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Download - Gneisenau Gesellschaft

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Das Militärische Selbstverständnis des Deutschen Heeres<br />

des Heeres erlebbar. Eine eigene Identität des Heeres ist<br />

aber weder Konkurrenz noch Ersatz für Innere Führung.<br />

Ganz im Gegenteil: Unser Selbstverständnis als Heer steht<br />

fest auf dem Boden dieses Konzeptes. Das Rüstzeug der<br />

Gründerväter der Bundeswehr bleibt Gestaltungsprinzip<br />

für die Integration des Soldaten in Staat und <strong>Gesellschaft</strong>.<br />

Denn die Grundlagen für unser Handeln als Soldaten<br />

bleiben unser humanistisches Menschenbild, die christliche<br />

Ethik, unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung<br />

und das eigene Erleben rechtsstaatlicher Grundsätze<br />

und Werte. Nur so entsteht letztlich die notwendige<br />

Verhaltenssicherheit in den Einsätzen. Hier bestimmen<br />

Recht, Gesetz und Würde des Menschen auch in außergewöhnlichen<br />

Lagen das moralisch verantwortliche Handeln<br />

unserer Soldaten. Das Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform“<br />

verpflichtet uns Soldaten auf ein Ethos des Respekts<br />

vor den Menschenrechten, der Fairness, der Toleranz und<br />

der Loyalität gegenüber demokratischen Entscheidungen.<br />

Die in einem Dokument des Amtes Blank aus dem Jahre<br />

1953 zu findende Formulierung: „Alle Arbeiten auf dem<br />

Gebiet der Inneren Führung haben das Ziel, den Typ des<br />

modernen Soldaten zu schaffen und fortzubilden, der<br />

freier Mensch, guter Staatsbürger und vollwertiger Soldat<br />

zugleich ist“, ist gerade durch die Anforderungen in den<br />

heutigen Einsätzen und den damit verbundenen Extremsituationen<br />

für unsere Soldaten aktueller denn je.<br />

Führen mit Auftrag – oberstes Prinzip deutscher<br />

Landstreitkräfte<br />

Gerade bei Landoperationen wechseln die Parameter für<br />

das eigene Handeln oft abrupt: Gerade noch in eine überschaubare,<br />

gut strukturierte Tätigkeit im Einheits- oder<br />

Verbandsrahmen eingebunden, mag man sich im nächsten<br />

Augenblick in einer Situation wiederfinden, welche einen<br />

einzelnen Soldaten auf niedrigster taktischer Ebene mit<br />

der von ihm zu treffenden Entscheidung plötzlich ganz<br />

alleine lässt. Insellagen können entstehen, wenn Konflikte<br />

urplötzlich eskalieren, bis hin zum offenen Kampf. Unvorhersehbarkeit<br />

ist ein oftmals situationsbestimmendes Element.<br />

Führen mit Auftrag ist die bereits seit zwei Jahrhunderten<br />

bewährte Antwort auf diese Herausforderungen.<br />

Dieses im Heer bewährte Führungsprinzip wird als Teil<br />

unseres Selbstverständnisses auch weiter oberstes Prinzip<br />

für die Soldaten in den Einsatzgebieten sein. Gewährung<br />

von Handlungsfreiheit und das Delegieren von Entscheidung<br />

auch auf unteren und untersten Führungsebenen ist<br />

oftmals entscheidend für den Erfolg. Dies gilt umso mehr,<br />

als in heutigen Einsätzen bereits die Handlung oder Unterlassung<br />

eines Mannschaftssoldaten strategische Bedeutung<br />

erlangen kann („strategischer Gefreiter“). Rückhalt<br />

für die Entscheidung auf dieser Ebene ist der Verbleib der<br />

Verantwortung beim Vorgesetzten – die Verantwortung<br />

ist unteilbar und nicht delegierbar.<br />

Wir brauchen nicht den „stumpfen“ Befehlsempfänger,<br />

sondern den mitdenkenden Soldaten, der sein Handeln<br />

vor sich, seinen Vorgesetzten und seinem Land verantworten<br />

kann. Dazu gehören Urteilsfähigkeit und Vorausdenken.<br />

Hieran ändern auch detaillierte Vorgaben in Stabilisierungsoperationen<br />

im Grundsatz nichts. Richtschnur<br />

für das eigene Handeln bleibt die „3a“ – die Absicht der<br />

übergeordneten Führung. Sie ordnet den eigenen Auftrag<br />

in die Gesamtoperationsführung ein, und gilt auch, wenn<br />

sich die Lage entscheidend geändert hat. Als Beispiel für<br />

richtig verstandenes Handeln im Sinne der übergeordneten<br />

Führung kann eine Begebenheit aus der Schlacht<br />

von Zorndorf herangezogen werden. Friedrich Wilhelm<br />

Freiherr von Seydlitz-Kurzbach verweigerte mehrmals<br />

den Befehl des Königs Friedrich der Große, mit seinen<br />

Kavallerieeinheiten in die Schlacht einzugreifen, obwohl<br />

ihm gedroht wurde „er hafte mit seinem Kopf für den<br />

Ausgang der Schlacht“. Seydlitz griff erst dann an, als er<br />

durch einen Angriff in die Flanke die maximale Wirkung<br />

erzielen konnte. Dies trug zum siegreichen Ausgang der<br />

Schlacht maßgeblich bei. Seydlitz gehorchte dem Befehl<br />

seines Königs nicht dem Wort, sondern dem Sinn nach.<br />

Diese selbständige Prüfung, ob die wörtliche Ausführung<br />

eines erhaltenen Befehls die dahinter stehende Absicht des<br />

Erteilenden trifft, ist wesentlicher Bestandteil der heute<br />

bei der Bundeswehr angewandten Auftragstaktik.<br />

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