pflanzenschutz<br />
<strong>und</strong> Agrartechnik kommt der ständigen Aktualisierung des<br />
Wirkstoffspektrums in Verbindung mit dem Einsatz modernster<br />
Analysengerätetechnik entscheidende Bedeutung<br />
zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus<br />
zu. So wurden im Jahr <strong>2008</strong> insgesamt 144 verschiedene<br />
Wirkstoffe in Obstproben <strong>und</strong> 147 verschiedene<br />
Wirkstoffe in Gemüseproben nachgewiesen. Die einzelnen<br />
Höchstmengenüberschreitungen, die Häufigkeit der nachgewiesenen<br />
Stoffe <strong>und</strong> andere Informationen sind über<br />
das Internet abrufbar (www.cvua-stuttgart.de > Pflanzenschutzmittel<br />
> Fachbeiträge > Jahr). Allgemeine Daten<br />
zu Analytik, Rückstandsbef<strong>und</strong>en sowie ergänzende Informationen<br />
sind über eine Internet-Datenbank des CVUA<br />
Stuttgart verfügbar (www.pesticides-online.com sowie<br />
www.crl-pesticides-datapool.eu).<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden 2.527 Proben Lebensmittel pflanzlicher<br />
Herkunft auf Rückstände von Pestiziden untersucht.<br />
Hierbei stammten 1.969 Proben aus konventionellem <strong>und</strong><br />
558 Proben aus ökologischem Anbau. Die Ergebnisse<br />
der Untersuchungen bei Lebensmitteln aus ökologischem<br />
Anbau sind im Kapitel IV Ökomonitoring dargestellt. Bei<br />
der Untersuchung der 1.969 Proben aus konventionellem<br />
Anbau wiesen 1.545 Proben (78%) Rückstände<br />
an Pflanzenschutzmitteln auf. Bei 133 dieser Proben<br />
(6,7%) wurden Überschreitungen der gesetzlich festgelegten<br />
Höchstmengen festgestellt. Im Vergleich zu den<br />
vorhergehenden Jahren ist trotz Erweiterung des analysierten<br />
Wirkstoffspektrums eine erfreuliche Abnahme<br />
der Quote an Proben mit Höchstmengenüberschreitungen<br />
festzustellen (Höchstmengenüberschreitungsquote<br />
2007: 8 %, 2006: 9,5 %). Diese positive Tendenz ist einerseits<br />
durch die zum 01.09.<strong>2008</strong> erfolgte vollständige Harmonisierung<br />
der Höchstmengen auf EU-Ebene beeinflusst,<br />
verstärkte Eigenkontrollen des Handels tragen andererseits<br />
jedoch ebenfalls maßgeblich zu dieser positiven Entwicklung<br />
bei. Berücksichtigt werden muss bei der Betrachtung<br />
der Beanstandungsquote weiterhin, dass die Probenauswahl<br />
risikoorientiert erfolgt <strong>und</strong> auffällige Lebensmittel bzw.<br />
Herkunftsländer häufiger beprobt werden. Die Beanstandungsquote<br />
ist somit nicht repräsentativ für das gesamte<br />
Lebensmittelangebot im Handel.<br />
Birnen<br />
In der EU verbotenes Insektizid in Birnen aus der<br />
Türkei – keine Beanstandungen bei einheimischen<br />
Birnen<br />
Bereits im Jahr 2007 wurden in Birnen Rückstände des Insektizids<br />
<strong>und</strong> Akarizids Amitraz nachgewiesen (siehe <strong>Jahresbericht</strong><br />
2007 <strong>und</strong> Meldung vom 12.12.2007 unter<br />
www.ua-bw.de). Zu diesem Zeitpunkt war Amitraz bereits<br />
aufgr<strong>und</strong> seiner hohen akuten Toxizität in Deutschland verboten,<br />
seit <strong>2008</strong> besteht ein europaweites Verbot. Im Jahr<br />
2007 wurden jedoch in 14 von 76 untersuchten Proben<br />
(18%) Amitrazrückstände nachgewiesen, wobei die Rück-<br />
107
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
stände in 11 Proben die zulässige Höchstmenge überschritten.<br />
Verb<strong>und</strong>en mit der Überschreitung der Höchstmenge<br />
lag in allen diesen Fällen eine Ausschöpfung der Akuten Referenzdosis<br />
(ARfD) von über 100 % vor (128– 1.095 %).<br />
Die betroffene Ware wurde im Jahr 2007 aufgr<strong>und</strong> der<br />
guten Zusammenarbeit der verschiedenen Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
aus dem Verkehr gezogen <strong>und</strong><br />
vernichtet. Darüber hinaus ergingen Meldungen an das<br />
Die ARfD ist definiert als diejenige Substanzmenge,<br />
die über die Nahrung innerhalb eines<br />
Tages oder mit einer Mahlzeit aufgenommen<br />
werden kann, ohne dass daraus ein erkennbares<br />
Ges<strong>und</strong>heitsrisiko für den Verbraucher resultiert.<br />
Beträgt die ARfD-Ausschöpfung über<br />
100 % so ist eine ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigung<br />
nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit<br />
ausgeschlossen.<br />
EU-Schnellwarnsystem. Betroffen waren vor allem türkische<br />
Proben (alle 9 Proben Birnen aus der Türkei wiesen Amitraz-<br />
Rückstände über der Höchstmenge auf), aber auch Proben<br />
aus Spanien (2 von 5 Proben mit Amitraz-Rückständen, davon<br />
1 Probe mit Höchstmengenüberschreitung) <strong>und</strong> einheimische<br />
Birnen (3 von 30 Proben mit Amitraz-Rückständen;<br />
davon 1 mit Höchstmengenüberschreitung).<br />
die Probe unbekannter Herkunft mit 529 % bzw. 1.460 %<br />
ARfD-Ausschöpfung eindeutig als nicht sichere Lebensmittel<br />
zu beurteilen. Insgesamt wurden Amitraz-Gehalte von<br />
0,024 - 2,9 mg / kg Birnen nachgewiesen, wobei die mit<br />
Amitraz belasteten Proben einen durchschnittlichen Gehalt<br />
an Amitraz von 1,27 mg / kg aufwiesen. Dies entspricht einer<br />
Ausschöpfung der ARfD von 1.159 %. In Birnenproben<br />
aus Deutschland sowie in Birnenproben aus Ländern der<br />
Südhalbkugel (Südamerika, Südafrika) wurden dagegen<br />
keine Rückstände von Amitraz festgestellt.<br />
Durch enge Kooperation <strong>und</strong> schnellen Informationsaustausch<br />
mit den betroffenen Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
– in Verbindung mit schnellen Analysen <strong>und</strong> kurzen<br />
Reaktionszeiten – konnten entsprechende Maßnahmen<br />
zeitnah ergriffen werden: Über 3,8 Tonnen belastete Ware<br />
wurden vernichtet <strong>und</strong> es wurde ein Handelsverbot für<br />
türkische Birnen erlassen – zunächst für den Großmarkt<br />
Stuttgart, nachfolgend landesweit. Darüber hinaus wurden<br />
die Bef<strong>und</strong>e an das EU-Schnellwarnsystem gemeldet <strong>und</strong><br />
damit verb<strong>und</strong>en an die EU-Kommission <strong>und</strong> die anderen<br />
Mitgliedsstaaten. In der Folge ist eine Inspektion des Lebensmittel-<br />
<strong>und</strong> Veterinäramts (FVO) der EU in der Türkei<br />
Im Zusammenhang damit entwickelte <strong>und</strong> veröffentlichte<br />
das CVUA Stuttgart in seiner Funktion als EU-Referenzlabor<br />
(CRL) für Methodenentwicklung schwierig zu analysierender<br />
Pestizide eine vereinfachte Analysenmethode zur<br />
Bestimmung von Amitraz <strong>und</strong> dessen Hauptmetaboliten,<br />
da mit der üblicherweise angewandten Methode nur die<br />
Ausgangsverbindung, nicht jedoch toxikologisch relevante<br />
Metaboliten erfasst werden. Detaillierte Informationen zu<br />
dieser Analysenmethode für Rückstände an Amitraz <strong>und</strong><br />
dessen Hauptmetaboliten mittels LC-MS/MS wurden für<br />
Laboratorien im Internet (www.crl-pesticides.eu) zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Erfahrungen des Vorjahres wurden im Jahr<br />
<strong>2008</strong> gleich zu Beginn der Angebotssaison türkischer Birnen<br />
im Handel entsprechende Proben durch die Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
erhoben. Insgesamt wurden<br />
im Berichtsjahr 69 Proben Birnen unterschiedlichster Herkunft<br />
auf Pestizidrückstände untersucht. Erneut wurden in<br />
21 Proben (30%) Rückstände von Amitraz nachgewiesen.<br />
Hauptsächlich waren wieder Birnen türkischer Herkunft<br />
betroffen, bei allen 18 Birnenproben türkischer Herkunft<br />
war sowohl die Höchstmenge als auch die ARfD, bezogen<br />
auf Kleinkinder, deutlich überschritten (von 447 % bis<br />
zu 2.647 % Ausschöpfung!). Auch in je einer Birnenprobe<br />
spanischer, italienischer <strong>und</strong> unbekannter Herkunft wurden<br />
Amitraz-Rückstände nachgewiesen. Während die Rückstände<br />
in der spanischen Probe jedoch deutlich unterhalb<br />
der Höchstmenge lagen, waren die italienische Probe <strong>und</strong><br />
geplant. Das Ministerium für Ernährung <strong>und</strong> Ländlichen<br />
Raum informierte die Öffentlichkeit über diese Bef<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> getroffene Maßnahmen mit einer Pressemitteilung<br />
(PM 221/<strong>2008</strong> vom 01.10.<strong>2008</strong>). Die Türkei wurde ebenfalls<br />
informiert <strong>und</strong> es fanden darüber hinaus bilaterale Gespräche<br />
zwischen Deutschland <strong>und</strong> der Türkei statt.<br />
Im Vergleich zum Jahr 2007 hat sich die Situation im Jahr<br />
<strong>2008</strong> somit nur hinsichtlich der Proben aus EU-Mitgliedsstaaten<br />
gebessert, hier war die Beanstandungsquote deutlich<br />
geringer. Bei Birnen türkischer Herkunft waren jedoch<br />
erneut alle untersuchten Proben belastet <strong>und</strong> dies mit zum<br />
Teil deutlich höheren Gehalten als im Jahr 2007. Deshalb<br />
wird das CVUA Stuttgart in Zusammenarbeit mit den Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />
auch im Jahr 2009 unmittelbar<br />
zu Beginn der Angebotssaison türkischer Birnen<br />
entsprechende Proben untersuchen <strong>und</strong>, sofern erforderlich,<br />
Maßnahmen ergreifen um sicher zu stellen, dass nur<br />
einwandfreie Ware zu den Verbrauchern gelangt.<br />
108
PFLANZENSCHUTZMITTEL UND ORGANISCHE KONTAMINANTEN<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Presseecho zu den Amitraz-F<strong>und</strong>en in Birnen<br />
109
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Tafeltrauben<br />
Viele Rückstände, Beanstandungsquote je nach Herkunftsland sehr unterschiedlich<br />
Weinreben werden erfahrungsgemäß intensiv mit verschiedenen Pflanzenschutzmitteln behandelt. So wiesen nur 3 % der<br />
insgesamt untersuchten 129 Proben Tafeltrauben aus konventionellem Anbau keine Rückstände von Pflanzenschutzmitteln<br />
auf. Bei 13 Proben (10%) lagen die Rückstandsgehalte über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge. Die Beanstandungsquote<br />
aufgr<strong>und</strong> von Höchstmengenüberschreitungen lag somit etwas höher als im Jahr 2007 (9%).<br />
Insgesamt wurden in den untersuchten Tafeltrauben 64 verschiedene Pestizide nachgewiesen – die durchschnittliche<br />
Anzahl lag bei 4,5 verschiedenen Wirkstoffen je Probe, wobei bis zu 19 Pestizide in einer Probe festgestellt wurden. Der<br />
durchschnittliche Pestizidgehalt lag bei 0,47 mg / kg. Im Gegensatz zum Vorjahr ist leider keine signifikante Verbesserung<br />
ersichtlich, die Rückstandssituation hat sich aber auch nicht wesentlich verschlechtert. So wurden zwar geringfügig weniger<br />
Wirkstoffe je Probe gef<strong>und</strong>en (2007: 4,7), der durchschnittliche Pestizidgehalt hat sich jedoch etwas erhöht (2007:<br />
0,40 mg / kg). Im Jahr 2006 wurden noch durchschnittlich 6,4 Wirkstoffe pro Probe mit einem mittleren Pestizidgehalt<br />
von 0,48 mg / kg nachgewiesen, so dass sich im Mehrjahresvergleich eine tendenzielle Verringerung der Rückstandsgehalte<br />
abzeichnet. Bezogen auf die jeweiligen Anbauländer bestehen nach wie vor deutliche Unterschiede hinsichtlich der<br />
Rückstandssituation (siehe nachfolgende Tabelle). Höchstmengenüberschreitungen wurden nur in Tafeltraubenproben<br />
aus Italien, der Türkei, Deutschland <strong>und</strong> einer Probe aus Israel festgestellt. Dagegen wurde in keiner der im europäischen<br />
Winterhalbjahr angebotenen Tafeltraubenproben von Ländern der Südhemisphäre (Argentinien, Brasilien, Chile, Namibia,<br />
Südafrika) Höchstmengenüberschreitungen nachgewiesen.<br />
Detaillierte Informationen zu Rückständen in Kelter- <strong>und</strong> Tafeltrauben finden Sie unter:<br />
www.ua-bw.de > Bericht vom 16.02.2009.<br />
Tafeltrauben aus konventionellem Anbau, differenziert nach Herkunft<br />
Kontinent Herkunftsland Anzahl Proben mit Proben mit Proben über der Stoffe über der<br />
Proben Rückständen Mehrfachrückständen Höchstmenge Höchstmenge<br />
Anzahl % Anzahl % Anzahl %<br />
Asien Asien-Indien 2 2 * 2 * 1 * Methiocarb (Summe)<br />
Afrika Ägypten 4 4 * 3 * 0 *<br />
Namibia 2 1 * 0 * 0 *<br />
Südafrika 21 20 95 19 91 0 0<br />
Europa Deutschland 8 7 88 7 88 3 38 Folpet (3x)<br />
Griechenland 3 3 * 3 * 0 *<br />
Italien 27 27 100 25 93 2 7 Buprofezin,<br />
Folpet<br />
Spanien 6 6 100 5 83 0 0<br />
Türkei 21 21 100 20 95 7 33 Acetamiprid (5x),<br />
Captan,<br />
Imazalil (2x)<br />
Südamerika Argentinien 6 5 83 2 33 0 0<br />
Brasilien 7 7 100 5 71 0 0<br />
Chile 13 13 100 13 100 0 0<br />
unbekannt 9 9 100 9 100 0 0<br />
Summe 129 125 97 113 88 13 10<br />
*Datenbasis für prozentuale Auswertung zu gering<br />
Erdbeeren<br />
Geringe Beanstandungsquote<br />
Erdbeeren werden inzwischen – neben dem einheimischen<br />
Hauptangebotszeitraum im Frühsommer – nahezu ganzjährig<br />
im Handel angeboten. Im Jahr <strong>2008</strong> wurden insgesamt<br />
127 Proben Erdbeeren, davon 77 aus Deutschland,<br />
auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. Während<br />
bei allen Proben Pestizidrückstände nachgewiesen wurden,<br />
lagen nur bei drei Proben deutscher Erdbeeren sowie<br />
2 Proben aus Ägypten <strong>und</strong> einer Probe aus Israel Höchstmengenüberschreitungen<br />
vor. Bei der Erdbeerprobe aus<br />
Israel, die im Dezember im Handel entnommen wurde, war<br />
jedoch neben der Höchstmengenüberschreitung auch die<br />
akute Referenzdosis (ARfD) aufgr<strong>und</strong> überhöhter Rückstände<br />
des Insektizids Methomyl überschritten (detaillierte<br />
110
PFLANZENSCHUTZMITTEL UND ORGANISCHE KONTAMINANTEN<br />
Infos zu den Untersuchungen im Zeitraum Januar bis Juli<br />
<strong>2008</strong> siehe www.ua-bw.de, Meldung vom 14.10.<strong>2008</strong>).<br />
Strauchbeerenobst<br />
Keine Höchstmengenüberschreitungen bei Himbeeren<br />
<strong>und</strong> Stachelbeeren, mehr Beanstandungen<br />
bei Johannisbeeren<br />
Nachdem die Beanstandungsrate bei Johannisbeeren im<br />
Jahr 2007 erfreulicherweise deutlich niedriger lag als in<br />
den Vorjahren, setzte sich dieser positive Trend im Jahr<br />
<strong>2008</strong> leider nicht fort.<br />
In 8 (16%) von 51 untersuchten Proben einheimischer<br />
Johannisbeeren wurden Höchstmengenüberschreitungen<br />
festgestellt. Weiterhin wurden in 10 Proben (20 %) Rückstände<br />
von nicht zur Anwendung bei Johannisbeeren<br />
zugelassenen Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen. In 6<br />
dieser Proben handelte es sich sowohl bzgl. Höchstmengenüberschreitungen<br />
als auch bzgl. Rückstände nicht zur<br />
Anwendung bei Johannisbeeren zugelassener Pflanzenschutzmittel<br />
um Rückstände des Wirkstoffs Boscalid, wobei<br />
für das diesen Wirkstoff enthaltende Pflanzenschutzmittel<br />
in Deutschland zwar schon eine Zulassung zur<br />
Anwendung bei Johannisbeeren beantragt, diese jedoch<br />
zum damaligen Zeitpunkt noch nicht genehmigt war. Das<br />
Mittel wurde vermutlich im Vorgriff auf die erwartete Zulassung<br />
eingesetzt.<br />
Bei Stachelbeeren wurde in einer der untersuchten 18 Proben<br />
deutscher Herkunft ein nicht zugelassener Wirkstoff<br />
festgestellt. Ansonsten waren Stachelbeeren gänzlich ohne<br />
Beanstandungen.<br />
Auch bei Himbeeren, kultivierten Heidelbeeren <strong>und</strong> Brombeeren<br />
werden üblicherweise Pestizidrückstände festgestellt.<br />
Während erfreulicherweise keine der untersuchten Himbeerproben<br />
zu beanstanden war, musste jedoch je eine Brombeer-<br />
<strong>und</strong> Heidelbeerprobe aufgr<strong>und</strong> von Höchstmengenüberschreitungen<br />
beanstandet werden.<br />
Exotische Früchte<br />
Höchstmengenüberschreitungen bei Maracujas<br />
Exotische Früchte sind vor allem in den Wintermonaten<br />
beliebt. Aufgr<strong>und</strong> der vielfältigen Obstsorten <strong>und</strong> unterschiedlicher<br />
Herkünfte variiert die Rückstandssituation<br />
erheblich. Während auch bei exotischen Früchten meist<br />
Rückstände mehrerer Pestizide die Regel sind, wurden -<br />
mit Ausnahme von Maracujas - erfreulicherweise nur in<br />
Einzelfällen Höchstmengenüberschreitungen festgestellt.<br />
Bei Maracuja dagegen mussten 8 von 14 Proben aufgr<strong>und</strong><br />
von Höchstmengenüberschreitungen beanstandet werden.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der regional <strong>und</strong> jahreszeitlich schwankenden<br />
Verfügbarkeit exotischer Obstsorten wurden teilweise<br />
stark unterschiedliche Probenzahlen einzelner Obstsorten<br />
untersucht, bei erhöhten Beanstandungsraten werden die<br />
Untersuchungen jedoch risikoorientiert intensiviert.<br />
Gemüsepaprika<br />
Höchstmengenüberschreitungen bei türkischen<br />
Paprika, keine Beanstandungen bei spanischen<br />
Paprika<br />
Bei Paprika bestimmter Herkunftsländer wurden in den vorhergehenden<br />
Jahren teilweise häufiger Proben mit Höchstmengenüberschreitungen<br />
festgestellt. Das vitaminreiche<br />
Gemüse wird ganzjährig im Handel angeboten, jedoch<br />
mit wechselnden Herkunftsländern, was sich in der Rückstandssituation<br />
widerspiegelt. Deshalb wurden Gemüsepaprika<br />
auch im Jahr <strong>2008</strong> mit erhöhter Probenzahl von<br />
insgesamt 119 Proben aus unterschiedlichen Herkunftsländern<br />
untersucht. Nachweisbare Pestizidrückstände sind<br />
bei Gemüsepaprika aus konventionellem Anbau die Regel,<br />
in 106 von 119 Proben (89%) wurden Rückstände festgestellt<br />
(Quote im Vorjahr 91 %), Wirkstoffart, Anzahl <strong>und</strong><br />
Gehalt der Pestizidrückstände der untersuchten Gemüsepaprika<br />
unterscheiden sich jedoch je nach Herkunftsland<br />
sehr deutlich. Nur in 6 Proben (5%) wurden Höchstmengenüberschreitungen<br />
festgestellt, alle diese Proben stammen<br />
jedoch aus der Türkei.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Zusammenfassend ist festzustellen, dass in den Strauchbeerenobstkulturen<br />
Stachelbeeren <strong>und</strong> Himbeeren keinerlei<br />
Höchstmengenüberschreitungen festgestellt wurden <strong>und</strong><br />
auch nur ein Bef<strong>und</strong> von Rückständen nicht für die Kultur zugelassener<br />
Pflanzenschutzmittel vorkam. Hier hat sich die im<br />
Vorjahr schon gute Situation noch weiter verbessert. Bei Johannisbeeren<br />
hingegen ist im Vergleich zum Vorjahr leider ein<br />
gegensätzlicher Trend zu erkennen. Die im Vergleich zum Vorjahr<br />
gestiegene Beanstandungsquote bei Johannisbeeren kann<br />
jedoch zum Teil auf die scheinbar unklare Zulassungssituation<br />
zurückgeführt werden. Die Rückstandssituation bei Johannisbeeren<br />
wird deshalb jedoch auch im Jahr 2009 verstärkt im<br />
Fokus der Überwachung stehen. Ein ausführlicher Bericht vom<br />
14.10.<strong>2008</strong> zum Thema Rückstände in Strauchbeeren ist unter<br />
www.ua-bw.de zu finden.<br />
Paprika aus Spanien <strong>und</strong> der Türkei waren in den letzten<br />
Jahren durch vergleichsweise hohe Beanstandungsquoten<br />
aufgr<strong>und</strong> von Höchstmengenüberschreitungen <strong>und</strong> deutlichen<br />
Überschreitungen der akuten Referenzdosen für bestimmte<br />
Wirkstoffe auffällig. Unsere Gemüsepaprikabef<strong>und</strong>e<br />
wurden 2006/2007 in mehreren Berichten auf unserer<br />
Webseite veröffentlicht. Diese Berichte haben nachhaltig<br />
Wirkung gezeigt: die spanischen Paprikaerzeuger sind aktiv<br />
geworden <strong>und</strong> haben die Produktion umgestellt. Dadurch<br />
wurde eine deutliche Verbesserung der Rückstandssituation<br />
bei spanischem Paprika im Vergleich zu den Vorjahren<br />
beobachtet (detaillierte Informationen hierzu siehe Online-Beiträge<br />
von Februar <strong>2008</strong> unter www.ua-bw.de).<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> traten bei spanischen Paprika keine Höchstmengenüberschreitungen<br />
mehr auf.<br />
111
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Dies ist bei türkischen Paprika leider nicht der Fall: alle<br />
beanstandeten Paprikaproben stammten aus der Türkei.<br />
6 von 30 türkischen Paprikaproben (20%) wiesen Höchstmengenüberschreitungen<br />
auf. Rückstände der Wirkstoffe<br />
Oxamyl, Methomyl, Endosulfan <strong>und</strong> Procymidon führten<br />
in 6 Fällen zu teils deutlichen Überschreitungen der akuten<br />
Referenzdosen (bis zu 1.260 %). Auch der mittlere<br />
Rückstandsgehalt sowie die durchschnittliche Anzahl an<br />
verschiedenen Rückständen war bei Paprika aus der Türkei<br />
deutlich höher als bei Paprika aus anderen Herkunftsländern.<br />
Die Rückstandssituation <strong>und</strong> vor allem auch die<br />
Anbaupraxis sowie die Ausfuhrkontrollen stellen sich bei<br />
Paprika aus der Türkei somit auch weiterhin als unbefriedigend<br />
dar, Handel <strong>und</strong> Importeure müssen hier die Eigenkontrollen<br />
verbessern. Die amtliche Überwachung wird<br />
die Rückstandssituation bei Paprika insbesondere aus der<br />
Türkei deshalb auch im Jahr 2009 durch umfangreiche<br />
Rückstandsuntersuchungen kontrollieren.<br />
Salatarten<br />
Weniger Höchstmengenüberschreitungen als Folge<br />
der EU-Harmonisierung<br />
Bestimmte Salatarten waren in der Vergangenheit durch<br />
erhöhte Beanstandungsquoten aufgr<strong>und</strong> von Höchstmengenüberschreitungen<br />
auffällig. Sortenvielfalt mit saisonalen<br />
Schwerpunkten, Angebotsumfang, Vielfalt der Herkunftsländer<br />
<strong>und</strong> ganzjähriges Angebot im Handel unterstreichen<br />
die Bedeutung des Salatangebots für den Verbraucher.<br />
Deshalb wurden Salate auch im Jahr <strong>2008</strong> mit 160 Proben<br />
unterschiedlicher Salatarten aus verschiedenen Herkunftsländern<br />
umfangreich untersucht.<br />
Die verschiedenen Salatarten unterscheiden sich wesentlich<br />
hinsichtlich der festgestellten Pestizidrückstandsgehalte.<br />
Deutlich wird dies anhand der durchschnittlichen<br />
Rückstandsgehalte in verschiedenen Salatarten: Während<br />
Rucola <strong>und</strong> Kopfsalat im Durchschnitt Rückstandsgehalte<br />
von über 1 mg / kg aufweisen, ist Eisbergsalat mit durchschnittlich<br />
nur 0,04 mg / kg deutlich weniger mit Rückständen<br />
belastet. Die vergleichsweise hohen Rückstandsgehalte<br />
bei Rucola, Kopfsalat <strong>und</strong> Feldsalat werden vor allem<br />
durch Gehalte > 2 mg / kg der Wirkstoffe Iprodion, Propamocarb<br />
<strong>und</strong> Boscalid verursacht. Für Rückstände dieser<br />
drei Wirkstoffe sind für die genannten Salatarten EU-weit<br />
vergleichsweise hohe Höchstmengen von teilweise über<br />
10 mg / kg festgesetzt.<br />
Die Zahl der Höchstmengenüberschreitungen bei Salatarten<br />
ist erfreulicherweise von 10 % (2007) auf 4 % (<strong>2008</strong>) gesunken<br />
(2 x belgischer <strong>und</strong> 1x französischer Kopfsalat <strong>und</strong><br />
3 x deutscher Feldsalat). Dies ist u. a. auf die im Rahmen<br />
der EU-Harmonisierung erfolgte Anhebung der Rückstandshöchstmengen<br />
für einzelne Wirkstoffe zurückzuführen.<br />
Überschreitungen der akuten Referenzdosis wurden jedoch<br />
auch bei den beanstandeten Proben nicht festgestellt.<br />
In 6 (4%) der Proben einheimischer Erzeuger wurden<br />
Rückstände von in Deutschland, aber nicht zur Anwendung<br />
bei der jeweiligen Salatart, zugelassenen Wirkstoffen<br />
(Indikationszulassung) nachgewiesen. Besonders auffällig<br />
war in dieser Hinsicht einheimischer Feldsalat, welcher mit<br />
5 der 6 Proben den größten Anteil ausmachte.<br />
Kohlarten<br />
Höchstmengenüberschreitungen bei Grünkohl<br />
In <strong>2008</strong> wurden 84 Proben diverser Kohlarten (Blumenkohl,<br />
Brokkoli, Chinakohl, Grünkohl, Kohlrabi, Rosenkohl,<br />
Rotkohl, Weißkohl <strong>und</strong> Wirsingkohl) auf Pflanzenschutzmittelrückstände<br />
untersucht. Erfreulicherweise war – außer<br />
Grünkohl <strong>und</strong> Kohlrabi – keine der anderen untersuchten<br />
Kohlarten zu beanstanden. In einer von 10 Proben Kohlrabi<br />
einheimischer Erzeuger wurden Rückstände des Wirkstoffs<br />
Dimethoat nachgewiesen, der in Deutschland für<br />
eine Anwendung bei anderen Kulturen – jedoch nicht bei<br />
Kohlrabi – zugelassen ist (Indikationszulassung). In 3 von<br />
6 Grünkohlproben (alle aus Deutschland) wurden Höchstmengenüberschreitungen<br />
der Stoffe Dimethoat, Dimethomorph,<br />
Pendimethalin <strong>und</strong> Tebuconazol festgestellt. Rückstandsuntersuchungen<br />
von Grünkohl sollen daher 2009<br />
verstärkt durchgeführt werden. Kohlarten, ausgenommen<br />
Grünkohl, zählen zu den weniger mit Pestizidrückständen<br />
belasteten Gemüsearten.<br />
Getreide, Getreideprodukte, Reis<br />
Getreide <strong>und</strong> Getreideprodukte wiesen erfreulicherweise<br />
überwiegend nur sehr geringe Rückstandsgehalte auf. In<br />
63 (79 %) von 83 untersuchten Proben unterschiedlicher<br />
Getreidearten bzw. Getreideprodukte wurden zwar Rückstände<br />
nachgewiesen, die Rückstandsgehalte sind jedoch<br />
sowohl hinsichtlich Wirkstoffanzahl als auch mittleren Pestizidgehalten<br />
üblicherweise deutlich geringer im Vergleich<br />
zu bestimmten Obst- <strong>und</strong> Gemüsearten <strong>und</strong> liegen meist<br />
im Spurenbereich < 0,01 mg / kg. Nur eine von 41 untersuchten<br />
Proben Getreidemehle musste aufgr<strong>und</strong> einer<br />
Höchstmengenüberschreitung beanstandet werden.<br />
In 18 von 23 untersuchten Reisproben wurden ebenfalls<br />
vergleichsweise geringe Pestizidrückstände festgestellt.<br />
5 Proben mussten jedoch aufgr<strong>und</strong> von Höchstmengenüberschreitungen<br />
des Fungizids Tricyclazol beanstandet<br />
werden. Im Zuge der Harmonisierung der Höchstmengen<br />
auf EU-Ebene wurde die Höchstmenge für Tricyclazol-<br />
Rückstände in Reis inzwischen auf 1 mg / kg festgesetzt.<br />
Die festgestellten Bef<strong>und</strong>e lagen alle unter dieser seit<br />
01.09.<strong>2008</strong> geltenden Höchstmenge.<br />
112
PFLANZENSCHUTZMITTEL UND ORGANISCHE KONTAMINANTEN<br />
Honig<br />
Viele verbinden mit dem Lebensmittel Honig ein reines<br />
<strong>und</strong> hochwertiges Naturprodukt. Wie aber sieht es mit<br />
unerwünschten Rückständen von Pflanzenschutzmitteln<br />
aus, die die Biene mit dem Nektar behandelter Kulturpflanzen<br />
in den heimischen Stock einträgt?<br />
Im Frühsommer <strong>2008</strong> wurde im Rheintal durch Staubabdrift<br />
von mit dem Insektizid Clothianidin gebeiztem<br />
Maissaatgut im Zuge der Maisaussaat ein erhebliches<br />
Bienensterben ausgelöst. Neben den Schädigungen der<br />
Bienenvölker stellte sich auch die Frage einer möglichen<br />
Kontamination des Honigs sowohl bei betroffenen Völkern<br />
als auch hinsichtlich der allgemeinen Rückstandssituation<br />
bei Honig. Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat das CVUA Stuttgart im<br />
Zeitraum Juni bis August <strong>2008</strong> schwerpunktmäßig Honig<br />
auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. Es wurden<br />
insgesamt 67 Proben auf über 500 verschiedene Wirkstoffe,<br />
darunter auch den für das Bienensterben ursächlichen<br />
Wirkstoff Chlothianidin, untersucht. 42 Proben stammten<br />
aus Deutschland, meist aus Baden-Württemberg. Das<br />
Ergebnis belegt, dass Bienenhonig nur sehr gering mit<br />
Pestiziden belastet ist. 82 % der Proben waren ohne quantifizierbare<br />
Rückstände. Nur in 12 Proben (davon 9 aus<br />
Baden-Württemberg) wurden geringe Rückstände von zugelassenen<br />
Wirkstoffen (Pirimicarb, Thiacloprid, Boscalid,<br />
Carbendazim, Haloxyfop, Fluazifop in Proben einheimischer<br />
Erzeuger, Dimethoat, Tau-Fluvalinat in Proben aus der Türkei<br />
bzw. Spanien) festgestellt. Die Rückstandsgehalte lagen<br />
überwiegend im Spurenbereich unter 0,01 mg / kg, nur<br />
3 Rückstandsbef<strong>und</strong>e lagen geringfügig über 0,01 mg / kg<br />
(max. 0,045 mg / kg). Alle gemessenen Rückstandsbef<strong>und</strong>e<br />
lagen unter den geltenden Rückstandshöchstmengen.<br />
Einen detaillierten Bericht vom 22.09.<strong>2008</strong> zu den Untersuchungen<br />
finden Sie im Internet unter www.ua-bw.de.<br />
Zu Streptomycin in Honig siehe Kapitel IV Pharmakologisch<br />
wirksame Stoffe.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Dr. Eberhard Schüle, CVUA Stuttgart<br />
113
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Lebensmittel tierischer Herkunft<br />
Gesamtergebnisse<br />
Insgesamt wurden 811 Proben Lebensmittel tierischer Herkunft auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln <strong>und</strong> auf<br />
persistente organische Kontaminanten untersucht. 300 Proben wurden bei Erzeugern im Rahmen des Nationalen<br />
Rückstandskontrollplanes entnommen, 511 Proben stammten aus dem Lebensmittelhandel mit Schwerpunkt auf<br />
den Produktgruppen Fleisch, Fisch <strong>und</strong> Käse.<br />
Im Gegensatz zu den früher eingesetzten langlebigen Organochlorverbindungen<br />
sind die heute angewendeten<br />
Pflanzenschutzmittel leichter abbaubar <strong>und</strong> führen nicht zu<br />
einer Anreicherung in den Organismen von Nutztieren. Man<br />
findet daher nur sehr selten Rückstände von aktuell eingesetzten<br />
Pestiziden in Lebensmitteln tierischer Herkunft wie<br />
Fleisch, Fisch, Milch, Eiern <strong>und</strong> Erzeugnissen daraus. Nach<br />
wie vor Bedeutung hat jedoch die Hintergr<strong>und</strong>belastung an<br />
Altlasten von Organochlorpestiziden sowie an chlor- <strong>und</strong><br />
bromorganischen Kontaminanten. Diese persistenten, fettlöslichen<br />
Stoffe reichern sich über die Nahrungskette im<br />
Fettgewebe von Tieren an. Lebensmittel tierischer Herkunft<br />
stellen die Hauptquelle für die Aufnahme dieser Stoffe<br />
durch den Verbraucher dar. Das systematische Messen<br />
<strong>und</strong> Beobachten der Rückstandssituation nach Monitoring-<br />
Gesichtspunkten ist daher wichtig, um die Aufnahme dieser<br />
unerwünschten Stoffen durch Lebensmittel abschätzen<br />
zu können, eventuelle Gefährdungspotenziale frühzeitig zu<br />
erkennen <strong>und</strong> darüber hinaus die zeitliche Entwicklung aufzuzeigen.<br />
Während in früheren Jahren in nahezu allen Proben<br />
Rückstände feststellbar waren, hat sich dieser Anteil in<br />
den letzten Jahren auf etwa 75 % eingependelt.<br />
Untersucht wurde auf chlor- <strong>und</strong> bromorganische Pestizide<br />
<strong>und</strong> Kontaminanten, auf Pestizide aus den Gruppen der<br />
Pyrethroide <strong>und</strong> Phosphorsäureester sowie auf Nitro- <strong>und</strong><br />
polycyclische Moschusverbindungen (synthetische Duftstoffe).<br />
Als besonders relevant <strong>und</strong> repräsentativ für die<br />
Belastung mit Altpestizidrückständen <strong>und</strong> Kontaminanten<br />
sind die Stoffe Hexachlorbenzol (HCB), Lindan, Gesamt-<br />
DDT, PCB 153 (als Markersubstanz für die Stoffgruppe der<br />
polychlorierten Biphenyle), Dieldrin, Endosulfan, Moschusketon/Moschusxylol<br />
sowie die polybromierten Diphenylether<br />
(PBDE, Summe aus BDE 28, 47, 99, 100, 153 <strong>und</strong><br />
154) anzusehen. Bei den Fischen sind noch zusätzlich einige<br />
spezielle Kontaminanten wie Nonachlor, Chlordan, Tribromanisol,<br />
Triclosan-methyl <strong>und</strong> Toxaphen (Summe der<br />
Parlar Kongeneren 26, 50, 62) von Bedeutung.<br />
Höchstmengenüberschreitungen gab es bei zwei Proben<br />
Feta-Käse aus Griechenland (Lindan), einer Probe Eier<br />
(PCB), einer Probe Ziegenleber (PCB) sowie bei vier Proben<br />
Fett von Rindern (PCB) aus einem Erzeugerbetrieb, der bereits<br />
im Vorjahr wegen hoher PCB-Gehalte aufgefallen war.<br />
Fleisch<br />
Das beim Verbraucher beliebte Geflügelfleisch zeigt<br />
eine geringe Rückstandsbelastung.<br />
Im b<strong>und</strong>esweiten Lebensmittel-Monitoring wurden 35 Proben<br />
Hähnchen überwiegend aus europäischen Ländern<br />
(AT, DK, FR, IT, NL) sowie 33 Proben Puten von Erzeugern<br />
in Baden-Württemberg untersucht. Insgesamt liegen die<br />
mittleren Gehalte der untersuchten Stoffe auf einem niedrigen<br />
Niveau. Interessant ist ein Vergleich der Ergebnisse<br />
mit denen von 47 Hähnchen- <strong>und</strong> Putenfleischproben aus<br />
Brasilien <strong>und</strong> Thailand, die im Jahr 2003 im Rahmen der Einfuhrkontrolle<br />
erhoben wurden. Rückstände von Wirkstoffen<br />
wie Lindan, DDT <strong>und</strong> Endosulfan, die in der ostasiatischen<br />
Ware noch in höherer Konzentration enthalten waren, finden<br />
sich in Geflügelfleisch aus dem europäischen Ausland nur<br />
noch in Höhe der derzeitigen allgemeinen Hintergr<strong>und</strong>belastung<br />
für Fleisch von 0,001 mg / kg Fett. Moschusketon,<br />
ein synthetischer Duftstoff, der früher auch in der EU in der<br />
Kosmetikindustrie eingesetzt wurde, fand sich in auffälligeren<br />
Konzentrationen in den brasilianischen Proben. Nach<br />
dem weitgehenden Verwendungsverzicht der europäischen<br />
Kosmetikhersteller ist die Belastung der Lebensmittel mit<br />
diesem Stoff in Europa in den letzten 15 Jahren deutlich<br />
zurückgegangen.<br />
Lamm- <strong>und</strong> Ziegenfleisch zeigt höhere Belastungen als<br />
das Fleisch von Rind, Schwein oder Geflügel. Eine Probe<br />
Ziegenleber war besonders auffällig.<br />
In Lamm- <strong>und</strong> Ziegenfleisch findet man hauptsächlich die<br />
Stoffe HCB, PCB <strong>und</strong> insbesondere DDT. Der auffällige mittlere<br />
Gesamt-DDT-Gehalt in <strong>2008</strong> ergab sich aus höheren<br />
Konzentrationen an p,p’-DDE bei 30 % der Proben (Gehalte<br />
0,02 - 0,80 mg / kg Fett). Außerdem wurden bei einzelnen<br />
Proben Rückstände an Fenpropathrin (0,002 - 0,006 mg / kg<br />
Fett), Permethrin (0,003 - 0,008 mg / kg Fett) <strong>und</strong> Deltamethrin<br />
(0,003 mg / kg Fett) nachgewiesen. Ein herausragender<br />
Bef<strong>und</strong> an polychlorierten Biphenylen zeigte sich in einer<br />
Probe Ziegenleber mit Gehalten von 0,012 mg / kg Frischgewicht<br />
(FG) für PCB 138 <strong>und</strong> 0,016 mg / kg FG für PCB 153.<br />
Diese Gehalte überschritten die Höchstmengen von jeweils<br />
0,01 mg / kg FG, wobei die Probe unter Berücksichtigung des<br />
114
PFLANZENSCHUTZMITTEL UND ORGANISCHE KONTAMINANTEN<br />
Organische Kontaminanten in Geflügel nach Herkunftsländern<br />
Mittelwert (µg / kg Frischgewicht)<br />
0,010<br />
0,009<br />
0,008<br />
0,007<br />
0,006<br />
0,005<br />
60<br />
50<br />
0,004<br />
0,003<br />
39<br />
0,002<br />
0,001<br />
04 04 05<br />
0,000<br />
00 05 17 44<br />
13<br />
02<br />
36<br />
31<br />
03<br />
100<br />
21<br />
01 04 15<br />
03<br />
120<br />
17<br />
0 5<br />
17<br />
12<br />
00<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
HCB beta- Lindan Gesamt- PCB 153 Dieldrin Endo- Moschus- Summe<br />
HCH DDT sulfan keton PBDE<br />
Brasilien (2003) Thailand (2003) EU (<strong>2008</strong>)<br />
Anzahl der Proben 31 16 35<br />
analytischen Streubereiches noch nicht zu beanstanden war.<br />
Interessanterweise wies die zugehörige Probe Ziegenniere<br />
deutlich geringere PCB-Gehalte auf, die in der gleichen Größenordnung<br />
lagen wie in Ziegenfleischproben. Möglicherweise<br />
wird in der Ziegenleber selektiv PCB angereichert, wie<br />
man es für Schafleber festgestellt hat. Für eine vergleichende<br />
Darstellung wird in der Tabelle der Fettbezug gewählt.<br />
Fische <strong>und</strong> Fischereierzeugnisse<br />
Insgesamt wurden 124 Proben Fisch <strong>und</strong> Fischereierzeugnisse<br />
untersucht, davon 107 Proben aus Aquakultur.<br />
Schätzungen zufolge werden gegenwärtig im Jahr<br />
weltweit etwa 28,9 Millionen Tonnen Fisch <strong>und</strong> andere<br />
Meereslebewesen in offenen oder geschlossenen Aquakulturanlagen<br />
produziert. Ihr Anteil an der weltweiten<br />
Fischversorgung liegt damit zurzeit bei circa 35 %.<br />
von „Fischabfällen“ aus den Weltmeeren standardisiert ist,<br />
weisen die verschiedenen Fischarten doch unterschiedliche<br />
Belastungen mit Kontaminanten auf. Die höchsten mittleren<br />
Gehalte zeigen sich in der Reihenfolge Lachs > Forellen ><br />
sonstige Zuchtfische.<br />
Untersuchungen auf Pyrethroide ergaben einige Bef<strong>und</strong>e,<br />
alle unterhalb der Höchstmengen. So wurden bei jeweils<br />
einer Probe Pangasius <strong>und</strong> Forelle Permethrin (0,009 <strong>und</strong><br />
0,037 mg / kg Fett) sowie bei zwei Proben Lachs Cypermethrin<br />
(0,039 <strong>und</strong> 0,36 mg / kg Fett) <strong>und</strong> bei weiteren<br />
fünf Proben Lachs Deltamethrin (0,002- 0,015 mg / kg<br />
Fett) festgestellt. Phosphorsäureester wurden ebenfalls<br />
unter-halb der Höchstmengen nachgewiesen. So enthielten<br />
29 % der Pangasiusproben Rückstände von Chlorpyriphos-ethyl<br />
(0,04 - 0,08 mg / kg Fett) – 2007 lag die<br />
Quote bei 71 % –, ebenso 14 % der Forellenproben<br />
(0,006 - 0,055 mg / kg Fett).<br />
Im Rahmen des b<strong>und</strong>esweiten Lebensmittel-Monitorings<br />
wurden Lachse aus Produktionsstätten in Europa sowie aus<br />
Chile <strong>und</strong> China untersucht. Die Forellen kamen aus einheimischer<br />
Zucht, während sonstige Zuchtfische – überwiegend<br />
Pangasius aus Vietnam – importiert wurden. Die mittleren<br />
Gehalte der untersuchten Kontaminanten bewegen sich in<br />
der Größenordung von < 0,1 bis 5,4 µg / kg Frischgewicht<br />
<strong>und</strong> damit auf niedrigem Niveau. Auch die Maximalwerte<br />
liegen bei allen Fischen deutlich unterhalb der zulässigen<br />
Höchstmengen. Obwohl das Fischfutter heute auf der Basis<br />
Die Lachsproben wurden erstmals auch auf Ethoxyquin<br />
untersucht. Ethoxyquin ist ein Antioxidans, das für Lebensmittel<br />
nicht zugelassen ist, jedoch Futtermitteln bis zu einer<br />
Höchstmenge von 150 mg / kg zugesetzt werden darf.<br />
In allen 38 untersuchten Lachsproben wurden Gehalte an<br />
Ethoxyquin nachgewiesen. Wildlachs unterscheidet sich<br />
dabei deutlich vom Zuchtlachs. Während im Wildlachs<br />
(aus China) lediglich Spuren nachweisbar waren, zeigten<br />
86 % der Lachse aus konventioneller Zucht Gehalte grösser<br />
0,01 bis 0,062 mg / kg Frischgewicht (FG), im Mittel<br />
Vergleich der PCB-Gehalte in Ziegenfleisch mit einer Probe Ziegenleber <strong>und</strong> -niere<br />
Jahr der Anzahl PCB 153 PCB 138 PCB 180 PCB 153 PCB 138 PCB 180<br />
Untersuchung Proben<br />
Mittlere Gehalte in mg/kg Fett<br />
Maximalgehalte in mg/kg Fett<br />
Ziegenleber <strong>2008</strong> 1 - - - 0,71 0,54 0,14<br />
Ziegenniere <strong>2008</strong> 1 - - - 0,023 0,017 0,010<br />
Ziegenfleisch <strong>2008</strong> 3 0,002 0,002 0,001 0,004 0,003 0,002<br />
Ziegenfleisch 2006 5 0,008 0,006 0,005 0,018 0,017 0,008<br />
115
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Organische Kontaminanten in verschiedenen Zuchtfischen<br />
5,0<br />
5,44<br />
Mittelwert (µg / kg Frischgewicht)<br />
4,5<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
0,88<br />
0,36<br />
0,17<br />
2,27<br />
1,69<br />
1,28<br />
0,72<br />
0,33<br />
0,97<br />
0,28<br />
0,16<br />
1,57<br />
0,33<br />
0,59<br />
0,60<br />
0,11<br />
0,07<br />
2,81<br />
0,51<br />
0,30<br />
3,76<br />
0,91<br />
0,12<br />
0,50<br />
0,20<br />
0,08<br />
HCB DDT PCB 153 Dieldrin Endo- Chlordan Toxaphen Tribrom- PBDE<br />
sulfan<br />
anisol<br />
Lachs Forelle sonstige Fische<br />
0,026 mg / kg FG. In Bio-Lachs fanden sich überwiegend geringe<br />
Konzentrationen von 0,003 - 0,011 mg / kg FG. In den<br />
28 Forellenproben, die 2005 untersucht wurden, ließen sich<br />
dagegen lediglich Gehalte von < 0,001 - 0,01 mg / kg FG<br />
feststellen. Die Beurteilung von Ethoxyquin-Bef<strong>und</strong>en ist zurzeit<br />
schwierig, da es als zugelassener Futtermittelzusatzstoff<br />
nicht durch die Rückstands-Höchstmengenverordnung geregelt<br />
ist.<br />
Käse<br />
Schafs- <strong>und</strong> Ziegenkäse:<br />
deutliche Unterschiede je nach Herkunft<br />
Schwerpunktmäßig wurden Käse aus Schaf- oder Ziegenmilch<br />
untersucht. Neben dem traditionellen Feta-Käse<br />
(13 Proben), der in Griechenland aus Schaf- <strong>und</strong>/oder<br />
Ziegenmilch hergestellt wird („Feta“ ist eine geschützte<br />
Ursprungsbezeichnung), kamen 35 Proben Schafs- oder<br />
Ziegenkäse aus Deutschland, 19 aus Frankreich <strong>und</strong> 6 aus<br />
den Niederlanden zur Untersuchung. Die Schadstoffbelastung<br />
nach Herkunftsländern zeigt eine deutliche Tendenz:<br />
Während in den westeuropäischen Ländern die langlebigen<br />
Organochlorpestizide HCB, Lindan, DDT <strong>und</strong> Endosulfan<br />
schon seit langer Zeit nicht mehr eingesetzt werden<br />
<strong>und</strong> die Rückstandsgehalte langsam zurückgehen, finden<br />
sich in den Proben griechischer Herkunft auffällig hohe<br />
Gehalte an diesen Stoffen. Vermutlich gibt es hier noch<br />
größere Depots in der Umwelt, die sich durch Anreicherung<br />
in den tierischen Organismen letztlich in den vom<br />
Tier gewonnenen Lebensmitteln wiederfinden. PCBs als<br />
typische Industriekontaminanten oder Moschusxylol treten<br />
dagegen eher in den Proben aus den westeuropäischen<br />
Ländern auf, wenn auch nur in sehr niedrigen Konzentrationen.<br />
Polybromierte Biphenyle waren in keiner der Käseproben<br />
nachweisbar.<br />
Bei zwei Feta-Proben war mit Werten von 0,019 bzw.<br />
0,022 mg / kg Fett sogar die in Deutschland gültige Höchstmenge<br />
für Lindan (0,001 mg / kg Fett) nominell überschritten.<br />
Die deutsche RHmV ist jedoch auf ein Produkt aus<br />
Griechenland nicht ohne Weiteres anwendbar, wenn es in<br />
Griechenland aufgr<strong>und</strong> anderer, dort geltender Rechtsbestimmungen<br />
rechtmäßig im Verkehr ist.<br />
Organische Kontaminanten in Schafs- <strong>und</strong> Ziegenkäse nach Herkunftsländern<br />
0,014<br />
139<br />
Mittelwert (µg / kg Frischgewicht)<br />
0,012<br />
0,010<br />
0,008<br />
0,006<br />
0,004<br />
0,002<br />
0,000<br />
39<br />
26<br />
20<br />
13<br />
04<br />
34<br />
02 04 0<br />
43<br />
18 17<br />
08 06 01 01<br />
0 0 0 0<br />
25<br />
05<br />
02 0 3<br />
0 0 02 0 0 0 0 0<br />
HCB Lindan DDT PCB 153 Dieldrin Endo- Moschus- Summe<br />
sulfan xylol PBDE<br />
Griechenland Deutschland Frankreich Niederlande<br />
116
Ökomonitoring<br />
Ökomonitoring<br />
Baden-Württemberg führt im Zusammenhang mit der<br />
vom Ministerrat des Landes beschlossenen Gesamtkonzeption<br />
zur Förderung des ökologischen Landbaus<br />
zusätzlich ein spezielles Untersuchungsprogramm für<br />
Öko-Lebensmittel durch. Beim Ökomonitoring werden<br />
im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />
Lebensmittel aus ökologischem Anbau systematischer<br />
<strong>und</strong> häufiger als in der Vergangenheit auf Rückstände<br />
<strong>und</strong> Kontaminanten untersucht. In diesem stark<br />
expandierenden Marktsegment will man Verbrauchertäuschungen<br />
besser erkennen <strong>und</strong> somit das Verbrauchervertrauen<br />
in die Qualität ökologisch erzeugter Lebensmittel<br />
stärken. Wo BIO draufsteht, muss auch BIO<br />
drin sein. Seit 2002 wird ein spezieller Ökomonitoring-<br />
Bericht für Baden-Württemberg erstellt <strong>und</strong> veröffentlicht.<br />
Der Gesamtbericht <strong>2008</strong> wird im Internet verfügbar<br />
sein unter http://oekomonitoring.cvuas.de.<br />
Rückstandssituation bei<br />
pflanzlichen Lebensmitteln aus<br />
ökologischem Anbau<br />
Wie in den Vorjahren schneiden ökologisches Obst <strong>und</strong><br />
Gemüse deutlich besser ab als konventionell erzeugte<br />
Ware. Bei der überwiegenden Anzahl der Proben aus<br />
ökologischem Anbau waren keine Rückstände an Pflanzenschutzmitteln<br />
nachweisbar. Sofern Rückstände festgestellt<br />
wurden, handelte es sich meist nur um Rückstände<br />
einzelner Wirkstoffe im Spurenbereich ( < 0,01 mg / kg)<br />
<strong>und</strong> damit deutlich unterhalb der Konzentration, die üblicherweise<br />
nach Anwendung entsprechender Wirkstoffe<br />
im Erntegut festgestellt werden kann. Im Jahr <strong>2008</strong> hat<br />
sich die Rückstandssituation bei Öko-Obst im Vergleich<br />
zum Vorjahr wieder deutlich verbessert <strong>und</strong> die Situation<br />
bei Öko-Gemüse nur unwesentlich verändert. Daher hat<br />
die Beanstandungsquote insgesamt bei allen frischen Öko-<br />
Erzeugnissen im Vergleich zum Vorjahr wieder abgenommen:<br />
4,9 % <strong>2008</strong>, 7,5 % 2007, 4,9 % 2006, 8,4 % 2005,<br />
3,6 % 2004 <strong>und</strong> 4,5 % 2003. Beanstandungen gab es <strong>2008</strong><br />
vor allem bei Sprossgemüse (Brokkoli), Fruchtgemüse (Gurken)<br />
<strong>und</strong> Zitrusfrüchten. Bei verarbeiteten Erzeugnissen lag<br />
die Beanstandungsquote mit 5,3 % (6,5% 2007) etwa in<br />
der gleichen Größenordnung wie bei frischen Erzeugnissen.<br />
Hier waren Sultaninen <strong>und</strong> Pfefferminzblättertee am<br />
auffälligsten.<br />
Der mittlere Pestizidgehalt aller untersuchten Öko-Obstproben<br />
lag bei 0,004 mg / kg (ohne Bromid, Piperonylbutoxid<br />
<strong>und</strong> Rotenon), wenn alle als ökologisch bezeichneten Proben<br />
(auch solche mit irreführender Öko-Kennzeichnung)<br />
in die Berechnung einfließen. Er<br />
lag bei 0,001 mg / kg, wenn die Berechnung<br />
unter Ausschluss der beanstandeten<br />
Proben erfolgte, bei denen<br />
der Verdacht besteht, dass es sich um<br />
konventionelle Ware oder um einen Verschnitt mit konventioneller<br />
Ware handelt (hier waren lediglich Zitrusfrüchte<br />
auffällig). Konventionelles Obst enthält dagegen im Mittel<br />
0,44 mg Pestizide pro kg (ohne Oberflächenkonservierungsstoffe<br />
<strong>und</strong> Bromid).<br />
Bei Öko-Gemüse lag der mittlere Pestizidgehalt<br />
n bei 0,019 mg / kg, wenn alle als ökologisch bezeichneten<br />
Proben (auch solche mit irreführender Öko-Kennzeichnung)<br />
in die Berechnung einfließen (ohne Bromid,<br />
Piperonylbutoxid <strong>und</strong> Rotenon)<br />
<strong>und</strong><br />
n bei 0,001 mg / kg, wenn die Berechnung unter Ausschluss<br />
der beanstandeten Proben erfolgte, bei denen<br />
der Verdacht besteht, dass es sich um konventionelle<br />
Ware oder um einen Verschnitt mit konventioneller<br />
Ware handelt (hier waren Brokkoli <strong>und</strong> Gurken auffällig).<br />
Konventionelles Gemüse enthält dagegen im Mittel 0,33 mg<br />
Pestizide pro kg (ohne Bromid).<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden insgesamt 558 Proben pflanzlicher<br />
Lebensmittel aus ökologischem Anbau auf Rückstände an<br />
Pflanzenschutzmitteln untersucht.<br />
Die ausführliche <strong>und</strong> tabellarische Darstellung dieser Untersuchungsergebnisse<br />
sowie aller anderen Untersuchungen,<br />
die im Rahmen des Ökomonitorings <strong>2008</strong> durchgeführt<br />
wurden, werden wieder in einem gesonderten Bericht<br />
veröffentlicht werden.<br />
Gemüse <strong>und</strong> Kartoffeln aus<br />
ökologischem Anbau<br />
Von 39 untersuchten Proben Blattgemüse aus ökologischem<br />
Anbau wiesen lediglich zwei Proben Rückstände<br />
über 0,01 mg / kg auf. Eine Probe italienischer Spinat wurde<br />
wegen der irreführenden Bezeichnung „Öko“ beanstandet.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden insgesamt 78 Proben Fruchtgemüse<br />
aus ökologischem Anbau, in der Mehrzahl Gurken <strong>und</strong><br />
Tomaten, auf Pestizidrückstände untersucht. Dabei enthielten<br />
10 % der Proben Rückstände über 0,01 mg / kg (entspricht<br />
dem Ergebnis von 2005). Damit hat sich die Situation<br />
bei Fruchtgemüse im Vergleich zu den Jahren 2006 <strong>und</strong><br />
2007 (Beanstandungsquote jeweils 3 %) wieder verschlechtert.<br />
Dies liegt vor allem an der hohen Beanstandungsquote<br />
bei Gurken aus Spanien, Italien <strong>und</strong> Marokko (6 von<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
117
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
26 Proben). Bei 5 dieser Proben wurde die Bezeichnung<br />
„aus ökologischem Anbau“ aufgr<strong>und</strong> überhöhter Rückstände<br />
des Fungizids Fosetyl als irreführend beurteilt. Des Weiteren<br />
lag bei einer Probe italienischer Zucchini der nachgewiesene<br />
Rückstandsgehalt über der für diesen Wirkstoff<br />
festgelegten Höchstmenge (RHmV). Die Untersuchungen<br />
auf Fosetyl werden im Jahr 2009 weiter intensiviert.<br />
Es wurden insgesamt 41 Proben Öko-Sprossgemüse<br />
auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln untersucht. Bei<br />
6 von 18 untersuchten Brokkoliproben wurde die Bezeichnung<br />
„aus ökologischem Anbau“ aufgr<strong>und</strong> z. T. sehr stark<br />
überhöhter Rückstandsgehalte an Fluazifop (Herbizid) als<br />
irreführend beurteilt. Dies erklärt auch die hohe Beanstandungsquote<br />
von 15 % bei Sprossgemüse. 5 dieser Proben<br />
überschritten dabei zusätzlich die für diesen Wirkstoff<br />
gesetzlich festgelegten Höchstmengen (RHmV), 3 davon<br />
mussten sogar als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt<br />
werden. Interessant war hierbei, dass alle beanstandeten<br />
Brokkoliproben aus der gleichen Region bzw. Kommune in<br />
Süditalien stammten. Öko-Brokkoli wird daher auch 2009<br />
wieder verstärkt untersucht. Positiv ist zu bewerten, dass<br />
von 15 untersuchten Proben an Öko-Zwiebeln keine zu beanstanden<br />
war.<br />
Insgesamt wurden 46 Proben Öko-Wurzelgemüse untersucht,<br />
wobei, wie auch in den Jahren zuvor, ein deutlicher<br />
Schwerpunkt bei Karotten lag (44 Proben). In den Vorjahren<br />
waren v. a. italienische Öko-Karotten wegen relativ hoher<br />
Pestizidgehalte (zum großen Teil Herbizide) aufgefallen<br />
(Beanstandungsquote 2006: 15 %!). Erfreulicherweise war<br />
<strong>2008</strong> keine der untersuchten Proben Wurzelgemüse mehr<br />
zu beanstanden.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden insgesamt 35 Proben Kartoffeln<br />
aus ökologischem Anbau auf Pflanzenschutzmittelrückstände<br />
untersucht. Nur bei einer Probe wurde die Bezeichnung<br />
„aus ökologischer Landwirtschaft“ aufgr<strong>und</strong> eines<br />
überhöhten Chlorpropham-Gehaltes als irreführend zu beanstandet<br />
(Beanstandungsquote: 3 %). In den Vorjahren<br />
lagen die Beanstandungsquoten mit 30 % (2006) <strong>und</strong><br />
12 % (2007) noch deutlich höher (v. a. wegen überhöhter<br />
Rückstände des Keimhemmungsmittels Chlorpropham).<br />
Nachermittlungen ergaben damals, dass bei der Kartoffelreinigung,<br />
Sortierung <strong>und</strong> beim Abpacken der ökologischen<br />
Ware eine Kontamination auftreten kann, wenn zuvor<br />
mit Chlorpropham behandelte konventionelle Ware an<br />
denselben Maschinen verarbeitet wurde.<br />
Obst aus ökologischem Anbau<br />
<strong>2008</strong> wurden 37 Proben Beerenobst aus ökologischem<br />
Anbau auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln untersucht.<br />
Eine Probe südafrikanische Tafeltrauben wies erhöhte<br />
Rückstände des Wachstumsregulators Ethephon auf<br />
<strong>und</strong> wurde als irreführend bezeichnet beanstandet. Erfreulich<br />
ist hier die Tatsache, dass im Vergleich zu den Vorjahren<br />
nur zwei Proben Rückstände aufwiesen <strong>und</strong> in keiner<br />
Probe Mehrfachrückstände nachzuweisen waren.<br />
Von den 21 auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln untersuchten<br />
Proben Kernobst aus ökologischem Anbau war<br />
nur eine Birne aus Italien auffällig <strong>und</strong> zu beanstanden. Sie<br />
wies einen deutlich überhöhten Gehalt an dem Insektizid<br />
Tebufenozid auf <strong>und</strong> die Auslobung „aus ökologischem<br />
Anbau“ wurde als irreführend bezeichnet beanstandet. Hier<br />
liegt der Verdacht auf konventionelle Ware nahe. Insgesamt<br />
enthielten nur drei der 21 untersuchten Proben Rückstände,<br />
zwei davon unterhalb von 0,01 mg / kg.<br />
Lag die Beanstandungsquote im Jahr 2007 bei Steinobst<br />
aus ökologischem Anbau mit 16 % (3 von 19 untersuchten<br />
Proben) noch recht hoch, so war von den im Jahr <strong>2008</strong><br />
untersuchten 29 Proben erfreulicherweise keine zu beanstanden.<br />
2007 waren vor allem italienische Pfirsiche <strong>und</strong><br />
Nektarinen auffällig gewesen.<br />
Insgesamt wurden 54 Proben Zitrusfrüchte aus ökologischem<br />
Anbau auf Rückstände von Pflanzenschutz- <strong>und</strong><br />
Oberflächenbehandlungsmitteln untersucht. Vier dieser 54<br />
Proben wurden als irreführend bezeichnet beanstandet.<br />
Waren 2007 vor allem Clementinen <strong>und</strong> Orangen durch<br />
Mehrfachrückstände <strong>und</strong> zum Teil recht hohe Gehalte an<br />
Insektiziden <strong>und</strong> Fungiziden aufgefallen, so betrafen die<br />
Beanstandungen <strong>2008</strong> überwiegend überhöhte Rückstandsgehalte<br />
an Akariziden. Mehrfachrückstände waren<br />
nur noch bei zwei Proben Clementinen zu verzeichnen.<br />
Bei exotischen Früchten aus ökologischem Anbau war lediglich<br />
eine von 32 Proben auffällig. Eine Probe Ananas aus<br />
Kamerun enthielt den Wachstumsregulator Ethephon <strong>und</strong><br />
wurde als irreführend bezeichnet beanstandet. Dieses Problem<br />
wurde 2007 erstmals erkannt (siehe Ökomonitoring-<br />
Bericht 2007).<br />
Verarbeitete Erzeugnisse aus<br />
ökologischem Anbau<br />
2 Proben Rosinen enthielten Rückstände, die auch nach<br />
der Berücksichtigung der Aufkonzentrierung durch die<br />
Trocknung noch deutlich über dem Beurteilungswert von<br />
0,01 mg / kg lagen. Beide Proben wurden als irreführend<br />
bezeichnet beurteilt.<br />
Bei 2 Proben Tiefkühl-Himbeeren wurde die Öko-Kontrollstelle<br />
auf leicht erhöhte Rückstandsgehalte an dem fungiziden<br />
Wirkstoff Fenhexamid hingewiesen.<br />
Es wurden insgesamt 10 Proben verschiedener Tees aus<br />
ökologischem Anbau auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln<br />
untersucht. Bei zwei Proben Pfefferminzblättertee<br />
aus Peru wurde die Bezeichnung „aus ökologischem Anbau“<br />
aufgr<strong>und</strong> überhöhter Rückstandsgehalte als irreführend<br />
beurteilt, in einer dieser beiden Proben war sogar eine<br />
Höchstmengenüberschreitung (RHmV) für einen der nachgewiesenen<br />
Wirkstoffe zu verzeichnen.<br />
Ellen Scherbaum, CVUA Stuttgart<br />
118
Pharmakologisch wirksame stoffe<br />
Pharmakologisch wirksame Stoffe<br />
Pharmakologisch wirksame Stoffe finden in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung als Bestandteile von Tierarzneimittelpräparaten<br />
Verwendung <strong>und</strong> dienen damit der Krankheitsvorbeugung <strong>und</strong> -bekämpfung.<br />
Tierarzneimittelrückstände i. S. von Art. 1 (1) der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 sind alle Stoffe mit pharmakologischer<br />
Wirkung – seien es wirksame Bestandteile, Arzneiträger oder Abbauprodukte – einschließlich ihrer<br />
Stoffwechselprodukte, die in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs vorhanden sind <strong>und</strong> aus der Anwendung des<br />
betreffenden Tierarzneimittels resultieren.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Bei ordnungsgemäßer Anwendung von Tierarzneimitteln<br />
verbleiben in den von behandelten Tieren gewonnenen<br />
Lebensmitteln nur Rückstandsmengen, die als toxikologisch<br />
unbedenklich gelten. Der unsachgemäße Umgang<br />
mit Arzneimitteln, beispielsweise die Nichteinhaltung der<br />
erforderlichen Wartezeit nach der Behandlung oder gar die<br />
