Braunschweig/Magdeburg - DGB Niedersachsen - Bremen
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Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />
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Biografische Daten<br />
von / über Günter Kasten<br />
Gesprächsprotokolle<br />
1. Gespräch<br />
Beteiligte:<br />
2. Gespräch<br />
Beteiligte:<br />
3. Gespräch<br />
Beteiligte:<br />
4. Gespräch<br />
Beteiligte:<br />
5. Gespräch<br />
Beteiligte:<br />
am 26.06.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />
Günter Kasten, Gundolf Algermissen<br />
am 18.07.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />
Günter Kasten, Gundolf Algermissen<br />
am 08.09.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />
Günter Kasten, Gundolf Algermissen<br />
am 06.10.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />
Günter Kasten, Gundolf Algermissen<br />
am 20.11.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />
Günter Kasten, Gundolf Algermissen
Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />
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Lebensdaten<br />
Geboren am 23.10.1942 in <strong>Bremen</strong>,<br />
mein Vater war Tischler, im zweiten Weltkrieg wurde er<br />
vermisst – ein ehemaliger Kamerad erkannte ihn auf einer<br />
Ausstellungstafel des DRK-Suchdienstes und erklärte<br />
eidesstattlich, dass mein Vater an der Ostfront gefallen ist,<br />
meine Mutter war Hausfrau sie nahm nach dem Krieg mehrere<br />
Putzstellen an; sie hat mich allein erzogen.<br />
Nachdem wir in <strong>Bremen</strong> 1944 ausgebombt waren zogen wir<br />
nach Bahrenburg (bei Sulingen), dort wurde ich 1948<br />
eingeschult.<br />
Erinnerung<br />
Meine Schule bestand aus zwei Klassenräumen, die erste bis<br />
vierte Klasse und die fünfte bis achte Klasse teilten sich einen<br />
Unterrichtsraum. Als „Erziehungsmaßnahme gab es ab und zu<br />
auch mal „was mit dem Stock“ auf die Finger.<br />
1953 zogen wir nach <strong>Bremen</strong> zurück und ich beendete nach<br />
der 9. Klasse meinen Schulbesuch mit Erfolg.<br />
Zu Beginn der siebten Klasse wurde ich Klassensprecher und<br />
habe in der Schülervertretung aktiv mitgearbeitet.<br />
Ausbildung<br />
1958 begann ich eine Lehre als Stahlbauschlosser bei der AG<br />
Weser in <strong>Bremen</strong>. Bereits nach 14 Tagen bekam ich den<br />
ersten Kontakt mit der Gewerkschaft IG Metall.<br />
Erinnerung<br />
In der elften Woche wurde der ganze Lehrlings-Jahrgang zu<br />
einem Gespräch beim Betriebsrat eingeladen. Der Vorsitzende<br />
teilte uns mit, dass wir alle gute Aussichten zur Übernahme<br />
hätten. Es sei aber bei „der AG“ auch üblich, dass man Mitglied<br />
in der Gewerkschaft sei; der ganze Jahrgang ist in den<br />
nächsten Tagen in die IG Metall eingetreten – der<br />
Organisationsgrad lag bei 92 Prozent. Zu meiner Zeit auf der<br />
Werft gab es politisch zwei große Gruppen, die miteinander in<br />
Konkurrenz standen, die KPD und die SPD.<br />
Nach Ende meiner Ausbildung war die Arbeit bei „der AG“<br />
knapp und wir wurden an andere Unternehmen ausgeliehen,<br />
ich habe z.B. zwölf Wochen in Frankfurt/Main auf dem Bau<br />
gearbeitet<br />
Jugendvertreter<br />
Ab 1960 war ich Jugendvertreter bei der AG Weser, später<br />
gewerkschaftlicher Vertrauensmann.<br />
Im gewerkschaftlichen Ehrenamt wurde ich 1963/1964<br />
Sprecher der Bremer IG Metall-Jugend und auch zeitweise<br />
Sprecher der <strong>DGB</strong>-Jugend im Land <strong>Bremen</strong>.
