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Das Wirtschaftsmagazin für Braunschweig, Gifhorn, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg<br />

November 2013 | Nr.32<br />

Elektromobilität<br />

Chance und Schlüssel für<br />

Industrie und Wirtschaft<br />

Interviews<br />

Michael Ernst (Designer Outlets Wolfsburg)<br />

Otto Görge (Görge Frischemärkte)<br />

Joachim Wrensch (Buchhandlung Graff)<br />

Exklusiv-<br />

Interview<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Heinz Jörg Fuhrmann<br />

Vorstandsvorsitzender Salzgitter AG<br />

Die Ruhe im Sturm


Volkswagen Financial Services


3 Inhalt<br />

Titelfoto: Michael Löwa<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

einen guten Unternehmenskapitän<br />

erkennt<br />

man meist erst dann,<br />

wenn dieser auch in<br />

schwierigen Zeiten das<br />

Steuer souverän in der<br />

Hand behält und das<br />

Schiff sicher durch die<br />

Klippen der Krise steuert.<br />

Solch einer ist beispielsweise<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Heinz Jörg Fuhrmann,<br />

Chef der Salzgitter AG,<br />

verantwortlich für eine<br />

Mannschaft von rund<br />

25.500 Mitarbeitern.<br />

Wie er im rauen Wind<br />

der Stahlbranche segelt<br />

und kämpft, ist bemerkenswert – <strong>Standort</strong>38 traf sich mit<br />

ihm zu einem ausführlichen Interview.<br />

Aber auch in anderen Branchen weht momentan eine<br />

mächtige Brise, geht es mal auf, mal ab. Welche das sind,<br />

erfahren Sie in dieser vielfältigen <strong>Standort</strong>38-Ausgabe.<br />

Bleiben Sie auf Kurs,<br />

<br />

Das Wirtschaftsmagazin für Braunschweig, Gifhorn, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg<br />

Elektromobilität<br />

Chance und Schlüssel für<br />

Industrie und Wirtschaft<br />

Interviews<br />

Michael Ernst (Designer Outlets Wolfsburg)<br />

Otto Görge (Görge Frischemärkte)<br />

Joachim Wrensch (Buchhandlung Graff)<br />

ExklusivintErviEw<br />

November 2013 | Nr.32<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Heinz Jörg Fuhrmann<br />

Vorstandsvorsitzender Salzgitter AG<br />

Die Ruhe im Sturm<br />

Ihre <strong>Standort</strong>38 Redaktion<br />

Impressum Herausgeber BZV Medienhaus GmbH | Verlag und Redaktion BZV Medienhaus GmbH, Hamburger Strasse 277, 38114 Braunschweig<br />

Telefon (0531) 39 00 0 | Geschäftsführung Harald Wahls | Objektleitung Carsten Poll | Redaktionsleitung Christian Göttner<br />

Autoren Dennis Bartz, Daniel Beutler, Falk-Martin Drescher, Holger Isermann, Bastian Lüpke, Christoph Matthies, Valea Schweiger | Layout Chris Collet<br />

Anzeigen Michael Heuchert (verantw.) | Druck Druckhaus Gera GmbH, Jacob-A.-Morand-Strasse 16, 07552 Gera | Auflage 10.000 Exemplare<br />

Anregungen, Fragen, Wünsche zu <strong>Standort</strong>38? Wir stehen Ihnen gern zur Verfügung:<br />

Koordination Vertrieb/Anzeigen Katharina Heidmann | Telefon (0531) 39 00 193 | E-Mail standort@bzv.de<br />

Gefunden<br />

Weihnachtsgeschenke für den Schreibtisch4<br />

Gelesen<br />

Neue Wirtschaftsbücher5<br />

Finanzen<br />

Kay-Uwe Rohn, Autor und strategischer Berater6<br />

Unternehmen<br />

Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann, Vorstandsvorsitzender Salzgitter AG8<br />

