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palliativmedizin – - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union

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arzneimittel<br />

In den letzten Jahren hat sich die Auswahl der Wirkstoffe, die<br />

für die Prophylaxe und Therapie von venösen Thrombosen<br />

und Lungenembolien zur Verfügung stehen, vergrößert. Dieser<br />

Beitrag soll helfen, rationale Therapieentscheidungen für<br />

die wichtigsten Indikationsgebiete zu treffen. Die Darstellung<br />

orientiert sich an den im Internet frei zugänglichen aktuellen<br />

Leitlinien des American College of Chest Physicians (ACCP)<br />

(1). Es wird auf die in Deutschland verfügbaren Arzneimittel<br />

und ihre zugelassenen Anwendungsgebiete Bezug genommen.<br />

Dabei wird zwischen Prophylaxe und Therapie unterschieden.<br />

Die sich an die Akuttherapie anschließende Rezidivprophylaxe<br />

zählt mit zur Therapie.<br />

Die Wirkweise der neueren Antikoagulantien unterscheidet<br />

sich von den seit Jahrzehnten als Blutgerinnungshemmer<br />

verfügbaren Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und Heparinen.<br />

Die VKA vermindern die Synthese der Gerinnungsfaktoren<br />

II, VII, IX und X <strong>–</strong> ein Wirkprinzip, das aufgrund<br />

der Halbwertszeiten dieser Gerinnungsfaktoren mit<br />

einem verzögerten Einsetzen (ca. 1 Tag) und Abklingen<br />

(2 <strong>–</strong> 5 Tage) des Effektes einhergeht (2).<br />

Heparine sind Gemische aus Glucosaminglykanen mit Molekülgrößen<br />

von 5.000 bis 30.000 Dalton (Da). Heparine katalysieren<br />

die inhibitorische Interaktion des endogenen Antithrombin<br />

mit Thrombin durch eine gleichzeitige Bindung<br />

beider Faktoren. Für diesen Effekt ist eine Molekülgröße<br />

von mindestens 5.400 Da (18 Zuckerreste) erforderlich. Die<br />

Bindung von Heparin aller Molekülgrößen an Antithrombin<br />

potenziert die kovalente Bindung und Inaktivierung von<br />

Faktor Xa. Unfraktioniertes Heparin (UFH) hemmt Thrombin<br />

und Faktor Xa ungefähr gleichermaßen. Bei niedermolekularen<br />

Heparinen (NMH <strong>–</strong> Molekülgewicht 1.000 bis<br />

10.000 Da) überwiegt die anti-Xa Wirkung. Das dem aktiven<br />

Zentrum der Heparine nachgebildete synthetische Pentasaccharid<br />

Fondaparinux katalysiert ausschließlich die<br />

Hemmung von Faktor Xa durch Antithrombin (2).<br />

Danaparoid ist ein niedermolekulares Heparinoid. Die anti-Xa<br />

Wirkung überwiegt noch stärker als bei NMH. Wegen<br />

der geringen Kreuzreaktivität mit den Antikörpern, die eine<br />

Heparin induzierte Thrombozytopenie Typ II (HIT II) auslösen,<br />

wird es bei Patienten mit anamnestischer HIT II an<br />

Stelle von Heparinen eingesetzt (3).<br />

38 niedersächsisches ärzteblatt 10 | 2012<br />

CME-Fortbildung Venenthrombosen und Lungenembolien<br />

Volles Rohr<br />

Die Auswahl der für Prophylaxe und Therapie von venösen Thrombosen<br />

und Lungenembolien verfügbaren Wirkstoffe ist größer geworden.<br />

Eine CME-Fortbildung zu den derzeitigen Therapieoptionen<br />

Desirudin ist ein rekombinantes Hirudin. Es hemmt Thrombin<br />

unabhängig von Antithrombin durch die Bildung eines<br />

Hirudin-Thrombin-Komplexes, der seinerseits die Aktivierung<br />

der Gerinnungsfaktoren V, VIII und XIII sowie die<br />

Thrombin abhängige Thrombozytenaktivierung hemmt (4).<br />

Wegen besonders ausgeprägter Blutungsrisiken und häufiger<br />

allergischer Reaktionen hat sich Desirudin in der Praxis<br />

nicht durchgesetzt.<br />

Neue orale Antikoagulantien<br />

Heparine, Fondaparinux, Danaparoid und Desirudin müssen<br />

injiziert werden. Als orale Antikoagulantien stehen seit<br />

wenigen Jahren neben den VKA neue Wirkstoffe zur Verfügung:<br />

Dabigatran ist ein direkter Thrombinhemmer. Rivaroxaban<br />

und Apixaban sind direkte Faktor Xa-Hemmer.<br />

Diese Substanzen hemmen die Gerinnung unabhängig von<br />

Antithrombin. Die Wirkstoffe Dabigatran und Rivaroxaban<br />

wurden im Niedersächsischen <strong>Ärzte</strong>blatt bereits dargestellt<br />

(5). Apixaban ähnelt Rivaroxaban in der Wirkweise, der<br />

Pharmakokinetik und den möglichen Arzneimittelinteraktionen<br />

(6).<br />

Die zugelassenen Indikationen der genannten Wirkstoffe<br />

sind in der Tabelle aufgeführt. Eine Erfassung der gerinnungshemmenden<br />

Wirkung durch die klassischen Standardgerinnungstests<br />

ist nur bei VKA, UFH und Desirudin<br />

gewährleistet. Die Wirkung von Heparinen, Fondaparinux,<br />

Rivaroxaban und Apixaban kann durch wirkstoffspezifisch<br />

kalibrierte anti-Xa-Assays gemessen werden (7). Lediglich<br />

für die Kontrolle der VKA-Wirkung mittels INR gibt<br />

es eine validierte Korrelation mit der klinischen antithrombotischen<br />

Wirksamkeit. Bei NMH, Fondaparinux,<br />

Danaparoid, Desirudin und den neuen oralen Antikoagulantien<br />

besteht das Risiko einer Kumulation bei höhergradiger<br />

Niereninsuffizienz.<br />

Thromboseprophylaxe<br />

Die Indikation zur Thromboseprophylaxe wird auf der<br />

Grundlage einer Stratifizierung des individuellen Risikos<br />

für Thrombosen und Embolien gestellt. Das Risiko wird unter<br />

Berücksichtigung von Disposition (z. B. anamnestische<br />

Thrombose oder Lungenembolie, maligne Grunderkran-

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