mit Hannes Jaenicke - Sandra Paule PR-Management
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Interview<br />
<strong>mit</strong> <strong>Hannes</strong> <strong>Jaenicke</strong><br />
Sich aufregen ist eine Sache. Was verändern, die viel bessere.<br />
<strong>Hannes</strong> <strong>Jaenicke</strong> handelt. Er setzt sich für die Umwelt ein<br />
– <strong>mit</strong> Bild und Wort. Nach dem Bestseller „Wut allein reicht<br />
nicht“ (2010), erschien jetzt sein neues Buch: „Die grosse<br />
Volksverarsche. Wie uns Industrie und Medien zum Narren<br />
halten.“ <strong>Hannes</strong> <strong>Jaenicke</strong> entlarvt Tricks und Lügen, die uns<br />
zum Kaufen und Konsumieren animieren sollen. Aber der<br />
sympathische Schauspieler hebt nicht nur den Zeigefinger,<br />
er gibt dem Leser auch ein effektives Tool an die Hand: ein<br />
Konsumenten-Navi für den kritischen Verbraucher.<br />
Gab es eine Initialzündung für Ihr Buch<br />
„Die grosse Volksverarsche“? Was hat<br />
Sie so wütend gemacht?<br />
Ich bin nicht wütend. Ich wollte eine Art<br />
Konsumentenratgeber machen. Der Verbraucher<br />
soll wissen, was er <strong>mit</strong> gutem<br />
Gewissen konsumieren kann und was nicht<br />
– ob es die eigene Gesundheit betrifft, die<br />
Umwelt, den Geldbeutel, Billiglohnarbeit<br />
und vieles mehr. Mir geht es gar nicht um<br />
Wut, sondern darum, dass der Konsumdschungel<br />
so undurchsichtig geworden ist,<br />
dass ich mir dachte, dazu kann man einen<br />
Führer machen, eine Art Navi eben.<br />
Sie nennen so einige, die sich nicht <strong>mit</strong><br />
Ruhm bekleckern. Bei wem ist die Volksverarsche<br />
ganz besonders übel?<br />
Bestimmt gehören da Pharma, Kosmetik,<br />
Verpackung, Autoindustrie und Banken dazu.<br />
Das sind die Kapitel, wo selbst ich Bauklötze<br />
gestaunt habe, <strong>mit</strong> welcher Unverfrorenheit<br />
die den Konsumenten belügen.<br />
Und Sie treten so manchem Großkonzern<br />
auf die Füße. Gab’s da keine Probleme?<br />
Es gab Industrievertreter, die wollten so gar<br />
nicht gerne <strong>mit</strong> uns reden. Pharma und<br />
Textil waren schwierig, die haben gemauert.<br />
Informationen musste ich mir da eben auf<br />
anderem Weg besorgen. Und bei allen<br />
anderen habe ich erstaunlich redebereite<br />
Menschen gefunden, zum Teil natürlich<br />
auch Aussteiger. Aber durch meine Dokus,<br />
die ich in den letzten Jahren fürs ZDF gemacht<br />
habe, habe ich relativ gute Kontakte<br />
zu Ministerien und Konzernen. Das war<br />
wohl auch ein Grund, warum mir so viele<br />
Rede und Antwort gestanden haben.<br />
Wie kann man Umweltschönfärberei von<br />
Konzernen, sogenanntes Greenwashing,<br />
entlarven?<br />
Das Internet ist natürlich eine fantastische<br />
Quelle. Es gibt <strong>mit</strong>tlerweile eine ganze<br />
Reihe von entsprechenden Siegeln und Zertifizierungen,<br />
und es gibt viele großartige<br />
Aufklärungsseiten, auf denen man sich<br />
detailliert schlau machen kann wie beispielsweise<br />
fairness-check.de, utopia.de<br />
oder avaaz.org.de. Das ist ja nicht wahn -<br />
sinnig zeitaufwendig. Wenn man sich zum<br />
Bespiel das Wort PLA (Anm.: steht für Polylactide,<br />
wird für angeblich umweltfreundliche<br />
Verpackungen verwendet) einmal gemerkt<br />