Unternehmen<br />

Die 100 größten niedersächsischen Unternehmen12<br />

Unternehmen<br />

GOM mbH13<br />

Meldungen<br />

Aktuelles aus der regionalen Wirtschaft14<br />

Thema<br />

E-Mobilität16<br />

Unternehmen<br />

Otto Görge, Inhaber Görge Frischemärkte22<br />

Zahlen<br />

Von 27,56 Euro bis 144 Milliarden E-Mails24<br />

Engagement<br />

Spendenaktionen und -übergaben25<br />

Unternehmen<br />

Joachim Wrensch, Inhaber Buchhandlung Graff26<br />

Wirtschaftsvereinigungen<br />

Union Kaufmännischer Verein von 181828<br />

Unternehmen<br />

Agentur Ausdruckslos29<br />

Unternehmen<br />

Michael Ernst, Geschäftsführer, Designer Outlets Wolfsburg30<br />

Stiftungen<br />

Grove-Moldovan Art Foundation34<br />

Unternehmen<br />

70 Jahre Bäckerei Cadera35<br />

Rückblick<br />

Energietag, Porsche Zentrum, Forum Wirtschaft, BZV-Medienhaus36<br />

Persönlich<br />

Der Schreibtisch von … Dr. Jörg Leuschner38<br />

DAS MEDIENHAUS<br />

Wir feiern<br />

50-jähriges<br />

Jubiläum!<br />

Bis September 2014<br />

erwarten Sie jeden Monat<br />

attraktive Angebote und<br />

viele Aktionen*<br />

Metro Cash & Carry Deutschland GmbH<br />

Dieselstr. 13, 38122 Braunschweig<br />

Telefon: 0531 / 2880-203<br />

* nur für gewerbliche Kunden


Gefunden<br />

Gute Gaben<br />

Weihnachtsgeschenke<br />

Ja, is' denn heut' scho' Weihnachten?“, fragte<br />

Franz Beckenbauer einst in einem Werbespot eines<br />

Mobilfunknetzbetreibers. Die Antwort lautet: „Nicht<br />

heut’, aber bald.“ Wer (noch) nicht weiß, was er wichtigen<br />

Unternehmenspartnern für die gute Zusammenarbeit<br />

in diesem Jahr – und für das Büro – schenken soll, wird<br />

auf dieser Seite vielleicht fündig.<br />

Tischleuchte<br />

Ein echter Hingucker, bunter Anmacher und stilvolles<br />

Schmuckstück ist die Lotek LED Schreibtischleuchte,<br />

die Javier<br />

Mariscal für Artemide entwickelte.<br />

Sie greift die typische<br />

Farb- und Formensprache<br />

des<br />

Kubismus auf<br />

und ist mehr als<br />

eine dekorative Arbeitsleuchte – sie ist ein Design-<br />

Objekt. Reduzierte Form und allumfassende<br />

Funktion mit verstellbarem Arm und Kopf, die<br />

perfekt ausbalanciert und extrem beweglich<br />

sind. Die recyclebare Leuchte mit dimmbarer<br />

LED-Technik ist sowohl zum Lesen<br />

als auch für die Arbeit am PC<br />

geeignet. Kostenpunkt:<br />

299 Euro. www.topdeq.de<br />

Feuerstelle<br />

W<br />

er die Gemütlichkeit und Wärme eines Feuers<br />

nicht nur zu Hause, sondern auch im Büro liebt, für<br />

den gibt es eine ganz besondere Feuerstelle: den Tischkamin<br />

Ätna. Dieses spezielle Wohnaccessoire für 99<br />

Euro kann man überall dort aufstellen, wo man dem Züngeln<br />

des Feuerchens zusehen möchte. Zum Beispiel auf<br />

dem Schreibtisch, in der Fensterbank oder im Konferenzraum.<br />

Der kleine<br />

Kamin (Länge 35,6 cm,<br />

Breite 12 cm, Höhe 28<br />

cm, Gewicht 3.5 kg) ist<br />

aus Sicherheitsglas und<br />

Edelstahl, wird mit Bio-<br />

Alkohol betrieben und<br />

brennt deshalb absolut<br />

geruchs- und rauchfrei.<br />

www.design-3000.de<br />

Wandkalender<br />

Buchstaben, Zahlen, Schwarz<br />

auf Weiß – zeitloses Design<br />

vom italienischen Qualitätshersteller<br />

Danese. Dieser Wandkalender<br />

ist zu Recht seit fast fünfzig<br />

Jahren der Klassiker unter<br />

den Office-Kalendern. Formosa,<br />

im Jahre 1963 von Enzo Mari<br />

entworfen, ist wahrlich „ewig“: wegen seiner klaren und<br />

zeitlosen Optik und wegen der täglich leicht zu wechselnden<br />

Kalenderblätter aus bedrucktem Aluminium. Die Zeit vergeht,<br />

doch diese langspielplattengroße Designikone, die 120<br />

Euro kostet, bleibt. www.designyu.de<br />

Geduldsspiel<br />

Inukshuk sind Steine der Weisen und waren früher der traditionelle<br />

Wegweiser für Reisende. Heute dienen sie im<br />

Büro als eine andere Art Wegweiser: als magnetisches Anti-<br />

Stress-Objekt, Geduldsspiel oder Handschmeichler. Das universelle<br />

Office-Objekt Inukshuk<br />

für 49 Euro – bestehend aus<br />

fünf magnetischen Steinen<br />

(Kunstharz) und Edelstahlunterlage,<br />

inklusive<br />

fünf Büroklammern in<br />

Stoffsäckchen – soll innere<br />

Ruhe und Konzentration<br />

fördern, kann aber auch<br />

ganz profan als Büroklammerhalter,<br />

Bilderrahmen<br />

u.v.m. verwendet<br />

werden.<br />

www.allindesign.de<br />

Globus<br />

Heute die Region 38 und morgen die<br />

ganze Welt? Für viele Unternehmen<br />

der Region ist globales Denken<br />

und Handeln längst alltäglich.<br />

Ein Blick auf den Globus<br />

Terra Green Light von<br />

Emform genügt, und man<br />

sieht, wohin man demnächst<br />

reisen muss. Dieser dreht sich<br />

um die eigene Achse, ist in<br />

einer attraktiven Kombination<br />

von Chrom, Stahl, Holz und Aluminium<br />

hochwertig verarbeitet. Ein<br />

echter Schreibtisch-Blickfang, der<br />

in sieben verschiedenen Farben<br />

erhältlich ist, für 98 Euro.<br />

www.amazon.de Christian Göttner<br />

4


5 Gelesen<br />

Von Arbeit bis Zufall<br />

Neue Wirtschaftsbücher kritisch betrachtet<br />

Work-Life-<br />

Bullshit<br />

Thomas Vasek |<br />

Riemann Verlag<br />

Das Gejammer<br />

über Burn-out<br />

