02.11.2014 Aufrufe

Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann

Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann

Es sind schon mehr als 10 Jahre vergangen, als ... - Heinz Kornemann

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Übrigens“, sagte Jan und blätterte in der Zeitung weiter, „Aribert Galla, der Ex-Direktor der<br />

Städtischen Krankenanstalten Bremen, der wegen fortgesetzter Bestechlichkeit und Veruntreuung<br />

verurteilt wurde, hat sich auch wieder eingefunden. Kann mir gut vorstellen, daß das einigen<br />

Politikern hier in Bremen auch nicht recht ist.“<br />

„Wo haben sie den Strolch denn diesmal aufgegriffen?“ wollte Egon wissen.<br />

„Jetzt sitzt er in der Türkei in Auslieferungshaft! Einen neuen Namen hat er auch, Attila Karatay nennt<br />

er sich jetzt und will türkischer Staatsbürger werden.“<br />

„Aribert Galla, das ist doch der, den Friedrich Hennemann, <strong>als</strong> er seinerzeit noch Senatsdirektor beim<br />

Gesundheitssenator war, ohne berufliche Erfahrung eingestellt hat“, erinnerte sich Frieda.<br />

„Richtig“, bestätigte Jan. „Unter 23 Bewerbern hat Friedrich Hennemann Aribert Galla <strong>als</strong> den<br />

Geeignetsten für den Posten des Verwaltungsdirektors der Kliniken an der St.-Jürgen-Straße<br />

ausgesucht.“<br />

„Soll ja immerhin das drittgrößte Krankenhaus in Deutschland sein“, wandte Egon ein.<br />

„Warum hat der Hennemann unter den 23 Bewerbern gerade den Galla <strong>als</strong> den Qualifiziertesten<br />

ausgesucht?“ fragte Frieda.<br />

„Wahrscheinlich, weil er das gleiche Parteibuch wie Hennemann hatte“, antwortete Egon.<br />

„Als dann vor zehn <strong>Jahre</strong>n aufflog, mit welch krimineller Energie Galla auf seinem Posten<br />

Millionenbeträge in die eigene Tasche leitete, da gab es in Bremen politische Kreise, die die<br />

Angelegenheit gern unter den Teppich gekehrt hätten“, sagte Jan.<br />

„Henning Scherf wollte Galla, dam<strong>als</strong> 42 <strong>Jahre</strong> jung, aus gesundheitlichen Gründen mit 4.000 Mark<br />

Pension monatlich in den Ruhestand schicken“, fuhr er fort.<br />

„Funktionierte aber nicht“, sagte Egon. „So mußte sich Aribert Galla vor Gericht wegen Veruntreuung<br />

und Bestechlichkeit verantworten. Er setzte sich auf die Kanalinsel Jersey ab.“<br />

„Jersey?“ fragte Frieda. „Das ist doch das Steuerparadies mit den Briefkastenfirmen, wo<br />

Steuerbetrüger diskrete Konten mit Millionenbeträgen haben. Dort haben doch auch Manager aus dem<br />

Vulkan-Vorstand diese Briefkastenfirma, die St. John‘s Shipping Companie Ltd., gegründet.“<br />

„Richtig“, bestätigte Egon, „genau dort wurde Hennemanns Wunschkandidat für die Besetzung des<br />

Direktorenpostens der Städtischen Krankenanstalten aufgegriffen und im Sommer 1990 verhaftet.<br />

800.000 Mark wurden bei Aribert Galla sichergestellt. Drei Monate saß er in St. Malo in<br />

Untersuchungshaft und weitere sieben Monate in Bremen. Doch bei der Verurteilung in Bremen<br />

wurde berücksichtigt, daß auch in der Europäischen Union Zelle nicht gleich Zelle ist, und so wurden<br />

ihm die Tage in der Bretagne zweieinhalbfach angerechnet. Zwischenzeitlich zog es ihn im Rahmen<br />

seiner Freigänge, die ihm großzügig gewährt wurden, in die neuen Bundesländer. Dort zockte er<br />

zwischen 1992 und 1994 biedere Handwerksmeister ab. Er mußte natürlich auch zu den Ganoven<br />

gehören, die in den neuen Bundesländern die Unwissenheit und das Vertrauen der noch unerfahrenen<br />

Geschäftspartner skrupellos ausnutzten. 2,3 Millionen Mark soll er dort veruntreut haben. So besteht<br />

auch ein Haftbefehl der Magdeburger Staatsanwaltschaft wegen betrügerischen Konkurses gegen ihn.“<br />

„Dann hat <strong>als</strong>o der Verwaltungsdirektor Galla inzwischen die Gefängnisse von drei Ländern<br />

kennengelernt“, sagte Frieda.<br />

„Und nun kommt er wieder nach Bremen, hier im Bremer Knast scheint es wohl am schönsten zu<br />

sein“, sagte Jan. „Hier in Oslebshausen soll er seine zweijährige Reststrafe verbüßen, wenn er von der<br />

Türkei ausgeliefert wird. Allerdings bezweifle ich, daß er von der Bremer Justiz noch für zwei <strong>Jahre</strong><br />

eingesperrt wird. Sicherlich finden sich auch Gründe, um ihn nicht an die Magdeburger Staatsanwaltschaft<br />

auszuliefern.“<br />

„Vielleicht stecken sie ihn mit Hennemann gemeinsam in eine Zelle“, meinte Frieda, „denn sicherlich<br />

haben die beiden sich viel zu erzählen.“<br />

„Ich weiß gar nicht, wie das geht“, sagte Egon, „der hat zwischen 1992 und 1994 im Raum<br />

Magdeburg erneut Straf taten begangen, obwohl er hier in Bremen-Oslebshausen im Gefängnis saß?“<br />

„Das können viele nicht verstehen“, sagte Jan, „und die Betrogenen in Magdeburg <strong>schon</strong> gar nicht.“<br />

„Wie heißt es doch so schön?“ bemerkte Frieda: „Nichts ist unmöglich.“<br />

„In Bremen anscheinend ja“, gab ihr Egon recht.<br />

Ich erinnerte mich an meine Bahnfahrt mit Jan von Vegesack nach Walle. Da hatte er auf das große,<br />

kathedralenartige Backsteingebäude gezeigt und gesagt: „Das ist der Knast, die, die da eigentlich auch<br />

hineingehörten, laufen mit einem weißen Kragen draußen rum.“<br />

- 40 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!