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<strong>DGB</strong>-Jugendsekretär<br />
Juli 1966 wurde ich hauptamtlicher Jugendsekretär beim <strong>DGB</strong><br />
in <strong>Bremen</strong>. Fünf Monate später tagte der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand<br />
in Springen/Taunus und faste die „Springener<br />
Beschlüsse“. Das bedeutete, alle Stellen beim <strong>DGB</strong>, in den<br />
Bereichen Frauen, Jugend und Beamte entfielen.<br />
Erinnerung<br />
Alle Beschäftigten für diese Personengruppenarbeit wurden<br />
nach Düsseldorf, zum <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand eingeladen, wir<br />
waren etwa 60 Personen. Uns wurde mitgeteilt, dass es elf<br />
Studienplätze für Arbeits- und Sozialrecht an der Akademie für<br />
Arbeit in Frankfurt/M. gibt. Wer Interesse hätte, müsste einen<br />
Test machen (z.B. Fragen zum Bürgerlichen Gesetzbuch). Ich<br />
erhielt nach einigen Tagen die Information, dass ich am<br />
01. März 1967 mein Studium in Frankfurt/M. beginnen konnte.<br />
Akademie für Arbeit<br />
Der Tagesablauf des Seminars für Arbeit und Sozialrecht der<br />
Akademie für Arbeit (Frankfurt/Main) war hart und anspruchsvoll,<br />
Beginn um 07.45 Uhr; Ende der Vorlesungen und<br />
Übungen war um 17.30 Uhr, dazu kam jeden Unterrichtstag<br />
noch eine Hausarbeit.<br />
In der zweiten Hälfte der Ausbildung (nach den Sommerferien)<br />
begann jeder Unterrichtstag mit einem Test. Zu diesem<br />
Zeitpunkt waren bereits drei Kollegen „ausgestiegen“, wir<br />
waren nur noch acht Teilnehmer.<br />
Erinnerung<br />
Eine Verfahrensweise ist mir noch unangenehm in Erinnerung.<br />
Eine Lehrkraft brachte eine Uhr mit, die nach 12 Minuten<br />
einen grässlich-schnarrenden Ton von sich gab. Er stimmte<br />
uns immer mit den selben Worten ein: „Meine Herren, sie<br />
bekommen 15 Fragen, beantworten sie diese in 12 Minuten.<br />
Für keine der Antworten sollten sie mehr als 30 Sekunden<br />
benötigen und nehmen sie sich am Ende noch einige Minute<br />
Zeit, um ihre Antworten zu überprüfen“ – und dann immer<br />
dieser grässliche Ton nach dem Zeitlimit“.<br />
Alle 14 Tage mussten unsere Dozenten über jeden Teilnehmer<br />
eine Leistungsbeurteilung abgeben. Das obligatorische<br />
Praktikum leistete ich in der <strong>DGB</strong>-Rechtstelle <strong>Bremen</strong> ab.
