P.T. MAGAZIN 04/2011
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Gesellschaft<br />
Gesellschaft<br />
Strategen bessere Sanierer oder umgekehrt?<br />
Wenn Sie Ihre Strategie überprüfen wollen, fragen Sie Führungskräfte mit erfolgreicher<br />
Sanierungserfahrung!<br />
Geschäftsmodell mit Szenarien und<br />
entscheiden uns schließlich für eines<br />
davon anhand der zu erwartenden<br />
Ergebnisse.<br />
Haben die Führungskräfte Führungserfahrung in anderen Unternehmen gesammelt?<br />
nein, die aktuelle Position ist die<br />
erste Führungsposition<br />
in einem anderen mittelständischen<br />
Unternehmen<br />
in einem Großunternehmen<br />
(mit mehr als 500 Mio Euro Umsatz)<br />
in einer anderen Position<br />
im jetzigen Unternehmen<br />
Gesamt<br />
19<br />
14<br />
43<br />
44<br />
besonders gute Geschäftslage<br />
21<br />
15<br />
36<br />
53<br />
(Theron Advisory Group) - Strategie<br />
& operativer Tiefgang – die meisten<br />
Gelehrten und Gelernten sehen darin<br />
zwei weit auseinander liegende<br />
Punkte auf der Skala der Management-<br />
Fähigkeiten. Strategen, die Denker, die<br />
Analytiker, die Fach- und Branchenexperten.<br />
Sanierer, der Inbegriff des<br />
operativen Machers, des Pragmatikers,<br />
des Anpackenden, des schnellen Entscheiders.<br />
Ist das wirklich so?<br />
Keine Zeit für lange Arien<br />
Eine Strategie, die nicht pragmatisch<br />
ist, ist abgehoben, schwebt in höhere<br />
Sphären, ist bloße Theorie. Eine Strategie,<br />
die nicht angepackt wird, wird<br />
auch nicht umgesetzt, sie ist wertlos<br />
und nur teuer. Eine Strategie, die keiner<br />
wirklichen, oft schmerzhaften<br />
Entscheidungen bedarf, ist keine Strategie<br />
– sie ist die bloße Fortsetzung der<br />
Gegenwart.<br />
Das leuchtet ein. Wie kommt es dann,<br />
dass man für Strategieentwicklung<br />
ganz andere Experten holt als für<br />
Sanierungsaufgaben? Wie kommt es,<br />
dass Strategieprojekte Monate, manchmal<br />
Jahre dauern, ohne dass man sich<br />
darüber beschwert, dass Sanierungsprojekte<br />
aber bereits nach Wochen die<br />
entscheidenden Richtungsvorgaben<br />
festlegen müssen.<br />
Die Antwort ist ernüchternd einfach<br />
und zugleich begeisternd klar: Wenn<br />
das Geld ausgeht, bleibt keine Zeit für<br />
lange Arien. Man muss auf der Basis<br />
der vorhandenen Informationen über<br />
Unternehmen, Markt und Umwelt entscheiden<br />
und dann möglichst schnell<br />
umsetzen. Sonst gibt es nichts mehr<br />
umzusetzen.<br />
Strategische Fragen<br />
Können wir dieselben Prinzipien nicht<br />
auch auf strategische Fragen anwenden?<br />
Wir sind überzeugt, wir müssen<br />
es sogar! Schauen wir uns die Fragen<br />
an, die typischerweise in Sanierungsprojekten<br />
gestellt werden. Die Zeitfrage:<br />
Wie viel Zeit brauchen wir, um<br />
aus unseren Entscheidungen positive<br />
Ergebnisse zu liefern?<br />
Die Modellfrage: Soll die Geschäftseinheit<br />
verkleinert werden, geschlossen<br />
oder gar verkauft? Wollen wir sie in<br />
ein Joint Venture einbringen oder vielleicht<br />
sogar intern neu ausrichten? Wie<br />
können wir die Abläufe und Prozesse,<br />
den Betrieb in dieser Einheit optimieren,<br />
um Kosten zu sparen und den<br />
Ertrag zu steigern? Die Veränderungsfrage:<br />
Was müssen wir tun, um möglichst<br />