rechtswidrige Anwendung (Applikation) verbotener Wirkstoffe,<br />
kann indes zu Rückständen führen. Für die Mehrheit<br />
der belasteten Lebensmittel besteht für Verbraucher kein<br />
Ges<strong>und</strong>heitsrisiko. Allerdings können für Lebensmittel, die<br />
z. B. mit Chloramphenicol, Nitrofuranen <strong>und</strong> Malachitgrün<br />
belastet sind, mögliche Ges<strong>und</strong>heitsrisiken nicht ausgeschlossen<br />
werden. Die missbräuchliche oder unsachgemäße<br />
Anwendung von Antibiotika birgt ferner die Gefahr<br />
der unbeabsichtigten selektiven Heranzüchtung resistenter<br />
Krankheitserreger. Antibiotikaresistente pathogene Keime<br />
können sich in Tierbeständen verbreiten oder auch auf den<br />
Menschen übergehen. Schwer oder nicht mehr heilbare<br />
Infektionskrankheiten können die Folge sein.<br />
Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, dürfen EUweit<br />
nur mit Arzneistoffen behandelt werden, die in den<br />
Anhängen I bis III der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 aufgeführt<br />
sind. Die Anhänge I <strong>und</strong> III enthalten Verzeichnisse<br />
von pharmakologisch wirksamen Stoffen, für die Höchstmengen<br />
für Rückstände festgesetzt sind (Maximum Residue<br />
Limit, MRL). Das Verzeichnis nach Anhang II führt Stoffe<br />
auf, die nach aktuellem Kenntnisstand als toxikologisch<br />
unbedenklich gelten. Rückstände dieser Stoffe sind nicht<br />
relevant <strong>und</strong> es sind daher keine Höchstmengen festzusetzen.<br />
Die Anwendung von in Anhang IV gelisteten Stoffen<br />
ist dagegen bei Lebensmittel liefernden Tieren EU-weit<br />
verboten. Daneben ist die Verwendung einiger pharmakologisch<br />
wirksamer Stoffe als Futtermittelzusatzstoffe über<br />
das Register der zugelassenen Futtermittelzusatzstoffe der<br />
EU nach Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 geregelt (siehe<br />
auch Kapitel VI Futtermittel). Zusätzlich wurden in <strong>2008</strong><br />
erstmals EU-weit Maximalkonzentrationen für Rückstände<br />
von Coccidiostatica festgelegt, die aus einer unvermeidbaren<br />
Verschleppung bei der Herstellung von Futtermitteln<br />
resultieren. Für alle pharmakologisch wirksamen Stoffe, die<br />
in keiner Rechtsvorschrift der EU geregelt sind, gilt die Nulltoleranz.<br />
Diese Stoffe dürfen in Lebensmitteln analytisch<br />
nicht nachweisbar sein.<br />
Die Überwachung von Rückständen pharmakologisch<br />
wirksamer Stoffe in Tieren <strong>und</strong> Lebensmitteln tierischer<br />
Herkunft erfolgt auf allen Stufen der Produktions- <strong>und</strong> Handelskette.<br />
In den CVUAs werden untersucht:<br />
n Proben, die im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes<br />
(NRKP) entnommen wurden,<br />
n Planproben nach dem LFGB,<br />
n Grenzkontrollproben bei Import von Lebensmitteln aus<br />
Drittländern,<br />
n auffällige Proben aus der Schlachttier- <strong>und</strong> Fleischuntersuchung.<br />
Der NRKP ist ein jährlich für jeden EU-Mitgliedsstaat erstellter<br />
Plan für die Entnahme <strong>und</strong> Untersuchung von Proben<br />
zur Überprüfung der Rückstandssituation in Erzeuger- <strong>und</strong><br />
Schlachtbetrieben. Darin wird jeweils ein bestimmtes Spektrum<br />
an Stoffen vorgegeben, auf das die entnommenen Proben<br />
mindestens zu untersuchen sind (Pflichtstoffe). Daneben<br />
können bei einer definierten Probenanzahl die Stoffe,<br />
auf welche die Proben zu analysieren sind, frei gewählt werden.<br />
Diese Wahlstoffe werden nach aktuellen Erfordernissen<br />
<strong>und</strong> Erkenntnissen aus der Tierarzneimittelüberwachung<br />
(Risikoanalysen) festgelegt. Ferner regelt der NRKP Bedingungen<br />
für die Probenahme <strong>und</strong> definiert Anforderungen<br />
an die Leistungsfähigkeit der Untersuchungsverfahren. Die<br />
Durchführung des NRKP erfolgt mit dem Ziel,<br />
n vorschriftswidrige Behandlungen nachzuweisen,<br />
n die Einhaltung von Höchstmengen zu überprüfen <strong>und</strong><br />
n Ursachen von Rückstandsbelastungen aufzuklären.<br />
Nach geltendem Gemeinschaftsrecht muss vor jeder<br />
Schlachtung eine Schlachttier- <strong>und</strong> anschließend eine<br />
Fleischuntersuchung durchgeführt werden. Weisen lebende<br />
Tiere physische oder psychische Veränderungen auf, die<br />
auf eine Behandlung mit pharmakologisch wirksamen Stoffen<br />
hindeuten, oder wird z. B. eine Injektionsstelle im Muskelfleisch<br />
entdeckt, so wird der Tierkörper beschlagnahmt<br />
<strong>und</strong> geeignetes Probenmaterial zur Analyse eingesandt. Bei<br />
pathologischen Veränderungen, die eine Infektion vermuten<br />
lassen, wird eine bakteriologische Untersuchung (BU)<br />
auf Krankheitserreger veranlasst. Zusätzlich werden solche<br />
Proben dem Allgemeinen Hemmstofftest (AHT) unterzo-<br />
119
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Zahl der Proben mit Rückständen (in Klammern: Proben > Höchstmenge)<br />
Wirkstoff insgesamt in der in der Anzahl Beanstandete<br />
Muskulatur Niere der Tiere Tiere<br />
Penicillin G 13 5 (2) 8 (5) 7 6<br />
Tetracyclin 10 9 (3) 9 (4) 9 4<br />
Oxytetracyclin 8 4 (4) 4 (3) 4 4<br />
Chlortetracyclin 10 4 (1) 6 (1) 3 1<br />
Enrofloxacin 2 1 (1) 1 (0) 1 1<br />
Marbofloxacin 4 2 (2) 2 (2) 2 2<br />
Dihydrostreptomycin 4 1 (0) 3 (3) 3 3<br />
Gentamicin 1 0 (0) 1 (1) 1 1<br />
Neomycin 2 0 (0) 2 (1) 2 1<br />
Sulfadoxin 2 1 (1) 1 (1) 1 1<br />
Sulfadimethoxin 4 2 (2) 2 (2) 2 2<br />
gen, einem mikrobiologischen Verfahren zum Nachweis<br />
antibakteriell wirksamer Stoffe (Hemmstoffe) in Muskulatur<br />
<strong>und</strong> Niere von Schlachttierkörpern. Fällt der AHT positiv aus,<br />
wird das Probenmaterial weitergehend analysiert.<br />
Von den CVUAs Karlsruhe <strong>und</strong> Freiburg wurden im Rahmen<br />
des NRKP <strong>2008</strong> insgesamt 19.460 Untersuchungen in<br />
18.203 Proben von insgesamt 11.224 verschiedenen Tieren<br />
bearbeitet. 13.552 dieser Untersuchungen (entspricht<br />
6.776 Tieren) erfolgten mit dem AHT. Für die übrigen<br />
5.908 Untersuchungen (in 4.448 Proben) wurden überwiegend<br />
physikalisch-chemische Verfahren verwendet. Darüber<br />
hinaus wurden von den in einigen Schlachthöfen in Baden-<br />
Württemberg lokalisierten BU-Stellen weitere 30.000 Proben<br />
von 15.000 Tieren mit dem AHT untersucht. Nur 0,1 %<br />
aller mittels AHT getesteten Tiere waren auffällig. Probenmaterial<br />
von insgesamt 58 Tieren, die beim AHT im Rahmen<br />
der Schlachttier- oder der bakteriologischen Untersuchung<br />
aufgefallen waren, wurde auf Antibiotikarückstände untersucht.<br />
Bei 23 Tieren ließ sich kein antibiotisch wirksamer<br />
Stoff nachweisen. 35 Tiere waren mit identifizierbaren Rückständen<br />
belastet. Bei 26 Tieren wurden Überschreitungen<br />
von Höchstmengen festgestellt <strong>und</strong> beanstandet (siehe obige<br />
Tabelle). Bei einigen Tieren, die ausschließlich mit physikalisch-chemischen<br />
Verfahren untersucht wurden, waren<br />
Rückstände von Tetracyclinen vorhanden, wobei eine Probe<br />
vom Schwein die Höchstmenge überschritt. Eine Probe<br />
vom Rind enthielt überhöhte Gehalte an Gentamicin <strong>und</strong> in<br />
2 Fischproben wurde Leukomalachitgrün nachgewiesen.<br />
Eine Probe Wildschwein war durch Bleigehalte auffällig, die<br />
vermutlich auf Reste bleihaltiger Munition zurückzuführen<br />
waren. Weitere Informationen zur Schwermetallen in Wildfleisch<br />
siehe unter Kapitel III Fleisch <strong>und</strong> Fleischerzeugnisse.<br />
Im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung<br />
wurden 1.113 Untersuchungen in 904 Planproben nach<br />
LFGB durchgeführt. In 6 Fällen (0,1%) wurden Rückstände<br />
von pharmakologisch wirksamen Stoffen festgestellt, die<br />
den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprachen. In einer<br />
Probe Riesengarnelen wurde ein Nitrofuranmetabolit nachgewiesen<br />
<strong>und</strong> in 5 Fällen waren Triphenylmethanfarbstoffe<br />
zugegen. In 8 weiteren Proben waren Rückstände von Tetracyclinen<br />
jeweils unterhalb der Höchstmengen vorhanden<br />
<strong>und</strong> 3 Honigproben enthielten Semicarbazid.<br />
Darüber hinaus wurden 61 Proben Blüten aus Obstbauanlagen<br />
sowie 147 Proben Honig untersucht, die aus Gebieten<br />
stammten, in denen streptomycinhaltige Pflanzenschutzmittel<br />
zur Bekämpfung von Feuerbrand eingesetzt wurden (siehe<br />
„Blüten- <strong>und</strong> Honigmonitoring“).<br />
120
◆<br />
Pharmakologisch wirksame stoffe<br />
Fische<br />
Rückstände von Malachitgrün in<br />
Forellen<br />
Malachitgrün gehört chemisch betrachtet zur Gruppe der<br />
Triphenylmethanfarbstoffe <strong>und</strong> findet vorwiegend Verwendung<br />
als synthetischer Farbstoff (z. B. in der Lackherstellung).<br />
Es ist aber auch ein hochwirksames Desinfektionsmittel <strong>und</strong><br />
vermag darüber hinaus äußerst effektiv verschiedene Parasiten<br />
(Pilze, Bakterien, Einzeller) zu bekämpfen, die Fische <strong>und</strong><br />
Fischeier befallen. Daher wird es oft in der Zierfischmedizin<br />
eingesetzt, insbesondere gegen die Weißpünktchenkrankheit.<br />
Malachitgrün steht jedoch im Verdacht, krebserregend<br />
<strong>und</strong> erbgutschädigend zu sein. Um eine mögliche ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Gefährdung des Verbrauchers zu vermeiden, ist<br />
daher die Anwendung von Malachitgrün als Arzneimittel bei<br />
Lebensmittel liefernden Tieren EU-weit nicht erlaubt.<br />
Im Zusammenhang mit einer Meldung aus dem Schnellwarnsystem<br />
der EU wurden Forellen eines überregional<br />
vermarktenden Fischzuchtbetriebes auf Rückstände von<br />
Malachitgrün untersucht. Nachdem sich die ersten Stichprobenkontrollen<br />
als positiv erwiesen hatten, wurden systematisch<br />
weitere Proben erhoben, um das Ausmaß der<br />
Malachitgrünbelastung zu erfassen:<br />
n 67 Forellenproben aus allen Teichanlagen des Betriebes;<br />
lediglich 2 Teiche mit frisch eingesetzten Jungfischen<br />
waren frei von Malachitgrün. Alle Fische aus den betroffenen<br />
Teichen wurden sachgerecht abgefischt, getötet <strong>und</strong><br />
über die Tierkörperbeseitigungsanlage entsorgt.<br />
n 36 Fischproben aus dem angrenzenden Bach, von<br />
dem die Anlage mit Frischwasser gespeist wurde <strong>und</strong> in<br />
den das (Ab-) Wasser wieder floss.<br />
n 42 Schlamm- <strong>und</strong> Sedimentproben aus der Anlage<br />
<strong>und</strong> dem angrenzenden Bach. Der Oberlauf wurde sukzessiv<br />
beprobt, bis im Sediment <strong>und</strong> den Bachfischen Malachitgrün<br />
bzw. Leukomalachitgrün nicht mehr nachgewiesen<br />
werden konnte.<br />
n 4 Proben aus einem unterhalb des betroffenen Fischzuchtbetriebes<br />
gelegenen Betrieb, dessen Anlagen mit<br />
dem ablaufenden, mit Malachitgrün kontaminierten Wasser<br />
gespeist wurden. Der Betrieb wurde vom zuständigen<br />
Veterinäramt gesperrt.<br />
n 12 Proben aus einem anderen Erzeugerbetrieb, der Lebendfische<br />
aus dem betroffenen Betrieb erhalten hatte. Bei<br />
3 Proben aus der relevanten Partie wurden erwartungsgemäß<br />
Rückstände von Malachitgrün festgestellt, die übrigen<br />
Proben aus anderen Teichanlagen des Betriebes waren<br />
unauffällig. Die aus dem betroffenen Erzeugerbetrieb zugekauften<br />
Forellen wurden abgefischt, getötet <strong>und</strong> entsorgt.<br />
Krusten- <strong>und</strong> Schalentiere<br />
Nitrofurane zählen zu den Anhang IV-Stoffen der Verordnung<br />
(EWG) Nr. 2377/90, d. h. ihre Anwendung ist<br />
aufgr<strong>und</strong> genotoxischer sowie karzinogener Wirkungen<br />
EU-weit verboten. Nitrofurane sind bakteriostatische<br />
Chemotherapeutika, deren Wirkungsspektrum sowohl<br />
grampositive als auch gramnegative Bakterien umfasst.<br />
Alle Nitrofurane werden im Organismus sehr schnell<br />
metabolisiert <strong>und</strong> daher in unveränderter Form nicht<br />
mehr vorgef<strong>und</strong>en. Deshalb wird ihr Nachweis über bestimmte<br />
Zielanalyte geführt. Dies sind spezifische, an<br />
Proteine geb<strong>und</strong>ene Metaboliten der Nitrofurane. Die<br />
Metaboliten werden durch saure Hydrolyse abgespalten<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig mit o-Nitrobenzaldehyd derivatisiert.<br />
Der Nachweis <strong>und</strong> die Bestimmung der Nitrofuranmetaboliten<br />
erfolgen mittels HPLC-MS/MS.<br />
Furazolidon-Metaboliten in Garnelen<br />
In einer Probe Riesengarnelen wurden Rückstände von<br />
3-Amino-2-oxazolidinon (AOZ) nachgewiesen, einem Metaboliten<br />
des Nitrofurans Furazolidon. Die Probe wurde somit<br />
beanstandet.<br />
Honig<br />
Nitrofuranmetaboliten in Honig<br />
Insgesamt wurden 90 Proben Honig auf Rückstände von<br />
Nitrofuranen <strong>und</strong> an Proteine geb<strong>und</strong>enen Nitrofuranmetaboliten<br />
untersucht. In 3 Honigproben wurde der Stoff<br />
Semicarbazid (SEM), ein Metabolit des Nitrofurans Nitrofurazon,<br />
eindeutig nachgewiesen. Die Honige mit SEM-<br />
Gehalten wurden allerdings in Gläsern vermarktet, die mit<br />
Twist-off-Deckeln verschlossen waren. Die separate qualitative<br />
Untersuchung der Deckel ergab, dass auch darin<br />
SEM enthalten war, so dass aus den im Honig festgestellten<br />
SEM-Gehalten nicht auf eine Behandlung mit Nitrofurazon<br />
rückgeschlossen werden konnte. Das im Kunststoff der<br />
Deckel vorhandene SEM entsteht bei der Herstellung der<br />
aufgeschäumten Dichtungen in Metalldeckeln unter Hitzeeinwirkung<br />
als Zerfallsprodukt aus dem Stoff Azodicarbonamid<br />
. So hergestellte Deckel dürfen seit August 2005<br />
nicht mehr für Lebensmittelgefäße verwendet werden. Daher<br />
wurden von allen 35 Honigproben, die in Gläsern mit<br />
Twist-off-Deckeln abgefüllt waren, die zugehörigen Verschlüsse<br />
untersucht. Davon wurden 3 beanstandet.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
121
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Blüten- <strong>und</strong> Honigmonitoring: Streptomycin gegen bakteriellen Feuerbrand<br />
Das Antibiotikum Streptomycin ist als Wirkstoff in zwei<br />
Pflanzenschutzmitteln (PSM) enthalten, deren Einsatz im<br />
Jahr <strong>2008</strong> zur Bekämpfung der bakteriellen Feuerbrandkrankheit<br />
im Erwerbsobstbau über Ausnahmegenehmigungen<br />
möglich war. Obstbauern können streptomycinhaltige<br />
PSM nur nach Erhalt eines Berechtigungsscheins<br />
erwerben <strong>und</strong> nur nach vorheriger Ankündigung anwenden.<br />
Hierdurch sollen Kontaminationen von Bienen mit<br />
Streptomycin <strong>und</strong> damit auch des von ihnen erzeugten<br />
Honigs verhindert werden.<br />
LTZ, Brandt<br />
Die Anwendung streptomycinhaltiger PSM wird durch<br />
amtliche Untersuchungen begleitet. Während der Obstblüte<br />
wurden daher in 61 verschiedenen Obstanlagen<br />
Blüten als Proben entnommen <strong>und</strong> am CVUA Freiburg<br />
in Amtshilfe untersucht. Etwa ein Drittel der Proben<br />
(20) wurde aus Anlagen erhoben, in denen eine Behandlung<br />
aufgr<strong>und</strong> von Berechtigungsscheinen möglich<br />
gewesen wäre. 6 dieser Proben zeigten in den Blüte<br />
Rückstände von Streptomycin. Die Mehrzahl der Proben<br />
stammte dagegen aus Obstanlagen, deren Besitzer keine<br />
Berechtigungsscheine zum Erwerb von streptomycinhaltigen<br />
PSM beantragt hatten <strong>und</strong> somit diese PSM nicht<br />
anwenden durften. In einer dieser Proben wurden mehr als<br />
10.000 µg / kg Streptomycin gemessen, was auf die Anwendung<br />
eines Streptomycin enthaltenden Pflanzenschutzmittels<br />
in dieser Obstanlage hinweis. In den übrigen Blütenproben<br />
waren keine Streptomycinrückstände nachweisbar. Zu<br />
5 Proben ohne Rückstände lag keine Information über einen<br />
Berechtigungsschein vor.<br />
147 Blütenhonige aus der Erstschleuderung, die aus Gebieten<br />
mit Feuerbrandbekämpfung stammten, wurden vor<br />
der Abfüllung ebenfalls auf Rückstände an Streptomycin<br />
untersucht, zunächst mit einem Screeningverfahren<br />
(CHARM-II Test, Erfassungsgrenze für Streptomycin in<br />
Honig: 5 µg / kg). 83 Bef<strong>und</strong>e waren im Screeningverfahren<br />
nicht eindeutig negativ. Bei der Nachuntersuchung mit<br />
einem LC-MS/MS-Verfahren (Nachweisgrenze 2 µg / kg;<br />
Bestimmungsgrenze 6 µg / kg) wurden Rückstände von<br />
Streptomycin im Bereich zwischen 8 <strong>und</strong> 140 µg / kg<br />
festgestellt. 64 Honigchargen mit mehr als 20 µg / kg<br />
(= 0,02 mg / kg) wurden daraufhin nicht in den Verkehr gebracht.<br />
Der außergewöhnlich hohe Anteil von Honigen mit<br />
erkannten Streptomycinrückständen ist auf die begleitende<br />
Überwachung der Anwendung der PSM <strong>und</strong> die zielgerichtete<br />
Probenahme im Einsatzgebiet zurückzuführen. Bei<br />
diesem speziellen Feuerbrand-Honigmonitoring können<br />
Imker, deren Bienenstöcke in der Nähe von behandelten<br />
Obstanlagen standen, über die zuständige Landwirtschaftsbehörde<br />
kostenlos ihren Rohhonig auf Rückstände<br />
des PSM untersuchen lassen. Honigpartien mit überhöhten<br />
Rückständen werden vom Verband der Erwerbsobstbauern<br />
aufgekauft, was im Jahr <strong>2008</strong> bei 8,4 Tonnen Honig<br />
(0,24 % der gesamten Honigproduktion) erfolgte. Über<br />
die Ergebnisse wurde bereits in der Pressemitteilung<br />
199 / <strong>2008</strong> des MLR berichtet.<br />
Zusätzlich wurden im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />
65 Honigproben, die aus Gebieten mit<br />
Feuerbrandbekämpfung stammten, auf Rückstände an<br />
Streptomycin untersucht. 3 von diesen Proben wiesen<br />
Rückstände im Spurenbereich auf, waren jedoch – auch<br />
unter Anlegen des neuen, niedrigeren Höchstgehaltes von<br />
10 µg / kg (= 0,01 mg / kg) – verkehrsfähig.<br />
Ralf Lippold, CVUA Freiburg<br />
122
Lebensmittelallergene<br />
Lebensmittelallergene<br />
Immerhin 17 Prozent aller Untersuchungen auf nicht deklarierte<br />
Allergene in Lebensmitteln ergaben einen positiven<br />
Bef<strong>und</strong>. Gegenüber dem Vorjahr (18%) blieb dieser Anteil<br />
damit praktisch unverändert. Die Situation ist auch weiterhin<br />
für alle Beteiligten unbefriedigend, denn fast alle Bef<strong>und</strong>e<br />
sind auf so genannte Kreuzkontaminationen zurückzuführen.<br />
Solche unbeabsichtigten Einträge durch Allergene fallen<br />
nicht unter die Pflicht zur Allergenkennzeichnung. Allerdings<br />
waren <strong>2008</strong> auch in Deutschland vermehrt Bestrebungen<br />
im Gange, Schwellenwert-Konzepte für Allergenverunreinigungen<br />
in Lebensmitteln zu erarbeiten.<br />
Senf war das am häufigsten nachgewiesene Allergen: In<br />
72 von 247 Proben (29%), zumeist von Wurst- <strong>und</strong> Fleischwaren<br />
sowie Fertiggerichten, waren nicht deklarierte Senfbestandteile<br />
enthalten. Ursache hierfür sind in der Regel die<br />
verwendeten Gewürzzubereitungen. So wurde Senf (<strong>und</strong>/<br />
oder Sellerie) in 17 von 22 Proben solcher Gewürzpräparate<br />
nachgewiesen.<br />
Jede vierte untersuchte Probe (30 von 118) enthielt Gluten<br />
( s. auch unten), ohne dass dies in der Kennzeichnung erkennbar<br />
war.<br />
Nicht deklarierte Spuren von Mandel (23 %), z. B. in feinen<br />
Backwaren, <strong>und</strong> Sesam (21% der Proben) waren relativ<br />
häufig anzutreffen. Letzteres wurde u. a. in Knabbergebäck,<br />
„Kinderkeksen“ <strong>und</strong> Weihnachtsgebäck nachgewiesen.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Lebensmittelrechtlich eindeutig zu beurteilen sind dagegen<br />
Aussagen wie „glutenfrei“, „eifrei“ oder „ohne Milch“ bei Vorhandensein<br />
des jeweiligen Allergens. Hier liegt mindestens<br />
eine Täuschung des Verbrauchers vor, hohe Allergenanteile<br />
können gar als ges<strong>und</strong>heitsschädlich für die betroffene Verbrauchergruppe<br />
einzustufen sein.<br />
Untersuchungsergebnisse<br />
Insgesamt 1.261 Untersuchungen wurden bei Proben ohne<br />
Allergenkennzeichnung durchgeführt. In 220 Fällen (17%)<br />
wurden dabei nicht deklarierte Allergene festgestellt. Untersucht<br />
wurden alle verpackten Lebensmittel; Schwerpunkte<br />
waren Fleischerzeugnisse, feine Backwaren, Fertiggerichte<br />
sowie Suppen <strong>und</strong> Soßen. Die Ergebnisse sind in der Grafik<br />
zusammengefasst.<br />
Die Schwierigkeit, in einem handwerklichen Betrieb Kreuzkontaminationen<br />
bei der Produktion zu vermeiden, zeigte<br />
sich bei der Untersuchung einer Probe Buttergebäck. Mit<br />
Haselnuss, Mandel, Sesam <strong>und</strong> Soja waren gleich vier nicht<br />
deklarierte Allergene enthalten.<br />
Gr<strong>und</strong>massen für die Herstellung von Speiseeis „Haselnuss“<br />
oder „Pistazie“ enthielten Erdnuss, Mandel <strong>und</strong> Haselnuss,<br />
ohne dass dies in der jeweiligen Zutatenliste erkennbar war.<br />
Wie bereits in den Vorjahren wurden hohe Konzentrationen<br />
an Mandel <strong>und</strong> Haselnuss im Bereich von 0,7 g / kg bis zu<br />
1,8 % (= 18 g / kg) nachgewiesen. Da es derzeit noch keine<br />
Verpflichtung zur Allergen-Kennzeichnung bei offen abgegebenem<br />
Speiseeis gibt, konnten hier nur entsprechende<br />
Empfehlungen ausgesprochen werden.<br />
„Eifrei?“<br />
Senf <strong>und</strong> Gluten am häufigsten<br />
nachgewiesen<br />
Immerhin 28 von 99 Teigwaren, die aufgr<strong>und</strong> von Hinweisen<br />
wie „ohne Ei“ oder „frei von Ei“ eine spezielle Eignung<br />
für Allergiker haben sollten, enthielten Eiprotein. Solche<br />
Werbeaussagen sind nicht nur irreführend, sondern können<br />
auch ges<strong>und</strong>heitliche Relevanz haben, weil ein sehr<br />
sensibler Personenkreis angesprochen wird.<br />
Allergenuntersuchungen <strong>2008</strong> – verpackte Ware ohne Hinweis auf Allergene<br />
positive Proben<br />
Probenzahl<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
negative Proben<br />
12% 29%<br />
Anteil positiver Proben in %<br />
14%<br />
15%<br />
25%<br />
9%<br />
10%<br />
23%<br />
17%<br />
2% 21%<br />
0%<br />
Erdnuss Haselnuss Mandel Sellerie Senf Soja Ei Milch Lupine Sesam Gluten Crustaceen<br />
123
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Allergenkennzeichnung weiterhin unbefriedigend<br />
Weiterhin gibt es keine verbindlichen Regelungen für Allergene, die durch vermeidbare Kreuzkontaminationen<br />
in Lebensmittel gelangt sind, sei es durch verunreinigte Rohstoffe, Gerätschaften oder Stäube.<br />
(Wir haben das Thema in den vorangehenden <strong>Jahresbericht</strong>en ausführlich behandelt.) Positive Bef<strong>und</strong>e bei<br />
nicht deklarierten Allergenen sind nach unseren Erkenntnissen fast ausschließlich durch solche Kreuzkontaminationen<br />
bedingt. <strong>2008</strong> fanden auf Einladung des B<strong>und</strong>esinstitutes für Risikobewertung Expertengespräche<br />
zu diesem Thema statt. Ein wichtiges <strong>und</strong> begrüßenswertes Fazit war, dass „Grenzwerte erforderlich<br />
sind, oberhalb derer ein Allergen gekennzeichnet werden muss.“ Allerdings zeigte sich, dass sowohl von<br />
klinischer Seite als auch aus analytischer Sicht weiterhin erheblicher Forschungsbedarf besteht. Das in Australien/Neuseeland<br />
entwickelte so genannte VITAL-Konzept (Voluntary Incidental Trace Allergen Labelling)<br />
(www.allergenbureau.net) wird allgemein als gute <strong>und</strong> praktikable Gr<strong>und</strong>lage angesehen, auf deren Basis<br />
ein europäisches System entwickelt werden könnte (siehe auch <strong>Jahresbericht</strong> 2007).<br />
Auf Vorjahresniveau bewegten sich mit 16 Prozent die Anteile<br />
von Proben, die trotz der Kennzeichnung „glutenfrei“<br />
Gluten enthielten (2007: 17 %). Den neuen EU-Höchstgehalt<br />
von 20 mg / kg überschritten nur 6 Proben (4%)<br />
<strong>und</strong> damit nochmals weniger als im Vorjahr (2007: 6 %).<br />
Häufig waren Buchweizenprodukte betroffen; der höchste<br />
Wert bei angeblich glutenfreien Produkten wurde mit<br />
110 mg / kg bei einem Buchweizenmehl festgestellt, auch<br />
eine Babynahrung auf Buchweizenbasis ergab mit 26 mg / kg<br />
einen auffälligen Bef<strong>und</strong>.<br />
Kohlenhydratreiche Lebensmittel der Wahl für Zöliakiepatienten<br />
sind Reis, Soja, Mais, Hirse oder Buchweizen,<br />
weil sie von Natur aus kein Gluten enthalten. Eine Untersuchungsreihe<br />
zeigte, dass aber auch bei diesen Produkten<br />
für empfindliche Personen Vorsicht geboten ist: Wenn<br />
in der Etikettierung kein durchgestrichenes Ährensymbol<br />
oder der Hinweis „glutenfrei“ vorhanden ist, können häufig<br />
Verunreinigungen durch Gluten enthalten sein. So war bei<br />
immerhin 11 von insgesamt 24 untersuchten Proben Gluten<br />
nachweisbar. In acht Proben, also jeder dritten (darunter<br />
Sojaflocken, Mais <strong>und</strong> Buchweizenmehl), waren mehr<br />
als 20 mg / kg Gluten enthalten. Den höchsten Glutengehalt<br />
wies mit 353 mg / kg ein Buchweizenmehl auf. Solche<br />
Werte blieben noch unbeanstandet, da angesichts der üblichen<br />
Verzehrsmengen der Produkte mit akuten Symptomen<br />
auch bei Zöliakiepatienten eher nicht zu rechnen ist.<br />
Dies ist aktuellen Studien zufolge ab einer Aufnahme von<br />
50 Milligramm Gluten pro Tag der Fall, was einem Glutengehalt<br />
von 500 mg / kg <strong>und</strong> einer Aufnahme von<br />
100 Gramm des Produktes, verzehrt in Form von Brot,<br />
Bratlingen o. ä. entspricht. Ein ausführlicher Bericht vom<br />
10.02.2009 ist unter www.ua-bw.de nachzulesen.<br />
Hans-Ulrich Waiblinger, CVUA Freiburg<br />
„Glutenfrei“ ist nicht gleich „glutenfrei“<br />
Bis zu ein Prozent der Bevölkerung leidet an Zöliakie (Synonym: Sprue), einer<br />
chronischen Erkrankung des Dünndarms. Verursacht wird die Zöliakie durch<br />
ein bestimmtes Getreideprotein, das Gluten. Glutenhaltige Getreidearten sind<br />
vor allem Weizen <strong>und</strong> Dinkel, Roggen <strong>und</strong> Gerste. Zöliakiepatienten müssen<br />
sich lebenslang von glutenfreien Lebensmitteln ernähren. Hersteller von<br />
Säuglingsnahrung wie auch von Back- <strong>und</strong> Teigwaren bieten daher eigens<br />
„glutenfreie“ Produkte an, bei deren Herstellung eine „Verunreinigung“ durch<br />
Gluten bzw. glutenhaltige Getreidearten unbedingt vermieden wird. Die Produkte<br />
sind am durchgestrichenen Ährensymbol, dem Logo der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e. V., erkennbar.<br />
Erfahrungsgemäß als tolerabel angesehen wird eine Gesamtzufuhr an Gluten von 10 Milligramm pro Tag<br />
(laut Deutscher Zöliakie Gesellschaft). In einer europäischen Verordnung wurde jetzt als Obergrenze 20 Milligramm<br />
Gluten pro Kilogramm Lebensmittel festgelegt, sofern dieses als „glutenfrei“ angeboten werden soll.<br />
124
GENTECHNIK IN LEBENSMITTELN<br />
Gentechnik in Lebensmitteln<br />
Auch <strong>2008</strong> nahmen die Anbauflächen für gentechnisch veränderter (gv) Planzen weiter zu. So erfolgte in den USA<br />
der Anbau von gv-Soja (92%) <strong>und</strong> Mais (80 %) nahezu flächendeckend. Entgegen diesem Trend werden in Lebensmitteln<br />
auf dem deutschen Markt bis auf wenige Ausnahmen weiterhin nur Spurenanteile an gentechnischen<br />
Veränderungen nachgewiesen. Neue Anbauzulassungen für Sojabohnen (insbesondere der Nachfolgepflanzen für<br />
Ro<strong>und</strong>up Ready-Soja) in Amerika sorgten in Europa für intensive Diskussionen um die derzeitige Nulltoleranz bei<br />
nicht zugelassenen Sorten. Die Untersuchungen ergaben allerdings keine Hinweise, dass hiesige Produkte bereits<br />
entsprechende Verunreinigungen enthalten. Insgesamt zeigten die Untersuchungen von Proben sowie Überprüfungen<br />