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Verteilung auf die<br />
<strong>DGB</strong>-Bezirke<br />
Etwa zwei Monate vor Ende der Ausbildung begann „die<br />
Verteilung der angehenden Rechtsschutzsekretäre auf die<br />
<strong>DGB</strong>-Bezirke“. Für mich interessierten sich die Landesverbände<br />
Schleswig-Holstein, Hessen und <strong>Niedersachsen</strong>. Ich<br />
hatte eine Zusage aus Schleswig-Holstein für die Rechtstelle in<br />
Kiel und hatte mir die Stadt und das Arbeitsumfeld schon<br />
angesehen. Der damals verantwortliche stellvertretende<br />
Landesvorsitzende in <strong>Niedersachsen</strong>, Nielsen, bestand auf<br />
einem Einsatz in <strong>Niedersachsen</strong>. Nach einigem internen Hin<br />
und Her wurde ich in der Rechtstelle Oldenburg eingesetzt.<br />
Anfang 1968 wurde ich nach <strong>Braunschweig</strong> versetzt, hier war<br />
eine Planstelle ausgeschrieben. Die Arbeitsrechtssekretäre<br />
waren die Kollegen Wolters und Ellermeier. Ich habe viel<br />
gelernt und mir hat die Arbeit Spaß gemacht.<br />
Erinnerung<br />
1968 wurde Erwin Schmidt aus Northeim <strong>DGB</strong>-Kreisvorsitzender<br />
in <strong>Braunschweig</strong>, 1971 ging er in der gleichen<br />
Funktion nach <strong>Bremen</strong>. Auf Wunsch des Kreisvorstands sollte<br />
ich diese Aufgabe in <strong>Braunschweig</strong> übernehmen. Nach<br />
längeren, intensiven Diskussionen, auch um den Stellenwert<br />
des Rechtschutzes, wurde ich auf der Kreisdelegiertenversammlung<br />
mit einer deutlichen Mehrheit gewählt.<br />
Die Konkurslawine<br />
beginnt zu rollen<br />
Ich war gerade drei oder vier Tage im Amt, da wurde bekannt,<br />
dass die Firma Voigtländer geschlossen werden sollte. Bald<br />
folgten die Rollei-Werke und weitere Firmen – Ende 1971<br />
waren in <strong>Braunschweig</strong> knapp 140.000 sozialversicherungspflichtige<br />
Arbeitnehmer registriert, und Anfang 1976 waren es<br />
noch etwa 80.000 Menschen. In diesen Jahren haben wir<br />
beinahe jeden Monat für Demonstrationen mobilisieren und<br />
Aktionen zur Gegenwehr des Arbeitsplatzabbaus organisieren<br />
müssen. Die Welle der Konkurse und Standortschließungen<br />
ebbte nach 1976 ab.<br />
1974 kandidierte ich für den Rat der Stadt <strong>Braunschweig</strong> und<br />
wurde gewählt. Ich wurde Mitglied im Wirtschaftsausschuss<br />
und im Ausschuss für Wohnungswesen des Rates.<br />
Erinnerung<br />
Zwei Beispiele, die die damalige Kraft und das kommunale<br />
Durchsetzungsvermögen des Wirtschaftsausschusses<br />
beschreiben. Ein Unternehmen wollte aus der Innenstadt weg,<br />
wir haben im Ausschuss die Stadtverwaltung begleitet einen<br />
neuen Standort am Rande der Stadt zu schaffen. Auch<br />
1977/1978 haben Ausschussmitglieder in Gesprächen mit der<br />
damaligen niedersächsischen Wirtschaftsministerin Breuel<br />
erreicht, dass Volkswagen <strong>Braunschweig</strong> zum Bankenstandort<br />
ausbaute. Das heutige Industriegebiet an der A2 / Hansestraße<br />
wurde damals geplant und vorbereitet; das war nicht<br />
unumstritten. Heute gilt dieses Projekt als Erfolg.
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Günter Kasten<br />
Während einer <strong>DGB</strong>-<br />
Landesbzirkskonferenz<br />
(Links der ehemalige<br />
<strong>DGB</strong>-Landesbezirksvorsitzende<br />
Georg Drescher)<br />
Zeitungausriss zur<br />
Ehrunf verdienster<br />
Arbeitnehmer in<br />
<strong>Braunschweig</strong>
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Maikundgebung 1972 –<br />
das Maireferat auf dem<br />
Burgplatz hielt<br />
Bundeskanzler<br />
Willy Brandt<br />
(im Bild links)<br />
Bildungsarbeit im<br />
Vordergrund<br />
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt war für mich der Ausbau der<br />
Bildungsvereinigung Arbeit und Leben in <strong>Braunschweig</strong>. Die<br />
Kollegen Gerd Bruder, Michael Pleuß und andere waren an<br />
der Neukonzeptionierung der gewerkschaftspolitischen Bildung<br />
maßgeblich beteiligt, sie organisierten auch die Erstellung von<br />
Arbeitsblättern und leiteten eine „historische Phase der<br />
örtlichen Arbeitergeschichte“ im Rahmen der Aktion „Grabe, wo<br />
Du stehst“ ein. Daneben wurde die heute noch arbeitende<br />
Ausbildungswerkstatt gegründet und der Hauptschulabschluss<br />
für Schulabbrecher ins Leben gerufen. Zeitgleich richteten wir<br />
einen Immaturenkurs für Arbeitsnehmer ein, die ein Studium<br />
aufnehmen wollten, aber aus welchen Gründen auch immer<br />
kein Abitur hatten.<br />
Erinnerung<br />
Während meiner Amtszeit beschloss der Kreisvorstand, dass<br />
zum 1. Mai mit mehreren Marschsäulen zum Burgplatz<br />
demonstriert wurde, dass neben der Kundgebung (es sprachen<br />
zu meiner Zeit u.a. Willy Brandt, Bundesminister Matthöfer) ein<br />
Familiennachmittag angeboten wurde, zuerst am Grünen<br />
Jäger, später auf dem Schlossplatz. Anfang der 80er Jahre<br />
wurde auch jeweils eine „Woche der Gewerkschaften“<br />
durchgeführt mit Ausstellungen, Filmabenden und<br />
Diskussionen.
