seitenbühne Nr. 27 - Staatsoper Hannover
seitenbühne Nr. 27 - Staatsoper Hannover
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seitenbühne 01.02<br />
Das Journal der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong>
proszenium<br />
Kindheitstraum(a)?<br />
Ich bin in Görlitz aufgewachsen. Eigentlich in dem kleinen Musiktheater der Stadt. Meine<br />
Mutter war Tänzerin und mein Vater Tänzer. Und oft kam es vor, dass sie mich mit ins Theater<br />
genommen haben. Im Gegensatz zu heute waren wir viele »Theaterkinder«. Unsere Eltern<br />
waren Musiker, Sänger, Ankleider, Maskenbildner, Schneider oder Bühnenarbeiter. Wir<br />
haben in der Kantine gespielt, gemeinsam in den Proben gesessen, sind heimlich durchs<br />
Kulissenhaus gestromert oder haben in der Maske meinem Onkel beim Schminken zugeschaut.<br />
Zu den schönsten Momenten zählte für mich, wenn ich im Zuschauerraum saß, mir<br />
eine Vorstellung ansah und meine Eltern mir von der Bühne zuzwinkerten. Den größten<br />
Einfluss aber hatte mein Großvater auf mich. Er war Maskenbildner an der Oper in Sofia. In<br />
den Schulferien, wenn ich ihn besuchte, waren wir oft in seiner Maske. Unter seinen Händen<br />
verwandelten sich Sänger in Rigoletto, Boris Godunov, Falstaff oder Otello. Für mich hat<br />
sich nie die Frage gestellt, etwas anderes zu machen. Ich bin Maskenbildner geworden,<br />
habe das große Glück, den Beruf auszuüben, den ich immer wollte, der mir Spaß macht.<br />
Freude an der Arbeit ist für mich im Theaterbetrieb unverzichtbar! Die Bandbreite von dem,<br />
was wir Maskenbildner machen, ist wahnsinnig vielfältig. Gewissermaßen fungieren wir<br />
Maskenbildner als Schnittstelle, die Handwerk und Kunst miteinander verbindet. Dadurch,<br />
dass immer wieder neue Anforderungen gefragt sind, muss man immer weiterlernen, immer<br />
weiterdenken, sollte nicht stehen bleiben.<br />
Eine der größten Herausforderungen an der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong> waren meine ersten Jahre<br />
als Chefmaskenbildner. Die Verantwortung für zehn Kolleginnen zu tragen und meine eigene<br />
Motivation an sie weiter zu geben – das geht nur, wenn es ehrliche Motivation ist.<br />
Viele sagen, es brauche einen gewissen Idealismus, wenn man am Theater arbeitet. Ich<br />
möchte noch einen Schritt weiter gehen: Idealismus ist in meinen Augen etwas »so Gewolltes«,<br />
es hat etwas von »etwas Hochhalten«; was die Arbeit am Theater aber wirklich<br />
braucht, ist Leidenschaft für das, was man tut! Denn Leidenschaft ist das »was da ist«, was<br />
selbstverständlich ist. Und genau das sollte die Arbeit – im besten Falle in jedem Beruf –<br />
sein: selbstverständlich! Diese Leidenschaft bei der Arbeit auch an junge Leute weiterzugeben<br />
ist mir wichtig und sehe ich als eine meiner Aufgaben von »(Chef-)Azubi zu Azubi«.<br />
Unsere Begeisterung für das Theater, die wir Kinder bereits von klein auf im Theater zu<br />
spüren bekommen haben, hat uns ganz bestimmt geprägt, immerhin sind fast alle von uns<br />
später auch beruflich am Theater gelandet. Dem schönsten Arbeitsplatz, den man sich vorstellen<br />
kann.<br />
Ich wünsche Ihnen und uns ein bewegtes Jahr 2012, ohne Stillstand und mit viel Spaß!<br />
Ihr<br />
Stefan Jankov<br />
Chefmaskenbildner
02. 03 Foyer<br />
kinderfest 2012<br />
»Wunderwelten«<br />
Sonntag, 29. Januar 2012<br />
In den »Wunderwelten« lässt sich so<br />
Einiges erleben: Rätselhaftes, Verrücktes<br />
und bisweilen ein wenig Gruseliges! Im<br />
Fledermauswald hausen die kleinen<br />
Vampire, mit denen man das berühmte<br />
rote Gesöff schlürfen kann. Bei den<br />
Gespenstern gibt es Unterricht im Heulen<br />
und Kettenrasseln. Unser Hexenmeister<br />
Jochen lehrt faszinierende magische<br />
Tricks und seine coole Glitzerhexenfrau<br />
Gabi zeigt wilde Tänze mit ihrem Zau berbesen.<br />
Aber auch Wundersames gibt es zu<br />
erleben: Eine verkehrte Welt im Blumen-<br />
Irrgarten, eine Zauberwiese, die plötzlich<br />
bunt daherkommt, das große lebende<br />
Wandbild im goldenen Rahmen und die<br />
stolze Elfenkönigin, die den Erlebnispfad<br />
zum Stein der Weisen freigibt. Die Reise<br />
durch die Wunderwelten lässt staunen<br />
und sorgt für Nervenkitzel!<br />
Mit freundlicher<br />
Unterstützung
Foyer
04. 05 oper<br />
Katharina Ortmann<br />
Spielen, spielen, spielen<br />
Zur Premiere von Rossinis Barbier von Sevilla<br />
»Die Vorstellung war zu Ende. Auf der Suche<br />
nach meinen Eltern ging ich zurück in den<br />
Zuschauerraum, wo mich eben noch das Kasperltheater<br />
total begeistert hatte. Plötzlich<br />
stand ich vor der leeren Bühne. Der Vorhang<br />
war oben und die Techniker haben abgebaut.<br />
Irgendwo in der Ecke lagen die Puppen,<br />
das Licht war an und es war plötzlich alles<br />
unromantisch und langweilig<br />
und hässlich.«<br />
Sänger und Sängerinnen,<br />
Werkstättenleiter, technische<br />
Leitung, der Intendant,<br />
Korrepetitoren, Di ri genten, Regieassistenten,<br />
Pressesprecherin und Dramaturgen<br />
sitzen im Laves-Foyer der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong>.<br />
Mit dieser Kindheitserinnerung beginnt<br />
Alexander Charim sein Konzeptionsgespräch<br />
für die Beteiligten der Produktion<br />
Der Barbier von Sevilla. Eigentlich ein deprimierendes<br />
Bild, keines, das dazu animiert,<br />
zukünftig als Regisseur zu arbeiten. Oder<br />
gerade doch? »Als Kind habe ich Theatervorstellungen<br />
so intensiv erlebt, dass die<br />
Theaterbühne im Moment der Vorstellung<br />
zur Realität wurde. Ich habe mich rückblickend<br />
gefragt, warum das Bild von leeren<br />
Theatern eigentlich etwas so Deprimierendes<br />
und Melancholisches hat. Warum<br />
empfindet man das<br />
so? Das Ende der<br />
Vorstellung bedeutet<br />
die Rückkehr in den<br />
Alltag. Das, was man jeden Tag lebt, hatte<br />
viel weniger Spannung, weniger Kraft, weniger<br />
Möglichkeiten als das, was passiert,<br />
wenn man spielt.« Das Theaterspiel als Katalysator<br />
und Brennspiegel unseres Lebens,<br />
als Fundus an erlebten Möglichkeiten jenseits<br />
unserer alltäglichen Realität – um das<br />
zu erleben, gemeinsam mit Sängern oder<br />
Schauspielern in der Vorstellung, aber vor<br />
allem auf der Probe, dafür ist Alexander<br />
Sung-Keun Park, Monika Walerowicz, Jin-Ho Yoo<br />
Charim Regisseur geworden. Unter anderem.<br />
Charim arbeitet gerne an der Schnittstelle<br />
von Oper und Schauspiel, mit offenen Theaterformen<br />
und Projekten, die er in Teamarbeit<br />
mit Komponisten, Schauspielern oder<br />
Sängern entwickelt. Zuletzt unter anderem<br />
Orfeo – Love will tear us apart nach Claudio<br />
Monteverdi für die KunstFestSpiele <strong>Hannover</strong><br />
in Herrenhausen im Juni 2010 oder Die<br />
Jaffa-Orangen des Richard W. – ein israelisches<br />
Rheingold, uraufgeführt im Oktober<br />
2011 im Radialsystem V Berlin. Häufig arbeitet<br />
er mit dem Bildenden Künstler, Bühnenbildner<br />
und Kostümbildner Ivan Bazak<br />
zusammen. Beide bringen nun Gioachino<br />
Rossinis Der Barbier von Sevilla auf die Bühne<br />
der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong>.<br />
Aufmerksam verfolgen alle Charims Erläuterungen:<br />
»Für mich geht es in dieser Oper um<br />
eine Gruppe von Menschen, die den Moment<br />
des Spielens als Dauerzustand etablieren.«<br />
Für den 1981 in Wien geborenen Regisseur,<br />
der an der Hochschule für Schauspielkunst<br />
»Ernst Busch« Berlin studiert hat,<br />
ist Der Barbier von Sevilla ein Stück, das das<br />
Spiel zum Prinzip erhebt. Charims Faszination
oper<br />
des Spiels findet hier aber gleichsam ihre<br />
Brechung. Rossini zeigt es als Mittel zur<br />
Selbstdarstellung, das bei seinen Figuren<br />
zur Selbstentfremdung führt: »Keine der Figuren<br />
hat etwas wie eine Identität, einen<br />
Kern. Das ist einerseits reizvoll und aufregend.<br />
Solange man keine Identität hat, hat<br />
man ja auch keine zu verlieren. Den Figuren<br />
ermöglicht das, für immer im Moment zu leben,<br />
lustvoll und mit genau jener Kraft und<br />
Absolutheit, die mich im Kasperltheater so<br />
mitgerissen hat. Rossinis Figuren erleben<br />
nie den ernüchternden, biederen Moment<br />
von Realität und Alltag. Diese Menschen<br />
wollen nicht aufhören zu spielen. Sie beginnen<br />
mit einer Explosion von Lüge und von<br />
Verstellung. Nie lernt man die Figuren wirklich<br />
kennen. Man hat das Gefühl, jeder lügt<br />
jeden permanent an. Es gibt kein ande res<br />
