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Der Spitzel war immer dabei - Kath.de

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Werner Kaltefleiter: <strong>Der</strong> <strong>Spitzel</strong> w ar <strong>immer</strong> <strong>dabei</strong>. Über <strong>de</strong>n Kirchenkampf im Kalten Krieg<br />

antikommunistischen Untergrund-Organisation, die sich als „Solidarnosc Walczaca“ –<br />

„Kämpfen<strong>de</strong> Solidarität“ – bezeichnete und ihre Botschaften auch heute noch mit <strong>de</strong>n<br />

Anfangstakten <strong>de</strong>r patriotischsten aller polnischen Kampfeshymnen, <strong>de</strong>r „Rota“, einleitet.<br />

Die gefälschten Postwertzeichen sollten zur Finanzierung <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstandsbewegung<br />

beitragen. 62<br />

Die Weltpolitik wur<strong>de</strong> in diesen Jahren durch die Konfrontation <strong>de</strong>r Supermächte bewegt,<br />

die Diskussion um Abrüstung, Nachrüstung, „nuklearem Gleichgewicht“ – kurzum:<br />

<strong>de</strong>r ohnehin dünnhäutige Frie<strong>de</strong>n in Europa bekam eine Gänsehaut. Polen drohte<br />

im Dezember 1980 die Invasion von Truppen einiger Warschauer-Pakt-Staaten, voran<br />

die Sowjetunion und das SED-Regime in Ostberlin. 63<br />

1983 treffen sich die „Leiter <strong>de</strong>r Sicherheitsorgane <strong>de</strong>r sozialistischen<br />

Staaten“ in Sofia. 1984 folgt ein „Arbeitstreffen zu Vatikanfragen“.<br />

Diese Konferenz, vom 25. bis 26. Juli in Moskau, steht unter <strong>de</strong>m Eindruck <strong>de</strong>s<br />

neuen Mannes an <strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>r katholischen Kirche. Die befürchtete Invasion Polens<br />

konnte abgewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>n Preis <strong>de</strong>s „Kriegsrechts“ in Karol Wojtylas<br />

Heimat. Papst Johannes Paul II. hatte einen bewegen<strong>de</strong>n Brief an Kreml-Chef Leonid<br />

Breschnew geschrieben. Dann aber, am 13. Mai 1981, <strong>war</strong>en die Schüsse auf <strong>de</strong>m Petersplatz<br />

gefallen, <strong>de</strong>r Papst nur um Haaresbreite <strong>de</strong>m Tod entkommen – für ihn ein<br />

von <strong>de</strong>r Jungfrau Maria bewirktes Wun<strong>de</strong>r. Sie habe die Kugel abgelenkt. Gläubige sahen<br />

schon die Weissagung <strong>de</strong>r Seher-Kin<strong>de</strong>r verwirklicht.<br />

„Spys“, um <strong>de</strong>n ehemaligen CIA-Direktor Gates beim Wort zu nehmen, beeindrucken<br />

solche übernatürlichen Erscheinungen wenig. Auf wessen Kappe <strong>de</strong>r Anschlag auf <strong>de</strong>m<br />

Petersplatz ging, diese Frage liefert bis heute reichlich Stoff für Vermutungen und Gerüchte,<br />

ohne ein<strong>de</strong>utige Belege. Wer schon wür<strong>de</strong> einen solchen Auftrag, ob Töten o<strong>de</strong>r<br />

„nur“ Warnschüsse, <strong>de</strong>nn auch „verschriften“?<br />

Für <strong>de</strong>n Westen <strong>war</strong> die Frage geklärt: Die Drahtzieher konnten nur in Moskau sitzen,<br />

ihre willigen Helfer, bekannt für Erfahrung auf <strong>de</strong>m Gebiet, das in <strong>de</strong>r Unterwelt als<br />

„mokrije djelo“ – „feuchte Arbeit“ beschrieben wird, also Mord, in diesem Fall aus politischen<br />

Grün<strong>de</strong>n. <strong>Der</strong> Osten hielt vehement dagegen: Was hätte ein toter Papst genützt,<br />

als Polen beinahe in Flammen stand? „Mr. Gorbatschow – turn down the wall“ haben<br />

wir noch im Ohr, bevor die Mauer fiel; „Mr. Putin – open the minutes“ möchte man<br />

heute hinzufügen und wissen wollen, welche Antworten in <strong>de</strong>n Archiven <strong>de</strong>s ehemaligen<br />

KGB liegen.<br />

Das „Feindbild“ hatte sich nicht geän<strong>de</strong>rt: Ronald Reagan sieht rund um Moskau das<br />

„Reich <strong>de</strong>s Bösen“, und dieser amerikanische Präsi<strong>de</strong>nt schmie<strong>de</strong>t eine „heilige Allianz“<br />

mit <strong>de</strong>m katholischen Papst. So will es die Propaganda, die auch im Westen manche Zustimmung<br />

fin<strong>de</strong>t. Ein ehemaliger Abwehroffizier <strong>de</strong>r Stasi, Oberstleutnant Helmut<br />

Wagner (HA II – Gegenspionage), behauptet in seinen Aufzeichnungen 64 , Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Ronald Reagan und Papst Johannes Paul II. hätten bei ihrer Begegnung am 7. Juni 1982<br />

62 Im Übrigen ist das auch ein Standardmittel von Geheimdiensten für Desinformation und „Schw arze<br />

Propaganda“.<br />

63 Vgl. Werner Kaltefleiter / Hanspeter Oschw ald: Spione im Vatikan, München 2006.<br />

64 Vgl. Helmut Wagner: Schöne Grüße aus Pullach, Berlin 2001, S. 187-188.<br />

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