hat und weiß, dass man <strong>mit</strong> entsprechenden<br />
Produkten den Massenanbau von teilweise<br />
gen-manipuliertem Mais als Verpackungsmaterial<br />
unterstützt, dann sollte man diese<br />
auch nicht mehr kaufen. Bei manchen Dingen<br />
ist es viel banaler, wie z.B. beim Verzicht<br />
auf Plastiktüten. Das meiste sagt einem ja<br />
schon der gesunde Menschenverstand.<br />
Schauspieler oder Umweltaktivist. Was<br />
hat in Ihrem Leben Priorität?<br />
Das ist einfach. Ich verdiene mein Geld als<br />
Schauspieler. Ich liebe meinen Beruf, es<br />
gibt keinen, der mehr Spaß macht. Alles<br />
andere ist Freizeitgestaltung und privates<br />
Engagement. Ich bin Schauspieler und<br />
werde das hoffentlich auch noch eine<br />
Weile bleiben dürfen.<br />
Ihr Buch macht dem einen oder anderen<br />
sicher ein schlechtes Gewissen. Ist das<br />
Absicht?<br />
Das ist überhaupt keine Absicht. Im Gegenteil.<br />
Deswegen nennen wir es auch Konsumenten-Navi.<br />
Die Idee ist, einen Ratgeber<br />
zu machen, da<strong>mit</strong> jeder <strong>mit</strong> gutem Ge -<br />
wissen und gut informiert konsumieren<br />
kann. Und das funktioniert auch. Aber man<br />
muss sich halt schlau machen, ein bisschen<br />
mehr recherchieren – soweit es die Indus -<br />
trie zulässt.<br />
Ihr Konsumenten-Navi gibt dem Leser<br />
praktische Tipps an die Hand. Es ist doch<br />
kaum möglich, das alles umzusetzen…<br />
Darum geht es ja gar nicht. Es soll sich<br />
jeder das raussuchen, wo er am Einfachsten<br />
etwas verändern kann. Jeder von uns muss<br />
Kompromisse machen. Ich bin ja auch kein<br />
hundertprozentig konsequenter Mensch.<br />
Ich fliege zum Beispiel viel zu viel, dafür<br />
„Der Konsument hat die Macht,<br />
er kann den Markt beeinflussen“<br />
22<br />
PURE SOUL<br />
<strong>Hannes</strong> <strong>Jaenicke</strong><br />
Foto: Robert Recker
<strong>Hannes</strong> <strong>Jaenicke</strong> setzt<br />
sich für die Umwelt<br />
ein: Unter anderem<br />
auch für die vom<br />
Aussterben bedrohten<br />
Orang Utans.<br />
mache ich dann eben den CO2-Ausgleich<br />
und spende an diverse Wiederaufforstungs-<br />
Projekte in Indonesien. Es geht darum,<br />
gewisse Dinge beim Kauf- und Konsumverhalten<br />
zu ändern, bestimmte Produkte und<br />
Konzerne zu boykottieren. Man sollte sich<br />
überlegen, ob man wirklich ein T-Shirt für<br />
vier Euro kaufen sollte, wenn man da<strong>mit</strong><br />
letztlich moderne Sklavenarbeit in Billiglohnländern<br />
unterstützt. Es geht nicht<br />
darum, dass man in die Einöde geht und<br />
dort bei Kerzenschein lebt. Wenn man<br />
schon mal seinen eigenen Plastikkonsum<br />
und Müll reduziert, dann ist das bereits ein<br />
Gewinn. Auch beim Autokauf kann man ja<br />
nachdenken. Man sollte z.B. den CO2-Ausstoß<br />
seines Wagens kennen und sich nicht<br />
auf die „offiziellen“ Angaben verlassen.<br />
Man muss sich auch keinen Luxuswagen<br />
aufschwatzen lassen, nur weil es vermeintlich<br />
prestigeträchtige Autos sind. Es gibt<br />
umweltfreundliche Alternativen, aber wir<br />
kaufen sie halt nicht, und das muss sich<br />
ändern.<br />
Gibt es noch Hoffnung?<br />
Absolut. Wenn man sich mal ansieht, wie<br />
die Textilindustrie jetzt auf die Katastrophen<br />