Stück, in dem so viele<br />
Angeber vorkommen. Der<br />
Vorhang geht auf und einer<br />
nach dem anderen<br />
kommt auf die Bühne und<br />
erzählt: ›Ich bin der Tollste, ich werde es<br />
schaffen, euch alle zu überrumpeln und das<br />
zu kriegen, was ich will.‹ Das ganze Stück ist<br />
eine Konstruktion von Lügen, Verstellung<br />
und Spiel. Es gibt kein Aussteigen, kein ›zwischen<br />
den Vorstellungen‹, es wird immer<br />
nur gespielt. In dem Moment, wo die erste<br />
Lüge aufhört, kommt man zur nächsten. Es<br />
gibt nichts, wo man ankommen kann.«<br />
Seine Sicht auf das Stück entwickelt Charim<br />
aus dem Zeitgeist Italiens zu Rossinis Zeit.<br />
Und zeigt auf, wie nah uns Rossinis Figuren<br />
auch heute sind: »Obwohl Rossini 1816 mit<br />
der Vertonung von Beaumarchais einen 40<br />
Jahre alten Stoff genommen hat, ist es ganz<br />
offensichtlich seine eigene Zeit, die auf die<br />
Bühne gelangt. Beaumarchais schrieb sein<br />
Schauspiel Le Barbier de Séville 1775, also<br />
noch vor der Französischen Revolution. Rossinis<br />
Barbier beschreibt die Stimmung 30<br />
Jahre nach der Revolution. Das heißt, nach<br />
einer Zeit, in der man geglaubt hat, ›Wir verändern<br />
die Welt‹ – einer Zeit, in der es eine<br />
Vorstellung davon gab, wie eine veränderte,<br />
bessere Welt aussehen sollte. 1816, im Italien<br />
der Restauration, ist nicht mehr viel davon<br />
übrig geblieben. Eine resignative Haltung,<br />
die sich darauf beschränkt, die Dinge<br />
nur noch im Kleinen zu verändern. Im<br />
Kleinen heißt hier: im Privaten und im Hinblick<br />
auf das, was<br />
das beste für einen<br />
selber ist. Die Frage,<br />
die Rossinis Figuren<br />
bewegt, ist: Was ist<br />
mein nächstliegender<br />
Vor teil? Und wie<br />
erreiche ich ihn am<br />
geschicktesten und<br />
am schnellsten? Es<br />
ist eine Welt, die<br />
wahnsinnig eng und<br />
wahnsinnig klein ist,<br />
geprägt von Egozentrik<br />
und Gier. Mich<br />
interessiert das als etwas sehr Menschli<br />
ches – das Stück hält uns den Spiegel vor.<br />
Der Moment des Spiels, des sich Verstellens<br />
ist etwas, was uns im täglichen Leben oft<br />
selbst begegnet: Die Erfahrung, dass wir<br />
nicht ausreichen, so wie wir sind, ist eine<br />
für unsere Zeit typische. Wir schichten unsere<br />
Persönlichkeit zusammen aus einer<br />
Vielzahl von Möglichkeiten, je nach Bedarf<br />
und Kontext. Es geht um die Über ein an derschichtung<br />
von Eigenschaften, die man erwirbt,<br />
um in der Realität durchzukommen<br />
und das hinzukriegen, was man am meisten<br />
will. Das ist genau das, was Rossinis Figuren<br />
tun. Wir sehen in diesem Stück nur Menschen,<br />
die Eigenschaften<br />
aufeinander türmen. Rosina<br />
singt in ihrer berühmten<br />
Arie ›Una voce<br />
poco fa‹ davon, dass sie<br />
lieb sein kann, aber wenn man sie reizt,<br />
auch zur Viper wird. Mit andern Worten<br />
heißt das: ›Es gibt diese beiden Eigenschaften,<br />
daraus bestehe ich und je nach<br />
Bedarf kann ich diese oder jene verwenden.‹<br />
Dass hinter diesen Konstruktionen<br />
etwas Echtes liegt, so etwas wie der Kern<br />
der Figuren – man kann ihn bei Rossini<br />
allenfalls erahnen«.<br />
Wenn man Alexander Charim zuhört, spürt<br />
man nicht nur eine große Liebe zum Theater,<br />
sondern auch eine große Ernsthaftigkeit,<br />
die den Dingen auf den Grund gehen<br />
will. Rossinis Barbier ist eine Buffa in bester<br />
Comedia dell'Arte-Tradition, mit viel Witz,<br />
hohem Tempo und saftigen Pointen. Gleichzeitig<br />
ist es für Charim ein Stück mit ungeheurer<br />
Schärfe: »Ich habe viel darüber nachgedacht,<br />
was eigentlich lustig ist an der<br />
Oper. Für mich sind das die Momente, wenn<br />
eigentlich etwas drunter liegt, was gar nicht<br />
lustig ist. So wie in dem Film Die Marx<br />
Brothers im Krieg, in dem es um fürchter
06. 07 oper<br />
liche Dinge geht und trotzdem komisch ist.<br />
Und genau das ist mir auch für die Inszenierung<br />
des Barbiers wichtig: Dass man hinter<br />
diesem Spiel, so laut und erotisch und komisch<br />
es auch sein mag, immer einen<br />
Schmerz und eine Melancholie der Menschen<br />
spürt – einen Schmerz darüber, dass<br />
man in dieses Spiel eingestiegen ist, dass<br />
man es nun immer weiter treiben muss.<br />
Aussteigen kann man nicht in der Welt, in<br />
der diese Figuren leben.<br />
Es gibt einen Punkt im<br />
Stück, wo man diese Melancholie<br />
sehr deutlich<br />
spürt: Am Schluss, wenn<br />
der Graf sich als Graf zu<br />
erkennen gibt. Damit sollen sich endlich die<br />
vorhergehenden Wirrnisse in Luft auflösen<br />
und alle sich freuen. Das Terzett zwischen<br />
Rosina, Figaro und Graf, das daran anschließt,<br />
klingt aber gar nicht so fröhlich,<br />
wie es nun eigentlich zu erwarten wäre.<br />
Alle wissen zwar, dass der Graf der Graf ist,<br />
aber dass man sich deshalb kennt oder näher<br />
gekommen wäre, ist nicht der Fall.«<br />
Als Alexander Charim dann dem Ensemble<br />
anhand des von Ivan Bazak liebevoll aufgebauten<br />
Bühnenbildmodells erläutert, wie<br />
sich beide Bühnenraum und Inszenierung<br />
vorstellen, blitzt erneut sein ansteckender<br />
Spieltrieb hervor: »Die Grundidee ist: Wie<br />
könnte es sein, wenn das Theater, diese<br />
Spielmaschine, in der die Figuren sind,<br />
selbst eine Rolle übernimmt? In diesem<br />
Stück geht es ständig um Zufälle: Da kommt<br />
ein Brief plötzlich ins Spiel, oder eine Figur<br />
platzt an einem dramaturgisch völlig unsinnigen<br />
Moment hinein<br />
etc. Wir greifen<br />
diese Dramaturgie<br />
des Zufalls auf und<br />
machen das Theater<br />
zu einem unsichtbaren<br />
Mitspieler. Mal<br />
funk tioniert es als<br />
Schlaraffenland, in<br />
dem all das passiert,<br />
was man sich<br />
wünscht. Im nächsten<br />
Moment richtet<br />
es sich plötzlich gegen<br />
die Figuren. Wie<br />
eine zusätzliche Figur<br />
wirft das Theater<br />
den Agierenden immer wieder Brocken<br />
hin, an denen sie zu kauen haben. Es zeigt<br />
ihnen Bilder von Dingen, die sie sein wollen<br />
oder sein könnten oder auch nicht sein wollen.<br />
Das Theater funktioniert wie der Zufall,<br />
oder wie ein Riese, der mit den Figuren seinen<br />
Spaß macht, wie ein System oder Prinzip,<br />
das sie nicht durchschauen, mit dem sie<br />
aber umgehen müssen.« Schade, dass das<br />
Modell nicht über Windmaschine, Schnürboden<br />
und Lichtmaschinen verfügt. Anderseits:<br />
Die Probebühne im Probenzentrum<br />
Bornum wartet schon. Und außerdem: Nur<br />
der Zauberkasten Theater, am Abend der<br />
Vorstellung, hat die Kraft, uns so in den<br />
Bann zu schlagen, dass wir Alltag Alltag<br />
sein lassen und wie die Figuren auf der<br />
Bühne das machen, was schon Schiller<br />
Menschen jeden Alters empfahl: spielen,<br />
spielen, spielen.<br />
DER BARBIER VON SEVILLA<br />
Komische Oper in zwei Akten von Gioachino Rossini<br />
Musikalische Leitung Ivan Repušič INSZENIERUNG<br />
Alexander Charim BÜHNE UND KOSTÜME Ivan Bazak<br />
LICHT Peter Hörtner CHOR Dan Ratiu DRAMATURGIE<br />
Katharina Ortmann<br />
Niedersächsisches Staatsorchester <strong>Hannover</strong><br />
GRAF ALMAVIVA Sung-Keun Park FIGARO Jin-Ho Yoo<br />
BARTOLO Frank Schneiders ROSINA Nicole Chevalier/<br />
Monika Walerowicz DON BASILIO Shavleg Armasi/<br />
Tobias Schabel FIORILLO Christopher Tonkin MARZEL<br />
LINE Carmen Fuggiss/Mareike Morr<br />
ÖFFENTLICHE GENERALPROBE 19. Januar 2012, 18.30<br />
Uhr PREMIERE 21. Januar 2012, 19.30 Uhr EINFÜHR<br />
UNGSMATINEE 08. Januar 2012, 11 Uhr, Laves-Foyer<br />
WEITERE VORSTELLUNGEN 26.01., 31.01., 11.02. und<br />
18.02.2012
der deutsche theaterpreis DER FAUST für<br />
»Intolleranza 1960«<br />
Regisseur Benedikt von Peter<br />
und Laudatorin Christine Schäfer<br />
Große Freude in der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong>! Regisseur Benedikt von<br />
Peter wurde für seine Inszenierung von Luigi Nonos Intolleranza<br />
1960 mit dem Deutschen Theaterpreis DER FAUST ausgezeichnet.<br />
Die <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong> gratuliert Benedikt von Peter und allen Beteiligten<br />
auf, unter und hinter der Bühne sehr herzlich!<br />
Mit dem FAUST werden Künstlerinnen und Künstler ausgezeichnet,<br />
deren Arbeit wegweisend für das deutsche Theater ist. DER FAUST<br />
ist ein nationaler, undotierter Theaterpreis, der auf die Leistungskraft<br />
und künstlerische Ausstrahlung der Theater aufmerksam macht<br />