ist nicht auszuhalten.<br />

Work-Life-<br />

Balance, die Trennung<br />

von Arbeit und<br />

Leben, ist „Bullshit“. Arbeit gehört zum<br />

Leben …“, behauptet Thomas Vasek,<br />

streitbarer Chefredakteur des Philosophiemagazins<br />

„Hohe Luft“. Der hat in<br />

seinem 288-seitigen Buch aber nicht<br />

nur harte Worte und heiße Luft, sondern<br />

auch viele fundierte und nachvollziehbare<br />

Argumente zu bieten. Er plädiert<br />

für eine radikale Neubewertung<br />

der Arbeit. Eine, die uns herausfordert,<br />

die Fähigkeiten erweitert, den Charakter<br />

und die Persönlichkeit formt – und<br />

durchaus auch an Grenzen führt. Eine<br />

Welt ohne Arbeit ist für ihn ein Trugschluss;<br />

dass uns Freizeit glücklicher<br />

macht, negiert Vasek ebenfalls. Die<br />

Freizeit- und Mußegesellschaft ist für<br />

ihn ein aristokratisches Ideal, denn wer<br />

die Arbeit verachtet, verachtet auch die<br />

arbeitenden Menschen. „Work-Life-<br />

Bullshit“ ist eine aufrüttelnde und optimistische<br />

Kampfschrift.<br />

C.G.<br />

Zufall!?<br />

Reinhold Beckmann/Sabine<br />

Paul | Hoffmann und Campe<br />

Dass der herausragende<br />

Schauspieler<br />

Mario Adorf<br />

eine große Karriere<br />

hingelegt hat, kann<br />

mit Zufall eigentlich<br />

nichts zu tun<br />

haben. Oder doch? Er wollte nur einen<br />

Kommilitonen der Schauspielschule<br />

als Stichwortgeber beim Vorsprechen<br />

begleiten, als er seine erste Filmrolle<br />

ergatterte. Der Mitschüler ging leer<br />

aus. TV-Talker Reinhold Beckmann<br />

und Journalistin Sabine Paul haben mit<br />

25 Prominenten (u.a. Roman Herzog,<br />

Ursula von der Leyen, Martin Walser)<br />

gesprochen und deren Biographien<br />

in kurzen Essays niedergeschrieben.<br />

So weit, so gewöhnlich. Doch<br />

die abwechslungsreichen Lebensläufe<br />

münden immer wieder in die Frage:<br />

„Was wäre gewesen, wenn …?“ War es<br />

Schicksal, dass nicht Ottmar Hitzfeld,<br />

sondern Jürgen Klinsmann Nationaltrainer<br />

wurde und Jens Lehmann somit<br />

als deutsche Nummer eins bei der<br />

Heim-WM 2006 im Tor stehen durfte?<br />

Seine Erklärung: „Zufall ist das, was der<br />

liebe Gott eigentlich wollte.“ C.M.<br />

Blender<br />

Roman Maria Koidl |<br />

Goldmann<br />

Warum ausgerechnet<br />

gut ausgebildete<br />

Frauen in Beruf<br />

und Karriere von<br />

schlechter ausgebildeten<br />

Männern<br />

überholt werden, erklärt Roman<br />

Maria Koidl nun auch im Taschenbuch-Format.<br />

Der kennt sich aus mit<br />

dieser ganz besonderen Spezies, denn<br />

bereits in seinem Bestseller „Scheißkerle<br />

– Warum es immer die Falschen<br />

sind“ hat er mit ähnlichen Typen abgerechnet.<br />

Er entlarvt diese männlichen<br />

Platzhalter und -hirschen (siehe<br />

Cover) und tituliert sie auf 224 Seiten<br />

als „Bildungsblender“, „Flachpfeifen“,<br />

„Flitzpiepen“, „Inhaltssimulanten“,<br />

„Luftpumpen“, „Pöstchenjäger“, „Worthülsenabschussmaschine“<br />

und vieles<br />

mehr. Amüsant und locker geschrieben,<br />

geht es inhaltlich (mit Anekdoten,<br />

Analysen, Zahlen, Daten und Fakten)<br />

dennoch fies und schonungslos<br />

zur Sache. Im Anschluss gibt es noch<br />

sieben Strategien gegen Blender und<br />

einen Trost obendrauf. „Stromberg“-<br />

Fans dürften begeistert sein. C.G.<br />

Die 5 Geheimnisse der<br />

Überlebenskünstler<br />

Andrew Zolli, Ann Marie Healy | Riemann Verlag<br />

Wer auf einem Drahtseil balanciert,<br />

kann auch herunterfallen<br />

– das suggeriert zumindest das Titelbildmotiv.<br />

Andrew Zolli (Berater und<br />

Zukunftsforscher) und Ann Marie Healy<br />

(Finanz-Journalistin) erklären in ihrem<br />

380-seitigen Buch, wie man mit Unvorhergesehenem<br />

umgeht, Gefahren meistert und „Lost“-<br />

artige Szenarien übersteht. Hilfreich ist dabei Resilienz, also<br />

unsere Fähigkeit, aber auch die von Ökosystemen, Unternehmen<br />

und Gesellschaften, flexibel und angemessen auf Herausforderungen<br />

und Krisen zu reagieren und diese zu bewältigen.<br />

Man lernt hier zum Beispiel: Je größer und schwerfälliger<br />

etwas ist, desto anfälliger ist es auch. Neue Ideen und konstruktive<br />

Querdenker sind immer wichtig, gute Vernetzung ist<br />

elementar und „positive“ Gedanken ansteckend.<br />

C.G.<br />

Die Ökonomie von<br />

Gut und Böse<br />

Tomas Sedlacek | Hanser<br />

Das Buch von Tomas Sedlacek wurde<br />

mit viel Lob überschüttet – völlig zu<br />

Recht. Der tschechische Ökonom skizziert<br />

auf 448 Seiten die (Wirtschafts-)<br />

Weltgeschichte in aller Kürze und zeigt<br />

Verknüpfungen und Hintergründe auf,<br />

die in keinem Gedankenhaushalt fehlen<br />

sollten. Das Buch, einfach lesbar, unterhaltsam geschrieben,<br />

gut verständlich und mit seinen Fußnoten über den eigenen<br />

Tellerrand schauend, produziert beim Leser „ah's und „oh's“<br />

am Fließband. Das schaurig Schöne dabei ist, dass die Argumentationen<br />

des Autors so verständlich, manchmal schon<br />

fast trivial, wirken, in ihrer Gänze aber das Fundament unserer<br />

heutigen (Wirtschafts-)Welt bilden. Manchmal geht man<br />

auf diesem Parforceritt zwar etwas verloren, schließt aber<br />

meist im nächsten Kapitel wieder auf.<br />

D.B.


