tadt gespräche - Stadtgespräche Rostock
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wurde die universitäre Ausbildung in den USA nachhaltig von den Anforderungen der Industrie<br />
geprägt. Die Ansozialisierung Humboldtscher Ideale dauerte den Industrielenkern jedoch<br />
schlicht zu lange, ebenso wie die komplexe Reifeprüfung als Nachweis derselben.<br />
Nicht zuletzt teilen amerikanische Universitäten die Grundregel mit der Industrie, dass ihre<br />
Leistung durch die Produktion innerhalb einer bestimmten Zeitspanne definiert wird, und<br />
dass sie sich im gnadenlosen Konkurrenzkampf bewähren müssen.<br />
Universität und Ausbildungsmarkt<br />
Die Diskussion, was die hehren Vorbilder der amerikanischen Eliteuniversitäten zu diesen<br />
macht, soll hier nicht begonnen werden. Nur soviel: Der entscheidende Mechanismus der<br />
Bildung einer „kognitiven Elite“ ist die offen sozialdarwinistische Selektion von Bewerbern,<br />
die sich entweder durch extreme Leistungsfähigkeit und -bereitschaft, oder aber durch hohe<br />
Finanzkraft auszeichnen. Die vermittelten Fähigkeiten der Harvard-, Yale-, MIT-, und anderen<br />
Elitestudenten unterscheiden sich nicht ungeheuerlich von denen anderer, wohl aber ihre<br />
Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das umstrittene Buch „The Bell Curve“ der Eliteprofessoren<br />
Richard Herrnstein und Charles Murray deckt diese Zusammenhänge für die USA<br />
auf. Die Autoren machen klar, dass mit der „Vermarktung“ der US-amerikanischen Gesellschaft<br />
gerade die Ausbildung ein immer höher gehandeltes Produkt wurde. Die meisten<br />
amerikanischen Universitäten funktionieren wie Unternehmen. Sie unterliegen, genau wie<br />
andere Produzenten, den Zwängen des Marktes, werden an ihren Produkten gemessen, und<br />
müssen langfristige Strategien entwickeln, um sich auf dem Bildungsmarkt zu behaupten. Eine<br />
davon, aber auch nur eine, ist die Strategie der Eliteuniversität. Teure Ausbildungen, große<br />
Mengen eingeworbener Drittmittel, enge Verflechtung mit der Industrie, harte Selektion<br />
der BewerberInnnen, und die gezielte Vergabe von Stipendien an hochbegabte StudentInnnen<br />
gehören zu den Elitestrategien. Daran hat sich mit der Globalisierung des Ausbildungsmarktes<br />
nur soviel geändert, dass diese Strategien noch einmal verschärft wurden. Längst hat<br />
die amerikanische Mittelklasse schwere Konkurrenz durch die ebenfalls zahlungskräftigen,<br />
aber leistungsbereiteren indischen, chinesischen oder japanischen Oberschichten bekommmen.<br />
Von daher geht die deutsche Diskussion um steuerlich finanzierte Forschungs-Eliten besinnnungslos<br />
am Problem vorbei, wenn sie das Thema der Studienfinanzierung, also der Studiengebühren,<br />
ausklammert. Ohne Studiengebühren wird es weder Eliteuniversitäten noch<br />
Lehruniversitäten geben - ohne Studiengebühren wird der deutsche Ausbildungsmarkt von<br />
der globalen Moderne abgekoppelt. Von daher ist es lächerlich, dass sich die HMT <strong>Rostock</strong><br />
mit der großen Zahl internationaler Studenten schmückt. Tatsächlich werden dort die Eliten<br />
für den koreanischen Heiratsmarkt auf Kosten des deutschen Steuerzahlers ausgebildet.<br />
Provinz als Chance<br />
Die meisten der englischen, französischen, und amerikanischen Eliteuniversitäten sind lang<br />
etablierte Einrichtungen und liegen in der Nähe großer Städte und industrieller Ballungszentren.<br />
Doch der amerikanische Ausbildungsmarkt besteht nicht nur aus Eliteschmieden.<br />
Daneben gibt es eine große Anzahl von Universitäten, die nicht in der Mitte, wohl aber am<br />
Rand des Ausbildungsmarktes überleben, aus dem einfachen Grund, weil sie keine Eliteuniversitäten<br />
sind. Diese Universitäten sind die sogenannten Lehruniversitäten, und werden entweder<br />
staatlich oder privat finanziert. Ebenso wie die Eliteuniversitäten entwickeln sie Strategien,<br />
um ihren Stand auf dem Bildungsmarkt zu verteidigen. Vor allem gehört dazu die<br />
Konzentration auf den Lehrbetrieb, die über die Stellenvergabe durchgesetzt wird. Professsoren,<br />
die sich an diese Universitäten bewerben, müssen vor allem ihre Lehrkompetenz unter<br />
Beweis stellen. Dafür fügen sie ihren Bewerbungen die Evaluationen ihrer Vorlesungen<br />
bei, die von den Studenten am Ende jeden Semesters anonym ausgefüllt werden. Forschung<br />
und Drittmitteleinwerbungen sind willkommen, stehen aber nicht im Fokus des akademischen<br />
Geschäftes. Die Reputation dieser Universitäten als Stätten solider Lehre reicht aus,<br />
um ihnen große Studentenzahlen und damit ein gesichertes Einkommen zu sichern. Ebenso<br />
bemühen sich diese Universitäten all jene Studenten zu immatrikulieren, die sich leistungsmäßig<br />
qualifizieren und gesicherte Ansprüche auf Stipendien haben. Die Stipendien-<br />
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