und diese würdigt.<br />
Neben Benedikt von Peter waren in der Kategorie »beste Regie Musiktheater«<br />
Yona Kim für Pnima am Staatstheater Stuttgart und Laura<br />
Scozzi für Die Reise nach Reims am Staatstheater Nürnberg nominiert.<br />
Die Laudatio hielt die Sopranistin Christine Schäfer.<br />
Benedikt von Peter bedankte sich bei allen Beteiligten der Produktion,<br />
den Kollektiven Chor und Orchester und den Solisten, aber dankte<br />
auch seinem Team und dem Dirigenten Stefan Klingele: »Ihr alle<br />
habt einen Abend mitgetragen, in dem ihr anders arbeiten musstet<br />
als bisher. Nicht Chaos war die Folge, sondern Wärme.« Über seine<br />
Inszenierung sagte er: »Ein Kollektiv ist erfasst worden. Und das in<br />
einer Zeit, in der die Idee eines ›Kollektivs‹ gesellschaftlich längst<br />
überwunden scheint. In einer Zeit, in der die Heilsgeschichte des<br />
Individualismus allerdings auch spürbar kippt. Einer Zeit, in der wir<br />
fremdeln in unserem ›zum Staat gewordenen Gemeinsinn‹. Im Theater<br />
können alte Ideen überwintern – von dort her kann man sie<br />
wiederbeleben, wenn sie plötzlich wieder gebraucht oder ersehnt<br />
werden.« Er appellierte an die Theaterintendanten: »Öffnet Euch<br />
weiter dem diskursiven Denken in der Oper! Denkt wieder und weiter<br />
inhaltlich, also aus der Dramaturgie heraus! Die Musik wird immer<br />
stark genug sein, da brauchen wir keine Sorge zu haben!«
08. 09 Ballett<br />
BRIGITTE KNÖSS<br />
EIN GEWISSER HÜFTSCHWUNG<br />
Die brasilianischen Mitglieder des Balletts anlässlich der Premiere von ¡Tango!<br />
Viele Nordeuropäer bekommen einen Sehnsuchtsblick, wenn sie an<br />
Südamerika denken. Feuer und Temperament scheint es dort im Überfluss<br />
zu geben. Auch die drei Choreographen des neuen Ballettabends<br />
¡TANGO! wollen sich dieser Faszination nicht entziehen.<br />
Unter der Leitung eines Holländers, eines Österreichers und eines<br />
Kanadiers mit chinesischen Wurzeln entfaltet sich im Tanz ein Kosmos<br />
lateinamerikanischer Rhythmen. In der internationalen Ballett-<br />
Kompanie der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong> ist Südamerika durch fünf Brasilianer<br />
vertreten, die nach den Spaniern die zweitgrößte nationale<br />
Gruppe im Ensemble bilden. Catherine Franco, Cássia Lopes, Samuel<br />
Azevedo, Demis Moretti und Denis Piza leben seit vielen Jahren in<br />
Deutschland, aber ihre Wurzeln würden sie nie verleugnen.<br />
Brigitte Knöß Samba und tolle Fußballer kommen uns als erstes in<br />
den Sinn, wenn wir an Brasilien denken. Wir Deutsche haben kaum<br />
Vorstellungen von eurem Land, das sehr weit weg und riesengroß ist.<br />
Cássia Lopes Seltsamerweise kommen wir alle aus demselben Bundesstaat:<br />
São Paulo.<br />
Catherine Franco Samuel und ich sind aus São Paulo-Stadt, wo wir<br />
geboren und aufgewachsen sind.<br />
Lopes Ich komme aus São José de Rio Prêto, rund 450 km nordwestlich<br />
von São Paulo.<br />
Denis Piza Auch meine Stadt ist São Paulo – genau gesagt Groß-São<br />
Paulo, denn ich komme aus São Bernardo do Campo, das nicht weit<br />
vom Meer liegt.<br />
Demis Moretti Ganz nahe bei Campinas liegt Limeira, wo ich lebte,<br />
bis ich 18 war. Dann bekam ich meinen ersten Vertrag in São Paulo.<br />
Franco Mit 18 bin ich schon nach Deutschland gegangen – mit<br />
einem Stipendium für die Akademie des Tanzes in Mannheim.<br />
Lopes Ich studierte nach meiner Ballettausbildung ein Jahr an der<br />
Universität von Campinas. Aber ich wollte lieber tanzen als Tanzpädagogin<br />
werden, und so kam ich in eine Ballett-Kompanie nach São<br />
Paulo. Dann setzte ich alles auf eine Karte und wollte in Europa mit<br />
zwei Taschen und ein bisschen Geld zum Überleben mein Glück versuchen.<br />
Ich wollte meinen Traum realisieren, und es hat geklappt:<br />
Ben van Cauwenbergh engagierte mich ins Ballett des Hessischen<br />
Staatstheaters Wiesbaden. Ich stand noch am Anfang und habe dort<br />
viel gelernt, besonders die Arbeit mit Peter Schaufuss in La Sylphide<br />
ist für mich unvergesslich.<br />
Piza Ich fing erst mit 18 in São Paulo mit klassischem Ballett an und<br />
konnte eineinhalb Jahre später mit einem Stipendium der Heinz-<br />
Bosl-Stiftung meine Ausbildung in München fortsetzen.<br />
Moretti In São Paulo tanzte ich in einer Kompanie, die hauptsächlich<br />
zeitgenössisch ausgerichtet war, aber jedes Jahr eine klassische<br />
Produktion machte. Für die Hauptrolle hatten wir jeweils einen<br />
weiblichen Gast, und ich war immer der Prinz. In meinem zehnten<br />
Jahr dort war Daniele Severian meine Partnerin, die aus Brasilien<br />
stammt und in Wiesbaden tanzte. Sie filmte unsere Proben, van Cauwenbergh<br />
sah mich und bot mir daraufhin einen Vertrag an.<br />
Lopes Demis tanzte in Wiesbaden immer Hauptrollen.<br />
Knöß Samuel, wie kamst du eigentlich zum Ballett?<br />
Samuel Azevedo Ich habe in Brasilien viele verschiedene Dinge<br />
gemacht, zum Beispiel Catering und Barkeeper. Catherine lernte ich<br />
kennen, als ich Buchhalter im Betrieb ihres Vaters war, und sie ihre
Ballett<br />
Ferien daheim verbrachte. Zu der Zeit war sie in der Kompanie von<br />
Jörg Mannes in Bremerhaven. Zwei Jahren später folge ich ihr nach<br />
Deutschland. Zunächst konzentrierte ich mich ganz darauf, die Sprache<br />
zu lernen, aber dann bot Jörg Mannes mir einen Job als Musikalischer<br />
Assistent an.<br />
Franco Und dabei hatte Samuel keine Ahnung – weder von Musik<br />
noch vom Ballett …<br />
Azevedo … aber ich wollte das sehr gerne machen. Anfangs musste<br />
ich natürlich viel lernen, auch wie die Schritte heißen.<br />
Franco Jörg hat Samuel zu Beginn sehr geholfen, mittlerweile kann<br />
man sich eine Probe ohne ihn gar nicht vorstellen. Manchmal wissen<br />
wir nicht, wo wir sind, aber er weiß es immer.<br />
Azevedo Ich mache das inzwischen sechs Jahre und notiere alles<br />
– natürlich auf meine eigene Art in einer Mischung aus Portugiesisch,<br />
Deutsch, Englisch und ein bisschen Französisch, das könnte<br />
sonst niemand entziffern.<br />
Knöß Erinnert ihr euch eigentlich noch an euren ersten Eindruck<br />
von Deutschland?<br />
Piza Ich war begeistert. München war so schön, alles war so sauber.<br />
Die Schule: ein riesiges weißes Studio mit Spiegeln rundum. Das<br />
alles war wie ein Traum für mich, der plötzlich wahr wurde.<br />
Franco Ich war nicht so begeistert …<br />
Moretti Ich auch nicht. Die Stadt war superklein. Am ersten Wochenende<br />
hatte ich nichts zum Essen zu Hause, denn in São Paulo<br />
kann man jeden Tag 24 Stunden lang einkaufen und in Wiesbaden<br />
war alles zu. Das war ein Schock.<br />
Franco Ich kam im Januar an. In Brasilien war Hochsommer, und<br />
hier war es so kalt. Dazu kam, dass ich meine Eltern und beiden<br />
Schwestern sehr vermisste. Ich war wie ein Küken, das aus dem<br />
Nest gefallen war ...<br />
Azevedo Als ich nach Bremerhaven kam, war ich wirklich schockiert,<br />
denn eine so kleine Stadt hatte ich nie zuvor gesehen.<br />
Piza Ich erinnere mich, dass ich anfangs 100 Euro zum Leben hatte.<br />
Heute weiß ich nicht mehr wie, aber es ging. Vieles war allerdings<br />
auch billiger als bei uns – vor allem das Fleisch. Daheim gab es selten<br />
welches, und ich war so begeistert, dass ich in den ersten zwei bis<br />
drei Monaten täglich Reis mit Fleisch, Fisch und Hühnchen aß. Als ich<br />
dann Besuch bekam und hören musste, ich sei ein bisschen »mopsig«<br />
geworden, habe ich meine Ernährung sofort wieder umgestellt.<br />
Franco Ich fand hier alles sehr schnell; überall ging es so zack-zack.<br />
In Brasilien ist das anders, man nimmt sich mehr Zeit.<br />
Lopes Von Europa war ich schon zuvor fasziniert. Als ich hier ankam<br />
und dann Dinge, von denen ich gehört oder gelesen hatte, mit eigenen<br />
Augen sehen und erleben konnte, war ich überwältigt. Diese<br />
Begeisterung hat mir bestimmt geholfen, mich von Anfang an gut<br />
anzupassen, aber mein Herz hängt nach wie vor an Brasilien. Ich<br />
bin sicher, dass ich meine brasilianische Seite nie verlieren werde,<br />
weil ich das auch nicht will.<br />
Franco Die Deutschen denken immer, so muss es sein – und so muss<br />
es dann sein. Brasilianer denken, so muss es sein, aber wenn es so<br />
dann nicht klappt, findet sich irgendwie ein anderer Weg.<br />
Piza Wir stressen uns nicht so sehr und denken, dass wir nicht alles<br />
haben müssen – und können dann tatsächlich auch mit weniger<br />
auskommen. Deutschen fällt das schwerer.
