Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann
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„Ein ganz großes Ekel mit einer riesengroßen Klappe ist das“, klärte Gaby mich auf, „der ist früher<br />
auch einmal Politiker gewesen und soll in Bonn im Bundestag gesessen haben.“<br />
„Wißt ihr wie der heißt?“ fragte ich Gaby und Babsy.<br />
„Nein, Namen interessieren uns nicht“, antwortete Babsy. „Hier in den Lokalen im Schnoor verkehren<br />
viele Menschen, von denen gesagt wird, daß sie zur örtlichen Prominenz gehören. Aber die Namen?<br />
Wir wollen sie gar nicht wissen.“<br />
Wir waren im Wohnzimmer angekommen und machten es uns auf dem Sofa bequem.<br />
„Jeden Moment muß Heike kommen, die hat um fünf Uhr Feierabend“, sagte Gaby.<br />
„Wer ist Heike?“ fragte ich.<br />
„Heike gehört diese Wohnung“, klärte mich Babsy auf. ‚Wir wohnen bei ihr, so wie du in Walle bei<br />
Jan und Frieda wohnst, wohnen wir hier bei Heike.“<br />
„AberJan steht morgens um fünf Uhr auf, wenn er Frühschicht hat, und Heike hat erst morgens um<br />
fünf Uhr Feierabend. Was macht die denn beruflich?“ fragte ich erstaunt.<br />
„Sie arbeitet <strong>als</strong> Bardame in einer Bar“, bekam ich zur Antwort.<br />
„In einer Bar?“ fragte ich erstaunt.<br />
Gaby und Babsy lachten. „Max, weißt du nicht, was eine Bar ist?“<br />
„Nee“, antwortete ich ahnungslos.<br />
„Also, das ist ein Haus, das meistens zwei rote Lampen am Eingang hat. Jedenfalls bei Heikes Bar<br />
befinden sich zwei rote Lampen an der Eingangstür. Die Frauen, die in diesem Haus arbeiten, <strong>sind</strong><br />
Bardamen. Zu ihnen kommen Männer, auch Politiker, die sich oft von ihren Ehefrauen nicht verstanden<br />
fühlen. Die erzählen dann bei einem alkoholischen Getränk den Bardamen, was sie für tolle<br />
Kerle <strong>sind</strong>, und die Bardamen tun dann so, <strong>als</strong> würden sie das glauben. Das tut diesen Männern sehr<br />
gut.“<br />
Gaby und Babsy wurden durch das Geräusch der sich öffnenden Wohnungstür in ihrer Schilderung<br />
über den Beruf einer Bardame unterbrochen.<br />
Heike trat ins Wohnzimmer, eine hübsche, gut aussehende Frau.<br />
„Oh!“ rief sie aus. „Gaby, Babsy, habt ihr mal wieder einen Freund mitgebracht.“<br />
„Das tut sie manchmal auch“, tuschelte mir Babsy ins Ohr. Heike bückte sich zu uns auf das Sofa<br />
herunter und nahm mich auf den Arm. Sie konnte nicht wissen, daß wir Geschwister waren.<br />
Sanft streichelte sie meinen Rücken und sagte mit lachen der Stimme: „Ein lieber Kater, ein kastrierter<br />
Kater, der darf bleiben. Da gibt es keinen Nachwuchs.“<br />
Sie setzte mich wieder zu meinen Schwestern auf das Sofa. „Da ist die Heike aber froh, daß du<br />
kastriert bist“, tuschelte mir Babsy ins Ohr. „Sie möchte keinen Nachwuchs und fürchtet, daß Gaby<br />
welchen bekommt. Die hat nämlich seit einer Woche einen Freund. Garfield, der große Kater aus der<br />
Brauerei auf der anderen Weserseite. Ein ganz großer Rabauke ist das.“<br />
„Du bist ja nur neidisch, daß du keinen Freund hast“, wurde Babsy von Gaby unterbrochen. „Mein<br />
Garfield, das ist ein ganz toller Kerl. Der jagt jede Nacht im Pferdestall der Brauerei die Mäuse. Vor<br />
dem ist nichts sicher. Vor ihm mußt auch du, Max, dich in acht nehmen. Die großen, stämmigen<br />
Brauereipferde <strong>sind</strong> seine Freunde. Sie <strong>sind</strong> ihm dankbar, daß er die Mäuse im Stall vertreibt und sie<br />
in Ruhe schlafen können. Schließlich haben sie einen schweren Job. Jeden Tag ziehen sie die großen<br />
Wagen mit Bierfässern beladen von Kneipe zu Kneipe, damit den durstigen Menschen das Bier nicht<br />
ausgeht. Unter den Biertrinkern gibt es solche und solche. Die meisten werden vom Biertrinken ganz<br />
lustig und fröhlich und die anderen ganz böse und möchten uns am liebsten totschlagen.“<br />
„So wie der Grobian aus dem Schnoor“, unterbrach Babsy ihre Schwester.<br />
„Ach der“, abwertend machte Gaby mit ihrer rechten Pfote eine Bewegung von oben nach unten und<br />
sagte: „Kommt, lasst uns schlafen gehen, Heike liegt <strong>schon</strong> im Bett.“<br />
So liefen wir durch die offen stehende Schlafzimmertür und sprangen zu ihr Bett; sie schlief <strong>schon</strong>.<br />
Am Fußende kuschelten wir drei uns eng an ihre Füße, sie sollte keine kalten Füße bekommen. Bald<br />
darauf schliefen auch wir ein und wachtengemeinsam mit Heike am späten Vormittag auf.<br />
Wir machten unsere Morgentoilette. Immer wieder putzten wir uns. Heike hatte uns in einer großen<br />
Schale das Katzen-Frühstück serviert. Dazu gab es in einer zweiten Schale Milch zum Trinken. Sie<br />
freute sich über meinen Besuch und hätte bestimmt nichts dagegen gehabt, wenn ich für immer<br />
bleiben würde. Aber das konnte ich dem guten Bello und Jan und Frieda nicht antun. Nach dem<br />
Frühstück sprangen wir alle drei auf den großen Liegeplatz auf der Fensterbank. Von hier ließ sich die<br />
schmale Gasse gut einsehen. Viele Leute mit Fotoapparaten gingen auf der engen Straße auf und ab.<br />
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