vor Ort auch <strong>2008</strong>, dass Hersteller intensiv bemüht sind, kennzeichnungspflichtige gentechnisch veränderte<br />
Bestandteile in ihren Produkten zu vermeiden. Dennoch haben auch nach Lockerung der gesetzlichen Anforderungen<br />
bisher nur wenige Hersteller von der werbenden Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ Gebrauch gemacht.<br />
Aktuelle Informationen über Zulassungsanträge, den derzeitigen Stand des Anbaus von gentechnisch veränderten<br />
Pflanzen <strong>und</strong> des Einsatzes der Gentechnik im Lebensmittelbereich sind unter www.transgen.de zugänglich.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Untersuchungsergebnisse <strong>2008</strong><br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden insgesamt 661 Lebensmittelproben<br />
auf Bestandteile aus gentechnisch<br />
veränderten Pflanzen untersucht. Insgesamt wurden<br />
in 71 Fällen (11%) positive Bef<strong>und</strong>e erhalten.<br />
Dies ist ein weiterer Rückgang im Vergleich<br />
zu den Vorjahren (2007: 686 Proben, 87 = 13 %<br />
positiv, 2006: 653 Proben, 108 = 17 % positiv).<br />
Spuren von nicht zugelassenem gentechnisch<br />
veränderteM (gv) LL601-Reis wurden in zwei<br />
Proben Langkornreis festgestellt, sind also noch<br />
immer vereinzelt anzutreffen.<br />
Eine Überschreitung des Kennzeichnungsgrenzwerts<br />
von 0,9 % ist weiterhin sehr selten. Jeweils<br />
einmal war dies bei Soja- <strong>und</strong> Maisprodukten der<br />
Fall. Während es sich bei Mais um ein eher exotisches<br />
Maischips-Produkt philippinische Herkunft<br />
handelte, betraf der Soja-Bef<strong>und</strong> ein Lecithin<br />
(Emulgator) eines einheimischen Weiterverarbeiters<br />
<strong>und</strong> bezieht sich auf ein größeres Spektrum<br />
daraus hergestellter Produkte.<br />
Besonders bei Mais war insgesamt ein sehr niedriges<br />
Niveau der Verunreinigungen feststellbar:<br />
Nur 7 von 183 Proben (4%) ergaben positive<br />
Bef<strong>und</strong>e, außer dem genannten Fall betrugen die<br />
nachgewiesenen Verunreinigungen weniger als<br />
0,05 Prozent. Weiterhin war immerhin ein Drittel<br />
aller Sojaproben (57 von 172 Proben = 33 %)<br />
positiv, aber auch hier überwogen die Spurenbef<strong>und</strong>e<br />
unter 0,1 Prozent.<br />
In einheimischer Rapssaat <strong>und</strong> in Rapshonig<br />
waren keine gentechnischen Veränderungen<br />
nachweisbar. Weitere stichprobenartige Untersuchungen<br />
bei Kartoffel-, Tomaten- <strong>und</strong> Zuckerrüben-Erzeugnissen<br />
sowie bei Papayas <strong>und</strong> Zucchini<br />
ergaben jeweils negative Bef<strong>und</strong>e.<br />
Reis<br />
Immer noch nicht ganz auszuschließen sind F<strong>und</strong>e von<br />
nicht zugelassenem gv-Reis LL601 in Langkornreis <strong>und</strong><br />
anderen Reisprodukten. Der erstmals 2006 in US-Reis<br />
entdeckte LL601-Reis (siehe <strong>Jahresbericht</strong> 2006) wurde<br />
<strong>2008</strong> noch in zwei von 128 Reisproben nachgewiesen.<br />
Reisprodukte aus China –<br />
Vorführpflicht zeigt Wirkung<br />
Reisprodukte aus China, speziell Reisnudeln, enthielten in<br />
den vergangenen beiden Jahren immer wieder Spuren von<br />
nicht zugelassenem insektenresistentem Bt-Reis. Daher<br />
traten im April <strong>2008</strong> auch für den Import solcher Produkte<br />
EU-weit verschärfte Regeln in Kraft. Möglichlicherweise haben<br />
u. a. diese Maßnahmen dazu geführt, dass in den insgesamt<br />
33 Proben von Reisnudeln überwiegend chinesischer<br />
Herkunft keine gentechnischen Veränderungen nachweisbar<br />
waren (2007 waren 2 von 46 untersuchten Proben <strong>und</strong><br />
2006 waren 3 von 25 untersuchten Proben positiv).<br />
125
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Soja<br />
Weiterhin nahezu flächendeckend ist der Anbau gentechnisch<br />
veränderter Pflanzen in den wichtigsten Anbauländern,<br />
den USA <strong>und</strong> Argentinien. Auch in Brasilien, dem derzeit<br />
wichtigsten Herkunftsland von Soja für die Lebensmittelherstellung<br />
(z. B. für Speiseöle, Lecithine) überwiegen gv-Pflanzen<br />
im Anbau. <strong>2008</strong> wurden neben der bereits seit über<br />
10 Jahren den Markt dominierenden Ro<strong>und</strong>up Ready-Soja<br />
(RR-Soja) weitere gv-Sojabohnen für den Import zugelassen,<br />
u. a. Ro<strong>und</strong>up Ready 2 (MON 89788) der Firma Monsanto,<br />
die ab 2009 in großem Stil in den USA angebaut werden<br />
soll. Die beschleunigte Zulassung noch Ende <strong>2008</strong> sollte<br />
auch verhindern, dass ganze Schiffsladungen an Importsoja<br />
aufgr<strong>und</strong> etwaiger Spurenbef<strong>und</strong>e bei nicht zugelassenen<br />
gv-Sojabohnen zurückgewiesen werden müssen.<br />
Keine Anhaltspunkte für nicht zugelassene gv-Soja<br />
Von den insgesamt 172 Proben von Lebensmitteln wurden<br />
95 ausgewählt, deren Rohstoffe sehr wahrscheinlich aus<br />
Importware stammten. Keines der Lecithine, Sojaproteine<br />
<strong>und</strong> anderen Produkte war auffällig hinsichtlich nicht zugelassener<br />
gv-Soja.<br />
Ro<strong>und</strong>up Ready-Soja – ein Drittel positiv<br />
57 von 172 Proben <strong>und</strong> damit genau ein Drittel aller Lebensmittelproben<br />
enthielten RR-Soja (s. auch Grafik). Allerdings<br />
betrugen die Anteile bei nur 13 Prozent mehr als 0,1 %,<br />
während die übrigen 20 Prozent nur Spurenanteile zumeist<br />
unter 0,05 % aufwiesen.<br />
Auffällig niedrig ist der Anteil positiver Proben bei Tofu. Nur<br />
3 von 43 Proben enthielten gv-Soja, jeweils in sehr geringen<br />
Spurenanteilen unter 0,05 Prozent. Sehr häufig positiv sind<br />
dagegen Produkte mit Sojaprotein, wie etwa Sportlernahrung.<br />
Kennzeichnungsgrenzwert<br />
bei Sojalecithin überschritten<br />
Sojalecithine werden vor allem von Schokoladenherstellern<br />
in großen Mengen als Emulgator benötigt <strong>und</strong> daher zumeist<br />
aus Brasilien importiert. Ein Lecithin eines einheimischen<br />
Herstellers von Schokoladenprodukten enthielt Anteile an<br />
gv-Soja, die deutlich über dem Kennzeichnungsgrenzwert<br />
lagen. Daraus ergibt sich eine Kennzeichnungspflicht aller<br />
damit hergestellten Produkte. Geliefert wurde das Sojalecithin<br />
von einem weltweit operierenden Hersteller von Sojaprodukten,<br />
der ein Untersuchungszertifikat mit negativem<br />
Resultat beigefügt hatte.<br />
Aussagekraft von Untersuchungsberichten oft ungenügend<br />
Die Aussagekraft der Untersuchungen von Sojalecithinen auf gentechnische Veränderungen hängt in entscheidendem<br />
Maße von der Menge an Erbsubstanz ab, die überhaupt aus den Lecithinen gewonnen werden kann.<br />
Diese beeinflusst die so genannte praktische Nachweisgrenze stark. Wenn ihr Wert 0,9 Prozent übersteigt,<br />
ist eine Überprüfung der Einhaltung des Kennzeichnungsgrenzwertes nicht mehr möglich. Viele Laboratorien<br />
teilen ihren Auftraggebern die praktische Nachweisgrenze im Falle negativer Bef<strong>und</strong>e jedoch nicht mit.<br />
Anteile positiver Proben bei Soja- <strong>und</strong> Maiserzeugnissen von 2003 bis <strong>2008</strong> (in %)<br />
Dunkle Säulen: Anteile positiver Proben · Helle Säule: Anteile von Proben über 1 bzw. GVP 0,9 %<br />
40<br />
Soja<br />
40<br />
Mais<br />
35<br />
39<br />
35<br />
30<br />
34<br />
33<br />
34<br />
33<br />
30<br />
25<br />
20<br />
27<br />
25<br />
20<br />
29<br />
26<br />
15<br />
15<br />
10<br />
9<br />
10<br />
15<br />
5<br />
0<br />
3 3<br />
0 0 1<br />
5<br />
0<br />
0 0 0<br />
7<br />
0 5 0 4 1<br />
2003 2004 2005 2006 2007 <strong>2008</strong><br />
2003 2004 2005 2006 2007 <strong>2008</strong><br />
126
GENTECHNIK IN LEBENSMITTELN<br />
Untersuchung von Lebensmitteln mit Soja <strong>und</strong> Mais auf Bestandteile von gentechnisch veränderten Organismen<br />
Produktgruppe Proben- Zahl der Zahl der Proben Proben Proben<br />
(Auswahl) zahl negativen positiven >0,9% >0,1-0,9% 0,1% <strong>und</strong><br />
Proben Proben weniger<br />
Gesamtlebensmittel mit Soja 172 115 57 (= 33 %) 1 22 34<br />
Sojabohnen, -hälften 9 6 2 0 0 2<br />
Sojabohnen, -schrot, -flocken, -mehl 37 26 11 0 3 8<br />
Tofu, -erzeugnisse, Sojadrinks 43 40 3 0 0 3<br />
Sportlernahrung 25 6 17 0 6 11<br />
Lecithin 19 17 (1) 6 1 5 0<br />
Gesamtlebensmittel mit Mais 183 176 7 (= 4 %) 1 0 6<br />
Maiskörner<br />
(auch Ernte <strong>2008</strong>, Popcorn-Mais<br />
30 25 5 0 0 4<br />
Maisgrieß, Maismehl 52 52 0 0 0 0<br />
Maischips, Knabbergebäck mit Mais 38 36 2 1 0 2<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Die Nachweisgrenze betrug in der Regel 0,05 % Anteil gentechnisch veränderter Soja bzw. Mais (bestimmt als Anteil gentechnisch<br />
veränderter DNA, bezogen auf die jeweilige Spezies-DNA). Überschritt die Sensitivität bzw. Bestimmungsgrenze der Methode in<br />
einer Probe diesen Wert deutlich oder lag diese gar über dem Grenzwert von 0,9 %, wurde eine Dokumentenprüfung erforderlich<br />
(Probenzahl in Klammern).<br />
Kennzeichnung „ohne Gentechnik“<br />
Werbung „ohne Gentechnik“ weiterhin rar<br />
Auch die seit <strong>2008</strong> gelockerten Anforderungen an die<br />
Werbung mit dem Hinweis „ohne Gentechnik“ führten<br />
nicht dazu, dass vermehrt Produkte diesen Hinweis<br />
tragen. Im Gegenteil: Ein Tofuhersteller entschied sich<br />
zum Jahresende, diesen Hinweis nicht mehr zu verwenden.<br />
Negative Resonanz in der Öffentlichkeit <strong>und</strong><br />
der Presse, die eine vollkommene Abwesenheit von<br />
gv-Soja bei einer solchen Kennzeichnung erwarten,<br />
führten zu diesem Schritt. Die gesetzliche Regelung<br />
hingegen verlangt nicht, dass die Erzeugnisse absolut<br />
„GVO-frei“ sind: Technisch unvermeidbare Spuren bis<br />
zu einer Größenordnung von ca. 0,1 % können toleriert<br />
werden.<br />
Im Gegensatz zu den Lebensmitteln tierischer Herkunft haben<br />
sich mit der Novellierung der deutschen gesetzlichen<br />
Regelung die Anforderungen an pflanzliche Lebensmittel<br />
„ohne Gentechnik“ nicht geändert. Weiterhin wird nur ein<br />
kleines Produktsegment, v. a. Tofu <strong>und</strong> „Fleisch-Ersatz“-Produkte<br />
für Vegetarier so beworben.<br />
In der Grafik werden konventionelle (= Nicht-Bio) Sojaprodukte,<br />
konventionelle Sojaprodukte mit dem Hinweis „ohne<br />
Gentechnik“ sowie Öko-/Bio-Produkte verglichen. Wenngleich<br />
nur 18 Proben von konventionellen Erzeugnissen<br />
„ohne Gentechnik“ erhoben werden konnten, ist erkennbar,<br />
dass der Grad der Verunreinigungen im Vergleich zu sonstigen<br />
konventionellen Lebensmitteln deutlich geringer ist.<br />
Zwar enthielten 5 der 18 Proben Verunreinigungen durch<br />
gentechnisch veränderte Soja. Es handelte sich jedoch<br />
ausschließlich um Spuren unter 0,05 %, die auch bei Lebensmitteln<br />
„ohne Gentechnik“ als technisch unvermeidbar<br />
angesehen werden.<br />
In der zweiten Jahreshälfte zeichnete sich ab, dass<br />
erste Betriebe in Baden-Württemberg tierische Lebensmittel<br />
(Milch, Teigwaren mit Eiern) mit dem Hinweis<br />
bewerben <strong>und</strong> von den hier gelockerten Anforderungen<br />
Gebrauch machen. Wie auch bisher bei<br />
pflanzlichen Lebensmitteln wird die Lebensmittelüberwachung<br />
stichprobenartig die Einhaltung der Anforderungen<br />
überprüfen. Schwerpunkt wird die Kontrolle<br />
der Rückverfolgbarkeit zum Erzeuger sowie die Vor-<br />
Ort-Überprüfung der verwendeten Futtermittel sein.<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Anteile positiver Proben bei Sojaerzeugnissen<br />
(in %); Vergleich Bio, konventionell <strong>und</strong> ohne Gentechnik<br />
positive Proben (%)<br />
43<br />
Proben > 0,1 % (%)<br />
Proben > 0,9 % (%)<br />
28<br />
17<br />
9<br />
0<br />
7<br />
0 0<br />
0 0<br />
ökologisch konventionell „ohne Gentechnik“<br />
127
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Maisprodukte<br />
Weiter auf sehr niedrigem Niveau ist der Anteil positiver Proben bei Mais (s. Grafik Seite 126). Lediglich 7 von<br />
183 (= 4 %) der Maisproben enthielten gv-Mais. Nachgewiesen wurden Spuren der zugelassenen Mais-Events NK 603,<br />
Bt 11, MON 810 <strong>und</strong> TC 1507 bis auf eine Ausnahme in Spurenanteilen unter 0,05 Prozent.<br />
gv-Mais in Chips aus Philippinen<br />
Jeweils in Anteilen über 10 Prozent wurden die zugelassenen gv-Mais-Events MON 810 <strong>und</strong> NK 603 in einer Probe Maischips<br />
philippinischer Herkunft nachgewiesen. Nicht auszuschließen war, dass es sich hier um so genannte stacked events<br />
handelt, also gv-Mais, der eine Hybride aus beiden gv-Pflanzen darstellt. Analytisch lässt sich nicht unterscheiden, ob eine<br />
Mischung zweier gv-Pflanzen oder eine Hybride vorliegt. Da letztere für den EU-Markt auch schon zugelassen war, lag nur<br />
ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht vor.<br />
Raps<br />
Weiterhin unklar ist die rechtliche Einstufung solcher Bef<strong>und</strong>e.<br />
Auch aufgr<strong>und</strong> entsprechender Stellungnahmen<br />
der EU-Kommission beanstandet die Lebensmittelüberwachung<br />
derzeit keine Honige, in denen zugelassene gv-<br />
Events nachgewiesen werden. In einem Urteil aus <strong>2008</strong><br />
sah hingegegen das Verwaltungsgericht Augsburg nachweisbare<br />
Bestandteile des für Lebensmittel zugelassenen<br />
MON 810-Mais in Honig als unzulässig an. Die Entscheidung<br />
in höherer Instanz steht aber hier noch aus.<br />
Screening auf sonstige gentechnisch<br />
veränderte Pflanzen<br />
Außer bei Soja, Mais, Raps <strong>und</strong> Reis wurden in der EU<br />
bisher lediglich bei Papaya bereits gv-Produkte nachgewiesen.<br />
Entsprechende Bef<strong>und</strong>e liegen jedoch mittlerweile<br />
einige Jahre zurück.<br />
In keiner der 52 untersuchten Proben von Rapssaat sowie<br />
kaltgepressten Rapsölen von baden-württembergischen<br />
Ölmühlen war gv-Raps nachweisbar. Gentechnisch veränderter<br />
Raps darf in der EU weiterhin nicht angebaut<br />
werden. Allerdings bestehen für drei Events zur Weiterverarbeitung<br />
zu bestimmten Produkten (v. a. raffiniertes Speiseöl)<br />
eingeschränkte Importzulassungen.<br />
Nur Honige aus Kanada positiv;<br />
einheimische Honige durchweg negativ<br />
Das Monitoring einheimischer Raps- sowie Blütenhonige<br />
auf gv-Raps wurde fortgesetzt. Bei keinem der insgesamt<br />
41 einheimischen Honige waren bei der DNA-Analyse der<br />
Pollen gentechnische Veränderungen nachweisbar. Anders<br />
bei Honigen kanadischer Provenienz: Wiederum waren alle<br />
fünf untersuchten Proben deutlich positiv; nachgewiesen<br />
wurden die Events GT73 <strong>und</strong> MS8 <strong>und</strong> somit die wichtigsten<br />
in Kanada angebauten gv-Raps-Linien.<br />
Die „Gen-Tomate“ wurde trotz umfangreicher Untersuchungen<br />
niemals in der EU nachgewiesen <strong>und</strong> hat weltweit<br />
derzeit im kommerziellen Anbau kaum praktische Relevanz.<br />
Produkte aus Kartoffeln <strong>und</strong> Zuckerrüben sind auch in der<br />
EU für technische bzw. Lebenmittelzwecke zugelassen, ein<br />
kommerzieller Anbau findet derzeit noch nicht statt. Daher<br />
wurde das Stichprobenprogramm für „sonstige“ Pflanzenarten,<br />
bei denen unter Umständen mit gv-Verunreinigungen<br />
zu rechnen ist, in geringem Umfang fortgesetzt.<br />
Insgesamt 47 Proben von Tomatenkonserven, Kartoffelprodukten,<br />
zerkleinerten Zuckerrüben aus der Zuckerfabrik,<br />
Papayas <strong>und</strong> Zucchini wurden untersucht. Bei keiner der<br />
untersuchten Proben ergaben sich im Screening Anhaltspunkte<br />
auf gentechnische Veränderungen.<br />
Hans-Ulrich Waiblinger · CVUA Freiburg<br />
128
estrahlung von lebensmitteln<br />
Bestrahlung von Lebensmitteln<br />
Die Behandlung mit ionisierenden Strahlen wird zur Reifungsverzögerung, Keimhemmung, Bekämpfung von Schadinsekten<br />
oder zur Verzögerung des Verderbs <strong>und</strong> Reduzierung von Krankheitskeimen eingesetzt. Zurzeit dürfen<br />
nur getrocknete, aromatische Kräuter <strong>und</strong> Gewürze EU-weit, also auch in Deutschland, bestrahlt werden. Für alle<br />
anderen Lebensmittel als getrocknete Kräuter <strong>und</strong> Gewürze gilt in Deutschland ein nationales Bestrahlungsverbot,<br />
während in anderen europäischen Mitgliedsstaaten weitere Lebensmittel bestrahlt werden dürfen: in Frankreich<br />
(z. B. Krabben), Belgien (z. B. Froschschenkel), den Niederlanden (z. B. Geflügel), Italien (z. B. Kartoffeln) <strong>und</strong> Großbritannien<br />
(z. B. Zwiebeln).<br />
Ergebnisübersicht<br />
Nachdem die Jahre zuvor der Prozentsatz der Lebensmittel,<br />
bei denen eine Bestrahlung nachgewiesen werden konnte,<br />
stetig steigend war (2005 bis 2007: 2,0 % ➝ 3,1 % ➝<br />
3,6 %), zeichnet sich für das Jahr <strong>2008</strong> ein deutlicher Rückgang<br />
ab (1,5%). Betroffen waren, wie in den zurückliegenden<br />
Berichtsjahren, Produkte wie Gewürze, Trockenfertigsuppen,<br />
aber auch Nahrungsergänzungsmittel.<br />
Insbesondere im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel<br />
zeichnet sich eine positive Tendenz ab. In den Vorjahren<br />
waren 7 von 27 (26%, 2006) bzw. 7 von 65 (11%, 2007)<br />
untersuchten Proben Nahrungsergänzungsmittel bestrahlt.<br />
Daher wurden im Berichtsjahr nochmals mehr Proben<br />
untersucht. Lediglich bei einer Probe Grünlipp-Muschel-<br />
Kapseln konnte eine Bestrahlung nachgewiesen werden.<br />
Andere untersuchte Erzeugnisse, wie z. B. Süßwasseralgenpräparate,<br />
die in den Jahren zuvor aufgefallen waren,<br />
ergaben in dem zurückliegenden Jahr keinen Hinweis auf<br />
eine Bestrahlung.<br />
Froschschenkel<br />
Im zurückliegenden Jahr wurden einige tiefgefrorene Froschschenkel<br />
auf eine Behandlung mit ionisierenden Strahlen<br />
untersucht. Die Schenkel der Amphibien werden u. a. wegen<br />
möglicher Kontamination mit Salmonellen bestrahlt. Seit<br />
2006 dürfen derart behandelte Froschschenkel aufgr<strong>und</strong> einer<br />
Genehmigung (Allgemeinverfügung) nicht nur in den EU-<br />
Mitgliedsstaaten Frankreich, Belgien <strong>und</strong> den Niederlanden,<br />
sondern auch in Deutschland in den Verkehr gebracht werden<br />
(siehe hierzu auch <strong>Jahresbericht</strong> 2006). Bei einer Probe<br />
nachweislich bestrahlter tiefgefrorener Froschschenkel, die<br />
von den Lebensmittelkontrolleuren in der Gastronomie erhoben<br />
wurde, stellte sich heraus, dass die Information, dass es<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Ergebnisse der auf Bestrahlung untersuchten Lebensmittel<br />
Lebensmittelgruppe Zahl der untersuchten Lebensmittelproben davon bestrahlt<br />
Kräuterkäse 16 0<br />
Fleisch 2 0<br />
Fisch, Fischerzeugnisse 5 0<br />
Krustentiere, Schalentiere, Muscheln <strong>und</strong><br />
andere Wassertiere sowie deren Erzeugnisse<br />
(z. B. Froschschenkel) 31 1<br />
Suppen, Soßen<br />
(einschließlich Instantnudelgerichte- <strong>und</strong> -suppen) 40 3<br />
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Schalenobst 11 1<br />
Kartoffeln, Teile von Pflanzen mit<br />
hohem Stärkegehalt 4 0<br />
getrocknetes Gemüse, Gemüseerzeugnisse 14 0<br />
Pilze, getrocknet 38 0<br />
frisches Obst 18 0<br />
Trockenobst oder Obsterzeugnisse 6 0<br />
Tees bzw. teeähnliche Erzeugnisse 30 0<br />
Fertiggerichte, zubereitete Speisen 7 0<br />
Nahrungsergänzungsmittel 82 1<br />
Gewürze, Kräuter, einschließlich Zubereitungen<br />
<strong>und</strong> Gewürzsalz 221 2<br />
sonstiges 9 0<br />
Summe 534 8 (1,5 %)<br />
129
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
sich hier um bestrahlte Ware handelt, nicht an den Gast weitergegeben<br />
wurde. Dies schreibt der Gesetzgeber in der Lebensmittelbestrahlungs-Verordnung<br />
jedoch vor. Bei einem<br />
der untersuchten Erzeugnisse, welches aus Frankreich bezogen<br />
wurde, wurde auf dem Lieferschein angegeben, dass<br />
eine Behandlung mit UV-Strahlen durchgeführt wurde. UV-<br />
Strahlen können, abhängig von der Wellenlänge, ebenso wie<br />
ionisierende Strahlen zur Entkeimung eingesetzt werden,<br />
jedoch ist die Eindringtiefe der Strahlen deutlich geringer.<br />
Nach deutschem Recht ist der Einsatz von UV-Strahlen jedoch<br />
nur zulässig für die Behandlung von Trinkwasser, der<br />
Oberfläche von Obst- <strong>und</strong> Gemüseerzeugnissen <strong>und</strong> von<br />
Hartkäse bei der Lagerung.<br />
◆<br />
Irene Straub, CVUA Karlsruhe<br />
Radiochemische Untersuchungen<br />
Als Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl kam es 1986 auch in Deutschland zu teilweise erheblichen<br />
Kontaminationen mit künstlichen Radionukliden. Um bei möglichen Ereignissen dieser Art in der Zukunft besser<br />
reagieren zu können, beschloss der B<strong>und</strong>estag 1986 die Einrichtung des b<strong>und</strong>esweiten Radioaktivitätsmessnetzes<br />
IMIS (= Integriertes Mess- <strong>und</strong> InformationsSystem zur Überwachung der Umweltradioaktivität).<br />
Die CVUAs Freiburg <strong>und</strong> Stuttgart sind als Landesmessstellen für Baden-Württemberg in dieses System eingeb<strong>und</strong>en<br />
(über 2000 Messstellen b<strong>und</strong>esweit). Die aktuellen Messergebnisse sind in Form von Karten <strong>und</strong> Diagrammen<br />
über das Internet beim B<strong>und</strong>esamt für Strahlenschutz abrufbar (www.bfs.de). Dort finden sich auch umfangreiche<br />
Erläuterungen <strong>und</strong> gegebenenfalls entsprechende Empfehlungen an die Bevölkerung. IMIS wertet die Daten im<br />
Normalbetrieb täglich, im radioaktiven Ereignisfall (Intensivbetrieb) alle 2 St<strong>und</strong>en aus.<br />
Untersuchungen auf radioaktives Cäsium<br />
Bezeichnung<br />
Gesamt<br />
Probenzahl<br />
Cs-137 + Cs-134<br />
davon<br />
Proben über Proben über Akt. Konz. (Bq/kgFM)<br />
EU-Länder Drittländer dem Grenzwert Nachweisgrenze min. max.<br />
Milch, -Erzeugnisse, Käse 93 12 15 0,05 0,54<br />
Gewürze, getr. Kräuter 2 1<br />
Fleisch (ohne Wild) 102 6 2 19
Radioaktivität<br />
IMIS-Übung<br />
Im Berichtsjahr wurde im Januar eine b<strong>und</strong>esweite Übung<br />
zum IMIS-Intensivbetrieb veranstaltet mit Probenahme<br />
<strong>und</strong> Untersuchung von Gemüse <strong>und</strong> Bodenbewuchs aus<br />
jedem der 44 Stadt- <strong>und</strong> Landkreise <strong>und</strong> anschließender<br />
Datenübertragung in das IMIS-System. Die Übung wurde<br />
mit Erfolg abgeschlossen.<br />
Die Durchführung von Übungen entspricht dem Vorsorgegedanken.<br />
Übungen sind eine wichtige Voraussetzung<br />
dafür, dass das komplexe System von Alarmierung, Probenahme,<br />
Messung <strong>und</strong> Datenmeldung auch im Ereignisfall<br />
funktioniert <strong>und</strong> so als Entscheidungshilfesystem für den<br />
radioaktiven Ernstfall zur Verfügung stehen kann.<br />
Probenzahlen <strong>und</strong> Ergebnisse<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden in Baden-Württemberg 1.402 Lebensmittel-,<br />
Trinkwasser-, Futtermittelproben (siehe Kapitel<br />
VI Futtermittel) sowie Bodenproben auf ihren Radioaktivitätsgehalt<br />
untersucht. Den größten Teil der Untersuchungen<br />
machten die gammaspektrometrischen Analysen auf<br />
radioaktives Cäsium aus (Cs-137, Cs-134). Wie die Tabelle<br />
zeigt, ist die Kontamination mit radioaktivem Cäsium bei<br />
den meisten Lebensmitteln nur noch sehr gering. Gehalte<br />
über dem Grenzwert sind teilweise jedoch noch bei Wild<br />
festzustellen.<br />
§<br />
Grenzwerte<br />
Nach der Verordnung (EG) Nr. 733/<strong>2008</strong> dürfen<br />
Lebensmittel aus bestimmten Nicht-EU-Ländern<br />
nur dann importiert werden, wenn der Grenzwert<br />
für die Summe von Cäsium-134 <strong>und</strong> Cäsium-137<br />
nicht überschritten ist. Dieser beträgt<br />
370 Bq pro kg bei Milchprodukten <strong>und</strong> Kleinkindernahrung<br />
bzw. 600 Bq pro kg bei allen übrigen<br />
Lebensmitteln. In Deutschland werden Lebensmittel,<br />
welche die genannten Grenzwerte überschreiten,<br />
von der Überwachung als nicht sicher<br />
im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 <strong>und</strong><br />
damit als nicht verkehrsfähig beurteilt.<br />
Wildfleisch, Wildpilze<br />
Die Kontamination von heimischem Wildfleisch, insbesondere<br />
Wildschweinfleisch, ist immer noch deutlich messbar.<br />
In Baden-Württemberg wurden Gehalte für Gesamtcäsium<br />
von nicht nachweisbar ( < 0,5 Bq / kg) bis 8.453 Bq / kg bei<br />
einer Wildschwein-Probe aus dem Kreis Biberach festgestellt.<br />
Wild mit einem Gesamtcäsium-Gehalt von mehr als<br />
600 Bq / kg ist nach EU-Recht als nicht sicheres Lebensmittel<br />
zu bewerten <strong>und</strong> darf nicht in den Handel kommen.<br />
Gründe für die große Spannbreite der gef<strong>und</strong>enen Cäsium-<br />
Gehalte sind zum einen die regional verschiedenen Kontaminationen<br />
durch den Tschernobyl-Fallout sowie das jeweils<br />
bestehende Nahrungsangebot. Besonders Nahrungsbestandteile<br />
aus dem Boden ( z. B. Hirschtrüffel) können zu<br />
hohen Cäsium-Gehalten im Wildschweinfleisch führen.<br />
Die Landesregierung Baden-Württembergs hat deshalb<br />
im Jahr 2005 ein umfangreiches Überwachungsprogramm<br />
installiert. Danach müssen in den als belastet erkannten<br />
Gebieten alle Wildschweine vor ihrer Vermarktung<br />
auf Radioaktivität untersucht werden, <strong>und</strong> zwar in eigener<br />
Verantwortung der Jäger. Zusätzliche „Erk<strong>und</strong>ungsmessungen“<br />
durch die staatlichen Labors (CVUA Stuttgart <strong>und</strong><br />
Freiburg) sollen sicherstellen, dass mögliche weitere Belastungsgebiete<br />
erkannt werden. Weiterhin werden Proben<br />
aus Gaststätten <strong>und</strong> Metzgereien untersucht. Die aktuellen<br />
Messergebnisse werden in Form von Karten <strong>und</strong> Tabellen<br />
im Internet veröffentlicht unter www.cvua-freiburg.<br />
de (Themen > Radioaktivität) bzw. unter www.ua-bw.<br />
de (siehe zuletzt aktuelle Meldung vom 06.04.2009).<br />
Auch im Jahr <strong>2008</strong> war die Zahl der privaten Pilzeinsendungen<br />
nur gering. Höchstmengenüberschreitungen wurden<br />
weder bei heimischen noch bei importierten Pilzen<br />
festgestellt.<br />
Strontium-90<br />
Bei 34 Lebensmittel-, Futtermittel- <strong>und</strong> Bodenproben wurde<br />
außerdem der Strontium-90-Gehalt bestimmt (Sr-90).<br />
Sr-90 verhält sich chemisch ähnlich wie Calcium <strong>und</strong> wird<br />
deshalb vom Körper besonders während der Wachstumsphase<br />
fest in die Knochensubstanz eingebaut, es hat eine<br />
Halbwertzeit von ca. 30 Jahren. Durch den Kraftwerksunfall<br />
von Tschernobyl wurde Deutschland nur unwesentlich mit<br />
Sr-90 <strong>und</strong> anderen schwerflüchtigen Radionukliden (Plutonium,<br />
Uran) kontaminiert.<br />
Gesamtkost aus Kantinen<br />
Jede Woche werden aus zwei Krankenhaus- <strong>und</strong> einer<br />
Polizeikantine Gesamtkostproben auf den Gehalt an<br />
Cs-137 untersucht. Die Situation ist seit Jahren unverändert:<br />
Es ergab sich für die durchschnittliche an einem Tag<br />
pro Person mit der Nahrung aufgenommene Menge an<br />
künstlichem Cäsium-137 ein Mittelwert von 0,16 Bq pro<br />
Person <strong>und</strong> Tag (Minimum 0,03; Maximum 1,1 Bq). Die<br />
Sr-90-Gehalte lagen zwischen 0,03 <strong>und</strong> 0,16 Bq.<br />
Mehr zur langjährigen Entwicklung der gesamten Strahlenbelastung<br />
durch die Nahrung ist in dem Bericht vom<br />
21.04.2006 „20 Jahre Tschernobyl – die Lebensmittelüberwachung<br />
Baden-Württemberg zieht Bilanz“ unter www.uabw.de<br />
nachzulesen.<br />
Dr. Helmut Kaut, CVUA Stuttgart<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