10. 11 Ballett<br />
Franco Aber das ist nicht schlimm, denn die Deutschen können so<br />
denken, weil alles viel besser organisiert ist.<br />
Lopes Ich finde es beruhigend, dass die Dinge so weit im Voraus<br />
geplant sind und dass ich mich auf so Vieles verlassen kann. Das<br />
entspannt mich. Komischerweise sind die Deutschen aber gar nicht<br />
entspannt, sondern machen Stress, weil der Plan unbedingt eingehalten<br />
werden muss. Als Brasilianerin bin ich da etwas flexibler. Ich<br />
kann diesen »Hüftschwung«, wie wir das nennen. Dieses nicht nur<br />
geradeaus Gehen, sondern auch in Kurven Gehen können hilft uns.<br />
Piza Wir Brasilianer können, glaube ich, das Leben eher genießen,<br />
und sind nicht so vom Geld abhängig. Die Deutschen brauchen diese<br />
finanzielle Sicherheit für ihre Stabilität, und es fällt ihnen schwerer,<br />
Spaß zu haben. Ja, die Mentalität unterscheidet uns schon.<br />
Azevedo Jemand hat das einmal sehr treffend auf den Punkt gebracht:<br />
»Wenn etwas nicht funktioniert oder falsch gelaufen ist, versuchen<br />
die Brasilianer zuerst, das Problem zu lösen. Danach erst<br />
suchen sie den, der den Fehler gemacht hat. In Deutschland läuft es<br />
umgekehrt.« Dadurch verliert man mehr Zeit, und alles wird viel<br />
schlimmer. Bei uns versucht der Schuldige dann, die Sache irgendwie<br />
wieder gut zu machen.<br />
Moretti Ja, aber gerade da kann dieser »Hüftschwung« auch seine<br />
schlechte Seite entwickeln. Brasilianer gehen oft so leichtfertig mit<br />
den Dingen um, sie denken sehr stark an sich und nicht an die anderen,<br />
deshalb gibt es auch so viel Korruption in unserem Land.<br />
Deutsche denken mehr an die Allgemeinheit, deshalb meine ich, es<br />
wäre gut, von beidem etwas zu haben.<br />
Knöß Auch wenn davon bisher nicht die Rede war, habe ich den<br />
Eindruck, dass in eurem Land Musik eine andere Rolle spielt.<br />
Lopes Der Rhythmus der brasilianischen Musik ist sehr komplex,<br />
damit setzen wir uns sehr früh auseinander – auch in der Schule.<br />
Deshalb sind viele von uns in der Lage, sich ganz unterschiedlichen<br />
Bewegungsstilen und Rhythmen anzupassen.<br />
Piza Dieser Rhythmus ist immer und überall gegenwärtig, da kannst<br />
du nicht still stehen, selbst wenn du kein Brasilianer bist.<br />
Franco Schon als kleine Kinder spüren wir das. Als ich vier oder fünf<br />
war, nahm mein Vater mich immer mit ins Fußball-Stadion, und<br />
wenn dann die Trommler loslegten, rief er, »Catherine, mach mal<br />
Samba, Samba!« Und ich bin aufgestanden und habe getanzt.<br />
Lopes Wir sind eine Mischung aus allen möglichen Völkern und Kulturen,<br />
das merkt man auch unserer Musik an. Aus Brasilien kommt<br />
beispielsweise die Milonga, eine Vorform des Tango. Den europäischen<br />
Walzer finden wir schnell langweilig, weil er so »quadratisch«<br />
ist, und haben deshalb daraus den Samba-Walzer gemacht,<br />
mit einem unglaublich komplexen Rhythmus.<br />
Knöß Die afrikanischen Sklaven haben eine Menge zu eurer Musik<br />
beigetragen …<br />
Piza Ja, die Capoeira zum Beispiel.<br />
Lopes Die Schwarzen haben so eine spezielle Bewegungsart.<br />
Piza Wenn ein Weißer gut Samba tanzen kann, sagt man bei uns,<br />
dass er schwarzes Blut hat. Die Samba schwingt in allem mit, auch<br />
in so verschiedenen Dingen wie Bossa Nova oder MPB (Música Popular<br />
Brasileira) …<br />
Franco … auch in der brasilianischen Country-Music, die ganz anders<br />
ist als die amerikanische, oder im Funk, der aus Rio de Janeiro<br />
kommt, und vor allem von den jungen Leuten geliebt wird.<br />
Piza Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir hauptsächlich über<br />
unsere Heimat São Paulo sprechen. Im Norden oder ganz im Süden<br />
ist alles anders – die Leute reden, essen, kleiden sich anders und<br />
haben natürlich auch andere Musik.<br />
Knöß Was muss ich mir unter Batucada vorstellen?<br />
Piza Das Wort bater heißt schlagen oder hauen, davon kommt das.<br />
Also es fängt so an …<br />
Piza schlägt mit dem Löffel an sein leeres Glas. Lopes und Franco<br />
beginnen nacheinander, mit ihren Händen einen jeweils eigenen<br />
Rhythmus auf die Tischplatte zu schlagen.<br />
Piza Ja, einer fängt an, und die anderen geben etwas Eigenes dazu –<br />
und das ergibt zusammen Batucada – einen kollektiven Rhythmus<br />
von Trommlern.<br />
Franco Wir sind sehr gespannt auf die Arbeit mit Kinsun Chan an<br />
Batucada für den ¡Tango!-Abend. Ich denke, wir werden Spaß haben<br />
und können unser Wissen und unsere Erfahrung in seine Kreation<br />
einbringen.<br />
Piza Wenn alles gut geht, werden wir am Ende stolz sein auf uns<br />
und unser Land.<br />
¡TANGO!<br />
Ballette von Hans van Manen, Kinsun Chan und Jörg Mannes<br />
Musik von Astor Piazzolla, Alberto Ginastera und anderen<br />
5 TANGOS Choreographie Hans van Manen Bühne/Kostüme Jean-Paul Vroom<br />
Licht Jan Hofstra<br />
STRICTLY TANGO (Uraufführung) Choreographie/Bühne Jörg Mannes<br />
Kostüme Heidi de Raad Licht Susanne Reinhardt Dramaturgie Brigitte Knöß<br />
BATUCADA (Uraufführung) Choreographie/Bühne/Kostüme Kinsun Chan<br />
Licht Susanne Reinhardt Dramaturgie Brigitte Knöß<br />
Ballett der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong>, Niedersächsisches Staatsorchester <strong>Hannover</strong><br />
Premiere 17. Februar 2012, 19.30 Uhr<br />
Die nächsten Vorstellungen 19.02. sowie 02., 08., 23. und 28.03.2012<br />
Mit freundlicher Unterstützung
oper<br />
»Tannhäuser und der Sängerkrieg<br />
auf Wartburg« wieder da<br />
Nur drei Mal!<br />
Richard Wagners Tannhäuser und der Sängerkrieg<br />
auf Wartburg markiert – gemeinsam<br />
mit dem zuvor geschriebenen Fliegenden<br />
Holländer – den Übergang zu<br />
seinem ganz eigenständigen Stil, von einer<br />
unverwechselbaren Tonsprache geprägt<br />
und sich an den Urthemen abarbeitend, die<br />
den Komponisten in seinen gut fünfzig Jahren<br />
Bühnenschaffen nicht losließen. Sind<br />
seine früheren Werke wie Rienzi noch eindeutig<br />
von der Oper seiner Zeit geprägt,<br />
bewegt sich Tannhäuser schon in der<br />
typischen Wagnerschen Sphäre – auch<br />
wenn er noch die Gattungsbezeichnung<br />
»Große romantische Oper« trägt. Dabei ist es<br />
vor allem die Thematik dieser »Oper«, die<br />
sich in ihrem philosophischen Gehalt und<br />
durch die dialektische Denkbewegung, die<br />
sie dem Publikum abverlangt, stark von den<br />
Stoffen anderer Opern der Zeit unterscheidet<br />
und die Handschrift Wagners trägt.<br />
Mit dem Nacherzählen der Handlung ist es wie<br />
bei den Musikdramen nach dem Tannhäuser<br />
nicht getan. Um die Kräfte und Prinzipien<br />
unter der Oberfläche der Welt geht es –<br />
örtlich repräsentiert durch Venusberg und<br />
Wartburg – und um menschliche Sehnsucht,<br />
die Tannhäuser zu einem ruhelosen Wandern<br />
zwischen den Polen, den Orten, den<br />
Frauen, der Außen- und seiner inneren Welt<br />
treibt. Sein Sehnen gilt zwei Frauen, Venus<br />
und Elisabeth, von denen er wechselweise<br />
angezogen zwischen den Extremen der<br />
sinnlichen Lust und der quasi-religiösen<br />
Liebesanbetung hin- und hergerissen wird.<br />
Die Auflösung seiner Suche – um nicht den<br />
Zentralbegriff der »Erlösung« zu nennen,<br />
ebenfalls ein Urthema Wagners – könnte<br />
Tannhäuser in der Liebe erfahren. Er scheitert<br />
daran. Elisabeth wählt den Weg in den<br />
Tod und Venus entschwindet in den Venusberg.<br />
Während Tannhäuser das Wesen der<br />
Liebe in seiner Polarität zu integrieren sucht,<br />
besingen Wolfram von Eschenbach und<br />
Walther von der Vogelweide beim Sängerfest<br />
(das durchaus in einen »Krieg« umzuschlagen<br />
droht, als Tannhäusers Erlebnisse<br />
im Venusberg ans Licht kommen) eine gemäßigte<br />
Form der Liebe, die von Reinheit<br />
und Vernunft geprägt ist. Die Wiederaufnahme<br />
an der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong> bringt zwei<br />
Neubesetzungen für diese Partien: Der seit<br />
2009/10 zum Ensemble der Oper gehörende<br />
Stefan Adam wird als Wolfram von Eschenbach<br />
zu hören sein. Es ist neben Alberich im<br />
Ring des Nibelungen seine zweite Wagner-<br />
Rolle in dieser Spielzeit. Walther von der<br />
Vogelweide wird von dem langjährigen Ensemblemitglied<br />
Latchezar Pravtchev gesungen.<br />
TANNHÄUSER UND DER SÄNGERKRIEG<br />
AUF WARTBURG<br />
Große romantische Oper in drei Aufzügen von<br />
Richard Wagner<br />
WIEDERAUFNAHME AM <strong>27</strong>.01. WEITERE VORSTELLUNGEN<br />
AM 04.02 UND ZUM LETZTEN MAL AM 08.02.2012<br />
Weltstars<br />
zu Gast an der<br />
<strong>Staatsoper</strong><br />
hannover<br />
Mit Camilla Nylund als Ariadne und<br />
Michelle Breedt als Komponist<br />
Beim zweiten Festlichen Opernabend der<br />
Saison gibt es ein Wiedersehen mit Camilla<br />
Nylund (rechts): 1995 wurde die finnische<br />
Sopranistin direkt von der Salzburger Hochschule<br />
als Micaëla an die <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong><br />
engagiert und war hier die folgenden<br />
vier Jahre fest im Ensemble, bevor sie nach<br />
Dresden wechselte. Seitdem haben sich ihr<br />
die Pforten des internationalen Opernbetriebs<br />
geöffnet – sie singt regelmäßig in<br />
München, Wien und Zürich, Amsterdam, Paris,<br />
London, San Francisco, Tokio und bei<br />