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Kandidatur für den<br />
Landtag<br />
In den 70er Jahren war der Schulterschluss zwischen den<br />
<strong>DGB</strong>-Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei<br />
besonders ausgeprägt. Deshalb ergab es sich auch 1982, dass<br />
ich im Wahlbezirk Weststadt für den Landtag kandidierte.<br />
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40 Stimmen fehlten<br />
Nach der Auszählung der Stimmen bei der Landtagswahl 1982<br />
hatte ich über 18.000 Stimmen bekommen, zum Einzug in den<br />
Landtag fehlten aber 40 Stimmen gegen den Mitbewerber.<br />
1972: Helmut Schmidt<br />
als Mairedner<br />
(Rechts Günter Kasten)<br />
- siehe Anlage 2,<br />
Seite 16 -<br />
*) Auszug <strong>DGB</strong>-<br />
Kreisvorstandssitzung<br />
am 02.11.1981
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1982 erkrankte der Geschäftführer der Allgemeinen Ortskrankenkasse<br />
(AOK) Horst Fiedler so schwer, dass der<br />
Vorstand und die Vertreterversammlung über eine Neubesetzung<br />
entscheiden mussten. Aus der Mitte der Arbeitgeber kam<br />
der Vorschlag, dass ich die Position übernehmen sollte. Die<br />
Arbeitgebervertreter waren sehr bald geschlossen dafür, auf<br />
der Arbeitnehmerseite gab es Vorbehalte, weil man mich als<br />
<strong>DGB</strong>-Kreisvorsitzender behalten wollte.<br />
Auf dem Weg in das<br />
AOK-System<br />
Erinnerung<br />
Von der hoheitlichen<br />
Ebene zum<br />
Dienstleister<br />
Der <strong>DGB</strong>-Kreisvorstand beschloss den Arbeitgebervorschlag<br />
zu unterstützen und im Dezember 1981 beschlossen Vorstand<br />
und Vertreterversammlung der AOK mich als Geschäftsführer<br />
zu berufen. Die RVO l(Reichsversicherungsordnung) ließ zu<br />
diesem Zeitpunkt zu, dass Personen, die bereits in<br />
entsprechenden Leitungsfunktionen tätig waren berufen<br />
werden konnten, wenn sich die Aufsichtsbehörde, in diesem<br />
Fall dass Niedersächsische Sozialministerium, von meiner<br />
Befähigung überzeugt hatte. Heute könnte eine solche Position<br />
nur nach einem entsprechenden Studium oder einer<br />
Fachausbildung ausgeübt werden.<br />
Für den Nachweis meiner Befähigung richtete das Ministerium<br />
im Mai 1983 ein Tageskolloquium in Hannover im Ministerium<br />
ein. Von 9 Uhr bis etwa 16 Uhr wurde ich zu allen gültigen und<br />
nötigen Gesetzgebungen und Verordnungen im Gesundheitswesen<br />
befragt. Insgesamt kann man sagen, dass war nicht<br />
unfair, aber auch nicht unbedingt wohlwollend. Mein Eindruck<br />
war, dass ein Quereinsteiger verhindert werden sollte. Erst<br />
Ende des Jahres kam eine zweizeilige Erklärung. Der Text<br />
lautete: „Der Bewerber Kasten hat die notwendigen Kenntnisse<br />
und Fähigkeiten, um die zweitgrößte AOK in <strong>Niedersachsen</strong><br />
zu führen“.<br />
Die AOK-<strong>Braunschweig</strong> hatte 1984 etwa 50.000 Mitglieder und<br />
einen Beitragssatz von ca. acht Prozent. Bis Mitte der 80er<br />
Jahre war das Krankenversicherungsrecht zwischen den<br />
Kassen streng geregelt. So konnten Arbeiter nur bei AOK, IKK<br />