viele Leistungsträger an Bord zu<br />
halten und von unserer Vorstellung zu<br />
überzeugen? Wo liegen die Risiken für<br />
das Scheitern und das Verzögern von<br />
Ergebnissen?<br />
Bauchgefühl<br />
Dies sind ziemlich exakt die Fragen,<br />
die auch in den Mittelpunkt eines<br />
Strategieprojektes gehören. Es ist nicht<br />
einzusehen, warum man sie dann<br />
mit anderen Mitteln lösen sollte. Die<br />
Punkt-für-Punkt-Betrachtung verdeutlicht<br />
dies. Zuerst der Punkt „Zeit“: Im<br />
immer schneller werdenden Wettbewerb<br />
ist Zeit ein erheblicher Werttreiber.<br />
Für Produkt-Markt-Strategien kann<br />
„Time-to-market“ der alles entscheidende<br />
Erfolgsfaktor werden.<br />
Eine Entscheidung wird meist nicht<br />
besser oder richtiger, wenn wir viel<br />
mehr Zeit für ihre Vorbereitung<br />
benötigen. Das meiste, was eine gute<br />
Führungskraft für strategische Entscheidungen<br />
benötigt, weiß sie schon<br />
vorher – wir nennen es das „Bauchgefühl“.<br />
Bauchgefühl ist all unsere Erfahrung,<br />
die wir zwar nicht kategorisiert<br />
und kartografiert abgelegt haben, die<br />
wir aber doch im Unterbewusstsein<br />
sicher und gründlich verfügbar halten,<br />
für eine Entscheidung einzusetzen<br />
Kann ein umfassendes Analyseprojekt<br />
die Unsicherheit der Entscheidung<br />
stärker reduzieren als der Erfahrungsschatz<br />
einer Gruppe von Führungskräften?<br />
Wir sind sicher: Nein! Wir müssen<br />
also den Zeitdruck in Strategieprojekten<br />
erhöhen und das unterbewusste<br />
Erfahrungswissen unserer Mitarbeiter<br />
und Kollegen anzapfen, um zu schnellen,<br />
guten Entscheidungen zu gelangen.<br />
Luftschlösser vermeiden<br />
(Foto: Karl-Heinz Laube/pixelio.de)<br />
Zweiter Punkt „Analytik“: Wir versuchen<br />
zuerst, das Ist-Geschäft in einer<br />
möglichst wirklichkeitsnahen Modellrechnung<br />
abzubilden. Dasselbe tun wir<br />
mit dem Ziel-Geschäft. Wir sortieren<br />
also unser Wissen, übertragen es in ein<br />
Die Analysemethoden dazu sind generisch-betriebswirtschaftlicher<br />
Natur:<br />
Im Grunde geht es dabei immer um<br />
die Identifizierung und Bewertung der<br />
wichtigsten Kosten- und Erlöstreiber.<br />
Auch die Analyse der Umsetzungsaktivitäten<br />
und die Synthese zu einem<br />
Gesamtprogramm passen auf strategische<br />
ebenso wie auf stark operative<br />
Maßnahmenpakete. Und ein enges<br />
Follow-up und Umsetzungscontrolling<br />
hat noch keinem Strategieprogramm<br />
geschadet.<br />
Im Gegenteil – weiß der Manager,<br />
dass er bereits auf kurze Sicht die<br />
Ergebnisse seiner Ideen und Vorschläge<br />
nachweisen muss, hält er sich mit<br />
Luftschlössern zurück. Das spart Zeit<br />
und Geld.<br />
Führungskräfte müssen Strategie<br />
verinnerlichen<br />
Dritter Punkt „Motivation und<br />
Umbau“: Im Sanierungsfall gehen die<br />
Leistungsträger von Bord, wenn die<br />
erwartete Zukunft sie nicht inspiriert.<br />
Dies gilt auch für eine Strategie. Ein<br />
Unternehmen, das keine glaubwürdige<br />
und inspirierende Vision vermitteln<br />
kann, bekommt und behält nur wenige<br />
Spitzenkandidaten, und auch die breite<br />
Phalanx der Leistungsträger wird mit<br />
der Zeit brüchig.<br />
Eine Strategie, die nicht von den Führungskräften<br />
getragen und vor allem<br />
verinnerlicht wird, muss scheitern.<br />
