Werte stiften - Magazin für Stifter, Stiftungen und engagierte Menschen
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<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong><br />
www.werte-<strong>stiften</strong>.de<br />
03.2013 . 5. Jahrgang<br />
5,80 Euro<br />
<strong>Magazin</strong> für <strong>Stifter</strong>, <strong>Stiftungen</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>engagierte</strong> <strong>Menschen</strong><br />
Rausfahren, wenn<br />
andere reinkommen<br />
Die Seenotretter der<br />
DGzRS sind 365 Tage<br />
im Jahr einsatzbereit<br />
Rote Karte gegen<br />
Rassismus<br />
Eine Bildungsinitiative<br />
gegen Rassismus<br />
<strong>und</strong> Diskriminierung<br />
Diagnose: Diabetes mellitus Typ 1<br />
Stiftung Diañino gibt an Diabetes erkrankten Kindern <strong>und</strong> deren Familien Rückhalt<br />
Die richtige<br />
Einstellung hilft
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
für ein neues Jahr steht am Anfang auch immer ein Rückblick<br />
auf das vergangene Jahr. Und da sieht es gar nicht so<br />
schlecht aus, trotz Schuldenkrise, steigender Preise <strong>und</strong> Inflationsangst.<br />
Die Deutschen haben nach einer Erhebung der Deutschen<br />
B<strong>und</strong>esbank so viel Geld wie noch nie . Im dritten<br />
Quartal 2012 stieg das Geldvermögen der privaten Haushalte<br />
auf die Rekordhöhe von 4,871 Billionen Euro. Das<br />
Plus von 1,3 Prozent oder 64 Milliarden Euro zum Vorquartal<br />
geht zur Hälfte, nämlich 33 Milliarden Euro auf das<br />
Kursfeuerwerk an den Börsen zurück <strong>und</strong> kommt damit<br />
vor allem privaten Haushalten zugute.<br />
Im Jahresvergleich erhöhten die Privathaushalte in<br />
Deutschland ihr Geldvermögen sogar um satte 5,0 Prozent<br />
. Das bedeutet das kräftigste Plus seit dem ersten Quartal<br />
2010. Dabei wäre noch mehr möglich gewesen. Denn während<br />
Dax <strong>und</strong> Co. kräftig angezogen haben, waren zahlreiche<br />
Sparer im Herbst 2012 weiter durch die Schuldenkrise<br />
in Europa verunsichert. Deshalb schichteten sie ihr Geld<br />
um <strong>und</strong> zwar in Anlageformen, die wenig oder gar keine<br />
Zinsen abwarfen, aber vermeintlich risikolos oder schnell<br />
verfügbar sind. Zuflüsse gab es bei Bargeld <strong>und</strong> Sichteinlagen<br />
sowie bei den Ansprüchen gegenüber Versicherungen.<br />
Die Vermögensbildung über Bankeinlagen einschließlich<br />
Bargeld, die mit knapp 20 Milliarden Euro einen<br />
Großteil zur Nettovermögensbildung der Haushalte beitrug,<br />
ist trotz negativer realer Verzinsung ausschließlich<br />
bei den Sichteinlagen zurückzuführen, schreibt die B<strong>und</strong>esbank.<br />
Aus anderen Anlagen zogen sich private Investoren<br />
hingegen zurück.<br />
In der Regel wächst das Geldvermögen der Deutschen<br />
stetig. Vor 20 Jahren hat es noch einen Wert von umgerechnet<br />
1,926 Billionen Euro, im dritten Quartal 2002<br />
waren es schon einmal 3,517 Billionen Euro. Nur in einigen<br />
Krisenjahren gab es Dellen, wie zuletzt im dritten<br />
Quartal 2011. Damals nagten die Turbulenzen an den Börsen<br />
am Wohlstand der Aktionäre. Die Finanzkrise<br />
2008/2009 ließ das Vermögen sogar über einen längeren<br />
Zeitraum schrumpfen. Diese Verluste sind längst schon<br />
wieder aufgeholt worden.<br />
Ungeachtet der Sorgen um den Euro <strong>und</strong> der allgemeinen<br />
Wirtschaftkrise erlebten auch die Siftungsgründungen<br />
im letzten Jahr ein Wachstum um 3,4 Prozent auf 19.551.<br />
Trotz des leichten Rückgangs bei den neugegründeten<br />
rechtsfähigen <strong>Stiftungen</strong> im Vergleich zum Vorjahr bleibt<br />
Deutschland nach Mitteilung des B<strong>und</strong>esverbandes Deutscher<br />
<strong>Stiftungen</strong> Spitzenreiter bei den Neugründungen in<br />
Europa. Bleibt diese Dynamik weiter bestehen, wird sich<br />
die Zahl der rechtsfähigen <strong>Stiftungen</strong> in Deutschland noch<br />
vor 2050 verdreifachen, schätzt der B<strong>und</strong>esverband Deutscher<br />
<strong>Stiftungen</strong>. So bliebt die Rechtsform Stiftung weiter<br />
attraktiv für nachhaltiges bürgerschaftliches Engagement<br />
<strong>und</strong> die <strong>Stiftungen</strong> bleiben nach wie vor eine geschätzte<br />
Rechtsform der deutschen Bürger. Mal sehen wohin der<br />
Trend in diesem Jahr geht.<br />
In diesem Sinne<br />
Dr.Wolf-R. Scharff<br />
Chefredakteur<br />
dr.wolf-r.scharff@werte-<strong>stiften</strong>.de<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 3
Inhalt<br />
Portraits<br />
8 Rausfahren, wenn andere reinkommen<br />
Die Seenotretter sind 365 Tage im Jahr an der<br />
deutschen Nord- <strong>und</strong> Ostseeküste einsatzbereit<br />
10 Diabetes: die richtige Einstellung hilft<br />
Die Stiftung Diañino gibt an Diabetes erkrankten<br />
Kindern <strong>und</strong> deren Familien Rückhalt<br />
14 Vor ihm die Freiheit, vor ihm die Frage nach<br />
dem „<strong>und</strong> dann?“<br />
Zentralstelle für Strafentlassenenhilfe in Nürnberg<br />
bietet Hilfe für Inhaftierte <strong>und</strong> Haftentlassene<br />
24 Ein Herz für Bären<br />
25 500.000 Euro Bonus<br />
25 Nachfolge im Stiftungsvorstand<br />
25 Kein Land zu haben heißt, keine Nahrung zu haben<br />
Aktuelles<br />
26 Dem achtsamen Umgang mit unserer Schöpfung<br />
verpflichtet<br />
Herbert-Denk-Stiftung fördert durch Tierschutz <strong>und</strong><br />
Aufklärung das Bewusstsein für unsere Umwelt<br />
16 Partner mit sensibler Nase<br />
„Vita e.V. Assistenzh<strong>und</strong>e“ bildet H<strong>und</strong>e für<br />
<strong>Menschen</strong> mit körperlicher Behinderung aus<br />
20 Rote Karte gegen Rassismus<br />
„Show Racism the Red Card – Deutschland e.V.“ –<br />
eine Bildungsinitiative gegen Rassismus <strong>und</strong><br />
Diskriminierung<br />
22 Nähe hilft heilen<br />
Die McDonald's Kinderhilfe Stiftung setzt sich<br />
für schwer kranke Kinder ein<br />
Meldungen<br />
24 Kloster Schinna erhält Landespreis für<br />
Denkmalpflege 2012<br />
24 Vorfahrt für <strong>Stiftungen</strong><br />
28 Engagement von Bürgern für Bürger<br />
Die Bürgerstiftung Erlangen hilft dort, wo „es brennt“<br />
30 Mehr Chancengleichheit im Jugendaustausch<br />
Kreuzberger Kinderstiftung vergibt Auslandsstipendien<br />
an Jugendliche mit mittlerem Schulabschluss<br />
32 Für ein Leben in Freiheit<br />
„Mission Freedom e.V.“: Einsatz für Frauen aus<br />
<strong>Menschen</strong>handel <strong>und</strong> Zwangsprostitution<br />
33 Bescherung zu Nikolaus<br />
<strong>Stifter</strong>gemeinschaft der Sparkasse Bamberg schüttete<br />
über 74.000 Euro aus <strong>und</strong> errichtete ihre 50. Stiftung<br />
34 Fürther <strong>Stifter</strong>preis wird im Herbst wieder verliehen<br />
Nach 2010 wird der Fürther <strong>Stifter</strong>preis bereits zum<br />
zweiten Mal verliehen<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 5
36 Die Finanzkrise hat die Welt verändert<br />
Stiftungsmanager Volker Fistler: Vermögen<br />
professionell verwalten lassen<br />
44 Daheim statt Heim<br />
Warum es wichtig ist, ein Alternativsystem zur<br />
Betreuung alter <strong>Menschen</strong> aufzubauen<br />
37 Verschleppt, verstümmelt <strong>und</strong> verkauft<br />
Vom Schicksal junger Massai-Mädchen in Kenia<br />
38 Für gutes Karma sorgen<br />
Mit seiner Gutes Karma Stiftung engagiert sich der<br />
erfolgreiche Autor David Safier sozial<br />
39 Das Lesen ist der Anfang aller Bildung<br />
Neue Stiftung innerhalb der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der<br />
Sparkasse Vorderpfalz<br />
40 Senioren über Stiftungsmöglichkeiten informiert<br />
Vielseitige Möglichkeiten, in der Region zu wirken<br />
40 Der „Neue Kupferhof“ eröffnet im April<br />
Ein Kurzzeit-Zuhause für schwerbehinderte Kinder<br />
42 Benefizkonzert in Erding<br />
Tölzer Knabenchor gab Weihnachtskonzert<br />
zugunsten der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft<br />
Berichte <strong>und</strong> Kampagnen<br />
43 Traditionelle Sehnsüchte <strong>und</strong> moderne Begebenheiten<br />
„Heimat“-Wohnmodell bietet sicheres Zuhause<br />
45 Für eine Welt ohne Minen<br />
Zum UN-Minentag am 4. April deutschlandweit<br />
Veranstaltungen<br />
46 Der Zeit Jahrzehnte voraus<br />
Vor 45 Jahren als „pädagogischer Unfug“<br />
verschrien – heute maßgebend<br />
Vermögen <strong>und</strong> Finanzen<br />
47 Schweizer <strong>Stiftungen</strong> lassen Vermögensverwaltern<br />
zu viel Freiraum<br />
Centre for Philanthropy Studies (CEPS) der<br />
Universität Basel veröffentlicht Studie<br />
Recht <strong>und</strong> Steuern<br />
48 Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes<br />
Erleichterungen bei der Vermögensweitergabe durch<br />
<strong>Stiftungen</strong> durch neues Gesetz<br />
Stiftungsmanagement<br />
49 Der Stiftung ein Profil geben<br />
Plädoyer für professionelles Stiftungsmanagement<br />
Herausgeber (V. i. S. d. P.):<br />
Dieter Weisner (dieter.weisner@werte-<strong>stiften</strong>.de)<br />
Stephan Bühring (stephan.buehring@werte-<strong>stiften</strong>.de)<br />
Verlag:<br />
Bühring <strong>und</strong> Weisner Verlagsgesellschaft GbR<br />
Bayreuther Straße 1, 91054 Erlangen<br />
Telefon 0 91 31.5 30 20-83, Fax 0 91 31.5 30 20-89<br />
www.werte-<strong>stiften</strong>.de, info@werte-<strong>stiften</strong>.de<br />
Chefredakteur:<br />
Dr. Wolf-R. Scharff (dr.wolf-r.scharff@werte-<strong>stiften</strong>.de)<br />
Impressum<br />
Redaktion:<br />
Dieter Weisner, Stephan Bühring, Michael Kniess,<br />
Andrea Löb, Karola Weisner<br />
Autoren:<br />
Josef X. Baumeister, Dr. Michael Damian, Ralf Klaßmann<br />
Anzeigen:<br />
Monika Rockrohr (monika.rockrohr@werte-<strong>stiften</strong>.de)<br />
Petra Lutter (petra.lutter@werte-<strong>stiften</strong>.de)<br />
Telefon 0 91 31.5 30 20-83<br />
Produktion:<br />
bühring design <strong>und</strong> werbeagentur, Erlangen<br />
www.buehring-media.de<br />
Abonnement:<br />
Jahresabonnement Deutschland 22 Euro frei Haus<br />
Auflage 10.000 Stück. <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> erscheint vier Mal<br />
im Jahr. Es gelten die AGB der Bühring <strong>und</strong> Weisner Verlagsgesellschaft<br />
GbR <strong>und</strong> die Anzeigenpreisliste vom<br />
01.01.2011<br />
6 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Anzeige
Portraits<br />
Rausfahren, wenn andere<br />
reinkommen<br />
Die Seenotretter sind 365 Tage im Jahr an der deutschen Nord- <strong>und</strong> Ostseeküste einsatzbereit<br />
Die Seenotretter sind r<strong>und</strong> um die Uhr <strong>und</strong> bei jedem Wetter<br />
einsatzbereit. Oft sind sie gerade dann auf Nord- <strong>und</strong> Ostsee<br />
unterwegs, wenn andere Schiffe Schutz im Hafen suchen –<br />
insgesamt mehr als 2.000-mal. Jahr für Jahr. Sie engagieren<br />
sich freiwillig <strong>und</strong> selbstlos. Die Deutsche Gesellschaft zur<br />
Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) ist zuständig für den Such<strong>und</strong><br />
Rettungsdienst (SAR = Search and Rescue) im Seenotfall.<br />
Sie nimmt diese Aufgaben unabhängig, eigenverantwortlich<br />
<strong>und</strong> auf privater Basis wahr – finanziert nach wie vor ausschließlich<br />
durch freiwillige Zuwendungen, ohne jegliche<br />
staatlich-öffentliche Mittel. Die DGzRS, deren Schirmherr der<br />
B<strong>und</strong>espräsident ist, beansprucht zur Erfüllung ihrer Aufgaben<br />
keine Steuergelder. Die allermeisten der r<strong>und</strong> 1.000 deutschen<br />
Seenotretter zwischen der Insel Borkum im Westen <strong>und</strong><br />
der Pommerschen Bucht im Osten sind ehrenamtlich tätig.<br />
Alarmiert werden sie ähnlich wie freiwillige Feuerwehrleute.<br />
Innerhalb weniger Minuten besetzen sie das Rettungsboot im<br />
Hafen <strong>und</strong> fahren raus aufs Meer. Um andere <strong>Menschen</strong> zu<br />
retten, begeben sie sich oft auch selbst in Gefahr. Nur etwa<br />
180 von ihnen auf den größeren, r<strong>und</strong> um die Uhr besetzten<br />
Einheiten sind bei der DGzRS fest angestellt.<br />
Allein 2012 wurden 1.135 <strong>Menschen</strong><br />
aus Seenot gerettet<br />
Die Seenotleitung Bremen der DGzRS (MRCC = Maritime<br />
Rescue Co-ordination Centre) koordiniert zentral alle SAR-<br />
Maßnahmen. Die Seenotküstenfunkstelle Bremen Rescue<br />
Radio der DGzRS überwacht r<strong>und</strong> um die Uhr die internationalen<br />
Funknotruffrequenzen. Seenotretter gibt es in Deutschland<br />
seit r<strong>und</strong> 150 Jahren. Anfangs waren jeweils acht oder<br />
zehn Ruderer in offenen Booten unterwegs, um Schiffbrüchige<br />
zu retten. Allein mit ihrer Muskelkraft stellten sie sich mutig<br />
der tosenden See entgegen. Heute fahren die Seenotretter mit<br />
20 modernen Seenotkreuzern mit Tochterboot <strong>und</strong> 40 kleineren,<br />
ebenso seetüchtigen Seenotrettungsbooten hinaus.Trotz<br />
aller technischen Weiterentwicklung: Im Mittelpunkt des Rettungswerkes<br />
steht nach wie vor der Mensch: die freiwillige<br />
Bereitschaft der Seenotretter zu ihren nicht selten gefahrvollen<br />
Einsätzen. Allein 2012 haben sie 1.135 <strong>Menschen</strong> aus Seenot<br />
gerettet oder aus drohenden Gefahren auf See befreit.<br />
Mehr als 80.000 <strong>Menschen</strong> verdanken ihnen seit Mitte des 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts schnelle Hilfe.<br />
Leistungsfähigkeit <strong>und</strong><br />
Einsatzbereitschaft: Die DGzRS<br />
Etwa, als in der Nacht zum 22. März des vergangenen Jahres<br />
der Krabbenkutter „Sigrid“ vor Sylt in Flammen steht.<br />
Zehn Seemeilen westlich der Insel hat sich in jener Nacht<br />
eine Verpuffung an Bord ereignet. Die Dramatik vor Sylt ahnen<br />
die Wachleiter in der Seenotleitung Bremen der DGzRS<br />
schnell, als sich gegen 2.55 Uhr die Besatzung eines anderen<br />
Fischkutters über den internationalen Sprechfunk-Notrufkanal<br />
16 meldet. Sie hat die roten Leuchtkugeln beobachtet, die<br />
die Seeleute der brennenden „Sigrid“ als Seenotsignale in den<br />
Nachthimmel geschossen haben. Die Mannschaften der Seenotkreuzer<br />
„Vormann Leiss“ von der Station Amrum <strong>und</strong><br />
„Minden“ von der Station List haben mitgehört. Mit voller<br />
Fahrt nehmen die Seenotretter Kurs auf die Unglücksposition.<br />
Die bange Frage nach dem Schicksal der Fischer ist schnell<br />
gelöst. Der andere Kutter hat seine Netze eingeholt <strong>und</strong> die<br />
Rettungsinsel gef<strong>und</strong>en. Er nimmt die Kollegen an Bord, bis<br />
die „Minden“ eintrifft. Noch während die Seenotretter die Fischer<br />
im Bordhospital versorgen – die Männer sind glücklicherweise<br />
wohlauf – beginnt die „Vormann Leiss“ mit der<br />
Brandbekämpfung. Nur ein Beispiel von vielen.<br />
Der jeweils letzte Juli-Sonntag des Jahres ist „Tag der Seenotretter“,<br />
2013 am 28. Juli. Dann haben Küstenbewohner, Urlauber<br />
<strong>und</strong> Tagesgäste die Gelegenheit, mit den Besatzungen<br />
ins Gespräch zu kommen <strong>und</strong> sich von ihrer Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Einsatzbereitschaft zu überzeugen. Die DGzRS nutzt<br />
den Tag dazu, um ihren Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Förderern zu zeigen,<br />
wie sie die ihr anvertrauten Mittel bestmöglich verwendet.<br />
8 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Portraits<br />
Kurs halten – Stiftung „Die Seenotretter“: Zu<strong>stiften</strong><br />
<strong>und</strong> Nachhaltigkeit ist in aller M<strong>und</strong>e.<br />
Bei den Seenotrettern heißt nachhaltig fördern,<br />
deren langfristige Finanzierung ohne<br />
Beteiligung des Staates sicherzustellen. Das<br />
ist einerseits möglich, indem man als Förderer<br />
eine Einzugsermächtigung erteilt, in der<br />
Höhe <strong>und</strong> im Rhythmus der ganz persönlichen<br />
Wahl. Wer ein finanzielles Polster besitzt,<br />
das er für die eigene Absicherung nicht benötigt,<br />
zugleich aber der Gesellschaft, die ihn<br />
im Leben begünstigt hat, etwas zurückgeben<br />
möchte, kann in Form einer Zustiftung tatsächlich<br />
nachhaltig helfen. Die DGzRS hat<br />
dazu die Stiftung „Die Seenotretter“ gegründet.<br />
Die Erträge des darin angelegten Kapitals<br />
werden die Besatzungen der 60 Seenotkreuzer<br />
<strong>und</strong> Seenotrettungsboote auch in ferner<br />
Zukunft noch in die Lage versetzen, mit<br />
moderner, zuverlässiger Ausrüstung <strong>und</strong> bestens<br />
ausgebildet in den Einsatz zu fahren –<br />
Kurs: <strong>Menschen</strong> retten! Gern versendet die<br />
DGzRS die Broschüre „Kurs halten – Stiftung<br />
,Die Seenotretter‘“. DGzRS, Werderstraße 2,<br />
28199 Bremen. ◆<br />
www.seenotretter.de<br />
Foto: DGzRS, Hofer<br />
Die DGzRS in Kürze:<br />
• 54 Stationen an Nord- <strong>und</strong> Ostsee zwischen<br />
Borkum im Westen <strong>und</strong> Usedom im Osten<br />
• 60 Seenotkreuzer <strong>und</strong> Seenotrettungsboote<br />
• 1.000 Seenotretter, davon über 800<br />
Freiwillige; einsatzbereit bei jedem Wetter,<br />
r<strong>und</strong> um die Uhr<br />
• mehr als 2.000 Einsätze pro Jahr, koordiniert<br />
durch die Seenotleitung Bremen<br />
• seit 1865 mehr als 80.000 Gerettete<br />
• finanziert ausschließlich durch freiwillige<br />
Zuwendungen, ohne Steuergelder<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 9
Portraits<br />
Diabetes:<br />
die richtige Einstellung hilft<br />
Die Stiftung Diañino gibt an Diabetes erkrankten Kindern <strong>und</strong> deren Familien Rückhalt<br />
von Andrea Löb<br />
Der 12-Jährige Tim ist zuckerkrank. Er leidet an Diabetes mellitus<br />
Typ 1. Genau wie Tim sind r<strong>und</strong> 25.000 Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />
in Deutschland davon betroffen. Jährlich kommen<br />
2.500 Erkrankte hinzu, Tendenz steigend. Seit vier Jahren ist<br />
die Insulinspritze Tims täglicher Begleiter. Mehrmals am Tag<br />
<strong>und</strong> manchmal auch nachts muss er seinen Blutzucker über<br />
einen Piecks in seine Fingerkuppen bestimmen. Das ist wichtig,<br />
um eine Über- oder Unterzuckerung zu vermeiden. Ernährung<br />
<strong>und</strong> Insulingabe müssen immer gut aufeinander abgestimmt<br />
sein. Tims Blutzuckerspiegel muss vor jedem Essen<br />
kontrolliert werden. Auch wenn dies ein lästiges Unterfangen<br />
ist, für Tim ist es lebensnotwenig. Eine Blutzuckerentgleisung<br />
könnte für seinen Organismus fatale Folgen haben. Im<br />
schlimmsten Fall kann eine Überzuckerung ein diabetisches<br />
Koma auslösen, welches tödlich verlaufen kann.<br />
Die Krankheit beginnt früh. Sie verläuft oft schleichend<br />
ohne Symptome. Meist tritt sie im Kindes- <strong>und</strong> Jugendalter<br />
auf, am häufigsten zwischen dem 11. <strong>und</strong> 13. Lebensjahr.Tims<br />
Körper ist nicht in der Lage, genügend Insulin zu produzieren.<br />
Ursache dafür ist ein körpereigener Immunprozess, der<br />
die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse<br />
Ständiger Begleiter von Diabetikern sind Teststreifen, Stechhilfe <strong>und</strong> das<br />
Blutzuckermessgerät.<br />
zerstört. Die Gründe dafür sind bisher noch unbekannt. Das<br />
Hormon Insulin ist dafür verantwortlich, dass der über die<br />
Nahrung aufgenommene Zucker über das Blut in die Zellen<br />
gelangt. Dort dient er als Energielieferant. Fehlt Insulin steigt<br />
der Zuckerspiegel im Blut an. Die Krankheit ist zurzeit nicht<br />
heilbar. Ein schlecht eingestellter Diabetes kann zur Verkalkung<br />
der kleinen <strong>und</strong> großen Blutgefäße führen. Diese Verkalkungen<br />
können Erkrankungen wie Schlaganfälle, Erblindung,<br />
Herzinfarkte, Nierenschäden bis hin zum Nierenversagen,<br />
Schädigungen der Nerven oder Amputationen zur Folge<br />
haben. Tims Welt <strong>und</strong> die seiner Eltern erfuhr durch die Diagnose<br />
einen groben Einschnitt. Tims Mutter wurde auf einmal<br />
zur „Krankenschwester“ <strong>und</strong> musste genauestens auf seine<br />
Ernährung achten. Zunächst wehrte sich der kleine Tim gegen<br />
die Insulinspritzen, die seine Mutter ihm verabreichen musste.<br />
Er hatte große Angst davor. Der tägliche „Kampf“ war ein Albtraum<br />
für beide. Die Mutter machte sich Sorgen darüber, dass<br />
Tim dadurch möglicherweise psychische Probleme davontragen<br />
<strong>und</strong> ihr Verhältnis zu ihm dauerhaft gestört sein könnte.<br />
Der damals Achtjährige spielte leidenschaftlich gerne Fußball.<br />
Als Stürmer in einer Mannschaft war er immer in Bewegung.<br />
Durch die große Unsicherheit der Eltern durfte Tim zunächst<br />
kein Fußball mehr spielen. Tim verstand nicht, warum<br />
ihm etwas verboten wurde, was ihm eigentlich Spaß machte.<br />
Die Eltern hatten ständig Angst um Tim. Die Verantwortung<br />
<strong>und</strong> ihr Wunsch, alles richtig machen zu wollen, waren groß.<br />
Auch die Familien in Tims Fre<strong>und</strong>eskreis waren verunsichert.<br />
Kindergeburtstage stellten für alle Beteiligten eine Herausforderung<br />
dar, da die Eltern des Geburtstagskindes mit auf Tims<br />
Ernährung achten mussten. Die gute Betreuung durch den Kinderarzt<br />
<strong>und</strong> durch ein Diabetes Team erleichterte der Familie<br />
den Alltag <strong>und</strong> ließ keine Frage unbeantwortet. Über diese ausführliche<br />
Aufklärung <strong>und</strong> Anleitung lernten Tim <strong>und</strong> seine Familie,<br />
die richtige Einstellung im Umgang mit der Krankheit zu<br />
finden. Mittlerweile spielt Tim auch wieder Fußball. Er weiß,<br />
dass man auch als Diabetiker Höchstleistungen erzielen kann.<br />
10 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Portraits<br />
Das beweisen Sportler wie der Gewichtheber Matthias Steiner<br />
<strong>und</strong> der Hockeyspieler Carsten Fischer.<br />
Rückhalt für Kinder <strong>und</strong> Eltern<br />
Ingrid Pfaff gründete 2004 die Stiftung Diañino. Ihr Sohn<br />
erkrankte im Alter von sieben Jahren an Diabetes. Damals erfuhr<br />
sie am eigenen Leib, wie sich das Familienleben von jetzt<br />
auf gleich verändern kann <strong>und</strong> welcher Druck auf Kind <strong>und</strong><br />
Eltern lastet. Als betroffene Mutter machte Ingrid Pfaff jedoch<br />
auch die Erfahrung, dass man nicht immer die Hilfe bekommt,<br />
die man braucht. Gerade in der ersten Zeit nach der Diagnose<br />
ist der Bedarf an Beistand groß. Mit<br />
ihrer Stiftung möchte Ingrid Pfaff die<br />
an Diabetes erkrankten Kinder <strong>und</strong><br />
Jugendlichen <strong>und</strong> deren Familien<br />
stärken, ihnen Rückhalt <strong>und</strong> Sicherheit<br />
im Umgang mit der Krankheit<br />
geben. Fühlt sich eine Familie überfordert,<br />
wird sie direkt vor Ort bei<br />
der lebenswichtigen Versorgung<br />
ihres Kindes von der Stiftung unterstützt.<br />
Fachpersonal steht ihr dabei<br />
beratend zur Seite. Ein weiteres Ziel<br />
ist es, durch eine gute Betreuung<br />
<strong>und</strong> eine familienübergreifende Aufklärung<br />
in Kindergärten, Schulen,<br />
etc. die psychischen <strong>und</strong> sozialen<br />
Folgen so gering wie möglich zu halten.<br />
Die Hilfe ist für die Familien kostenlos.<br />
Für ihre gemeinnützige Stiftung<br />
konnte Ingrid Pfaff prominente Fürsprecher wie Dr.<br />
Frank-Walter Steinmeier als Schirmherrn <strong>und</strong> Udo Walz als<br />
Botschafter gewinnen.<br />
Wenn ein Kind an Diabetes erkrankt, wirft das viele Fragen<br />
auf. Häufig sind diese nicht nur medizinischer Natur, sondern<br />
betreffen auch den psycho-sozialen Bereich. Viele Kinder <strong>und</strong><br />
Jugendliche ziehen sich zurück, wollen ihre Krankheit verheimlichen<br />
<strong>und</strong> fühlen sich als Außenseiter. Bei der Diañino<br />
Hotline haben Fachleute ein offenes Ohr für alle Alltagsfragen,<br />
die aufkommen. Das Team setzt sich aus Kinder-Diabetologen,<br />
Diabetesberatern, Ernährungsexperten, Lehrern, Juristen,<br />
Psychologen, Sozialarbeitern <strong>und</strong> erfahrenen Eltern zu-<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 11
Portraits<br />
Betroffene Familien bringt die Stiftung beim Zirkus zusammen<br />
Selbst Artist werden <strong>und</strong> einen Tag lang den Alltag vergessen<br />
sammen. So werden verschiedene Fachbereiche abgedeckt<br />
<strong>und</strong> alle aufkommenden Fragen beantwortet.<br />
Die Diañino Diabetes-Nanny kommt zum Einsatz, wenn in<br />
einer Familie Not am Mann ist <strong>und</strong> die Versorgung oder Betreuung<br />
des erkrankten Kindes nicht mehr ausreichend gewährleistet<br />
ist. Seit der Einführung dieses europaweit einmaligen<br />
Projektes im Jahr 2006 ist es mittlerweile in ganz<br />
Deutschland vertreten. Ereignisse wie beispielsweise die Trennung<br />
der Eltern, der Tod eines Familienangehörigen oder aber<br />
auch die Geburt eines Geschwisterkindes können den geregelten<br />
Alltag einer Familie aus dem Gleichgewicht bringen<br />
<strong>und</strong> die tägliche Versorgung des kranken Heranwachsenden<br />
ins Hintertreffen geraten lassen. Der betreuende Kinderarzt<br />
schaltet die Nanny in Notsituationen ein. Diese hält Rücksprache<br />
mit ihm <strong>und</strong> dem betreuenden Diabetes Team, bevor<br />
sie Kontakt zur Familie aufnimmt. Erst dann bespricht sie mit<br />
den betroffenen Eltern ihren Einsatz. Sie unterstützt die Familie<br />
da, wo es nötig ist. Das kann bei der Blutzuckerspiegel-
messung sein oder beim Spritzen von Insulin. Ihr Einsatz kann<br />
aber auch familienübergreifend sein z. B. in Institutionen wie<br />
Kindergarten oder Schule. Dort setzt sie sich mit Betreuern in<br />
Verbindung <strong>und</strong> klärt diese über die Krankheit, die Behandlung<br />
<strong>und</strong> die Verhaltensmaßnahmen bei einer Zuckerentgleisung<br />
auf. Die Nanny bleibt solange in der Familie wie ihre<br />
Hilfe gebraucht wird <strong>und</strong> versucht, langfristige Lösungsmöglichkeiten<br />
zu finden. Sie steht stets in engem Kontakt mit den<br />
betreuenden Fachdisziplinen <strong>und</strong> dokumentiert ihre Arbeit.<br />
Um die bestmögliche Versorgung <strong>und</strong> Betreuung der kleinen<br />
Patienten <strong>und</strong> deren Familien zu gewährleisten, hat die<br />
Stiftung die sogenannte Diañino Akademie eingerichtet. Hier<br />
treffen sich mindestens einmal im Jahr die Diabetes-Nannies<br />
auf einer zweitägigen Veranstaltung zum fachlichen Austausch.<br />
Neben dem Erfahrungsaustausch erhalten sie umfangreiche<br />
Informationen aus den Bereichen Diabetologie, Psychologie,<br />
Sozialpädagogik <strong>und</strong> Organisationsmanagement basierend auf<br />
dem neuesten Stand der Wissenschaft.<br />
Auf den Schultern der Eltern eines zuckerkranken Kindes<br />
lastet Druck <strong>und</strong> immense Verantwortung. Viele leben in ständiger<br />
Angst um ihr Kind. Die Betreuung des Kindes mit Blutzuckermessung,<br />
Insulin spritzen, etc. nimmt viel Zeit im Alltag<br />
ein. All das müssen die Eltern neben Beruf <strong>und</strong> Haushalt bewerkstelligen.<br />
In einigen Fällen ist es Müttern sogar nicht<br />
mehr möglich, ihren Beruf weiter auszuüben. Manche Mütter<br />
<strong>und</strong> Väter brechen unter dem Druck zusammen. Hier kümmert<br />
sich die Stiftung demnächst auch um die Eltern. In Kooperation<br />
mit den Kinder-Reha-Zentren in Deutschland ist ein<br />
neues Projekt ins Leben gerufen worden. Auf Anfrage des Kinderarztes<br />
haben „ausgebrannte“ Eltern im sogenannten Diañino<br />
RückzugHaus, die Möglichkeit wieder aufzutanken. Hier<br />
müssen sie sich um nichts kümmern. Sie werden mit Essen<br />
versorgt <strong>und</strong> dürfen durchschlafen. Währenddessen ist die<br />
medizinische Betreuung ihres Kindes gesichert.<br />
Viele an Diabetes erkrankte Kinder fühlen sich als Außenseiter<br />
mit ihrer Erkrankung. Ein Treffen mit Gleichgesinnten<br />
zeigt ihnen, dass sie mit ihrer Krankheit nicht alleine dastehen.<br />
Die Stiftung organisiert für Betroffene <strong>und</strong> deren Familien Aktionen<br />
wie beispielsweise einen Besuch beim Zirkus. Die Kinder<br />
werden selbst zum Artisten <strong>und</strong> können einen Tag lang<br />
ihren Alltag vergessen. Spaß <strong>und</strong> Freude stehen im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Positiver Nebeneffekt: Die Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen tauschen<br />
häufig ungezwungen ihre persönlichen Erfahrungen mit der<br />
Krankheit untereinander aus <strong>und</strong> lernen voneinander.<br />
Damit zuckerkranke Kinder <strong>und</strong> Jugendliche <strong>und</strong> ihre Familien<br />
gestärkt einen unbeschwerten Alltag erleben können, benötigt<br />
die Stiftung Spenden. Konto 44884, BLZ 64350070. ◆<br />
www.stiftung-dianino.de
Portraits<br />
Vor ihm die Freiheit, vor ihm die Frage<br />
nach dem „<strong>und</strong> dann?“<br />
Die Zentralstelle für Strafentlassenenhilfe in Nürnberg<br />
bietet Hilfe für Inhaftierte <strong>und</strong> Haftentlassene<br />
von Michael Kniess<br />
„Meine endgültige Verelendung wäre vorprogrammiert gewesen“,<br />
sagt Peter L.. Als sich das Eisentor der Justizvollzugsanstalt<br />
im Frühherbst des vergangenen Jahres hinter dem 45-jährigen<br />
Nürnberger geschlossen hatte, seien dies seine ersten Gedanken<br />
gewesen. Vor ihm die Freiheit. Vor ihm aber auch die Unsicherheit<br />
<strong>und</strong> die Frage nach dem „<strong>und</strong> dann“.<br />
„Dass ich auf diese Einrichtung gestoßen bin, ist das Beste,<br />
was mir je passiert ist“, sagt er. Sein Anker: Die Nürnberger Zentralstelle<br />
für Strafentlassenenhilfe (ZfS), getragen von der Caritas,<br />
dem Bayerischen Landesverband für Gefangenenfürsorge<br />
<strong>und</strong> Bewährungshilfe, der JVA Nürnberg, der Stadtmission <strong>und</strong><br />
dem AWO Kreisverband Nürnberg. Im vergangenen Herbst feierte<br />
diese ihren 40. Geburtstag. Seit Oktober 1972 hilft die Beratungsstelle<br />
für Haftentlassene <strong>und</strong> Inhaftierte <strong>Menschen</strong> wie<br />
Peter L.. Der gelernte Bäcker kommt aus familiären Verhältnissen,<br />
die „nicht die besten Voraussetzungen für einen geraden<br />
Lebensweg boten“, wie er selbst sagt. Peter L. pflegt zwei<br />
Jahre seine bettlägerige Mutter <strong>und</strong> schließlich auch seinen<br />
Vater, der zudem an Alzheimer erkrankt.<br />
Dazu kommen finanzielle Probleme. Sein Bruder plündert<br />
die Konten der Familie. Es bleiben Schulden. Zuviel für Peter L..<br />
„Der ständige Druck, die ganzen Rechnungen, die Situation<br />
war für mich nicht mehr zu lösen“, sagt er. Peter L. bricht zusammen.<br />
„Ich habe versucht, all das Erlebte mit Alkohol <strong>und</strong><br />
Tabletten zu kompensieren.“ Er rutscht in die Abhängigkeit.<br />
Sein Leben entgleitet ihm zunehmend. Statt vom Lohn als Bäcker<br />
lebt er fortan von Hartz-IV. Er gerät ins Drogenmilieu <strong>und</strong> an<br />
falsche Fre<strong>und</strong>e.<br />
Wer draußen niemanden hat,<br />
steht vor dem Nichts<br />
Es sind <strong>Menschen</strong> mit Brüchen in ihren Lebensläufen, die<br />
in der Zentralstelle ihre letzte Chance sehen. „Wir haben es<br />
mit <strong>Menschen</strong> zu tun, die in einem gewissen Milieu aufgewachsen<br />
sind <strong>und</strong> den Absprung nicht geschafft haben oder<br />
abstürzen, weil ihnen ihr geregeltes Leben wegbricht“, sagt<br />
Susanne Rüd. Die Diplom-Pädagogin gehört seit r<strong>und</strong> drei Jahren<br />
zum fünfköpfigen Team der Zentralstelle, das im Jahr 2011<br />
mehr als 700 aus der Haft entlassene <strong>Menschen</strong> beraten hat.<br />
„Unsere Klienten haben kein kompetentes soziales Umfeld,<br />
das sie auffängt, wenn sie in die Freiheit entlassen werden.“<br />
Auch das ins Straucheln geratene<br />
Leben von Peter L. mündet schließlich<br />
in der Kriminalität. Er missbraucht<br />
Substitutionsmittel <strong>und</strong> wird<br />
mehrmals beim Diebstahl von Lebensmitteln<br />
erwischt. Er muss für<br />
mehrere Monate ins Gefängnis.<br />
Vermeintlich geringe Straftaten, die<br />
in der Summe aber auch zu einer Gefängnisstrafe<br />
führen, sind für Susanne<br />
Rüd keine Seltenheit. „Wir<br />
haben es sehr oft mit Delikten zu<br />
tun, die bei einem einmaligen Vergehen<br />
nur zu einer Verwarnung, einer<br />
Geldstrafe oder zu Sozialst<strong>und</strong>en<br />
führen. Was die Pädagogin immer<br />
wieder erlebt: Wenn am Ende des<br />
Geldes noch zu viel vom Monat übrig<br />
14 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Portraits<br />
steinigsten ist. Es gibt viel zu organisieren, viele stehen zunächst<br />
ohne Obdach <strong>und</strong> mit kaum Geld da“, sagt Susanne<br />
Rüd. „Wenn jemand nach vier Monaten noch immer keine<br />
Wohnung oder keinen Job gef<strong>und</strong>en hat, dann ist das nicht<br />
einfach.“ Ihre Arbeit vergleicht Susanne Rüd mit der eines Allgemeinmediziners.<br />
„Auch wir schauen erstmal ganz generell,<br />
wo die Probleme liegen <strong>und</strong> überlegen dann, wie wir selbst<br />
helfen können oder an welche Fachstellen wir verweisen<br />
müssen“, sagt sie.<br />
„Dass ich hier ernst genommen werde<br />
hat mir das Leben gerettet“<br />
Wer draußen niemanden hat, steht gleichzeitig vor dem Nichts <strong>und</strong><br />
einem Berg zu Regelndem: Nach der Haftentlassung sind viele <strong>Menschen</strong><br />
auf Unterstützung <strong>und</strong> Hilfe angewiesen. Die Zentralstelle für Strafentlassenenhilfe<br />
in Nürnberg bietet diese an.<br />
ist, spart man in den Bereichen, die am teuersten sind. Man<br />
fährt schwarz, stiehlt Schnaps, Bier <strong>und</strong> Lebensmittel. Die<br />
Folge: eine Gefängnisstrafe. Bereits während der Inhaftierung<br />
sucht das Team der ZfS den Kontakt zu den Inhaftierten. „Wir<br />
versuchen bereits durch das Angebot von Entlassungsgruppen<br />
in den Haftanstalten eine erste Brücke zu bauen, denn die Sozialdienste<br />
in den Justizvollzugsanstalten können nur auf Antrag<br />
der Häftlinge reagieren. Diejenigen, die das nicht von sich<br />
aus machen, gehen unter.“ Überhaupt endet die Zuständigkeit<br />
der Justiz am Gefängnistor. Wer draußen niemanden hat, steht<br />
gleichzeitig vor dem Nichts <strong>und</strong> einem Berg zu Regelndem.<br />
Bände davon spricht das umfangreiche Aufgabenspektrum<br />
der Einrichtung. Es reicht von der Hilfe beim Umgang mit Behörden,<br />
insbesondere dem Jobcenter <strong>und</strong> dem Sozialamt,<br />
über die Beratung <strong>und</strong> Weitervermittlung bei Suchtproblemen,<br />
Schulden <strong>und</strong> persönlichen Schwierigkeiten bis hin zur<br />
Unterstützung bei der Wohnungs<strong>und</strong><br />
Arbeitssuche.<br />
Gerade Letzteres erweise sich als<br />
äußerst problematisch, sagt Susanne<br />
Rüd. „Wir haben sehr häufig mit<br />
einer Stigmatisierung zu kämpfen.<br />
Wir hatten schon Klienten mit einer<br />
festen Jobzusage, bei denen nur<br />
noch das Führungszeugnis im Raum<br />
stand <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> dessen die Einstellung<br />
dann doch wieder zurückgezogen<br />
wurde.“ Die Rede ist von<br />
Stellen als Küchenhelfer <strong>und</strong> dergleichen.<br />
„Man sagt nicht umsonst, dass die<br />
Rückfallgefahr im ersten halben Jahr<br />
nach der Haftentlassung am größten<br />
ist, weil der Weg in dieser Zeit am<br />
Peter L. ist auf dem Weg, zurück in ein halbwegs geordnetes<br />
Leben zu finden. „Ich habe durch die Unterstützung meine<br />
Selbstachtung wieder gewonnen, weil ich Erfolge sehe“, sagt<br />
er. Früher habe er unangenehme Dinge immer wochenlang vor<br />
sich hergeschoben. „Heute sage ich zu Frau Rüd, dass ich noch<br />
schnell eine Zigarette rauche <strong>und</strong> dann greifen wir an.“ Auch<br />
die Schuldenregulierung gehe mit Hilfe der Zentralstelle voran.<br />
„Das wichtigste ist, dass er sich hinsichtlich seiner Abhängigkeit<br />
weiter stabilisiert, denn noch ist das Ganze nicht ganz ausgestanden“,<br />
sagt Susanne Rüd. Peter L. möchte als nächsten kleinen<br />
Schritt wenigstens wieder einen ersten Gelegenheitsjob<br />
finden. Wohnungen auszuräumen könne er sich vorstellen. Den<br />
Traum eines Tages dann doch wieder in den Beruf zurückzukehren,<br />
in dem er 23 Jahre tätig war, hat Peter L. noch nicht<br />
ganz aufgegeben. „Vielleicht klopfe ich doch nochmal vorsichtig<br />
bei einer Bäckerei an, denn Brot backen ist etwas W<strong>und</strong>erschönes.“<br />
Den Biss <strong>und</strong> den Willen dazu habe er jetzt wieder,<br />
dank der Unterstützung durch die Zentralstelle. „Dass ich hier<br />
ernst genommen werde hat mir das Leben gerettet.“ ◆<br />
www.strafentlassenenhilfe.de<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 15
Portraits<br />
Partner mit sensibler Nase<br />
„Vita e.V. Assistenzh<strong>und</strong>e“ bildet H<strong>und</strong>e für <strong>Menschen</strong> mit körperlicher Behinderung aus<br />
von Andrea Löb<br />
In Deutschlands Haushalten gibt es über fünf Millionen<br />
H<strong>und</strong>e. Meist sind die Vierbeiner für den Besitzer mehr als<br />
nur ein Haustier. Sie halten ihn körperlich fit, sind Spielgefährte,<br />
„Türöffner“ für soziale Kontakte, Wegbegleiter, Seelentröster<br />
<strong>und</strong> zuverlässiger Partner in allen Lebenssituationen.<br />
Wissenschaftliche Studien belegen, dass H<strong>und</strong>e positive<br />
Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System eines <strong>Menschen</strong><br />
haben. Die intensive Beschäftigung mit einem H<strong>und</strong> vermindert<br />
Stress, wirkt Blutdruck senkend <strong>und</strong> verbessert die Befindlichkeit.<br />
Schon Freud soll sich diese positive Reaktion, die<br />
ein H<strong>und</strong> auf <strong>Menschen</strong> hat, zunutze gemacht haben. Einige<br />
seiner Therapiesitzungen fanden im Beisein seines H<strong>und</strong>es<br />
statt, da dieser offenbar eine beruhigende Wirkung auf seine<br />
Klienten hatte.<br />
Auf den H<strong>und</strong> gekommen<br />
Die Sozialpädagogin Tatjana Kreidler beschäftigte sich während<br />
ihrer Diplomarbeit intensiv mit der Wirkung des H<strong>und</strong>es<br />
auf den <strong>Menschen</strong>. Im Rahmen der Recherchen wurde sie auf<br />
die englischen Organisationen „Dogs for the Disabled“ <strong>und</strong><br />
„Guide Dogs for the Blind“ aufmerksam. Ihr Interesse daran<br />
war so groß, dass sie nach ihrem Studium bei den Organisationen<br />
eine Ausbildung zur H<strong>und</strong>etrainerin absolvierte. Neben<br />
den gängigen Ausbildungsmethoden wurde Tatjana Kreidlers<br />
Blick dafür sensibilisiert, wie man das passende H<strong>und</strong>-Mensch<br />
Team ermittelt <strong>und</strong> wie man dieses Team richtig zusammenführt.<br />
Nach ihrer Rückkehr in die Heimat war ihr klar, dass sie<br />
auch hier <strong>Menschen</strong> mit einer körperlichen Behinderung mithilfe<br />
eines H<strong>und</strong>es zu mehr Selbstständigkeit, Unabhängigkeit<br />
<strong>und</strong> Integration in die Gesellschaft verhelfen wolle. Daraufhin<br />
gründete Tatjana Kreidler im März 2000 in Frankfurt am Main<br />
„Vita e. V. Assistenzh<strong>und</strong>e“. Dem gemeinnützigen Verein ist es<br />
ein Anliegen, möglichst viele H<strong>und</strong>e-Mensch Teams auszubilden,<br />
die sich durch eine tiefe <strong>und</strong> enge harmonische Beziehung<br />
auszeichnen. Man möchte beide Teampartner füreinander<br />
öffnen. Durch den H<strong>und</strong> an seiner Seite erfährt der körperbehinderte<br />
Mensch eine neue Qualität in seinem Leben.<br />
Der H<strong>und</strong> soll sich in dieser Beziehung genauso wohlfühlen<br />
<strong>und</strong> zuverlässig mit viel Freude für „seinen“ <strong>Menschen</strong> da sein.<br />
Resultierend aus der jahrelangen intensiven Arbeit mit den erlernten<br />
Methoden entwickelte Tatjana Kreidler ihre eigene Methodik,<br />
um H<strong>und</strong> <strong>und</strong> Mensch besser miteinander vertraut zu<br />
machen. Bei der Arbeit mit dem H<strong>und</strong> nach der sogenannten<br />
„Kreidler-Methode“ werden Kommandos stets im fre<strong>und</strong>lichen<br />
Ton erteilt. Es wird viel Wert auf Empathie, Motivation<br />
<strong>und</strong> positive Verstärkung gelegt. Ihre Methode hat sie im Laufe<br />
der letzten Jahre immer wieder aufs Neue verfeinert <strong>und</strong> dabei<br />
neueste wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt. In<br />
ihrer Arbeit wird sie von der Tierärztin Dr. Volpert unterstützt.<br />
Da Tatjana Kreidler sich schon während ihres Studiums intensiv<br />
mit der kindlichen Entwicklung befasst hatte, bezog sie bei<br />
der Gründung des Vereins auch körperlich behinderte Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendliche in ihr Konzept mit ein. Dieses neue Terrain<br />
hatte bisher noch keiner betreten. Bis dato glaubte man, dass<br />
diese beiden keine Verantwortung füreinander übernehmen<br />
könnten. Der Erfolg räumte mit dieser irrigen Annahme auf<br />
<strong>und</strong> gab Tatjana Kreidler recht. Es zeigte sich, welche „w<strong>und</strong>ersamen“<br />
Auswirkungen ein H<strong>und</strong> auf die Psyche, den Körper<br />
<strong>und</strong> das soziale sowie kognitive Verhalten von Heranwachsenden<br />
haben kann. Bis Ende 2011 konnte Vita erfolgreich<br />
14 H<strong>und</strong>e-Kinder Teams ausbilden. Diese Arbeit ist bis<br />
heute in Deutschland einzigartig.<br />
Sorgfältige Auswahl <strong>und</strong><br />
professionelle Ausbildung<br />
Vita-Assistenzh<strong>und</strong>e werden nach hohen europäischen<br />
Qualitätsstandards ausgebildet. Es wird gleichermaßen auf<br />
eine effiziente artgerechte Ausbildung <strong>und</strong> das Wohlergehen<br />
der Tiere geachtet. Damit aus einem <strong>Menschen</strong> mit seinem<br />
H<strong>und</strong> ein „Dream-Team“ werden kann, muss von Anfang an<br />
16 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Portraits<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 17
Portraits<br />
Zwischen dem <strong>Menschen</strong> <strong>und</strong> seinem H<strong>und</strong> entwickelt sich eine enge<br />
Beziehung.<br />
Ein H<strong>und</strong> wird kontinuierlich geschult, um sich den aktuellen Anforderungen<br />
anzupassen.<br />
die richtige Auswahl des H<strong>und</strong>es getroffen werden. Besonders<br />
gut für die Ausbildung zum Assistenzh<strong>und</strong> eignen sich Golden<br />
Retriever <strong>und</strong> Labradore. Diese zeichnen sich durch ein<br />
sanftes Wesen aus <strong>und</strong> können sich gut auf neue Bezugspersonen<br />
einstellen. Bei der Welpenauswahl achtet Vita auf das<br />
Wesen des H<strong>und</strong>es <strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heit seiner Eltern. Mit ca.<br />
acht Wochen kommt der kleine Vierbeiner zu einem von dem<br />
Verein ausgewählten ehrenamtlich arbeitenden Paten. Gemeinsam<br />
werden diese beiden von der Organisation betreut.<br />
In dieser Phase der Sozialisierung wird das Jungtier spielerisch<br />
an alltägliche Situationen herangeführt <strong>und</strong> lernt gr<strong>und</strong>legende<br />
Kommandos wie „Sitz“, Bleib, etc., welche für das Zusammenleben<br />
mit einem <strong>Menschen</strong> wichtig sind. Des Weiteren<br />
wird er damit vertraut gemacht, sich in der Öffentlichkeit<br />
zu bewegen <strong>und</strong> soll die Angst vor <strong>Menschen</strong>mengen verlieren.<br />
Der Welpe muss regelmäßig die „Schulbank drücken“<br />
<strong>und</strong> besucht die H<strong>und</strong>eschule. Die Zeit beim Paten endet<br />
nach einem Jahr. Es beginnt die Gr<strong>und</strong>ausbildung im Ausbildungszentrum,<br />
die sechs bis zehn Monate dauert. Diese umfasst<br />
die Vertiefung der Basiskommandos <strong>und</strong> das Erlernen<br />
neuer Kommandos. Im darauffolgenden fortgeschrittenen<br />
Training wird der H<strong>und</strong> auf spezielle Aufgaben, die er für<br />
einen körperlich behinderten <strong>Menschen</strong> übernehmen muss,<br />
vorbereitet. Gleichzeitig wird er an die Begleitung eines Rollstuhls<br />
gewöhnt. Im Anschluss daran beginnt die Phase, für die<br />
Vita das größte Fingerspitzengefühl benötigt. H<strong>und</strong> <strong>und</strong> Bewerber<br />
werden im Ausbildungszentrum zusammengebracht<br />
<strong>und</strong> das Team ermittelt. Im Vorfeld wird bereits überlegt, welche<br />
beiden gut zusammenpassen könnten. Die Zusammenführung<br />
bzw. Bildung dieses besonderen Teams erfordert viel<br />
Feingefühl <strong>und</strong> pädagogisches Wissen. Die richtige Chemie<br />
entscheidet darüber, ob sich zukünftig eine harmonische Beziehung<br />
zwischen dem H<strong>und</strong> <strong>und</strong> dem <strong>Menschen</strong> entwickeln<br />
kann. In der anschließenden Zusammenführungszeit, die ca.<br />
4-6 Wochen dauert, wird das Team von Tatjana Kreidler <strong>und</strong><br />
der Tierärztin Ariane Volpert betreut. Mensch <strong>und</strong> H<strong>und</strong> lernen<br />
den richtigen Umgang miteinander <strong>und</strong> sollen ein Gefühl<br />
dafür bekommen, wie der andere „tickt“. Danach heißt es, den<br />
gemeinsamen Alltag in häuslicher Umgebung kennen zu lernen.<br />
Dies findet zunächst einige Tage in Anwesenheit von Tatjana<br />
Kreidler statt. In dieser Zeit soll sichergestellt werden,<br />
dass der H<strong>und</strong> „seinen“ <strong>Menschen</strong> akzeptiert. Nach ein paar<br />
Monaten Probezeit zuhause darf das H<strong>und</strong>-Mensch Team in<br />
einem dreitägigen Teamqualifikationstest, bestehend aus<br />
einem schriftlichen <strong>und</strong> praktischen Test, seine gute Zusammenarbeit<br />
unter Beweis stellen. Mit dem Bestehen der Prüfung<br />
endet die Arbeit von Vita jedoch noch nicht. Das Wohlergehen<br />
des Teams liegt Vita weiterhin am Herzen. Die Phase<br />
der Nachbetreuung beginnt. Damit der Ausbildungsstand des<br />
H<strong>und</strong>es gehalten werden kann, wird der H<strong>und</strong> ein H<strong>und</strong>eleben<br />
lang geschult. Bei einer Verschlechterung des Krankheitsbildes<br />
des <strong>Menschen</strong> kann sich der Aufgabenbereich des<br />
H<strong>und</strong>es verändern <strong>und</strong> muss neu erarbeitet werden.<br />
Für viele körperlich eingeschränkte <strong>Menschen</strong> erschließt<br />
sich mit dem H<strong>und</strong> eine neue Welt. Der Vierbeiner übernimmt<br />
Alltagsaufgaben wie das Betätigen einer Klingel, hilft beim An-<br />
18 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Anzeige<br />
Schülerweinberg mit<br />
ökologischem Weinbau<br />
Nach 170 Jahren wird am südlichen<br />
Meißner Burgberg wieder Wein angebaut<br />
<strong>und</strong> Ausziehen u.v.m. Dadurch ist der Körperbehinderte<br />
selbstständiger <strong>und</strong> weniger auf die Hilfe eines anderen <strong>Menschen</strong><br />
angewiesen. Das wiederum verleiht ihm mehr Selbstsicherheit.<br />
Der H<strong>und</strong> öffnet nicht nur Türen im herkömmlichen<br />
Sinne. Über ihn werden neue Kontakte zu anderen <strong>Menschen</strong><br />
geknüpft <strong>und</strong> Berührungsängste abgebaut. Er verändert<br />
das Leben des körperbehinderten <strong>Menschen</strong>, gibt ihm neuen<br />
Lebensmut <strong>und</strong> Lebensfreude. Viele Kinder blühen mit dem<br />
neuen Alltagsbegleiter regelrecht auf. Sie haben keine Angst<br />
mehr vor dem Alleinsein, trauen sich mehr zu <strong>und</strong> öffnen sich<br />
ihrer Umwelt.<br />
Einer für alle Fälle<br />
Die Anzahl der Vita-Teams ist in den letzten Jahren gewachsen,<br />
sodass das Ausbildungszentrum mittlerweile zu<br />
klein geworden ist <strong>und</strong> dringend ein größeres benötigt wird.<br />
Den positiven Effekt, den H<strong>und</strong>e auf kranke <strong>Menschen</strong> haben,<br />
würde Tatjana Kreidler sehr gerne noch weiteren <strong>Menschen</strong><br />
zuteilwerden lassen. Bei kindlichen Diabetikern könnte ein<br />
dafür ausgebildeter H<strong>und</strong> im Falle einer nächtlichen Unterzuckerung<br />
rechtzeitig Hilfe holen, aber auch Demenzkranke<br />
<strong>und</strong> autistische Kinder könnten von einem Vierbeiner profitieren.<br />
Das ist Zukunftsmusik, die sich ohne ausreichende Gelder<br />
jedoch nicht finanzieren lässt. Die Ausbildung eines Assistenzh<strong>und</strong>es<br />
ist sehr aufwendig <strong>und</strong> kostet r<strong>und</strong> 25 000 Euro.<br />
Öffentliche Fördermittel oder Gelder von den Krankenkassen<br />
werden dafür nicht bereitgestellt. Die Bewerberzahl ist<br />
hoch. Jedoch ist kaum einer der Bewerber in der Lage, die<br />
Ausbildungssumme aufzubringen. Die Organisation ist auf<br />
Spenden angewiesen.<br />
Damit noch viele körperbehinderte <strong>Menschen</strong> über einen<br />
H<strong>und</strong> mehr Lebensqualität <strong>und</strong> Integration in die Gesellschaft<br />
erfahren können, benötigt der Verein Spenden. Deutsche<br />
Bank, Spendenkonto 30 109 15, BLZ 500 700 24. ◆<br />
www.vita-assistenzh<strong>und</strong>e.de<br />
Der wieder entstandene Weinberg am Burgberg Meißen<br />
Es begann 2004 mit einer gemeinsamen Idee der Schulleitung<br />
des Landesgymnasiums St. Afra in Meißen <strong>und</strong> der<br />
Sächsischen Landesstiftung Natur <strong>und</strong> Umwelt, den Schülern<br />
in der traditionellen Weinbauregion des Elbtals eine<br />
weitere regional typische Tätigkeit nahe zu bringen <strong>und</strong><br />
einen Schülerweinberg zu initiieren. In unmittelbarer Nachbarschaft<br />
zur Schule lag ein ehemaliger Weinberg zu Füßen<br />
der berühmten Meißner Albrechtsburg seit etwa 170 Jahren<br />
brach.<br />
In zweijähriger Bauzeit wurde nun an dieser Stelle durch<br />
den Naturschutzfonds der Stiftung ein Terrassenweinberg<br />
rekonstruiert, finanziell unterstützt durch den Freistaat<br />
Sachsen.<br />
Unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit <strong>und</strong> zahlreicher<br />
Ehrengäste konnte der Weinberg am 1. Oktober 2012<br />
festlich eröffnet werden.<br />
Ab Mai 2013 werden hier die Meißner Schüler auf ökologische<br />
<strong>und</strong> nachhaltige Art <strong>und</strong> Weise Weinbau betreiben.<br />
Außerdem bieten die Terrassen <strong>und</strong> Trockenmauern einer<br />
Vielzahl Wärme liebender Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten neuen<br />
Lebensraum.<br />
Für die Ausstattung des Weinbergs u.a. mit Weinstöcken,<br />
Rosenbüschen <strong>und</strong> blühenden Gehölzen sucht die Stiftung<br />
noch weitere Spender.
Portraits<br />
Botschafter für die Bildungsinitiative: Der ehemalige<br />
Fußballprofi Jimmy Hartwig wurde früher<br />
selbst oftmals rassistisch beleidigt. Mit seinem<br />
Engagement möchte er anderen diese Erfahrung<br />
ersparen. Foto: Show Racism the Red Card<br />
Rote Karte gegen Rassismus<br />
„Show Racism the Red Card – Deutschland e.V.“ –<br />
eine Bildungsinitiative gegen Rassismus <strong>und</strong> Diskriminierung<br />
von Michael Kniess<br />
Rassismus <strong>und</strong> andere Formen der sozialen Ausgrenzung, wie<br />
Schwulen- <strong>und</strong> Lesbenfeindlichkeit oder antimuslimischer<br />
Rassismus, sind nach wie vor Teil des Alltags in Schule, Sport<br />
<strong>und</strong> Gesellschaft. Auch diejenigen, die zwar selbst nicht von<br />
Diskriminierung betroffen sind, stehen Vorurteilen <strong>und</strong><br />
Stammtischparolen oftmals machtlos gegenüber.<br />
„Wir konfrontieren unsere Zielgruppe in unseren Workshops<br />
mit dem Themenfeld Antidiskriminierung <strong>und</strong> geben<br />
Raum, über eigene Erfahrungen zu sprechen <strong>und</strong> zu reflektieren.<br />
Dadurch fördern wir frühzeitig sowohl Zivilcourage<br />
<strong>und</strong> Toleranz, als auch ein Bewusstsein für diese Thematiken“,<br />
sagt Andreas Hellstab. Die Rede ist von der Initiative „Show<br />
Racism the Red Card – Deutschland e.V.“, welche der 29-jährige<br />
Freiburger mit seinem Team 2010 ins Leben gerufen hat.<br />
Erreicht werden soll dieses Ziel mittels interaktiver Workshops<br />
für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche der Altersgruppe 9 bis 14<br />
Jahre zu den Themen Rassismus, Diskriminierung <strong>und</strong> Intoleranz.<br />
Auf diese Weise sollen auch bildungsferne oder wenig<br />
politikinteressierte Kinder <strong>und</strong> Jugendliche für ein politisches<br />
Bildungsangebot begeistert werden.<br />
In Zusammenarbeit mit zahlreichen B<strong>und</strong>esliga-Vereinen (darunter<br />
der FC Bayern München, der FC Augsburg oder der 1. FC<br />
Nürnberg) <strong>und</strong> weiteren Fußball-Clubs, führt die Initiative<br />
diese interaktiven Workshops in Fußballarenen, Jugendeinrichtungen<br />
<strong>und</strong> Schulen durch. „Dabei nutzen wir die gesamtgesellschaftliche<br />
Begeisterung für Fußball in Verbindung<br />
mit abwechslungsreichen Methoden <strong>und</strong> innovativen Lernorten,<br />
um einen einfachen Einstieg in die Thematiken zu finden“,<br />
sagt Andreas Hellstab, der geschäftsführende Vorstand<br />
der Bildungsinitiative.<br />
„Ich bin früher leider selbst oftmals<br />
rassistisch beleidigt worden“<br />
Das Team des gemeinnützigen Vereins besteht aus zertifizierten<br />
jungen Teamern, die die Workshops anbieten. „Unser<br />
Kerngedanke ist es, die Vorbildfunktion von Profisportlern zur<br />
Prävention zu nutzen“, sagt die Mitarbeiterin der Bildungsinitiative,<br />
Lena Scheidig. „Über das Thema Sport kommen wir<br />
mit Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ins Gespräch <strong>und</strong> können aufzeigen,<br />
wie wichtig gesellschaftliches Fairplay, Anerkennung<br />
<strong>und</strong> Integration sind.“<br />
Methodisch abwechslungsreich werden in den Workshops<br />
die wichtigsten Begriffe des Themenbereichs erarbeitet <strong>und</strong><br />
eigene Erfahrungen diskutiert. Im Zentrum der Workshops<br />
steht ein Rollenspiel, bei dem die Teilnehmenden analysieren,<br />
20 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Portraits<br />
Jugendliche mit dem Themenfeld Diskriminierung konfrontieren: Langfristig<br />
möchte die Bildungsinitiative „Show Racism the Red Card“ in<br />
Deutschland auf diese Weise gesellschaftliche Toleranz <strong>und</strong> demokratische<br />
<strong>Werte</strong> stärken.<br />
wie man mit Rassismus in Sport <strong>und</strong> Gesellschaft umgehen<br />
kann. Ein eindrücklicher Dokumentarfilm liefert hierfür das<br />
nötige Hintergr<strong>und</strong>wissen.<br />
Gespräche mit ehemaligen oder aktiven Fußballprofis, Fanbeauftragten<br />
oder Nachwuchsspielern, die über ihre eigenen<br />
Erfahrungen mit Integration, Rassismus <strong>und</strong> Diskriminierung<br />
berichten, fördern den Lernprozess <strong>und</strong> r<strong>und</strong>en den jeweiligen<br />
Workshop-Tag ab. „Sie geben den Kindern das Selbstvertrauen,<br />
sich mit Diskriminierungsformen in ihrem Alltag auseinander<br />
zu setzen <strong>und</strong> Rassismus die Rote Karte zu zeigen“,<br />
sagt Lena Scheidig. Einer dieser Botschafter ist der ehemalige<br />
Fußballprofi Jimmy Hartwig. „Ich bin früher leider selbst oftmals<br />
rassistisch beleidigt worden“, sagt er. „Gerne berichte<br />
ich deshalb von meinen eigenen Erfahrungen mit Rassismus<br />
<strong>und</strong> Diskriminierung, damit andere diese Erfahrungen heute<br />
möglichst nicht mehr machen müssen.“<br />
sie widerstandfähiger gegen rassistische Denk- <strong>und</strong> Handlungsweisen.“<br />
„Show Racism the Red Card – Deutschland<br />
e.V.“ basiert auf 17 Jahren erfolgreicher Arbeit in England,<br />
Wales, Schottland <strong>und</strong> Irland. Neben interaktiven Workshops<br />
zu den Themen Rassismus <strong>und</strong> Diskriminierung beschäftigt<br />
sich „Show Racism the Red Card“ in Großbritannien mittlerweile<br />
auch mit den Thematiken antimuslimischer Rassismus<br />
<strong>und</strong> Schwulen- <strong>und</strong> Lesbenfeindlichkeit.<br />
Allein in England waren im Jahr 2011 insgesamt 85 Fußballprofis<br />
in „Show Racism the Red Card“ involviert <strong>und</strong> nahmen<br />
regelmäßig an Workshops teil. „Von diesen Erfahrungen<br />
können wir in Deutschland profitieren <strong>und</strong> stehen deshalb<br />
in regelmäßigem Kontakt zu der Geschäftsführung in<br />
Newcastle, die auch Ansprechpartner für Erfahrungsaustausch<br />
<strong>und</strong> Wissenstransfer ist“, sagt Andreas Hellstab.<br />
„Ziel ist es, Kinder <strong>und</strong> Jugendliche für das Thema Rassismus<br />
<strong>und</strong> Diskriminierung zu sensibilisieren <strong>und</strong> ihnen Handlungsmöglichkeiten<br />
aufzuzeigen, wie sie auf Rassismus <strong>und</strong><br />
Diskriminierung in ihrem Umfeld reagieren können“, sagt Andreas<br />
Hellstab. Langfristig sollen auf diese Weise gesellschaftliche<br />
Toleranz <strong>und</strong> demokratische <strong>Werte</strong> gestärkt <strong>und</strong> Konfliktsituationen<br />
in der deutschen Einwanderungsgesellschaft<br />
vorgebeugt werden. ◆<br />
www.theredcard.de<br />
Gesellschaftliche Toleranz <strong>und</strong><br />
demokratische <strong>Werte</strong> stärken<br />
Der gemeinnützige Verein, der bereits im Jahr seiner Gründung<br />
vom „Bündnis für Demokratie <strong>und</strong> Toleranz – Gegen Extremismus<br />
<strong>und</strong> Gewalt“ ausgezeichnet wurde, steht unter der<br />
Schirmherrschaft von Dr. Maria Böhmer (Staatsministerin bei<br />
der B<strong>und</strong>eskanzlerin <strong>und</strong> Beauftragte der B<strong>und</strong>esregierung<br />
für Migration, Flüchtlinge <strong>und</strong> Integration), der Beiratsvorsitzenden<br />
der Antidiskriminierungsstelle des B<strong>und</strong>es, Professor<br />
Barbara John sowie von Romani Rose, dem Vorsitzenden des<br />
Zentralrats Deutscher Sinti <strong>und</strong> Roma.<br />
„Wir müssen den jungen <strong>Menschen</strong> vermitteln <strong>und</strong> vor<br />
allem vorleben, dass Demokratie <strong>und</strong> <strong>Menschen</strong>rechte nicht<br />
selbstverständlich sind, sondern dass es <strong>Menschen</strong> bedarf, die<br />
engagiert für diese <strong>Werte</strong> eintreten“, sagt Romani Rose.<br />
„Genau dieses Vorleben erreicht die Bildungsinitiative mit<br />
ihrem Konzept der Vorbildeinbindung von Fußballprofis.<br />
Durch diese gezielte Aufklärungsarbeit wird das Selbstbewusstsein<br />
von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen gestärkt <strong>und</strong> macht
Portraits<br />
Nähe hilft heilen<br />
Die McDonald's Kinderhilfe Stiftung setzt sich für schwer kranke Kinder ein<br />
Kurz nach ihrem ersten Geburtstag war es für Laura soweit.<br />
Ihre von Geburt an vertauschten Herzkammern wurden mit<br />
einem komplexen chirurgischen Eingriff korrigiert. Fünf Wochen<br />
lang musste das kleine Mädchen im Deutschen Herzzentrum<br />
München verbringen. Eine große Operation, mehrere<br />
Herzkathetereinführungen <strong>und</strong> unzählige Untersuchungen<br />
hat Laura in den vergangenen neun Jahren erlebt. Immer<br />
in ihrer Nähe: ihre Eltern. Ohne deren Beistand wäre diese<br />
Zeit für Laura noch schwerer als ohnehin schon gewesen.<br />
Die vielen Krankenhausaufenthalte <strong>und</strong> die schwere Krankheit<br />
bedeuten eine große Belastung für ein Kind. Laura hat gelernt,<br />
mit ihrem Herzfehler zu leben. Dank der Liebe <strong>und</strong> Unterstützung<br />
ihrer Familie, die neun Jahre lang bei jeder Behandlung<br />
in ihrer Nähe sein konnte. Und: Dank eines Zuhauses<br />
auf Zeit. Während der Krankenhausaufenthalte <strong>und</strong> bei den<br />
halbjährlich anstehenden Kontrolluntersuchungen fand <strong>und</strong><br />
findet die Familie ganz in der Nähe der Klinik ein solches: das<br />
Ronald McDonald Haus München am Deutschen Herzzentrum.<br />
Seit 1987 setzt sich die McDonald's Kinderhilfe Stiftung,<br />
die bereits durchgängig seit über acht Jahren das DZI Spenden-Siegel<br />
als Zeugnis für satzungsgemäße Verwendung der<br />
Spenden bekommt, für die Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> das Wohlergehen<br />
schwer kranker Kinder wie Laura ein. Trotz ausgezeichneter<br />
medizinischer Versorgung in Deutschland gibt es Tausende<br />
Kinder, die weit weg von ihren Familien behandelt werden<br />
müssen. Denn Spezialkliniken sind überall in Deutschland verteilt.<br />
Die Stiftung betreibt derzeit b<strong>und</strong>esweit 18 Ronald<br />
McDonald Häuser mit insgesamt r<strong>und</strong> 300 Apartments in der<br />
Nähe von Kinderkliniken als Zuhause auf Zeit für Familien<br />
schwer kranker Kinder, um hier Linderung zu schaffen.<br />
„Gebt der Gesellschaft einen Teil von<br />
dem zurück, was sie Euch gegeben hat"<br />
Diese sorgen dafür, dass schwer kranke Kinder auch während<br />
der Behandlung in der Nähe ihrer Familien sein können.<br />
Seit 2008 können sich Familien zusätzlich in drei Ronald<br />
McDonald Oasen direkt in der Klinik, zwischen anstrengenden<br />
Untersuchungs- <strong>und</strong> Behandlungseinheiten, zurückziehen<br />
<strong>und</strong> geborgen fühlen. Darüber hinaus fördert die McDonald's<br />
Kinderhilfe Projekte, die sich dem Wohlergehen von<br />
Kindern widmen. So etwa das Kinderges<strong>und</strong>heitsmobil, welches<br />
das Angebot der medizinischen Regelversorgung <strong>und</strong><br />
der bestehenden Hilfsangebote der Stadt Essen ergänzt. Träger<br />
des Dienstes sind die Stadt Essen, der Deutsche Kinderschutzb<strong>und</strong><br />
Ortsverband Essen <strong>und</strong> die McDonald’s Kinderhilfe<br />
Stiftung.<br />
Die McDonald's Kinderhilfe Deutschland wurde 1987 als<br />
Teil der international tätigen Ronald McDonald House Charities<br />
gegründet. Am Anfang der Ronald McDonald Häuser stand<br />
die persönliche Betroffenheit von Eltern: Kim Hill, Tochter des<br />
amerikanischen Football-Spielers Fred Hill von den „Philadelphia<br />
Eagles“, erkrankte 1973 an Leukämie. Die Eltern erlebten,<br />
was eine wochenlange Behandlung auf Leben <strong>und</strong> Tod<br />
für die Kinder <strong>und</strong> ihre Familien bedeutet. Als es Kim wieder<br />
besser ging, wurde der Entschluss geboren, Familien in einer<br />
solchen Situation zu helfen.<br />
So sprach Fred Hill mit Kims Ärztin, Dr. Audrey Evans, Chefärztin<br />
der Abteilung für Krebskrankheiten. Diese träumte<br />
schon länger davon, Familien ein Zuhause auf Zeit in der Nähe<br />
Seit 1987 setzt sich die McDonald's Kinderhilfe Stiftung für schwer<br />
kranke Kinder wie Laura ein: Im Ronald McDonald Haus München am<br />
Deutschen Herzzentrum fanden Lauras Eltern eine Zuhause auf Zeit,<br />
um während der Behandlung in der Nähe ihrer Tochter sein zu können.
Portraits<br />
Fotos: McDonald’s Kinderhilfe Stiftung<br />
Sich zwischen anstrengenden Untersuchungs- <strong>und</strong> Behandlungseinheiten zurückziehen <strong>und</strong> geborgen<br />
fühlen: Seit 2008 können Familien dies in b<strong>und</strong>esweit drei Ronald McDonald Oasen direkt in der Klinik.<br />
ihrer kranken Kinder zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam<br />
mit seinen Football-Teamkameraden startete Fred Hill eine<br />
große Spendenaktion für ein kliniknahes Elternhaus. McDonald's-Gründer<br />
Ray Kroc, der die „Philadelphia Eagles“ zu diesem<br />
Zeitpunkt unter Vertrag hatte, unterstützte diese Spendenaktion.<br />
Er versprach, nach dem Matching-F<strong>und</strong>-Prinzip<br />
jeden eingeworbenen Dollar zu verdoppeln.<br />
Soziales Engagement war von Anfang an fester Bestandteil<br />
von Ray Krocs Unternehmensphilosophie. „Gebt der Gesellschaft<br />
einen Teil von dem zurück, was sie Euch gegeben hat",<br />
lautete sein Appell, der ihm zugleich als Leitmotiv für sein eigenes<br />
Handelns diente. 1974 war es dann so weit, das erste<br />
Ronald McDonald Haus wurde in Philadelphia eingeweiht.<br />
Die Aktion zog Kreise: Schon 1977 eröffnete das zweite Ronald<br />
McDonald Haus in Chicago. Das erste deutsche Ronald<br />
McDonald Haus eröffnete schließlich 1990 in Kiel.<br />
Jährliche Hilfe für r<strong>und</strong> 5.400 Kinder<br />
<strong>und</strong> deren Familien<br />
Unterstützung erhält die McDonald's Kinderhilfe Stiftung<br />
von prominenter Seite: Viele Größen aus Film, Sport <strong>und</strong><br />
Show engagieren sich als Schirmherren von Ronald McDonald<br />
Häusern <strong>und</strong> Oasen. In Kiel hat Moderatorin Bettina Tietjen<br />
die Schirmherrschaft übernommen. Topmodel Eva Padberg<br />
ist Schirmherrin des Hauses in Berlin-Wedding. Die erste<br />
deutsche Ronald McDonald Oase in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendklinik<br />
des Universitätsklinikums Erlangen, die dieses Jahr ihr<br />
5-jähriges Jubiläum feiert, steht unter der Schirmherrschaft<br />
der Sängerin Sarah Connor. „Durch die Erfahrungen, die<br />
meine Familie <strong>und</strong> ich während der Krankheit unserer Tochter<br />
Summer gemacht haben, kann ich sehr gut nachvollziehen,<br />
wie wichtig dieser farbenfrohe Rückzugsort inmitten<br />
der Kinderklinik ist – nicht nur für die Eltern, sondern auch<br />
für die Geschwister <strong>und</strong> das kranke Kind selbst“, sagt sie.<br />
Neben den prominenten Paten, unterstützen zahlreiche<br />
Unternehmen die McDonald's Kinderhilfe – mit einer Geldoder<br />
Zeitspende oder auch durch eine Patenschaft. Mit Herz<br />
<strong>und</strong> Tatkraft setzen sich darüber hinaus über 600 ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter für das Wohl der Familien in den Ronald McDonald<br />
Häusern <strong>und</strong> Oasen ein, die an sieben Tagen in der Woche<br />
in vier Tagesschichten von jeweils drei St<strong>und</strong>en für die Familien<br />
schwer erkrankter Kinder da sind.Wer sich selbst engagieren<br />
möchte, kann Geld spenden oder den betroffenen Familien<br />
seine Zeit. Ob als tatkräftiger Mitarbeiter im Ehrenamt<br />
oder als sozial <strong>engagierte</strong>s Unternehmen. Das Ziel der McDonald's<br />
Kinderhilfe Stiftung ist es, Familien mit schwer kranken<br />
Kindern zwölf St<strong>und</strong>en am Tag zu betreuen. Um das zu ermöglichen,<br />
ist die Stiftung auf die Unterstützung von ehrenamtlichen<br />
Mitarbeitern angewiesen. Denn wenn sich die Eltern<br />
nicht um die kleinen Dinge des Alltags kümmern müssen,<br />
bleibt umso mehr Energie für ihre kleinen Patienten.<br />
Seit Gründung 1987 steht auch das Unternehmen McDonald's<br />
Deutschlands selbst als starker Partner an der Seite der<br />
McDonald's Kinderhilfe. Neben den regelmäßigen umsatzbezogenen<br />
Spenden <strong>und</strong> zahlreichen Aktionen engagiert sich<br />
McDonald's Deutschland im Rahmen einer jährlichen Benefiz<br />
Gala. Durch das Aufstellen der r<strong>und</strong> 4.000 Spendenhäuschen<br />
in allen McDonald's Restaurants in Deutschland, Aktionen,<br />
unter anderem zum Weltkindertag, tragen alle McDonald's Restaurants<br />
in Deutschland dazu bei, dass die McDonald's Kinderhilfe<br />
jährlich r<strong>und</strong> 5.400 Kinder <strong>und</strong> deren Familien, in den<br />
Ronald McDonald Häusern helfen kann. Kindern wie Laura. ◆<br />
www.mcdonalds-kinderhilfe.org<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 23
Meldungen<br />
Kloster Schinna<br />
erhält Landespreis für<br />
Denkmalpflege 2012<br />
Auszeichnung der der Niedersächsischen<br />
Sparkassenstiftung<br />
Die Niedersächsische Sparkassenstiftung hat das Kloster<br />
Schinna mit dem Landespreis für Denkmalpflege 2012 ausgezeichnet.<br />
Thomas Mang, Präsident der Niedersächsischen<br />
Sparkassenstiftung, <strong>und</strong> Stephan Winghart, Präsident des Niedersächsischen<br />
Landesamtes für Denkmalpflege, lobten die<br />
vorbildliche Restaurierung der Fachwerkkirche des Klosters.<br />
Gemeinsam mit Winfried Schmierer, Vorstandsmitglied der<br />
Sparkasse Nienburg, wurde der Preis an Ute Heitmüller, Vorsitzende<br />
der Stiftung Kloster Schinna, übergeben.<br />
Graf Wilbrand von Hallerm<strong>und</strong> stiftete im Jahr 1148 das<br />
Benediktinerkloster Schinna. Zu dem Kloster gehören das<br />
Abtshaus, der westliche <strong>und</strong> südliche Flügel des Konventsgebäudes<br />
<strong>und</strong> die um das Jahr 1539 errichtete Fachwerkkirche.<br />
1876 wurde das Kloster zu einer staatlichen Domäne<br />
umgewandelt <strong>und</strong> danach landwirtschaftlich betrieben.<br />
Die alte Klosterkirche diente noch bis Mitte der<br />
1980er Jahre als Schweine- <strong>und</strong> Schafstall.<br />
Die Niedersächsische Sparkassenstiftung vergibt zum<br />
14. Mal den Preis für Denkmalpflege. Der Preis ist mit insgesamt<br />
75.000 Euro dotiert <strong>und</strong> zeichnet das private Engagement<br />
von Denkmaleigentümern aus. In diesem Jahr werden<br />
17 Denkmale mit einem Preis bedacht, weitere 16 erhalten<br />
eine Belobigung. ◆<br />
www.nsks.de<br />
Vorfahrt für <strong>Stiftungen</strong><br />
„Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes“<br />
kommt<br />
Der B<strong>und</strong>estag hat Anfang Februar grünes Licht für das „Gesetz<br />
zur Stärkung des Ehrenamtes“ gegeben. Das geplante Gesetz<br />
enthält viele Verbesserungen für gemeinnützige Organisationen,<br />
insbesondere für <strong>Stiftungen</strong>. <strong>Stiftungen</strong> könnten<br />
nach den Plänen flexibler Rücklagen bilden <strong>und</strong> andere <strong>Stiftungen</strong><br />
langfristig mit Vermögen ausstatten (Endowments).<br />
Zudem würde die Anerkennung von Verbrauchsstiftungen erleichtert,<br />
die Haftung ehrenamtlich Tätiger reduziert <strong>und</strong> die<br />
Übungsleiter- <strong>und</strong> Ehrenamtspauschale angehoben. Dazu Prof.<br />
Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär des B<strong>und</strong>esverbandes Deutscher<br />
<strong>Stiftungen</strong>: „Die Gesetzesreformen 2000/2002 <strong>und</strong> 2007<br />
haben deutlich gezeigt, dass gute rechtliche Rahmenbedingungen<br />
die Zivilgesellschaft aktivieren. Seit 2000 sind über<br />
11.000 <strong>Stiftungen</strong> errichtet worden. Daher ist es wichtig, dass<br />
das Gesetz jetzt auch den B<strong>und</strong>esrat passiert.“ Bedauern äußert<br />
Hans Fleisch über die nach wie vor fehlende Anerkennung<br />
bürgerschaftlichen Engagements als eigenständigen gemeinnützigen<br />
Zweck. „Aus Sicht des B<strong>und</strong>esfinanzministeriums<br />
<strong>und</strong> mancher Finanzbehörden kann es keine gemeinnützige<br />
Stiftung geben, die ausschließlich bürgerschaftliches Engagement<br />
fördert. Diese unserer Meinung nach rechtswidrige,<br />
einengende Praxis hätte das neue Gesetz durch Klarstellung<br />
beenden können; denn sie geht am Bedarf unserer Gesellschaft,<br />
Ehrenamt <strong>und</strong> Zivilgesellschaft zu stärken, vorbei.“ ◆<br />
www.stiftungen.org<br />
Ein Herz für Bären<br />
Tatort Kommissar Andreas Hoppe<br />
unterstützt Braunbären-Schutzzentrum<br />
Foto: Helge Krückeberg<br />
Übergabe der Urk<strong>und</strong>e. Von links nach rechts: Dr. Stefan Winghart,<br />
Präsident des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege;<br />
Winfried Schmierer, Vorstandsmitglied der Sparkasse Nienburg;<br />
Ute Heitmüller, Vorsitzende der Stiftung Kloster Schinna; Thomas<br />
Mang, Präsident der Niedersächsischen Sparkassenstiftung; Michael<br />
Heinrich Schormann, stellvertretender Geschäftsführer der Niedersächsischen<br />
Sparkassenstiftung<br />
Der Berliner Schauspieler Andreas Hoppe, bekannt als Ludwigshafener<br />
Kommissar Kopper im ARD Tatort, engagiert sich<br />
ab sofort als „Bären-Botschafter“ für den Bärenwald Müritz. Das<br />
16 Hektar große Schutzzentrum in Mecklenburg-Vorpommern<br />
– das größte seiner Art in Westeuropa – ist ein Tierschutzprojekt<br />
der Stiftung VIER PFOTEN. Hier finden Braunbären aus<br />
schlechter Zoo-, Zirkus- oder Privathaltung seit 2006 ein neues,<br />
tiergerechtes Zuhause. Als „Bären-Botschafter“ setzt sich Andreas<br />
Hoppe zusammen mit VIER PFOTEN für den Schutz der<br />
Bären ein. Derzeit leben 17 Bären in dem Freigehege am<br />
Plauer See. ◆<br />
www.vier-pfoten.de<br />
24 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Meldungen<br />
500.000 Euro Bonus<br />
Spendenorganisationen erhalten Bonus<br />
Ihr 90. Jubiläum im Jahr 2013 feiert die Bank für Sozialwirtschaft<br />
AG mit einer Aktion für Ihre K<strong>und</strong>en: Sie vergibt einen<br />
Jubiläums-Bonus von bis zu 500.000,- Euro. Ausgezahlt wird<br />
der Bonus an Spendenorganisationen, die K<strong>und</strong>en der Bank<br />
sind. Auf jede Spende über mehr als 30,- Euro, die über das Online-Spendentool<br />
BFS-Net.Tool XXL eingeht, gibt die BFS einen<br />
Euro hinzu – bis eine Gesamtsumme von 500.000,- Euro erreicht<br />
ist. „Damit möchten wir erreichen, dass möglichst viele<br />
gemeinnützige Organisationen von unserer Jubiläums-Aktion<br />
profitieren können“, so Prof. Dr. Dr. Rudolf Hammerschmidt,<br />
Vorsitzender des Vorstandes der Bank. Als „Hilfskasse gemeinnütziger<br />
Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands GmbH“<br />
wurde die Bank für Sozialwirtschaft am 10. März 1923 gegründet.<br />
Noch heute haben viele der K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> der Anteilseigner<br />
der Bank einen freigemeinnützigen Hintergr<strong>und</strong>. ◆<br />
www.sozialbank.de<br />
Nachfolge im<br />
Stiftungsvorstand<br />
Neues Buch im Stiftung&Sponsoring<br />
Verlag erschienen<br />
Die Bereitschaft von Freiwilligen,<br />
sich langfristig ehrenamtlich an<br />
eine Organisation zu binden,<br />
nimmt beständig ab. So haben<br />
Nonprofit-Organisationen zunehmend<br />
Schwierigkeiten, für vakante<br />
Positionen in ihren Gremien<br />
geeignete Nachfolger zu finden.<br />
Wie aktuelle Studien zeigen,<br />
dringt die Nachfolgeproblematik<br />
erst langsam ins Bewusstsein der<br />
Betroffenen. So sind auch die<br />
meisten <strong>Stiftungen</strong> auf anstehende Wechsel in Vorständen<br />
<strong>und</strong> Aufsichtsgremien kaum vorbereitet. Der vorliegende Band<br />
zeigt auf, was sie tun können, um Führungskrisen vorzubeugen.<br />
Die 17 Fachbeiträge beschreiben anschaulich <strong>und</strong> praxisorientiert<br />
Herausforderungen der Nachfolge als Strukturproblem,<br />
Organisationsgestaltung <strong>und</strong> Prozess.<br />
276 Seiten, 39,90 Euro, ISBN 978-3-9812114-1-2 ◆<br />
www.stiftung-sponsoring.de<br />
Anna Nandyose tut alles für ihre Enkel. Foto: Fian<br />
Kein Land zu haben heißt,<br />
keine Nahrung zu haben<br />
FIAN hilft Betroffenen in Afrika<br />
Am 17. April ist der Tag der Landlosen. Er erinnert daran,<br />
dass der Zugang zu Ackerland für viele <strong>Menschen</strong> ein Lebensmittel,<br />
also ein Mittel zum Leben, ist. Während <strong>Menschen</strong><br />
in Industrieländern zu diesem Tag keine Verbindung<br />
haben, spielt er für die ländliche Bevölkerung in Entwicklungsländern<br />
eine bedeutende Rolle. So wurden nach Angaben<br />
der Organisation FIAN im August 2001 in Uganda<br />
vier Dorfgemeinschaften von der Armee vertrieben, weil<br />
die Regierung das Land an eine deutsche Kaffeefirma verpachtet<br />
hat. Die betroffenen Bauernfamilien erhielten keine<br />
Entschädigung für den Verlust ihrer Habe <strong>und</strong> ihres Ackerlandes.<br />
Die heute 85-jährige Anna Nandyose ist eine von<br />
ihnen. Sie hatte ihr Land von ihrem Vater geerbt. Damit<br />
konnte sie sich <strong>und</strong> ihre 19 Enkelkinder ernähren, die bei<br />
ihr lebten. Das kleine Gr<strong>und</strong>stück, das sie heute für die<br />
Landwirtschaft nutzen kann, reicht dazu nicht mehr aus.<br />
FIAN unterstützt die Landlosen in Uganda durch Öffentlichkeitsarbeit<br />
<strong>und</strong> juristische Begleitung <strong>und</strong> hat den<br />
Fall beim <strong>Menschen</strong>rechtskommissar der Vereinten Nationen<br />
bekannt gemacht, die sich nun auch für eine Lösung<br />
einsetzen. Im auf YouTube einsehbaren Video „Coffee to Go<br />
– mit dem Geschmack der Vertreibung“ berichten Vertriebene<br />
über die Vertreibung <strong>und</strong> ihre bis heute anhaltende<br />
Not. Bei einem Besuch drückten die Betroffenen die Unterstützung<br />
FIANs bildlich aus: „Dass FIAN uns unterstützt,<br />
ist, wie wenn jemand einen Holzstamm ein Stück weiter ins<br />
Feuer schiebt.“ Dies ist nur einer von vielen Fällen, in denen<br />
FIAN Landlose in ihren Bemühungen, fruchtbares Land für<br />
ihre Selbstversorgung <strong>und</strong> den Verkauf von Nahrungsmitteln<br />
auf den örtlichen Märkten zu bekommen, unterstützt.<br />
FIAN Deutschland e.V. bittet um Spenden für die Unterstützung<br />
Landloser. Spendenkonto 4000444400 bei der GLS<br />
Gemeinschaftsbank, BLZ 430 609 67. ◆<br />
www.fian.de, www.kleinbauernrechte-jetzt.de<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 25
Aktuelles<br />
Dem achtsamen Umgang mit<br />
unserer Schöpfung verpflichtet<br />
Herbert-Denk-Stiftung fördert durch Tierschutz <strong>und</strong> Aufklärung das Bewusstsein<br />
für unsere Umwelt<br />
Mitgefühl <strong>und</strong> Mitverantwortung – das sind die beiden Begriffe,<br />
die bei der Mission der Herbert-Denk-Stiftung die zentrale<br />
Rolle spielen. Seit dem Jahr 2005 setzt sich die Stiftung<br />
dafür ein, die <strong>Menschen</strong> für den respektvollen Umgang mit<br />
Mensch, Tier <strong>und</strong> Pflanze zu sensibilisieren. Zweck der Herbert-Denk-Stiftung<br />
ist es, die Achtung vor allem Leben zu fördern.<br />
„Wir haben die Pflicht, die Schwächeren zu beschützen.<br />
Davon bin ich überzeugt“, sagt Herbert Denk, der Gründer<br />
der Stiftung. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Doris<br />
Aschenbrenner rief er im Jahr 2005 die Stiftung ins Leben.<br />
Die Herbert-Denk-Stiftung hat sich unter anderem folgenden<br />
Aufgaben verschrieben: Förderung der Humanität <strong>und</strong> des<br />
Tierschutzes, Förderung von Maßnahmen, die die Rechtssituation<br />
unserer „Mitgeschöpfe“ verbessern, Förderung <strong>und</strong><br />
Unterhalt von Anwesen als Begegnungsstätte von Mensch<br />
<strong>und</strong> Tier, um auf die Bedürfnisse von Tieren aufmerksam zu<br />
machen, Aufnahme von bedürftigen Tieren, Informationen<br />
<strong>und</strong> Aufklärung im Sinne der Tiere <strong>und</strong> der Umwelt.<br />
Sternenhof – Begegnung zwischen<br />
Mensch <strong>und</strong> Tier<br />
Herbert Denk <strong>und</strong> Doris Aschenbrenner hatten eine deutliche<br />
Vision vor Augen, als sie die Stiftung aus der Taufe hoben:<br />
einen Ort der Begegnung zwischen Mensch <strong>und</strong> Tier. Ziemlich<br />
bald nach der Gründung startete die Herbert-Denk-Stiftung<br />
mit ihrem ersten großen Projekt. Noch im Jahr 2005 wurde in<br />
Pocking ein Vierseithof mit 25.000 Quadratmetern Gr<strong>und</strong> gekauft.<br />
Auf dem „Sternenhof“ sollten notleidende Tiere aller<br />
Art ein artgerechtes Zuhause finden. Und mehr noch: Es sollte<br />
ein Ort für Begegnungen zwischen Mensch <strong>und</strong> Tier entstehen.<br />
Die <strong>Menschen</strong> sollten hier erleben, wie glücklich jene<br />
Tiere sein können, die man in unserer Welt meist nur als Ware<br />
ansieht. Heute leben auf dem Sternenhof über 350 Tiere in<br />
artgerechten Stallungen. Sie haben viel Freilauffläche <strong>und</strong><br />
können ihren natürlichen Bedürfnissen nachkommen. Obwohl<br />
der Sternenhof kein Tierheim im eigentlichen Sinne ist,<br />
gibt es auch dort Tiere, die nur auf der „Durchreise“ sind <strong>und</strong><br />
vermittelt werden.<br />
Arche – ein Gnadenhof für ungewollte<br />
<strong>und</strong> gequälte Tiere<br />
Bereits im Jahr 2006 war die Stiftung auf der Suche nach<br />
einem weiteren Hof. Der Platz auf dem Sternenhof reichte<br />
nicht mehr. Zudem ist ein Ort der Begegnung für traumatisierte,<br />
verletzte oder sehr alte Tiere nur schwer zu ertragen.<br />
Das passende Objekt wurde in Engelhartszell gef<strong>und</strong>en. Die<br />
Die Tiere auf dem Sternenhof führen ein artgerechtes Leben.<br />
Herbert Denk: „Ich bin davon überzeugt, dass wir <strong>Menschen</strong> die Aufgabe<br />
haben, diese w<strong>und</strong>erschöne Schöpfung zu behüten <strong>und</strong> zu pflegen –<br />
nicht auszubeuten <strong>und</strong> zu zerstören.“<br />
26 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Aktuelles<br />
„Arche“ liegt in Oberösterreich, etwa 40 Kilometer von<br />
Pocking entfernt. Über 160.000 Quadratmeter Fläche stehen<br />
hier zur Verfügung. Mittlerweile leben dort r<strong>und</strong> 300 Tiere.<br />
Die meisten Bewohner dieses Gnadenhofes haben nur geringe<br />
Chancen ein neues Zuhause zu finden. Sie dürfen auf<br />
der Arche ihren Lebensabend verbringen. Während der Sternenhof<br />
täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet ist, empfängt die<br />
Arche nur am Samstag von 9 bis 17 Uhr Besucher.<br />
Aufklärung – Lösungen anbieten,<br />
statt ermahnen<br />
Eine der wichtigsten Aufgaben der Herbert-Denk-<br />
Stiftung ist die Sensibilisierung der <strong>Menschen</strong> für die Bedürfnisse<br />
ihrer Mitgeschöpfe. Vor allem die Kinder sollen an das<br />
Leben <strong>und</strong> Fühlen der Tiere behutsam herangeführt werden.<br />
Auf dem Sternenhof findet sich deshalb neben dem Café <strong>und</strong><br />
dem Scheunenladen ein neugestalteter Leseraum - mit der<br />
neuesten Literatur sowie Filmen r<strong>und</strong> um den Tierschutz <strong>und</strong><br />
die artgerechte Haltung von Tieren. Die Stiftung will Lösungen<br />
anbieten. Sie will zeigen, dass der respektvolle Umgang mit<br />
Tieren nicht nur Aufwand bedeutet, sondern vor allem viel<br />
mehr Freude in das eigene Leben bringt.<br />
Projekte – Hilfe zur Selbsthilfe<br />
durch eine zu große Katzenpopulation entsteht. Außerdem<br />
hilft die Stiftung auch hier <strong>engagierte</strong>n Tierschützern, die sich<br />
um Katzen kümmern.<br />
Die Zukunft – den Boden bereiten<br />
für eine lebenswerte Welt<br />
In den vergangenen Jahren wurden 80 Prozent aller Kosten<br />
von Herbert Denk <strong>und</strong> Doris Aschenbrenner privat getragen.<br />
Jetzt, da die Stiftung <strong>und</strong> ihre Projekte größer werden,<br />
wird dringend zusätzliche Unterstützung von außen benötigt.<br />
Denn Herbert Denk <strong>und</strong> Doris Aschenbrenner haben vor<br />
allem im Bereich Aufklärung <strong>und</strong> neue Lösungsansätze noch<br />
viel vor.<br />
So sind zum Beispiel mehrere Ausstellungen geplant –<br />
unter anderem zum Thema Massentierhaltung. Um diese Visionen<br />
umzusetzen, sucht die Stiftung ständig Förderer <strong>und</strong><br />
aktive Unterstützer. Auf der Internetseite des Sternenhofes<br />
werden alle Möglichkeiten aktiv zu werden, genau beschrieben.<br />
Neben einmaligen Spenden gibt es zum Beispiel die<br />
Möglichkeit, Patenschaften zu übernehmen – entweder für<br />
einzelne Tiere, für bestimmte Projekte oder auch für die Stiftung<br />
insgesamt. ◆<br />
www.sternenhof.eu<br />
Das Tierleid ist überall auf der Welt überwältigend groß.<br />
Die Herbert-Denk-Stiftung unterstützt regelmäßig Tierheime<br />
im europäischen Ausland – beispielsweise in Rumänien. Dort<br />
ist die Population der Straßenh<strong>und</strong>e sehr groß, ebenso das<br />
Leid. Die Stiftung versorgt dortige Tierschützer mehrmals im<br />
Jahr mit Futtertransporten <strong>und</strong> sonstigen Zuwendungen.<br />
Auch unter den Katzen herrscht vielen Orts große Not. Die<br />
Herbert-Denk-Stiftung fördert Kastrationsprogramme <strong>und</strong> versucht<br />
durch Aufklärung das Drama zu verdeutlichen, das<br />
Idyllisch in Oberösterreich gelegen: die Arche bietet Heimstatt für r<strong>und</strong><br />
300 alte <strong>und</strong> schwache Tiere<br />
Hat täglich seine Tore geöffnet: Der Sternenhof ermöglicht die respektvolle<br />
Begegnung zwischen Tier <strong>und</strong> Mensch.<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 27
Aktuelles<br />
Engagement von Bürgern für Bürger<br />
Die Bürgerstiftung Erlangen hilft dort, wo „es brennt“<br />
„Bürgerstiftungen vereinen <strong>Menschen</strong>, die gestalten wollen,<br />
Verantwortung übernehmen <strong>und</strong> sich einsetzen für ihr Lebensumfeld“<br />
– mit diesen Worten beschrieb vor einigen Jahren<br />
der ehemalige B<strong>und</strong>espräsident Horst Köhler das, was eine<br />
Bürgerstiftung ausmacht. In die Tat setzen diese Worte aktuell<br />
r<strong>und</strong> 90 <strong>engagierte</strong> <strong>Stifter</strong> in der Bürgerstiftung Erlangen um.<br />
Und das bereits seit beinahe zehn Jahren. Im November<br />
2003 wurde die Bürgerstiftung Erlangen unter dem Motto<br />
„Bürger für Bürger“ mit einem Gr<strong>und</strong>stockvermögen von<br />
175.000 Euro von 31 Gründungsstiftern ins Leben gerufen. Seit<br />
der Gründung hat sich nicht nur die Zahl der <strong>Stifter</strong> verdreifacht.<br />
Das Stiftungskapital hat sich sogar mehr als verzehnfacht.<br />
Durch Zustiftungen <strong>und</strong> eine größere Erbschaft verfügt<br />
die Bürgerstiftung Erlangen inzwischen über ein Gr<strong>und</strong>stockvermögen<br />
von über zwei Millionen Euro.<br />
In ihrem Wirken ist die Stiftung bewusst sehr breit aufgestellt,<br />
um überall dort helfen zu können, wo „es brennt“. So reichen<br />
die Stiftungszwecke gemäß Satzung von „Bildung <strong>und</strong> Erziehung“<br />
über „Kinder-, Jugend- <strong>und</strong> Altenhilfe“, „Umwelt <strong>und</strong><br />
Naturschutz“ <strong>und</strong> „Ges<strong>und</strong>heitswesen“ bis zur „Pflege internationaler<br />
Kontakte“. Zudem hilft die Stiftung auch in Fällen individueller<br />
Not. Trotz des breiten Wirkens setzt sich die Stiftung,<br />
den aktuellen Bedürfnissen entsprechend, Schwerpunkte. Aktuell<br />
liegt dieser etwa in der Unterstützung benachteiligter Familien<br />
<strong>und</strong> Einzelpersonen sowie in Maßnahmen, die deren<br />
(Re-)Integration zum Ziel haben. So unterstützt der Sonderfonds<br />
„Kinderarmut“ Vorhaben zur Linderung von deren Not<br />
<strong>und</strong> trägt insbesondere zur Verbesserung der Bildungssituation<br />
der betroffenen Kinder bei. Ins Leben gerufen wurde der Sonderfonds<br />
von Ute Hirschfelder, die zu den Gründungsstiftern<br />
gehört. Im Rückblick auf ihre Berufserfahrung als Lehrerin an<br />
der Erlanger Eichendorffschule, an der sie – lange vor Hartz IV<br />
– zahlreiche Schüler aus sozial schwachen Familien unterrichtete,<br />
gründete Ute Hirschfelder im Juli 2007 den Sonderfonds<br />
„Kinderarmut“ als Teil der Bürgerstiftung.<br />
Sonderfonds für benachteiligte Kinder<br />
Dessen Ziel ist es, das Bewusstsein für die Situation sozial<br />
benachteiligter Kinder in der Stadt zu schärfen. Unter anderem<br />
werden mit finanziellen Mitteln aus dem Fonds Schülermahlzeiten<br />
gefördert, sowie eine Reihe von Aktivitäten initiiert.<br />
Als besonders erfolgreicher Weg zur Gewinnung von<br />
Spenden haben sich seit 2007 die alljährlichen Benefizveranstaltungen<br />
in Form von hochkarätig besetzten Konzerten bzw.<br />
literarisch-musikalischen Soireen erwiesen.<br />
Neben dem F<strong>und</strong>raising haben die Benefizkonzerte des<br />
Sonderfonds „Kinderarmut“ durch ihre hohe öffentliche Resonanz<br />
den Bekanntheitsgrad der Bürgerstiftung enorm gesteigert<br />
<strong>und</strong> zugleich eine Vielzahl von ehrenamtlichen Helfern<br />
<strong>und</strong> Sponsoren aktiviert. Insgesamt konnten auf diesem<br />
Weg bisher r<strong>und</strong> 250.000 Euro für den Sonderfonds eingenommen<br />
werden. Hinzu kommen künftig die Erträge aus<br />
einer zweckgeb<strong>und</strong>enen Zustiftung in Höhe von 50.000 Euro.<br />
Dort helfen, wo „es brennt“: In ihrem Wirken ist die Bürgerstiftung Erlangen<br />
sehr breit aufgestellt. Der Sonderfonds „Kinderarmut“ hat das Ziel,<br />
das Bewusstsein für die Situation sozial benachteiligter Kinder in der<br />
Stadt zu schärfen. Unter anderem werden Schülermahlzeiten gefördert.<br />
Foto: Bürgerstiftung Erlangen<br />
Ausgezeichnetes Engagement: Für ihre Verdienste r<strong>und</strong> um die Bürgerstiftung<br />
Erlangen wurde Ute Hirschfelder <strong>und</strong> Martin Böller der Ehrenbrief<br />
der Stadt Erlangen für besondere Verdienste im sozialen Bereich<br />
aus den Händen von Dr. Siegfried Balleis (Mitte) verliehen. Foto: Michael<br />
Kniess<br />
28 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Aktuelles<br />
Bis Ende 2011 konnte die Stiftung, die mit dem Gütesiegel des<br />
B<strong>und</strong>esverbandes Deutscher <strong>Stiftungen</strong> ausgezeichnet ist, mit<br />
insgesamt 398.000 Euro Projekte unterstützen <strong>und</strong> individuelle<br />
Hilfen leisten. Auf den Sonderfonds entfallen davon<br />
146.000 Euro. Im vergangenen Jahr konnten Projekte von Bürgern<br />
für Bürger mit 112.000 Euro unterstützt werden, auf den<br />
Sonderfonds entfielen weitere 53.200 Euro.<br />
Künftig mehr eigene Projekte umsetzen<br />
„Ein solches bürgerschaftliches Engagement ist der beste<br />
Beweis für eine funktionierende Gesellschaft“, sagt der Erlanger<br />
Oberbürgermeister, Dr. Siegfried Balleis, der gemeinsam<br />
mit seiner Frau ebenfalls zu den Gründungsstiftern der<br />
Bürgerstiftung Erlangen gehört. „Es ist schön zu sehen, dass<br />
Bürger über ihre Funktion als Steuerzahler hinaus, die Geschicke<br />
ihrer Stadt selbst in die Hand nehmen <strong>und</strong> sich für<br />
das Gemeinwesen einsetzen.“ Wie wichtig das sein kann,<br />
zeige sich beispielsweise gerade in Nordrhein-Westfalen, wo<br />
sich Bürger, auch in Bürgerstiftungen, für den Erhalt von Bädern<br />
einsetzen, welche von kommunaler Seite aufgr<strong>und</strong> deren<br />
leeren Kassen nicht mehr betrieben werden können.<br />
Seit November 2006 leitet Martin Böller als Vorsitzender<br />
die Geschicke der Bürgerstiftung <strong>und</strong> vertritt diese nach<br />
außen. Für den 71-jährigen Erlanger r<strong>und</strong>et diese Aufgabe sein<br />
vielfältiges <strong>und</strong> langjähriges Engagement in den Bereichen<br />
Wirtschaft, Sport <strong>und</strong> Kultur ab. Für Martin Böller, das ehemalige<br />
stellvertretende Vorstandsmitglied der Sparkasse Erlangen,<br />
war es klar, sein in einem langen Berufsleben erlangtes<br />
Know-how für die Allgemeinheit einzusetzen.<br />
„Mich haben soziale Dinge schon immer interessiert <strong>und</strong><br />
ich wollte schlichtweg auch in meinem Ruhestand noch eine<br />
sinnvolle Aufgabe haben, mit der ich <strong>Menschen</strong> helfen kann“,<br />
sagt er. Für ihr Engagement <strong>und</strong> ihre Verdienste r<strong>und</strong> um die<br />
Bürgerstiftung Erlangen wurde Ute Hirschfelder <strong>und</strong> Martin<br />
Böller unlängst der Ehrenbrief der Stadt Erlangen für besondere<br />
Verdienste im sozialen Bereich aus den Händen von Dr.<br />
Siegfried Balleis verliehen.<br />
Während bisher überwiegend Projekte von dritter Seite gefördert<br />
wurden, beabsichtigt die Bürgerstiftung unter Einbeziehungen<br />
von ehrenamtlichen Helfern in Zukunft, den Anteil<br />
eigener Projekte zu erhöhen. Dass „Fremdprojekte“ trotzdem<br />
nicht zu kurz kommen, zeigt die lange Liste der geförderten<br />
Maßnahmen. Da ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis gearbeitet<br />
wird, können Kapitalerträge <strong>und</strong> Spenden praktisch ungeschmälert<br />
den Förderzielen zugeführt werden. Am<br />
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Aktuelles<br />
Juni 2012: Bei der Urk<strong>und</strong>enverleihung im Stiftungsgarten werden die<br />
Stipendiaten in das vor ihnen liegende Jahr verabschiedet<br />
Stipendienverleihung im Juni 2012 im Kreuzberger Stiftungsgarten –<br />
eine Spenderin überreicht einer Stipendiatin ihre Urk<strong>und</strong>e<br />
Mehr Chancengleichheit<br />
im Jugendaustausch<br />
Die Kreuzberger Kinderstiftung vergibt Auslandsstipendien an Jugendliche<br />
mit mittlerem Schulabschluss<br />
„Brasilien – ein Jahr Brasilien! Ich kann es immer noch nicht so<br />
richtig glauben, dass ich dabei sein darf! Ohne das Stipendium<br />
wäre das für mich <strong>und</strong>enkbar“, schreibt der 15-jährige Nino<br />
nach der Stipendienzusage der Kreuzberger Kinderstiftung.<br />
Ein Jahr im Ausland zu verbringen, ist für viele Gymnasiastinnen<br />
<strong>und</strong> Gymnasiasten fester Bestandteil ihrer schulischen<br />
Laufbahn. Das Besondere bei Nino: Er ist kein Gymnasiast, sondern<br />
Sek<strong>und</strong>arschüler <strong>und</strong> im Jugendaustausch somit eher<br />
die Ausnahme als die Regel. Denn Jugendliche von Haupt- <strong>und</strong><br />
Realschulen nehmen nur selten an solchen Programmen teil<br />
<strong>und</strong> wissen oft nicht einmal, dass auch ihnen diese Möglichkeit<br />
offensteht. Häufig waren ihre Eltern selbst keine Austauschschüler<br />
<strong>und</strong> kennen sich daher mit dem Thema nicht<br />
aus; nur wenige Schulen bieten Informationen an <strong>und</strong> vielen<br />
ist nicht bekannt, dass es auch finanzielle Förderung gibt.<br />
Dabei sind die persönlichen Erfahrungen <strong>und</strong> der Erwerb sozialer<br />
Kompetenzen durch den intensiven kulturellen Austausch<br />
für alle Jugendlichen wichtig – unabhängig von ihrem<br />
Schulabschluss. Die Kreuzberger Kinderstiftung will deshalb<br />
einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit in diesem Bereich<br />
unseres Bildungssystems leisten <strong>und</strong> vergibt seit 2009 Teilstipendien<br />
für ein Auslandsjahr gezielt an Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schüler mit mittlerem Schulabschluss, deren Familien die Kosten<br />
allein nicht tragen können. Als Kooperationspartner<br />
konnten die gemeinnützigen Austauschorganisationen AFS,<br />
YFU <strong>und</strong> Experiment e.V. gewonnen werden, die den Teilnehmerinnen<br />
<strong>und</strong> Teilnehmern Gastfamilien vermitteln <strong>und</strong><br />
sie vor Ort betreuen.<br />
Nachdem das Programm in der Pilotphase zunächst mit<br />
21 Berliner Real- <strong>und</strong> Gesamtschüler/innen gestartet war,<br />
wurde es inzwischen auf die neuen B<strong>und</strong>esländer ausgeweitet<br />
<strong>und</strong> ermöglicht zurzeit ca. 60 Jugendlichen pro Jahrgang<br />
den Schritt in eine andere Kultur. So konnten mit der Unterstützung<br />
<strong>engagierte</strong>r Spenderinnen <strong>und</strong> Spender in den ersten<br />
vier Jahren bereits 171 Stipendiatinnen <strong>und</strong> Stipendiaten<br />
in 39 Länder reisen. „Natürlich würden wir gerne noch<br />
viel mehr junge <strong>Menschen</strong> auf ihrem Weg ins Berufsleben fördern,<br />
aber vor allem wünschen wir uns, dass der Jugendaustausch<br />
sich an allen Schulformen etabliert <strong>und</strong> kein Privileg<br />
höherer Bildungsschichten bleibt. Schließlich sind die Erlebnisse<br />
eines solchen Jahres wertvoll für die gesamte persönliche<br />
Entwicklung“, sagt Peter R. Ackermann, der die Stiftung<br />
30 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Aktuelles<br />
2004 gegründet hat <strong>und</strong> dem Vorstand vorsitzt. „Ich denke,<br />
nach so einem Jahr ist man nicht mehr dieselbe Person, die<br />
man vorher war“, schwärmt auch die Stipendiatin Johanna in<br />
ihrem Weihnachtsbericht aus China.<br />
Besondere Unterstützung beim<br />
Übergang ins Berufsleben<br />
Das Stipendienprogramm, das unter der Schirmherrschaft<br />
des Außenministers steht <strong>und</strong> 2010 mit dem Feri Stiftungspreis<br />
ausgezeichnet wurde, bietet außerdem eine speziell auf die<br />
Zielgruppe abgestimmte Besonderheit. Weil der Auslandsaufenthalt<br />
gewöhnlich an die 10. Klasse <strong>und</strong> damit für die Schützlinge<br />
der Kreuzberger Kinderstiftung an den Schulabschluss<br />
anschließt, müssen sie sich anders als Gymnasiast/innen bereits<br />
vor ihrer Abreise Gedanken über die Zeit danach machen<br />
<strong>und</strong> sich um einen Ausbildungsplatz oder einen Platz an einer<br />
weiterführenden Schule kümmern. Deshalb stehen den Stipendiat/innen<br />
zwei Mitarbeiterinnen der Stiftung zur Seite, die<br />
ihnen bei den Bewerbungen helfen <strong>und</strong> Kontakte vermitteln.<br />
So müssen sie vor dem Auslandsjahr – das an sich schon einen<br />
großen Schritt darstellt <strong>und</strong> mit einigen Unsicherheiten verb<strong>und</strong>en<br />
ist – nicht befürchten, nach ihrer Rückkehr den Anschluss<br />
zu verpassen. Marit Nieschalk, die Koordinatorin des<br />
Stipendienprogramms, erklärt: „Ein<br />
Austauschjahr ist auch für Absolvent/innen<br />
mit mittlerem Schulabschluss<br />
keine verlorene Zeit, weil<br />
sie wichtige Kompetenzen erwerben,<br />
die sie für potentielle Arbeitgeber<br />
interessant machen.“<br />
Zurzeit laufen die Auswahlverfahren<br />
der neuen Bewerberinnen<br />
<strong>und</strong> Bewerber <strong>und</strong> <strong>Stifter</strong> Peter Akkermann<br />
hofft, dass genügend <strong>Stifter</strong> Peter R. Ackermann<br />
Spenden eingehen, um all jenen, die<br />
für eine Förderung in Frage kommen, ein Stipendium bewilligen<br />
zu können. Neben dem Stipendienprogramm der Kreuzberger<br />
Kinderstiftung gehören zu den eigenen Projekten<br />
Kurse für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche aus der Umgebung, in<br />
denen ein respektvoller <strong>und</strong> nachhaltiger Umgang mit den<br />
Ressourcen der Natur sowie soziale Kompetenzen wie Kooperation<br />
<strong>und</strong> Verantwortungsbewusstsein vermittelt werden.<br />
Außerdem fördert die Stiftung deutschlandweit Projekte<br />
anderer gemeinnütziger Träger, die Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
eine aktive Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen <strong>und</strong> soziales<br />
Engagement ermöglichen. ◆<br />
www.kreuzberger-kinderstiftung.de
Aktuelles<br />
Für ein Leben in Freiheit<br />
„Mission Freedom e.V.“: Einsatz für Frauen aus <strong>Menschen</strong>handel <strong>und</strong> Zwangsprostitution<br />
„Was würden Sie tun, wenn Ihre minderjährige Tochter täglich<br />
zwanzig Mal vergewaltigt würde?“ - diese Frage ist furchtbar.<br />
So furchtbar, dass wir es uns gar nicht vorstellen möchten.<br />
Für tausende junger Frauen <strong>und</strong> Mädchen ist dies Realität. Täglich,<br />
über Wochen <strong>und</strong> Monate, immer wieder.<br />
Es sind junge Frauen aus Osteuropa oder Afrika, die oft<br />
keine Perspektive in ihrer Heimat sehen. <strong>Menschen</strong>händler<br />
machen sich das zu Nutze <strong>und</strong> locken sie mit falschen Versprechungen<br />
nach Westeuropa. Auf dem Weg dorthin wird<br />
ihnen der Pass weg genommen, sie werden bedroht, geschlagen<br />
<strong>und</strong> vergewaltigt. Deutschland ist ein Ziel – <strong>und</strong> Täterland.<br />
Hier müssen diese Frauen gegen ihren Willen als Prostituierte<br />
arbeiten <strong>und</strong> werden wie Ware gekauft <strong>und</strong> weiter verkauft.<br />
„Fast alle Länder der Welt haben harte Gesetze <strong>und</strong> Strafen<br />
gegen Vergewaltigung, Folter <strong>und</strong> Entführung“, sagt Prof. Dr.<br />
Thomas Schirrmacher, der Sprecher für <strong>Menschen</strong>rechte der<br />
„Weltweiten Evangelischen Allianz“. „Zwangsprostitution umfasst<br />
alle diese drei Verbrechen, wird aber viel nachlässiger<br />
behandelt, kaum ermittelt <strong>und</strong> gelinde<br />
bestraft“. Dieser harten Realität<br />
stellt sich „Mission Freedom<br />
e.V.“. Der Verein, der vor gut zwei<br />
Jahren gegründet wurde, richtet<br />
sich gegen <strong>Menschen</strong>handel <strong>und</strong><br />
Zwangsprostitution. Ziel ist es,<br />
Aufklärung zu leisten, <strong>Menschen</strong>handel<br />
abzuschaffen, die Opfer in<br />
Gaby Wentland ist Vorstandsvorsitzende<br />
des Vereins<br />
„Mission Freedom“<br />
ein neues Leben in Freiheit zu begleiten<br />
<strong>und</strong> nachhaltige Betreuung<br />
zu erreichen. Der Verein, der<br />
derzeit fünf Angestellte, zum Teil<br />
im B<strong>und</strong>esfreiwilligendienst <strong>und</strong> sechs feste ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter hat, kann auf ein großes Netz an Unterstützern<br />
<strong>und</strong> Kooperationspartnern zurückgreifen. Dazu gehört unter<br />
anderem die „Aktion Mensch“, die eine Sozialarbeiterin finanziert.<br />
Einsatz gegen systematischen<br />
Missbrauch <strong>und</strong> Gewalt<br />
So konnte ein „Home“ eröffnet werden, ein vertraulicher<br />
Ort, an dem gleichzeitig bis zu zehn Frauen aus Zwangsprostitution<br />
mit ihren Kindern sofortigen Schutz, eine Unterkunft<br />
<strong>und</strong> Hilfe finden. Dort sind Fachkräfte notwendig, damit eine<br />
professionelle<br />
<strong>und</strong> liebevolle Betreuung<br />
im<br />
Schichtdienst an<br />
sieben Tagen die<br />
Woche, r<strong>und</strong> um<br />
die Uhr sichergestellt<br />
werden<br />
kann.<br />
Neben dem Herzstück,<br />
dem „Mission<br />
Freedom<br />
Wie Ware gekauft <strong>und</strong> weiter verkauft<br />
Home“, ist die Aufklärungsarbeit<br />
eine wichtige Säule der Arbeit gegen <strong>Menschen</strong>handel.<br />
„Mein Herz leidet mit diesen unschuldigen Mädchen“,<br />
sagt Gaby Wentland, die Vorstandsvorsitzende des Vereins.<br />
„Nachdem mir die Augen für dieses schreckliche Unrecht<br />
geöffnet wurden, konnte ich nicht mehr weg schauen,<br />
sondern will zur Rettung beitragen <strong>und</strong> für die endgültige Abschaffung<br />
der Sklaverei kämpfen.“<br />
Mehrmals im Monat gibt „Mission Freedom“, der Verein ist<br />
Mitglied im Verb<strong>und</strong> der Diakonie, auf Veranstaltungen mit bis<br />
zu 10.000 Zuhörern im In- <strong>und</strong> Ausland, denen eine Stimme,<br />
die ansonsten kaum gehört würden. Mit Politikern der B<strong>und</strong>esregierung<br />
oder anderen Hilfsorganisationen wird bei Gesprächen<br />
am R<strong>und</strong>en Tisch in Berlin über Gesetzesänderungen,<br />
verstärkte Polizeiermittlungen <strong>und</strong> strengere Bestrafung<br />
der <strong>Menschen</strong>händler gesprochen.<br />
Aufklärung findet auch im Rotlichtmilieu selbst statt. In doppelter<br />
Weise: Zum einen suchen Streetworkerinnen die Frauen<br />
auf, die dort arbeiten <strong>und</strong> bieten konkrete Hilfe an. Bei den Gesprächen<br />
wird eine Notrufnummer weitergegeben, unter der<br />
das „Mission Freedom“-Team r<strong>und</strong> um die Uhr erreichbar ist. Jederzeit<br />
kann eine Frau dort anrufen <strong>und</strong> wird sofort abgeholt,<br />
wenn sie aus einer Notsituation fliehen muss. Bei Bedarf wird<br />
die Polizei eingeschaltet, über die auch Frauen zu „Mission Freedom“<br />
kommen, die bei Razzien gef<strong>und</strong>en werden.<br />
Zum anderen versucht der Verein mittels Aktionen die<br />
Nachfrage zu reduzieren. So werden Postkarten an Freier auf<br />
dem Straßenstrich verteilt. „Freiheit auch für die Mädchen -<br />
schau zweimal hin!“ fordert der Text auf, nennt Anzeichen für<br />
Zwangsprostitution <strong>und</strong> bittet darum, in solchen Fällen die<br />
Polizei zu informieren. ◆<br />
www.mission-freedom.de<br />
32 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Aktuelles<br />
Bescherung zu Nikolaus<br />
<strong>Stifter</strong>gemeinschaft der Sparkasse Bamberg schüttete über 74.000 Euro aus<br />
<strong>und</strong> errichtete ihre 50. Stiftung.<br />
Zufriedene Gesichter, so weit das Auge reicht: Eine großzügige<br />
Nikolaus-Bescherung gab es am 6. Dezember letzten Jahres,<br />
als die <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der Sparkasse Bamberg zur<br />
jährlichen Ausschüttungsfeier alle <strong>Stifter</strong> <strong>und</strong> Begünstigten<br />
eingeladen hat. Die Zuwendungen wurden symbolisch in<br />
Form von gut gefüllten Stiefeln überreicht.<br />
„Wissen Sie, was der Namensgeber des heutigen Tages, der<br />
heilige Nikolaus von Myra, der im 4. Jahrh<strong>und</strong>ert lebte, <strong>und</strong><br />
die <strong>Stifter</strong> in unserer <strong>Stifter</strong>gemeinschaft gemeinsam haben?“,<br />
fragte zu Beginn Jochen Hack, Stiftungsberater der Sparkasse<br />
Bamberg. „Es ist der Wunsch <strong>und</strong> das Bedürfnis, seinen Mitmenschen<br />
zu helfen.“ Die Beweggründe der <strong>Stifter</strong> seien<br />
überwiegend die gleichen: „Fürsorge, Nächstenliebe <strong>und</strong> der<br />
Wunsch, seiner Heimat etwas zurückzugeben. Mit ihrer Stiftung<br />
gestalten die <strong>Stifter</strong> unsere Gesellschaft, hinterlassen Spuren<br />
<strong>und</strong> unterstützen dauerhaft verschiedenste Zwecke <strong>und</strong><br />
Einrichtungen.“<br />
Das Spektrum der <strong>Stiftungen</strong> unter dem Dach der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft<br />
reicht von Namensstiftungen über Bürgerstiftungen<br />
einzelner Gemeinden bis hin zu Themenstiftungen. Die<br />
Vielfalt der Stiftungsgründer ist mindestens so groß wie die<br />
der Begünstigten, denen in diesem Jahr insgesamt fast 75.000<br />
Euro übergeben werden konnten. Bedacht wurden beispielsweise<br />
die Caritas-Jugendhilfe Pettstadt, die Hilfe für Senioren<br />
in Oberhaid, der Hospizverein Bamberg, die ökumenische<br />
Wohnungsloseneinrichtung „<strong>Menschen</strong> in Not“, der Orgelbau-Förderverein<br />
St. Stephan, die Pfarrei St. Wenzeslaus Litzendorf,<br />
der Altenburgverein Bamberg, die Gemeinde Bischberg<br />
<strong>und</strong> der Markt Burgebrach. Mehrere <strong>Stifter</strong> waren selbst<br />
zum Festakt gekommen <strong>und</strong> ließen es sich nicht nehmen, die<br />
symbolischen Nikolaus-Stiefel an ihre Begünstigten zu überreichen<br />
<strong>und</strong> die Freude über die Mittel zu teilen.<br />
„Als Ideengeber <strong>und</strong> gefühlter Pate der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft<br />
freue ich mich auf all das, was wir heute bewirken können“,<br />
so Konrad Gottschall, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse<br />
Bamberg <strong>und</strong> selbst <strong>Stifter</strong>. „<strong>Stiftungen</strong> sind nicht nur etwas<br />
für Millionäre“, erklärte Gottschall, „gerade die Gründung kleinerer<br />
<strong>Stiftungen</strong> liegt im Trend. Schließlich können auch kleinere<br />
Vermögen sinnvoll für viele, vor allen Dingen gemeinnützige<br />
Zwecke eingesetzt werden.“ Bereits ab 25.000 Euro<br />
können <strong>Stifter</strong> ihre eigene Namensstiftung in der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft<br />
errichten <strong>und</strong> sich so einen <strong>Stifter</strong>traum erfüllen.<br />
Neben der Stiftungsmittelfeier konnte die Sparkasse Bamberg<br />
ein kleines Jubiläum begehen: Die 50. Stiftung wurde in<br />
der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft errichtet <strong>und</strong> mit einer Gründungsurk<strong>und</strong>e<br />
besiegelt. Der Zweck der jüngsten Stiftung, die Familie<br />
Schweiger-Stiftung, ist die Förderung gemeinnütziger<br />
Zwecke im Bereich Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe sowie Kultur <strong>und</strong><br />
Denkmalpflege. Die Förderleistungen sollen Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
aus dem Raum Bamberg zugutekommen. Die Stiftungszwecke<br />
werden insbesondere verwirklicht durch Projekte,<br />
welche den jungen <strong>Menschen</strong> die Kultur <strong>und</strong> das Weltkulturerbe<br />
Bamberg näher bringen <strong>und</strong> eine Bewusstseinsbildung<br />
für die Einmaligkeit dieses Weltkulturerbes schaffen.<br />
So wird beispielsweise das Kindertheater Chapeau Claque unterstützt,<br />
das ein Theaterstück r<strong>und</strong> um die Bistumsgründer<br />
Heinrich <strong>und</strong> Kunig<strong>und</strong>e konzipiert hat.<br />
Seit nun acht Jahren besteht die <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der<br />
Sparkasse Bamberg <strong>und</strong> dieses „Bamberger Modell“ wurde<br />
bereits von mehr als 50 Sparkassen in ganz Deutschland übernommen.<br />
Horst Ohlmann, Vorstandsvorsitzender der Treuhänderin<br />
DT Deutsche Stiftungstreuhand AG, skizzierte die<br />
bemerkenswerte Entwicklung der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft: „2005<br />
mit einem Stiftungskapital von 275.000 Euro begonnen, beträgt<br />
das Stiftungsvermögen heute mehr als sechs Millionen<br />
Euro. Über 90 Prozent der Zweckerträge bleiben in der Region<br />
<strong>und</strong> unterstützen diese somit nachhaltig.“ ◆<br />
www.stiftergemeinschaft-bamberg.de<br />
Ein kleines Jubiläum: Die 50. Stiftung in der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft. Vorstandsvorsitzender<br />
Konrad Gottschall (r.) <strong>und</strong> Stiftungsberater Jochen<br />
Hack (l.) mit Ehepaar Susanne <strong>und</strong> Günter Schweiger<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 33
Aktuelles<br />
Fürther <strong>Stifter</strong>preis wird<br />
im Herbst wieder verliehen<br />
Nach 2010 wird der Fürther <strong>Stifter</strong>preis bereits zum zweiten Mal verliehen<br />
Relativ genau zweieinhalb Jahre ist es her, dass der erste Fürther<br />
<strong>Stifter</strong>preis feierlich verliehen wurde. Wir erinnern uns<br />
an ein vollbesetztes Fürther Stadttheater, an grandiose Auftritte<br />
des Hamburger Quartetts „Salut Salon“, dass das Publikum<br />
mit Salonmusik aus den 20er <strong>und</strong> 30er Jahren beglückte<br />
<strong>und</strong> diese in einer ganz eigenen Interpretation <strong>und</strong> einem Mix<br />
von Romantik bis zu modernem Pop darbot. Und wir erinnern<br />
uns an einen galanten Gastgeber in Person von Sparkassendirektor<br />
Hans Wölfel, der gemeinsam mit Moderator<br />
Robert Zimmermann vom Bayerischen Fernsehen durch den<br />
Abend führte <strong>und</strong> sich auch sichtlich stolz über die gelungene<br />
Veranstaltung zeigte.<br />
Vor allen Dingen aber erinnern wir uns an den Mäzen<br />
Hans-Georg Mathias, den strahlenden Gewinner des ersten<br />
Fürther <strong>Stifter</strong>preises, der sich selbst mit den Worten charakterisierte,<br />
„der glücklichste Mensch der Welt zu sein“. Und<br />
dieses Glück hat er weitergetragen <strong>und</strong> mit seinem Geld eine<br />
gemeinnützige, regionale Stiftung errichtet, die sich für die<br />
Bereiche Kultur, Sport <strong>und</strong> Soziales in Fürth engagiert. Nach<br />
der Hochzeit zog er mit seiner Frau 1953 nach Fürth. „Seit<br />
dieser Zeit ist es mir nie mehr schlecht gegangen“, sagt Hans-<br />
Georg Mathias, der ab dieser Zeit als Lehrer <strong>und</strong> ab 1966 als<br />
Rektor der Gr<strong>und</strong>schule am Kirchenplatz arbeitete.<br />
Im Herbst diesen Jahres wird der Fürther <strong>Stifter</strong>preis erneut<br />
verliehen. Anders als im Jahre 2010 ist es diesmal auch<br />
möglich, das nicht das Engagement einer einzelnen Person,<br />
sondern eine Stiftung als Preisträger ausgezeichnet wird.<br />
Eine schwere Entscheidung, die bei der Sparkasse keiner<br />
alleine treffen möchte. „Verdient hätten es alle <strong>Stiftungen</strong> in<br />
der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft <strong>und</strong> Ihre Initiatoren, diesen Preis zu<br />
erhalten“, sagt Thomas Mück, Marketingleiter der Sparkasse,<br />
<strong>und</strong> ergänzt „deshalb möchten wir bei der Abstimmung auch<br />
die Meinung der Bevölkerung in Stadt <strong>und</strong> Landkreis noch<br />
stärker berücksichtigen, welche Stiftung oder welche <strong>Stifter</strong><br />
der neue Preisträger des Fürther <strong>Stifter</strong>preises werden soll.“<br />
Auf jeden Fall verspricht die Verleihung des Fürther <strong>Stifter</strong>preises<br />
wieder ein toller Abend mit spannenden Gästen <strong>und</strong><br />
Showacts zu werden.<br />
Die <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der Sparkasse Fürth ist keine Stiftung<br />
der Sparkasse, sondern sie besteht aus einzelnen Namensoder<br />
Themenstiftungen<br />
von Sparkassenk<strong>und</strong>en.<br />
Insgesamt 34 <strong>Stiftungen</strong><br />
gibt es unter dem Dach der<br />
<strong>Stifter</strong>gemeinschaft der<br />
Sparkasse Fürth. Neben<br />
den Bürgerstiftungen, die<br />
sich für die einzelnen<br />
Landkreisgemeinden engagieren,<br />
sind weitere Stiftungszwecke<br />
Kinderschutz,<br />
Der strahlende Preisträger<br />
Hans-Georg Mathias (zweiter<br />
von links) freut sich gemeinsam<br />
mit dem Fürther Oberbürgermeister<br />
Dr. Thomas Jung<br />
(links), Landrat Matthias<br />
Dießl (zweiter von rechts) <strong>und</strong><br />
dem Vorstandsvorsitzenden<br />
der Sparkasse Fürth Hans Wölfel<br />
über die Auszeichnung.<br />
34 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Im vollbesetzten Fürther Stadttheater wurde im Herbst 2010 erstmalig<br />
der Fürther <strong>Stifter</strong>preis verliehen.<br />
Erziehung, Jugendhilfe, Kultur, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales.<br />
Bereits ab 25.000 Euro kann eine eigene Namensstiftung in<br />
der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der Sparkasse Fürth errichtet werden.<br />
Der <strong>Stifter</strong> hat die freie Auswahl, welcher mögliche Stiftungszweck<br />
von seiner Stiftung unterstützt werden soll <strong>und</strong> kann<br />
sein gemeinnütziges Wirken seinen individuellen Interessen<br />
<strong>und</strong> Bedürfnissen anpassen. Die Stiftungszwecke reichen von<br />
der Sportförderung über die Themen Ges<strong>und</strong>heit, Wissenschaft<br />
<strong>und</strong> Forschung bis hin zum Katastrophenschutz. „Gerne wird<br />
von <strong>Stifter</strong>innen <strong>und</strong> <strong>Stifter</strong>n auch die Möglichkeit genutzt, den<br />
Stiftungszweck zu ändern <strong>und</strong> an neue Förderwünsche anzupassen“,<br />
erklärt der Stiftungsverwalter Horst Ohlmann, der als<br />
Vorstandsvorsitzender der DT Deutsche Stiftungstreuhand AG<br />
die Stiftungsgelder der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der Sparkasse<br />
Fürth treuhänderisch verwaltet.<br />
Auszeichnung mit Symbolwert<br />
„Das Wohl von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen <strong>und</strong> die Kulturförderung<br />
in Fürth waren die Steckenpferde von unserem<br />
letztjährigen Preisträger Hans-Georg Mathias, der dieses Jahr<br />
93 Jahre alt wird. Ich bin nun gespannt, welche Fürther Stiftung<br />
oder welcher <strong>Stifter</strong> den Fürther <strong>Stifter</strong>preis 2013 gewinnt“,<br />
sagt Stiftungsberater Klaus Brunner.<br />
Marketingleiter Thomas Mück freut sich schon jetzt auf<br />
die Verleihung des <strong>Stifter</strong>preises im Rahmen der <strong>Stifter</strong>gala,<br />
die am 6. November 2013 wieder im Fürther Stadttheater<br />
stattfinden wird.Und er verspricht sich davon auch eine Steigerung<br />
der Bekanntheit der Fürther <strong>Stiftungen</strong>: „Je mehr Bürger<br />
von unseren <strong>Stiftungen</strong> in der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft <strong>und</strong><br />
über ihre jeweiligen Besonderheiten erfahren, desto mehr<br />
Bürger werden sich auch für diese <strong>Stiftungen</strong> engagieren“,<br />
so Thomas Mück. ◆<br />
www.die-stifter.de, www.sparkasse-fuerth.de<br />
Medizinrecht<br />
Stiftungsrecht<br />
Die Kanzlei Preißler Ohlmann & Partner ist als hochspezialisierte<br />
Kanzlei mit insgesamt elf Rechtsanwälten schwerpunktmäßig<br />
auf zwei Rechtsgebieten tätig: dem Medizinrecht<br />
<strong>und</strong> dem Stiftungsrecht.<br />
Im Bereich Medizin- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsrecht zählen<br />
Ärzte, Krankenhäuser, Unternehmen, Verbände, Behörden<br />
<strong>und</strong> Privatpersonen zu unseren Mandanten. Neben unserer<br />
beratenden <strong>und</strong> forensischen Tätigkeit entwickeln wir für<br />
unsere Mandanten auch unternehmerische Konzepte, mit<br />
denen sie sich dem zunehmenden Wettbewerb im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
stellen können.<br />
Unser Beratungsangebot im Stiftungsrecht richtet sich<br />
an <strong>Stiftungen</strong>, Privatpersonen <strong>und</strong> Firmen, Kommunen <strong>und</strong><br />
andere Gebietskörperschaften, Krankenhäuser, Pflegeheime,<br />
Bildungseinrichtungen, Kirchen <strong>und</strong> sonstige gemeinnützige<br />
Einrichtungen sowie an Banken <strong>und</strong> Sparkassen.<br />
Preißler Ohlmann & Partner Rechtsanwälte<br />
Alexanderstraße 26, 90762 Fürth / Bay.<br />
Telefon: 09 11 / 7 40 76-0<br />
Telefax: 09 11 / 7 40 76-76<br />
E-Mail: kanzlei@proh.de<br />
www.medizinrecht-kanzlei.de
Aktuelles<br />
Die Finanzkrise hat<br />
die Welt verändert<br />
Stiftungsmanager Volker Fistler: Vermögen professionell verwalten lassen<br />
„Wir leben in einer neuen Welt, die Zinsen sind niedrig, die<br />
Märkte volatil, das Vertrauen schwindet“, erklärte Volker Fistler,<br />
Direktor Institutionelle/Kommunale K<strong>und</strong>en sowie zertifizierter<br />
Stiftungsmanager der Sparkasse Neunkirchen/Saar,<br />
während eines Referates zum Thema „Vermögensanlage von<br />
<strong>Stiftungen</strong>“ vor den Mitgliedern des Kuratoriums der Herberge<br />
zur Heimat in Saarbrücken. Die Herberge zur Heimat<br />
ist eine öffentliche Stiftung des privaten Rechts, welche sich<br />
als stationäre Einrichtung mit ihren Angeboten vornehmlich<br />
an wohnungslose Männer (Obdachlose) wendet.<br />
Die „neue Welt“ berührt somit die Vermögensanlage <strong>und</strong><br />
-struktur von <strong>Stiftungen</strong> sowie in Folge auch die Verantwortung<br />
der Kuratoriumsmitglieder. Fistler empfahl daher, das Stiftungsvermögen<br />
„professionell verwalten zu lassen“, zumal<br />
Die Herberge zur Heimat am<br />
Ludwigsplatz in Saarbrücken<br />
(Quelle: tf.).<br />
laut Satzung das Stiftungsvermögen<br />
„in seinem Wert zu erhalten ist.“<br />
Dazu biete die Sparkasse Neunkirchen<br />
herausragende Voraussetzungen.<br />
Das Kreditinstitut ist die einzige<br />
Sparkasse im Saarland, welche nach<br />
den Worten des Direktors seit über<br />
40 Jahren eine eigene Vermögensverwaltung<br />
erfolgreich anbietet.<br />
Bis 2008, so der Stiftungsmanager,<br />
erhielten die Vermögensanlagen von<br />
<strong>Stiftungen</strong> kaum Aufmerksamkeit, da<br />
sichere <strong>und</strong> auskömmliche Erträge<br />
Direktor Volker Fistler<br />
ist zertifizierter<br />
Stiftungsmanager der<br />
Sparkasse Neunkirchen.<br />
Foto: Sparkasse.<br />
möglich waren. Im Vordergr<strong>und</strong> stand zumeist der Stiftungszweck.<br />
Dies habe sich geändert. Heute benötigen die Verantwortlichen<br />
klar definierte Anlagerichtlinien. So zählten zur Kapitalanlage<br />
drei wesentliche Kriterien: das Kriterium der Sicherheit<br />
mit einer realen <strong>und</strong> dauerhaften Bestandserhaltung<br />
des Stiftungsvermögens, das Kriterium der Rendite mit möglichst<br />
umfassender Förderung <strong>und</strong> das Kriterium der Liquidität,<br />
um eine kontinuierliche Stiftungsarbeit zu gewährleisten.<br />
Um dies zu erreichen, müssen zunächst Anlagerichtlinien erarbeitet<br />
werden, welche festlegen, in welche Wertanlagen investiert<br />
werden darf <strong>und</strong> in welche nicht (beispielsweise nicht<br />
in Waffengeschäfte, Kinderarbeit oder ähnliche).<br />
Das individuelle Vermögensmanagement der Sparkasse<br />
Neunkirchen kümmert sich nach der Festlegung der Anlagerichtlinien<br />
durch das Kuratorium professionell um die Vermögensverwaltung<br />
der jeweiligen Stiftung. Und dies funktioniert<br />
so: „Das Wertpapierdepot <strong>und</strong> das dazu gehörende Abrechnungskonto<br />
bilden eine Einheit. Jede Bewegung im<br />
Depot wird schriftlich mitgeteilt. Zum Kalenderhalbjahr <strong>und</strong><br />
zum Jahresende erfolgt eine regelmäßige Berichterstattung<br />
über Stand <strong>und</strong> Entwicklung des Vermögens sowie eine jährliche<br />
Performance-Berechnung vor Steuern <strong>und</strong> nach Kosten“,<br />
erklärte der Experte.<br />
Im Anschluss an das Referat beschloss das Kuratorium der<br />
Herberge zur Heimat, der Sparkasse Neunkirchen in einigen<br />
Wochen entsprechende Anlagerichtlinien vorzulegen. ◆<br />
www.sparkasse-neunkirchen.de/stiftungen<br />
36 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Aktuelles<br />
Schutz vor Zwangsverheiratung <strong>und</strong> Bildung für Massai-Mädchen bieten Rescue-Center in Kenia<br />
Verschleppt, verstümmelt <strong>und</strong> verkauft<br />
Vom Schicksal junger Massai-Mädchen in Kenia<br />
Die Massai sind vermutlich die bekannteste Volksgruppe Ostafrikas.<br />
Sie sind Nomaden, die mit ihren Kuh- <strong>und</strong> Ziegenherden<br />
in den weiten Ebenen Kenias <strong>und</strong> Tansanias umherziehen.<br />
Von den r<strong>und</strong> ein Millionen Massai leben zwischen<br />
350.000 <strong>und</strong> 500.000 in Kenia. Von den früheren stolzen Kriegern,<br />
die sich durch ihre Viehdiebstähle bei den anderen<br />
Stämmen wenig beliebt gemacht haben, ist nicht mehr viel<br />
geblieben, denn die sesshaften Stämme haben die Massai<br />
längst wirtschaftlich <strong>und</strong> politisch überflügelt.<br />
Der Klimawandel mit vermehrter Trockenheit <strong>und</strong> die zunehmende<br />
Zersiedelung Kenias machen das Nomadisieren<br />
immer schwieriger. Eine solide Schulausbildung ist deshalb<br />
für das Überleben aller Kenianer unerlässlich geworden. Aber<br />
gerade in die Bildung von Mädchen wird in den Massaifamilien<br />
viel zu wenig investiert: Ist kein Geld mehr vorhanden,<br />
wird das Mädchen bereits im Alter zwischen 13 <strong>und</strong> 16 Jahren<br />
aus der Schule genommen <strong>und</strong> zwangsverheiratet.<br />
Denn die Eltern kommen dadurch in den Genuss des<br />
Brautpreises. Oft geht dies einher mit der kulturell begründeten,<br />
aber grausamen Praxis der Mädchenbeschneidung. Obwohl<br />
diese Praxis seit Jahren von der kenianischen Regierung<br />
verboten ist, gehört diese bis heute in den Augen vieler Massaifrauen<br />
zum Erwachsenwerden dazu.<br />
Den einzigen Ausweg bieten bislang die so genannten<br />
„Rescue-Center“, in denen die Mädchen Zuflucht finden, zur<br />
Schule gehen <strong>und</strong> in den Ferien auch dort wohnen bleiben<br />
können. Dort sind die Mädchen vor einer Zwangsverheiratung<br />
durch ihre Eltern oder Verwandten geschützt <strong>und</strong> können<br />
konzentriert ihre Schulausbildung (bis zum Abitur) zu<br />
Ende führen. In den Ferien, während alle anderen Schüler zu<br />
Hause bei ihren Familien sind, lernen sie in praktischen Kursen<br />
Dinge, die ihnen im späteren Berufsleben nützen.<br />
Die betroffenen Mädchen sind in diesen Zeiten oft zwischen<br />
Heimweh <strong>und</strong> der Angst vor ungewollter Verheiratung hin<br />
<strong>und</strong> hergerissen. Glücklicherweise leben sie dort als Gruppe<br />
von Gleichgesinnten <strong>und</strong> haben die moralische Unterstützung<br />
der Schulleitung. Um die Bezahlung des Schulgeldes<br />
müssen sich die Schülerinnen allerdings selbst kümmern.<br />
Hierbei hilft das persönliche Patenschaftsprogramm des<br />
„Missionswerk Frohe Botschaft e.V.“ (MFB e.V.). In Zusammenarbeit<br />
mit der kenianischen Partnerorganisation „Light of<br />
Life“, hilft der Verein mittellosen Maasiamädchen bereits seit<br />
Mitte der 80iger Jahre, ihre Schulausbildung erfolgreich abschließen<br />
zu können. Neben dem Schulgeld reicht das Patengeld<br />
von 33 Euro im Monat außerdem für die Anschaffung der<br />
Schuluniform <strong>und</strong> der Arbeitsmaterialien <strong>und</strong> sichert die medizinische<br />
Versorgung des Kindes, die sonst ausbleiben würde.<br />
Im Moment werden 85 Schülerinnen in zwei Regionen<br />
(Kajiado <strong>und</strong> Narok) unterstützt. Die Sozialarbeiterin Evelyne<br />
Timado von „Light of Life“, selbst eine Massai, besucht die<br />
Schülerinnen regelmäßig <strong>und</strong> betreut sie pädagogisch, damit<br />
die Mädchen mit ihren kleinen <strong>und</strong> großen Nöten eine Ansprechpartnerin<br />
haben. Noch sind es in der Mehrzahl die Jungen,<br />
die in vielen Massai Familien bevorzugt werden, aber das<br />
MFB-Patenschaftsprogramm für Maasiamädchen hilft mit, für<br />
gerechtere Bildungschancen unter den Massai zu sorgen. Aktuell<br />
ist ein Begegnungszentrum für die Massaimädchen geplant,<br />
in dessen Räume sie in geschützter Atmosphäre an Konferenzen,<br />
Kursen <strong>und</strong> individueller Beratung teilnehmen können.<br />
Di3e Kosten dafür betragen 55.000 Euro.<br />
Wer dieses Projekt unterstützen möchte, kann dies mit<br />
einer Spende unter dem Stichwort: „Massai-Projekt beim MFB<br />
e.V.“, Konto 00094, BLZ 52060410, EKK tun. ◆<br />
www.mfb-info.de<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 37
Aktuelles<br />
Für gutes Karma sorgen<br />
Mit seiner Gutes Karma Stiftung engagiert sich der erfolgreiche Autor David Safier sozial<br />
Seine Romane „Mieses Karma“, „Jesus liebt mich“ <strong>und</strong> „Plötzlich<br />
Shakespeare“ erreichten Millionenauflagen. David Safier<br />
zählt zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der<br />
letzten Jahre. Darüber hinaus engagiert er sich mit seiner eigenen<br />
Stiftung, der Gutes Karma Stiftung, für Bildungsprojekte<br />
auf der ganzen Welt. Über dieses Engagement spricht David<br />
Safier im Interview mit <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>.<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>: Lieber Herr Safier, Sie zählen nicht nur zu den<br />
erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der letzten Jahre.<br />
Sie haben zudem eine eigene Stiftung, die Gutes Karma Stiftung,<br />
ins Leben gerufen. Wie kam es zu Ihrem Engagement?<br />
David Safier: Nun, ganz simpel: Das Leben war gut zu mir. Und<br />
wenn man schon ein Buch namens „Mieses Karma“ schreibt,<br />
dann sollte man auch ein bisschen für gutes Karma sorgen<br />
<strong>und</strong> da habe ich mit meiner Stiftung ein Vehikel geschaffen,<br />
mit dem meine Leser <strong>und</strong> ich dies tun können.<br />
Welche Idee steht hinter Ihrer Stiftungsarbeit?<br />
Die Idee meiner Stiftung ist es, Kindern in der Dritten Welt<br />
eine Perspektive zu geben, eine Zukunft, die sie ohne Unterstützung<br />
nicht hätten.<br />
Für welche Projekte setzen Sie sich ein?<br />
Wir haben eine Schule in Nepal gebaut, wir unterstützen derzeit<br />
ein Anti-Sklavereiprojekt in Nepal <strong>und</strong> ein Alphabetisierungsprojekt<br />
in Kolumbien.<br />
Inwiefern hat Ihr Engagement etwas mit Ihrer Tätigkeit als<br />
Schriftsteller <strong>und</strong> Autor zu tun?<br />
Wie schon erwähnt, es ist kein Zufall. Für mich stellte sich die<br />
Frage: Spenden oder Stiften? Und mit meiner kleinen Prominenz<br />
erreiche ich andere <strong>Menschen</strong>. Daher entschied ich<br />
mich fürs Stiften. Ich mache im Jahr ungefähr zwanzig Lesungen,<br />
deren Erlöse <strong>und</strong> Honorare gänzlich in die Stiftung<br />
fließen. Zugleich kommen auf diese Weise viele Leser in Kontakt<br />
mit der Stiftungsarbeit <strong>und</strong> sind dadurch bereit zu spenden.<br />
Das heißt, einen Monat im Jahr arbeite ich als Schriftsteller<br />
nicht auf eigene Rechnung sondern für andere.<br />
Ihre Stiftung ist eine Treuhandstiftung unter dem Dach der<br />
Stiftung Hilfe mit Plan des Plan Stiftungszentrums. Warum<br />
haben Sie sich für diese Form des Engagements entschieden?<br />
Meine Stiftung ist eine kleine Stiftung, ich selbst kann keine<br />
große Organisation aufbauen <strong>und</strong> bin deshalb darauf angewiesen,<br />
mit seriösen Partnern zusammenzuarbeiten. Das kann<br />
Plan International sein, das können aber auch andere Organisationen<br />
sein.<br />
Was zeichnet diese Form der Kooperation aus?<br />
Seriosität. Kompetenz. Erfahrung. Man kann viel von den Plan-<br />
Mitarbeitern für die eigene Arbeit lernen.<br />
Wie kann man Ihre Stiftungsarbeit unterstützen?<br />
Spenden, Spenden, Spenden – oder einfach auf andere Weise<br />
in seinem Leben gutes Karma sammeln.<br />
◆ Interview: Michael Kniess<br />
www.gutes-karma-stiftung.de, www.plan-stiftungszentrum.<br />
Das aktuelle Projekt: David Safier setzt sich mit seiner Stiftung für den<br />
Schutz der Kamalari-Mädchen im Südwesten Nepals ein. Mädchen im<br />
Alter von sechs bis sechzehn Jahren der dortigen Tharu-Ethnie werden<br />
häufig als Leibeigene (Kamalari) an reiche Familien verkauft. Das Foto<br />
zeigt David Safier mit Urmila Chaudhary, einem ehemaligen Kamalari-<br />
Mädchen. Foto: Plan Stiftungszentrum<br />
Die Gutes Karma Stiftung von David Safier, die nicht zuletzt<br />
durch den Erfolg seiner Romane möglich wurde, will<br />
Kindern in aller Welt helfen. Dabei liegt der Schwerpunkt<br />
auf Bildung. Durchgeführt werden sollen große <strong>und</strong><br />
kleine Bildungsprojekte in aller Welt.<br />
Das Plan Stiftungszentrum bietet Möglichkeiten, dauerhafte<br />
Formen der Kinderhilfe zu schaffen. Durch die<br />
Gründung einer eigenen Stiftung, eine Zustiftung oder direkte<br />
Projektunterstützung kann jeder die Lebensumstände<br />
von Kindern, Jugendlichen <strong>und</strong> deren Familien in<br />
Deutschland, Afrika, Asien <strong>und</strong> Lateinamerika verbessern.<br />
38 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Aktuelles<br />
Das Lesen ist der Anfang aller Bildung<br />
Eine neue Stiftung innerhalb der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der Sparkasse Vorderpfalz hat das Ziel,<br />
vor allem junge <strong>Menschen</strong> zum Lesen zu ermuntern. Lesen sei „Gr<strong>und</strong>stein für eine umfassende<br />
Bildung“, sagt die <strong>Stifter</strong>in – <strong>und</strong> erhofft sich eine noch weitreichendere Wirkung.<br />
Der Titel ihres ersten gelesenen Buches sollte gleichzeitig das<br />
Programm für ihr weiteres Leben vorgeben. Jules Vernes<br />
„Reise um die Erde in 80 Tagen“ weckte in Elke Schwang die<br />
Lust am Reisen <strong>und</strong> Lesen. Auf Reisen begibt sie sich, wann<br />
immer es möglich ist. Ohne Lesestoff ist sie niemals. „Ich habe<br />
immer ein Buch in Greifweite“, lacht die 71-jährige, für die<br />
ein Tag ohne Literatur <strong>und</strong>enkbar<br />
ist. Mit ihrem mittlerweile<br />
verstorbenen Mann<br />
hatte sie sich zuhause eine eigene<br />
Bibliothek aufgebaut.<br />
Heute hat sie einen Teil der<br />
Bücher wieder verkauft, lebt<br />
aber immer noch mit „tausenden<br />
Büchern in jedem einzelnen<br />
Raum“, wie sie schmunzelnd<br />
verrät.<br />
Die Stadtbibliothek in Ludwigshafen<br />
spielte seit Elke<br />
Schwangs Kindheit eine zentrale<br />
Rolle im Leben ihrer Familie. Für ihre Schwester war das<br />
Gebäude mit den vielen langen Regalen eine Oase, ein Zufluchtsort,<br />
an dem sie die autoritäre Erziehung ihres Vaters vergessen<br />
<strong>und</strong> sich in die Welt der Geschichten hineinträumen<br />
konnte. Mit der Zeit wuchs der Wunsch, anderen <strong>Menschen</strong> zu<br />
helfen, die literarische Welt kennen zu lernen. Diesen Wunsch<br />
hat Elke Schwang nun in die Tat umgesetzt. Nach ausführlichen<br />
Gesprächen mit ihrem Sparkassen-Finanzberater wies dieser<br />
sie auf die Möglichkeit einer Stiftungsgründung hin, da Elke<br />
Schwang nach eigenem Bek<strong>und</strong>en mehr Wert auf die nachhaltige<br />
Verwendung ihres Kapitals legte, als auf eine hohe Rendite.<br />
Sie gründete ihre Stiftung „Zukunft der Stadtbibliothek<br />
Ludwigshafen“ unter dem Dach der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der<br />
Sparkasse Vorderpfalz – <strong>und</strong> war überrascht, wie schnell <strong>und</strong><br />
unkompliziert die Stiftungsgründung vonstatten ging.<br />
10.000 Euro Startkapital<br />
Das eingebrachte Geld wird fest angelegt <strong>und</strong> der Ertrag<br />
dem Förderverein der Bibliothek zur Verfügung gestellt. Dieser<br />
schafft davon neue Medien <strong>und</strong> Bücher an, organisiert Veranstaltungen,<br />
finanziert Projekte zur Leseförderung. Mit<br />
10.000 Euro aus ihrem Privatvermögen hat Elke Schwang<br />
einen Gr<strong>und</strong>stock gelegt, der weiter wachsen soll. „Ich hoffe,<br />
dass sich viele Mitstreiter finden, die dieses Kapital durch Zustiftungen<br />
erhöhen“, so die <strong>Stifter</strong>in, die ihre Stiftungsgründung<br />
als Initialzündung verstanden wissen will. „Ich möchte<br />
ein Zeichen für den Erhalt <strong>und</strong> das Wachstum der Stadtbibliothek<br />
setzen. Wenn viele<br />
<strong>Menschen</strong>, die ebenso von Literatur<br />
<strong>und</strong> Leseförderung<br />
überzeugt sind wie ich, einen<br />
Beitrag leisten, wird das Stiftungskapital<br />
schnell anwachsen<br />
<strong>und</strong> neue Möglichkeiten<br />
entstehen“, so Schwang. „Leseförderung<br />
ist sehr, sehr<br />
wichtig“, ist sie überzeugt.<br />
Denn Literatur sei mehr als<br />
eine Ansammlung schöner<br />
Geschichten. „Mit dem Lesen<br />
beginnt alles, was wir Bildung<br />
nennen. Wer sich frühzeitig für Bücher begeistert, wird erleben,<br />
wie er seine eigene Sprache besser kennenlernt. Sprache<br />
zu beherrschen <strong>und</strong> sie im Alltag gekonnt einzusetzen,<br />
öffnet Türen in allen Lebensbereichen“, zeigt sich die <strong>Stifter</strong>in<br />
überzeugt. Gerade für Kinder mit Migrationshintergr<strong>und</strong> oder<br />
einem schwierigen Elternhaus sei Sprache der Schlüssel zu<br />
einem glücklichen <strong>und</strong> erfolgreichen Leben.<br />
Mit der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der Sparkasse Vorderpfalz hat<br />
die Sparkasse eine Möglichkeit für Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger<br />
geschaffen, eigene <strong>Stiftungen</strong> ohne großen Aufwand einzurichten.<br />
Die <strong>Stifter</strong>gemeinschaft bietet für private <strong>Stifter</strong> viele<br />
Vorteile:Ab einem Kapital von 10.000 Euro kann bereits eine<br />
eigene Stiftung gegründet werden. Der <strong>Stifter</strong> legt dabei den<br />
Namen seiner Stiftung <strong>und</strong> den Empfänger der Stiftungserträge<br />
fest. Um Stiftungsmanagement <strong>und</strong> Vermögensverwaltung<br />
kümmert sich die Sparkasse, auch nach dem Ableben des<br />
Stiftungsgründers. Bei der Festlegung des Stiftungszweckes<br />
muss sich der <strong>Stifter</strong> nicht auf alle Zeit binden, sondern kann<br />
bei geänderten Bedürfnissen auch andere Zwecke auswählen.<br />
Ansprechpartner für Fragen zur <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der<br />
Sparkasse Vorderpfalz ist Martin May. ◆<br />
www.sparkasse-vorderpfalz.de<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 39
Der<br />
„Neue Kupferhof“<br />
eröffnet im April<br />
Edgar Rauch, Stiftungsexperte der Sparkasse Amberg-Sulzbach <strong>und</strong><br />
Dieter Weisner von der DT Deutsche Stiftungstreuhand AG informieren<br />
bei den Amberger Seniorentagen im Amberger Congresscentrum<br />
Senioren über Stiftungsmöglichkeiten<br />
informiert<br />
Vielseitige Möglichkeiten,<br />
in der Region zu wirken<br />
Neben der Förderstiftung der Sparkasse Amberg-Sulzbach<br />
gibt es seit einiger Zeit auch die <strong>Stifter</strong>gemeinschaft. Die<br />
<strong>Stifter</strong>gemeinschaft ist offen für jeden. Aus den Erträgen<br />
werden gezielt Projekte in der Region gefördert. Einzelne<br />
<strong>Stifter</strong> oder Spender können aber auch ganz genau festlegen,<br />
für welchen Zweck ihr Geld verwendet werden soll.<br />
Spenden sind in jeder Höhe möglich <strong>und</strong> steuerlich absetzbar.<br />
Für Spender <strong>und</strong> <strong>Stifter</strong> hat die <strong>Stifter</strong>gemeinschaft<br />
viele Vorteile. Ab 25.000 Euro können <strong>Stifter</strong> ihre eigene<br />
Namensstiftung gründen. (z. B. Max-Mustermann-Stiftung).<br />
Der Stiftungszweck kann dabei ganz genau festgelegt werden<br />
<strong>und</strong> auch jederzeit geändert werden. So lässt sich<br />
auch über den Tod hinaus Gutes tun oder aber auch steuern<br />
was mit dem Erbe passiert. Eine Stiftung kann so auch<br />
Erben mit regelmäßigen Zahlungen bedienen, was manchmal<br />
sehr von Vorteil sein kann. Spannend ist es aber auch<br />
für jeden, der hin <strong>und</strong> wieder einmal Gutes tun möchte<br />
<strong>und</strong> nur kleine Beträge zur Verfügung hat. Sicherlich sind<br />
große Hilfsorganisationen wichtig <strong>und</strong> sinnvoll. Aber als<br />
Spender haben Sie keinen Einfluss, wofür ihr Geld verwendet<br />
wird.Anders bei der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft der Sparkasse<br />
Amberg-Sulzbach. Wer hier spendet kann sich sicher<br />
sein, dass das Geld eins zu eins in der Region Gutes tut.<br />
Ein Spender kann aber auch festlegen für welche Zwecke<br />
sein Geld verwendet wird. Da er an eine Stiftung spendet<br />
kann er es trotzdem steuerlich geltend machen. Parallel<br />
dazu startete zur Adventszeit ein Spendenaufruf der Sparkasse<br />
Amberg-Sulzbach für die <strong>Stifter</strong>gemeinschaft. Die<br />
Spenden die hier eingesammelt werden kamen hilfsbedürftigen<br />
Kindern der Region zu Gute. ◆<br />
www.sparkasse-amberg-sulzbach.de<br />
Ein Kurzzeit-Zuhause für<br />
schwerbehinderte Kinder<br />
Mit großen Schritten nähert sich der langersehnte Tag: Im<br />
April können die ersten kleinen Gäste mit großen Handicaps<br />
im „Neuen Kupferhof“ begrüßt werden. Dann erwartet sie<br />
dort ein Kurzzeit-Zuhause zum Wohlfühlen mit einem <strong>engagierte</strong>n<br />
<strong>und</strong> Pflege- <strong>und</strong> Therapie-Team. Und ihre Eltern <strong>und</strong><br />
Geschwister können sich eine wohlverdiente Auszeit vom anstrengenden<br />
Alltag gönnen.<br />
Mit dem „Neuen Kupferhof“ in Hamburgs Norden wird<br />
ein Pilotprojekt Realität, dessen Anfang eine Idee von zwei<br />
Vätern war: Steffen Schumann <strong>und</strong> Frank Stangenberg, zwei<br />
der Initiatoren <strong>und</strong> Gründer des Vereins „Hände für Kinder“,<br />
sind selbst Väter mehrfach behinderter Kinder. Sie wissen,<br />
dass ein Kind, das Betreuung r<strong>und</strong> um die Uhr braucht, bei<br />
aller Liebe das Leben jeder Familie auf den Kopf stellt. So gibt<br />
es bei Familie Schumann neben zwei ges<strong>und</strong>en Kindern den<br />
kleinen Noah, der mit seltenen Marshall-Smith-Syndrom auf<br />
die Welt kam <strong>und</strong> weder alleine essen oder trinken kann, nicht<br />
spricht <strong>und</strong> nicht läuft. Bei Familie Stangenberg zeigte der<br />
zweite Sohn, Justin, im Babyalter erste Anzeichen eines<br />
schwerwiegenden genetischen Defekts. Beide Jungs brauchen<br />
ständige, fachk<strong>und</strong>ige Betreuung, die weitgehend von den Familien<br />
zu Hause geleistet wird. So entstand 2008 die Idee, ein<br />
Der „Neue Kupferhof“: Im April werden hier die ersten Gäste begrüßt.<br />
40 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Aktuelles<br />
Die drei Initiatoren von „Hände für<br />
Kinder“: Frank Stangenberg (hinten<br />
links), Steffen Schumann (hinten<br />
rechts) <strong>und</strong> Hans Nee<br />
Kurzzeit-Heim für Kinder<br />
mit erheblichen, aber<br />
nicht akut lebensbedrohlichen<br />
Handicaps, zu<br />
gründen. Diese Familien<br />
finden in der Regel keine<br />
Aufnahme in den schon<br />
bestehenden Hospizen.<br />
Für sie gab es bisher<br />
kaum Gelegenheit zum<br />
Luftholen. Doch wie<br />
wichtig Auszeiten sind,<br />
können schon Eltern von<br />
ges<strong>und</strong>en Kindern nachvollziehen.<br />
Als ersten Schritt gründete<br />
Steffen Schumann<br />
damals gemeinsam mit<br />
anderen Betroffenen den<br />
Verein „Hände für Kinder e.V.“Dann kam ihm der Zufall zu<br />
Hilfe: „ Beim Joggen im Wohldorfer Wald stand kam ich am<br />
Kupferhof vorbei <strong>und</strong> hatte sofort den Gedanken, dass das<br />
unser Haus ist“, berichtet er <strong>und</strong> tatsächlich stand das Gebäude<br />
einige Zeit später zum Verkauf.<br />
Nach <strong>und</strong> nach konnten Steffen Schumann <strong>und</strong> Frank<br />
Stangenberg ein komplettes, ehrenamtliches Team um sich<br />
sammeln, das tatkräftig mitanpackte. Und so wurde aus der<br />
Idee ein konkretes Projekt mit vielen Unterstützern. Finanziell<br />
<strong>engagierte</strong> sich z. B. die Hamburger Bürgerschaft <strong>und</strong> förderte<br />
- nach eingehender Prüfung des Konzepts- den Umbau<br />
des Hauses mit 500.000 Euro aus einem Sonderinvestitionsprogramm.<br />
Weitere Gelder stehen durch Zuschüsse anderer<br />
Organisationen wie „Aktion Mensch“, aber auch dank vieler<br />
Einzelaktionen zur Verfügung. Sportvereine <strong>und</strong> Schulen, Firmen<br />
<strong>und</strong> Privatspender haben sich engagiert. Spendenläufe,<br />
Grillfeste, Konzerte, Tombolas <strong>und</strong> Familienfeiern wurden <strong>und</strong><br />
werden zugunsten von „Hände für Kinder“ veranstaltet.<br />
Der Kupferhof liegt in Hamburg-Ohlstedt, in einem parkähnlichen<br />
Gelände von ca. 10.000 m 2 . Das hier bestehende<br />
Herrenhaus sowie der zweigeschossige Neubau bieten ideale<br />
Voraussetzungen für das betreute Kurzzeitwohnen. Insgesamt<br />
bieten die beiden Gebäude r<strong>und</strong> 2000 m 2 Fläche <strong>und</strong> wurden<br />
im Zuge des Umbaus durch einen großzügigen Eingangsbereich<br />
miteinander verb<strong>und</strong>en. Der „Neue Kupferhof“ ist jetzt<br />
ein fre<strong>und</strong>licher Ort mit hellen, großzügigen Räumen für die<br />
zu betreuenden Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen. Neben Entspannungs-<br />
<strong>und</strong> Therapieräumen gibt es auch Wohnräume für Eltern<br />
<strong>und</strong> Geschwisterkinder. Durch die vollstationäre Unterbringung<br />
können die Kinder r<strong>und</strong> um die Uhr versorgt werden<br />
<strong>und</strong> die Eltern neue Kräfte für die Betreuung zu Hause<br />
sammeln.<br />
Der Betrieb des Neuen Kupferhofes wird als Maßnahme<br />
der Eingliederungshilfe durch den Sozialleistungsträger sowie<br />
aus Mitteln der Kurzzeit- <strong>und</strong> Verhinderungspflege mit ca.<br />
200,- Euro/Tag finanziert werden. Geplant ist eine Aufenthaltsdauer<br />
pro Kind <strong>und</strong> Jahr im Kupferhof von ca. 20 Tagen.<br />
Damit ist der laufende Betrieb gr<strong>und</strong>legend abgesichert.<br />
Aber eben nur in der Basis: Der „Neue Kupferhof“ möchte<br />
seinen kleinen <strong>und</strong> großen Gästen einiges mehr bieten als die<br />
Träger finanzieren, damit diese mit dem optimalen Paket an<br />
neuer Energie <strong>und</strong> Anregungen wieder in den Alltag zurückkehren.<br />
Das Team von „Hände für Kinder“ wird daher dauerhaft<br />
auf Spenden angewiesen sein. Erfahrene Therapeuten<br />
<strong>und</strong> Pflegekräfte werden die Kinder während ihres Aufenthaltes<br />
betreuen <strong>und</strong> neue Impulse zur Betreuung <strong>und</strong> Förderung<br />
setzen. Im „Neuen Kupferhof“ dürfen auf Wunsch auch<br />
die Eltern <strong>und</strong> Geschwisterkinder bleiben <strong>und</strong> sich mit den<br />
Therapeuten <strong>und</strong> anderen Familien austauschen.<br />
„Hände für Kinder“ freut sich über jede Spende, die das<br />
Projekt voranbringt. Spendenkonto 1 034 243 962 bei der<br />
Hamburger Sparkasse, BLZ: 200 505 50. ◆<br />
www.haendefuerkinder.de<br />
Betreuen, pflegen, fördern
Aktuelles<br />
Benefizkonzert in Erding<br />
Tölzer Knabenchor gab Weihnachtskonzert zugunsten der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft<br />
Ein Ohrenschmaus für alle Chorliebhaber war der Auftritt des<br />
Tölzer Knabenchors im vergangenen Dezember. Eingeladen<br />
von der Sparkasse Erding – Dorfen, begeisterte der Knabenchor<br />
seine Zuhörer in der vollbesetzten Stadtpfarrkirche St. Johannes<br />
in Erding. Mit einer Mischung aus Vokal- <strong>und</strong> Kirchenmusik<br />
bis hin zur Oper gehören die Tölzer schon seit Jahren<br />
zu den international besten Knabenchören.<br />
Dabei treten sie immer wieder mit Dirigenten <strong>und</strong> Orchestern<br />
der Weltspitze auf. Die ungewöhnlich kraftvollen <strong>und</strong> gut<br />
ausgebildeten Stimmen der zumeist 11- bis 14-jährigen Sänger<br />
sind nicht nur als leistungsfähiger Konzertchor sondern auch<br />
für Soloparts sehr gefragt. Bei der Ausbildung der Knaben geht<br />
es Chordirektor Gerhard Schmidt-Gaden <strong>und</strong> dem künstlerischen<br />
Leiter Ralf Ludewig in erster Linie um die Freude am<br />
Singen. Wobei Kreativität, Spontaneität <strong>und</strong> ein gewisses Maß<br />
an Selbstdisziplin ebenfalls dazu gehören.<br />
Mit r<strong>und</strong> 250 Auftritten im<br />
Jahr ist dieser einzigartige<br />
Chor weit über die Grenzen<br />
Deutschlands bekannt<br />
<strong>und</strong> sehr erfolgreich.<br />
Nach 2010 gaben<br />
die Tölzer im vergangenen<br />
Jahr bereits ihr zweites<br />
Benefizkonzert in Erdings<br />
Stadtpfarrkirche.<br />
Auch diesmal war der<br />
Eintritt für die geladenen<br />
Gäste der Sparkasse<br />
kostenfrei. Die Besucher<br />
hatten jedoch die<br />
Möglichkeit einer<br />
Wer sich dafür interessiert, eine eigene Stiftung<br />
zu gründen, findet in der Broschüre<br />
der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft Antworten auf zahlreiche<br />
Fragen, die man sich im Zusammenhang<br />
mit einer Stiftungserrichtung stellt.<br />
Singen für den guten Zweck<br />
Spende zugunsten der<br />
<strong>Stifter</strong>gemeinschaft der<br />
Sparkasse. Diese Möglichkeit<br />
nutzten zahlreiche<br />
Konzertgäste, sodass letztendlich ein beachtlicher Betrag<br />
von 3.865,00 EUR zusammen kam. Mit diesen Spenden<br />
fördert die <strong>Stifter</strong>gemeinschaft gemeinnützige, mildtätige <strong>und</strong><br />
kirchliche Einrichtungen <strong>und</strong> Projekte in der Region.<br />
Um die <strong>Stifter</strong>gemeinschaft<br />
der Sparkasse mit einer Spende<br />
zu unterstützen, ist nicht immer<br />
ein besonderer Anlass nötig.<br />
Unter der Kontonummer 25999<br />
<strong>und</strong> der der Bankleitzahl<br />
70051995 kann zu jeder Zeit gespendet<br />
werden. „Fördern was<br />
einem am Herzen liegt“, so lautet<br />
das Motto der <strong>Stifter</strong>gemeinschaft<br />
. Neben der Spende gibt es bei<br />
der Sparkasse zusätzlich die Möglichkeit<br />
einer eigenen Stiftungsgründung.<br />
◆<br />
www.spked.de<br />
Informationen über eine individuelle<br />
Stiftungsgründung<br />
erteilt Veronika Angermaier,<br />
Stiftungsbeauftragte<br />
der Sparkasse Erding – Dorfen<br />
(Tel.. 08122 5511-4682).
Berichte <strong>und</strong> Kampagnen<br />
Traditionelle Sehnsüchte <strong>und</strong><br />
moderne Begebenheiten<br />
„Heimat“-Wohnmodell bietet sicheres Zuhause<br />
Dass <strong>Menschen</strong> im Alter <strong>und</strong> bei Behinderung selbstbestimmt,<br />
respektvoll <strong>und</strong> geborgen ihre Zeit verbringen können,<br />
möchte die Stiftung „In der Heimat wohnen – ein Leben<br />
lang!“ ermöglichen. Denn ein Wunsch eint alle <strong>Menschen</strong>: Sie<br />
möchten in ihrer vertrauten Umgebung bleiben dürfen <strong>und</strong><br />
möchten dort, auch wenn sie nicht mehr alles alleine meistern<br />
können <strong>und</strong> Unterstützung benötigen, nicht mehr „verpflanzt“<br />
werden. Was liegt näher, als dass ein kirchliches Wohnungsunternehmen<br />
<strong>und</strong> ein entsprechender Wohlfahrtsverband<br />
den klar formulierten Anspruch in die Tat umsetzen; die<br />
Joseph-Stiftung <strong>und</strong> der Caritasverband für die Erzdiözese<br />
Bamberg e. V. haben aufgr<strong>und</strong> ihrer Erfahrungen aus der täglichen<br />
Praxis ein innovatives Wohnmodell entwickelt, das<br />
einen Spagat zwischen traditionellen Sehnsüchten <strong>und</strong> den<br />
modernen Gegebenheiten des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts vollzieht.<br />
Um das Jahr 2005 begannen Führungskräfte des Bamberger<br />
Diözesan-Caritasverbandes <strong>und</strong> der Joseph-Stiftung, Zukunftsszenarien<br />
zu entwerfen <strong>und</strong> eine konkrete Lösung zu konzipieren.<br />
Als ihren Beitrag zur Feier des 1.000-jährigen Bestehens des<br />
Bistums Bamberg präsentierten sie 2007 öffentlich ihre Erkenntnisse<br />
<strong>und</strong> ließen den daraus abgeleiteten Erfordernissen<br />
beispielhafte Taten folgen. Ihre Modellmaßnahmen basieren auf<br />
drei Säulen: 1. Barrierefreier Wohnraum in zentraler Lage zu ortsüblichen<br />
Preisen; 2. sozialräumliche Vernetzung innerhalb der<br />
Kommune, Kirchengemeinde, Vereine/Verbände <strong>und</strong> sonstiger<br />
Organisationen, <strong>und</strong> 3. professionelle hauswirtschaftliche <strong>und</strong><br />
ambulante Dienste, die allerdings nur bei tatsächlicher Inanspruchnahme<br />
bezahlt werden müssen. Mittlerweile ist dies an<br />
15 Standorten verwirklicht – jeweils individuell angepasst an<br />
Auf Abruf zur Stelle:<br />
professionelle Helfer<br />
die lokalen Umstände bzw. den Bedarf. Beispielsweise wird im<br />
Bamberger Stadtteil Gaustadt das Haus „Miteinander“ als integrative<br />
Wohnanlage betrieben, in der 29 Mietwohnungen nicht<br />
nur für junge Familien <strong>und</strong> Senioren, sondern auch für <strong>Menschen</strong><br />
mit Behinderung bereitstehen – eben für alle Lebensphasen.<br />
Die „Heimat“-Idee wurde bereits in weitere Teile<br />
Deutschlands exportiert. Die Trägerschaft übernehmen die<br />
„Erfinder“ aufgr<strong>und</strong> ihrer rechtlichen Struktur ausschließlich<br />
im Erzbistum Bamberg. Innerhalb dieser Grenzen ist es unerheblich,<br />
welche konfessionelle Gewichtung in einer sich interessierenden<br />
Stadt oder Gemeinde herrscht.<br />
Spenden sind willkommen an die Stiftung „In der Heimat<br />
wohnen – ein Leben lang!“ (unter dem Dach des Stiftungszentrums<br />
der Erzdiözese Bamberg) auf das Konto 9056785<br />
bei der LIGA Bank Bamberg (BLZ 750 903 00). ◆<br />
www.joseph-stiftung.de, www.in-der-heimat.de
Berichte <strong>und</strong> Kampagnen<br />
Daheim statt Heim<br />
Warum es wichtig ist, ein Alternativsystem zur Betreuung alter <strong>Menschen</strong> aufzubauen<br />
von Dr. Michael Damian<br />
Nach neueren Untersuchungen wird in den nächsten Jahren<br />
jede zweite Frau <strong>und</strong> jeder dritte Mann jenseits von 70 Jahren<br />
an Demenz erkranken. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der<br />
Pflegebedürftigen von heute 2,5 Millionen auf mindestens 4,5<br />
Millionen steigen. Die alterspflegebedürftigen, zum Teil demenzkranken<br />
<strong>Menschen</strong> werden die größte Gruppe in unserer<br />
Gesellschaft bilden. Dies bedeutet, wir wachsen in eine<br />
gesellschaftliche Situation hinein mit einer riesigen Hilfsbedürftigkeit.<br />
Früher hat man die <strong>Menschen</strong> zur Hilfe gebracht, seit geraumer<br />
Zeit versucht man zunehmend, Hilfe zu den <strong>Menschen</strong><br />
zu bringen. Das ist auch ganz im Sinne des Sozialhilfegesetzes,<br />
das ab 1961 die bis dahin praktizierte Devise ‚stationär<br />
vor ambulant’ aufhob <strong>und</strong> das genaue Gegenteil forderte,<br />
nämlich ‚ambulant vor stationär’. Trotz dieses damals<br />
sehr fortschrittlichen Gesetzes entstanden in der Folgezeit<br />
<strong>und</strong> bis heute weitere Tausende von Alten- <strong>und</strong> Pflegeheimen<br />
in Deutschland. Als Beispiel Frankfurt am Main: Hier stieg die<br />
Zahl der Pflegebedürftigen in den letzten 10 Jahren um mehr<br />
als 20 Prozent. Trotzdem bleibt die Stadt überversorgt mit stationären<br />
Plätzen in Alten- <strong>und</strong> Pflegeheimen. Wie aus der Pflegestatistik<br />
der Stadt hervorgeht, wurden im Jahr 2011 von den<br />
r<strong>und</strong> 4.200 zur Verfügung stehenden Wohnplätzen nicht alle<br />
belegt, 92 wurden als frei gemeldet.<br />
Hier schöpft man inzwischen alle Möglichkeiten einer Betreuung<br />
<strong>und</strong> Pflege in den eigenen vier Wänden aus. Dies<br />
hängt mit der dramatisch gesunkenen Akzeptanz von Alten<strong>und</strong><br />
Pflegeheimen in der Bevölkerung zusammen. Der ältere<br />
Mensch lässt sich zunehmend nicht mehr institutionalisieren,<br />
er möchte integriert werden. Für die Gruppe dieser <strong>Menschen</strong><br />
kämpft seit 30 Jahren der Sozialpsychiater Prof. Klaus<br />
Dörner. Seine Devise ist es, Heime überflüssig zu machen.<br />
Die Hilfe muss zu den <strong>Menschen</strong> nach Hause kommen<br />
<strong>und</strong> nicht umgekehrt. Ein ganz wichtiger Indikator für einen<br />
Wandel hin zu einem neuen Hilfesystem ist für Dörner die<br />
Gründung von ‚ambulanten Haushaltsgemeinschaften’ oder<br />
auch ‚ambulanter Nachbarschaftswohnpflegegruppen’. In<br />
ihnen organisieren sich Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen<br />
<strong>und</strong> teilen sich die Betreuung.<br />
Mit professioneller <strong>und</strong> institutionalisierter Hilfe allein ist<br />
das Problem der älter werdenden Gesellschaft nach Dörners<br />
Meinung nicht zu begegnen. Auch die hohen Kosten für die<br />
‚Monokultur Heim’ kann die Gesellschaft seiner Meinung<br />
nach bald nicht mehr aufbringen.<br />
B<strong>und</strong>esweit sind nach den Recherchen von Klaus Dörner<br />
beispielsweise mehr als 1000 ambulante Alterspflege-Gruppen<br />
entstanden. Oft entstehen solche Wohnformen in Kooperation<br />
mit Wohnungsbaugesellschaften. Diese ermöglichen<br />
diese Wohnformen nicht aus sozialen, sondern aus rein<br />
betriebswirtschaftlichen Gründen.<br />
Auch gemeinnützige Vereine wie der in Frankfurt, Berlin<br />
<strong>und</strong> Hamburg tätige Notmütterdienst versuchen, mit Hilfe so<br />
genannter Notmütter, alte <strong>Menschen</strong> so lange sie leben, zu<br />
Hause zu betreuen. Die Notmütter kommen ins Haus, betreuen<br />
<strong>und</strong> pflegen die älteren <strong>Menschen</strong>, machen die Hausarbeit<br />
<strong>und</strong> kümmern sich um alles, was wichtig ist.<br />
Die <strong>Menschen</strong> in Deutschland werden immer älter, die<br />
Zahl der <strong>Menschen</strong> im Rentenalter steigt an <strong>und</strong> zu dem Pflegenotstand<br />
gesellt sich ein weiteres Problem, an dem zur Zeit<br />
in der Politik heftig gestritten wird: die Altersarmut.<br />
Diese ist allerdings nicht ein bloßes Zukunftsszenario, sondern<br />
schon lange Realität. In Organisationen wie dem Notmütterdienst<br />
sind bereits mehr als 40 Prozent der Freien Mitarbeiter<br />
im Rentenalter. Wenn die eigenen Kinder aus dem<br />
Haus sind <strong>und</strong> nach dem Eintritt in den ‚Ruhestand’ einem oft<br />
die Decke auf den Kopf fällt, suchen viele Frauen <strong>und</strong> Männer<br />
nach einer sinnvollen Beschäftigung. Die von Prof. Dörner in<br />
seinen Publikationen festgestellte ‚Neue soziale Bewegung’,<br />
darunter zählt er die vielfältigen Aktivitäten älterer <strong>Menschen</strong><br />
in Nachbarschaftshäusern <strong>und</strong> –vereinen, in Selbsthilfegruppen,<br />
Hospizen, Bürgerstiftungen <strong>und</strong> auch der Familienpflege<br />
ist ein gutes Beispiel. Man engagiert sich gerne gerade in solchen<br />
Bereichen, um sich gewissermaßen sozial zu erden, oder<br />
als Therapie gegen die Leere <strong>und</strong> mit einer bestimmten Tagesdosis<br />
an Bedeutung für andere. Umso besser, wenn eine<br />
über das Erwerbsleben hinaus mögliche Beschäftigung auch<br />
noch honoriert wird, damit die oft jetzt schon karge Rente<br />
spürbar aufgebessert werden kann. Dann können auch Vereine<br />
wie der Notmütterdienst aufzeigen, wie man im Sinne<br />
der <strong>Menschen</strong> den beiden Problemfeldern Pflegenotstand<br />
<strong>und</strong> Altersarmut gleichzeitig begegnen kann. ◆<br />
www.notmuetterdienst.org<br />
44 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Berichte <strong>und</strong> Kampagnen<br />
Für eine Welt ohne Minen<br />
Zum UN-Minentag am 4. April deutschlandweit Veranstaltungen<br />
Ein kurzer Moment veränderte das<br />
Leben der 12-jährigen Ana für<br />
immer. Am frühen Morgen ging sie<br />
für ihre Tante Albertina Wasser vom<br />
Brunnen holen. Wenige Minuten<br />
später hörte Albertina eine Explosion.<br />
Sie lief sofort los <strong>und</strong> fand das<br />
Mädchen blutend am Boden. Ana<br />
war auf eine Mine getreten, ihr rechtes<br />
Bein, Hände <strong>und</strong> Gesicht waren<br />
schwer verletzt. Das Bein musste<br />
amputiert werden.<br />
Das mosambikanische Mädchen<br />
teilt ihr Schicksal mit H<strong>und</strong>erttausenden<br />
<strong>Menschen</strong> weltweit. Und<br />
immer noch kommen jedes Jahr<br />
Tausende solcher Fälle hinzu. Dennoch:<br />
Das früher stark verminte<br />
Land Mosambik wird sich im nächsten<br />
Jahr als minenfrei erklären können.<br />
Dazu haben Organisationen<br />
wie Handicap International beigetragen,<br />
die dort <strong>und</strong> in anderen Ländern<br />
seit vielen Jahren mit lokalen Teams Minen räumen –<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig dafür sorgen, dass weltweit keine neuen<br />
Minen mehr gelegt werden.<br />
Der Traum von einer Welt ohne Minen hat 1992 Handicap<br />
International <strong>und</strong> fünf andere Organisationen dazu bewegt,<br />
eine Kampagne zu gründen, die von Kofi Annan später als „die<br />
erfolgreichste Bürgerinitiative der Welt“ bezeichnet wurde: die<br />
internationale Landminenkampagne (ICBL). 1997 erreichte die<br />
Kampagne, dass ein Vertrag über ein Verbot von Anti-Personen-<br />
Minen geschlossen wurde. Der Friedensnobelpreis<br />
krönte diesen Erfolg.<br />
Aber die Kampagne ruht sich bis<br />
heute nicht aus – denn es gibt noch<br />
viel zu tun, bis alle Minen geräumt<br />
sind <strong>und</strong> alle Länder sich an das Minenverbot<br />
halten. Unter dem Vertrag<br />
fehlen noch immer Unterschriften –<br />
unter anderem von so entscheidenden<br />
Ländern wie Russland, China<br />
oder den USA.<br />
Zumindest in den USA besteht dieses<br />
Jahr die Chance, dass Präsident<br />
Obama das Minenverbot unterzeichnet<br />
– <strong>und</strong> bis es endlich so weit<br />
ist, wird die Landminenkampagne<br />
weiter darauf drängen. Zum Beispiel<br />
mit der weltweiten Aktion „Lend<br />
your leg – Zeig dein Bein für eine<br />
Welt ohne Minen“. Unter diesem<br />
Motto lädt Handicap International in<br />
diesem Jahr wieder gemeinsam mit<br />
der deutschen Partnerorganisation<br />
SODI Prominente, Politiker <strong>und</strong> alle <strong>Menschen</strong> in Deutschland<br />
dazu ein, mit dem einfachen Symbol eines hochgeschlagen Hosenbeins<br />
ein Zeichen gegen Landminen zu setzen. Höhepunkt<br />
ist der UN-Minentag am 4. April mit Veranstaltungen in ganz<br />
Deutschland – damit nicht nur die Kinder von Ana aus Mosambik<br />
einmal ohne Gefahr Wasser holen können.<br />
Spenden für Minenopfer: Handicap International Spendenkonto<br />
595, bei Sozialbank München BLZ 881 72 00. ◆<br />
www.handicap-international.de, www.zeigdeinbein.de<br />
Foto: Iquiesse Bitunga, Handicap International
Berichte <strong>und</strong> Kampagnen<br />
Der Zeit Jahrzehnte voraus<br />
Vor 45 Jahren als „pädagogischer Unfug“ verschrien – heute maßgebend<br />
Der Zeit Jahrzehnte voraus – was vor 45 Jahren noch als „pädagogischer<br />
Unfug“ verschrien wurde, ist heute maßgebend<br />
1968 gründete Prof. Dr.med. Dr.hc. mult. Theodor Hellbrügge<br />
die Aktion Sonnenschein mit dem Ziel der Integration (heute<br />
Inklusion genannt) von Kindern mit Behinderung <strong>und</strong> beschritt<br />
damit völlig neue Wege der Behindertenhilfe. Das Konzept<br />
sah vor, Kinder mit <strong>und</strong> ohne Behinderung gemeinsam<br />
zu erziehen <strong>und</strong> allen Kindern eine möglichst individuelle<br />
Förderung zu Gute kommen zu lassen, damit jedes Kind optimale<br />
Entwicklungs- <strong>und</strong> Bildungschancen erhält.<br />
Bereits zwei Jahre nach Gründung eines Integrations-Kindergartens<br />
rief die Aktion Sonnenschein gegen große Widerstände<br />
eine Gr<strong>und</strong>schule für Schüler mit <strong>und</strong> ohne besonderen<br />
Förderbedarf ins Leben. Dies war zu der damaligen Zeit<br />
nach Vorstellungen des Deutschen Bildungsrates absurd <strong>und</strong><br />
u.a. nach den bayerischen Gesetzen sogar verboten. Die Regierung<br />
von Oberbayern wies daher eine nicht unerhebliche<br />
Strafe für „pädagogischen Unfug“ zu. Zum Glück konnte man<br />
sich aber einigen <strong>und</strong> inzwischen besuchen über 600 Kinder<br />
die pädagogischen Einrichtungen der Aktion Sonnenschein.<br />
Mittlerweile hat sich die Gesetzeslage, dank weiterer <strong>engagierte</strong>r<br />
Organisationen <strong>und</strong> Unterstützer geändert <strong>und</strong> „Teilhabe“<br />
ist als zentrales <strong>Menschen</strong>recht in der 2006 verabschiedeten<br />
Behindertenrechtskonvention der UNO-Generalversammlung<br />
definiert worden. Damit steht der Mensch im<br />
Mittelpunkt <strong>und</strong> damit auch seine Rechte auf Teilhabe, Gleichbehandlung<br />
<strong>und</strong> Selbstbestimmung. Die Aktion Sonnenschein<br />
verfolgt diese Zielsetzung u.a. mit ihren pädagogischen Einrichtungen,<br />
als „Zentrum der Vielfalt“, bereits seit vielen Jahrzenten.<br />
Somit ist sie Vorreiter der Inklusion <strong>und</strong> war prägend<br />
in der sozialen Landschaft Deutschlands.<br />
Die Besonderheit der Aktion Sonnenschein liegt nicht nur<br />
in ihrer Pionierleistung in Bezug auf Integration/Inklusion. Sie<br />
hat nicht nur gezeigt, dass Inklusion funktioniert sondern<br />
schafft auf den unterschiedlichsten Ebenen Synergien: In den<br />
pädagogischen Einrichtungen wird Kindern Tag für Tag konkret<br />
geholfen. Diese Erkenntnisse werden durch Kurse, Hospitationen<br />
<strong>und</strong> die Qualifizierung von Mitarbeitern, die in andere<br />
Einrichtungen wechseln, weitergegeben <strong>und</strong> vervielfachen<br />
sich so in Ihrer Wirkung, was somit Forschung <strong>und</strong><br />
Lehre aus einer Hand bedeutet.<br />
So wurden auf dem Weg zu einem innovativen, zeitgerechten<br />
<strong>und</strong> wegweisenden Zentrum gewohnte Pfade verlassen<br />
<strong>und</strong> eigenständige Profile weiter entwickelt. Die Hilfe<br />
für das Kind mit einer Behinderung steht im Mittelpunkt der<br />
täglichen Bemühungen. Jeder soll im Rahmen seiner individuellen<br />
Möglichkeiten sein Potential entfalten <strong>und</strong> entwikkeln<br />
können, <strong>und</strong> das gilt unabhängig von Alter, Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Geschlecht oder eventuellen Behinderungen. Denn jeder hat<br />
das Recht, dass seine Begabungen in einem geeigneten Umfeld<br />
gefordert werden.<br />
Um diese Ziele erfüllen zu können, reichen die vom Staat<br />
zur Verfügung gestellten Mittel nicht aus. Wichtige Projekte,<br />
wie längst fällige Baumaßnahmen, aber auch die individuelle<br />
Betreuungsleistung benötigen Unterstützer, damit die Aktion<br />
Sonnenschein den derzeit über 600 anvertrauten Kindern<br />
auch in Zukunft helfen kann. ◆<br />
www.aktionsonnenschein.de<br />
46 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Vermögen <strong>und</strong> Finanzen<br />
Schweizer <strong>Stiftungen</strong> lassen Vermögensverwaltern<br />
zu viel Freiraum<br />
Centre for Philanthropy Studies (CEPS) der Universität Basel veröffentlicht Studie<br />
Gemeinnützige <strong>Stiftungen</strong> in der Schweiz verwalten ihr Vermögen<br />
zunehmend professionell, vernachlässigen aber die<br />
Bereiche Anlagekontrolle, Kostentransparenz <strong>und</strong> das Potenzial<br />
nachhaltiger Anlagen. Zudem lassen sie ihren Vermögensverwaltern<br />
zu viel Freiraum. Zu diesem Ergebnis kommt<br />
eine Studie des Centre for Philanthropy Studies (CEPS) der<br />
Universität Basel <strong>und</strong> der Globalance Bank.<br />
auf das schwierige Marktumfeld reagiert <strong>und</strong> ihre Anlagestrategie<br />
angepasst. Über die Festlegung von Restriktionen werden<br />
im Vorfeld zudem wichtige Vorkehrungen für ein Risikomanagement<br />
ergriffen.<br />
Verbesserungspotenzial<br />
<strong>und</strong> Empfehlungen<br />
Nur 43 Prozent der <strong>Stiftungen</strong> messen die Leistung der Vermögensverwalter<br />
an Zielvorgaben, <strong>und</strong> fast drei Viertel haben<br />
keine definierte Zielrendite. Weiter zeigt die Studie, an der 110<br />
<strong>Stiftungen</strong> mit einem Vermögen von 3,2 Mrd. Franken beteiligt<br />
waren, dass gemeinnützige <strong>Stiftungen</strong> lediglich die offen<br />
gelegten Kosten beurteilen; die Gesamtkosten der Vermögensverwaltung<br />
werden dabei aber ausser Acht gelassen. Die<br />
impliziten Kosten der im Depot enthaltenen Anlagefonds <strong>und</strong><br />
-produkte haben jedoch einen grossen Einfluss auf die Gesamtkosten<br />
<strong>und</strong> somit auf die Rendite.<br />
Der Trend, das Finanzvermögen für den Stiftungszweck arbeiten<br />
zu lassen, wird von 58 Prozent der <strong>Stiftungen</strong> unterstützt.<br />
94 Prozent der <strong>Stiftungen</strong>, die zweckkonform investieren,<br />
haben damit positive Erfahrungen gemacht. Trotzdem<br />
wird das Renditepotenzial der mit dem Stiftungszweck konformen<br />
Anlagen nicht ausgeschöpft: «Die Umsetzung erfolgt<br />
heute fast ausschliesslich über ethische Ausschlusskriterien»,<br />
sagt David Hertig, Gründungspartner der Globalance Bank.<br />
«Hier fehlen jedoch positive Anlageansätze wie das ‚Footprint<br />
Investing‘, das eine finanzielle Rendite mit einer positiven Wirkung<br />
auf die reale Welt kombiniert.» Mehr als 60 Prozent der<br />
<strong>Stiftungen</strong> geben an, dass sie bei gleichem Rendite-Risiko-<br />
Profil eine nachhaltige Anlagestrategie wählen würden.<br />
R<strong>und</strong> 70 Prozent der <strong>Stiftungen</strong> verfügen über eine verbindlich<br />
formulierte Anlagestrategie, 12 Prozent planen eine<br />
solche. Ein Grossteil der <strong>Stiftungen</strong> hat in den letzten Jahren<br />
Die Studie deckt auch Verbesserungsmöglichkeiten in der<br />
Regelung von Interessenskonflikten sowie der Aufsicht <strong>und</strong><br />
Leistungsbeurteilung von externen Vermögensverwaltern auf.<br />
76 Prozent der <strong>Stiftungen</strong> haben keine Unabhängigkeitsregelung,<br />
obwohl viele Juristen <strong>und</strong> Bankenvertreter in den Stiftungsräten<br />
sitzen. «Die Auswertung der Umfrage zeigt sogar,<br />
dass Stiftungsräte mit einem Bankenvertreter die Vermögensverwalter<br />
weniger systematisch beurteilen», stellt Prof. Dr.<br />
Georg von Schnurbein, Leiter des CEPS, fest.<br />
Schliesslich identifiziert die Studie Divergenzen bei der<br />
Umsetzung von Anlagestrategien der <strong>Stiftungen</strong>. Die Vermögensaufteilung<br />
entspricht nicht immer dem definierten Vermögensziel<br />
<strong>und</strong> Risikoprofil. Auch haben 73 Prozent der <strong>Stiftungen</strong><br />
keine definierte Zielrendite – dies erschwert einerseits<br />
die Umsetzung einer geeigneten Anlagestrategie <strong>und</strong><br />
lässt anderseits eine wirkungsvolle Leistungsbeurteilung der<br />
mandatierten Vermögensverwalter nicht zu.<br />
Die gemeinnützigen <strong>Stiftungen</strong> in der Schweiz verwalten<br />
gesamthaft Vermögenswerte von r<strong>und</strong> 70 Mrd. Franken. An<br />
der Studie des CEPS der Universität Basel <strong>und</strong> der Zürcher<br />
Globalance Bank beteiligten sich 110 gemeinnützige <strong>Stiftungen</strong><br />
mit einem Gesamtvermögen von 3,2 Mrd. Franken <strong>und</strong><br />
einem frei investierbaren Vermögen von 2,9 Mrd. Franken. Zu<br />
den Erkenntnissen liefert die Studie auch konkrete Handlungsempfehlungen.<br />
◆<br />
www.ceps.unibas.ch/publikationen, www.globalance-bank.com/stiftungen<br />
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Recht <strong>und</strong> Steuern<br />
Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes<br />
Erleichterungen bei der Vermögensweitergabe durch <strong>Stiftungen</strong> durch neues Gesetz<br />
Der Gesetzgeber möchte noch in dieser Legislaturperiode das<br />
Gemeinnützigkeits- <strong>und</strong> Spendenrecht verändern, um das ehrenamtliche<br />
Engagement insbesondere im Stiftungsbereich weiter<br />
zu stärken. Dazu wurde ein „Gesetz zur Entbürokratisierung<br />
des Gemeinnützigkeitsrechts“ konzipiert, über dessen Gr<strong>und</strong>züge<br />
Dr. Rupert Graf Strachwitz in der Ausgabe „<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>“<br />
12/2012 durchaus kritisch berichtet hat.<br />
Zu einer Verabschiedung des geplanten Gesetzes ist es im<br />
Jahre 2012 nicht mehr gekommen. Allerdings haben sich B<strong>und</strong>estag<br />
<strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrat zwischenzeitlich darauf verständigt, die<br />
geplanten neuen Regelungen kurzfristig mit überwiegend rückwirkender<br />
Anwendung ab 1. Januar 2013 zu beschließen, allerdings<br />
unter einem neuen Titel als „Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes“.<br />
Dabei dürften sich gegenüber den ursprünglich vorgesehenen<br />
Gesetzesregelungen noch Änderungen ergeben,<br />
über die derzeit noch keine vollständige Klarheit besteht.<br />
In Ergänzung der ursprünglichen Entwurfsfassung der B<strong>und</strong>esregierung<br />
hat der Finanzausschuss des Deutschen B<strong>und</strong>estags<br />
in seiner Sitzung vom 16. Januar 2013 eine Änderung des<br />
§ 58 Nr. 3 Abgabenordnung bei den sog. „unschädlichen Betätigungen“<br />
angeregt, also bei den im Gesetz ausdrücklich aufgeführten<br />
Aktivitäten, die eigentlich gegen die zentralen Gebote<br />
des Gemeinnützigkeitsrechts, nämlich die Selbstlosigkeit, Ausschließlichkeit<br />
<strong>und</strong>/oder Unmittelbarkeit verstoßen, die aber<br />
kraft Gesetzes für unbedenklich erklärt werden. Es deutet sich<br />
ein breiter politischer Konsens über diese geplante Änderung<br />
an; der B<strong>und</strong>estag hat am 1. Februar 2013 bereits zugestimmt.<br />
§ 58 Nr. 3 AO betrifft derzeit die Überlassung von Arbeitskräften<br />
an andere Personen, Unternehmen, Einrichtungen oder an<br />
eine juristische Person des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte<br />
Zwecke durch eine steuerbegünstigte Körperschaft.<br />
Eine derartige Überlassung ist danach gemeinnützigkeitsrechtlich<br />
erlaubt <strong>und</strong> gefährdet den Status der Gemeinnützigkeit<br />
nicht; sie ist aber zumeist verb<strong>und</strong>en mit Körperschaftsteuer-,<br />
Gewerbesteuer- <strong>und</strong>/oder Umsatzsteuerpflichten bezüglich dieser<br />
Personalüberlassung. Diese Regelung soll inhaltsgleich in die<br />
Nr. 4 des § 58 AO „umgebucht“ werden; Nr. 3 soll eine zusätzliche<br />
<strong>und</strong> neue Gestaltung zur Vermögensweitergabe vor allem<br />
für <strong>Stiftungen</strong> eröffnen. Eine steuerbegünstigte Körperschaft –<br />
<strong>und</strong> damit z. B. auch eine Stiftung – wird danach ihre Überschüsse<br />
der Einnahmen über die Ausgaben aus Vermögensverwaltung,<br />
ihre Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben<br />
ganz oder teilweise <strong>und</strong> darüber hinaus höchstens 15 Prozent<br />
ihrer sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel einer anderen<br />
steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person<br />
des öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zuwenden<br />
dürfen. Die aus ihren Vermögenserträgen zu verwirklichenden<br />
steuerbegünstigten Zwecke müssen allerdings den steuerbegünstigten<br />
satzungsmäßigen Zwecken der zuwendenden Körperschaft<br />
entsprechen. Außerdem dürfen die zugewandten Mittel<br />
<strong>und</strong> deren Erträge nicht für weitere Mittelweitergaben verwendet<br />
werden (sog. Kaskadeneffekt).<br />
Die geplante Änderung lockert das derzeit (noch) sehr stringent<br />
angewendete sog. „Endowment-Verbot“, also das Verbot,<br />
zeitnah zu verwendende Mittel als Ausstattungskapital einer<br />
neuen gemeinnützigen Stiftung einzusetzen. Durch dieses Verbot<br />
wurden steuerbegünstigte <strong>Stiftungen</strong> bisher erheblich darin<br />
eingeschränkt, sich als (Zu-)<strong>Stifter</strong> an der Gründung anderer Stiftungsinitiativen<br />
zu beteiligen. Eine Beteiligung mit Hilfe von Vermögenswerten,<br />
die bei der zuwendenden Stiftung nicht zeitnah<br />
zu verwenden sind (Gr<strong>und</strong>stockvermögen, Mittel der freien<br />
Rücklage), war in der Praxis bisher zumeist ebenso wenig möglich,<br />
da diese regelmäßig bereits für andere Zwecke (Kapitalerhaltung)<br />
geb<strong>und</strong>en waren <strong>und</strong> deshalb für Endowments nicht<br />
zur Verfügung standen.<br />
Insbesondere große gemeinnützige Förderinstitutionen<br />
(z. B. im Bereich Wissenschaft) sind daran interessiert, andere<br />
Einrichtungen (z. B. Universitäten) nicht nur durch laufende Fördermittel,<br />
sondern durch Gewährung eines Gr<strong>und</strong>stockvermögens<br />
zu fördern, um z. B. Stiftungsprofessuren durch eine dauerhafte<br />
Mittelausstattung (Kapitalstock) wirkungsvoller zu errichten<br />
als dies bisher möglich ist. Die geplante Gesetzesänderung<br />
ist zu begrüßen. Sie entspricht berechtigten Erfordernissen<br />
der Praxis, ohne das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung<br />
ungebührlich auszuhebeln. Sie dürfte sich überaus positiv auf<br />
das Stiftungswesen in Deutschland auswirken. ◆<br />
www.bdo.de<br />
Ralf Klaßmann<br />
Dipl.-Kfm. Ralf Klaßmann ist Wirtschaftsprüfer<br />
<strong>und</strong> Steuerberater<br />
<strong>und</strong> arbeitet als Leiter Branchencenter<br />
Ges<strong>und</strong>heit & Soziales bei<br />
der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.<br />
Er ist spezialisiert auf<br />
das Steuerrecht <strong>und</strong> Besteuerungsfragen<br />
gemeinnütziger Einrichtungen<br />
<strong>und</strong> öffentlich-rechtlicher Körperschaften.<br />
48 ❚ <strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong>
Stiftungsmanagement<br />
Der Stiftung ein Profil geben<br />
Plädoyer für professionelles Stiftungsmanagement<br />
von Josef X. Baumeister<br />
„<strong>Menschen</strong> <strong>stiften</strong> <strong>Werte</strong>“ – der Trend ist unübersehbar. Inzwischen<br />
werden in Deutschland in einem Jahr so viele <strong>Stiftungen</strong><br />
gegründet wie früher in einem Jahrzehnt. Stiften tut<br />
gut: Soziales, kulturelles, gemeinnütziges oder innovatives Engagement<br />
verbindet Familien <strong>und</strong> Unternehmen <strong>und</strong> wirkt<br />
dabei sinn- <strong>und</strong> identitäts<strong>stiften</strong>d über Generationen hinweg.<br />
Einerseits suchen kinderlose Paare, Singles ohne Nachkommen<br />
einen sicheren Hafen für Ihre Rücklagen, andererseits<br />
stehen zunehmend Familienunternehmen am Scheideweg –<br />
eine Generation ohne Nachfolger dankt ab. Individuelle Stiftungsmodelle<br />
können private <strong>und</strong> unternehmerische Vermögenswerte,<br />
angesammelt über Jahrzehnte, über künftige Generationen<br />
hinweg sichern, Familienunternehmen eine unabhängige<br />
Zukunft schaffen <strong>und</strong> gleichzeitig bürgerliches Engagement<br />
initiieren. Stiften dient dem guten Namen. Wer sein<br />
Vermögen einem guten Zweck zuführt, bleibt der Nachwelt<br />
in Erinnerung. Langfristige Betrachtung <strong>und</strong> das auf Dauer<br />
Wichtige sowie die Stärkung der dezentralen Eigenverantwortung<br />
sind wesentliche Akzente, die positiv dem von Kurzfristigkeit<br />
geprägtem Handeln der politisch Verantwortlichen<br />
<strong>und</strong> der starr geprägten Fürsorge des Wohlfahrtsstaats gegenübersteht.<br />
Damit jedoch nachhaltige <strong>und</strong> langfristige Wirkung<br />
mit Stiftungsarbeit erzielt werden kann <strong>und</strong> die zur Verfügung<br />
stehenden Mittel sinn- <strong>und</strong> wert<strong>stiften</strong>d eingesetzt<br />
werden, bedarf es, vergleichbar mit einem wachsenden Unternehmen,<br />
eine stetige Steigerung des Professionalisierungsgrades<br />
des operativen Managements einer Stiftung.<br />
Gründungsphase – Profil nach INNEN<br />
(Inhalte & Personen)<br />
Bei der Gründung der Stiftung die Prioritäten richtig setzen.<br />
Meist trägt ein potentieller <strong>Stifter</strong> seine Idee lange Zeit<br />
mit sich alleine, durch einen Impuls von außen wird sie dann<br />
spontan <strong>und</strong> zügig umgesetzt <strong>und</strong> der Schwerpunkt liegt im<br />
Startprozess bei Rechts- <strong>und</strong> Steuerkonformität. Für was die<br />
Stiftung dann über Generationen hinweg stehen will, findet<br />
man meist in einer sehr allgemein formulierten Satzung, die<br />
(zu)viel Spielraum bietet für künftiges gemeinnütziges Engagement.<br />
Für Steuern <strong>und</strong> Recht werden Fachexperten hinzugezogen,<br />
für die inhaltlichen Gr<strong>und</strong>lagen des späteren Wirkens<br />
wird hierauf meist verzichtet. Das Rückgrat einer Stiftung<br />
sind Vision <strong>und</strong> Zweck. Beim Entstehungsprozess verdienen<br />
sie entsprechende Aufmerksamkeit. Das Selbstverständnis<br />
der Stiftung ist Basis der späteren Identität, die<br />
„DNA“ der Stiftung, <strong>und</strong> steht in enger Verbindung mit der<br />
Identität des <strong>Stifter</strong>s: WER? (Namensgebung) – FÜR ? (Inhalt,<br />
Zweck, Zielgruppe) - WAS? (Maßnahmen, Projekte) - WIE? (finanziell<br />
fördern <strong>und</strong>/oder operativ gestaltend fördernd). Antworten<br />
auf diese Kernfragen sind am Anfang in Form von Diskussion<br />
<strong>und</strong> Dialog mit Beteiligten <strong>und</strong> Experten zu finden,<br />
um auf dieser Basis im nächsten Schritt Persönlichkeits- <strong>und</strong><br />
Kompetenzprofile für Entscheidungs- <strong>und</strong> Führungsorgane<br />
der Stiftung zu definieren. Ob in der Personalrekrutierung Verwandtschafts-<br />
bzw. Bekanntheitsgrad oder Netzwerkzugehörigkeit<br />
entscheidend sind, müssen <strong>Stifter</strong> selbst entscheiden.<br />
Auffallend ist, dass die Personalstruktur in deutschen <strong>Stiftungen</strong><br />
homogen ist <strong>und</strong> der Akademikeranteil um die 90 Prozent<br />
beträgt. Das macht insofern nachdenklich, da viele Stiftungsmitarbeiter<br />
den Anspruch haben, Lösungen für gesellschaftliche<br />
Probleme zu finden. Mehr Betroffene <strong>und</strong> in der<br />
Praxis Erfahrene in den Rekrutierungsprozess einzubinden,<br />
wäre ein Schritt hin zu mehr Professionalität.<br />
Aufbauphase – Profil nach AUSSEN<br />
(Strukturen & Marketing)<br />
Ein unverwechselbares Profil sowie Qualität in der Transparenz<br />
nach Innen <strong>und</strong> Außen schafft Vertrauen <strong>und</strong> Identität<br />
als Gr<strong>und</strong>lage für nachhaltiges positives Stiftungswirken. Im<br />
nächsten Schritt geben die operativ Verantwortlichen der<br />
noch jungen Stiftung ein Profil nach Innen (Organisation <strong>und</strong><br />
Prozesse) <strong>und</strong> ein Gesicht nach außen. Dies ist ein interaktiver<br />
Prozess, abhängig von Vermögens- <strong>und</strong> Personalausstattung<br />
einerseits <strong>und</strong> der Art <strong>und</strong> Weise der Förderungsarbeit<br />
andererseits. Basis des aktiven Handelns ist ein von den Entscheidern<br />
verabschiedeter Strategie-, Maßnahmen- <strong>und</strong> Haushalts-/Budgetplan.<br />
Parallel sind Strukturen für Vermögensmanagement<br />
<strong>und</strong> Administration zu schaffen. Passend zur festgelegten<br />
Stiftungsausrichtung werden die geeigneten Instrumente<br />
für die Öffentlichkeitsarbeit ausgewählt <strong>und</strong> gestaltet.<br />
Hierzu zählen ein einheitliches Erscheinungsbild (Corporate<br />
Design), Informationsmaterial (Imagebroschüren sowie Tätigkeits-<br />
<strong>und</strong> Projektberichte), Newsletter für die interessierte<br />
<strong>Werte</strong> <strong>stiften</strong> ❚ 49
Stiftungsmanagement<br />
Öffentlichkeit sowie Projektpartner <strong>und</strong> Förderer, Internetpräsenz<br />
als zentrale Informationsquelle, Öffentliche Informationsveranstaltungen,<br />
Medienarbeit (Schreiben von Pressetexten)<br />
<strong>und</strong> Journalistenkontakte, aktive Teilnahme an Vorträgen/Kongressen<br />
sowie F<strong>und</strong>raising-Kampagnen.<br />
Weiterentwicklung – Projektmanagement<br />
<strong>und</strong> Projektcontrolling<br />
Stiftung ist mehr als Geld zur Verfügung stellen – es bedeutet,<br />
aktiv Veränderungsprozesse in der Gesellschaft zu initiieren<br />
<strong>und</strong> zu begleiten als Beitrag zur Zukunftsfähigkeit<br />
einer modernen <strong>und</strong> gerechteren Zivilgesellschaft. Um diesem<br />
Anspruch gerecht zu werden, bedarf es zwingender Professionalität<br />
in Auswahl, Vorbereitung, Durchführung <strong>und</strong> Evaluierung<br />
von Projekten auf Basis des Stiftungszwecks. Für<br />
nachhaltiges Wirken sind geeignete Maßnahmen zu finden für<br />
die Bewertung <strong>und</strong> Messung der durchgeführten Projekte.<br />
Hier besteht vor allem für bestehende <strong>Stiftungen</strong> ein hohes<br />
Maß an Potenzial der Weiterentwicklung <strong>und</strong> kontinuierlicher<br />
Verbesserung.<br />
Fazit: Eine Stiftung will so professionell gemanagt <strong>und</strong> geführt<br />
werden wie ein erfolgreiches Unternehmen. Gerade für<br />
<strong>Stiftungen</strong>, die auf Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Langfristigkeit zielen,<br />
verdient dieser Aspekt in der täglichen Arbeit mehr Aufmerksamkeit<br />
als bisher. Lucius Annaeus Seneca hat vor mehr als<br />
zwei Jahrtausenden konstatiert: „Man irrt, wenn man glaubt,<br />
dass Schenken eine leichte Sache sei. Es hat recht viel Schwierigkeiten,<br />
wenn man mit Überlegung geben <strong>und</strong> nicht nach<br />
Zufall <strong>und</strong> Laune verschleudern will.“ Im Übrigen profitieren<br />
von einer zunehmenden Professionalisierung alle Stakeholder<br />
gleichermaßen: <strong>Stifter</strong>, Gremienentscheider, Mitarbeiter<br />
Projektverantwortliche, Projektbegünstigte <strong>und</strong> die öffentliche<br />
Gesellschaft. ◆<br />
www.baumeistervalue.com<br />
Josef X. Baumeister besitzt langjährige<br />
Stiftungs-, Unternehmer<strong>und</strong><br />
Bankerfahrung, war zuletzt<br />
CFO/CEO der Hirschvogel Automotive<br />
Group <strong>und</strong> Vorstandsvorsitzender<br />
der gemeinnützigen Unternehmensstiftung.<br />
2012 gründete<br />
er als geschäftsführender Gesellschafter<br />
gemeinsam mit seiner Frau die baumeistervalue<br />
GmbH. Spezialisiert auf <strong>Stiftungen</strong> sowie den familiengeführten<br />
Mittelstand versteht sich die Gesellschaft<br />
als unabhängiger Berater <strong>und</strong> Begleiter für Stiftungsverantwortliche,<br />
Stiftungsgremien sowie für Gesellschafter,<br />
Unternehmer <strong>und</strong> Management.
Ihr Partner für Stiftungsberatung <strong>und</strong> -verwaltung<br />
Wir begleiten Privatpersonen, Unternehmen, Sparkassen<br />
<strong>und</strong> Banken, Kommunen <strong>und</strong> gemeinnützige Einrichtungen<br />
bei der Realisierung ihrer Stiftungsidee.<br />
Die Verwaltung zahlreicher <strong>Stiftungen</strong> im Auftrag von<br />
Sparkassen, Kommunen <strong>und</strong> gemeinnützigen Einrichtungen<br />
zeugt von unserer Kompetenz.<br />
Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Gesprächstermin.<br />
DT Deutsche Stiftungstreuhand AG<br />
Alexanderstraße 26<br />
90762 Fürth<br />
Telefon (0911) 740 76 80<br />
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