oder BKK, die Angestellten nur bei den Ersatzkassen<br />
Mitglieder sein. Begriffe wie Wettbewerb, Prävention oder<br />
Ernährungsberatung waren unbekannt. Dies änderte sich unter<br />
dem Druck der Politik, die mehr Wettbewerb und verbesserte<br />
Leistungsangebote einforderte.<br />
Die angestrebten Veränderungen bedeuteten für die MitarbeiterInnen<br />
eine Umstellung, sowohl bei der täglichen Arbeit<br />
wie auch in der für sie ungewohnten Rolle als Dienstleister für<br />
Versicherte und Arbeitgeber. Langsam, aber stetig veränderte<br />
sich die interne Arbeitsweise und das Bild der AOK-<strong>Braunschweig</strong><br />
in der Öffentlichkeit. Es konnten zum Ende der 80er<br />
Jahre positive Mitgliederzahlen erreicht werden.
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Mitglieder des <strong>DGB</strong>-<br />
Kreisvorstands<br />
<strong>Braunschweig</strong> mit Ilse<br />
Brusis (Bildmitte,<br />
Mitglied des <strong>DGB</strong>-<br />
Bundsvorstands vor<br />
einer<br />
Betriebsbesichtigung in<br />
<strong>Braunschweig</strong>
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Kontakte nach<br />
<strong>Magdeburg</strong><br />
Ab 1988 hatten wir mehrfach Kontakte zur Sozialversicherung<br />
im Bezirk <strong>Magdeburg</strong> durch die Städtepartnerschaft <strong>Braunschweig</strong><br />
mit <strong>Magdeburg</strong>.<br />
Nach der Wende, im Frühjahr 1990, war eine neue Ausgangssituation<br />
geschaffen und der Neuaufbau des Kassenwesens in<br />
Sachsen-Anhalt wurde zunächst über den Landesverband<br />
<strong>Niedersachsen</strong> und später über den AOK-Bundesverband<br />
organisiert. Der Versuch, in den neuen Bundesländern eine<br />
einheitliche GKV für die neuen Bundesländer zu gründen<br />
scheiterte bereits nach wenigen Monaten an den<br />
unterschiedlichen Interessen der Kassenarten.<br />
Erinnerung<br />
Am 22. Juli 1990 kam eine Delegation der Aufbauhelfer in der<br />
Sozialversicherung nach <strong>Braunschweig</strong> ins AOK-Gebäude.<br />
Nach dem Abarbeiten einiger Sachfragen wurde mir mitgeteilt,<br />
„wir haben beschlossen, dass du nach <strong>Magdeburg</strong> kommst<br />
und bei uns Errichtungsbeauftragter wirst“. Ich bat um eine<br />
Bedenkzeit und nach einigen Tagen sagte ich zu.
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Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarvbeiter aus der<br />
AOK-Familie Sachsen-<br />
Anhalt<br />
Nun kam die „Behörde in Gang“, Mitteilung an das Land, dann<br />
zum Bund, weiter zum zuständigen Bundesministerium,<br />
Bundesminister Blum informierte die damals noch zuständigen<br />
DDR-Behörden und ich wurde nach einigen Wochen<br />
Errichtungsbeauftragter für den Bezirk <strong>Magdeburg</strong>, mein<br />
Kollege Helmut Markgraf (Jurist beim AOK-Landesverband<br />
<strong>Niedersachsen</strong>) übernahm die Verantwortung für den Bezirk<br />
Halle/Saale.<br />
Nach Zustimmung aller Gremien erfolgte im September 1990<br />
die Berufung durch das Ministerium für Gesundheitswesen der<br />
DDR, dem zuständigen Minister, Professor Kleditsch.