den Salzburger Festspielen. Im Sommer 2011<br />
folgte ihr Bayreuth-Debüt.<br />
Seit mehr als zehn Jahren ist die südafrikanische<br />
Mezzosopranistin Michelle Breedt<br />
(links) regelmäßiger Gast auf dem grünen<br />
Hügel. Über das Kölner Opernstudio und das<br />
Staatstheater Braunschweig kam sie ins Ensemble<br />
der Wiener <strong>Staatsoper</strong> und von dort<br />
aus an die größten Opernbühnen weltweit.<br />
festlicher opernabend<br />
»Ariadne auf Naxos«<br />
von Richard Strauss<br />
Mittwoch, 18. Januar 2012, 19.30 Uhr
12. 13 Junge oper<br />
Klaus Angermann<br />
Dicke Zicke Bella<br />
Die Junge Oper <strong>Hannover</strong> zeigt den Opern-Thriller Hübsch hässlich von Karin Rehnqvist<br />
Zieh dich ordentlich an! Sei brav! Tu was<br />
man dir sagt! Mach deinen Eltern keine<br />
Schande! Jeder kennt diese Ermahnungen,<br />
mit denen Eltern ihre Kinder zu Wohlverhalten,<br />
Folgsamkeit und adrettem<br />
Äußeren anhalten. Doch<br />
müssen Kinder immer<br />
den Ansprüchen der<br />
Erwachsenen genügen?<br />
Sind es die Eltern,<br />
deren Vorstellungen<br />
die Persönlichkeit<br />
des Kindes<br />
bestimmen? Oder haben<br />
Kinder nicht auch das<br />
Recht, selbst zu entscheiden,<br />
wer und wie sie sein möchten?<br />
Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Opern-<br />
Thriller Hübsch hässlich der schwedischen<br />
Komponistin Karin Rehnqvist, den die Junge<br />
Oper ab 11. Januar 2012 präsentiert.<br />
Im Mittelpunkt der Geschichte<br />
steht Bella, ein junges Mädchen,<br />
dessen Name Programm<br />
wäre, wenn es nach ihrer Mutter<br />
ginge. Denn die will wieder<br />
heiraten, nachdem ihr erster<br />
Mann gestorben ist. Und aus<br />
diesem Anlass soll sich Bella hübsch<br />
machen, damit sie ihrer Mutter alle Ehre<br />
macht und dem neuen Stiefvater gefällt.<br />
Doch Bella hat dazu nicht die geringste Lust.<br />
Sie will keinen fremden Mann im Haus, zumal<br />
sie sehr um ihren toten Vater trauert. In<br />
ihrer Verzweiflung flüchtet sie sich in die<br />
Vorstellung, dass ihr Vater sie zu sich holt<br />
und sie von dem Zwang befreit, die Rolle<br />
der hübschen und artigen Tochter zu spielen.<br />
Mit ihrer Träumerei gerät sie allerdings<br />
in eine unheimliche Phantasiewelt, in der<br />
an Stelle ihres Vaters der merkwürdige<br />
Thorko erscheint und sie in das Land Pappalonien<br />
lockt, in dem die Gräfin Mammalia<br />
eine Schönheitsschule betreibt. Dort soll<br />
Bella eine Ausbildung erhalten, die sie zu<br />
einem musterhaften, begehrten Mädchen<br />
machen soll.<br />
Allerdings merkt Bella bald, dass mit der<br />
Gräfin etwas nicht stimmt: Sie ist in Wahrheit<br />
ein Vampir, der sich vom Leben und von<br />
der Schönheit junger Mädchen ernährt, um<br />
selbst schön und ewig jung zu sein. Bellas<br />
Rettung ist die Tochter der Gräfin, ein hässliches<br />
und widerborstiges Mädchen, in dem<br />
Bella ihre andere, unterdrückte Seite erkennt.<br />
Mit ihr verbündet sich Bella, und so<br />
gelingt es beiden, die Macht der Gräfin und<br />
Thorkos zu brechen. Gemeinsam kehren sie<br />
in die Realität zurück, die nun ihre Schrecken<br />
verloren hat. Im Spiel mit ihrem hässlichen<br />
Spiegelbild kann Bella jetzt selbst<br />
entscheiden, wie sie sein möchte: mal<br />
hübsch, mal hässlich – mal brav, mal frech.<br />
Jeder Mensch kann eben vieles<br />
sein, nicht nur das, was die anderen<br />
in ihm sehen wollen.<br />
Und es ist dabei wichtig,<br />
sich selbst zu mögen mit<br />
allen Facetten – nämlich<br />
Freund schaft mit sich selbst<br />
zu schließen.<br />
Sötskolan – so der Originaltitel der<br />
Oper, der eine Schule meint, in der man<br />
lernt, »süß« und »lieb« zu sein – erzählt die<br />
phantastische und doch so reale Geschichte<br />
einer Emanzipation aus der Fremdbestimmtheit<br />
der Eltern. Zwischen Realismus und<br />
Phantastik, zwischen Alltagssprache und<br />
Poesie thematisiert das Libretto von Kerstin<br />
Klein-Perski die Funktionalisierung von Kindern,<br />
ihren Missbrauch als Projektionsfläche<br />
für die Wünsche der Erwachsenen.<br />
Das Werk wurde 1999 in Växjö in Schweden<br />
erfolgreich uraufgeführt und erlebte fünf Jahre<br />
später unter dem Titel Die Schönheitsfalle<br />
seine deutsche Erstaufführung am Nationaltheater<br />
Mannheim. Neben einem Passionsspiel<br />
ist dies bislang die einzige Komposition<br />
für Musiktheater von Karin Rehnqvist, eine<br />
der bekanntesten und meistaufgeführten<br />
zeitgenössischen Komponistinnen Schwedens.<br />
Rehnqvists Schaffen umfasst Chormusik,<br />
Kammermusik und sinfonische Werke,<br />
wobei die Verbindung von neuer Musik und<br />
traditioneller schwedischer Folklore typisch<br />
für ihre Kompositionen ist. Bei allen Traditionsbezügen,<br />
bei allem vergnüglichen Spiel mit<br />
bekannten Mustern ist diese Musik aber nie<br />
simpel oder gar anbiedernd modisch. Karin<br />
Rehnqvist nimmt ihr junges Publikum ernst<br />
und mutet ihm daher zu, sich in fremdartigen<br />
Klängen und ungewohnten musikalischen<br />
Strukturen zurecht zu finden: Eine<br />
abenteuerliche Entdeckungsreise zum eigenen<br />
Ich – unterhaltsam, spannend, witzig<br />
und intelligent.<br />
Hübsch hässlich<br />
Ein Opern-Thriller von Karin Rehnqvist<br />
Für alle ab 10 Jahren<br />
Musikalische Leitung Mark Rohde Inszenierung<br />
Karsten Barthold Bühne Marie Fischer Kostüme Annett<br />
Lausberg Licht Detlef Splitt Dramaturgie Klaus<br />
Angermann musiktheaterpädagogik Eva Harrison<br />
Bella Denise Fischer/Tiina Lönnmark Die Hässliche<br />
Neele Kramer Gräfin/Vampir/Mutter Sandra Fechner<br />
Thorko Michael Chacewicz<br />
Niedersächsisches Staatsorchester <strong>Hannover</strong><br />
Premiere 11. Januar 2012, 18 Uhr, Ballhof Zwei<br />
Weitere Vorstellungen 12., 16., 17., 26. Januar und<br />
05., 22., 29. Februar 2012<br />
Mit freundlicher Unterstützung
Junge oper<br />
Katja Leclerc<br />
Schlag Werk<br />
Zur Premiere von Rummsfeld reloaded<br />
Holzschuhe in einer Kiste und eine ganze<br />
Reihe Bretter. Zwei Stühle, zwei längliche<br />
Tische, ein Holztisch (»als Resonanzkörper«).<br />
Und dann das gesamte Arsenal der Schlagwerke,<br />
von den großen wie Marimbaphon<br />
über die Elefantenglocke, zu den außergewöhnlichen<br />
wie Stoffsack und Rute bis hin<br />
zu den ganz kleinen: Holzpfeife, Kastagnetten,<br />
Nüsse.<br />
Mauricio Kagels Dressur, komponiert 1983,<br />
verlangt nicht nur eine Großaufstellung von<br />
Schlagwerkzeugen, es erfordert von den<br />
Spielern auch szenisches Gespür. Sie sind<br />
Musiker und Akteure zugleich: In der Mitte<br />
der Instrumentenaufstellung liegt ein rundes<br />
Podest – eine Manege, in der und um die<br />
herum sich dieses szenische Konzert abspielt,<br />
das kleine Geschichten von Dominanz,<br />
Widerspenstigkeit und vorlautem Verhalten<br />
erzählt.<br />
FREUNDE!<br />
Musiktheater von Peter Androsch . Für alle ab 5 Jahren<br />
Eine Bilderbuch-Oper! Neue Presse<br />
Musikalische Leitung Toshiaki Murakami Inszenierung Tobias Ribitzki<br />
Bühne Pablo Mendizábal Kostüme Elvira Freind<br />
Philipp, ein kleiner Vogel Tiina Lönnmark Inge, ein kleines Schwein Neele<br />
Kramer Harald, ein kleiner Fisch Hyun-Bong Kil Erzähler 1/Mutter<br />
Denise Fischer Erzähler 2/ Vater Daniel Eggert<br />
Dressur ist der Ausgangspunkt des zweiten<br />
Rummsfeld-Abends an der Jungen Oper<br />
<strong>Hannover</strong>. Das Prinzip des szenischen Konzerts<br />
wird hier weiter getrieben, als es von<br />
Kagel in seiner notierten Performance angedacht<br />
ist. Der Konzertabend entführt in eine<br />
schräge, verrückte Welt. Natürlich stehen<br />
die Kraft und unmittelbare Energie des<br />
Schlagzeugspiels und der Spaß, den Schlagzeugern<br />
bei der Bedienung der Apparate<br />
zuzuschauen, weiterhin im Zentrum. Für die<br />
Wiederaufladung der rhythmisierten Treffsicherheit,<br />
Rummsfeld reloaded also, stehen:<br />
Arno Schlenk, Philipp und Felix Kohnke vom<br />
Niedersächsischen Staatsorchester und ihre<br />
Gäste Marcus Linke und Oliver Arlt.<br />
Rummsfeld reloaded<br />
WIEDERAUFNAHME 11. Februar 2012 Ballhof Zwei<br />
WEITERE VORSTELLUNGEN 12. und 21. Februar 2012<br />
PREMIERE 02. Februar 2012 Ballhof Eins<br />
WEITERE VORSTELLUNGEN 03., 15., 16., 21. Februar 2012
14. 15 oper<br />
2. Kinderkonzert<br />
»Im Alten Rom«<br />
Opernball<br />
¡Pasión Argentina!<br />
Heini bei Caesar und seinen Musikern<br />
Auch Vampire müssen mal Urlaub machen. Und das geht am besten<br />
in Bella Italia: Unter der glühenden Sonne unterwegs in Rom, in der<br />
ältesten Stadt der Welt, in dem Land, wo die Zitronen blühen! Mit<br />
eisgekühltem Blutorangensaft ausgestattet war Heini schon auf dem<br />
Weg nach Rom. Doch halt: Glühende Sonne? Rechtzeitig ist Heini<br />
eingefallen, dass es da zu der einen oder anderen Schwierigkeit<br />
kommen könnte. Immerhin warten auch in Zukunft in <strong>Hannover</strong><br />
Kinder auf ihn, und zu Staub zu zerfallen ... Keine schöne Vorstellung.<br />
Zum Glück war Siegmund Weinmeister mit dabei. Und der hatte<br />
Sonnenschirm, Sonnenbrille und Sonnencreme extra-stark für Vampire<br />
im Gepäck. Und eine Taschenlampe. Denn die beiden haben<br />
sich die Stadt vor allem nachts angeschaut. Das war ganz schön<br />
