Stoffe - Tele.at
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4 KINO<br />
Sabina Spielrein<br />
(Keira Knightley),<br />
erst P<strong>at</strong>ientin,<br />
dann Geliebte von<br />
Jung (Michael<br />
Fassbender).<br />
DuNKle BegIerDeN –<br />
Helle Geister<br />
Zwei Fachmänner für menschliche<br />
Abgründe: Sigmund Freud sowie<br />
Filmemacher David Cronenberg,<br />
der das Wien der Jahrhundertwende<br />
auferstehen lässt.<br />
1904 wird Sabina Spielrein in die<br />
Klinik von C. G. Jung (Michael Fassbender)<br />
eingeliefert. Die damals<br />
gängige Diagnose: „Hysterie“. Doch<br />
es bleibt nicht beim Arzt-P<strong>at</strong>ientenverhältnis:<br />
Jung fühlt sich zur<br />
intelligenten, fordernden jungen<br />
Frau auch körperlich hingezogen.<br />
Als er Behandlung und Beziehung<br />
abbricht, flieht Spielrein zu Freud<br />
nach Wien. Ein intimer Briefwechsel<br />
zwischen Jung und Freud<br />
beginnt, doch auch in der Analyse<br />
gilt: Es kann nur einen geben ...<br />
WIeN alS KOStüm-KulISSe<br />
Cronenberg drehte u.a. im Café<br />
Sperl, dem Freud-Haus in der<br />
Berggasse sowie im Garten<br />
des Belvedere. Der sonst so<br />
hintergründig-boshafte Regisseur<br />
verfilmte die Dreiecksbeziehung<br />
unerwartet brav, Motto: Reden ist<br />
wichtiger als Sex. „Eine dunkle<br />
Begierde“, ab 11. 11. im Kino.<br />
Viggo Mortensen als Sigmund Freud,<br />
gedreht wurde u.a. in der Berggasse.<br />
Freud’sche Versprechen<br />
tele traf Kult-Regisseur David Cronenberg bei seinem<br />
Wien-Besuch. Der Horror-Magier sprach über Männerliebe,<br />
Freud-Klischees und emotionales Kidnapping. Von Julia Pühringer<br />
Seine Filme inszeniert Großmeister<br />
Cronenberg oft beherzt grauslich.<br />
Beim Interview sitzt uns ein freundlicher,<br />
angegrauter Herr gegenüber, der<br />
von den Vorzügen der Psychotherapie<br />
schwärmt, gar nicht provozieren mag<br />
und sich freut, wenn jeder seine Filme<br />
mag. So kann man sich täuschen ...<br />
tele: Die Beziehung zwischen Freud und<br />
Jung erinnert an die TV-Serie „Nip/<br />
Tuck“: Eine Liebesgeschichte zwischen<br />
zwei Hetero-Männern …<br />
David Cronenberg: Es ist eine Dreiecksgeschichte.<br />
Es gab sicher sowas wie<br />
Liebe zwischen Freud und Jung, sie<br />
h<strong>at</strong>ten eine Beziehung, die es in dieser<br />
Art vorher einfach nicht gab. Sie waren<br />
einerseits sehr ehrgeizig, sehr angesehen,<br />
die Besten ihres Fachs, andererseits<br />
haben sie sich in ihren Briefen<br />
unglaublich intime Details anvertraut,<br />
über ihre erotischen Träume, ihre Körper,<br />
ihre Sexualität, ihr Leben. Das war<br />
schon sehr ungewöhnlich.<br />
Wie wichtig war es, in Wien zu drehen?<br />
Ich habe auf ein paar Drehtage in Wien<br />
bestanden, schon weil es sowas wie<br />
den Belvedere-Park nirgendwo anders<br />
gibt. Und das Café Sperl, dieses perfekt<br />
erhaltene, alte Wiener Kaffeehaus<br />
– wir hätten uns es nicht leisten können,<br />
so etwas im Studio nachzubauen.<br />
Es war auch gut, dass wir in der Berggasse<br />
gedreht haben. Dort zu sein, wo<br />
Sigmund Freud einst gelebt h<strong>at</strong>, war<br />
sehr wichtig für die Seele des Films.<br />
Das haben die Schauspieler auch alle<br />
gespürt, es h<strong>at</strong> ihre Performance verbessert.<br />
Was ist an Freud so faszinierend?<br />
Er h<strong>at</strong> unser Verständnis davon, was<br />
den Menschen ausmacht, entscheidend<br />
geprägt – auch wenn das inzwischen<br />
nicht immer klar erkennbar ist.<br />
Man muss gar nichts über ihn wissen<br />
und wird trotzdem Formulierungen<br />
wie „unbewusst“ oder „großes Ego“<br />
verwenden.<br />
FotoS: UnivERSAl PiCtURES intERnAtionAl