Finanzen<br />

6<br />

„Nervenstränge<br />

unserer Entwicklung“<br />

Der Braunschweiger Autor und Berater Kay-Uwe Rohn im Interview<br />

Er war Mitte der 80er Jahre<br />

Gründer der wir design GmbH,<br />

ist seit 2009 Mitinhaber und<br />

Geschäftsführender Gesellschafter der<br />

Agentur für integrierte Kommunikation<br />

mission: media GmbH, Wolfsburg/Berlin,<br />

verantwortlich für strategische Beratung.<br />

Neben der Wirtschaft liebt er die<br />

Worte. <strong>Standort</strong>38 sprach mit ihm.<br />

Herr Rohn, Sie sind Leiter des „Wortmuseums“.<br />

Was kann man dort erleben?<br />

Ich erlebe immer wieder die Entwicklung<br />

unserer Sprache. Im „Wortmuseum“<br />

(www.wortmuseum.de) sammeln<br />

wir fast vergessene Wörter, inventarisieren<br />

diese und stellen sie einem interes-<br />

sierten Publikum wieder zur Verfügung.<br />

Und das ohne den pädagogischen Zeigefinger,<br />

sondern mit Spaß und Frische.<br />

Feedback von Alt und Jung sind Motivation,<br />

dieses Projekt fortzusetzen.<br />

Wie ist Ihr Buch „Kabinett Finanzen“ entstanden<br />

und wen soll es ansprechen?<br />

Das Buch ist die Dokumentation eines<br />

Kooperationsprojektes zum 247.<br />

Geburtstag der Braunschweigischen<br />

Landessparkasse. Wir haben im „Wortmuseum“<br />

Finanzbegriffe gesammelt und<br />

ausgestellt. 1976 hatte ich zwei Berufswünsche:<br />

Lektor im Suhrkamp Verlag,<br />

also Germanistikstudium, alternativ das<br />

Studium Design/Marketing. Ich habe<br />

mich für Letzteres entschieden und<br />

beschäftige mich erst seit zehn Jahren<br />

wieder intensiver mit Sprache und Wort.<br />

Ein Buch war jetzt einfach fällig. „Kabinett<br />

Finanzen“ ist für alle Altersgruppen<br />

geschrieben – jeder, der einen Berufsabschluss<br />

im Finanzbereich macht, sollte<br />

so ein Buch geschenkt bekommen.<br />

Was fasziniert Sie am Thema Geld?<br />

Nach Oscar Wilde, „Heute kennt man<br />

von allem den Preis, aber von nichts<br />

den Wert“, ist Geld nur ein Mittel. Der<br />

Wert liegt anderswo. Mich haben die<br />

Geschichten hinter den Worten interessiert.<br />

Wie sah der Markt- und Handelsplatz<br />

aus, an dem der Banker in Italien<br />

seinem Geschäft nachging? Wie reagierten<br />

die Menschen dort, als seine Steinbank<br />

zerschlagen wurde, banca rotta,<br />

als sein Geschäft nicht mehr funktionierte<br />

und er bankrott war? Weshalb<br />

haben wir so viele Begriffe im Sprachfeld<br />

Finanzen aus dem Italienischen?<br />

Geld, Währungen und Handel sind wie<br />

Nervenstränge der Entwicklung unserer<br />

Kultur und auch unserer Identität.<br />

Über Geld wollen nur die wenigsten sprechen.<br />

Warum reden Sie gerne darüber?<br />

Ich habe gelernt, gerne über Geld zu<br />

sprechen. Ein Honorar ist Teil einer<br />

Wertschätzung mir gegenüber. Das<br />

Thema spreche ich gerne an. Im „Wortmuseum“<br />

ist Geld ein überschaubarer<br />

Bereich um zu forschen und um Einblicke<br />

zu geben in Sprachentwicklung.<br />

Inwieweit ist Geld nicht nur ein Zahlungsmittel,<br />

sondern auch ein Zeichensystem,<br />

eine Sprache?<br />

Es gibt ja Theorien, die besagen, dass<br />

Geld vielleicht sogar die „universale<br />

Sprache“ unserer Welt ist. Ein interessantes<br />

Gebiet, das ich gerne noch einmal<br />

für das Kabinett Finanzen erarbeiten<br />

werde.<br />

Geld regiert die Welt, es allein macht nicht<br />

glücklich oder verdirbt den Charakter. Was<br />

ist Ihr Lieblingsspruch zum Thema Geld?<br />

Geld ist kein Reichtum – Reichtum ist<br />

eine Ansammlung von Werten.<br />

Das deutsche Wort „Währung“ ist verwandt<br />

mit dem Wort „wahr“. Wie viel<br />

Wahrheit liegt im Geld?<br />

Wie geht Geld mit Wahrheit um? Die<br />

gedankliche Verbindung liegt nah,<br />

besonders nach den Vorkommnissen im<br />

Finanzwesen der letzten zehn Jahre. Der<br />

Wortursprung kommt aber aus dem Mittelhochdeutschen.<br />

„Werunge" wurde zu<br />

„wern", „gewähren" (einer verkürzten<br />

Fotos: Privat


7 Finanzen<br />

Variante der mhd. Form von „gewähren“)<br />

und bedeutete urspr. „Gewährleistung,<br />

also Gewährleistung für den<br />

bestimmten Wert einer Münze.<br />

Früher stand das Adjektiv „billig“ für<br />

„angemessen, passend, gerecht“. Wie und<br />

warum wandeln sich Worte bzw. Bedeutungen<br />

im Sprachgebrauch?<br />

Hier hilft mir ein Zitat aus dem Buch<br />

„Kabinett Finanzen“ (aus dem Vortrag<br />

von Prof. Dr. Armin Burkhardt, Vorsitzender<br />

der Gesellschaft für deutsche<br />

Sprache): Was einen Preis hat, kann billig,<br />

teuer oder preiswert sein. Das Adjektiv<br />

billig (ahd. billih) hatte ursprünglich<br />

die Bedeutung „angemessen, passend,<br />

gerecht“. Ein billiger Preis war zunächst<br />

ein angemessener Preis. Was billig war,<br />

war also gerechtfertigt, wie es sich bis<br />

heute in der Paarformel „recht und billig“<br />

erhalten hat. In unserem heutigen<br />

Sinne „billige“ Ware nannte man<br />

damals „wohlfeil“. Ein angemessener<br />

Preis kann aber, zumindest aus der Perspektive<br />

des Kunden, kein hoher Preis<br />

sein, sodass billig nach und nach im<br />

Sinne von „preisgünstig“ verstanden<br />

wurde. Da aber preisgünstige Waren<br />

zumindest dazu tendieren, von schlechterer<br />

Qualität zu sein, hat „billig“ inzwischen<br />

auch die Bedeutung „minderwertig“<br />

ausgebildet. Für die heutige<br />

Gegenwartssprache sind daher<br />

drei – miteinander verwandte<br />

– Bedeutungen von „billig“ zu<br />

konstatieren.<br />

Im Vorwort berichtet Werner<br />

Schilli, Vorstandsmitglied<br />

der BLSK, über Werte. Welche<br />

Werte sollte ein modernes<br />

Unternehmen besitzen?<br />

Transparenz, Authentizität und<br />

Leidenschaft wäre ein interessanter<br />

Wertekanon. Aber pauschal kann<br />

man das natürlich nicht festlegen. Jedes<br />

Unternehmen, jede Institution sollte ihr<br />

eigenes Werteschema entwerfen und als<br />

Grundlage für Verhalten, Identität, Produkte<br />

und Dienstleistungen verstehen.<br />

Hat sich das Bewusstsein von Banken und<br />

Unternehmen seit der Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

im Herbst 2007 verändert?<br />

Das ist eine Kulturveränderung, die<br />

Zeit braucht. Sich als Bank mit so einem<br />

Projekt „Wort und Werte“ zu beschäftigen,<br />

sehe ich schon als einen richtigen<br />

Schritt an. Die Marktteilnehmer, wir<br />

Kunden, werden von Banken mehr und<br />

mehr objektive Beratung und Begleitung<br />

in Geldgeschäften fordern.<br />

Reine Vertriebsmaschinen werden<br />

sicherlich nicht das Bankmodell<br />

der Zukunft sein.<br />

Von 1991 bis 2001 zierte der<br />

Braunschweiger Astronom,<br />

Mathematiker und Physiker Carl<br />

Friedrich Gauß den 10-Mark-<br />

Schein. Welche Persönlichkeiten<br />

aus der Region könnten Sie sich sonst<br />

noch auf einem Geldschein vorstellen?<br />

Wie wäre es mit einem Bild des „unbekannten<br />

Spenders“ von Braunschweig?<br />

Für was geben Sie am liebsten Geld aus?<br />

Ich investiere Geld am liebsten in neue<br />

Projekte und Unternehmungen.<br />

<br />

Christian Göttner<br />

Strahlende Kinderaugen zum Weihnachtsfest<br />

Helfen Sie mit und bescheren Sie notleidenden Kindern<br />

ein fröhliches Fest. Ein besinnlicher Heiliger Abend ist leider<br />

nicht allen vergönnt. In Familien, die durch unverhoffte<br />

Schicksalsschläge wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit in<br />

eine soziale Notlage geraten sind, reicht das Geld meist weder<br />

für einen Weihnachtsbaum noch für Geschenke. Hier<br />

hilft die United Kids Foundations Weihnachtsinitiative, eine<br />

Aktion der Volksbank BraWo Stiftung.<br />

Bei Besuchen überraschen unsere „Weihnachtsengel“ die<br />

Familien. Mit kleinen Präsenten bringen Sie Glanz in das<br />

Weihnachtsfest und tragen dazu bei, dass die Augen der<br />

Kinder vor Freude funkeln.<br />

Lassen Sie kleine Wünsche wahr werden. Unterstützen<br />

Sie Familien aus der Region Braunschweig-Wolfsburg,<br />

die ein wenig Beistand verdient haben.<br />

Empfehlen Sie sie bis zum 6. Dezember 2013 unter<br />

www.united-kids-foundations.de/weihnachtsinitiative<br />

Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge.<br />

Gerne können Sie die Aktion auch mit Ihrer Spende<br />

begleiten: Volksbank BraWo Stiftung,<br />

Spendenkonto United Kids Foundations,<br />

Konto 22 22 22 11 11 BLZ 269 910 66<br />

Eine fröhliche Vorweihnachtszeit wünscht<br />

Ihre Volksbank BraWo Stiftung


Unternehmen<br />

8<br />

„Das Rückgrat der<br />

Beschäftigung“<br />

Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann, Vorstandsvorsitzender<br />

