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"Mehr Suizide bei der Bundeswehr"

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1.11.2014 ″<strong>Mehr</strong> <strong>Suizide</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bundeswehr″ | Deutschland | DW.DE | 31.10.2014<br />

THEMEN / DEUTSCHLAND<br />

BU N D ESWEH R<br />

"<strong>Mehr</strong> <strong>Suizide</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bundeswehr"<br />

Alarmruf des Wehrbeauftragten <strong>der</strong> Bundeswehr. Hellmut Königshaus fürchtet angesichts<br />

immer neuer Belastungen eine "Abwärtsspirale", die sogar zu einem "Zusammenbruch des<br />

Systems" führen könne.<br />

Auslandseinsätze wie hier in Afghanistan zehren an den Kräften<br />

<strong>Suizide</strong>, scheiternde Beziehungen, familiäre Probleme - <strong>der</strong> Wehrbeauftragte des Bundestages,<br />

Hellmut Königshaus, warnt vor einer weiteren "Abwärtsspirale" <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bundeswehr angesichts immer<br />

neuer Belastungen. "Wenn wir diese Spirale nicht unterbrechen, dann wird das zum Zusammenbruch<br />

des Systems führen", sagte er am Freitag in Berlin. Grund könne Materialknappheit ebenso wie<br />

Personalmangel sein.<br />

Nach seinem Eindruck, so <strong>der</strong> Beauftragte des Parlaments, gibt es auch eine "steigende Zahl von<br />

<strong>Suizide</strong>n und Suizidversuchen". Das bereite ihm Sorge. Über jeden dieser Fälle muss die Bundeswehr<br />

offizielle Berichte erstellen. Darin stehe dann meist "Ursache im privaten Bereich". Häufig seien die<br />

Gründe aber in dienstlichen Belastungen begründet. Dazu könnten auch schon zu viele<br />

Auslandseinsätze o<strong>der</strong> eine heimatferne Stationierung gehören. Königshaus, <strong>der</strong> <strong>der</strong> FDP angehört<br />

und seit viereinhalb Jahren Wehrbeauftragter des Bundestages ist, äußerte sich <strong>bei</strong> einer<br />

Veranstaltung <strong>der</strong> "Gemeinschaft Katholischer Soldaten" zum Thema "Zwischen Kumpel und<br />

Schleifer. Vorgesetzte in <strong>der</strong> Bundeswehr heute". Soldatische Angehörige unterschiedlicher Bereiche<br />

<strong>der</strong> Bundeswehr teilten am Rande <strong>der</strong> Veranstaltung die Bewertungen des Ministers.<br />

Hilfloses Personal<br />

Im Vorfeld hatte <strong>der</strong> ansonsten meist zurückhaltende Verband eine "Überlastung und Verunsicherung<br />

unter Vorgesetzten und Untergebenen" beklagt. Diese äußere sich "in Akten von Hilfslosigkeit und<br />

gelebter Sprachlosigkeit". "Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Inneren Führung werden als fakultativ begriffen und<br />

als Dienstbeschwernis abgelehnt. Damit wird Personal verwaltet, nicht geführt, und verheizt, nicht<br />

umsorgt." Als Innere Führung wird seit den 1950er Jahren das Leitbild <strong>der</strong> Bundeswehr bezeichnet,<br />

das den Soldaten als Staatsbürger in Uniform sieht und hohe Erwartungen an die Führung <strong>der</strong><br />

Soldaten umreißt. Dazu gehört <strong>bei</strong>spielsweise, dass die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bundeswehr nicht blind<br />

gehorchen, son<strong>der</strong>n auch lernen, sich kritisch mit ihren Aufgaben auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />

Königshaus sprach von einer im Grunde steilen Aufwärtsentwicklung, was Führungskultur <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

http://www.dw.de/mehr-suizide-<strong>bei</strong>-<strong>der</strong>-bundeswehr/a-18032918 1/3


1.11.2014 ″<strong>Mehr</strong> <strong>Suizide</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bundeswehr″ | Deutschland | DW.DE | 31.10.2014<br />

Bundeswehr angehe. Es gebe aber Ausrutscher.<br />

Hinzu komme, dass im Zusammenhang mit<br />

Auslandseinsätzen in Ausnahmefällen "gewisse<br />

Vorgesetzte" auf "Innere Führung und solchen<br />

Schnickschnack verzichten" wollten.<br />

Wehrbeauftragter Hellmut Königshaus<br />

Knapp zehn Prozent aller Eingaben, die ihn<br />

erreichten, hätten Beschwerden über<br />

Führungsverhalten zum Inhalt, so <strong>der</strong><br />

Wehrbeauftragte.<br />

Schimmelentfernung wichtiger als getrennte Toiletten<br />

Er berichtete weiter, dass ihn immer wie<strong>der</strong> Beschwerden von Soldatinnen über anzügliche<br />

Bemerkungen durch männliche Kollegen erreichten. Die Bundeswehr sei auch gut zehn Jahre nach<br />