131
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Industrie- <strong>und</strong> umweltbedingte Kontaminanten<br />
Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB<br />
Unter dem Begriff Dioxine werden 210 chemische Verbindungen mit einer ähnlichen Struktur zusammengefasst:<br />
75 polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) <strong>und</strong> 135 polychlorierte Dibenzofurane (PCDF).<br />
Dioxine gehören zu den giftigsten chlororganischen Verbindungen. Durch ihre gute Fettlöslichkeit <strong>und</strong> ihre<br />
Langlebigkeit reichern sie sich in der Nahrungskette an. Nach heutiger Kenntnis nimmt der Mensch diese<br />
Substanzen fast ausschließlich über die Nahrung auf. Mit Dioxinen belastete Lebensmittel können daher<br />
für die Verbraucher ein ges<strong>und</strong>heitliches Risiko darstellen. Bestimmte polychlorierte Biphenyle (PCB)<br />
weisen dioxinähnliche Eigenschaften auf <strong>und</strong> sind daher ebenfalls in den Blickpunkt des Interesses gerückt.<br />
Den dioxinähnlichen PCB werden wie den Dioxinen Toxizitätsäquivalente (TEQ) zugeordnet, die diese<br />
PCB-Kongenere unter Verwendung eines entsprechenden Faktors gemäß ihrer Toxizität im Vergleich zum<br />
2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin (kurz 2,3,7,8-TCDD) als Referenz (Toxizitätsäquivalenzfaktor-TEF) einstufen.<br />
Die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 setzt Höchstgehalte sowohl für Dioxine, als auch für den Gesamt-<br />
TEQ-Gehalt (als Summe der Toxizitätsäquivalente von Dioxinen <strong>und</strong> dioxinähnlichen PCB) fest. Zusätzlich<br />
wurden separate Auslösewerte für Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB festgesetzt, bei deren Überschreitung<br />
die Kontaminationsquelle ermittelt <strong>und</strong> Maßnahmen zur Eindämmung oder Beseitigung der Kontamination<br />
ergriffen werden sollen. Weitere Informationen sind unter www.ua-bw.de zu finden.<br />
Untersuchungsergebnisse<br />
in der Übersicht<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden insgesamt 616 Proben auf Dioxine<br />
untersucht, hiervon 471 Lebensmittel, 124 Futtermittel,<br />
19 Grasproben (im Rahmen eines Referenzmessprogrammes)<br />
<strong>und</strong> 2 sonstige Proben. Bei 471 Lebensmitteln,<br />
57 Futtermitteln <strong>und</strong> den 19 Grasproben wurden zusätzlich<br />
<strong>und</strong> bei 2 Lebensmitteln ausschließlich die Gehalte<br />
an dioxinähnlichen PCB bestimmt. Die Ergebnisse der<br />
Futtermitteluntersuchungen werden separat im Kapitel VI<br />
Futtermittel dargestellt.<br />
Die weitaus meisten Lebensmittelproben zeigten die schon<br />
in früheren Jahren für die jeweiligen Matrices festgestellten<br />
Dioxingehalte. Auch die Gehalte an dioxinähnlichen PCB lagen<br />
überwiegend im Bereich der Daten aus den vorangegangenen<br />
Jahren. Im Berichtsjahr wurden verstärkt Produkte<br />
von Schaf, Lamm <strong>und</strong> Ziege (Fleisch sowie Milchprodukte)<br />
untersucht. Darüber hinaus wurden mehrere Verdachtsproben<br />
tierischer Herkunft aus Irland sowie Mozzarella aus Italien<br />
im Zusammenhang mit Kontaminationsfällen untersucht.<br />
Um weitere Informationen über mögliche Gründe der erhöhten<br />
Belastung von Rind- <strong>und</strong> Kalbfleisch mit dioxinähnlichen<br />
PCB zu sammeln, wurden im Rahmen eines Ökomonitoringprogramms<br />
Proben zur Ursachenforschung untersucht.<br />
Milch <strong>und</strong> Milchprodukte<br />
Insgesamt 153 Proben Milch <strong>und</strong> Milchprodukte wurden<br />
auf Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB untersucht. Die Gesamt-Dioxin-Gehalte<br />
der Proben sind in der unteren Tabelle<br />
zusammengestellt.<br />
Alle ermittelten Gehalte lagen unterhalb der zulässigen<br />
Höchstgehalte von 3 pg WHO-PCDD / F-TEQ / g Fett für<br />
Dioxine <strong>und</strong> von 6 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett für<br />
die Summe aus Dioxinen <strong>und</strong> dioxinähnlichen PCB. Auch<br />
die Auslösewerte von 2 pg WHO-PCDD / F-TEQ / g Fett für<br />
Dioxine <strong>und</strong> von 2 pg WHO-PCB-TEQ / g Fett für dioxinähnliche<br />
PCB wurden von allen Proben unterschritten. Der<br />
Beitrag der dioxinähnlichen PCB zu den Gesamt-TEQ ist bei<br />
Milch <strong>und</strong> Milchprodukten etwa doppelt so hoch wie der<br />
Beitrag „nur“ der Dioxine. Die mittleren Gehalte an Dioxinen<br />
<strong>und</strong> dioxinähnlichen PCB in Milch <strong>und</strong> Milchprodukten sind<br />
in den letzten drei Jahren annähernd konstant geblieben.<br />
Erzeugnisse aus Schaf- oder Ziegenmilch<br />
Im Berichtsjahr wurden 16 Proben Schafs- <strong>und</strong> Ziegenkäse<br />
sowie eine Ziegenmilch untersucht. Die Gehalte der Proben<br />
an Dioxinen <strong>und</strong> dioxinähnlichen PCB waren insgesamt unauffällig<br />
(Mittelwert: 0,7 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g<br />
Fett, Bereich: 0,4 - 1,0 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett)<br />
Summe Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB in Milch <strong>und</strong> Milchprodukten (Angaben in pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett)<br />
Produkt Probenzahl niedrigster Wert Median Mittelwert höchster Wert<br />
Milch 40 0,73 1,13 1,26 2,48<br />
Butter 34 0,25 0,99 0,93 1,21<br />
Kondensmilch, Sahne 13 0,82 1,11 1,15 1,69<br />
Käse 66 0,44 0,92 1,02 2,42<br />
132
DIOXINE UND DIOXINÄHNLICHE PCB<br />
<strong>und</strong> lagen etwas unterhalb der üblichen Hintergr<strong>und</strong>belastung<br />
für aus Kuhmilch hergestellte Erzeugnisse.<br />
Büffelmozzarella aus Italien<br />
Im März <strong>2008</strong> informierte die Kommission über das europäische<br />
Schnellwarnsystem die Mitgliedstaaten über<br />
erhöhte Gehalte an Dioxinen <strong>und</strong> dioxinähnlichen PCB in<br />
Büffelmozzarella aus Italien. Büffelmozzarella mit Herkunft<br />
aus 25 Betrieben in der Region Kampanien, bei denen<br />
kontaminierte Ware aufgetreten war, wurde vom Markt<br />
genommen. Nach den Informationen der italienischen<br />
Behörden wurde kein Mozzarellakäse aus den betroffenen<br />
Betrieben in andere Mitgliedstaaten vertrieben oder in<br />
Drittländer exportiert. In diesem Zusammenhang wurden<br />
im CVUA Freiburg 10 Proben Büffelmozzarella mit Herkunft<br />
Italien untersucht. Die Gehalte an Dioxinen <strong>und</strong> dioxinähnlichen<br />
PCB lagen in sämtlichen Proben im Bereich der für<br />
Milchprodukte üblichen Hintergr<strong>und</strong>belastung (Mittelwert:<br />
1,1 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett, Bereich: 0,7 bis<br />
2,2 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett).<br />
Fleisch <strong>und</strong> Fleischerzeugnisse<br />
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 100 Fleischproben auf<br />
Dioxine <strong>und</strong> zusätzlich auf dioxinähnliche PCB untersucht,<br />
davon waren 22 Verfolgsproben in Zusammenhang mit erhöhten<br />
Gehalten. Diese Proben sind in den nachfolgenden<br />
Auswertungen nicht berücksichtigt.<br />
Rind- <strong>und</strong> Kalbfleisch<br />
Die untere Tabelle stellt die Gesamt-TEQ-Gehalte (Summe<br />
aus Dioxinen <strong>und</strong> dioxinähnlichen PCB) der untersuchten<br />
Proben Rind-, Kalbfleisch <strong>und</strong> Wurst aus Rindfleisch zusammen.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> ergab sich ein ähnliches Bild wie in den<br />
vorherigen Jahren: Die Dioxingehalte sämtlicher Proben<br />
lagen unterhalb des festgelegten Auslösewertes <strong>und</strong><br />
damit auch deutlich unterhalb des zulässigen Höchstgehalts.<br />
Den für den Gesamtdioxingehalt (einschließlich<br />
der dioxinähnlichen PCB) zulässigen Höchstgehalt von<br />
4,5 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett hielt lediglich eine<br />
Probe Kalbfleisch nicht ein, alle anderen Proben lagen darunter.<br />
Etwa die Hälfte der Proben Rind- sowie Kalbfleisch<br />
überschritten jedoch den für dioxinähnliche PCB festgelegten<br />
Auslösewert von 1 pg WHO-PCB-TEQ / g Fett.<br />
Um Informationen über mögliche Gründe der erhöhten<br />
Belastung von Rindfleisch mit dioxinähnlichen PCB zu<br />
sammeln, wurde im Rahmen eines Ökomonitoringprogramms<br />
in Zusammenarbeit mit dem Rinderges<strong>und</strong>heits-<br />
dienst <strong>und</strong> betroffenen Betrieben eine Ursachenforschung<br />
vor Ort durchgeführt. Hierbei wurden insbesondere die<br />
Haltungsformen <strong>und</strong> -bedingungen sowie das Alter der<br />
Tiere, eingesetzte Futtermittel <strong>und</strong> mögliche betriebsspezifische<br />
Kontaminationsquellen verglichen. Rinder, die<br />
in konventioneller Bullenmast gehalten wurden, wiesen<br />
deutlich niedrigere Gehalte an dioxinähnlichen PCB auf<br />
als Tiere aus Mutterkuhhaltungen. Ursächlich hierfür sind<br />
vermutlich mehr Möglichkeiten einer zusätzlichen PCB-<br />
Aufnahme z. B. aus dem Boden während des Weidegangs<br />
oder von Anstrichen an Holzwänden <strong>und</strong> Futterraufen.<br />
Eine ausführlichere Darstellung des Programms ist dem<br />
Bericht über das Ökomonitoring Baden-Württemberg<br />
<strong>2008</strong> zu entnehmen.<br />
Schaf-, Lamm- <strong>und</strong> Ziegenfleisch<br />
In 13 von 14 untersuchten Proben Schaf-, Lamm- sowie<br />
Ziegenfleisch waren die Gehalte an Dioxinen <strong>und</strong><br />
dioxinähnlichen PCB unauffällig (14 Proben, Mittelwert<br />
1,0 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett, Bereich:<br />
0,2 - 3,1 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ / g Fett). Lediglich<br />
eine Probe Wurst aus Ziegenfleisch wies einen Gehalt an<br />
dioxinähnlichen PCB auf, der höher war als der für das<br />
Fleisch von Wiederkäuern (Rinder, Schafe) festgelegte<br />
Auslösewert von 1,5 pg WHO-PCB-TEQ / g Fett. Für Ziegenfleisch<br />
<strong>und</strong> Erzeugnisse daraus wurden bisher keine<br />
speziellen Höchstgehalte oder Auslösewerte festgesetzt.<br />
Kontaminationsfall – Schweinefleisch aus Irland<br />
Am 6. Dezember <strong>2008</strong> wurden die Mitgliedstaaten über<br />
das europäische Schnellwarnsystem von der Kommission<br />
über erste Bef<strong>und</strong>e von polychlorierten Biphenylen (PCB)<br />
in Schweinefleisch aus Irland informiert. Nach irischen Angaben<br />
gab es teilweise erhebliche Überschreitungen der<br />
zulässigen Höchstgehalte für Dioxine <strong>und</strong> der für „Indikator-PCB“<br />
von der EU vorgeschlagenen Höchstgehalte. Da<br />
es sich hierbei um Vorsorgegrenzwerte handelt, war eine<br />
unmittelbare Ges<strong>und</strong>heitsgefahr nicht gegeben. Dennoch<br />
hatten die irischen Behörden einen umfassenden Rückruf<br />
der betroffenen Ware veranlasst. Als vermutliche Ursache<br />
wurde kontaminiertes Futtermittel festgestellt, mit dem<br />
10 Schweinehaltungsbetriebe beliefert worden waren,<br />
die ca. 10 % der Gesamtproduktion an Schweinen in Irland<br />
ausmachen. Auch einige Rindermastbetriebe hatten<br />
das Futter erhalten; Milcherzeuger waren nicht betroffen.<br />
Da irisches Schweinefleisch über Zwischenhandelsstufen<br />
auch an Betriebe in Baden-Württemberg geliefert worden<br />
war, erfolgten umgehend Ermittlungen in den Betrieben<br />
<strong>und</strong> die Überwachung des Rückrufs sowie die Probenah-<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB in Fleisch <strong>und</strong> -Fleischerzeugnissen (Angaben in pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett)<br />
Produkt Probenzahl niedrigster Wert Median Mittelwert höchster Wert<br />
Rindfleisch 27 0,52 1,92 2,09 5,04<br />
Kalbfleisch 6 0,59 1,61 2,81 7,17<br />
Wurst aus Rindfleisch 9 0,27 1,02 0,96 1,37<br />
133
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB in Hühnereiern (Angaben in pg/g Fett), differenziert nach Haltungsform<br />
WHO-PCDD/F-PCB-TEQ WHO-PCB-TEQ WHO-PCDD/F-TEQ<br />
Haltungsform Käfig Boden Freiland Käfig Boden Freiland Käfig Boden Freiland<br />
Anzahl 13 28 53 13 28 53 13 28 53<br />
Minimum 0,25 0,32 0,26 0,15 0,15 0,19 0,09 0,05 0,06<br />
Median 0,46 0,53 1,18 0,23 0,27 0,57 0,21 0,24 0,38<br />
Mittelwert 0,52 1,15 9,00 0,31 0,78 8,22 0,20 0,37 0,77<br />
Maximum 1,36 11,80 167,00 1,11 11,50 161,40 0,27 3,06 6,09<br />
me von Erzeugnissen, die mit irischem Schweinefleisch<br />
hergestellt worden waren. Zusätzlich wurden im CVUA<br />
Freiburg kurzfristig 22 Proben irischer Herkunft (Fleisch,<br />
Wurstwaren, Butter <strong>und</strong> Käse) auf Dioxine, dioxinähnliche<br />
PCB <strong>und</strong> Indikator-PCB untersucht. Die Gehalte sämtlicher<br />
Proben waren unauffällig.<br />
Siehe auch unter:<br />
www.mlr.baden-wuerttemberg.de > Lebensmittel <strong>und</strong><br />
Ernährung > Lebensmittelsicherheit > Fleischhygiene /<br />
Überwachung > Dioxin in irischem Schweinefleisch<br />
Hühnereier<br />
F-TEQ/g Fett <strong>und</strong> zwölf den Auslösewert für dioxinähnliche<br />
PCB von 2 pg WHO-PCB-TEQ/g Fett. Die obige Tabelle<br />
stellt die Gehalte der Proben dar, differenziert nach Haltungsform<br />
der Hühner, sofern bekannt: 13 Proben stammten<br />
aus Käfig-, 28 aus Boden- <strong>und</strong> 53 aus Freilandhaltung.<br />
Wie in den vorherigen Jahren wurden die meisten Überschreitungen<br />
von Höchstgehalten sowie Auslösewerten<br />
von Eiern aus Freilandhaltung verursacht. Ein Vergleich der<br />
Mediane der Proben zeigt, dass Eier aus Freilandhaltung<br />
für diese statistischen Kenndaten deutlich höhere Werte<br />
als Eier aus Käfig- <strong>und</strong> Bodenhaltung aufwiesen.<br />
Insgesamt wurden im Berichtsjahr 132 Proben Hühnereier,<br />
davon 25 Verfolgsproben, die im Zusammenhang<br />
mit erhöhten Gehalten erhoben wurden, auf Dioxine <strong>und</strong><br />
dioxinähnliche PCB untersucht. Von den 107 Planproben<br />
überschritten zehn Eiproben den Höchstgehalt von<br />
6 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ /g Fett für die Summe aus<br />
Dioxinen <strong>und</strong> dioxinähnlichen PCB, fünf den für Dioxine zulässigen<br />
Höchstgehalt von 3 pg WHO-PCDD / F-TEQ /g Fett,<br />
eine den Auslösewert für Dioxine von 2 pg WHO-PCDD /<br />
Kerstin Wahl, CVUA Freiburg<br />
Perfluorierte Tenside<br />
Was sind Perfluortenside (PFT)?<br />
Perfluortenside (PFT) sind oberflächenaktive Substanzen,<br />
die aus einer wasserabweisenden (hydrophoben) Kohlenstoffkette<br />
<strong>und</strong> einer wasseranziehenden (hydrophilen)<br />
Kopfgruppe bestehen. Viele perfluorierte Verbindungen<br />
sind aufgr<strong>und</strong> ihrer stabilen Kohlenstoff-Fluorbindung<br />
resistent gegen sämtliche Abbaumechanismen – sei es<br />
biologisch, durch Hydrolyse, UV-Strahlung oder Hitze –<br />
<strong>und</strong> damit nahezu unzerstörbar. Sie sind zudem fett- <strong>und</strong><br />
wasserabweisend.<br />
Die beiden bekanntesten <strong>und</strong> zugleich am weitesten verbreiteten<br />
Vertreter der Perfluortenside sind Perfluoroctansulfonat<br />
(PFOS) <strong>und</strong> Perfluoroctansäure (PFOA).<br />
Seit ca. 50 Jahren werden perfluorierte Tenside in der<br />
Industrie eingesetzt. PFOS wird bei einigen industriellen<br />
Anwendungen, z. B. in der Galvanik- <strong>und</strong> Photoindustrie<br />
<strong>und</strong> auch in AFFF- Feuerlöschmitteln eingesetzt. Seit<br />
dem 27.12.2006 gilt EU-weit ein Stoffverbot für PFOS,<br />
das jedoch Ausnahmen zulässt. Direkte Anwendungen<br />
für PFOA sind nicht bekannt. Darüber hinaus sind<br />
PFT herstellungsbedingt als Verunreinigung in Fluorpolymeren<br />
<strong>und</strong> Fluorcarbonharzen zu finden, so etwa bei<br />
der Beschichtung <strong>und</strong> Imprägnierung von Textilien (z. B.<br />
wetterfeste Oberbekleidung, Teppichbeläge, Markisen),<br />
in Goretex ® -Bekleidung, Papierbeschichtungen (z. B. Fast-<br />
Food- Schalen), Leder-/Schuhimprägnierungsmitteln <strong>und</strong><br />
Teflon ® -Produkten.<br />
Wildschweinleber-Monitoring<br />
Im Rahmen eines Monitoringprogrammes des Ministeriums<br />
für Ernährung <strong>und</strong> Ländlichen Raum wurden<br />
in der Jagdsaison 2007/<strong>2008</strong> am CVUA Karlsruhe<br />
100 Wildschweinelebern auf Rückstände an perfluorierten<br />
Tensiden (PFT) untersucht <strong>und</strong> in der Jagdsaison<br />
<strong>2008</strong>/2009 weitere 7 Nachproben. In allen Wildschweinelebern<br />
konnten PFTs nachgewiesen werden,<br />
wobei ihre Konzentration die bisher in Lebensmitteln<br />
nachgewiesenen Konzentrationen weit übersteigt.<br />
134
schwermetalle <strong>und</strong> toxische spurenelemente<br />
PFT sind nach derzeitigem Kenntnisstand ausschließlich<br />
anthropogenen Ursprungs <strong>und</strong> mittlerweile in der Umwelt<br />
ubiquitär verteilt. Das B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung<br />
hat einen vorläufigen Tolerable Daily Intake (TDI) von<br />
0,15 µg pro kg Körpergewicht <strong>und</strong> Tag herausgegeben.<br />
In den untersuchten Wildschweineleberproben konnte im<br />
Mittel eine Gesamtkonzentration an PFT von 500 µg / kg<br />
bestimmt werden. In 5 der 100 Proben wurden sehr hohe<br />
Konzentration von über 1000 µg / kg gemessen, wobei die<br />
Maximalkonzentration 2200 µg / kg beträgt. Der Gesamtgehalt<br />
an PFT setzt sich aus 10 verschieden Einzelsubstanzen<br />
unterschiedlicher Kohlenstoffkettenlängen (C3-C12)<br />
zusammen. Den Hauptanteil der PFT macht die Perfluoroctansulfonsäure<br />
(PFOS) in den Wildschweinelebern aus, da<br />
90 % der perfluorierten Verbindungen in Wildschweinelebern<br />
PFOS ist.<br />
Ein ausführlicher Bericht vom 15.05.2009 ist im Internet<br />
unter www.ua-bw.de veröffentlicht.<br />
Sonstige Lebensmittel<br />
Insgesamt wurden 193 Proben untersucht, davon 131<br />
Lebensmittel, 4 Böden von Kartoffeläckern, 7 Futtermittel,<br />
48 Fische aus Flüssen Baden-Württembergs <strong>und</strong><br />
3 Wasserproben des Rheins. Die Lebensmittelproben<br />
wurden im Rahmen des nationalen Rückstandskontrollplans<br />
(NRKP), der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />
entnommen <strong>und</strong> zusätzlich auf PFT analysiert.<br />
In den 131 untersuchten Lebensmittelproben (Nieren, Lebern,<br />
Fischen, Chips, Kartoffeln, Wasser, Frauenmilch usw.) konnten<br />
keine bestimmbaren PFT-Gehalte nachgewiesen werden. Lediglich<br />
in drei Lebern sehr alter Kühe waren Spuren an PFOS<br />
unterhalb der Bestimmungsgrenze (2 μg / kg) nachweisbar.<br />
Des weiteren wurden in einer Wildschweinprobe (Muskulatur)<br />
Spuren an PFOA <strong>und</strong> PFOS unterhalb der Bestimmungsgrenzen<br />
(PFOA: 2 μg / kg <strong>und</strong> PFOS: 5 μg / kg) nachgewiesen. Dieser<br />
Bef<strong>und</strong> korreliert mit den Messungen vom Frühjahr <strong>2008</strong><br />
im Rahmen des Monitoring-Programms von Schwarzwildlebern:<br />
Damals zusätzlich untersuchte Wildschweinmuskulaturen<br />
wiesen ebenfalls nur Spuren an PFOA <strong>und</strong> PFOS auf (1-2<br />
μg / kg).<br />
In den Fischen aus Donau, Rhein <strong>und</strong> Neckar konnten speziesabhängig<br />
im Mittel 14 μg / kg PFOS nachgewiesen werden.<br />
Die Maximalkonzentration von 32 μg / kg wurde im Aal gemessen.<br />
Da Aale in Bodennähe leben <strong>und</strong> in den Sedimenten<br />
PFT angereichert wird, nehmen diese möglicherweise höhere<br />
PFT-Konzentrationen auf. Die geringsten PFOS-Konzentrationen<br />
wurden in Äschen detektiert (< 2 μg / kg). In drei Rheinwasserproben<br />
konnte ebenfalls PFOS mit einer mittleren Konzentration<br />
von 0,018 μg / L nachgewiesen werden.<br />
Die wenigen bisher durchgeführten stichprobenartigen<br />
Untersuchungen erlauben noch keine abschließende Beurteilung<br />
der PFT-Belastung von Lebensmitteln <strong>und</strong> Fischen.<br />
Dr. Alexandra Hütteroth, CVUA Karlsruhe<br />
Schwermetalle <strong>und</strong> toxische<br />
Spurenelemente<br />
Toxische Schwermetalle können von Pflanzen oder Tieren<br />
aufgenommen werden <strong>und</strong> so in die Nahrungskette<br />
gelangen. Im Hinblick darauf gehört insbesondere die<br />
Bestimmung der Elemente Blei, Cadmium <strong>und</strong> Quecksilber<br />
seit langem zu den Routineaufgaben der Lebensmittelüberwachung.<br />
Für diese Elemente existieren<br />
europaweit verbindliche Höchstgehalte für verschiedene<br />
Lebensmittel, die zusammen mit Höchstgehalten<br />
anderer Kontaminanten in der Verordnung (EG) Nr.<br />
1881/2006 festgelegt sind. Neben diesen <strong>und</strong> anderen<br />
mehr oder weniger ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Schwermetallen,<br />
die als Kontamination ungewollt in Lebensmittel<br />
gelangen, gibt es aber auch viele Elemente, deren<br />
Aufnahme für den Erhalt der menschlichen Ges<strong>und</strong>heit<br />
notwendig ist. Bestimmte Elemente können aber auch<br />
zur Charakterisierung von Lebensmitteln (z. B. Weine,<br />
Säfte, Separatorenfleisch) herangezogen werden.<br />
Im Berichtsjahr wurden in 6.158 Proben insgesamt<br />
40.263 Elementbestimmungen durchgeführt. Das<br />
Spektrum umfasste dabei 31 verschiedene Elemente.<br />
Die Situation hinsichtlich der Belastung von Lebensmitteln<br />
mit den toxischen Schwermetallen Blei, Cadmium <strong>und</strong><br />
Quecksilber ist weitgehend unverändert. Während diese<br />
Elemente in den meisten Lebensmitteln keine Rolle spielen,<br />
sind die Gehalte in einzelnen Lebensmitteln bzw. Lebensmittelgruppen<br />
immer wieder auffällig. Hierzu zählen vor allem<br />
erhöhte Cadmium- <strong>und</strong> Quecksilbergehalte in marinen<br />
Lebensmitteln wie Fischen, Krustentieren (Krebse), Schalentieren<br />
(z. B. Muscheln) <strong>und</strong> Weichtieren (z. B. Kopffüßer<br />
wie Tintenfisch), was immer wieder durch Überschreitungen<br />
von Höchstgehalten belegt wird. Auch Nahrungsergänzungsmittel<br />
aus Muscheln oder Algen wiesen in den<br />
vergangenen Jahren auffällige Cadmium- <strong>und</strong> Bleigehalte<br />
auf. Aus diesem Anlass wurden im Berichtsjahr auch für<br />
diese Lebensmittelgruppe europaweit geltende Höchstgehalte<br />
festgelegt. Im Gegensatz dazu existieren bislang<br />
keine Höchstgehalte für Cadmium in Ölsaaten wie Leinsamen,<br />
Mohn <strong>und</strong> Sonnenblumenkernen oder Kakao bzw.<br />
Schokolade, obwohl diese Lebensmittel seit langem dafür<br />
bekannt sind, dass sie im Boden vorhandenes Cadmium<br />
verstärkt aufnehmen <strong>und</strong> anreichern. Als weiteres pflanzliches<br />
Lebensmittel, bei dem aus diesem Gr<strong>und</strong> gelegentlich<br />
Höchstgehaltsüberschreitungen für Cadmium festgestellt<br />
werden, ist Spinat zu nennen.<br />
Die durch die Herabsetzung der vorläufigen tolerierbaren<br />
wöchentlichen Aufnahmemenge (provisional tolerable<br />
weekly intake, PTWI) für Aluminium von 7 mg / kg auf<br />
1 mg / kg Körpergewicht im Jahr 2007 ins Blickfeld gerückte<br />
Problematik Aluminium in Lebensmitteln wurde<br />
weiter verfolgt. Hierbei wurden insbesondere in Süßwa-<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
135
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
ren wieder hohe Gehalte (Maximalwert 1.450 mg / kg) bestimmt.<br />
Auch in Getränken, die in Aluminiumtanks gelagert<br />
wurden, waren erhöhte Gehalte feststellbar (siehe Kapitel<br />
III Alkoholfreie Getränke).<br />
Lachs aus Aquakulturen hat sich für zahlreiche Länder zu<br />
einem wichtigen Industriezweig entwickelt. Es wurde bekannt,<br />
dass bei der Lachszucht möglicherweise Käfignetze<br />
verwendet werden, die mit kupferhaltigen Anti-Fouling-<br />
Mitteln (Bewuchsschutzfarben) behandelt wurden, um<br />
einen Bewuchs der Netze mit Algen oder Muscheln zu verhindern.<br />
Die in den Netzkäfigen gezüchteten Fische könnten<br />
deshalb erhöhte Kupfergehalte im Fischfleisch aufweisen.<br />
Für den menschlichen Organismus zählt Kupfer einerseits<br />
zu den essenziellen Spurenelementen, es wirkt aber in ho-<br />
hen Konzentrationen <strong>und</strong> ionischen Verbindungsformen<br />
toxisch. Um dieser Vermutung nachzugehen, wurde das<br />
Fleisch von Zucht- <strong>und</strong> Wildlachsen auf Kupfer untersucht.<br />
Vergleicht man die Kupfergehalte des verzehrbaren Anteils<br />
aller untersuchten Proben, so zeigt sich, dass der Gehalt<br />
bei den Zuchtlachsen verschiedener Herkunftsländer am<br />
geringsten ist. Mehr Kupfer enthielt z. B. eine Probe mit der<br />
Angabe des Fanggebietes „Pazifischer Ozean“. Auch die in<br />
der Literatur angegebenen Kupfergehalte in Lachs lagen<br />
deutlich über den Gehalten der untersuchten Proben. Somit<br />
konnte bei den untersuchten Proben eine Belastung<br />
von Zuchtlachsen mit Kupfer nicht festgestellt werden.<br />
Paul-Hermann Reiser, CVUA Sigmaringen<br />
Schwermetalle in Fleisch vom Wild<br />
Schwermetalle gehören zu den Umweltkontaminanten in Industriestaaten <strong>und</strong> können sich bei unkontrollierter Nahrungsaufnahme,<br />
wie dies beispielsweise bei Wildtieren der Fall ist, im Körper dieser Tiere anreichern. Hauptsächlich sind<br />
in diesem Fall die inneren Organe, z. B. die Leber, belastet. Jedoch weit mehr als die inneren Organe zählt das Fleisch von<br />
Hirsch, Reh, Wildschwein oder Hase zu den Spezialitäten in der Gastronomie oder auch am heimischen Herd.<br />
Wildforschungsstelle Aulendorf<br />
Zwanzig Wildfleischproben (Hirsch, Reh, Wildschwein,<br />
Hase), die aus dem Einzelhandel, aus Gaststätten (in Fertigpackungen<br />
oder Ware direkt vom Jäger bezogen) bzw. direkt<br />
vom Jäger erhoben wurden, wurden auf den Schwermetallgehalt<br />
(Arsen, Blei, Quecksilber <strong>und</strong> Cadmium)<br />
untersucht. Gr<strong>und</strong>lage zur Überprüfung von Höchstmengenüberschreitungen<br />
bei Schwermetallen ist die Verordnung<br />
(EG) Nr. 1881/2006. Im Gegensatz zu Fleisch vom<br />
Rind, Schwein, Schaf <strong>und</strong> Pferd werden jedoch in dieser<br />
Verordnung keine Höchstwerte für Wildfleisch aufgeführt.<br />
So besitzt diese Verordnung im Hinblick auf den Schwermetallgehalt<br />
von Wildfleisch nur orientierenden Charakter.<br />
Die Wildfleischproben wiesen unauffällige Gehalte für Arsen<br />
(Mittelwert: 0,02 mg / kg, n=16 Proben), Quecksilber<br />
(Mittelwert: 0,02 mg / kg, n=16), <strong>und</strong> Cadmium (Mittelwert:<br />
0,005 mg / kg, n=17) auf. Bei Blei wurden ebenfalls<br />
keine besonderen Auffälligkeiten (Mittelwert 0,02 mg / kg,<br />
n=15, ohne Berücksichtigung von zwei erhöhten Werten)<br />
festgestellt. Lediglich zwei Proben Rehfleisch wiesen erhöhte<br />
Bleigehalte (0,26 mg / kg <strong>und</strong> 0,75 mg / kg) auf. Für<br />
Blei wird in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 bei Fleisch<br />
vom Rind, Schwein, Schaf oder Geflügel ein Höchstwert<br />
von 0,1 mg Blei / kg Frischgewicht <strong>und</strong> bei Nebenprodukten<br />
der Schlachtung (Rind, Schwein, Schaf, Geflügel) ein<br />
Höchstwert von 0,5 mg Blei / kg Frischgewicht angegeben.<br />
Die unterschiedlichen Höchstwerte bei Blei für Fleisch <strong>und</strong><br />
Nebenprodukte der Schlachtung sind insbesondere auf die<br />
Verzehrsgewohnheiten zurückzuführen. Hierbei wird angenommen,<br />
dass Nebenprodukte der Schlachtung weniger<br />
häufig verzehrt werden als Fleisch der aufgeführten Tierarten.<br />
Dies dürfte bei Fleisch vom Wild ebenfalls zutreffen.<br />
Insofern werden die beiden erhöhten Bleigehalte bei zwei<br />
Rehfleischproben als noch tolerierbar angesehen. Positiv ist<br />
zu vermerken, dass keine stark erhöhten Bleigehalte (mehrere<br />
h<strong>und</strong>ert bis tausend mg / kg) festgestellt wurden. Stark<br />
erhöhte Bleigehalte können beispielsweise durch Kontamination<br />