der Salzgitter AG, im exklusiven Interview<br />

Die Stahlbranche befindet sich<br />

in einer Krise – und die Salzgitter<br />

AG steckt mittendrin. Meist<br />

wird erst in schwierigen Zeiten deutlich,<br />

welche Qualitäten einen Unternehmenslenker<br />

auszeichnen, welche Maßnahmen<br />

er ergreift, Entscheidungen<br />

trifft und Lösungen findet. An der Spitze<br />

des Konzerns, der rund 25.500 Mitarbeiter<br />

beschäftigt, steht Prof. Dr.-Ing.<br />

Heinz Jörg Fuhrmann. Der 56-jährige<br />

Vorsitzende des Salzgitter-Vorstands<br />

hat Eisenhüttenkunde und Wirtschaftswissenschaften<br />

studiert, begann seine<br />

industrielle Laufbahn im Jahr 1983 in<br />

der technischen Betriebswirtschaft der<br />

Klöckner-Werke AG. Dort wurde er<br />

1986 Leiter der Unternehmensstrategie<br />

und 1990 Leiter der Hauptabteilung<br />

Verarbeitung/Technische Organisation.<br />

Im selben Jahr promovierte er mit Auszeichnung<br />

an der Technischen Universität<br />

Berlin. Nach verschiedenen Stationen<br />

im Klöckner-Konzern wechselte der<br />

Duisburger 1995 zur Preussag Stahl AG,<br />

aus der 1998 im Zuge des Börsengangs<br />

der Salzgitter-Konzern hervorging. Im<br />

Interview erlebten wir einen besonnenen,<br />

bodenständigen und humorvollen<br />

Menschen, der den Eindruck macht,<br />

dass er auch in einem heftigen Sturm die<br />

nötige Ruhe behält.<br />

Professor Fuhrmann, in der August-Ausgabe<br />

von <strong>Standort</strong>38 gab es einen zwölfseitigen<br />

Sonderteil über Salzgitter, der mit<br />

„Großstadt mit dörflichem Charme“ betitelt<br />

war. Wie sehen Sie Salzgitter?<br />

Als jemand, der in Duisburg aufgewachsen<br />

ist, möchte ich die Großstadt<br />

ein wenig relativieren; der dörfliche<br />

Charme erschließt sich hingegen<br />

auch mir. Wenn ich Großstadt erleben<br />

möchte, kann ich nach Braunschweig<br />

oder Hannover fahren. Insofern ist Salzgitter<br />

eine sehr originelle Stadt, die aus<br />

etwa dreißig Stadtteilen besteht. Das<br />

merkt man sofort, denn dazwischen<br />

befindet sich viel Landschaft (lacht). Es<br />

Fotos: Michael Löwa, Salzgitter AG


9 Unternehmen<br />

Warmwaltwerk-Vorstraße Coillager Mitarbeiter im Coillager<br />

ist ja auch keine gewachsene Stadt, sondern<br />

eine Gründung, die vor 75 Jahren<br />

vor einem wirtschaftlichen Hintergrund<br />

vorgenommen wurde. Das Spannungsfeld<br />

zwischen Groß-Agrariern und bürgerlicher<br />

Industriewelt ist nach wie vor<br />

vorhanden. Es gibt gute Luft, recht viel<br />

Ruhe, eine schöne Landschaft und aufgeschlossene,<br />

freundliche Menschen –<br />

man kann sich hier richtig wohlfühlen.<br />

Was machen Sie hier am liebsten?<br />

Arbeiten (lacht). Ja, mein Beruf macht<br />

mir tatsächlich Freude. Die 35-Stunden-<br />

Woche habe ich in der Regel schon nach<br />

drei Tagen zusammen.<br />

Sie sind 1995 zur Preussag Stahl AG<br />

gekommen. Wie haben Sie in den darauf<br />

folgenden Jahren die Veränderung der<br />

Region und des Unternehmens erlebt?<br />

Die Grundstrukturen im Unternehmen<br />

sind relativ gleich geblieben, doch hat<br />

die Eigenständigkeit mit der Herauslösung<br />

aus dem Preussag-Konzern und<br />

dem Börsengang viel verändert. Vorher<br />

war die Konzernzentrale in Hannover<br />

und wir waren nur ein Bestandteil<br />

dieses Unternehmens. Manchmal wurde<br />

damals dort sogar gegen unsere Interessen<br />

entschieden. Mit der Verlagerung<br />

der Entscheidungszentrale nach Salzgitter<br />

haben sich ganz neue Gestaltungsfreiheiten<br />

eröffnet und der Blick wurde<br />

in diese Region gerichtet. Das hat auch<br />

viel zum Selbstbewusstsein beigetragen.<br />

Die Salzgitter AG ist – neben Volkswagen<br />

– das Rückgrat der Beschäftigung<br />

in der Region. An unseren <strong>Standort</strong>en<br />

arbeiten Menschen mit den unterschiedlichsten<br />

theoretischen und praktischen<br />

Fähigkeiten, die den gesamten<br />

Querschnitt der Bevölkerung darstellen.<br />

Wie haben Sie das Unternehmen selbst<br />

beeinflusst und weiterentwickelt?<br />

Ich habe von vornherein stets eine<br />

Unternehmenspolitik vertreten, die<br />

sich an den Interessen der hier arbeitenden<br />

Menschen orientiert. Riskante<br />

Engagements im Ausland und in Übersee<br />

habe ich daher immer sehr kritisch<br />

betrachtet und dies auch im Vorstand<br />

zum Ausdruck gebracht. Dass wir diese<br />

Globalisierung, die der Kapitalmarkt<br />

natürlich schicker findet, nicht mitgemacht<br />

haben, hat uns vielleicht etwas<br />

an Image, glänzender Oberfläche und<br />

Renommee gekostet, hat sich jedoch<br />

ausgezahlt. Dass die Salzgitter AG heute<br />

– nach einigen schwierigen Jahren in der<br />

Stahlbranche – immer noch vergleichsweise<br />

stabil und gut dasteht, hat durchaus<br />

mit dieser konservativen Strategie<br />

zu tun. Wir agieren hier bodenständig,<br />

aber überhaupt nicht provinziell. Das ist<br />

nämlich ein elementarer Unterschied.<br />

Wie empfindet das der internationale<br />

Finanzmarkt?<br />

Wenn es nach einigen Hedgefonds-<br />

Managern in London ginge, müsste man<br />

alles, was nicht gut läuft, sofort gnadenlos<br />

dichtmachen. Diese Vorgehensweise<br />

lehnen wir ab, aber wenn man<br />

börsennotiert ist, muss man sich natürlich<br />

permanent mit den unterschiedlichen<br />

Sichtweisen auseinandersetzen.<br />

Wir haben immer darauf Wert gelegt,<br />

unsere Werke auf dem absolut modernsten<br />

technischen Stand zu halten, und<br />

haben deshalb unsere investiven Mittel<br />

mit Priorität hier eingesetzt, unsere Substanz<br />

gestärkt und sind keine kostspieligen<br />

Engagements in der Ferne eingegangen.<br />

Wir sind der unerschütterlichen<br />

Der börsennotierte Salzgitter-Konzern zählt mit nahezu 9 Millionen Tonnen Rohstahlkapazität,<br />

circa 25.500 Mitarbeitern sowie 10 Milliarden Euro Außenumsatz im<br />

Jahr 2012 zu den führenden Stahltechnologie- und Anlagenbau-Konzernen Europas.<br />

Das Unternehmen umfasst weltweit mehr als 200 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften,<br />

darunter Salzgitter Flachstahl, llsenburger Grobblech, Peiner Träger und<br />

die Mannesmannröhren-Werke. Unter Führung der Salzgitter AG als Holding ist der<br />

Konzern in die fünf Unternehmensbereiche Stahl, Handel, Röhren, Dienstleistungen<br />

und Technologie untergliedert. Die Aktie der Salzgitter AG ist Mitglied des MDAX-<br />

Index der Deutsche Börse AG.