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Aufbau-Etat<br />
Ich hatte einen Aufbau-Etat von 15 Millionen DM, daraus<br />
wurden überwiegend bauliche Maßnahmen veranlasst,<br />
Einstellungen von Mitarbeitern wurden durchgeführt. Wir<br />
hatten uns für die Übernahme der etwa 50 SVK-Mitarbeiter-<br />
Innen entschlossen, soweit sie politisch nicht belastet waren,<br />
dieses war nach einem bundeseinheitlichen Regelwerk zu<br />
prüfen.<br />
Bis Ende 1990 hatten wir 1.000 MitarbeiterInnen neu<br />
eingestellt, die in <strong>Niedersachsen</strong>, in den AOKs für uns<br />
ausgebildet wurden.<br />
AOK-<strong>Magdeburg</strong><br />
wird eröffnet<br />
Zum 2. Januar 1991 wurden die AOKs in <strong>Magdeburg</strong> und<br />
Halle/Saale eröffnet, am gleichen Tag galt das auch für etwa<br />
80 Geschäftsstellen in Sachsen-Anhalt. Damals waren etwa<br />
3.500 MitarbeiterInnen in den beiden AOKen beschäftigt, die<br />
etwa zwei Millionen Mitglieder betreuten. Dass dies trotz der<br />
Schwierigkeiten beim Telefonverkehr und der fehlenden<br />
EDV-Leitungen funktionierte, ist dem Einsatz der Beschäftigten<br />
zu verdanken.<br />
Unser Arbeitsmotto war schnell gefunden: „die AOK-Mitglieder<br />
und ihre Familienmitglieder müssen spüren, dass ein<br />
erheblicher Unterschied zwischen der sozialistischen Sozialversicherung<br />
und unseren Angeboten besteht“.<br />
Neue Gesetzgebung<br />
1996 wurde aufgrund neuer Gesetze die Organisation der GKV<br />
verändert. Eine Neuerung war die Veränderung der<br />
Selbstverwaltung, die nur noch Grundsatz- und Haushaltsfragen<br />
zu beschließen, sowie die neu geschaffenen Vorstände<br />
zu berufen hatte. Ich habe mich für die neue Vorstandsposition<br />
beworben und bin gewählt worden, obwohl nach dem neuen<br />
Recht meine Befähigung umstritten war.<br />
Das 30.000 AOK-Brot<br />
wird mit dem<br />
Innungsmeister des<br />
Bäckerhandwerks in<br />
<strong>Magdeburg</strong> direkt<br />
verkostet
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Erinnerung<br />
Es hat mich schon sehr gerührt, als die 1.300 AOK-Mitarbeiter<br />
aus <strong>Magdeburg</strong> bei strömendem Regen vor das Sozialministerium<br />
gezogen sind und mit Sprechchören und<br />
Transparenten mein Verbleiben in der Funktion eingefordert<br />
haben. Nach einigen Wochen erhielt ich die Mitteilung ich<br />
könnte in der Führungsposition weiterarbeiten.<br />
Strukturelle Veränderungen in den neuen Ländern, wie z.B. die<br />
Ausdehnung der BKKen Post und Bahn auf das Beitrittsgebiet<br />
sowie die völlige Wahlfreiheit für Kassenmitglieder führten zu<br />
einem Mitgliederverlust, der schnell zu einem starken<br />
Personalüberhang führte.<br />
Wir begegneten dieser Situation mit einem Arbeitszeitverkürzungsmodell,<br />
das letztlich 600 MitarbeiterInnen den<br />
Arbeitsplatz rettete. Heute sind in der AOK Sachsen-Anhalt<br />
2.100 Mitarbeiter beschäftigt.<br />
Alleiniger<br />
Vorsitzender für die<br />
AOK-Sachsen-Anhalt<br />
Eine weitere Folge gesetzgeberischer Eingriffe war die Fusion<br />
der AOKen <strong>Magdeburg</strong> und Halle/Saale zum 1. Januar 1998.<br />
Ich wurde zum Vorsitzenden des Vorstandes der Landes-AOK-<br />
Sachsen-Anhalt gewählt und habe diese Position bis zum<br />
31.12.2007 ausgeübt.<br />
Während des AOK-Neujahrsempfang am 19. Januar 2008 in<br />
Halle/S. erhielt ich das Bundesverdienstkreuz durch den<br />
Ministerpräsidenten Böhmer und die goldene Ehrennadel der<br />
AOK wurde mir durch den Vorsitzenden des Verwaltungsrates<br />
des AOK-Bundesverbandes, Fritz Schösser, überreicht.<br />
Ministerpräsident<br />
Böhmer des Landes<br />
Sachsen-Anhalt<br />
überreicht die<br />
Auszeichnung des<br />
Bundesverdienstkreuzes
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ANLAGEN<br />
Anlage 1: Zeitungsbericht „Protest gegen die Stillegung“<br />
Anlage 2: Zeitungsbericht „Sonne, Schmidt und 10.000<br />
am 1. Mai – Für Politik des „Sich-vertrages“<br />
Anlage 3: Die Urkunde zur Bestellung<br />
zum AOK-Errichtungsbeauftragten im Bezirk <strong>Magdeburg</strong><br />
Anlage 4: Anlage für „AOK-Errichtungsbeauftragte“<br />
Anlage 5: Ehrenurkunde für die geleistete Arbeit<br />
als AOK-Errichtungsbeauftragter<br />
Anlage 6: Berichte über die „neue AOK“ im Bezirk <strong>Magdeburg</strong><br />
Protokollführung:<br />
Gundolf Algermissen, Abteilungsleiter im <strong>DGB</strong>-Bezirk NBS<br />
Technische Umsetzung und Bildbearbeitung:<br />
Gunda Jortzig, PCA beim <strong>DGB</strong>-Bezirk NBS
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Anlage 1: Zeitungsbericht „Protest gegen die Stilllegung“
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Seite 16 von 25 Seiten<br />
Anlage 2: Bericht über die Maikundgebung 1972 in <strong>Braunschweig</strong>
Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />
Seite 17 von 25 Seiten<br />
Anlage 3: Die Urkunde zur Bestellung zum AOK-Errichtungsbeauftragten<br />
im Bezirk <strong>Magdeburg</strong>
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Seite 18 von 25 Seiten<br />
Anlage 4: Anlage für „AOK-Errichtungsbeauftragte“<br />
Seite 1 von 2 Seiten
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Seite 19 von 25 Seiten<br />
Anlage 4: Anlage für „AOK-Errichtungsbeauftragte“<br />
Seite 2 von 2 Seiten
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Seite 20 von 25 Seiten<br />
Anlage 5: Ehrenurkunde für die geleistete Arbeit als AOK-Errichtungsbeauftragter
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Seite 21 von 25 Seiten<br />
Anlage 6: Berichte über die „neue AOK“ im Bezirk <strong>Magdeburg</strong><br />
Seite 1 von 5 Seiten
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Seite 22 von 25 Seiten<br />
Anlage 6: Berichte über die die „neue AOK“ in Sachsen-Anhalt<br />
Seite 2 von 5 Seiten
Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />
Seite 23 von 25 Seiten<br />
Anlage 6: Berichte über die die „neue AOK“ in Sachsen-Anhalt<br />
Seite 3 von 5 Seiten
Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />
Seite 24 von 25 Seiten<br />
Anlage 6: Berichte über die die „neue AOK“ in Sachsen-Anhalt<br />
Seite 4 von 5 Seiten
Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />
Seite 25 von 25 Seiten<br />
Anlage 6: Berichte über die die „neue AOK“ in Sachsen-Anhalt<br />
Seite 5 von 5 Seiten