gespenstisch! Wenn alle Touristen schlafen, erwachen die Helden<br />
aus Roms Vergangenheit zum Geisterleben: Caesar, gruselige Gladiatoren,<br />
ein schwer verliebter Italiener ... Siegmund und Heini, der<br />
kleine Vampir, haben viele aufregende Bekanntschaften gemacht.<br />
Und nachts ganz allein im Petersdom den Klängen alter Mönchsgesänge<br />
gelauscht. Zurück in <strong>Hannover</strong> ist Heini immer noch ganz aufgeregt.<br />
Aber davon wird er im nächsten Kinderkonzert erzählen!<br />
Heini in Rom<br />
mit Heini, dem kleinen Vampir (Britt Wolfgramm, Figurentheater Marmelock)<br />
Dirigent Siegmund Weinmeister<br />
19.02. und 20.02.2012, jeweils um 11 Uhr<br />
Mit freundlicher<br />
Unterstützung<br />
Die <strong>Staatsoper</strong> trotzt dem Winter und entführt Sie nach Argentinien –<br />
mitten in <strong>Hannover</strong>! Der Opernball 2012 bietet Ihnen argentinische<br />
Musik, argentinische Speisen und Getränke und natürlich Tango! Im<br />
Großen Saal unterhält Sie das Niedersächsische Staatsorchester<br />
jedoch auch mit bewährten Standardtänzen, und natürlich heißt es<br />
dabei wie immer auch: »Alles Walzer!«<br />
Für die opulente Ausstattung zeichnet wie bei den vergangenen fünf<br />
Bällen Bühnenbildnerin Marina Hellmann verantwortlich. Auch das<br />
Niedersächsische Staatsorchester <strong>Hannover</strong> ist wieder mit von der<br />
Partie und spielt live zum Tanz auf. Im Wechsel mit dem Staatsorchester<br />
spielt zum ersten Mal das Björn Vüllgraf Orchestra. 80 Debütantinnen<br />
und Debütanten der Tanzschule Bothe tanzen im Opening.<br />
Das Tango-Ensemble Quinteto Ángel spielt im Marschner-Saal,<br />
die Mitternachtsshow bestreitet der weltberühmte Akkordeonist<br />
Richard Galliano mit seinem Tangaria-Quartett und ab 1.15 Uhr<br />
sorgt SOULFOOD für tanzbare Musik von klassischem Soul bis Funk<br />
bis in den frühen Morgen.<br />
Mit freundlicher<br />
Unterstützung
konzert<br />
Anna Vogt<br />
Faszinierende Fremde<br />
Das Niedersächsische Staatsorchester <strong>Hannover</strong> begibt sich mit Generalmusikdirektorin Karen<br />
Kamensek im 5. Sinfoniekonzert auf eine musikalische Reise durch Länder, Stile und Traditionen<br />
Die Faszination für das Fremde, das Exotische<br />
und Unbekannte begleitet die Evolution<br />
der modernen Gesellschaft bis heute.<br />
Gerade durch die rasante Entwicklung von<br />
Industrie und Technik, die teilweise daraus<br />
resultierende großstädtische Überforderung<br />
und die Entdeckung des Phänomens Stress<br />
wurden die Archaik und Naturverbundenheit<br />
fremder Stammesvölker mit ihren uralten<br />
Riten und Traditionen zu einem Sehnsuchtsbild<br />
des modernen Menschen, oft<br />
versehen mit Klischees, manchmal aber<br />
auch getragen von einem fundierten wissenschaftlichen<br />
Interesse. Auch in der Musik<br />
entwickelte sich schon früh eine lebhafte<br />
Beschäftigung mit fremden Kulturen, indem<br />
sich Komponisten und Musikwissenschaftler<br />
in den letzten Jahrhunderten mit diesen<br />
gleichermaßen künstlerisch wie reflektierend<br />
auseinandersetzten. Die sogenannte<br />
Musikethnologie, die sich mit den musikalischen<br />
Traditionen verschiedener Länder<br />
beschäftigt und deren Ähnlichkeiten und<br />
Verschiedenheiten vergleicht, entstand in<br />
Europa im Wesentlichen gegen Ende des<br />
19. Jahrhunderts. Durch die Erfindung des<br />
Phonographen im Jahr 1877 konnte man<br />
endlich Tonaufzeichnungen machen, bessere<br />
Transportbedingungen erleichterten zudem<br />
die Reise in nahe und ferne Länder, wo<br />
bald schon wissbegierige Forscher die akribische<br />
Sammlung von europäischen und außereuropäischen<br />
musikalischen Zeugnissen<br />
wie Stammesgesängen, Volksliedern und<br />
anderen Populär- und Ritualmusiken vorantrieben.<br />
Aber auch die Folklore des eigenen<br />
Landes, lange als »primitiv« eher negativ besetzt,<br />
wurde zunehmend als wichtiges musikalisches<br />
Forschungsfeld entdeckt. Von<br />
Interesse war zudem auch die wechselseitige<br />
Beeinflussung und Migration solcher<br />
landestypischen musikalischen Elemente,<br />
die oft eine lange Reise hinter sich brachten<br />
und in neuer Form und Verarbeitung in<br />
fremden Kontexten – manchmal sehr überraschend<br />
– wieder auftauchten.<br />
Unter den Komponisten gab es einige bekannte<br />
musikethnologische Experten wie<br />
Béla Bartók, der sich zusammen mit seinem<br />
Kollegen und Freund Zoltán Kodály schon<br />
früh auf ausgedehnte Forschungsreisen im<br />
osteuropäischen Raum und später – während<br />
seines Exils an der amerikanischen<br />
Ostküste – auch in Nordamerika begab, und<br />
dessen Sammlung verschiedenster Volksmusiken<br />
äußerst produktiv in seine eigenen<br />
Kompositionen einfloss. Auf weniger wissenschaftlicher<br />
Ebene, aber dennoch mit<br />
größtem Interesse und kompositorischem<br />
Feingefühl verarbeiteten eine ganze Reihe
16. 17 konzert<br />
von Komponisten im späten 19. und 20.<br />
Jahrhundert die Faszination für fremde Kulturen<br />
und ungewohnte klangliche Idiome.<br />
Im 5. Sinfoniekonzert des Niedersächsischen<br />
Staatsorchesters stehen sechs Werke von<br />
Komponisten aus Nordamerika, Frankreich,<br />
Russland, Argentinien und Mexiko auf dem<br />
Programm, in denen Einflüsse aus Hawaii,<br />
der iberischen Halbinsel und Südamerika<br />
verarbeitet wurden. Eine besondere Rolle<br />
kommt dabei dem rhythmischen Element,<br />
der Musik der Trommeln und des Schlagwerks<br />
zu, die in vielen Kulturen traditionell<br />
eine wichtige Bedeutung haben.<br />
Rhythmische und tänzerische Aspekte bilden<br />
bei den Werken des 5. Sinfoniekonzerts<br />
demnach einen Schwerpunkt: So werden im<br />
Eröffnungsstück, Ku-Ku-Ilimoku des USamerikanischen<br />
Komponisten Christopher<br />
Rouse, die Schlagzeuger des Niedersächsischen<br />
Staatsorchesters ihr Können unter<br />
Beweis stellen. Der Titel bezieht sich nach<br />
der hawaiianischen Mythologie auf den Gott<br />
des Krieges, hörbar gemacht durch sich<br />
vielfach und hochkomplex verschränkende<br />
kriegerische Rhythmen. Rouses Ogoun Badagris<br />
dagegen ist eine ausgelassene Vertonung<br />
des hawaiianischen Juba-Tanzes, der<br />
sich mit Elementen des Vodoo-Tanzes verbindet<br />
– die unmittelbare, gewaltige Kraft<br />
des reinen Trommelklangs ist energetisches<br />
Sinnbild für die Vorstellung Rouses von den<br />
archaischen, uralten Riten der hawaiianischen<br />
Völker. Ein Tanz ist auch José Pablo<br />
Moncayos Huapango von 1941: Mit folkloristischen<br />
mexikanischen Anklängen angehaucht,<br />
wurde dieser Tanz schnell so populär,<br />
dass er bis heute auch scherzhaft als<br />
»zweite Nationalhymne Mexikos« bezeichnet<br />
wird. Schon Darius Milhaud war hingerissen<br />
von der Lebendigkeit dieser Musik: »Wenn<br />
ich ein wenig Sonne während der grauen<br />
Stimmung des Pariser Winters in meiner<br />
Wohnung haben möchte, so höre ich die<br />
Huapango«, schrieb er einst dazu. Verschiedene<br />
rhythmische Fragmente verbinden<br />
sich hier mit großem Schwung und Ausgelassenheit.<br />
Das prägnante Hauptmotiv ist<br />
dabei den spanischen »coplas« abgeleitet,<br />
charakteristischen Wechselgesängen, in denen<br />
sich die Beteiligten gegenseitig herausfordern<br />
und provozieren. Die melodischen<br />
Motive selbst gehen klar auf drei Volkslieder<br />
aus Veracruz, einer musikalischen Hochburg<br />
des traditionellen mexikanischen Huapango,<br />
zurück. Als drittes prägnantes Beispiel<br />
für die Verbindung von klassischen Stilen<br />
und Techniken mit folkloristischen und tänzerischen<br />
Elementen sind Alberto Ginasteras<br />
Tänze aus Estancia zu hören, die –<br />
ursprünglich im Jahr 1941 als Teile einer<br />
Ballettmusik entstanden – das Landleben<br />
der Gauchos, einer Art argentinischen Cowboys,<br />
zum zentralen Thema haben. Geschich<br />
ten aus deren Alltag bilden die inhaltliche<br />
Struktur, auf der sich musikalisch vor<br />
allem ein ganz spezielles Lebensgefühl der<br />
einfachen Landbevölkerung artikuliert, das<br />
heute in Argentinien fast verloren gegangen<br />
ist. Ergänzt und kontrastiert werden diese<br />
drei Werke von Kompositionen europäischer<br />
Komponisten: Maurice Ravel und Claude Debussy<br />
verbinden in ihren Werken Alborada<br />
del gracioso und Ibéria ihre eigene, traditionelle<br />
Klangsprache mit musikalischer südländischer<br />
Folkloristik und starken Rhythmen.<br />
Nikolai Rimski-Korsakow schließlich<br />
schuf mit seinem Capriccio espagnol seine<br />
ganz eigene Vorstellung von »spanischer«<br />
Musik: In den fünf kurzen Sätzen instrumentierte<br />
er auf brillante Weise verschiedene<br />
asturische Tänze, Zigeunerlieder und schließlich<br />
einen kraftvollen Fandango. »Die spanischen<br />
Themen mit ihrem tänzerischen<br />
Charakter«, schrieb Rimski-Korsakow in seiner<br />
Biographie dazu, »lieferten mir eine Fülle<br />
von Material zur Einbindung in vielfältige<br />
Orchestereffekte.«<br />
Das 5. Sinfoniekonzert wird so zu einer<br />
kurzweiligen und vielfältigen Reise durch<br />
Länder, Stile und Traditionen, wie sie nur<br />
selten zusammenfinden.<br />
5. Sinfoniekonzert<br />
Christopher Rouse Ku-Ka-Ilimoku und Ogoun Badagris<br />