Daher prüft man: Was be- oder verhindert<br />
die Umsetzung, was macht das<br />
Ziel unglaubwürdig oder unerreichbar?<br />
Risikoanalysen, Context-Analysen,<br />
Umsetzungsprogramm, Umsetzungscontrolling<br />
usw. sind die üblichen<br />
Methoden. Daneben ist Einbindung<br />
gefragt. Ohne Einbindung holen Sie<br />
das vorhandene Wissen nicht ab. Und<br />
Motivation, ohne gehört zu werden,<br />
überlebt nicht lange.<br />
Konsequente Konsequenzen<br />
Machen Sie Druck! Strategie muss<br />
schnell gehen, ebenso wie Sanierung.<br />
Setzen Sie entsprechende Zeitziele und<br />
zeigen Sie durch enges Nachhalten,<br />
dass Sie es ernst meinen. Binden Sie<br />
ein! Ihre Organisation weiß unglaublich<br />
viel. Zapfen Sie diese unbezahlbare<br />
Quelle an und hören Sie offen zu!<br />
Kommunizieren Sie zurück, damit die<br />
Mitarbeiter wissen, wo die Reise hin<br />
geht.<br />
Bleiben Sie am Ball! Strategie ist ein<br />
Dauerzustand, und die Frage nach<br />
der richtigen Strategie muss sich ein<br />
Unternehmer täglich neu stellen.<br />
Wenn Sie hin und wieder Berater für<br />
strategische Fragen benötigen, setzen<br />
Sie auch diese unter Druck – zeitlich<br />
und vor allem, was die Auswahl der<br />
Personen für das Team betrifft. Strategen<br />
müssen Zahlenmenschen sein,<br />
Pragmatiker, umsetzungsorientiert. Sie<br />
müssen kritische Fragen stellen, neugierig<br />
sein und misstrauisch zugleich.<br />
Überlegen Sie, ob sie diesen Berater<br />
auch für einen harten Sanierungsfall<br />
einsetzen würden. Falls nicht, wechseln<br />
Sie sie aus. Strategen müssen<br />
außerdem verstehen, wie komplexe<br />
(n=4.000)<br />
Woher rekrutieren die Unternehmen ihre Führungskräfte?<br />
aus dem eigenen Unternehmen<br />
aus anderen mittelständischen Unternehmen<br />
direkt von der Hochschule oder Berufsschule<br />
aus Großunternehmen<br />
Gesamt<br />
16<br />
(n=4.000)<br />
38<br />
60<br />
83<br />
(n=383)<br />
Organisationssysteme funktionieren,<br />
um den Umsetzungsdruck und die<br />
Motivation nach innen richtig aufbauen<br />
zu können.<br />
Prüfen Sie, welche Erfahrungen der<br />
Kandidat mit Umsetzungsthemen hat<br />
und wie er mit Widerstand und Konflikten<br />
umgeht. Strategen ohne soziale<br />
Kompetenz sind wie Gelehrte im Elfenbeinturm<br />
– schlau, aber nutzlos.<br />
Keine „Operations“ ohne Sinn und<br />
Verstand!<br />
Angaben in %<br />
besonders gute Geschäftslage<br />
20<br />
(n=383)<br />
Wenn Sie Externe auch für die Lösung<br />
operativ verankerter Probleme beschäftigen,<br />
machen Sie ihnen die Einordnung<br />
in den strategischen Gesamtrahmen<br />
zur Auflage. Jede Empfehlung<br />
muss strategische Relevanz besitzen<br />
und zur strategischen Stoßrichtung<br />
passen. Das klingt selbstverständlich,<br />
ist es aber in der Praxis längst nicht.<br />
95% oder mehr aller Berater und auch<br />
interner Mitarbeiter in sog. „operativen<br />
Projekten“ stellen sich nie die Frage<br />
nach der Strategie. Schlimmer noch,<br />
die große Mehrheit von ihnen könnte<br />
Ihnen die Unternehmensstrategie<br />
noch nicht einmal in groben Eckpunkten<br />
korrekt erklären. ■<br />
41<br />
66<br />
85<br />
Mehrfachnenungen möglich, Angaben in %<br />
(Quelle: Commerzbank/TNS Infratest)<br />
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