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palliativmedizin – - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union

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klinik und praxis<br />

grieren sind. Allerdings ist seit 2007<br />

eher ein Netz zwischen medizinischer<br />

und pflegerischer Versorgung verblieben<br />

und die anderen genannten Dienste<br />

werden aus unterschiedlichen, sicher<br />

nicht zuletzt finanziellen Gründen, wenig<br />

einbezogen. Folgende Netzwerkstrukturen<br />

haben sich inzwischen entwickelt:<br />

> eigenständige Arzt-Netze, die mit<br />

qualifizierten Palliativmedizinern<br />

und Pflegediensten kooperieren<br />

> Palliative-Care-Teams unter ärztlicher<br />

Leitung, die mit qualifizierten<br />

Palliativmedizinern und Pflegediensten<br />

kooperieren<br />

> Palliative-Care-Teams, die eng mit<br />

Ernährungs- und Infusionsteams<br />

zusammenarbeiten und teils an onkologische<br />

Praxen angebunden<br />

sind<br />

> Palliative-Care-Teams, die eng mit<br />

stationären Hospizen zusammenarbeiten<br />

> an Krankenhäuser angebundene<br />

Palliative-Care-Teams<br />

Mit den Kostenträgern geführte Verhandlungen,<br />

die sich atmosphärisch<br />

deutlich verbesserten, erbrachten eine<br />

gemäßigte Anhebung der Pauschalen.<br />

Zurzeit haben wir die Form einer Einzelfallerfassung<br />

abgestimmt <strong>–</strong> was natürlich<br />

vermehrte Dokumentation bedeutet.<br />

Allgemein wird der ohnehin<br />

schon immense Dokumentationsaufwand<br />

eher steigen. Leider erfolgen seitens<br />

der Krankenkassen nach wie vor<br />

Ablehnungen von Kostenübernahmen<br />

von SAPV-Anträgen mit dem Hinweis,<br />

dass die Dokumentation nicht ausreiche.<br />

16 niedersächsisches ärzteblatt 10 | 2012<br />

Humanität in der Palliativversorgung<br />

Fazit<br />

Negativ ist, dass die Vergütung der<br />

SAPV von vielen Teams als unzureichend<br />

angesehen wird. Es entwickeln<br />

sich daher preiswertere, aber qualitativ<br />

nicht ausreichende Strukturen. Dies<br />

erkennen wir deutlich an allein pflegeorientierten<br />

Teams. Deshalb ist in der<br />

Zukunft eine qualifizierte Versorgung<br />

mit Leistungen der SAPV unter den aktuellen<br />

Bedingungen nicht gesichert.<br />

Zudem muss die Entstehung von Parallelstrukturen,<br />

die für die SAPV-<br />

Teams unwirtschaftliche Leistungen<br />

übernehmen, um Produkte zu hohen<br />

Gewinnen zu verkaufen, äußerst kritisch<br />

gesehen werden. Wo heute die<br />

SAPV am Menschen orientiert und<br />

fachlich hochwertig erbracht wird,<br />

muss nach wie vor vieles ehrenamtlich<br />

geleistet werden. Bei marktüblicher Bezahlung<br />

müsste zusätzlich ein großer<br />

Anteil der Vergütung in Form von Spenden<br />

aufgebracht werden, was die Finanzierung<br />

des Hospizbereiches wiederum<br />

gefährden würde. Des Weiteren<br />

sind unkomplizierte Schlichtungen bei<br />

Auslegungsfragen der Verträge zurzeit<br />

nicht möglich.<br />

Der errechnete stationäre und ambulante<br />

Bedarf ist in Niedersachsen in etwa<br />

gedeckt. Das liegt nicht etwa an einer<br />

besonderen Großzügigkeit unserer<br />

Kostenträger. Vielmehr ist es im Land<br />

Niedersachsen auf allen Ebenen und<br />

zwischen den Beteiligten gelungen, ein<br />

vorausschauendes, vorbildliches und<br />

vertrauensbildendes Netzwerk zu<br />

schaffen. Nach wie vor allerdings existiert<br />

in einigen Regionen eine Unter-<br />

deckung. Positiv ist dagegen, dass der<br />

SAPV-Mustervertrag im ambulanten<br />

Bereich in Niedersachsen größtenteils<br />

akzeptiert wird und dass darunter<br />

deutschlandweit die meisten KBV-Betriebsstättennummern<br />

vergeben wurden.<br />

Im stationären Palliativbereich<br />

wurde der von der DGP errechnete Bettenbedarf<br />

<strong>–</strong> wie oben dargestellt <strong>–</strong> zwar<br />

niedersachsenweit erreicht, aber die<br />

demographische Entwicklung mit Zunahme<br />

von schweren neurologischen,<br />

Lungen- und Herzerkrankungen in<br />

Endstadien wird den zukünftigen Bedarf<br />

auch dort wachsen lassen. Eine<br />

verlässliche Bedarfsermittlung würde<br />

uns allen dienen.<br />

Vergessen wir nicht, worum es uns allen<br />

gleichermaßen geht: eine gute und<br />

menschenwürdige Palliativ- und Hospizversorgung.<br />

Im Jahre 2010 starben<br />

von 80 Millionen Einwohnern<br />

800.000 Menschen, davon rund 75 Prozent<br />

in Institutionen und 25 Prozent zu<br />

Hause. Wir möchten, dass es dem Willen<br />

des Patienten entsprechend zu einer<br />

Umschichtung kommt. Und wir<br />

wollen die ambulante Versorgung stärken,<br />

auch wenn zunehmende Single-<br />

Haushalte in Großstädten dies erschweren.<br />

Es wird aber auch zukünftig<br />

immer noch ein Großteil der Schwerstkranken<br />

im Krankenhaus, auf der Palliativstation,<br />

im Hospiz oder mit zunehmender<br />

Tendenz in Alten- und<br />

Pflegheimen sterben. Leidvolles Leben<br />

darf in Zukunft auch in unserem Bundesland<br />

nicht zwangsläufig menschenunwürdig<br />

sein. Es muss eine besondere<br />

gesellschaftliche Aufgabe bleiben,<br />

die Palliativ- und Hospizversorgung in<br />

ihrer menschenzugewandten Kultur zu<br />

stärken.<br />

Statement von<br />

Honorarprofessor<br />

Dr. med. Winfried Hardinghaus<br />

Chefarzt und Leiter der Niedersächsischen<br />

Koordinierungs- und Beratungsstelle<br />

für Hospizarbeit und Palliativversorgung<br />

Foto: E. Leppers<br />

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