ZAHNÄRZ TEBLATT
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ihres eigenen Parallelnetzes wichtiger nehmen als das<br />
gemeinsame sichere Netz. Wenn nur klare Vorgaben mit<br />
sicheren Sanktionen die Blockade der Ärzteverbände<br />
brechen können, dann muss die Politik das machen“,<br />
zitiert dpa in diesem Zusammenhang Florian Lanz, Sprecher<br />
des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen.<br />
Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung<br />
haben die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und<br />
das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik<br />
ebenfalls vor einer Aufsplitterung von Verantwortlichkeiten<br />
und Sicherheitsstandards gewarnt mit der Folge, „dass das<br />
Sicherheitsniveau des Gesamtsystems gefährdet wird.“<br />
Ende Mai setzte sich auch der 117. Deutsche Ärztetag in<br />
Düsseldorf intensiv mit dem Thema Telematik auseinander.<br />
Ein Antrag, die Bundesärztekammer solle sich aus dem<br />
Projekt eGK zurückziehen, scheiterte zwar knapp. Zufrieden<br />
mit dem derzeitigen Sachstand bei der eGK waren die<br />
Delegierten jedoch nicht. So lehnten sie mehrheitlich das<br />
Stammdatenmanagement ab – dies sei eine Verwaltungsaufgabe<br />
der Krankenkassen, hieß es auch von dieser<br />
Stelle. Die Ablehnung der Online-Prüfung begründeten<br />
die Ärzte zudem mit der Sorge, dass weitere Bürokratie die<br />
Arbeit in den Arztpraxen behindern würde. Die Verbesserung<br />
der medizinischen Versorgung müsse bei der Entwicklung<br />
der Telematikinfrastruktur im Vordergrund stehen. Mit<br />
medizinischen Anwendungen der eGK ist allerdings nach<br />
derzeitigem Stand wohl nicht vor 2018 zu rechnen.<br />
Entgegen den Sicherheitsanforderungen der Europäischen<br />
Union und den gematik-eigenen Sicherheitskriterien hätten<br />
die Krankenkassen zudem „60 Millionen elektronische<br />
Karten ausgegeben, bei denen nicht sicher ist, ob Person,<br />
Foto und Daten übereinstimmen“, kritisierte der Deutsche<br />
Ärztetag weiter. Damit seien die Karten als Authentifizierungsinstrument<br />
für die Weiterleitung sensibler Sozial- und<br />
Medizindaten sowie als Missbrauchsschutz ungeeignet:<br />
„Eine zusätzliche Ausweiskontrolle in den Praxen kann<br />
keine Lösung sein“, befanden die Delegierten.<br />
Dennoch wies der Ärztetag ausdrücklich auf die Vorteile<br />
der modernen Kommunikation hin. Inzwischen sei<br />
aber auch klar geworden, dass große über das Internet<br />
gespeicherte Datenmengen auf Dauer nicht zu schützen<br />
seien. Eine dezentrale Speicherung der Daten sei daher<br />
„alternativlos“.<br />
„Eine Telematikinfrastuktur, die auf Zwang oder gesetzlichen<br />
Druck setzt, wird keinen Erfolg haben“, urteilten die Ärzte<br />
in einer Entschließung. Die TI müsse so angelegt sein,<br />
dass jeder Patient, jeder Arzt und jedes Ärztenetz sie<br />
nutzen könne, aber nicht nutzen müsse.<br />
Die schwarz-rote Koalition hatte sich bis dato aus dem<br />
Streit herausgehalten. Nun aber verliert Bundesgesundheitsminister<br />
Herbert Gröhe offenbar doch die Geduld und<br />
droht mit einer Intervention des Gesetzgebers. Für gegenseitige<br />
Schuldzuweisungen fehle ihm jedes Verständnis,<br />
sagte er. „Die Kraft, die Kassen und Ärzte in gegenseitige<br />
Beschimpfungen stecken, sollten sie lieber dafür nutzen,<br />
ihr gemeinsames Projekt zügig voranzutreiben – und zwar<br />
im Sinne der Patienten“. Im Vordergrund stehen müssten<br />
der Patientennutzen, die Datensicherheit und ein vernünftiges<br />
Preis-Leistungsverhältnis. Und wenn dafür denn<br />
weitere gesetzliche Regelungen nötig seien, „werden wir<br />
sie schaffen“, kündigte Gröhe an. Mit den Fraktionen stehe<br />
das Ministerium dazu bereits in Gesprächen. Auf dem<br />
Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit Ende Juni<br />
wurde er konkreter: Noch in diesem Jahr werde er den<br />
Entwurf für ein e-Health-Gesetz vorlegen.<br />
Wie aus einem Interview mit Bild hervorgeht, hält Gröhe<br />
insbesondere die Speicherung der Notfalldaten auf der<br />
eGK für wichtig: „Wenn es nach einem Unfall schnell<br />
gehen muss, soll der Arzt überlebenswichtige Notfalldaten<br />
sofort von der Karte abrufen können. Und wir wollen,<br />
dass ein Arzt mit Hilfe der Karte direkt sehen kann, welche<br />
Medikamente sein Patient gerade einnimmt. So können<br />
gefährliche Wechselwirkungen verhindert werden“, erklärte<br />
er. Der Datensicherheit ist dabei seiner Ansicht nach<br />
Genüge getan: Ähnlich wie bei einer Bankkarte seien die<br />
Daten durch eine PIN geschützt: „Die Daten sind sogar<br />
doppelt gesichert, weil ein zweiter Schlüssel des Arztes<br />
notwendig ist. Nur bei einem Notfall darf der Arzt damit<br />
auf die erforderlichen Daten zugreifen. Ohne die Zustimmung<br />
des Patienten geht gar nichts. Und bei allen Daten<br />
wird protokolliert, wer wann darauf zugegriffen hat.“<br />
Dass die Bundesregierung keine Datenschutzbedenken<br />
beim Projekt eGK hat, geht auch aus ihrer Antwort auf eine<br />
Kleine Anfrage der Grünen zum Umsetzungsstand und zur<br />
Zukunft der elektronischen Gesundheitskarte und der<br />
Telematik in der Gesetzlichen Krankenversicherung hervor.<br />
Im Gegenteil – sie ist der Auffassung, durch den Aufbau<br />
der Telematikinfrastruktur würden die Möglichkeiten zum<br />
Schutz personenbezogener Daten im Gesundheitswesen<br />
„grundsätzlich erheblich verbessert“. Die von der gematik<br />
in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Datensicherheit<br />
in der Informationstechnik (BSI) und der Bundesbeauftragten<br />
für den Datenschutz (BfDI) erarbeitete Sicherheitsarchitektur<br />
sei so konzipiert, dass sie den aktuellen Sicherheitserfordernissen<br />
gerecht werde.<br />
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird ein<br />
Eingreifen des Bundesgesundheitsministeriums sicherlich<br />
begrüßen. Am 27. Juni erneuerte der Verwaltungsrat seine<br />
Vorwürfe gegenüber den „Leistungserbringerorganisationen“<br />
und forderte den Gesetzgeber nochmals auf, „stringente“<br />
gesetzliche Rahmen- und Organisationsbedingungen<br />
für eine „nutzenorientierte Telematikstruktur“ zu schaffen.<br />
Für die Krankenkassen sei das Projekt eGK aufgrund der<br />
„erheblichen finanziellen Investitionen, finanziert aus den<br />
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