Maurice Ravel Alborada del gracioso Nikolai<br />
Rimski-Korsakow Capriccio espagnol op. 34 José<br />
Pablo Moncayo Huapango Claude Debussy Ibéria<br />
Alberto Ginastera Tänze aus Estancia op. 8a<br />
Niedersächsisches Staatsorchester <strong>Hannover</strong><br />
Solisten Die Schlagzeuger des Niedersächsischen<br />
Staatsorchesters <strong>Hannover</strong><br />
Dirigentin Karen Kamensek<br />
Sonntag, 12. Februar 2012, 17 Uhr<br />
Montag, 13. Februar 2012, 19.30 Uhr<br />
Kurzeinführungen mit Karen Kamensek jeweils 45<br />
Minuten vor dem Konzert<br />
5. Kammerkonzert<br />
Johann Sebastian Bach<br />
Die Kunst der Fuge (in einer Bearbeitung für Streichensemble)<br />
Mit Viola Mönkemeyer (Violine), Cordula Schulz-<br />
Wick und Peter Schulz-Wick (Violen) und Christine<br />
Balke (Violoncello)<br />
Sonntag, 5. Februar 2012, 11 Uhr, Historischer Saal<br />
im PelikanViertel
Orchester<br />
Melanie Holz<br />
REINGEHÖRT!<br />
mit Philipp Kohnke<br />
Wer sich schon immer Gedanken über Möglichkeiten<br />
und Grenzen in der (Opern)-Musik gemacht hat, ist im<br />
Gespräch mit Philipp Kohnke bei einem Kaffee gut aufgehoben.<br />
Unter Umständen können aus einem auch<br />
mehrere werden, denn wenn der Schlagzeuger des Niedersächsischen<br />
Staatsorchesters <strong>Hannover</strong> einmal angefangen<br />
hat, über Musik und Kunst – seine zweite<br />
große Leidenschaft – zu sprechen, gibt es kein Halten<br />
mehr. Bereits im Alter von zehn Jahren entdeckte der<br />
gebürtige Braunschweiger das Schlagzeug für sich. »Ich<br />
habe am Schlagzeug das gemacht, wozu ich Lust hatte,<br />
ohne Druck und ohne Zwang. Das war mir immer wichtig.«<br />
Dass er 2007 schließlich an die <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong><br />
kam, ist auch ein Verdienst seines Lehrers, der ihm<br />
zeigte, dass das Schlagzeug nicht ausschließlich in eine<br />
Band gehört – und damit Kohnkes Weg in die Orchestermusik<br />
ebnete. Die Frage, ob ihm das Spielen in einer<br />
Band fehlt, verneint er, da ihm die Oper genug Raum für<br />
Kreativität bietet: »Dieses Genre vereint so viele Künste,<br />
ist schön und vielfältig. Und ich bin ein Teil davon.«<br />
Wenn der 30-Jährige über seine Musik spricht, dann<br />
wird schnell deutlich, dass das Schlagzeug wesentlich<br />
mehr ist als ein »Hau-Drauf-Instrument«. Musikalische<br />
Grenzen immer wieder neu auszuloten und mit verschiedenen<br />
Stilen zu experimentieren – so wie beispielsweise<br />
bei der Junge Opern-Produktion Rummsfeld<br />
reloaded, bei der Kohnke maßgeblich mitwirkt: All das<br />
und noch vieles mehr reizen den jungen Mann an seiner<br />
Arbeit in der Oper. Sein Wunsch für die Zukunft? »Ich<br />
glaube, dass nur die Kunst selbst die Kunst voran bringen<br />
kann. Bekannte Werke von hoher Qualität haben<br />
das Recht, dass man mit ihnen experimentieren kann<br />
und darf; dass man sie nicht nur rezitiert, um sie am<br />
Leben zu erhalten, sondern sie auch mit den Möglichkeiten<br />
und Ideen der heutigen Zeit bearbeitet. Das<br />
macht Stoffe nicht kaputt, im Gegenteil!«<br />
Wenn Kohnke mal nicht zu den Drumsticks greift, stellt<br />
er unter anderem zusammen mit Vukan Milin, Flötist im<br />
Niedersächsischen Staatsorchester <strong>Hannover</strong>, eigene<br />
Malereien aus. Dass die Kunst nicht einfach nur ein beiläufiges<br />
Hobby ist, ist ihm besonders wichtig: »Ich habe<br />
schon immer versucht, beides parallel ernsthaft zu betreiben.<br />
Für mich gab es nie eine Trennung.« Genauso<br />
hält er es mit der Musik: Die Einteilung in verschiedene<br />
Genres betrachtet er als Hindernis, um eine zeitgenössische<br />
Musiksprache zu finden. Die unten aufgeführten<br />
Stücke sind für ihn sowohl Inspirationsquellen als auch<br />
Empfehlungen für all diejenigen, die sich fragen, »wie<br />
die Zukunft von Oper und Musiktheater aussieht.«<br />
Die EMPFEHLUNGEN<br />
Steve Reich The Cave (Nonesuch)<br />
Regina Spektor Soviet Kitsch (Sire)<br />
Brandt-Brauer-Frick Mr. Machine (K7)<br />
Chilly Gonzales The Unspeakable (Wagram)
18.<br />
19<br />
Kantinenplausch<br />
Eva Harrison<br />
Die Musik ist meine Geliebte<br />
Bevor Ania Vegry – damals noch unter dem<br />
Namen Ania Wegrzyn – den Gesang für sich<br />
entdeckt, versucht sie sich zunächst an der<br />
Geige, dann am Klavier. Mit elf Jahren folgt<br />
der Eintritt in den Mädchenchor <strong>Hannover</strong>.<br />
»Dort habe ich relativ schnell Blut geleckt<br />
und mit 13 Jahren wusste ich eigentlich,<br />
dass ich Sängerin werden möchte!«, berichtet<br />
die quirlige junge Frau emphatisch. Nach<br />
dem Abitur absolviert sie die Aufnahmeprüfung<br />
an der Hochschule für Musik und<br />
Theater <strong>Hannover</strong> und bekommt 2006 ihr<br />
erstes Gastengagement an der <strong>Staatsoper</strong><br />
<strong>Hannover</strong> in der Kinderoper Der kleine<br />
Schornsteinfeger von Benjamin Britten. Gegen<br />
Ende derselben Spielzeit erfolgt ein Anruf:<br />
»Ob ich nicht Lust hätte, einen Anfänger-Vertrag<br />
zu machen, hieß es. Ich brauchte<br />
einen kurzen Moment, um in stummen Jubel<br />
auszubrechen. Dann sagte ich zu«, erinnert<br />
sie sich lebhaft. Somit läuft im 5. Studienjahr<br />
quasi alles parallel: Studium, Auftritte im<br />
Schornsteinfeger, Vorbereitung auf die kommende<br />
Spielzeit. Mit einem Bein noch in der<br />
Hochschule, mit dem anderen Bein schon im<br />
Berufsleben und »voll rein in die Realität.<br />
Das war eine sehr prägende Zeit!« Das Studium<br />
wird in die Mittagspause zwischen<br />
zwei und sechs gepresst, morgens und<br />
abends ist Probe im Opernhaus. »Es war<br />
zeitlich gesehen die Hölle, terminlich eigentlich<br />
nicht zu machen. Aber gleichzeitig<br />
eine so große Chance, die würde niemand<br />
abschlagen!«, berichtet die Sopranistin, die<br />
im selben Jahr auch noch Finalistin und Stipendiatin<br />
des Deutschen Musikwettbewerbs<br />
wird. 2008 steht sie in der Rap Oper Culture<br />
Clash – die Entführung zum ersten Mal als<br />
›Blonde‹ auf der großen Bühne, in der darauf<br />
folgenden Spielzeit gibt sie in Idomeneo ihr<br />
Debüt als ›Ilia‹ in der Inszenierung von<br />
Philipp Himmelmann: »Das war ein ganz<br />
besonderes Erlebnis. Meine erste richtige<br />
Premiere, und es war Mozart!« Dass sie außerdem<br />
kurz zuvor in Berlin beim Bundeswettbewerb<br />
Gesang den 2. Preis erhält und<br />
vom Deutschen Bühnenverein für den besten<br />
Vortrag einer zeitgenössischen Komposition<br />
ausgezeichnet wird, erwähnt die<br />
sympathische Sängerin nur auf Nachfrage.<br />
Trotz ihres Erfolges ist Ania Vegry mit beiden<br />
Beinen auf dem Boden geblieben! Der<br />
Grund dafür, dass sie sich schließlich den<br />
Künstlernamen Vegry zugelegt hat, könnte<br />
pragmatischer nicht sein: »Wegrzyn klingt<br />
wunderbar, aber der Name ist zu kompliziert:<br />
Das kann keiner lesen, schreiben und<br />
aussprechen eigentlich auch nicht. Das hat<br />
mir schon mit 17 mein Vater und später<br />
meine Gesangslehrerin gesagt, als mein<br />
Agent auch davon anfing, habe ich mich<br />
endlich dazu durchgerungen.« Die Suche allerdings<br />
hat lange gedauert. Der neue Name<br />
sollte international tauglich sein »und ich<br />
musste mich in dem Namen wiederfinden<br />
können.« Ihr erstes Rollendebüt als Ania Vegry<br />
ist die ›Susanna‹ in Le nozze di Figaro in<br />
der Inszenierung von Ingo Kerkhof. »Die Rolle<br />
ist zum Sterben schön! Insbesondere bei<br />
der Probenarbeit mit Ingo Kerkhof findet bei<br />
der Figurenfindung ein Prozess statt, der<br />
auch den Privatmenschen in einem nicht<br />
unberührt lässt. Er zieht einen aus bis auf<br />
die nackte Haut. Nicht nur die Figur, sondern<br />
auch den Sänger. Da wird man sehr<br />
stark mit sich selbst konfrontiert und stellt<br />
Dinge an sich fest, die einem gefallen oder<br />
nicht gefallen. Man muss lernen, damit umzugehen,<br />
wenn man sich weiterentwickeln<br />
will. Über die Musik, über andere Kollegen<br />
und vor allem über sich selbst.« Natürlich<br />
hat Ania Vegry vor einem Auftritt Lampenfieber:<br />
»Wenn es gutes Lampenfieber ist,<br />
werde ich dadurch sehr wach, sehr kommunikativ.<br />
Dann brauche ich es sogar, um ›senden‹<br />
zu können!«, bekräftigt sie gut gelaunt.<br />
Ihre Antwort auf die Frage, wo es in Zukunft<br />
hingehen soll, klingt gleichermaßen bescheiden<br />
wie anspruchsvoll: »Dorthin, wo<br />
ich mit guten Musikern zusammenarbeiten<br />
kann, an denen ich wachsen und mit denen<br />
ich mich zusammen weiterentwickeln kann!«<br />
Zuhause fühlt sich die frisch Vermählte dort,<br />
wo ihre Lieben sind. »Aber die Musik ist meine<br />
Geliebte«, fügt sie Augen zwinkernd hinzu.<br />
Bevor sie gut gelaunt zur nächsten Probe<br />
eilt, verrät sie noch »das perfekte Dessert«:<br />
Gebratene Banane<br />
mit Calvados flambiert<br />
»Das geht ganz schnell und ist extrem lecker!«<br />
Bananen vierteln, dann Zucker in<br />
der Pfanne karamellisieren, Butter dazu<br />
und die Bananen in der Karamellmasse<br />
beidseitig anbraten. Zimt über die Bananen<br />
streuen und selbige mit frisch gepresstem<br />
Orangensaft ablöschen. Zu guter<br />
Letzt Calvados dazu geben, flambieren und<br />
mit einer Kugel Vanilleeis servieren.