Unternehmen<br />

10<br />

Ich würde sagen, Geradlinigkeit, analytisches<br />

Denken, Disziplin, Ehrlichkeit,<br />

Aufgeschlossenheit, Humor und Kreativität.<br />

Ich habe klare Prinzipien und<br />

wechsele meine Grundeinstellung nicht<br />

wie das tägliche Hemd. Das kommt für<br />

mich nicht in Frage. Auch nicht, wenn<br />

eine Drucksituation besteht.<br />

Schmelzer am Hochofen<br />

Überzeugung, dass unser Unternehmen<br />

eigenständig bleiben sollte, und leiten<br />

dies aus der Verpflichtung gegenüber<br />

den Menschen ab, die hier arbeiten und<br />

leben. Diese Verpflichtung ist jedoch<br />

nicht einzulösen, wenn wir unrentable<br />

Arbeitsplätze auf Dauer konservieren.<br />

Sie meinen konkret den <strong>Standort</strong> Peine?<br />

Ja, zum Beispiel, aber nicht ausschließlich.<br />

In Peine haben wir im ersten Halbjahr<br />

2013 einen Verlust von 230 Millionen<br />

Euro gemacht. In Summe hat uns<br />

der <strong>Standort</strong> Peine in den vergangenen<br />

Jahren mehr als eine halbe Milliarde<br />

Euro gekostet. Es war also dringend notwendig,<br />

ein Restrukturierungsprogramm<br />

durchzuführen, denn die finanzielle<br />

Substanz des Konzerns wird durch die<br />

hohen Verluste nachhaltig geschädigt.<br />

Sie haben Eisenhüttenkunde studiert, treffen<br />

heute vor allem kaufmännische Entscheidungen.<br />

Was nützt da Ihr Studium?<br />

Hochofen<br />

Man kann in einem produzierenden<br />

und sich entwickelnden Unternehmen<br />

wie der Salzgitter AG nur dann wichtige<br />

Sachverhalte erkennen und richtige Entscheidungen<br />

treffen, wenn man von den<br />

grundlegenden Dingen etwas versteht.<br />

Ich bin felsenfest überzeugt davon, dass<br />

meine technische Ausbildung eine gute<br />

Voraussetzung für meine Arbeit bildet.<br />

Ich sehe das Unternehmen übrigens<br />

nicht – wie so manche Spitzenmanager<br />

– als Vehikel für meinen persönlichen<br />

Ehrgeiz, sondern bin von unseren beeindruckenden<br />

Produktionsprozessen, den<br />

komplexen Anlagen und vielfältigen<br />

Produkten wirklich fasziniert.<br />

Der Schriftsteller Max Frisch stellt in seinem<br />

Roman „Homo Faber“ einen streng<br />

rationalen, technisch orientierten Ingenieur<br />

in den Mittelpunkt. Sehen Sie eigene<br />

Parallelen zur Figur des Walter Faber?<br />

Ich habe das Buch gelesen und genau das<br />

bin ich nicht (lacht). Das ist ein Stereotyp.<br />

In etlichen Unternehmen, die ihre<br />

Zentrale in der Region haben, haben<br />

Naturwissenschaftler und Ingenieure<br />

unter Beweis gestellt, dass sie keine mit<br />

Scheuklappen versehenen, introvertierten<br />

Typen sind, sondern genau das<br />

Gegenteil. Leichte Verschrobenheit finden<br />

Sie übrigens zum Beispiel auch bei<br />

Juristen, Sozialwissenschaftlern, Kaufleuten<br />

und anderen Spezies – diese sind<br />

dann nur anders ausgeprägt (lacht).<br />

Es ist gut, dass wir nicht alle gleich sind,<br />

und ich denke, es ist eine der wichtigsten<br />

Aufgaben einer Führungspersönlichkeit,<br />

herauszufinden, wo die Stärken<br />

der Mitarbeiter, mit denen man sich<br />

umgibt, liegen.<br />

Was sind Ihre größten Stärken?<br />

Was heißt das für Ihr Unternehmen?<br />

Vorab gesagt: Diese Grundeinstellung<br />

vertrete ich zum Beispiel auch beim<br />

Thema Peine. Im Vorstand habe ich –<br />

speziell im vorigen Jahr – einige Diskussionen<br />

dazu geführt. Dabei habe ich<br />

deutlich gemacht: Mit mir wird es keine<br />

Stilllegung oder Verkooperierung geben,<br />

bevor nicht die letzte Maßnahmen-Patrone<br />

verschossen ist. Auch unter den<br />

Randbedingungen einer europaweiten<br />

Krise der Stahlbranche.<br />

Können Sie bitte kurz skizzieren, wie es zu<br />

dieser Situation kam?<br />

Es begann im Jahr 2007 mit dem Platzen<br />

der Immobilienblase in Großbritannien.<br />

Danach ging es in den USA weiter.<br />

Der Höhepunkt der Finanzkrise war<br />

dann die Lehmann-Brothers-Pleite am<br />

15. September 2008. In der EU hat sich<br />

aus den Anstrengungen zur Bankenrettung<br />

in Kombination mit der hohen<br />

Staatsverschuldung einiger Länder letztlich<br />

eine Wirtschaftskrise entwickelt. In<br />

Deutschland ist sie allerdings nicht so<br />

stark ausgeprägt und speziell in unserer<br />

Region aufgrund der Stabilität von<br />

VW kaum zu spüren. Aber man kann es<br />

dennoch nicht einfach ignorieren, dass<br />

wir in Europa leben und hier eine Wirtschaftskrise<br />

haben, die schließlich auch<br />

Kraftwerk<br />

Fotos: Salzgitter AG, Peter Lenke, Michael Löwa


11 Unternehmen<br />

die Industrie stark in Mitleidenschaft<br />

gezogen hat.<br />

Können Sie das mit Zahlen verdeutlichen?<br />

Die italienische Automobilindustrie<br />

befindet sich zurzeit auf dem Produktionslevel<br />

von 40 % des Jahres 1993, die<br />

französische Automobilindustrie auf<br />

60 %. Baugenehmigungen in Spanien<br />

belaufen sich auf 5 % des Vorkrisenniveaus.<br />

Das heißt: Da läuft überhaupt<br />

nichts mehr, und die Peiner Träger<br />

GmbH ist leider zu 100 % Zulieferer der<br />

Bauindustrie. Es gibt gegenwärtig im<br />

europäischen Markt mehr als doppelt<br />

so viel Produktionskapazität bei Trägern<br />

wie Nachfrage existiert.<br />

Ein Ungleichgewicht von Angebot<br />

und Nachfrage hat immer einen harten<br />

Preiswettbewerb zur Folge. Im Falle<br />

des Stahlträgers liefern alle Produzenten<br />

ein definiertes und standardisiertes<br />

Produkt, mit dem man sich kaum von<br />

seinen Konkurrenten abheben kann.<br />

Es geht also im Wesentlichen um Kosten<br />

und Produktivität. Unternehmen,<br />

die in dieser Beziehung führend sind,<br />

bestimmen letztlich die Preisuntergrenzen<br />

am Markt. Alle anderen schreiben<br />

rote Zahlen, so wie die Peiner Träger<br />

GmbH, deren Verluste in diesem Jahr<br />

immens hoch ausfallen werden. Das ist<br />

genau der Grund, warum wir das von<br />

mir als „Rosskur“ bezeichnete Restrukturierungsprogramm<br />

durchführen. Die<br />

Mindestanforderung ist, dass kein Geld<br />

mehr verbrannt werden darf – denn<br />

dies gefährdet auf Dauer die Existenz<br />

des gesamten Konzerns.<br />

Wird die Notwendigkeit des Strukturprogramms<br />

also gut verstanden?<br />

Die Kommunikation dieser Thematik ist<br />

– nicht nur in Peine, sondern generell<br />

– keine einfache Sache, weil die Auslastung<br />

der Werke zumeist nicht schlecht<br />

ist. Unsere Mitarbeiter können die Situation<br />

nicht mit Händen greifen, denn sie<br />

sehen zwar die erzeugten Produktmengen,<br />

nicht aber die extrem schlechten<br />

Margen. So werden etwa die Verluste<br />

pro Tonne Träger erst in den Abschlüssen<br />

sichtbar. Aber das ist die Vergangenheit<br />

– ich schaue lieber nach vorn.<br />

Ehrlich gesagt könnte ich mir sogar vorstellen,<br />

dass wir demnächst in Peine<br />

eine positive Überraschung erleben werden<br />

– dass wir schneller aus dem tiefen<br />

Tal kommen werden, als die allermeisten<br />

im Konzern und außerhalb des<br />

Unternehmens denken!<br />

Heißt das, dass das Ende der Stahlkrise in<br />

Europa absehbar ist?<br />

Leider nicht. Die Strukturkrise der europäischen<br />

Stahlindustrie stellt besondere<br />

Anforderungen an uns, die eher<br />

mit einem Marathonlauf als mit einem<br />

Hundert-Meter-Sprint zu vergleichen<br />

sind. Denn bis Europa sich vollends aus<br />

dieser Krise herausgewunden hat, brauchen<br />

wir bestimmt noch einige Jahre.<br />

Wenn wir Pech haben, werden es sogar<br />

sieben Jahre. Eine vergleichbare Situation<br />

hatten wir ja schon Ende der 70erbis<br />

Anfang der 80er-Jahre; da hat es ähnlich<br />

lange gedauert. Ich lasse mich davon<br />

aber nicht bange machen.<br />

Wie ist die Stimmung im Konzern?<br />

Es besteht im Konzern ein breiter Konsens<br />

über die Marschrichtung, das ist<br />

sehr hilfreich. Aufsichtsrat, Arbeitnehmervertreter<br />

und IG Metall haben im<br />

Oktober der Umsetzung des Programms<br />

„Salzgitter AG 2015“ zugestimmt, das<br />

die Verschlankung und Optimierung<br />

von Prozessen und Strukturen des Konzerns<br />

zum Ziel hat. Wir sind jetzt mit<br />

der zügigen Umsetzung beschäftigt. Ich<br />

bin absolut überzeugt, dass unser Programm<br />

erfolgreich sein wird und der<br />

Konzern in immer noch solider Verfassung<br />

aus der Krise herauskommt.<br />

Eines ist klar: Ein Unternehmen im<br />

Boom zu führen, ist leicht. Eines in der<br />

Krise zu führen, ist dagegen eine Herausforderung.<br />

Meine Kollegen und ich sind<br />

dazu bereit, und der Salzgitter-Konzern<br />

verfügt über alle personellen, finanziellen<br />

und technologischen Voraussetzungen,<br />

um mit Zuversicht in die Zukunft<br />

blicken zu können.<br />

Christian Göttner<br />

PRO VIDEO


Unternehmen<br />

12<br />

VW auf der Pole-Position<br />

Die größten niedersächsischen Unternehmen nach ihrer Wertschöpfung 2012<br />

Rang Rang<br />

2012 2011<br />

Unternehmen<br />

SitzWertschöpfung Beschäftigte<br />

<br />

(in Mio. Euro) 2012<br />

Branche<br />

1 1 Volkswagen AG (K) * Wolfsburg 59.666,0 549.763 Straßenfahrzeugbau<br />

Volkswagen AG Wolfsburg 18.417,0 101.794 Straßenfahrzeugbau<br />

Volkswagen Financial Services AG (K) Braunschweig 1.710,0 8.472 Finanzdienstleistungen<br />

