Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)
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16 Medikamentöse Nebenwirkungen<br />
A. Medikamentös induzierte Katarakt<br />
Die Zahl der Medikamente mit gesicherter Kataraktogenität<br />
in der klinischen Anwendung ist<br />
begrenzt (Tab. 1).<br />
Ohne Zweifel ist die glukokortikosteroidinduzierte<br />
Katarakt (Aa) die weit häufigste<br />
medikamenteninduzierte Linsentrübung überhaupt<br />
und auch die häufigste okuläre Komplikation<br />
einer solchen Therapie. Die genaue<br />
Ätiopathogenese ist nicht bekannt. Die Linsentrübung<br />
kann durch jede Form (oral, topisch,<br />
inhalativ) der Kortisontherapie ausgelöst werden.<br />
Bei oraler Gabe von täglich 10 mg Prednisolonäquivalent<br />
über mehr als ein Jahr besteht<br />
ein relativ hohes Risiko der Kataraktentstehung,<br />
eine sichere Grenzdosis zu deren Vermeidung<br />
existiert aber nicht. Kindliche Linsen<br />
sind prinzipiell empfindlicher als die von Erwachsenen,<br />
sollen aber eine begrenzte Fähigkeit<br />
zur Rückbildung der Trübungen aufweisen.<br />
Klinisch liegt typischerweise eine variabel ausgeprägte<br />
hintere Schalentrübung vor, die neben<br />
der Sehverschlechterung insbesondere eine<br />
deutliche Blendungsempfindlichkeit und eine<br />
Myopisierung hervorrufen kann. In fortgeschrittenen<br />
Fällen kommt es dann zur völligen<br />
Durchtrübung der Linse, die sich dann morphologisch<br />
nicht von einer senilen Katarakt<br />
unterscheidet. Die Kataraktextraktion kann<br />
ohne erhöhtes Risiko intra- und postoperativer<br />
Komplikationen durchgeführt werden.<br />
B. Veränderungen der Lederhaut<br />
Medikamentöse Nebenwirkungen sind an der<br />
Lederhaut sehr selten (bradytropher Stoffwechsel).<br />
Eine Episkleritis und Skleritis ist<br />
unter Gabe von Biphosphonaten (Palmidronsäure)<br />
und nach lokaler Gabe von Mitomycin C,<br />
eine Skleraatrophie unter Mitomycin C und<br />
Kortikosteroiden, eine orangene Verfärbung<br />
der Lederhaut unter systemischer Gabe von<br />
Rifabutin und eine Lederhautkalzifizierung<br />
unter Vitamin-D-Überdosierung beschrieben<br />
worden.<br />
Die durch zahlreiche lokal oder systemisch verabreichte<br />
Medikamente auslösbare Keratoconjunctivitis<br />
sicca beruht in vielen Fällen auf<br />
einer Hyposekretion der Tränendrüse, die z. B.<br />
auf eine anticholinerge Wirkkomponente (Psychopharmaka)<br />
oder den direkten Gewebsumbau<br />
der Tränendrüse (Lipofuszeinablagerung<br />
durch Amiodaron) zurückgeführt werden kann.<br />
Stenosen der ableitenden Tränenwege können<br />
unter systemischer Gabe von Quinacrin oder 5-<br />
Fluorouracil sowie unter längerfristiger lokaler<br />
Therapie mit Antiglaukomatosa (Parasympathomimetika,<br />
Epinephrin) und Virustatika entstehen.<br />
D. Veränderungen der Augenhöhle und<br />
Augenmotorik<br />
Zu den wichtigsten orbitalen Veränderungen<br />
unter Medikamenteneinnahme gehören die<br />
seltenen spontanen Einblutungen, die infolge<br />
einer intravenösen thrombolytischen Therapie<br />
mit Streptokinase, Urokinase und Tissue Plasminogen<br />
Activator (tPA) sowie durch verschiedene<br />
Heparine ausgelöst werden können. Eine<br />
mögliche Ursache heparininduzierter Blutungen<br />
ist eine IgG-Antikörper-vermittelte Thrombopenie,<br />
die deshalb auf jeden Fall auszuschließen<br />
ist.<br />
Eine Reihe von Medikamenten können über<br />
eine Beeinflussung des Schilddrüsenstoffwechsels<br />
zu einem Exophthalmus führen (Thyreostatika,<br />
Vitamin A, Lithium). Die orale Langzeittherapie<br />
mit Kortikosteroiden kann über<br />
die Vermehrung des infraorbitalen Fettgewebes<br />
zu einem reversiblen Exophthalmus führen.<br />
Zahlreiche Medikamente können in unterschiedlicher<br />
Form zu einer Beeinträchtigung<br />
der Augenmotorik führen: Hierzu gehören<br />
Augenmuskellähmungen (z. B. Botulinumtoxin<br />
bei essenziellem Blepharospasmus), Auslösung<br />
eines myasthenen Syndroms oder Verschlechterung<br />
einer Myasthenie (z. B. zahlreiche Antibiotika),<br />
totale externe Ophthalmoplegie (z. B.<br />
Amitriptylin), internukleäre Ophthalmoplegie<br />
(z. B. Cimetidin), Nystagmus (z. B. Aminoglykoside,<br />
Antiepileptika), und eine okulogyre Krise<br />
(z. B. Antidepressiva).<br />
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C. Veränderungen des Tränenapparates<br />
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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart