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Braunschweig/Magdeburg - DGB Niedersachsen - Bremen

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Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 1 von 25 Seiten<br />

Biografische Daten<br />

von / über Günter Kasten<br />

Gesprächsprotokolle<br />

1. Gespräch<br />

Beteiligte:<br />

2. Gespräch<br />

Beteiligte:<br />

3. Gespräch<br />

Beteiligte:<br />

4. Gespräch<br />

Beteiligte:<br />

5. Gespräch<br />

Beteiligte:<br />

am 26.06.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />

Günter Kasten, Gundolf Algermissen<br />

am 18.07.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />

Günter Kasten, Gundolf Algermissen<br />

am 08.09.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />

Günter Kasten, Gundolf Algermissen<br />

am 06.10.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />

Günter Kasten, Gundolf Algermissen<br />

am 20.11.2008 in <strong>Braunschweig</strong><br />

Günter Kasten, Gundolf Algermissen


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 2 von 25 Seiten<br />

Lebensdaten<br />

Geboren am 23.10.1942 in <strong>Bremen</strong>,<br />

mein Vater war Tischler, im zweiten Weltkrieg wurde er<br />

vermisst – ein ehemaliger Kamerad erkannte ihn auf einer<br />

Ausstellungstafel des DRK-Suchdienstes und erklärte<br />

eidesstattlich, dass mein Vater an der Ostfront gefallen ist,<br />

meine Mutter war Hausfrau sie nahm nach dem Krieg mehrere<br />

Putzstellen an; sie hat mich allein erzogen.<br />

Nachdem wir in <strong>Bremen</strong> 1944 ausgebombt waren zogen wir<br />

nach Bahrenburg (bei Sulingen), dort wurde ich 1948<br />

eingeschult.<br />

Erinnerung<br />

Meine Schule bestand aus zwei Klassenräumen, die erste bis<br />

vierte Klasse und die fünfte bis achte Klasse teilten sich einen<br />

Unterrichtsraum. Als „Erziehungsmaßnahme gab es ab und zu<br />

auch mal „was mit dem Stock“ auf die Finger.<br />

1953 zogen wir nach <strong>Bremen</strong> zurück und ich beendete nach<br />

der 9. Klasse meinen Schulbesuch mit Erfolg.<br />

Zu Beginn der siebten Klasse wurde ich Klassensprecher und<br />

habe in der Schülervertretung aktiv mitgearbeitet.<br />

Ausbildung<br />

1958 begann ich eine Lehre als Stahlbauschlosser bei der AG<br />

Weser in <strong>Bremen</strong>. Bereits nach 14 Tagen bekam ich den<br />

ersten Kontakt mit der Gewerkschaft IG Metall.<br />

Erinnerung<br />

In der elften Woche wurde der ganze Lehrlings-Jahrgang zu<br />

einem Gespräch beim Betriebsrat eingeladen. Der Vorsitzende<br />

teilte uns mit, dass wir alle gute Aussichten zur Übernahme<br />

hätten. Es sei aber bei „der AG“ auch üblich, dass man Mitglied<br />

in der Gewerkschaft sei; der ganze Jahrgang ist in den<br />

nächsten Tagen in die IG Metall eingetreten – der<br />

Organisationsgrad lag bei 92 Prozent. Zu meiner Zeit auf der<br />

Werft gab es politisch zwei große Gruppen, die miteinander in<br />

Konkurrenz standen, die KPD und die SPD.<br />

Nach Ende meiner Ausbildung war die Arbeit bei „der AG“<br />

knapp und wir wurden an andere Unternehmen ausgeliehen,<br />

ich habe z.B. zwölf Wochen in Frankfurt/Main auf dem Bau<br />

gearbeitet<br />

Jugendvertreter<br />

Ab 1960 war ich Jugendvertreter bei der AG Weser, später<br />

gewerkschaftlicher Vertrauensmann.<br />

Im gewerkschaftlichen Ehrenamt wurde ich 1963/1964<br />

Sprecher der Bremer IG Metall-Jugend und auch zeitweise<br />

Sprecher der <strong>DGB</strong>-Jugend im Land <strong>Bremen</strong>.


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 3 von 25 Seiten<br />

<strong>DGB</strong>-Jugendsekretär<br />

Juli 1966 wurde ich hauptamtlicher Jugendsekretär beim <strong>DGB</strong><br />

in <strong>Bremen</strong>. Fünf Monate später tagte der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand<br />

in Springen/Taunus und faste die „Springener<br />

Beschlüsse“. Das bedeutete, alle Stellen beim <strong>DGB</strong>, in den<br />

Bereichen Frauen, Jugend und Beamte entfielen.<br />

Erinnerung<br />

Alle Beschäftigten für diese Personengruppenarbeit wurden<br />

nach Düsseldorf, zum <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand eingeladen, wir<br />

waren etwa 60 Personen. Uns wurde mitgeteilt, dass es elf<br />

Studienplätze für Arbeits- und Sozialrecht an der Akademie für<br />

Arbeit in Frankfurt/M. gibt. Wer Interesse hätte, müsste einen<br />

Test machen (z.B. Fragen zum Bürgerlichen Gesetzbuch). Ich<br />

erhielt nach einigen Tagen die Information, dass ich am<br />

01. März 1967 mein Studium in Frankfurt/M. beginnen konnte.<br />

Akademie für Arbeit<br />

Der Tagesablauf des Seminars für Arbeit und Sozialrecht der<br />

Akademie für Arbeit (Frankfurt/Main) war hart und anspruchsvoll,<br />

Beginn um 07.45 Uhr; Ende der Vorlesungen und<br />

Übungen war um 17.30 Uhr, dazu kam jeden Unterrichtstag<br />

noch eine Hausarbeit.<br />

In der zweiten Hälfte der Ausbildung (nach den Sommerferien)<br />

begann jeder Unterrichtstag mit einem Test. Zu diesem<br />

Zeitpunkt waren bereits drei Kollegen „ausgestiegen“, wir<br />

waren nur noch acht Teilnehmer.<br />

Erinnerung<br />

Eine Verfahrensweise ist mir noch unangenehm in Erinnerung.<br />

Eine Lehrkraft brachte eine Uhr mit, die nach 12 Minuten<br />

einen grässlich-schnarrenden Ton von sich gab. Er stimmte<br />

uns immer mit den selben Worten ein: „Meine Herren, sie<br />

bekommen 15 Fragen, beantworten sie diese in 12 Minuten.<br />

Für keine der Antworten sollten sie mehr als 30 Sekunden<br />

benötigen und nehmen sie sich am Ende noch einige Minute<br />

Zeit, um ihre Antworten zu überprüfen“ – und dann immer<br />

dieser grässliche Ton nach dem Zeitlimit“.<br />

Alle 14 Tage mussten unsere Dozenten über jeden Teilnehmer<br />

eine Leistungsbeurteilung abgeben. Das obligatorische<br />

Praktikum leistete ich in der <strong>DGB</strong>-Rechtstelle <strong>Bremen</strong> ab.


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 4 von 25 Seiten<br />

Verteilung auf die<br />

<strong>DGB</strong>-Bezirke<br />

Etwa zwei Monate vor Ende der Ausbildung begann „die<br />

Verteilung der angehenden Rechtsschutzsekretäre auf die<br />

<strong>DGB</strong>-Bezirke“. Für mich interessierten sich die Landesverbände<br />

Schleswig-Holstein, Hessen und <strong>Niedersachsen</strong>. Ich<br />

hatte eine Zusage aus Schleswig-Holstein für die Rechtstelle in<br />

Kiel und hatte mir die Stadt und das Arbeitsumfeld schon<br />

angesehen. Der damals verantwortliche stellvertretende<br />

Landesvorsitzende in <strong>Niedersachsen</strong>, Nielsen, bestand auf<br />

einem Einsatz in <strong>Niedersachsen</strong>. Nach einigem internen Hin<br />

und Her wurde ich in der Rechtstelle Oldenburg eingesetzt.<br />

Anfang 1968 wurde ich nach <strong>Braunschweig</strong> versetzt, hier war<br />

eine Planstelle ausgeschrieben. Die Arbeitsrechtssekretäre<br />

waren die Kollegen Wolters und Ellermeier. Ich habe viel<br />

gelernt und mir hat die Arbeit Spaß gemacht.<br />

Erinnerung<br />

1968 wurde Erwin Schmidt aus Northeim <strong>DGB</strong>-Kreisvorsitzender<br />

in <strong>Braunschweig</strong>, 1971 ging er in der gleichen<br />

Funktion nach <strong>Bremen</strong>. Auf Wunsch des Kreisvorstands sollte<br />

ich diese Aufgabe in <strong>Braunschweig</strong> übernehmen. Nach<br />

längeren, intensiven Diskussionen, auch um den Stellenwert<br />

des Rechtschutzes, wurde ich auf der Kreisdelegiertenversammlung<br />

mit einer deutlichen Mehrheit gewählt.<br />

Die Konkurslawine<br />

beginnt zu rollen<br />

Ich war gerade drei oder vier Tage im Amt, da wurde bekannt,<br />

dass die Firma Voigtländer geschlossen werden sollte. Bald<br />

folgten die Rollei-Werke und weitere Firmen – Ende 1971<br />

waren in <strong>Braunschweig</strong> knapp 140.000 sozialversicherungspflichtige<br />

Arbeitnehmer registriert, und Anfang 1976 waren es<br />

noch etwa 80.000 Menschen. In diesen Jahren haben wir<br />

beinahe jeden Monat für Demonstrationen mobilisieren und<br />

Aktionen zur Gegenwehr des Arbeitsplatzabbaus organisieren<br />

müssen. Die Welle der Konkurse und Standortschließungen<br />

ebbte nach 1976 ab.<br />

1974 kandidierte ich für den Rat der Stadt <strong>Braunschweig</strong> und<br />

wurde gewählt. Ich wurde Mitglied im Wirtschaftsausschuss<br />

und im Ausschuss für Wohnungswesen des Rates.<br />

Erinnerung<br />

Zwei Beispiele, die die damalige Kraft und das kommunale<br />

Durchsetzungsvermögen des Wirtschaftsausschusses<br />

beschreiben. Ein Unternehmen wollte aus der Innenstadt weg,<br />

wir haben im Ausschuss die Stadtverwaltung begleitet einen<br />

neuen Standort am Rande der Stadt zu schaffen. Auch<br />

1977/1978 haben Ausschussmitglieder in Gesprächen mit der<br />

damaligen niedersächsischen Wirtschaftsministerin Breuel<br />

erreicht, dass Volkswagen <strong>Braunschweig</strong> zum Bankenstandort<br />

ausbaute. Das heutige Industriegebiet an der A2 / Hansestraße<br />

wurde damals geplant und vorbereitet; das war nicht<br />

unumstritten. Heute gilt dieses Projekt als Erfolg.


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 5 von 25 Seiten<br />

Günter Kasten<br />

Während einer <strong>DGB</strong>-<br />

Landesbzirkskonferenz<br />

(Links der ehemalige<br />

<strong>DGB</strong>-Landesbezirksvorsitzende<br />

Georg Drescher)<br />

Zeitungausriss zur<br />

Ehrunf verdienster<br />

Arbeitnehmer in<br />

<strong>Braunschweig</strong>


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 6 von 25 Seiten<br />

Maikundgebung 1972 –<br />

das Maireferat auf dem<br />

Burgplatz hielt<br />

Bundeskanzler<br />

Willy Brandt<br />

(im Bild links)<br />

Bildungsarbeit im<br />

Vordergrund<br />

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt war für mich der Ausbau der<br />

Bildungsvereinigung Arbeit und Leben in <strong>Braunschweig</strong>. Die<br />

Kollegen Gerd Bruder, Michael Pleuß und andere waren an<br />

der Neukonzeptionierung der gewerkschaftspolitischen Bildung<br />

maßgeblich beteiligt, sie organisierten auch die Erstellung von<br />

Arbeitsblättern und leiteten eine „historische Phase der<br />

örtlichen Arbeitergeschichte“ im Rahmen der Aktion „Grabe, wo<br />

Du stehst“ ein. Daneben wurde die heute noch arbeitende<br />

Ausbildungswerkstatt gegründet und der Hauptschulabschluss<br />

für Schulabbrecher ins Leben gerufen. Zeitgleich richteten wir<br />

einen Immaturenkurs für Arbeitsnehmer ein, die ein Studium<br />

aufnehmen wollten, aber aus welchen Gründen auch immer<br />

kein Abitur hatten.<br />

Erinnerung<br />

Während meiner Amtszeit beschloss der Kreisvorstand, dass<br />

zum 1. Mai mit mehreren Marschsäulen zum Burgplatz<br />

demonstriert wurde, dass neben der Kundgebung (es sprachen<br />

zu meiner Zeit u.a. Willy Brandt, Bundesminister Matthöfer) ein<br />

Familiennachmittag angeboten wurde, zuerst am Grünen<br />

Jäger, später auf dem Schlossplatz. Anfang der 80er Jahre<br />

wurde auch jeweils eine „Woche der Gewerkschaften“<br />

durchgeführt mit Ausstellungen, Filmabenden und<br />

Diskussionen.


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 7 von 25 Seiten<br />

Kandidatur für den<br />

Landtag<br />

In den 70er Jahren war der Schulterschluss zwischen den<br />

<strong>DGB</strong>-Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei<br />

besonders ausgeprägt. Deshalb ergab es sich auch 1982, dass<br />

ich im Wahlbezirk Weststadt für den Landtag kandidierte.<br />

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40 Stimmen fehlten<br />

Nach der Auszählung der Stimmen bei der Landtagswahl 1982<br />

hatte ich über 18.000 Stimmen bekommen, zum Einzug in den<br />

Landtag fehlten aber 40 Stimmen gegen den Mitbewerber.<br />

1972: Helmut Schmidt<br />

als Mairedner<br />

(Rechts Günter Kasten)<br />

- siehe Anlage 2,<br />

Seite 16 -<br />

*) Auszug <strong>DGB</strong>-<br />

Kreisvorstandssitzung<br />

am 02.11.1981


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 8 von 25 Seiten<br />

1982 erkrankte der Geschäftführer der Allgemeinen Ortskrankenkasse<br />

(AOK) Horst Fiedler so schwer, dass der<br />

Vorstand und die Vertreterversammlung über eine Neubesetzung<br />

entscheiden mussten. Aus der Mitte der Arbeitgeber kam<br />

der Vorschlag, dass ich die Position übernehmen sollte. Die<br />

Arbeitgebervertreter waren sehr bald geschlossen dafür, auf<br />

der Arbeitnehmerseite gab es Vorbehalte, weil man mich als<br />

<strong>DGB</strong>-Kreisvorsitzender behalten wollte.<br />

Auf dem Weg in das<br />

AOK-System<br />

Erinnerung<br />

Von der hoheitlichen<br />

Ebene zum<br />

Dienstleister<br />

Der <strong>DGB</strong>-Kreisvorstand beschloss den Arbeitgebervorschlag<br />

zu unterstützen und im Dezember 1981 beschlossen Vorstand<br />

und Vertreterversammlung der AOK mich als Geschäftsführer<br />

zu berufen. Die RVO l(Reichsversicherungsordnung) ließ zu<br />

diesem Zeitpunkt zu, dass Personen, die bereits in<br />

entsprechenden Leitungsfunktionen tätig waren berufen<br />

werden konnten, wenn sich die Aufsichtsbehörde, in diesem<br />

Fall dass Niedersächsische Sozialministerium, von meiner<br />

Befähigung überzeugt hatte. Heute könnte eine solche Position<br />

nur nach einem entsprechenden Studium oder einer<br />

Fachausbildung ausgeübt werden.<br />

Für den Nachweis meiner Befähigung richtete das Ministerium<br />

im Mai 1983 ein Tageskolloquium in Hannover im Ministerium<br />

ein. Von 9 Uhr bis etwa 16 Uhr wurde ich zu allen gültigen und<br />

nötigen Gesetzgebungen und Verordnungen im Gesundheitswesen<br />

befragt. Insgesamt kann man sagen, dass war nicht<br />

unfair, aber auch nicht unbedingt wohlwollend. Mein Eindruck<br />

war, dass ein Quereinsteiger verhindert werden sollte. Erst<br />

Ende des Jahres kam eine zweizeilige Erklärung. Der Text<br />

lautete: „Der Bewerber Kasten hat die notwendigen Kenntnisse<br />

und Fähigkeiten, um die zweitgrößte AOK in <strong>Niedersachsen</strong><br />

zu führen“.<br />

Die AOK-<strong>Braunschweig</strong> hatte 1984 etwa 50.000 Mitglieder und<br />

einen Beitragssatz von ca. acht Prozent. Bis Mitte der 80er<br />

Jahre war das Krankenversicherungsrecht zwischen den<br />

Kassen streng geregelt. So konnten Arbeiter nur bei AOK, IKK<br />

oder BKK, die Angestellten nur bei den Ersatzkassen<br />

Mitglieder sein. Begriffe wie Wettbewerb, Prävention oder<br />

Ernährungsberatung waren unbekannt. Dies änderte sich unter<br />

dem Druck der Politik, die mehr Wettbewerb und verbesserte<br />

Leistungsangebote einforderte.<br />

Die angestrebten Veränderungen bedeuteten für die MitarbeiterInnen<br />

eine Umstellung, sowohl bei der täglichen Arbeit<br />

wie auch in der für sie ungewohnten Rolle als Dienstleister für<br />

Versicherte und Arbeitgeber. Langsam, aber stetig veränderte<br />

sich die interne Arbeitsweise und das Bild der AOK-<strong>Braunschweig</strong><br />

in der Öffentlichkeit. Es konnten zum Ende der 80er<br />

Jahre positive Mitgliederzahlen erreicht werden.


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 9 von 25 Seiten<br />

Mitglieder des <strong>DGB</strong>-<br />

Kreisvorstands<br />

<strong>Braunschweig</strong> mit Ilse<br />

Brusis (Bildmitte,<br />

Mitglied des <strong>DGB</strong>-<br />

Bundsvorstands vor<br />

einer<br />

Betriebsbesichtigung in<br />

<strong>Braunschweig</strong>


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 10 von 25 Seiten<br />

Kontakte nach<br />

<strong>Magdeburg</strong><br />

Ab 1988 hatten wir mehrfach Kontakte zur Sozialversicherung<br />

im Bezirk <strong>Magdeburg</strong> durch die Städtepartnerschaft <strong>Braunschweig</strong><br />

mit <strong>Magdeburg</strong>.<br />

Nach der Wende, im Frühjahr 1990, war eine neue Ausgangssituation<br />

geschaffen und der Neuaufbau des Kassenwesens in<br />

Sachsen-Anhalt wurde zunächst über den Landesverband<br />

<strong>Niedersachsen</strong> und später über den AOK-Bundesverband<br />

organisiert. Der Versuch, in den neuen Bundesländern eine<br />

einheitliche GKV für die neuen Bundesländer zu gründen<br />

scheiterte bereits nach wenigen Monaten an den<br />

unterschiedlichen Interessen der Kassenarten.<br />

Erinnerung<br />

Am 22. Juli 1990 kam eine Delegation der Aufbauhelfer in der<br />

Sozialversicherung nach <strong>Braunschweig</strong> ins AOK-Gebäude.<br />

Nach dem Abarbeiten einiger Sachfragen wurde mir mitgeteilt,<br />

„wir haben beschlossen, dass du nach <strong>Magdeburg</strong> kommst<br />

und bei uns Errichtungsbeauftragter wirst“. Ich bat um eine<br />

Bedenkzeit und nach einigen Tagen sagte ich zu.


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 11 von 25 Seiten<br />

Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarvbeiter aus der<br />

AOK-Familie Sachsen-<br />

Anhalt<br />

Nun kam die „Behörde in Gang“, Mitteilung an das Land, dann<br />

zum Bund, weiter zum zuständigen Bundesministerium,<br />

Bundesminister Blum informierte die damals noch zuständigen<br />

DDR-Behörden und ich wurde nach einigen Wochen<br />

Errichtungsbeauftragter für den Bezirk <strong>Magdeburg</strong>, mein<br />

Kollege Helmut Markgraf (Jurist beim AOK-Landesverband<br />

<strong>Niedersachsen</strong>) übernahm die Verantwortung für den Bezirk<br />

Halle/Saale.<br />

Nach Zustimmung aller Gremien erfolgte im September 1990<br />

die Berufung durch das Ministerium für Gesundheitswesen der<br />

DDR, dem zuständigen Minister, Professor Kleditsch.


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 12 von 25 Seiten<br />

Aufbau-Etat<br />

Ich hatte einen Aufbau-Etat von 15 Millionen DM, daraus<br />

wurden überwiegend bauliche Maßnahmen veranlasst,<br />

Einstellungen von Mitarbeitern wurden durchgeführt. Wir<br />

hatten uns für die Übernahme der etwa 50 SVK-Mitarbeiter-<br />

Innen entschlossen, soweit sie politisch nicht belastet waren,<br />

dieses war nach einem bundeseinheitlichen Regelwerk zu<br />

prüfen.<br />

Bis Ende 1990 hatten wir 1.000 MitarbeiterInnen neu<br />

eingestellt, die in <strong>Niedersachsen</strong>, in den AOKs für uns<br />

ausgebildet wurden.<br />

AOK-<strong>Magdeburg</strong><br />

wird eröffnet<br />

Zum 2. Januar 1991 wurden die AOKs in <strong>Magdeburg</strong> und<br />

Halle/Saale eröffnet, am gleichen Tag galt das auch für etwa<br />

80 Geschäftsstellen in Sachsen-Anhalt. Damals waren etwa<br />

3.500 MitarbeiterInnen in den beiden AOKen beschäftigt, die<br />

etwa zwei Millionen Mitglieder betreuten. Dass dies trotz der<br />

Schwierigkeiten beim Telefonverkehr und der fehlenden<br />

EDV-Leitungen funktionierte, ist dem Einsatz der Beschäftigten<br />

zu verdanken.<br />

Unser Arbeitsmotto war schnell gefunden: „die AOK-Mitglieder<br />

und ihre Familienmitglieder müssen spüren, dass ein<br />

erheblicher Unterschied zwischen der sozialistischen Sozialversicherung<br />

und unseren Angeboten besteht“.<br />

Neue Gesetzgebung<br />

1996 wurde aufgrund neuer Gesetze die Organisation der GKV<br />

verändert. Eine Neuerung war die Veränderung der<br />

Selbstverwaltung, die nur noch Grundsatz- und Haushaltsfragen<br />

zu beschließen, sowie die neu geschaffenen Vorstände<br />

zu berufen hatte. Ich habe mich für die neue Vorstandsposition<br />

beworben und bin gewählt worden, obwohl nach dem neuen<br />

Recht meine Befähigung umstritten war.<br />

Das 30.000 AOK-Brot<br />

wird mit dem<br />

Innungsmeister des<br />

Bäckerhandwerks in<br />

<strong>Magdeburg</strong> direkt<br />

verkostet


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 13 von 25 Seiten<br />

Erinnerung<br />

Es hat mich schon sehr gerührt, als die 1.300 AOK-Mitarbeiter<br />

aus <strong>Magdeburg</strong> bei strömendem Regen vor das Sozialministerium<br />

gezogen sind und mit Sprechchören und<br />

Transparenten mein Verbleiben in der Funktion eingefordert<br />

haben. Nach einigen Wochen erhielt ich die Mitteilung ich<br />

könnte in der Führungsposition weiterarbeiten.<br />

Strukturelle Veränderungen in den neuen Ländern, wie z.B. die<br />

Ausdehnung der BKKen Post und Bahn auf das Beitrittsgebiet<br />

sowie die völlige Wahlfreiheit für Kassenmitglieder führten zu<br />

einem Mitgliederverlust, der schnell zu einem starken<br />

Personalüberhang führte.<br />

Wir begegneten dieser Situation mit einem Arbeitszeitverkürzungsmodell,<br />

das letztlich 600 MitarbeiterInnen den<br />

Arbeitsplatz rettete. Heute sind in der AOK Sachsen-Anhalt<br />

2.100 Mitarbeiter beschäftigt.<br />

Alleiniger<br />

Vorsitzender für die<br />

AOK-Sachsen-Anhalt<br />

Eine weitere Folge gesetzgeberischer Eingriffe war die Fusion<br />

der AOKen <strong>Magdeburg</strong> und Halle/Saale zum 1. Januar 1998.<br />

Ich wurde zum Vorsitzenden des Vorstandes der Landes-AOK-<br />

Sachsen-Anhalt gewählt und habe diese Position bis zum<br />

31.12.2007 ausgeübt.<br />

Während des AOK-Neujahrsempfang am 19. Januar 2008 in<br />

Halle/S. erhielt ich das Bundesverdienstkreuz durch den<br />

Ministerpräsidenten Böhmer und die goldene Ehrennadel der<br />

AOK wurde mir durch den Vorsitzenden des Verwaltungsrates<br />

des AOK-Bundesverbandes, Fritz Schösser, überreicht.<br />

Ministerpräsident<br />

Böhmer des Landes<br />

Sachsen-Anhalt<br />

überreicht die<br />

Auszeichnung des<br />

Bundesverdienstkreuzes


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 14 von 25 Seiten<br />

ANLAGEN<br />

Anlage 1: Zeitungsbericht „Protest gegen die Stillegung“<br />

Anlage 2: Zeitungsbericht „Sonne, Schmidt und 10.000<br />

am 1. Mai – Für Politik des „Sich-vertrages“<br />

Anlage 3: Die Urkunde zur Bestellung<br />

zum AOK-Errichtungsbeauftragten im Bezirk <strong>Magdeburg</strong><br />

Anlage 4: Anlage für „AOK-Errichtungsbeauftragte“<br />

Anlage 5: Ehrenurkunde für die geleistete Arbeit<br />

als AOK-Errichtungsbeauftragter<br />

Anlage 6: Berichte über die „neue AOK“ im Bezirk <strong>Magdeburg</strong><br />

Protokollführung:<br />

Gundolf Algermissen, Abteilungsleiter im <strong>DGB</strong>-Bezirk NBS<br />

Technische Umsetzung und Bildbearbeitung:<br />

Gunda Jortzig, PCA beim <strong>DGB</strong>-Bezirk NBS


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 15 von 25 Seiten<br />

Anlage 1: Zeitungsbericht „Protest gegen die Stilllegung“


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 16 von 25 Seiten<br />

Anlage 2: Bericht über die Maikundgebung 1972 in <strong>Braunschweig</strong>


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 17 von 25 Seiten<br />

Anlage 3: Die Urkunde zur Bestellung zum AOK-Errichtungsbeauftragten<br />

im Bezirk <strong>Magdeburg</strong>


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 18 von 25 Seiten<br />

Anlage 4: Anlage für „AOK-Errichtungsbeauftragte“<br />

Seite 1 von 2 Seiten


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 19 von 25 Seiten<br />

Anlage 4: Anlage für „AOK-Errichtungsbeauftragte“<br />

Seite 2 von 2 Seiten


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 20 von 25 Seiten<br />

Anlage 5: Ehrenurkunde für die geleistete Arbeit als AOK-Errichtungsbeauftragter


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 21 von 25 Seiten<br />

Anlage 6: Berichte über die „neue AOK“ im Bezirk <strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 1 von 5 Seiten


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 22 von 25 Seiten<br />

Anlage 6: Berichte über die die „neue AOK“ in Sachsen-Anhalt<br />

Seite 2 von 5 Seiten


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 23 von 25 Seiten<br />

Anlage 6: Berichte über die die „neue AOK“ in Sachsen-Anhalt<br />

Seite 3 von 5 Seiten


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 24 von 25 Seiten<br />

Anlage 6: Berichte über die die „neue AOK“ in Sachsen-Anhalt<br />

Seite 4 von 5 Seiten


Günter KASTEN, <strong>Braunschweig</strong>/<strong>Magdeburg</strong><br />

Seite 25 von 25 Seiten<br />

Anlage 6: Berichte über die die „neue AOK“ in Sachsen-Anhalt<br />

Seite 5 von 5 Seiten

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