Volkswagen Bank GmbH Braunschweig 530,6 834 Finanzdienstleistungen<br />

2 2 Continental AG (K) Hannover 9.416,7 171.463 Automobilzulieferindustrie<br />

ContiTech AG (K) Hannover 2.038,0 28.210 Automobilzulieferindustrie<br />

Die Volkswagen AG liegt deutlich vorne auf Rang 1<br />

Jedes Jahr erstellt die Nord/LB<br />

zwei Ranglisten. Dabei werden<br />

die 50 größten niedersächsischen<br />

Unternehmen nach ihrer Wertschöpfung<br />

und die 100 größten nach ihrem<br />

Umsatz aufgelistet. Mit 59,7 Milliarden<br />

Euro und einer Steigerung um 25 Prozent<br />

führt der Volkswagen-Konzern in<br />

Wolfsburg weiter unangefochten die<br />

Spitze der umsatzstärksten Unternehmen<br />

Niedersachsens an. Auf den Plätzen<br />

zwei und drei folgen der Automobilzulieferer<br />

Conti (9,4 Mrd. Euro) und<br />

der Touristikkonzern TUI (2,7 Mrd.<br />

Euro), beide mit Sitz in Hannover. Die<br />

Salzgitter AG behauptet Rang fünf, die<br />

Braunschweiger Nordzucker AG (siehe<br />

auch <strong>Standort</strong>38-Titelstory 9/2013)<br />

kletterte – mit einem Wertschöpfungszuwachs<br />

von 44 Prozent auf rund 680<br />

Millionen Euro – um drei Ränge auf<br />

Platz neun.<br />

Die umsatzstärksten Unternehmen<br />

kommen – wie die Nordzucker AG –<br />

alle aus dem verarbeitenden Gewerbe.<br />

Nur neun Prozent stammen aus Handelsunternehmen<br />

und sechs Prozent<br />

aus dem Dienstleistungsbereich. Die<br />

regionalen Schwerpunkte liegen auch<br />

im Geschäftsjahr 2012 auf der Landeshauptstadt<br />

Hannover mit 20 Großunternehmen.<br />

C.hristian Göttner<br />

Die Nordzucker AG ist auf Platz 9 vorgerückt<br />

3 3 TUI AG (K) *** Hannover 2.673,9 68.388 Touristik<br />

4 4 Talanx (K) Hannover 2.273,3 20.887 Versicherungen (Komposit und<br />

Leben), Rückversicherung<br />

Hannover Rückversicherung AG (K) Hannover 1.855,7 2.312 Rückversicherung<br />

5 5 Salzgitter AG (K) Salzgitter 1.600,0 25.541 Eisen- und Stahlerzeugung<br />

6 10 EWE AG (K) Oldenburg 851,4 9.049 Energieversorgung<br />

EWE Netz GmbH Oldenburg 363,7 1.855 Energieversorgung<br />

EWE VERTRIEB GmbH 1 Oldenburg 152,4 700 Energieversorgung<br />

7 6 NORD/LB (K) Hannover 728,0 7.007 Finanzdienstleistungen<br />

NORD/LB Hannover 602,2 4.271 Finanzdienstleistungen<br />

8 8 TÜV NORD Gruppe (K) Hannover 726,6 13.007 Technische Dienstleistungen<br />

9 12 Nordzucker AG (K) a ** Braunschweig 678,9 3.290 Ernährungsgewerbe<br />

Nordzucker AG Braunschweig 273,6 1.128 Ernährungsgewerbe<br />

10 11 Dirk Rossmann GmbH Burgwedel 659,6 22.189 Groß- und Einzelhandel<br />

(Drogerieartikel)<br />

11 9 Faurecia Automotive GmbH (K) Stadthagen 636,3 11.345 Automobilzulieferindustrie<br />

12 7 Georgsmarienhütte Holding (K) Georgsmarienhütte 578,3 10.746 Eisen- und Stahlerzeugung<br />

13 14 Symrise AG (K) Holzminden 451,8 5.698 Herstellung und Vertrieb<br />

von Duft- und Aromastoffen<br />

14 16 Avacon AG (K) 2 Helmstedt 429,5 2.692 Energieversorgung<br />

15 15 Medizinische Hochschule Hannover Hannover 420,4 7.731 Gesundheitswesen<br />

16 20 Sartorius AG (K) Göttingen 404,4 5.491 Wägetechnologie,<br />

Zulieferer für Biotechnologie<br />

17 21 Otto Bock Firmengruppe (K) Duderstadt 382,2 5.729 Orthopädische Industrie,<br />

Kunststoffverarbeitung<br />

Otto Bock HealthCare GmbH Duderstadt 338,4 5.056 Orthopädische Industrie<br />

18 25 Solvay in Deutschland (Gruppe) Hannover 348,2 3.032 Chemische Industrie<br />

19 26 Piepenbrock Unternehmensgruppe (K) Osnabrück 338,1 27.313 Dienstleistungen,<br />

Verpackungstechnik<br />

20 13 Johnson Controls<br />

Power Solutions Europe (K) ***<br />

21 24 Georg-August-Universität Göttingen Stiftung<br />

Öffentlichen Rechts – Universitätsmedizin Göttingen<br />

Hannover 336,5 3.046 Herstellung von<br />

Akkumulatoren, Batterien<br />

334,4 5.560 Gesundheitswesen<br />

22 22 Deutsches Milchkontor eG (K) 3 Zeven 333,8 6.240 Ernährungsgewerbe<br />

23 30 KWS Gruppe (K) d *** Einbeck 327,5 3.851 Saatgut, Biochemie<br />

24 32 Mars GmbH Verden (Aller) 327,0 1.660 Herstellung und Vertrieb von<br />

Futter- und Lebensmitteln<br />

25 27 Unternehmensgruppe Hellmann (K) Osnabrück 313,4 8.989 Verkehrsgewerbe<br />

1<br />

vormals EWE ENERGIE AG (Umfirmierung zum 01.09.2012) | 2 vormals E.ON Avacon AG (Umfirmierung zum 01.07.2013)<br />

3<br />

vormals DMK Deutsches Milchkontor GmbH; die Zahlen für 2011 sind nicht vergleichbar<br />

* (K) konsolidierte Konzern- (bzw. Gruppen-) Angabe | ** Angaben für das Geschäftsjahr 2012/2013<br />