Aus den Abteilungen<br />
Klaus Angermann<br />
Schuhe für den Dirigenten<br />
Das Orchesterbüro<br />
Fragt man Orchesterdirektor Joachim Schwarz nach einer Definition<br />
seines Aufgabenbereichs, so fasst er das schmunzelnd in einem einfach<br />
scheinenden Satz zusammen: »Ich muss dafür Sorge tragen,<br />
dass das Orchester zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige<br />
Stück spielt.« Eine Selbstverständlichkeit, wird man sagen, und<br />
kaum jemand, der eine Opernaufführung oder ein Konzert besucht,<br />
macht sich bewusst, welcher organisatorische Aufwand tagtäglich<br />
notwendig ist, damit eben diese Selbstverständlichkeit gewährleistet<br />
ist. Die Schaltzentrale hierfür ist das Orchesterbüro, das Joachim<br />
Schwarz seit 2009 leitet, und zu dem noch seine Assistentin Andrea<br />
Rubke, der Orchesterinspektor Sorin Ticmeanu und die Mitarbeiterin<br />
Friederike Schlömer gehören. Die Aufgaben dieses Teams sind<br />
äußerst vielfältig. Da werden, in Zusammenarbeit mit dem Künstlerischen<br />
Betriebsbüro und der musikalischen Leitung, Orchesterdienstpläne<br />
erstellt, in denen die Proben und Vorstellungen genau<br />
festgelegt sind. Aber da ja nicht immer alle Musiker des Orchesters<br />
für eine Besetzung benötigt werden, teilen sich die einzelnen Instrumentengruppen<br />
ihre Dienste selbst untereinander auf. Das muss<br />
natürlich kontrolliert werden, denn dabei müssen immer bestimmte<br />
tarifliche und gesetzliche Regelungen beachtet werden, wie zum<br />
Beispiel die Anzahl der Dienste, die vorgeschriebenen Ruhezeiten<br />
oder auch das so genannte »Frackgeld«, das einem Musiker nach<br />
einer gewissen Zahl von Vorstellungen für die Reinigung seines<br />
Fracks zusteht. Daneben gibt es eine Menge weiterer Aufgaben, wie<br />
die Verhandlungen mit Gastdirigenten und Solisten, die dann vor<br />
Ort betreut werden müssen, oder die Festlegung des Orchesteraufbaus<br />
in Absprache mit musikalischer Leitung und Technik. Andrea<br />
Rubke kümmert sich neben vielen anderen Aufgaben schwerpunktmäßig<br />
auch um die aufwändige Logistik zwischen den Orten Oper,<br />
dem Historischen Saal im PelikanViertel (Orchesterproberaum), dem<br />
Ballhof und dem Produktionszentrum Bornum, in dem das Instrumentenlager<br />
untergebracht ist. Außerdem organisiert sie die Orchesterworkshops<br />
für Schulen. Was tut man, wenn man Aushilfen im<br />
Orchester braucht oder ein Musiker kurzfristig erkrankt? Dann ist<br />
Sorin Ticmeanu gefragt, der sozusagen rund um die Uhr im Dienst<br />
und jederzeit für alle Krisenfälle erreichbar ist. Und wenn vakante<br />
Stellen neu besetzt werden müssen, dann übernimmt Friederike<br />
Schlömer die umfangreiche Organisation der Probespiele.<br />
Eine enge Vernetzung mit allen Abteilungen des Hauses – den<br />
künstlerischen, technischen, der Notenbibliothek, und wenn Musiker<br />
auf der Bühne stehen auch mit Kostüm und Maske – ist eine<br />
notwendige Voraussetzung für die Arbeit des Orchesterbüros. Neben<br />
fundiertem musikalischen Wissen muss der Orchesterdirektor eben<br />
Andrea Rubke, Joachim Schwarz,<br />
Sorin Ticmeanu, Friederike Schlömer<br />
so Kompetenzen als Jurist, Betriebswirtschaftler, Diplomat und – bei<br />
einem Kollektiv von über 100 Menschen, zumal Künstlern – oft als<br />
Psychologe besitzen. Und es ist nicht nur die Menge an verschiedenen<br />
Aufgaben, die dabei die größte Herausforderung ist, sondern<br />
auch die ständige Spannung zwischen langfristiger Planung und<br />
kurzfristigem Krisenmanagement. Denn es passiert immer Unvorhergesehenes,<br />
wie vor wenigen Jahren beim Weihnachtskonzert in<br />
Herrenhausen: Der Flug des Dirigenten aus Frankreich ist gestrichen,<br />
ein Ersatzflug muss besorgt werden, doch die EC-Karte des<br />
Dirigenten streikt. Das Geld muss also per Postanweisung aus <strong>Hannover</strong><br />
transferiert werden. Endlich kommt der Dirigent eine halbe<br />
Stunde vor Probenbeginn hier an – allerdings ohne Koffer, der im<br />
Labyrinth der Flughäfen verschollen ist, d.h. kein Frack, keine<br />
Schuhe, keine T-Shirts, kein Rasierzeug und und und ... Die Einkaufsmeilen<br />
der Stadt sind die letzte Rettung, und die Schuhe stellt<br />
Joachim Schwarz aus seinem eigenen Besitz zur Verfügung. Trotz<br />
allem war das Konzert dann doch ein Erfolg.<br />
Eine gehörige Portion Idealismus und Musikbegeisterung ist somit<br />
das Fundament dieser Arbeit, und es stimmt, was Joachim Schwarz<br />
über den Opernbetrieb sagt: »Je länger man dabei ist, desto mehr<br />
wundert man sich, dass es funktioniert.«
20 fundus<br />
Opernrätsel<br />
Des Teufels Komponist<br />
Die als »erregendste in die Theatergeschichte eingehende Ballettpremiere«<br />
steht im Zentrum des diesmaligen Rätsels. Das Stück in einem<br />
Akt, welches von einem Tänzer einer weltberühmten Kompanie choreographiert<br />
und getanzt wurde, rief sowohl Begeisterung als auch<br />
Entsetzen hervor. Das nach einer lyrischen Vorlage komponierte sinfonische<br />
Meisterwerk diente gleichzeitig als musikalische Grundlage<br />
des Balletts. Bisher nie dagewesene Bewegungen forderten von den<br />
Tänzern alles ab und gingen in die Ballettgeschichte ein.<br />
Unsere Fragen Wie heißt der Dichter, der die lyrische Vorlage lieferte?<br />
Und wie der Komponist und Tänzer?<br />
Ihre Antwort schicken Sie bis 15.02.2012 per Postkarte an die<br />
<strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong>. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit . Opernplatz 1 .<br />
30159 <strong>Hannover</strong>, oder per Email an presse-oper@staatstheaterhannover.de.<br />
Vergessen Sie nicht Ihren Absender! Unter allen richtigen<br />
Einsendungen verlosen wir 5x2 Karten für den Ballettabend<br />
¡Tango! am 02.03.2012<br />
Die Lösung des letzten Opernrätsels:<br />
Die tote Stadt von E. W. Korngold<br />
Bei einem Gesprächskonzert präsentiert Stefan Johannes Hanke, der<br />
diesjährige »young composer in residence« der <strong>Staatsoper</strong>, eigene<br />
Kammermusik und Ausschnitte aus der derzeitigen Arbeit. Sozusagen<br />
»noch warm«, so Hanke, seien die Stücke, die er für diese Soirée<br />
in der Kestnergesellschaft ausgewählt hat: Keines ist älter als drei<br />
Jahre, ein Klaviertrio wird an diesem Abend sogar uraufgeführt, und<br />
direkt vom Schreibtisch des Komponisten kommen Auszüge aus Der<br />
Teufel mit den drei goldenen Haaren, ein Musiktheater, das Hanke<br />
derzeit für die Junge Oper <strong>Hannover</strong> schreibt. Mit diesem Konzert<br />
setzt die Gesellschaft der Freunde der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong> e. V.<br />
(GFO) eine Veranstaltungsreihe fort, die die Arbeit des jungen, mit<br />
zahlreichen Preisen ausgezeichneten Komponisten aus nächster<br />
Nähe verfolgt.<br />
Des Teufels Komponist<br />
Kammermusik von Stefan Johannes Hanke<br />
19. Januar 2012, 19.30 Uhr, Kestnergesellschaft, Eintritt frei<br />
<strong>Hannover</strong>aner unterwegs<br />
Tänzer, Sänger und Dirigenten aus <strong>Hannover</strong> gastieren<br />
Mitglieder des Balletts sind auch außerhalb<br />
<strong>Hannover</strong>s gefragt: Schon im September<br />
zeigten Karine Seneca und Denis Piza bei einer<br />
Gala in Brilon-Wald Auszüge aus La Piaf<br />
und Stirb du, wennst kannst. Sowohl im Oktober<br />
in Hagen als auch im Februar in Pforzheim<br />
tanzt Cássia Lopes bei einer Gala ihr<br />
Solo »Granny« aus Stirb du, wennst kannst.<br />
Im November tanzten Jordan Melville und<br />
Mónica García Vincente in einer Choreographie<br />
von Loris Zambo beim Choreographenwettbewerb<br />
»no ballett« in Ludwigshafen.<br />
Und schließlich ist das Ballett der <strong>Staatsoper</strong><br />
<strong>Hannover</strong> im Februar für drei Vorstellungen<br />
mit La Piaf zu Gast im Theater Heilbronn.<br />
Mitglieder des Opernensembles gastieren<br />
derzeit in einzelnen Vorstellungen an folgenden<br />
Häusern: Nicole Chevalier gastiert<br />
als 1. Dame der Königin in Die Zauberflöte<br />
am Staatstheater Kassel. Sara Eterno, momentan<br />
als Echo in Ariadne auf Naxos zu<br />
erleben, singt Mimí an der Komischen Oper<br />
Berlin. Dorothea Maria Marx, die ab 3. Februar<br />
als Konstanze in der Wiederaufnahme<br />
von Die Entführung aus dem Serail auf der<br />
Bühne stehen wird, übernimmt erneut am<br />
Oldenburgischen Staatstheater die Partie<br />
der Königin der Nacht. Khatuna Mikaberidze,<br />
in <strong>Hannover</strong> als Venus in Tannhäuser zu<br />
hören, gastiert als Jezibaba in Rusalka am<br />
Theater Basel. Albert Pesendorfer kehrt als<br />
Kaspar an seine alte Wirkungsstätte, das<br />
Theater Erfurt, zurück. An der <strong>Staatsoper</strong><br />
Budapest tritt er als Landgraf auf und im<br />
Musikverein Wien wirkt er in Joseph Haydns<br />
Die Schöpfung mit. Latchczar Pravtchev,<br />
zuletzt Benjamin Franklin Pinkerton in<br />
Madame Butterfly, tritt im Januar und Februar<br />
am Theater Freiburg in Giuseppe Verdis<br />
Otello auf.<br />
Nicht nur die Sänger, auch die Dirigenten der<br />
<strong>Staatsoper</strong> arbeiten an anderen Häusern:<br />
Benjamin Reiners, im Januar Musikalischer<br />
Leiter von Giacomo Puccinis La Bohème, dirigiert<br />
am Staatstheater am Gärtnerplatz Der<br />
Mikado oder die Stadt Titipu. Ivan Repušić,<br />
ab 21. Januar in <strong>Hannover</strong> am Dirigentenpult<br />
von Rossinis komischer Oper Der Barbier von<br />
Sevilla zu erleben, übernimmt an der Deutschen<br />
Oper Berlin das Dirigat von La Bohème.<br />
Mark Rohde hingegen zieht es nach Korea.<br />
Der 1. Kapellmeister der <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong><br />
dirigiert im Februar ein Konzert des<br />
Bucheon Philharmonic Orchestra.
Impressum Herausgeber Niedersächsische Staatstheater <strong>Hannover</strong> GmbH, <strong>Staatsoper</strong> <strong>Hannover</strong>, Opernplatz 1, 30159 <strong>Hannover</strong> Intendant Dr. Michael Klügl<br />
REDAKTION Andrea Bartsch TEXTE Dramaturgie, Öffentlichkeitsarbeit, Musiktheaterpädagogik TYPOGRAFISCHES KONZEPT María José Aquilanti, Birgit Schmidt GESTAL<br />
TERISCHE UMSETZUNG María José Aquilanti, Philipp Baier DRUCK Steppat Druck FOTOS Eva Harrison (1), Gemeinschaftswerk der Kunst-AG der Grundschule Groß-<br />
Buchholzer-Kirchweg (2-3), Thomas M. Jauk (Titel, 4–6, 11, 12), Markus Nass (7), Michèle Seydoux (8–9), Markus Hoffmann (11: Camilla Nylund), Anelia Loubserala<br />
(11: Michelle Breedt), Daniel Kunzfeld (13), Thilo Nass (14 ), Ulrike von Loeper (17), Marek Kruszewski (18) Mirijam Müller (19) Titelbild Ariadne auf Naxos,<br />
Julia Faylenbogen.
seitenbühne . Januar/Februar 2012