Ausgabe III 2013 - Marktgemeinde Großklein
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GROSSKLEINER<br />
Klapotetz<br />
Kultur<br />
HALLSTATTZEIT<br />
HOCHKULTUR OHNE SCHRIFT<br />
Museumsbesucher stellen immer wieder die Frage, warum aus der<br />
Hallstattzeit keine Schrift überliefert ist, ob die Men-schen keine<br />
eigene Schrift entwickelt hätten. Oder ging sie verloren auf organischen<br />
Stoffen und dergleichen? Auch in Großklein wurden nie<br />
Schriften oder Aufzeichnungen gefunden. Wollten die Menschen<br />
nichts aufschreiben? Hierzu einige Theorien und Überlegungen.<br />
Das Geheimwissen muss geschützt werden! sagten die Druiden,<br />
die Lehrmeister und Heiler der Kelten.<br />
Es darf nur mündlich weitergegeben werden!<br />
Und durch diese mündliche Weitergabe von Wissen und Geschichten<br />
wird das Gedächtnis geschult!<br />
Wie wunderbar, doch in der heutigen Zeit fast undenkbar. Ja, die<br />
Barden, Sänger und Erzähler der Kelten, mussten Hunderte von<br />
Geschichten, Gedichten und Liedern auswendig lernen, und das<br />
über viele Jahre hinweg. Sie waren das Gedächtnis des Stammes<br />
und der Kultur. Auch epische Erzählungen durften nur mündlich<br />
weitergegeben werden, denn auch sie beinhalteten und überlieferten<br />
vieles der keltischen Lehre.<br />
Für die damaligen Menschen war nur das gesprochene Wort<br />
wertvoll und mächtig, nicht aber das geschriebene. Buchstaben<br />
hatten für sie keine oder eine zerstörerische Kraft (im Gegensatz<br />
z.B. zur jüdischen Schriftreligion).<br />
Nur das gesprochene Wort lebt! „Nicht schön“, meint auch schon<br />
Plutarch, „wenn geheime Wissenschaften in seelenlo-sen Buchstaben<br />
aufbewahrt werden.“<br />
Eine auf diese Weise weitergegebene Tradition erneuert sich in<br />
jeder Generation. Der alte Inhalt bleibt zwar bewahrt, die Geschichten<br />
verändern sich aber, da sie neue Erfahrungen aufnehmen<br />
und sich auch den immerfort ändernden Umständen anpassen.<br />
Wie sagt der Keltenforscher Markale so schön: „Alles Geschriebene<br />
bringt die Entwicklung zum Erstarren und legt sie unwiderruflich<br />
fest.“ Was für ihn auch bedeutet, dass eine auf mündlicher<br />
Überlieferung aufgebaute Kultur wesent-lich offener, flexibler und<br />
aufgeschlossener für Neues ist.<br />
Eine weitere Erklärung, warum die Kelten keine Schriftzeichen<br />
zuließen, liefert der Anthroposoph Rudolf Steiner:<br />
„Die Kelten wollten die Urschrift der Natur und des Alls lesen<br />
und keine andere.“<br />
Ja, womöglich hatten sie auch die Methoden dazu. Und der österreichische<br />
Keltenkenner Georg Rohrecker glaubte, das Schrifttabu<br />
führe zur Fähigkeit, Wesentliches von Unwesentlichem zu<br />
unterscheiden.<br />
Erst einige Jahrhunderte n. Chr. erfanden die Insel-Kelten die sogenannte<br />
OGHAMSCHRIFT, die aus verschiedenen Strichzeichen,<br />
meist in Stein gemeißelt oder in Holz geritzt, besteht. Man<br />
fand allerdings nur Namen oder geschäftliche Hinweise, keine erzählerischen<br />
oder philosophischen Aufzeichnungen. Diese Buchstaben<br />
wurden dann irgendwann Bäumen zugeordnet. Aber das ist<br />
schon wieder eine andere Geschichte, die auch erzählt und dann<br />
aufgeschrieben wur-de.<br />
Weiters war die Meinung:<br />
Eine mündliche Überlieferung öffnet das Tor zu einer Weiterentwicklung<br />
der Erzählungen und Weisheiten.<br />
Die Hallstattzeitmenschen selbst bedienten sich wohl der griechischen<br />
Schrift, die späteren Kelten verwendeten die lateinische<br />
Schrift der Römer.<br />
JEDENFALLS HABEN DIE MENSCHEN DER HALLSTATTZEIT BEWIESEN,<br />
DASS SICH EINE KULTUR AUCH OHNE SCHRIFT ZU EINER<br />
HOCHKULTUR ENTWICKELN KANN.<br />
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