Dienstantritt <strong>der</strong> ersten weiblichen Soldaten in vielen Bereichen räumlich nicht darauf eingerichtet,<br />

dass Frauen in ihren Reihen seien. Auch <strong>der</strong> Chef des Stabes Zentrum für Militärgeschichte und<br />

Sozialwissenschaften <strong>der</strong> Bundeswehr, Professor Winfried Heinemann, äußerte sich zu diesem Thema.<br />

Sicher seien Fälle sexueller Belästigung <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bundeswehr die Ausnahme. Ein strukturelles Problem<br />

sei jedoch die mangelnde Ausstattung mit getrennten Toiletten für Männer und Frauen. Wenn es aber<br />

in einer Kaserne reinregne und <strong>der</strong> bauliche Zustand schlecht sei, dann wollten die Kameraden erst<br />

einmal lieber eine schimmelfreie Stube als weitere Toiletten.<br />

Beziehungen und Ehen leiden mit<br />

<strong>Mehr</strong>ere Soldaten und <strong>der</strong> Wehrbeauftragte äußerten sich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Veranstaltung in drastischen<br />

Worten über die Auswirkungen <strong>der</strong> dienstlichen Beanspruchung auf Familie, Ehe und Partnerschaft.<br />

Königshaus lobte <strong>bei</strong> diesem Thema die Sensibilität <strong>der</strong> jetzigen Verteidigungsministerin Ursula von<br />

<strong>der</strong> Leyen.<br />

Er erlebe <strong>bei</strong> Besuchen an Standorten Einheiten<br />

o<strong>der</strong> Teileinheiten, "in denen fast keiner mehr in<br />

geordneten Familienverhältnissen" lebe. Es gebe<br />

glaubhafte Berichte, dass nach längeren<br />

Auslandseinsätzen <strong>bei</strong> jedem zweiten Soldaten die<br />

Beziehung zerbrochen sei. Auch Heinemann<br />

bestätigte, Trennungen und Scheidungen kämen<br />

<strong>bei</strong> Soldaten drastisch häufiger vor als <strong>bei</strong><br />

vergleichbaren Gruppen <strong>der</strong> Gesamtgesellschaft.<br />

Familie und Bundeswehr - keine leichte Kombination<br />

Major Tobias Brösdorf, Mitglied des 14. Beirats für<br />

Fragen <strong>der</strong> Inneren Führung, sagte, er selbst seit seit zweieinhalb Jahren Fernpendler. Das sei eine<br />

Belastung, ein Wochenende sei zu kurz für die Familie. "Aber ich will meiner Familie nicht zumuten,<br />

16 Schulsysteme in 16 Bundeslän<strong>der</strong>n auszuprobieren." Königshaus appellierte angesichts solcher<br />

Beschwerden an die Spitze des Verteidigungsministeriums, auf die Kultusministerkonferenz<br />

zuzugehen und auf eine bessere Vereinbarkeit <strong>der</strong> schulischen Systeme in den Bundeslän<strong>der</strong>n zu<br />

drängen. Auch wenn Deutschland ein fö<strong>der</strong>ales System habe, solle <strong>der</strong> Bund sich für eine "einheitliche<br />

Schulkarrieremöglichkeit" einsetzen. Sonst treffe je<strong>der</strong> Umzug zwischen Bundeslän<strong>der</strong>n, nicht nur <strong>bei</strong><br />

Soldaten, die Schwächsten, die Kin<strong>der</strong>.<br />

Datum 31.10.2014<br />

Autorin/Autor Christoph Strack<br />

Schlagwörter Bundeswehr, Königshaus, Wehrbeauftragter, Suizid, Attraktivitätsöffensive, Leyen<br />

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1.11.2014 ″<strong>Mehr</strong> <strong>Suizide</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bundeswehr″ | Deutschland | DW.DE | 31.10.2014<br />

MEH R ZU M TH EMA<br />

Bundeswehr - nur bedingt<br />

einsatzbereit 25.09.2014<br />

Veraltete Transportflugzeuge,<br />

defekte Hubschrauber, fehlende<br />

Ersatzteile: die Mängelliste <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Bundeswehr ist lang.<br />

Wehrbeauftragter Königshaus<br />

bezweifelt, dass sie ihrem Auftrag<br />

in <strong>der</strong> Welt noch gerecht werden<br />

kann.<br />

Schrottplatz Bundeswehr<br />

24.09.2014<br />

Von Afghanistan bis Afrika ist die<br />

Bundeswehr im Einsatz - und fährt<br />

da<strong>bei</strong> auf Verschleiß. Vor allem<br />

Transportflugzeuge und<br />

Hubschrauber sind mehr in <strong>der</strong><br />

Werkstatt als in <strong>der</strong> Luft.<br />

Pannen, die nutzen können<br />

25.09.2014<br />

Der Transport von 600 Tonnen<br />

Kriegsmaterial aus Deutschland für<br />

die Kurden im Irak begann mit<br />

einer peinlichen Serie von Pannen.<br />

Von denen kann Ursula von <strong>der</strong><br />

Leyen aber letztlich noch<br />

profitieren, meint Felix Steiner.<br />

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