in Bangladesch reagiert. Das machen die ja<br />
nicht, weil sie plötzlich menschlich werden,<br />
sondern weil die Medien darüber berichten<br />
und der Konsument sagt: „Spinnt ihr, wie<br />
produziert ihr eigentlich in der 3. Welt?“.<br />
Die haben Angst vor dem Konsumenten,<br />
insofern passiert da im Moment ganz viel.<br />
Der Konsument hat Macht, er kann den<br />
Markt beeinflussen. Nehmen wir mal das<br />
Beispiel als Shell 1996 die Bohrinsel ‚Brentspar’<br />
in der Nordsee versenken wollte. Da<br />
haben die Deutschen drei Wochen lang<br />
nicht mehr bei Shell getankt – und Shell ist<br />
eingeknickt. Das Gleiche gilt auch für die<br />
Stromanbieter, da können wir über einen<br />
Wechsel zu Ökostrom <strong>mit</strong>bestimmen. Wir<br />
haben mehr Einfluss auf den Markt als<br />
wir glauben, wir müssen ihn nur einsetzen.<br />
Die größte „Baustelle“ in der Zukunft<br />
ist…?<br />
Ich glaube, die größte Baustelle ist die<br />
Energiewende. Da herrscht ein unglaubliches<br />
Chaos. Das Konzept klingt ja erst mal<br />
großartig, aber es wird halbherzig und kopflos<br />
umgesetzt. Der Widerstand der Energieriesen<br />
ist gewaltig, und die Politik steht<br />
unter dem Dauerbeschuss der Lobbyisten<br />
der Energiemonopolisten. Laut Umfragen<br />
ist der Verbraucher bereit für die Energiewende,<br />
die Deutschen sind absolut dafür.<br />
Aber wie das gerade organisiert wird, ist<br />
nicht nachvollziehbar. Auch wenn es keiner<br />
mehr hören will, die absoluten Themen in<br />
der Zukunft sind Energiewende und Klimawandel.<br />
Verraten Sie uns, was als nächstes auf<br />
Ihrer To–Do-Liste steht?<br />
Ich mache demnächst einen Film, ich muss<br />
ja ab und zu auch mal Geld verdienen.<br />
„Klinik unter Planen“ wird in Thailand gedreht,<br />
eine Komödie über „Ärzte ohne<br />
Grenzen“. Eine richtig gute Geschichte.<br />
Und ich bereite eine Doku über Elfenbeinhandel<br />
und Elefantenwilderei in Afrika vor,<br />
sie wird voraussichtlich im Herbst fürs<br />
ZDF gedreht und 2014 ausgestrahlt. Die<br />
Wilderer sind <strong>mit</strong>tlerweile bewaffnet wie<br />
moderne Armeen, und wir werden ver -<br />
suchen, sie unbeschadet zu filmen. Bis jetzt<br />
ist uns das immer geglückt…<br />
S<br />
Interview: Petra Dietz<br />
Buchtipp: „Die große Volksverarsche:<br />
Wie Industrie und Medien uns zum<br />
Narren halten. Ein Konsumenten-Navi“<br />
von <strong>Hannes</strong> <strong>Jaenicke</strong>, Gütersloher Verlagshaus,<br />
17,99 €. Die Website zum<br />
Buch: www.die-grosse-volksverarsche.de<br />
Die von <strong>Hannes</strong> <strong>Jaenicke</strong> (53) co-pro -<br />
duzierten ZDF-Dokumentationen „Im<br />
Einsatz für Eisbären“ „...Haie“ und ...<br />
„Gorillas“ wurden mehrfach ausgezeichnet.<br />
Die Dokus schlossen an die erfolgreiche<br />
Ausstrahlung des Pilotfilms über<br />
Regenwaldvernichtung und vom Aus -<br />
sterben bedrohte Orang Utans an. Neben<br />
seinem Umweltengagement unterstützt<br />
<strong>Hannes</strong> <strong>Jaenicke</strong> zahlreiche caritative<br />
Organisationen u. a. die Christoffel<br />
Blindenmission (CBM), International<br />
Campaign for Tibet (ICT), Amnesty International<br />
(AI) und Greenpeace.<br />
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PURE SOUL