von Geschosspartikeln oder nicht ausreichend<br />
entferntes Fleisch um den Einschusskanal herrühren. Auch<br />
eine Probe Wildschwein war durch Bleigehalte auffällig,<br />
diese Untersuchung erfolgte nach dem Nationalen Rückstandskontrollplan,<br />
siehe auch unter Kapitel IV Pharmakologisch<br />
wirksame Stoffe.<br />
Weitere Informationen sind unter:<br />
www.ua-bw.de > Aktuelle Meldungen > Archiv vom<br />
28.04.2009 zu erhalten.<br />
Dr. Joachim Kuntzer, CVUA Stuttgart<br />
136
Herstellungsbedingte Kontaminanten<br />
Herstellungsbedingte Kontaminanten<br />
Nitrosamine<br />
Insgesamt 171 Proben Lebensmittel, kosmetische Mittel <strong>und</strong> Bedarfsgegenstände wurden auf Nitrosamine geprüft. Aufgr<strong>und</strong><br />
ihrer krebserregenden Wirkung sollte die Belastung der Verbraucher mit Nitrosaminen möglichst gering sein.<br />
Lebensmittel nur gering belastet<br />
In Gegenwart von Nitrit <strong>und</strong> Nitrat können in eiweißreichen<br />
Lebensmitteln Nitrosamine gebildet werden. Bei der Bierherstellung<br />
können Nitrosamine beim Darren von Gerste<br />
entstehen, wenn die zum Darren verwendete Heißluft<br />
Stickoxide enthält. Technische Richtwerte existieren nur<br />
für N-Nitrosodimethylamin (NDMA) in Bier (0,5 µg / kg)<br />
<strong>und</strong> Malz (2,5 µg / kg). Untersucht wurden Biere, gepökelte<br />
Fleischerzeugnisse <strong>und</strong> Käse sowie geräucherter Fisch.<br />
Bei allen 27 Bierproben lagen die Gehalte an NDMA unterhalb<br />
des technischen Richtwertes bzw. unterhalb der<br />
Nachweisgrenze. Andere Nitrosamine konnten in Bier nicht<br />
nachgewiesen werden. Eine Probe geräucherter Schinkenspeck<br />
wies einen leicht erhöhten Gehalt an N-Nitrosopiperidin<br />
(1,6 µg / kg) auf, der mit einem erhöhten Nitritgehalt<br />
(aus Pökelsalz bei der Herstellung) korrelierte, <strong>und</strong> wurde<br />
somit beanstandet. In den restlichen 41 Lebensmittelproben<br />
konnten keine auffälligen Nitrosamingehalte festgestellt<br />
werden.<br />
Wimperntusche immer noch am<br />
häufigsten betroffen<br />
63 Kosmetika, v. a. Wimperntusche, Make-up <strong>und</strong> Mittel<br />
zur Hautreinigung, wurden auf N-Nitrosodiethanolamin<br />
(NDELA) untersucht. NDELA gelangt als Verunreinigung<br />
aminhaltiger Inhaltsstoffe, wie z. B. Triethanolamin, in das<br />
Produkt oder kann aus diesen während der Herstellung<br />
<strong>und</strong> Lagerung gebildet werden. Gehalte über dem technisch<br />
vermeidbaren Werten von 10 µg / kg konnten bei<br />
5 Proben (8%) festgestellt werden. Dabei handelte es sich<br />
v. a. um Wimperntusche (4 von 5 Proben). Die NDELA-<br />
Gehalte lagen zwischen 36 <strong>und</strong> 238 µg / kg.<br />
Weniger Luftballons mit Nitrosaminen<br />
belastet<br />
Keiner der 17 untersuchten Flaschen- <strong>und</strong> Beruhigungssauger<br />
waren bezüglich der Abgabe von Nitrosaminen<br />
bzw. nitrosierbaren Stoffen auffällig.<br />
Eine sehr erfreuliche Entwicklung bezüglich der Abgabe<br />
von Nitrosaminen war bei Luftballonen (22 Proben) zu erkennen:<br />
81 % der Proben lagen unter dem vom BfR empfohlenen<br />
Abgaberichtwert von 10 µg / kg. Durch die Änderung<br />
der Bedarfsgegenständeverordnung im Juni <strong>2008</strong><br />
wurden die rechtlich verbindlichen Anforderungen für die<br />
Abgabe von Nitrosaminen <strong>und</strong> nitrosierbaren Stoffen, die<br />
Nitrosamine in Luftballons von 2006-<strong>2008</strong><br />
Anteil Anteil der der Proben in % in %<br />
Nitrosierbare Stoffe in Luftballons von 2006-<strong>2008</strong><br />
Anteil der Proben in %<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
36<br />
48<br />
21<br />
63<br />
Abgabe in µg/kg<br />
52<br />
Abgabe in µg/kg<br />
81<br />
0-10 >10-50 >50-100 >100<br />
41<br />
10 μg/kg<br />
= Höchstmenge<br />
bis <strong>2008</strong><br />
47<br />
33<br />
29<br />
21<br />
16<br />
14<br />
10 10<br />
5<br />
0<br />
0<br />
2006 2007 <strong>2008</strong><br />
1.000 μg/kg<br />
= Höchstmenge<br />
seit <strong>2008</strong><br />
2.000 μg/kg<br />
= Höchstmenge<br />
bis <strong>2008</strong><br />
0-150 >150-500 >500-1.000 >1.000-2.000 >2.000<br />
2006 2007 <strong>2008</strong><br />
bisher nur für Flaschen- <strong>und</strong> Beruhigungssauger festgelegt<br />
waren, auch auf Luftballone ausgeweitet. Allerdings wurde<br />
hier die Abgabe von Nitrosaminen mit einer Höchstmenge<br />
von 50 µg (entspricht dem 5-fachen des bisherigen BfR-<br />
Richtwertes) <strong>und</strong> die Abgabe der nitrosierbaren Stoffe mit<br />
1.000 µg (entspricht einer Reduzierung des BfR-Richtwertes<br />
um 50 %) pro kg Gummimaterial begrenzt.<br />
Bezüglich der nun rechtlich verbindlichen Vorgaben wurden<br />
von 91 % (2007: 84 %) der Proben die Höchstmengen<br />
für Nitrosamine <strong>und</strong> von 95 % (2007: 100 %) der Proben<br />
die Höchstmengen für nitrosierbare Stoffe eingehalten. Da<br />
die Rechtsänderung allerdings erst im Juni <strong>2008</strong> erfolgte,<br />
konnte nur eine Probe aufgr<strong>und</strong> der erhöhten Abgabewerte<br />
als nicht verkehrsfähig beanstandet werden.<br />
9<br />
32<br />
50 μg/kg<br />
= Höchstmenge<br />
seit <strong>2008</strong><br />
14<br />
5 0 5<br />
Diane Fügel, CVUA Stuttgart<br />
9<br />
0<br />
0<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
137
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Polyzyklische aromatische<br />
Kohlenwasserstoffe (PAK)<br />
Rückstandssituation in Lebensmitteln<br />
Bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen<br />
(PAK) – einer Stoffgruppe aus ca. 250 verschiedenen<br />
Verbindungen – handelt es sich um Umweltkontaminanten.<br />
Benzo(a)pyren ist der bekannteste Vertreter<br />
dieser Stoffgruppe. Das Gefährdungspotenzial besteht<br />
in der Kanzerogenität einiger Vertreter dieser Stoffklasse.<br />
Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der<br />
EU hat insgesamt 15 einzelne PAK-Substanzen aufgelistet,<br />
die als kanzerogen eingestuft werden.<br />
Im Verlaufe der Metabolisierung entstehen im Körper<br />
Epoxide, die sich an DNA-Bestandteile anlagern können<br />
<strong>und</strong> damit eine genotoxische Wirkung haben.<br />
PAK werden bei der unvollständigen Verbrennung von<br />
organischem Material, aber auch beim Grillen, Räuchern<br />
von Lebensmitteln sowie beim Rauchen von Tabakerzeugnissen<br />
gebildet. Fast die Hälfte der durchschnittlichen<br />
PAK-Belastung beim Menschen wird durch kontaminierte<br />
Nahrungsmittel verursacht. Die Kontamination von Getreide<br />
<strong>und</strong> Gemüse mit PAK entsteht durch Ablagerungen von<br />
PAK-haltigem Staub aus der Luft. Eine überhöhte Belastung<br />
von geräucherten Lebensmitteln (Rauchfleisch <strong>und</strong> geräucherte<br />
Fische) kann durch unsachgemäße Räucherverfahren<br />
verursacht werden. Auch Trocknungsverfahren über<br />
offenem Feuer führen häufig zu überhöhten PAK-Gehalten<br />
in Lebensmitteln.<br />
Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA)<br />
kommt in einem Bericht vom Juni 2007 über eine Aus-<br />
◆<br />
wertung von ca. 8.000 Lebensmittelproben zum Ergebnis,<br />
dass die Eignung von Benzo(a)pyren als alleiniger Indikator<br />
für jegliche PAK-Kontamination infrage gestellt werden<br />
muss, da die Auswertung auch Rückstände anderer PAK<br />
wie Benzo(c)fluoren <strong>und</strong> Chrysen bei Abwesenheit von<br />
Benzo(a)pyren aufzeigte. Benzo(c)fluoren steht nach Bewertung<br />
des FAO/WHO-Expertengremiums JECFA im Verdacht,<br />
Lungenkrebs auszulösen.<br />
Die rechtliche Beurteilung von PAK erfolgt anhand der VO<br />
(EG) Nr. 1881/2006 vom 19.12.2006 zur Festsetzung der<br />
Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln.<br />
Im Anhang (Abschnitt 6) finden sich Höchstmengen<br />
ausschließlich für Benzo(a)pyren in verschiedenen<br />
Lebensmitteln wie z. B. Öle, Fette: 2 µg / kg; Nahrung für<br />
Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder: 1 µg / kg; geräuchertes Fleisch<br />
<strong>und</strong> geräucherte Fleischerzeugnisse sowie Muskelfleisch<br />
von geräuchertem Fisch <strong>und</strong> geräucherten Fischerzeugnissen:<br />
5 µg / kg.<br />
Im Berichtszeitraum wurden 326 Lebensmittel auf ihre<br />
Gehalte an PAK untersucht. In 137 Proben (42%) war<br />
Benzo(a)pyren nachweisbar.<br />
Das EU-Schnellwarnsystem (RASFF) listet für das Jahr <strong>2008</strong> insgesamt<br />
20 Warnmeldungen mit überhöhten Gehalten an Benzo(a)<br />
pyren auf. Insbesondere Öle, geräucherte Sprotten in Öl <strong>und</strong> geräucherte<br />
Fische sind belastete Proben.<br />
Fische <strong>und</strong> Fischerzeugnisse<br />
In 17 Fischdauerkonserven (Makrelen, Strömlinge <strong>und</strong> Sprotten<br />
in Öl) wurden im Ölanteil <strong>und</strong>/oder im Fischanteil Gehalte<br />
an Benzo(a)pyren bestimmt. Dieser lag bei den Ölanteilen im<br />
Bereich von 0,6 bis 11,7 µg / kg Benzo(a)pyren (Höchstwert:<br />
2,0 µg / kg), bei den Fischanteilen im Bereich von 0,3 bis<br />
2,0 µg / kg Benzo(a)pyren (Höchstwert: 5,0 µg / kg).<br />
Das in der Gastronomie häufig angebotene Pangasiusfilet<br />
stammt von Pangasiusfischen (Schlankwelsen), die z. B. in<br />
vietnamesischen Aquakulturen innerhalb eines Jahres zur<br />
Speisereife heranwachsen <strong>und</strong> sich dabei meist in Boden-<br />
138
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (pak)<br />
nähe aufhalten. Eine Schadstoffaufnahme kann durch PAK-<br />
Gehalte im Gewässersediment oder über die Futtermittel<br />
erfolgen. In 9 untersuchten Proben fanden sich dann auch<br />
meist nur Rückstände an ubiquitär vorhandenen PAK wie<br />
Phenanthren, Fluoren, Fluoranthen <strong>und</strong> Pyren. Benzo(a)pyren<br />
<strong>und</strong> andere schwere PAK waren nicht nachweisbar.<br />
Die Rückstandssituation bei ungeräucherten Krebstieren<br />
<strong>und</strong> Kopffüßern war unauffällig. In keiner der untersuchten<br />
17 Proben wurde Benzo(a)pyren nachgewiesen.<br />
Öle <strong>und</strong> fetthaltige Produkte<br />
Von 62 untersuchten Pflanzenölen (überwiegend Olivenöle)<br />
enthielt eine Probe Palmöl aus Nigeria 5,2 µg / kg<br />
Benzo(a)pyren (Höchstmenge 2 µg / kg).<br />
48 Proben Kakaobutter, Kakaopulver <strong>und</strong> Kakaomasse<br />
sowie Schokolade wiesen nur geringe bis mäßige Gehalte<br />
an Benzo(a)pyren bis 1,9 µg / kg auf, wobei in den meisten<br />
Proben Gehalte unter 1 µg / kg festgestellt wurden.<br />
Sonstige Proben<br />
Getreideprodukte (Grünkern, Buchweizen, Hirse) <strong>und</strong><br />
manche Schalenfrüchte werden gelegentlich über offenem<br />
Feuer bzw. direkt mit Verbrennungsabgasen getrocknet.<br />
11 Proben wiesen in keinem Fall Benzo(a)pyrengehalte<br />
über 1 µg / kg auf.<br />
Von 6 untersuchten Proben Kokosraspeln wies eine Probe<br />
einen Gehalt an Benzo(a)pyren von 1,8 µg / kg auf. Derartige<br />
PAK-Rückstände erklären sich dadurch, dass in den<br />
Ländern der Dritten Welt vereinzelt solche Schalenfrüchte<br />
im Rauch getrocknet werden.<br />
In 31 Schinkenproben waren keine toxikologisch relevanten<br />
Gehalte an PAK nachweisbar.<br />
In den letzten Jahren ist der Gehalt an PAK bei geräucherten<br />
Erzeugnissen stark zurückgegangen. Besonders bei<br />
den traditionell geräucherten „Schwarzwälder“ Fleischerzeugnissen<br />
(Schinken, Rohwürste, Bauchspeck) wurde<br />
diese Entwicklung beobachtet. Dies liegt eindeutig an der<br />
geänderten Verbrauchererwartung, verb<strong>und</strong>en mit einer<br />
optimierten <strong>und</strong> veränderten Räuchertechnologie, die sich<br />
mehr an einer luftgetrockneten räucherwürzigen Note <strong>und</strong><br />
damit einer weniger intensiven Räucherung orientiert.<br />
Ca. 50 % der untersuchten teeähnlichen Erzeugnisse<br />
wiesen Gehalte an Benzo(a)pyren im Bereich von 0,4 bis<br />
12,1 µg / kg auf. Das aufgussfertige Getränk enthält nahezu<br />
keine PAK-Rückstände.<br />
In Säuglings- <strong>und</strong> Kleinkindernahrung waren ebenfalls<br />
keine Rückstände an PAK nachweisbar.<br />
Acrylamid<br />
Am 24. April 2002 gingen Meldungen durch die Medien,<br />
dass schwedische Forscher in erhitzten stärkehaltigen<br />
Lebensmitteln hohe Konzentrationen an Acrylamid<br />
entdeckt haben. Acrylamid ist eine Verbindung, die bis<br />
dahin nur als Ausgangsstoff für Kunststoffe (Polyacrylamid)<br />
in Erscheinung getreten ist. Es ist bis heute nicht<br />
geklärt, ob die Acrylamidgehalte in den Lebensmitteln<br />
beim Menschen Krebs auslösen können. Aus Gründen<br />
des vorbeugenden Verbraucherschutzes soll dennoch<br />
eine Minimierungsstrategie zur schnellen <strong>und</strong> möglichst<br />
vollständigen Vermeidung von Acrylamid bei der Herstellung<br />
oder Zubereitung von Lebensmitteln führen.<br />
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 163 Lebensmittelproben<br />
aus Herstellerbetrieben, aus dem Handel <strong>und</strong> aus der Gastronomie<br />
auf Acrylamid untersucht. Die Untersuchungsergebnisse<br />
fließen direkt in die Berechnung der so genannten<br />
Signalwerte mit ein. Wird in einer Lebensmittelprobe<br />
eine Überschreitung des Signalwertes festgestellt, so hat<br />
dies zwar noch keine unmittelbare rechtliche Konsequenz<br />
( z. B. Verkehrsverbot, Sanktionen), der Hersteller dieses<br />
Lebensmittels ist aber verpflichtet, Maßnahmen zur Ursachenforschung<br />
<strong>und</strong> zur Minimierung der Acrylamidbelastung<br />
seiner Produkte einzuleiten (siehe www.bvl.b<strong>und</strong>.de<br />
> Lebensmittel > Unerwünschte Stoffe & Organismen<br />
> Acrylamid).<br />
Kartoffelerzeugnisse (113 Proben)<br />
Die Acrylamidgehalte in Pommes frites liegen meist deutlich<br />
unter dem Signalwert von 530 µg / kg. Die Empfehlungen,<br />
die Frittiertemperatur abzusenken (maximal 175 °C) <strong>und</strong> zu<br />
starke Bräunung zu vermeiden („Vergolden statt Verkohlen“)<br />
werden allerdings nicht immer beachtet, wie zwei Proben<br />
mit Gehalten von 594 <strong>und</strong> 616 µg / kg zeigen.<br />
Acrylamidgehalt in μg/kg < 200 200 - 499 500 - 1.000 > 1.000<br />
konventionelle Erzeugnisse 15 26 9 2<br />
Bioerzeugnisse 6 16 12 7<br />
In einer vergleichenden Studie von konventionell hergestellten<br />
<strong>und</strong> von Bio-Kartoffelchipserzeugnissen zeigte sich nach<br />
wie vor eine Tendenz zu höheren Acrylamidwerten bei den<br />
Bioprodukten.<br />
Insgesamt wurden bei 92 untersuchten Kartoffelchipserzeugnissen<br />
9 Überschreitungen des Signalwerts von<br />
1.000 µg / kg gemessen, der höchste Wert lag bei<br />
1.955 µg / kg.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Erich Klein, CVUA Sigmaringen<br />
139
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Vom Signalwert zum Grenzwert?<br />
Zweifellos hat das Signalwert-basierte Minimierungskonzept deutliche Erfolge gezeigt. Dies lässt sich z. B.<br />
an der Entwicklung der Signalwerte von 2002 bis jetzt (siehe www.bvl.b<strong>und</strong>.de) ablesen. In vielen Warengruppen<br />
konnten die durchschnittlichen Acrylamidgehalte deutlich abgesenkt werden. In einigen wenigen<br />
Produktgruppen (z. B. Kartoffelchips) verharren die Signalwerte jedoch auf hohem Niveau, trotz intensiver<br />
Minimierungsbemühungen der Hersteller. Eine vollständige Verhinderung der Acrylamidbildung ist mit Sicherheit<br />
nicht möglich, in vielen Fällen, wie bei Kartoffelprodukten hängt das Ausmaß der Acrylamidbildung<br />
zudem sehr stark von der Zusammensetzung der natürlichen Rohstoffe ab, die naturbedingt von Jahr zu<br />
Jahr stark schwanken kann.<br />
Inzwischen zeigt die Entwicklung der Signalwerte deutliche Anzeichen einer Stagnation, es ist daher zumindest<br />
eine Überlegung wert, ob das bisherige Konzept der Signalwerte durch eine Reihe von Grenzwerten<br />
ersetzt oder ergänzt werden sollte. Dies würde die Rechtssicherheit für Verbraucher <strong>und</strong> Hersteller entscheidend<br />
verbessern <strong>und</strong> gleichzeitig der Lebensmittelüberwachung die Möglichkeit eröffnen, besonders stark<br />
belastete Produkte vom Markt zu nehmen.<br />
Backwaren (44 Proben)<br />
Eine Probe Vollkorn-Knäckebrot wies mit 685 µg / kg einen<br />
Acrylamidgehalt über dem Signalwert von 496 µg / kg auf.<br />
Für Kekse für Babies <strong>und</strong> Kleinkinder gilt ein sehr niedriger<br />
Signalwert von 197 µg / kg. In keiner der untersuchten Proben<br />
war dieser Wert überschritten.<br />
t<br />
Ein Problem stellen Lebkuchen <strong>und</strong> verwandte Erzeugnisse<br />
dar: Lebkuchen enthalten sehr viel reduzierende<br />
Zucker (Honig, Inverzuckersirup). In der Regel wird aus<br />
Geschmacksgründen das Backtriebmittel Ammoniumhydrogencarbonat<br />
(Hirschhornsalz, ABC-Trieb) verwendet.<br />
Wegen des niedrigen Wassergehaltes werden hohe Backtemperaturen<br />
nicht nur an der Oberfläche, sondern auch<br />
im Inneren der Lebkuchen erreicht. Auf der Homepage<br />
der CVUAs sind die „Empfehlungen zur Vermeidung hoher<br />
Gehalte an Acrylamid beim Backen von Lebkuchen“<br />
für die Öffentlichkeit zugänglich (siehe www.ua-bw.de ><br />
Stichwort Acrylamid). Bei Beachtung dieser Empfehlungen<br />
ist es auch für die Hausfrau <strong>und</strong> den handwerklichen<br />
Bäckerbetrieb möglich, Lebkuchen mit relativ niedrigen<br />
Acrylamidgehalten zu backen. Wie im Vorjahr wiesen Lebkuchen<br />
aus industrieller Produktion tendenziell niedrigere<br />
Acrylamidgehalte auf als handwerklich hergestellte Lebkuchen.<br />
In zwei Lebkuchenproben aus handwerklicher Herstellung<br />
war der Signalwert von 1.000 µg / kg mit Werten<br />
von 1.070 <strong>und</strong> 1.560 µg / kg überschritten.<br />
Kaffee <strong>und</strong> Kaffeesurrogate (6 Proben)<br />
Brot, Brötchen <strong>und</strong> Brezeln weisen im Allgemeinen nur<br />
niedrige Acrylamidgehalte auf. Im Inneren der Brotkrume<br />
wird wegen des Wassergehaltes auch bei hohen Backofentemperaturen<br />
eine Temperatur von 100 °C kaum überschritten,<br />
deshalb wird Acrylamid fast ausschließlich in der Kruste<br />
gebildet. Lediglich Kartoffelbrot enthält mit Gehalten bis zu<br />
200 µg / kg signifikante Mengen an Acrylamid.<br />
Während bei Kaffeepulver der Signalwert von 277 µg / kg<br />
nicht überschritten wurde, waren bei Kaffeeextrakten bei<br />
zwei Proben mit 1.370 <strong>und</strong> 2.320 µg / kg Acrylamidgehalte<br />
deutlich über dem Signalwert von 937 µg / kg zu finden.<br />
Dr. Rüdiger Weißhaar, CVUA Stuttgart<br />
140
3-mcpd <strong>und</strong> 3-mcpd-fettsäureester<br />
3-Monochlorpropandiol<br />
(3-MCPD)<br />
3-Chlor-1,2-propandiol (3-Monochlorpropandiol = 3-MCPD)<br />
ist eine Substanz, die schon seit 1978 als reaktionsbedingte<br />
Verunreinigung in verschiedenen Lebensmitteln<br />
bekannt ist. Zuerst wurde angenommen, dass 3-MCPD<br />
hauptsächlich in bestimmten Würzsoßen zu finden<br />
ist, die durch salzsaure Hydrolyse von Pflanzeneiweiß<br />
hergestellt werden. Im Laufe der Zeit stellte sich aber<br />
heraus, dass diese Substanz auch beim Herstellen von<br />
Backwaren, beim Toasten von Brot oder beim Räuchern<br />
von Lebensmitteln entsteht.<br />
Freies 3-MCPD<br />
In Lebensmitteln wurde im Rahmen der amtlichen Untersuchung<br />
bis vor Kurzem nur das so genannte freie 3-MCPD<br />
bestimmt. Für freies 3-MCPD besteht ein EU-Höchstgehalt<br />
von 0,02 mg / kg, gültig für Sojasoße <strong>und</strong> für Pflanzenproteinhydrolysat<br />
(HVP).<br />
Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU-<br />
Kommission (SCF) <strong>und</strong> das Joint FAO/WHO Expert Committee<br />
on Food Additives (JECFA) haben 2001 für (freies)<br />
3-MCPD eine tolerierbare Aufnahme (TDI) in Höhe von<br />
2 µg pro kg Körpergewicht pro Tag festgelegt. 3-MCPD<br />
hat sich bei hoher Dosierung bei Ratten als Tumor bildend<br />
erwiesen.<br />
Wie die Untersuchungen von 48 Proben Sojasoße <strong>und</strong> anderen<br />
Würzsoßen, Fleischwaren (überwiegend geräuchert)<br />
Hefe/Hefeextrakt sowie Röstzwiebeln belegen, liegen die<br />
Gehalte an freiem 3-MCPD weit unter 0,05 mg / kg, in der<br />
Regel sogar deutlich unter 0,02 mg / kg.<br />
3-MCPD-Ester<br />
Erst seit Kurzem ist bekannt, dass das eigentliche Problem die<br />
so genannten 3-MCPD-Ester darstellen, die in vielen Lebensmitteln<br />
in wesentlich höheren Konzentrationen vorkommen<br />
als das freie 3-MCPD. 3-MCPD-Ester sind Verbindungen aus<br />
3-MCPD <strong>und</strong> verschiedenen Fettsäuren. Sie entstehen bei<br />
hoher Temperatur durch eine Reaktion von Fettbestandteilen<br />
mit Chlorid-Ionen. Ein ausführlicher Beitrag mit Gr<strong>und</strong>lageninformationen<br />
zum Thema ist im <strong>Jahresbericht</strong> 2007 <strong>und</strong> im<br />
<strong>Jahresbericht</strong> 2007 des CVUA Stuttgart zu finden.<br />
Besonders hoch sind die Gehalte an 3-MCPD-Estern in raffinierten<br />
Speisefetten <strong>und</strong> Speiseölen. Bei der Raffination werden<br />
unangenehme Geruchs- <strong>und</strong> Geschmacksstoffe <strong>und</strong><br />
unerwünschte Substanzen wie Pestizide, Schwermetalle,<br />
giftige Pflanzeninhaltsstoffe, Mykotoxine <strong>und</strong> PAK entfernt.<br />
Ohne Raffination könnte ein großer Anteil der weltweit erzeugten<br />
Fette <strong>und</strong> Öle nicht für die menschliche Ernährung<br />
genutzt werden. Der letzte Schritt der Raffination ist die Desodorierung.<br />
Dabei werden durch eine Wasserdampfdestillation<br />
unter vermindertem Druck bei Temperaturen bis 270<br />
°C unerwünschte Geruchs- <strong>und</strong> Geschmacksstoffe entfernt.<br />
Bei der Desodorierung wird nahezu die gesamte Menge an<br />
3-MCPD-Estern gebildet.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden vom CVUA Stuttgart mehr als<br />
400 Proben an Fetten, Ölen <strong>und</strong> fetthaltigen Lebensmitteln<br />
auf 3-MCPD-Ester untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse<br />
der Untersuchungen sind in der Abbildung zusammengefasst,<br />
sie unterscheiden sich kaum von den Ergebnissen der<br />
letztjährigen Untersuchungen.<br />
In allen bisher untersuchten nativen Pflanzenölen, z. B.<br />
Olivenölen, Sonnenblumenölen, Rapsölen, Distelölen, Walnussölen<br />
wurden keine 3-MCPD-Ester festgestellt. Dies war<br />
auch nicht anders zu erwarten, denn native Speiseöle dürfen<br />
bei der Herstellung keinerlei Hitzebehandlung unterzogen<br />
werden.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
3-MCPD-Ester <strong>und</strong> 3-MCPD bildende Substanzen – Medianwerte einzelner Produktgruppen (berechnet als 3-MCPD)<br />
Median (mg/kg) Stand Dezember <strong>2008</strong><br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />
tierische Fette<br />
Kakaobutter / Schokolade<br />
Pflanzenöl nativ/kaltgepresst<br />
0<br />
0<br />
0<br />
Pflanzenöl raffiniert<br />
Fischkonserven / Antipasti (Ölanteil)<br />
0,58<br />
0,93<br />
Füllung von Keksen/Riegeln (Fettanteil)<br />
1,5<br />
Margarine (Fettanteil)<br />
2,34<br />
Bratfett, Frittierfett<br />
8,1<br />
Nuss-Nougatcremes (Fettanteil)<br />
4,9<br />
Säuglingsmilchpulver (Fettanteil)<br />
2,49<br />
141
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
◆<br />
Ausnahmslos alle untersuchten raffinierten Pflanzenfette<br />
<strong>und</strong> Pflanzenöle enthielten 3-MCPD-Ester, allerdings in sehr<br />
unterschiedlichen Gehalten. Die verschiedenen raffinierten<br />
Pflanzenfette <strong>und</strong> Pflanzenöle lassen sich zur groben Orientierung<br />
in 3 Gruppen einteilen:<br />
n Niedrige Gehalte (0,2 - 1,5 mg / kg): Rapsöl, Sojaöl,<br />
Sonnenblumenöl, Kokosfett.<br />
n Mittlere Gehalte: (1,5 - 4 mg / kg): Distelöl, Erdnussöl,<br />
Maiskeimöl, Baumwollsaatöl, Olivenöl.<br />
n Hohe Gehalte: (> 4 mg / kg): manche gehärtete Fette<br />
<strong>und</strong> Öle, Palmöl <strong>und</strong> Palmölfraktionen.<br />
Die Raffination von Fetten <strong>und</strong> Ölen muss<br />
übrigens nicht kenntlich gemacht werden.<br />
Wenn ein pflanzliches Öl weder als<br />
„nativ“ noch als „kaltgepresst“ ausgezeichnet<br />
ist, kann man allerdings davon<br />
ausgehen, dass es raffiniert worden ist.<br />
Der überwiegende Anteil der im Haushalt<br />
<strong>und</strong> in der Lebensmittelindustrie<br />
verwendeten Pflanzenöle ist raffiniert.<br />
Raffinierte Speiseöle <strong>und</strong> Speisefette<br />
werden einerseits als solche direkt verzehrt,<br />
z. B. als Salatöl, als Brat- <strong>und</strong> Frittierfett<br />
oder als Fettkomponente von<br />
Margarine <strong>und</strong> Mayonnaise. Daneben<br />
enthalten auch sehr viele industriell <strong>und</strong><br />
handwerklich gefertigte Lebensmittel<br />
raffinierte Fette <strong>und</strong> Öle als wesentliche<br />
Zutat, z. B. Brühwürfel, Kaffeeweißer,<br />
Brotaufstriche wie Nuss-Nougat-Cremes,<br />
Überzüge <strong>und</strong> Füllungen von Backwaren,<br />
Keksen <strong>und</strong> Riegeln.<br />
Säuglinge benötigen für ihre Ernährung eine sorgfältig<br />
abgestimmte Mischung aus verschiedenen essenziellen<br />
Fettsäuren. Deshalb enthält Säuglingsmilchnahrung (Anfangs-<br />
<strong>und</strong> Folgemilchnahrung in Form von Trockenpulver)<br />
verschiedene pflanzliche <strong>und</strong> tierische Fette <strong>und</strong> Öle.<br />
Diese können nur in raffinierter Form zugegeben werden,<br />
da sie geschmacklich neutral sein sollen <strong>und</strong> eine ausreichende<br />
Haltbarkeit aufweisen müssen. Wegen des Zusatzes<br />
raffinierter Fette <strong>und</strong> Öle waren auch im Fettanteil von<br />
Säuglingsmilchnahrung größere Gehalte an 3-MCPD-Estern<br />
nachzuweisen.<br />
Glycidylester<br />
Im Verlauf der Untersuchungen stellte sich heraus, dass mit<br />
dem vom CVUA Stuttgart entwickelten Untersuchungsverfahren<br />
nicht nur Fettsäureester des 3-MCPD erfasst werden,<br />
sondern auch andere Stoffe, die 3-MCPD bilden können. Die<br />
Gehalte in der Grafik auf Seite 141 werden daher auch als<br />
„Summe an 3-MCPD <strong>und</strong> 3-MCPD bildenden Substanzen“<br />
angegeben. Als mit Abstand wichtigste dieser 3-MCPD bildenden<br />
Substanzen wurden die Fettsäureester des Glycidol<br />
(Glycidylester) identifiziert. Diese sind vor allem in raffiniertem<br />
Palmöl <strong>und</strong> daraus hergestellten Lebensmitteln enthalten.<br />
Glycidol ist ein sehr reaktiver <strong>und</strong> kanzerogener Stoff, es ist<br />
daher dringend notwendig, Gehalte an Glycidol <strong>und</strong> Glycidylestern<br />
in Lebensmitteln zu bestimmen, um das Risiko für<br />
den Verbraucher abschätzen zu können.<br />
Dem CVUA Stuttgart ist es kürzlich gelungen, Fettsäureester<br />
des Glycidol in raffiniertem Palmöl eindeutig nachzuweisen,<br />
an der Entwicklung einer Methode zur quantitativen Bestimmung<br />
wird derzeit intensiv gearbeitet.<br />
Eine erste Einschätzung des BfR zur Bewertung der in raffinierten<br />
pflanzlichen Fetten nachgewiesenen Gehalte von<br />
Glycidol-Fettsäureestern ist auf der Homepage des BfR veröffentlicht:<br />
www.bfr.b<strong>und</strong>.de/cm/208/erste_einschaetzung_von_<br />
glycidol_fettsaeureestern.pdf<br />
Dr. Rüdiger Weißhaar, CVUA Stuttgart<br />
Tendenziell scheinen insbesondere Produkte,<br />
die gehärtete Fette <strong>und</strong> Produkte, die Palmöl oder<br />
Palmölfraktionen enthalten, besonders hohe Gehalte<br />
an 3-MCPD-Estern aufzuweisen.<br />
Alle untersuchten Proben von Butter, Butterreinfett,<br />
Schweineschmalz <strong>und</strong> Gänseschmalz enthielten<br />
keine 3-MCPD-Ester. Dies liegt daran, dass tierische<br />
Fette in Deutschland üblicherweise nicht<br />
raffiniert werden.
FURAN<br />
Furan<br />
Enthält Bio-Kaffee weniger Furan?<br />
Furan ist ein für den Menschen mögliches Karzinogen <strong>und</strong><br />
kommt in zahlreichen Lebensmitteln vor. Gerösteter Kaffee<br />
weist die höchsten Furangehalte auf, Kaffeegetränke<br />
stellen damit für den durchschnittlichen Erwachsenen die<br />
größte Eintragsquelle von Furan dar. <strong>2008</strong> wurde der Frage<br />
nachgegangen, ob sich ökologisch hergestellter Kaffee<br />
hinsichtlich des Furangehaltes von herkömmlichem<br />
Kaffee unterscheidet.<br />
1.209 µg / kg <strong>und</strong> der Maximalwert bei 6.002 µg / kg.<br />
Wie bereits festgestellt wurde auch hier die Tendenz bestätigt,<br />
dass geröstete Kaffeebohnen mit durchschnittlich<br />
3.967 µg / kg (1.843 bis 6.002 µg / kg) Furan höhere Furangehalte<br />
aufweisen als bereits gemahlener Röstkaffee mit<br />
durchschnittlich 2.072 µg / kg (1.209 bis 3.776 µg / kg).<br />
Die Kaffees ohne Bio-Kennzeichnung (Kaffee aus konventionellem<br />
Anbau, konv. Kaffee) wiesen im Mittel<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Furangehalte in Kaffee<br />
Probenart µg / kg 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000<br />
Bio-Kaffee<br />
gesamt (n=55)<br />
konv. Kaffee<br />
gesamt (n=36)<br />
Bio-Kaffeebohnen<br />
(n=8)<br />
min 1.209<br />
2.347<br />
min 1.361<br />
2.693<br />
min 1.843<br />
3.967<br />
max 6.002<br />
max 5.537<br />
max 6.002<br />
konv. Kaffeebohnen<br />
(n=4)<br />
Bio-Kaffee gemahlen<br />
(n=10)<br />
min 1.209<br />
2.072<br />
min 2.827<br />
3.555<br />
max 4.569<br />
max 3.776<br />
konv. Kaffee gemahlen<br />
(n=11)<br />
min 1.361<br />
2.585<br />
max 5.537<br />
n = Anzahl untersuchter Proben Mittelwert Minimum Maximum<br />
t<br />
Für die Bildung von Furan sind üblicherweise hohe Temperaturen<br />
wie Kochen oder Rösten notwendig. Als Vorläufer<br />
werden in Lebensmitteln vorkommende Kohlenhydrate,<br />
Aminosäuren, Ascorbinsäure, mehrfach ungesättigte<br />
Fettsäuren oder so genannte Precursoren wie etwa 2-Furancarbonsäure<br />
diskutiert. Auch wenn nach derzeitigem<br />
Kenntnisstand nicht von einer akuten Ges<strong>und</strong>heitsgefahr<br />
auszugehen ist, ist die genaue Kenntnis der Belastung<br />
der Verbraucher von wesentlicher Bedeutung für den<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen Verbraucherschutz, da Kaffeegetränke<br />
mit einem durchschnittlichen jährlichen Verbrauch von<br />
148 Litern pro Kopf (<strong>2008</strong>) in Deutschland Spitzenreiter<br />
unter den Getränken sind.<br />
2.693 µg / kg Furan auf mit Werten zwischen 1.361 <strong>und</strong><br />
5.537 µg / kg. Auch weisen geröstete Kaffeebohnen mit<br />
durchschnittlich 3.555 µg / kg (2.827 bis 4.569 µg / kg) höhere<br />
Furangehalte auf als bereits gemahlener Röstkaffee mit<br />
durchschnittlich 2.585 µg / kg (1.361 <strong>und</strong> 5.537 µg / kg).<br />
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Bio-Kaffees<br />
nur geringfügig geringere Furangehalte aufweisen. Die acht<br />
untersuchten Proben gerösteter Bio-Kaffeebohnen zeigten jedoch<br />
höhere Gehalte als die vier Proben Kaffeebohnen ohne<br />
eine Bio-Kennzeichnung. Um eine statistisch aussagekräftige<br />
Anzahl an Kaffees zu erhalten, werden die Untersuchungen<br />
2009 weitergeführt.<br />
Insgesamt wurden 91 Proben Kaffee untersucht, davon<br />
55 Proben Kaffee, die entsprechend der EG-Öko-Verordnung<br />
gekennzeichnet waren. Zum Vergleich dazu wurden<br />
im gleichen Zeitraum 36 Proben Kaffee auf Furan untersucht,<br />
die keine derartige Kennzeichnung aufwiesen. Die<br />
Angebotsformen waren geröstete Kaffeebohnen <strong>und</strong> gemahlener<br />
Röstkaffee, auch als Kaffeepads.<br />
Die als Bio-Kaffee gekennzeichneten Kaffees wiesen im<br />
Mittel 2.347 µg / kg Furan auf. Der Minimalwert lag bei<br />
Dr. Thomas Kuballa, CVUA Karlsruhe<br />
143
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil IV spezielle untersuchungsbereiche<br />
Stabilisotopen-Analytik<br />
Die zunehmende Globalisierung der Warenströme trägt dazu bei,<br />
dass die Herkunft von Lebensmitteln bei der Kaufentscheidung<br />
eine immer größere Rolle spielt. Herkunftsangaben werden oft als<br />
Qualitätsangaben gewertet <strong>und</strong> bei der Vermarktung von Lebensmitteln verstärkt eingesetzt. Regionale Produkte werden von<br />
vielen Verbrauchern bevorzugt – auch bei einem höheren Preis. Dies führt für die amtliche Lebensmittelüberwachung zu einem<br />
ausgeprägten Bedarf an analytischen Verfahren zur Überprüfung der Herkunft <strong>und</strong> Authentizität. Die Stabilisotopenanalytik stellt<br />
eine relativ neue Labormethode dar, mit deren Hilfe die geografische Herkunft <strong>und</strong> Echtheit von Lebensmitteln, unabhängig von<br />
Dokumenten, überprüft werden kann.<br />
Die Elemente, aus denen unsere Nahrung im Wesentlichen aufgebaut<br />
ist, nämlich Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff <strong>und</strong><br />
Schwefel, bestehen jeweils aus einer leichten <strong>und</strong> einer schweren<br />
Atomsorte (Isotop). Diese Isotopen bilden bei jedem Element ein<br />
bestimmtes Mengenverhältnis, das u. a. vom vorherrschenden Klima,<br />
den Bodenverhältnissen, den landwirtschaftlichen Prozessen<br />
<strong>und</strong> den Stoffwechselvorgängen einer Pflanze bestimmt wird. Die<br />
Analyse der Isotopenverhältnisse verschiedener Elemente liefert<br />
den so genannten „Isotopischen Fingerabdruck“, der Rückschlüsse<br />
auf Erzeugungsregionen, Rohstoffverwendung sowie Herstellungs<strong>und</strong><br />
Anbaumethoden erlaubt.<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> wurden schwerpunktmäßig Weine verschiedener<br />
Herkunft, heimische pflanzliche Erzeugnisse sowie verschiedene<br />
Fertigerzeugnisse der Geschmacksrichtung Vanille (z. B. Milchprodukte)<br />
kontrolliert. Von insgesamt 349 untersuchten Handelsproben<br />
waren 18 (5 %) wegen falscher Angaben zu beanstanden.<br />
Daneben wurden 73 Referenzproben mit verlässlicher Herkunftsangabe<br />
<strong>und</strong> 118 sonstige Vergleichsproben zusätzlich analysiert.<br />
Isotopen-Datenbanken – eine ständige Aufgabe<br />
Isotopen-Datenbanken bilden die wesentliche Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage<br />
bei der Herkunfts- <strong>und</strong> Echtheitsüberprüfung. Deshalb werden<br />
in jedem Jahr aufs Neue Referenzproben vermessen, um die<br />
Isotopen-Datenbanken auf dem neuesten Stand zu halten.<br />
Wein – unerlaubte Zusätze?<br />
Stimmt die Herkunftsangabe?<br />
Durch Berichte in den Medien schlug im Jahr <strong>2008</strong> ein „italienischer<br />
Weinskandal“ erhebliche Wellen (siehe Kapitel III<br />
Wein). In Baden-Württemberg wurden insgesamt 114<br />
italienische Weine auf ihre Herkunft untersucht. Hochwertige<br />
Brunello-Weine, deren Authentizität in der italienischen<br />
Presse infrage gestellt wurde, zeigten keine Auffälligkeiten.<br />
Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt lag bei Weinen<br />
der unteren Preisklasse. Hier wurden bei vier Proben unerlaubte<br />
Zusätze von Wasser <strong>und</strong> unzulässige Anreicherungen nachgewiesen,<br />
d. h. der Zusatz von Rübenzucker vor der Vergärung. Bei<br />
der Überprüfung von Weinen mit der Herkunft Südosteuropa lieferte<br />
ein moldawischer Wein auffällige Isotopenwerte, die sich nur<br />
durch den unzulässigen Zusatz von Rübenzucker zum vergorenen<br />
Wein erklären ließen. Weitere Weine aus Drittländern, besonders<br />
aus Südosteuropa, fielen durch untypische Isotopendaten auf. Für<br />
die Zukunft ist hierfür die Erweiterung der Vergleichsdatenbasis als<br />
Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage geplant.<br />
Obst <strong>und</strong> Gemüse aus der Region<br />
Erfreulich war das Ergebnis der Herkunftsüberprüfungen bei verschiedenen<br />
pflanzlichen Lebensmitteln wie Spargel, Erdbeeren<br />
<strong>und</strong> Äpfeln. Die untersuchten Proben mit regionalen Herkunftsangaben<br />
waren durchweg unauffällig.<br />
Echte Vanille oder Vanillegeschmack?<br />
Da das Angebot von Vanillin aus der Vanilleschote äußerst knapp<br />
ist, wird bei der Herstellung von Produkten der Geschmacksrichtung<br />
Vanille häufig naturidentisches Vanillin eingesetzt, das günstig verfügbar<br />
ist. Die sichere analytische Unterscheidung zwischen natürlichem<br />
Vanillin aus der Vanilleschote <strong>und</strong> chemisch synthetisiertem<br />
bzw. biotechnologisch erzeugtem Vanillin ist nur mithilfe der Stabilisotopenanalyse<br />
möglich, so dass die dazu notwendige Methode<br />
entwickelt wurde. Kontrolliert wurden dann verschiedene Produktgruppen,<br />
insbesondere Milchprodukte, deren Kennzeichnung<br />
den Eindruck erweckte, dass ausschließlich natürliches Vanillin<br />
aus der Schote eingesetzt wurde. Von 15 untersuchten<br />
Milcherzeugnissen wie Joghurt, Quark u. a., bei<br />
denen in der Etikettierung der Eindruck erweckt<br />
wurde, das Vanillearoma sei ausschließlich natürlicher<br />
Herkunft, wurde bei 13 Proben naturidentisches<br />
Vanillin nachgewiesen (siehe hierzu<br />
auch Kapitel III Milch <strong>und</strong> Milchprodukte).<br />
Eine ähnliche Tendenz zeigten erste Marktüberprüfungen<br />
bei Vanilleeis aus Eisdielen. Von 18 untersuchten<br />
Proben enthielten nur vier Proben (22%) natürliches<br />
Vanillin, das ausschließlich aus der Vanillepflanze gewonnen<br />
wurde. Vergleichsweise erfreulich ist die Situation<br />
bei den Puddingprodukten. Hier waren 9 von 10 Proben korrekt<br />
gekennzeichnet. Auch die Überprüfung von handelsüblichen Vanillearomen<br />
ergab keine Auffälligkeiten.<br />
Dr. Eva Annweiler, CVUA Freiburg<br />
◆<br />
144
Teil V<br />
Trinkwasserüberwachung<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Uran im Trinkwasser 146<br />
Legionellen im Duschwasser 146<br />
Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln 147<br />
◆
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil V trinkwasserüberwachung<br />
Trinkwasser<br />
Uran im Trinkwasser<br />
Im Sommer <strong>2008</strong> sorgten Berichte über die Gehalte von<br />
Uran in Trinkwasser für Unruhe. Gr<strong>und</strong>lage der Medienberichterstattung<br />
waren amtliche Untersuchungsergebnisse<br />
zu Urangehalten in Trinkwasser, die von den zuständigen<br />
Behörden einer Verbraucherorganisation aufgr<strong>und</strong> von<br />
deren Anfragen nach den Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes<br />
zugesandt wurden. Gleichzeitig wurde<br />
von verschiedenen Seiten ein Grenzwert für Uran gefordert.<br />
Im aktuellen Änderungsentwurf der Trinkwasserverordnung<br />
ist jetzt ein Grenzwert von 0,01 mg / l vorgesehen.<br />
Uran ist ein in der Erdkruste natürlich vorkommendes<br />
Schwermetall. Es bildet verschiedene natürliche Mineralien,<br />
wie z. B. die so genannte Pechblende (Uranoxid UO 2<br />
,<br />
Uraninit, U 3<br />
O 8<br />
), den Uranglimmer (phosphat- <strong>und</strong> arsenhaltige<br />
Uranverbindungen) <strong>und</strong> den Carnotit (Kaliumuranylvanadat).<br />
In der festen Gesteinshülle der Erde liegen die<br />
mittleren Konzentrationen von Uran bei 1 - 5 mg / kg. Chemisch<br />
betrachtet tritt Uran zumeist als wasserunlösliches<br />
Uran(IV)- oder als wasserlösliches Uran(VI)-Salz auf.<br />
Das Vorkommen von Uran im Trinkwasser ist geogen bedingt<br />
<strong>und</strong> somit regional unterschiedlich. Deshalb finden<br />
sich vergleichbare Urangehalte in verschiedenen Wasserversorgungsgebieten,<br />
die aus gleichartigen Wassereinzugsbereichen<br />
gespeist werden.<br />
Beim Vorkommen von Uran im Trinkwasser sind vor allem<br />
solche ges<strong>und</strong>heitliche Auswirkungen zu betrachten,<br />
die die chemischen Eigenschaften des Schwermetalls betreffen.<br />
Die geringe natürliche Radioaktivität von Uran tritt<br />
demgegenüber in der ges<strong>und</strong>heitlichen Bewertung zurück.<br />
Bei anhaltender Aufnahme höherer Urankonzentrationen<br />
kann es zu Nierenschäden kommen.<br />
Insgesamt wurden im Berichtsjahr 728 Trinkwasserproben<br />
auf Uran untersucht. 94 % der Proben enthielten Uran in<br />
geringen Konzentrationen von bis zu 0,005 mg/l. Lediglich<br />
3 % wiesen Gehalte zwischen 0,005 <strong>und</strong> 0,01 mg/l auf.<br />
Weitere 3 % (19 Proben) enthielten Urankonzentrationen<br />
über 0,01 mg/l. Bei diesen Trinkwässern aus den Landkreisen<br />
Esslingen, Rems-Murr-Kreis, Schwäbisch Hall, Alb-Donau-Kreis,<br />
Ravensburg <strong>und</strong> Sigmaringen sind die Gehalte<br />
auf natürlich vorkommendes geogenes Uran zurückzuführen.<br />
Der höchste gemessene Wert lag bei 0,019 mg/l.<br />
von der WHO bei lebenslanger Aufnahme als unbedenklich<br />
angesehen. Das B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung (BfR)<br />
hat in seiner Beurteilung diesen Leitwert übernommen <strong>und</strong><br />
im Jahr 2007 wieder bestätigt. Das Umweltb<strong>und</strong>esamt<br />
(UBA) hatte zuletzt im Jahr 2005 für alle Bevölkerungsgruppen<br />
einen Leitwert von 0,01 mg / l Trinkwasser empfohlen.<br />
Bei Urankonzentrationen im Bereich zwischen 0,01 <strong>und</strong><br />
0,02 mg / l wird dem jeweiligen Ges<strong>und</strong>heitsamt vom UBA<br />
empfohlen, zusammen mit dem Wasserversorger darauf<br />
hinzuwirken, dass der Urangehalt des Trinkwassers unter<br />
den Leitwert abgesenkt wird. Dafür steht nach der UBA-<br />
Empfehlung ein Zeitraum von 10 Jahren zur Verfügung.<br />
Laut UBA sind diese Werte für alle Bevölkerungsgruppen,<br />
einschließlich Säuglinge ges<strong>und</strong>heitlich unbedenklich. Zusätzlich<br />
wurde ein Maßnahmewert von 0,02 mg / l empfohlen,<br />
der nicht überschritten werden sollte.<br />
Die Gefahr lauert in der Dusche!<br />
Legionellen<br />
Legionellen im Duschwasser<br />
Probenzahl<br />
2.000<br />
1.800<br />
1.600<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
1.897<br />
513 502<br />
273<br />
Koloniebildende Einheiten/100<br />
57<br />
negativ 1->100 100-1.000 >1.000-10.000 10.000<br />
Wenn eventuell vorhandene Krankheitserreger aus dem<br />
Trinkwasser in den Körper gelangen, treiben sie typischerweise<br />
im Magen-Darm-Trakt ihr Unwesen. Um aber mit Legionellen<br />
infiziert zu werden, muss man z. B. duschen oder<br />
im Whirlpool baden <strong>und</strong> die dabei entstehenden feinverteilten<br />
Aerosole einatmen. Die ca. 2-5 µm langen beweglichen<br />
Stabbakterien halten sich überwiegend in niedertemperierten<br />
Warmwasserkreisläufen auf <strong>und</strong> vermehren sich optimal<br />
bei Temperaturen zwischen 30 °C <strong>und</strong> 45 °C.<br />
Bisher gibt es in Deutschland keinen Grenzwert für Uran,<br />
es ist aber ein Grenzwert von 0,01 mg/l im aktuellen Änderungsentwurf<br />
der Trinkwasserverordnung vorgesehen. Die<br />
Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation (WHO) empfiehlt einen Uranleitwert<br />
von 0,015 mg/l für Trinkwasser. Dieser Wert wird<br />
Der Name Legionellen ist auf die „Legionärskrankheit“, die<br />
1976 zum ersten Mal in Philadelphia in den USA aufgetreten<br />
ist, zurückzuführen. Der Name des bis dahin unbekannten<br />
Krankheitsbildes kommt von den damals erkrankten<br />
Kriegsveteranen (Legionären), die an einem Treffen in<br />
146
Trinkwasserüberwachung<br />
einem Hotel teilgenommen hatten <strong>und</strong> dort an der Legionellose<br />
erkrankten.<br />
Das Krankheitsbild kann sich je nach Immunzustand von<br />
Fieber („Pontiacfieber“) bis zu schweren Lungenentzündungen<br />
äußern <strong>und</strong> sogar zum Tode führen. Besonders<br />
gefährdet sind daher ältere Personen mit geschwächtem<br />
Immunsystem.<br />
Legionellen wachsen bevorzugt in niedertemperierten<br />
Wasserkreisläufen, was zur Folge hat, dass sie prinzipiell in<br />
jedem Haushalt, aber auch im Trinkwassernetz öffentlicher<br />
Einrichtungen auftreten können. Die effektivste Methode,<br />
um sie abzutöten ist das Erhitzen des Wassers auf mindestens<br />
65 °C. Chemische Desinfektionsmaßnahmen wie<br />
Chlorung usw. helfen nur in geringen Maßen, da Legionellen<br />
in Amöben (Schleimpilzen) leben, die Biofilme an<br />
den Rohrinnenwänden besiedeln <strong>und</strong> auf diese Weise die<br />
Desinfektionsmaßnahmen überleben können.<br />
eingestuft <strong>und</strong> unterliegt damit dem Grenzwert von 0,1 µg/l.<br />
In Gebieten mit vorwiegend Obst- <strong>und</strong> Weinbau, in denen der<br />
Wirkstoff Tolylfluanid bis zu seinem Verbot 2007 angewandt<br />
wurde, findet sich DMS im Trinkwasser teilweise immer noch<br />
über dem Grenzwert. Die zuständigen Ges<strong>und</strong>heitsämter haben<br />
in mehreren Fällen befristete Abweichungen vom Grenzwert<br />
der Trinkwasserverordnung für DMS zugelassen.<br />
Die übrigen genannten Metaboliten wurden bei der pflanzenschutzrechtlichen<br />
Zulassung ihrer Muttersubstanz als<br />
nicht relevant eingestuft. Sie unterliegen daher nicht dem<br />
Trinkwassergrenzwert für Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong> ihren relevanten<br />
Metaboliten.<br />
N,N-Dimethylsulfamid im Trinkwasser<br />
< 0,05 µg/l<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 3.242 Duschwasserproben<br />
auf Legionellen untersucht. Die Proben wurden<br />
überwiegend aus Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern,<br />
Altenheimen, Hotels <strong>und</strong> anderen öffentlichen Einrichtungen<br />
genommen. 1.897 Proben waren negativ, 513 Proben<br />
enthielten zwischen 1 <strong>und</strong> unter 100 koloniebildende Einheiten<br />
(KBE)/ 100 ml, 502 Proben enthielten 100 bis 1.000<br />
KBE / 100 ml, in 273 Proben wurden Werte zwischen über<br />
1.000 <strong>und</strong> 10.000 KBE/100 ml gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> in 57 Proben<br />
wurden sogar Werte über 10000 KBE /100 ml gef<strong>und</strong>en.<br />
Bei Werten über 1.000 KBE/100 ml müssen Maßnahmen<br />
gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik<br />
durchgeführt werden. Nach bereits erfolgter Desinfektion<br />
sind diese Maßnahmen zur Sicherheit schon ab 100<br />
KBE /100 ml erforderlich.<br />
0,05 - 0,1 µg/l<br />
> 0,1 µg/l<br />
Pflanzenschutzmittel-Metaboliten im<br />
Trinkwasser<br />
Die im <strong>Jahresbericht</strong> 2007 beschriebenen neu erkannten<br />
Pflanzenschutzmittel-Metaboliten sind inzwischen in das<br />
routinemäßige Untersuchungsspektrum aufgenommen worden.<br />
Dabei handelt es sich um die Abbauprodukte der Wirkstoffe<br />
Metazachlor, Dimetachlor <strong>und</strong> S-Metolachlor (Herbizide).<br />
Auch weiterhin stehen N,N-Dimethylsulfamid (DMS)<br />
<strong>und</strong> Desphenyl-Chloridazon im Fokus der Untersuchungen.<br />
Zusätzlich wird noch auf weitere Abbauprodukte, wie z. B.<br />
Dimethyltolylsulfamid (DMST) (Abbauprodukt des Fungizids<br />
Tolylfluanid), Methyl-Desphenyl-Chloridazon (Abbauprodukt<br />
des Unkrautvernichtungsmittels Chloridazon <strong>und</strong> Chlorthalonil-Sulfonsäure<br />
(Abbauprodukt des Fungizids Chlorthalonil)<br />
untersucht.<br />
Der Metabolit DMS war bei der pflanzenschutzrechtlichen<br />
Zulassung des Wirkstoffs Tolylfluanid nicht als Abbauprodukt<br />
erkannt worden <strong>und</strong> konnte daher zunächst nicht zuverlässig<br />
bewertet werden. Er wird daher in Baden-Württemberg als<br />
„relevanter Metabolit“ im Sinne der Trinkwasserverordnung<br />
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 407 Trinkwasserproben<br />
auf DMS untersucht. Bei 76 % der Proben wurden Gehalte<br />
unter der Bestimmungsgrenze von 0,05 µg / l gemessen.<br />
5 % der Proben enthielten Gehalte zwischen 0,05 <strong>und</strong><br />
0,1 µg / l <strong>und</strong> in 18 % der Proben konnten Gehalte über<br />
0,1 µg / l nachgewiesen werden. Es ist zu berücksichtigen,<br />
dass die Proben risikoorientiert entnommen wurden <strong>und</strong><br />
teilweise auch Mehrfachmessungen durchgeführt wurden.<br />
Daher können hieraus keine Schlüsse auf die allgemeine Belastungssituation<br />
für alle Trinkwasserversorgungen gezogen<br />
werden.<br />
Wie aus dem Diagramm ersichtlich, werden die Metaboliten<br />
(mit Ausnahme der Metaboliten von Chloridazon) nur selten<br />
gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> kommen meist nur in geringen Konzentrationen<br />
vor.<br />
147
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil V trinkwasserüberwachung<br />
Verschiedene Pflanzenschutzmittel-Metaboliten im Trinkwasser<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
Desphenyl-Chloridazon<br />
2.347<br />
Methyl-Desphenyl-Chloridazon<br />
Metazachlor-Sulfonsäure<br />
Metazachlor-Oxalsäure<br />
Dimethachlor-Sulfonsäure<br />
Dimethachlor-Oxalsäure<br />
S-Metolachlor-Sulfonsäure<br />
S-Metolachlor-Oxalsäure<br />
Chlorthalonil-Sulfonsäure<br />
< 0,05 µg/l 0,05 - 0,1 µg/l<br />
> 0,1 µg/l<br />
◆<br />
Weitere Pflanzenschutzmittel-Metaboliten<br />
Im Mai <strong>2008</strong> hat das B<strong>und</strong>esamt für Verbraucherschutz<br />
<strong>und</strong> Lebensmittelsicherheit Details zu weiteren Pflanzenschutzmittel-Metaboliten<br />
mitgeteilt. Bei den zulassungsbegleitenden<br />
modellhaften Versickerungsstudien wurden<br />
diese Stoffe mit maximalen Jahresdurchschnittskonzentrationen<br />
zwischen 1 <strong>und</strong> 10 µg / l nachgewiesen. Auch bei<br />
diesen Metaboliten besteht in den vorkommenden Konzentrationen<br />
aus toxikologischer <strong>und</strong> ökotoxikologischer<br />
Sicht keine Gefährdung für Mensch <strong>und</strong> Umwelt. Sie sind<br />
daher als nicht relevant eingestuft.<br />
Es handelt sich um Abbauprodukte von folgenden Wirkstoffen:<br />
n Dimethenamid-P (Herbizid, das überwiegend im<br />
Mais-, Rüben- <strong>und</strong> Gemüseanbau <strong>und</strong> für Zierpflanzen<br />
eingesetzt wird)<br />
n Dimoxystrobin (Fungizid, das im Raps- <strong>und</strong> Weizenanbau<br />
angewandt wird)<br />
n Flufenacet (Herbizid, das im Getreide-, Mais-,<br />
Gemüse- <strong>und</strong> Erdbeerenanbau <strong>und</strong> für Ziergehölze<br />
eingesetzt wird)<br />
n Flurtamone (Herbizid, das im Getreideanbau eingesetzt<br />
wird)<br />
n Metalaxyl-M (Fungizid, das im Kartoffel-, Tabak-,<br />
Mais-, Raps-, Hopfen- <strong>und</strong> Gemüseanbau <strong>und</strong> Weinbau<br />
angewandt wird)<br />
n Quinmerac (Herbizid, das im Raps- <strong>und</strong> Rübenanbau<br />
eingesetzt wird)<br />
n Thiacloprid (Insektizid, das im Ackerbau, Gemüse- <strong>und</strong><br />
Obstanbau <strong>und</strong> bei Zierpflanzen eingesetzt wird)<br />
n Trifloxystrobin (Fungizid, das im Getreide-, Rüben- <strong>und</strong><br />
Obstanbau, für Reben <strong>und</strong> Zierpflanzen angewandt<br />
wird)<br />
n Tritosulfuron (Herbizid, das im Mais- <strong>und</strong> Getreideanbau<br />
eingesetzt wird)<br />
n Chlorthalonil (Fungizid, das im Weizen-, Kartoffel-,<br />
Gerste- <strong>und</strong> Spargelanbau eingesetzt wird)<br />
Für die neu bekannt gewordenen Metaboliten der oben<br />
genannten Wirkstoffe wurde im Berichtsjahr mit großem<br />
Aufwand eine Messmethode entwickelt. Künftig werden<br />
diese Substanzen in das routinemäßige Untersuchungsspektrum<br />
aufgenommen.<br />
Kristin Bopp, CVUA Stuttgart<br />
148
Teil VI<br />
Futtermittelüberwachung<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Futtermittelüberwachung 149<br />
Ergebnisse 151<br />
Zusammenfassung 154<br />
◆<br />
149
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil VI Futtermittelüberwachung<br />
Futtermittelüberwachung<br />
Sichere Futtermittel sind Voraussetzung dafür, dass in Fleisch, Milch <strong>und</strong> Eiern keine unerwünschten oder verbotenen<br />
Stoffe enthalten sind, die die Ges<strong>und</strong>heit des Menschen oder der Tiere schädigen können. Die ernähungsphysiologische<br />
Qualität einer Futterration ergibt sich vor allem aus den eingesetzten Komponenten, den Gehalten an<br />
wertgebenden Stoffen, der mikrobiologischen Qualität sowie der für die jeweilige Tierart geeigneten Struktur.<br />
Inhalt <strong>und</strong> Umfang der amtlichen Kontrolle werden unter<br />
Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den Vorjahren, der<br />
Entwicklung der futtermittelrechtlichen Regelungen <strong>und</strong><br />
der Vorschläge der Kommission fortentwickelt <strong>und</strong> angepasst.<br />
Der durch den B<strong>und</strong> in Abstimmung mit den für<br />
die amtliche Kontrolle zuständigen B<strong>und</strong>esländern erstellte<br />
„Rahmenplan der Kontrollaktivitäten für den Futtermittelsektor“<br />
(RKF) gilt noch bis 2011. Die Verordnung (EG) Nr.<br />
882/2004 über amtliche Kontrollen, die auch die Futtermittelkontrolle<br />
einschließt, verlangt regelmäßige Kontrollen<br />
auf Risikobasis <strong>und</strong> mit angemessener Häufigkeit im<br />
Sinne der Basis-Verordnung (EG) Nr.178/2002. Prozesskontrollen<br />
erfolgen durch Betriebs- oder Buchprüfungen.<br />
Risikoorientierte Kontrollen der Betriebsabläufe werden<br />
durch Produktkontrollen ergänzt. Neben risikoorientierten<br />
Probenahmen können z. B. für Statuserhebungen solche<br />
auch zufällig erfolgen.<br />
<strong>und</strong> Beförderung der Produkte, die Dokumentation aller<br />
Maßnahmen auch zur Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit<br />
sowie die Reaktion auf Beanstandungen <strong>und</strong> bei Produktrückruf.<br />
Die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit der<br />
zugekauften <strong>und</strong> abgegebenen Futtermittel durch alle Betriebe,<br />
die mit Futtermitteln umgehen, ist eine wesentliche<br />
Voraussetzung für ein zielgenaues <strong>und</strong> schnelles Handeln.<br />
Alle Betriebe, die Futtermittel herstellen, lagern, transportieren<br />
oder behandeln, müssen sich nach der VO (EG) Nr.<br />
183/2005 registrieren lassen. Betriebe, die mit „kritischen“<br />
Zusatzstoffen umgehen, müssen bei der zuständigen Behörde<br />
eine Zulassung beantragen, die erst nach einer Vor-<br />
Ort-Kontrolle erteilt werden kann. Folgende Betriebsarten<br />
können unterschieden werden:<br />
n Einzel- <strong>und</strong> Mischfuttermittelhersteller, Hersteller von<br />
Zusatzstoffen oder Vormischungen, Betriebe, die<br />
Lebensmittel herstellen <strong>und</strong> Reststoffe als Futtermittel<br />
abgeben,<br />
n Vertriebsunternehmen (Handelsfirmen, Genossenschaften,<br />
Importeure), Transportunternehmen, Lagerstätten,<br />
n tierhaltende Betriebe, fahrbare Mahl- <strong>und</strong> Mischanlagen.<br />
Risikoorientierte Auswahl der<br />
Betriebe <strong>und</strong> der Proben<br />
Nach dem Rahmenplan der Kontrollaktivitäten im Futtermittelsektor<br />
(RKF), der Bestandteil des mehrjährigen integrierten<br />
nationalen Kontrollplans ist, werden die Zahl der<br />
Untersuchungen <strong>und</strong> der zu ziehenden Proben sowie die<br />
Zahl der Betriebskontrollen aufgeteilt auf die B<strong>und</strong>esländer<br />
entsprechend der Bedeutung der dortigen Futtermittelproduktion<br />
<strong>und</strong> der Struktur der Landwirtschaft.<br />
Die VO (EG) Nr. 183/2005 (Futtermittelhygiene-Verordnung)<br />
stellt umfangreiche Anforderungen zur Betriebshygiene<br />
<strong>und</strong> zur Buchführung an den Landwirt, der auf<br />
seinem Betrieb Futtermittel herstellt, lagert <strong>und</strong> verfüttert.<br />
Alle sonstigen Futtermittelhersteller müssen weitergehend<br />
Anforderungen erfüllen. Diese betreffen die Einrichtungen<br />
<strong>und</strong> Ausrüstungen der Betriebe, die Anzahl <strong>und</strong> Qualifikation<br />
des Personals, die Herstellung der Produkte, die Qualitätskontrolle<br />
einschließlich einer Prüfung der Produktionsabläufe<br />
auf kritische Kontrollpunkte (HACCP), die Lagerung<br />
Baden-Württemberg setzt die Vorgaben des RKF durch folgendes<br />
Kontrollkonzept um: Verantwortlich für die Qualität<br />
<strong>und</strong> Sicherheit der Futtermittel ist der Futtermittelunternehmer.<br />
Umfassende futtermittelrechtliche Regelungen sind zu<br />
beachten. Nach der Futtermittelhygiene-Verordnung muss<br />
der Unternehmer Maßnahmen ergreifen, die eine Kontamination<br />
der Futtermittel sicher verhindern. Diese Maßnahmen<br />
sind zu dokumentieren <strong>und</strong> sind Bestandteil eines umfassenden<br />
Qualitätssicherungssystems. Die amtliche Kontrolle<br />
stellt somit die Kontrolle der betrieblichen Eigenkontrolle dar.<br />
Sie erfolgt risikoorientiert durch die Regierungspräsidien als<br />
150
futtermittelüberwachung<br />
zuständige Behörden. Bestandteil der Risikobewertung sind<br />
v. a. Art <strong>und</strong> Menge der hergestellten Futtermittel, die Vielfalt<br />
des Angebots <strong>und</strong> damit die Häufigkeit des Produktionswechsels,<br />
der Umgang mit „kritischen“ Zusatzstoffen <strong>und</strong> die<br />
bisherigen Erfahrungen aus früheren Kontrollen einschließlich<br />
des dort bestehenden Qualitätssicherungssystems. Ein<br />
Teil der auf die Gruppe der „Futtermittelhersteller“ entfallenden<br />
Proben wird durch eine EDV-gestützte Zufallsauswahl<br />
ermittelt. Größere Herstellerbetriebe sollen regelmäßig <strong>und</strong><br />
mindestens einmal jährlich einer Betriebskontrolle unterzogen<br />
werden. Die Auswahl der zu kontrollierenden landwirtschaftlichen<br />
Betriebe erfolgte für das Kontrolljahr <strong>2008</strong><br />
EDV-gestützt aus der Gesamtheit aller ca. 40.000 Betriebe,<br />
die einen Antrag auf EU-Direktzahlungen gestellt haben.<br />
Dabei werden besondere Risiken für die Futtermittel- <strong>und</strong><br />
Lebensmittelsicherheit, wie z. B. die gemeinsame Haltung<br />
von Wiederkäuern <strong>und</strong> Nichtwiederkäuern, die Marktbedeutung<br />
des Betriebes oder im Vorjahr festgestellte Verstöße<br />
berücksichtigt. Betriebe, die keinen Antrag stellen,<br />
werden darüber hinaus durch die zuständige Behörde unter<br />
Berücksichtigung der vorliegenden Er-kenntnisse überprüft.<br />
Fahrbare Mahl- <strong>und</strong> Mischanlagen, die von landwirtschaftlichen<br />
Betrieben zur Herstellung von Futtermitteln beauftragt<br />
werden, werden ebenfalls regelmäßig kontrolliert.<br />
13 Proben mit einer von der Deklaration abweichenden Zusammensetzung<br />
beanstandet. Bei 7 von 392 untersuchten<br />
Proben wurde aufgr<strong>und</strong> des optischen Eindrucks eine unzureichende<br />
Qualität <strong>und</strong> Frische attestiert.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des weiterhin geltenden Verbots der<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
Umfang <strong>und</strong> Häufigkeit von Buch- <strong>und</strong> Betriebsprüfungen<br />
leiten sich ab aus dem Ergebnis der Risikoeinschätzung.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich haben die zuständigen Behörden die<br />
Möglichkeit, aufgr<strong>und</strong> eigener Erkenntnisse <strong>und</strong> in eigener<br />
Verantwortung zu handeln. Ergänzt werden diese Kontrollmaßnahmen<br />
durch die Entnahme von Futtermittelproben<br />
<strong>und</strong> deren Untersuchung v. a. auf unerwünschte, verbotene<br />
oder nicht (mehr) zugelassene Stoffe. Sonderaktionen <strong>und</strong><br />
Schwerpunktsetzungen ergeben sich aus einmaligen oder<br />
wiederholten Verstößen <strong>und</strong> Verdachtsfällen. Betriebs- <strong>und</strong><br />
Buchprüfungen sind wesentliche Bestandteile von Rückverfolgungsmaßnahmen,<br />
die sich aus eigenen Erkenntnissen,<br />
aus Mitteilungen anderer B<strong>und</strong>esländer oder aus Erkenntnissen<br />
anderer europäischer Mitgliedstaaten ergeben können.<br />
Das europäische Schnellwarnsystem (RASFF) dient<br />
dabei der schnellen <strong>und</strong> umfassenden Information <strong>und</strong> Reaktion<br />
innerhalb der EU.<br />
Ergebnisse<br />
Mikroskopische Untersuchungen in der<br />
amtlichen Futtermittelkontrolle<br />
In der amtlichen Futtermittelkontrolle hat die Mikroskopie<br />
als Untersuchungsverfahren eine hohe Bededtung. Dieses<br />
Untersuchungsverfahren kann zur Ermittlung der Futtermittelqualität,<br />
der Zusammensetzung, aber auch zur Prüfung<br />
auf verbotene Stoffe eingesetzt werden. Im Rahmen der<br />
amtlichen Kontrolle <strong>2008</strong> wurden 148 Proben Mischfuttermittel<br />
auf ihre Zusammensetzung überprüft. Dabei wurden<br />
Verfütterung von Produkten tierischer Herkunft wurden 766<br />
Futtermittelproben auf Bestandteile tierischen Ursprungs<br />
untersucht. In vier Proben konnten Spuren tierischer Bestandteile<br />
festgestellt werden. In keinem Fall ergaben sich<br />
Hinweise auf einen bewussten Einsatz von tierischen Bestandteilen<br />
(z. B. Tiermehl); alle Bef<strong>und</strong>e lagen weit unter<br />
der quantifizierbaren Menge von 0,1 %.<br />
Auch bei neuen Fragestellungen wie dem Vorkommen<br />
der als besonders allergen eingestuften Pflanze Ambrosia<br />
artemisiifolia, ist die Mikroskopie als Untersuchungsmethode<br />
gefragt. Vogelfutter gilt als eine der Eintragsquellen<br />
für diese Samen <strong>und</strong> kann zu einer Verbreitung der Pflanze<br />
in den Hausgärten beitragen. Erste Untersuchungen auf<br />
Ambrosia-Samen erfolgten 2006, Untersuchungen von<br />
Einzel- <strong>und</strong> Mischfuttermitteln wurden auch <strong>2008</strong> durchgeführt.<br />
Das durch das BMELV <strong>und</strong> die Länder unter Beteiligung<br />
der Wirtschaft <strong>und</strong> verschiedener Experten 2007<br />
erstellte „Merkblatt zur Verringerung der Kontamination<br />
von Futtermitteln mit Samen von Ambrosia artemisiifolia“<br />
hat zu verstärkten Eigenkontrollen der Futtermittelhersteller<br />
geführt <strong>und</strong> zeigt Wirkung, auch wenn noch immer Proben<br />
nicht frei von Ambrosia-Samen sind. Futtermittel (Vogelfutter,<br />
Winterstreufutter) werden z. T. durch die Hersteller<br />
auf Freiheit von Ambrosiasamen geprüft <strong>und</strong> entsprechend<br />
ausgelobt. Falsche Auslobungen werden als irreführend beanstandet.<br />
151
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil VI Futtermittelüberwachung<br />
Mykotoxine<br />
Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB<br />
Giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen (Mykotoxine)<br />
in Futtermitteln haben nachteilige Auswirkungen<br />
auf die Ges<strong>und</strong>heit der Tiere. Futtermittelrechtlich geregelt,<br />
da ein Übergang in bestimmte Lebensmittel stattfinden<br />
kann, sind bisher lediglich Höchstwertfestsetzungen<br />
für Aflatoxin B 1<br />
in verschiedenen Futtermittelarten. Überschreitungen<br />
dieser Höchstwerte sind äußerst selten, da<br />
Etwa 90 % der Belastung des Menschen mit Dioxinen <strong>und</strong><br />
dioxinähnlichen PCB stammt aus Lebensmitteln. Dabei tragen<br />
Lebensmittel tierischen Ursprungs zu etwa 80 % zur<br />
Dioxinaufnahme bei. Die Belastung der Lebensmittel liefernden<br />
Tiere resultiert überwiegend aus den Futtermitteln. Der<br />
Kontrolle von Futtermitteln kommt deshalb eine besondere<br />
Bedeutung zu. Aufgr<strong>und</strong> der gleichgerichteten toxischen<br />
Wirkung der dioxinähnlichen PCB <strong>und</strong> der Dioxine ist deren<br />
gemeinsame Erfassung <strong>und</strong> Bewertung sinnvoll. Die Richtlinie<br />
2006/13/EG enthält neben Höchstgehalten für Dioxine<br />
auch solche für die Summe aus Dioxinen <strong>und</strong> dioxinähnlichen<br />
PCB sowie Auslösewerte. Die Auslösewerte wurden<br />
für Dioxine <strong>und</strong> dioxinähnliche PCB getrennt festgelegt <strong>und</strong><br />
liegen unter den zulässigen Höchstgehalten. Durch sie werden<br />
Behörden <strong>und</strong> Unternehmen frühzeitig veranlasst, durch<br />
Nachforschungen Kontaminationsquellen zu ermitteln <strong>und</strong><br />
diese zu beseitigen. Seit November 2006 sind diese Werte<br />
Bestandteil des nationalen Futtermittelrechts.<br />
durch strenge Einfuhrkontrollen frühzeitig belastete Partien<br />
aus der Futtermittelproduktion genommen werden.<br />
Seit 2004 wird b<strong>und</strong>esweit ein Monitoring auf verschiedene<br />
Mykotoxine (Zearalenon, Deoxynivalenol, Ochratoxin A,<br />
Fumonisine B 1<br />
<strong>und</strong> B 2<br />
, T2-, HT-2- Toxin) durchgeführt, die<br />
von heimischen Schimmelpilzen (v. a. Fusarien) gebildet<br />
werden können. Die Untersuchungen auf mehrere Mykotoxine<br />
in einer Probe sollen zudem Erkenntnisse bringen<br />
über das evtl. gleichzeitige Vorkommen dieser Stoffe. Mit<br />
der Empfehlung 2006/576/EG hat die EU-Kommission<br />
Richtwerte für einzelne Mykotoxine in verschiedenen<br />
Futtermitteln vorgeschlagen <strong>und</strong> die Mitgliedstaaten um<br />
Durchführung von Monitoring-Programmen gebeten, um<br />
den Kenntnisstand zu diesen unerwünschten Stoffen zu<br />
verbessern.<br />
Auch <strong>2008</strong> wurden im Rahmen des b<strong>und</strong>esweiten Monitorings<br />
in Baden-Württemberg umfangreiche Untersuchungen<br />
vor allem in Einzelfuttermitteln, aber auch in<br />
Mischfuttermitteln durchgeführt (61 Proben auf Zearalenon,<br />
94 auf Deoxynivalenol, 53 auf Ochratoxin A, 40 auf<br />
Fumonisin B 1<br />
<strong>und</strong> B 2<br />
, 38 auf T2- <strong>und</strong> HT-2-Toxin). Unter<br />
Zugr<strong>und</strong>elegung der EU-Richtwerte <strong>und</strong> der für Zearalenon<br />
<strong>und</strong> Deoxynivalenol bereits seit 2000 bestehenden<br />
nationalen Orientierungswerte erforderten die Ergebnisse<br />
keine Maßnahmen durch die zuständige Behörde.<br />
Im Kontrolljahr <strong>2008</strong> wurden durch das CVUA Freiburg<br />
124 Futtermittel auf Dioxine, davon 57 zusätzlich auf dioxinähnliche<br />
PCB (dl-PCB) untersucht. Der mittlere Wert<br />
aller Dioxinbef<strong>und</strong>e beträgt 0,012 ng WHO-PCDD/F-TEQ<br />
pro kg Produkt (88% TM), der mittlere Wert aller Bef<strong>und</strong>e<br />
an dl-PCB 0,025 ng WHO-PCB-TEQ pro kg Produkt (88%<br />
TM). In sämtlichen untersuchten Futtermittelproben lagen<br />
die Gehalte an Dioxinen <strong>und</strong> dl-PCB unterhalb der jeweils<br />
geltenden Auslösewerte (z. B. 0,5 ng WHO-PCDD/F-TEQ/<br />
kg für Dioxine <strong>und</strong> 0,35 ng WHO-PCB-TEQ/kg für dl-PCB,<br />
jeweils bezogen auf 88 % TM für Einzelfuttermittel pflanzlichen<br />
Ursprungs), <strong>und</strong> damit deutlich unterhalb der zulässigen<br />
Höchstgehalte (z. B. 0,75 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg für<br />
Dioxine, bezogen auf 88 % TM für Einzelfuttermittel pflanzlichen<br />
Ursprungs).<br />
Der mögliche Beitrag von verfüttertem Gras <strong>und</strong> Heu zu<br />
einer erhöhten Gr<strong>und</strong>belastung bei Wiederkäuern wird diskutiert.<br />
Daher wurden im Berichtsjahr unter Berücksichtigung<br />
der Vorgaben des Rahmenplans verstärkt Futtermittel<br />
wie Heu, Grünmehl, Silage <strong>und</strong> Graspellets (Gras u. ä.) auf<br />
Dioxine <strong>und</strong> dl-PCB untersucht. Die nachfolgende Tabelle<br />
enthält eine Zusammenstellung der Gehalte an Dioxinen<br />
<strong>und</strong> dl-PCB in Futtermitteln pflanzlichen Ursprungs, unterteilt<br />
in eine Gruppe „Gras u. ä.“ <strong>und</strong> eine Gruppe „andere<br />
pflanzliche Futtermittel“. In dieser zweiten Gruppe sind<br />
insbesondere Futtermittel wie Mais, Weizen, Raps <strong>und</strong> Extraktionsschrot<br />
enthalten. Fünf Proben Wiesengras, welche<br />
im Zusammenhang mit erhöhten Gehalten an dl-PCB in<br />
Rindfleisch eines bestimmten Hofes erhoben wurden, sind<br />
als Verdachtsproben in der nachfolgenden Übersicht nicht<br />
berücksichtigt.<br />
Die mittleren Gehalte an Dioxinen <strong>und</strong> dl-PCB in Futtermitteln<br />
wie Gras u. ä. liegen zwar unter den Auslösewerten, sie<br />
152
futtermittelüberwachung<br />
Übersicht Bef<strong>und</strong>e an Dioxinen <strong>und</strong> dl-PCB in Einzelfuttermitteln pflanzlicher Herkunft<br />
Dioxine<br />
dl-PCB<br />
(pg WHO-PCDD/F-TEQ / kg - 88 % Trockenmasse) (pg WHO-PCB-TEQ / kg - 88 % Trockenmasse)<br />
Gras u. ä. andere Gras u. ä. andere<br />
pflanzliche Futtermittel<br />
pflanzliche Futtermittel<br />
Anzahl 9 47 8 17<br />
Minimum 35,40 1,39 34,70 3,22<br />
Median 73,30 5,49 76,00 8,75<br />
Mittelwert 89,00 10,60 77,30 14,40<br />
Maximum 228,50 85,50 125,40 69,50<br />
sind aber um etwa den Faktor 10 gegenüber den mittleren<br />
Gehalten in anderen pflanzlichen Futtermitteln erhöht. 39 Bq / kg Trockenmasse (TM). Die Cs-137-Konzen-<br />
Summe von Cs-137 <strong>und</strong> Cs-134 lag zwischen > 0,5 <strong>und</strong><br />
Möglicherweise reichern „ungeschützte“ Pflanzen mit großer<br />
Oberfläche, wie z. B. Gras, Stoffe wie Dioxine <strong>und</strong> dl- 1,5 Bq / kg TM (Maximum 3,4 Bq / kg TM). Die Sr-90-Wertrationen<br />
von Grasproben betrugen durchschnittlich<br />
PCB wesentlich stärker an als andere pflanzliche Futtermittel<br />
(siehe Tabelle<br />
te lagen zwischen 0,3 <strong>und</strong> 3,4 Bq / kg TM.<br />
oben).<br />
Gentechnisch veränderte Futtermittel<br />
Die Radiocäsiumgehalte aller anderen Futtermittel lagen<br />
meist unterhalb der Nachweisgrenze von 0,5 Bq / kg TM.<br />
JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
<strong>2008</strong> wurden 118 Futtermittelproben auf Bestandteile gentechnisch<br />
veränderter Organismen (GVO) untersucht. Kontrolliert<br />
wurden insbesondere die Einhaltung der speziellen<br />
Kennzeichnungsvorschriften sowie das Vorhandensein<br />
nicht zugelassener GVO. Schwerpunkt der Kontrolle waren<br />
Mais-, Soja- oder Rapsprodukte bzw. Futtermittel, die<br />
einen hohen Anteil dieser Ausgangsprodukte enthalten.<br />
Futtermittel, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten,<br />
müssen entsprechend gekennzeichnet sein. Liegt<br />
der Anteil über 0,9 % ist eine Kennzeichnung zwingend, bei<br />
einem Anteil bis 0,9 %, muss der Hersteller der Behörde<br />
nachweisen, dass der festgestellte Anteil technisch nicht<br />
zu vermeiden oder zufällig war, damit die Kennzeichnung<br />
entfallen kann. In der EU nicht zugelassene gentechnisch<br />
veränderte Organismen dürfen selbst in Spuren nicht enthalten<br />
sein.<br />
Besonderheiten<br />
Abfall als Schweinefutter<br />
Ein Landwirt hat Abfall eines Futtermittelherstellers an seine<br />
Schweine verfüttert. Dies wurde bei einer Kontrolle des<br />
landwirtschaftlichen Betriebes festgestellt. Die drei Bigbags<br />
mit „Abfall“ wurden von einem LKW-Fahrer unzulässigerweise<br />
vom Hof des Herstellers mitgenommen <strong>und</strong> an den<br />
Landwirt als Futtermittel abgegeben. Bereits bei der Entnahme<br />
der Probe konnte der Futtermittelkontrolleur Draht<br />
<strong>und</strong> Metallteile in dem Sack erkennen. Die Untersuchung<br />
des „Futtermittels“ hat ergeben, dass neben 10 verschiedenen<br />
Arten von Mischfutterpellets noch Rattenkot, Mauerreste,<br />
Kunststofffäden, sonstige Materialien sowie massenhaft<br />
lebende Käfer enthalten waren. Die Entsorgung<br />
des Abfalls wurde angeordnet <strong>und</strong> ein Bußgeld verhängt.<br />
In 25 % (23 von 91 Proben) der untersuchten Futtermittel,<br />
die laut Kennzeichnung kein gentechnisch verändertes Soja<br />
enthielten, wurde Ro<strong>und</strong>up Ready-Soja (RR-Soja) festgestellt,<br />
der Wert von 0,9 % wurde bei neun dieser Proben<br />
überschritten. Bei RR-Soja handelt es sich um eine in der<br />
EU für Futtermittelzwecke zugelassene Sojabohne. Die fehlende<br />
Kennzeichnung wurde beanstandet <strong>und</strong> in 5 Fällen<br />
wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Gentechnisch veränderter<br />
Mais oder Raps war in keiner Probe nachweisbar.<br />
Nicht zugelassene gentechnisch veränderte Bestandteile<br />
konnten in keinem der beprobten Futtermittel nachgewiesen<br />
werden.<br />
Ratten im Hafersilo<br />
Bei der Kontrolle eines Betriebes mit Pferdehaltung entdeckte<br />
der Futtermittelkontrolleur mehrere Ratten im Hafersilo.<br />
Die Ratten waren offensichtlich ins Silo gefallen <strong>und</strong><br />
konnten sich aufgr<strong>und</strong> der glatten Wände nicht mehr be-<br />
Radiochemische Untersuchungen<br />
Insgesamt wurden 76 Proben untersucht. Bei Futtermitteln<br />
sind die gemessenen Aktivitäten mit denen der Lebensmittel<br />
vergleichbar (siehe Kapitel IV Radiochemische<br />
Untersuchungen). Die Aktivitätskon-zentration für die<br />
153
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
teil VI Futtermittelüberwachung<br />
Stoffgruppe / Art der Untersuchung Untersuchungen Beanstandungen<br />
Anzahl Anzahl %<br />
Inhaltsstoffe (ohne Wasser) 1.587 105 6,6<br />
Zusatzstoffe (Gehalte in Mischfuttermitteln) 655 82 12,5<br />
unerwünschte Stoffe 2.496 8 0,3<br />
unzulässige Anwendung / verbotene Stoffe 2.038 7 0,3<br />
davon „tierische Bestandteile“ 766 4 0,5<br />
Melamin 9 0 0,0<br />
GVO 118 11 9,3<br />
Schädlingsbekämpfungsmittel 3.677 0 0,0<br />
mikrobiologische Qualität (z. B. Verderb) 255 21 8,2<br />
Salmonellenuntersuchung 108 1 0,9<br />
formale Kennzeichnungsvorschriften 504 107 21,2<br />
freien, lebende <strong>und</strong> tote Ratten lagen im Silo. Der Betrieb<br />
musste den Hafer entsorgen, das Silo desinfizieren <strong>und</strong> einen<br />
Deckel auf dem Silo anbringen. Darüber hinaus wurde<br />
eine professionelle Schadnagerbekämpfung angeordnet<br />
<strong>und</strong> durchgeführt.<br />
Stacheldraht in Heuballen<br />
Der Käufer einer Packung „Bergwiesenheu für Hamster<br />
oder Kaninchen“ in Nordrhein-Westfalen fand in einem<br />
Beutel zwei über 50 cm lange Stücke Stacheldraht <strong>und</strong><br />
meldete dies der zuständigen Behörde. Diese Verbraucherbeschwerde<br />
wurde über die dortige Futtermittelüberwachung<br />
an das Regierungspräsidium Freiburg weitergeleitet,<br />
da der Inverkehrbringer seinen Betriebssitz in Südbaden<br />
hat. Der dortige Produktionsablauf wurde daraufhin einer<br />
Kontrolle unterzogen. Die von Landwirten hergestellten<br />
Heuballen werden im Betrieb geöffnet, das Heu läuft dann<br />
durch einen Metalldetektor <strong>und</strong> wird in Kleinpackungen<br />
abgefüllt. Aufgr<strong>und</strong> der unzureichenden Wirksamkeit der<br />
Metalldetektoren hatte der Betriebsleiter bereits zusätzlich<br />
drei mobile Metallsuchgeräte angeschafft. So können die<br />
Fahrer bereits beim Abholen der Ballen auf dem landwirtschaftlichen<br />
Betrieb eine Prüfung auf Metallteile durchführen.<br />
Diese doppelte Kontrolle soll die Gefahr von Metallteilen<br />
im Heu weiter vermindern.<br />
Zusammenfassung<br />
Die Tabelle gibt eine Übersicht über die durchgeführten<br />
Untersuchungen, wobei je Probe in der Regel mehrere Untersuchungen<br />
durchgeführt werden. Da Ergebnisse auch<br />
aus der Untersuchung von Verdachts- <strong>und</strong> Verfolgungsproben<br />
stammen können, sind die Beanstandungszahlen<br />
nicht repräsentativ. Im Jahr <strong>2008</strong> wurden 1.283 Betriebe,<br />
in denen Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt oder<br />
verfüttert wurden, zum Teil mehrfach kontrolliert. Insgesamt<br />
wurden 1.486 Betriebsprüfungen <strong>und</strong> 73 Buchprüfungen<br />
durchgeführt sowie 1.255 Futtermittelproben gezogen, von<br />
denen 203 nicht den Vorschriften entsprachen. Beprobt<br />
wurden 414 Einzelfuttermittel, 793 Mischfuttermittel, 48<br />
Vormischungen <strong>und</strong> Zusatzstoffe. Aus den Beanstandungen<br />
ergaben sich folgende Maßnahmen:<br />
n In 177 leichten Fällen wurden die Betroffenen durch<br />
Hinweise belehrt.<br />
n Es wurden keine Verwarnungen ausgesprochen.<br />
n In 15 Fällen wurde eine weitere Behandlung des<br />
Futtermittels, dessen anderweitige Verwendung (nicht<br />
zur Verfütterung) oder die unschädliche Beseitigung<br />
angeordnet.<br />
n In 68 Fällen wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet,<br />
davon wurden 39 Fälle abgeschlossen <strong>und</strong> Bußgelder<br />
in Höhe von 13.015 Euro vereinnahmt.<br />
n In keinem Fall erfolgte eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft.<br />
n Insgesamt wurden Gebühren von 4.316 Euro erhoben.<br />
Wie bereits in den Vorjahren ergaben die Kontrollen, insbesondere<br />
unter Berücksichtigung der notwendigen Sicherheit<br />
für Mensch <strong>und</strong> Tier, keine auffälligen Bef<strong>und</strong>e.<br />
Hildegard Assfalg, RP Stuttgart<br />
Alexandra von der Heydt, RP Freiburg<br />
Nicole Kehr, RP Karlsruhe<br />
Dr. Anja Töpper, LTZ Augustenberg / MLR<br />
Dr. Helmut Kaut, CVUA Stuttgart<br />
Dr. Rainer Malisch <strong>und</strong> Kerstin Wahl, CVUA Freiburg<br />
Dr. Bernhard Eckstein, MLR<br />
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Notizen<br />
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JAHRESBERICHT <strong>2008</strong><br />
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Ministerium für Ernährung <strong>und</strong> Ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR)<br />
Abteilung Verbraucherschutz <strong>und</strong> Ernährung<br />
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Telefon: 0711. 1 26 - 0<br />
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www.mlr.baden-wuerttemberg.de<br />
Redaktion:<br />
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Grafik Design + Prepress<br />
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Druck:<br />
Paul Zielfleisch GmbH Druck + Medien, Stuttgart,<br />
www.zielfleisch.de<br />
Bezugsquelle:<br />
Ministerium für Ernährung <strong>und</strong> Ländlichen Raum<br />
Drucknummer: MLR 14-2009-36<br />
Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung Baden-Württemberg herausgegeben.<br />
Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern<br />
während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landes-, B<strong>und</strong>estags-,<br />
Kommunal- <strong>und</strong> Europawahlen.<br />
Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das<br />
Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel.<br />
Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg <strong>und</strong> in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie<br />
auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme<br />
der Landesregierung zu Gunsten einzelner politischer Gruppen verstanden wird.<br />
Fotos:<br />
Wir danken allen Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern der Lebensmittel- <strong>und</strong> Futtermittelüberwachung<br />
des Landes Baden-Württemberg für das zur Verfügung gestellte Bildmaterial.<br />
Weiteres markierte Bildmaterial von ◆ shutterstock · t creativ collection · w don design<br />
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156
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Ministerium für Ernährung<br />
<strong>und</strong> Ländlichen Raum<br />
Baden-Württemberg (MLR)<br />
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Für eventuelle Rückfragen<br />
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