*** Angaben für das Geschäftsjahr 2011/2012 | a 28. Feb | b 31. Mrz | c 30. Apr | d 30. Jun | e 31. Jul<br />

Fotos: Florian Röske, eobiont GmbH, Privat


13 17 Unternehmen<br />

XXX<br />

Foto: C.Meyer<br />

Hochtechnologie<br />

made in BS<br />

GOM mbH entwickelt optische 3D-Messsysteme<br />

Braunschweig boomt – und<br />

gewinnt unter den Städten seiner<br />

Größe zunehmend an Bedeutung.<br />

Das verdeutlichen nicht nur die attraktive<br />

Innenstadt mit einem Zentralitätswert<br />

von 149,7 oder das spektakuläre<br />

Bau-Projekt BraWoPark auf dem ehemaligen<br />

Postgelände am Hauptbahnhof, in<br />

das die Volksbank 130 Millionen investiert,<br />

sondern auch die Stellung als wachsender<br />

Forschungsstandort, der seine<br />

Stärken in Schlüssel- und Zukunftstechnologien<br />

konsequent ausbaut.<br />

Bestes und aktuelles Beispiel in diesem<br />

Bereich ist die Unternehmensumsiedlung<br />

der GOM mbH, derzeit mit Sitz im<br />

Panther-Business-Center am Mittelweg.<br />

Diese erwirbt von der Stadt knapp acht<br />

Hektar im Gewerbegebiet Braunstraße-<br />

Süd. Hinter GOM, das für „Gesellschaft<br />

für aus Optische Sicht der Messtechnik“ Kunden immer steht, wichtiger.“<br />

sich Mit dem ein aufstrebendes, Angebot der innovatives CO2-Kom-<br />

verbirgt<br />

Unternehmen, pensation verfüge das MeinFernbus optische 3D-Messsysteme<br />

Alleinstellungsmerkmal für die Anwendungsschwer-<br />

unter den deut-<br />

über ein<br />

punkte schen Fernbusanbietern. 3D-Koordinatenmesstechnik<br />

Dazu haben<br />

und die Kunden Verformungsanalyse im Laufe des Buchungsprozesses<br />

die Möglichkeit, und vertreibt. einen „Es geringen ist uns<br />

entwickelt,<br />

produziert<br />

gelungen, Geldbetrag den – berechnet <strong>Standort</strong> aus Braunschweig der Länge<br />

für der ein Strecke stark – expandierendes Stiftung myclimate Unternehmen<br />

zu entrichten. der Hochtechnologiebranche Diese unterstützt mit den zu<br />

sichern“, Beträgen verkündete Projekte in Oberbürgermeister<br />

Entwicklungsländern. Dr. Gert Hoffmann Anfang Als passendes Oktober<br />

Schwellen- und<br />

auf Signal dem wurde Messestand der 100. der Bus Metropolregion<br />

der Flotte auf<br />

H, BS, GÖ und WOB auf der Expo Real<br />

in München.<br />

Die GOM mbH, die für Top-Kunden<br />

wie BMW, Bosch, Siemens und Volkswagen,<br />

aber auch Boeing, Fuji, Microsoft,<br />

Samsung und selbst die NASA arbeitet,<br />

plant Investitionen von über 20 Millionen<br />

Euro und wird ihre Personalstärke<br />

von derzeit rund 260 Mitarbeitern auf<br />

330 erhöhen. Mittel- bis langfristig<br />

könnten bis zu 1.000 Mitarbeiter ihren<br />

Arbeitsplatz am neuen <strong>Standort</strong> finden,<br />

fast ausschließlich handelt es sich dabei<br />

um hochqualifizierte Arbeitsplätze.<br />

Aufgrund seines starken Wachstums<br />

suchte das Unternehmen seit mehre-<br />

Im Rahmen der Expo Real in München begrüßte<br />

Oberbürgermeister Dr. Hoffmann die Gäste<br />

ren Jahren einen neuen <strong>Standort</strong> für<br />

den Neubau von Büro- und Hallenflächen<br />

und ist letztendlich im Rüninger<br />

Gewerbegebiet fündig geworden.<br />

Geplant ist der Baubeginn bereits 2014,<br />

ein Jahr später sollen die Hallen bezogen<br />

werden, ehe das Unternehmen spätestens<br />

Mitte 2016 komplett an den<br />

neuen den Namen Unternehmensstandort „Masindi“ getauft. Es umzieht. ist der<br />

Dieser Name einer soll Funktionseinheiten Region in Uganda, wie in Verwaltung,<br />

myclimate Entwicklung, ein Aufforstungsprogramm<br />

Demonstration<br />

der<br />

und unterstützt, Schulung, um Lager jährlich sowie 3.000 Produktion bis 10.000<br />

beinhalten. Tonnen CO2 Hinzu kompensieren. kommen ein Auch Firmenkasino,<br />

Unternehmen ein selbst parkähnlicher spiele Nachhaltig-<br />

Außen-<br />

im<br />

bereich, keit eine Parkmöglichkeiten Rolle. MeinFernbus für arbeite Mitarbeiter<br />

unter anderem und Besucher mit einem und eventuell Ökostromanbieter,<br />

einer Ökodruckerei Die sowie GOM nach-<br />

mbH<br />

ein<br />

Gesundheitszentrum.<br />

plant, haltigen die IT-Dienstleistern Gebäudeflächen im zusammen. Laufe der<br />

Zeit Für zu dieses verdreifachen. Engagement Dabei wurden werden sie im<br />

ersten bereits mehrfach Bauabschnitt ausgezeichnet. zwischen 10.000<br />

und www.meinfernbus.de/uber-uns/fahrgruen.html<br />

15.000 Quadratmeter Gebäudeflächen<br />

geschaffen.<br />

„In Rüningen haben wir einen idealen<br />

<strong>Standort</strong> gefunden, der unsere hohen<br />

Ansprüche erfüllt“, kommentierte Matthias<br />

Albrecht, Syndikusanwalt in der<br />

GOM mbH, die Einigung zwischen Stadt<br />

und seinem Unternehmen. Es gehe bei<br />

der geplanten Erweiterung um weit<br />

mehr als die Errichtung nüchterner Produktionshallen.<br />

Vielmehr wolle GOM<br />

auf dem Grundstück in der Braunstraße<br />

eine angenehme Campusatmosphäre<br />

schaffen, um Kreativität und Motivation<br />

ihrer Mitarbeiter zu fördern, denn<br />

die sind das Kapital, von dem die Hightech-Firma<br />

lebt.<br />

Christian Göttner<br />

Traditionelle Spielstätte der Braunschweiger Eintracht und New Yorker Lions: Das Eintracht-Stadion<br />

Torben Greve, GF MeinFernbus, Stefan Baumeister, GF myclimate, Panya Putsathit, GF MeinFernbus<br />

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Das Wirtschaftsmagazin für Braunschweig, enbü tel und Wolfsburg<br />

April 2013 |Nr.27<br />

Social Media<br />

Wie Facebook, Twitter & Co.<br />

das Marketing revolutionieren<br />

30 Jahre C64<br />

Von Braunschweig um die Welt:<br />

Der Siegeszug des Heimcomputers<br />

Finanzen<br />

& Fußball<br />

EXKLUSIV-<br />

INTERVIEW<br />

Frank Witter<br />

Volkswagen Financial Services<br />

es AG<br />

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<br />

Das Wirtschaftsmagazin für Braunschweig, Gifhorn, Helmstedt, Peine, Salzgi ter, Wolfenbü tel und Wolfsburg<br />

Employer<br />

Branding<br />

Der Kampf der<br />

Unternehmen um<br />

die Talente der Zukunft<br />

Steigenberger<br />

Parkhotel<br />

Neues 4 Sterne<br />

Superior Haus<br />

für die<br />

Region<br />

Hans-Joachim Flebbe<br />

Der deutsche Kino-Visionär<br />

Emotionen auf der<br />

großen Leinwand<br />

<br />

<br />

<br />

EXKLUSIV-<br />

INTERVIEW<br />

August 2013|Nr.29<br />

12 SEITEN<br />

SONDERTEIL<br />

SALZGITTER


Meldungen<br />

14<br />

Das komplett ungebaute und sanierte Fme-Gebäude<br />

Windkraftanlagen in der Ostsee erzeugen Strom<br />

Fachkollegen informierten sich über Ausbildung<br />

fme AG im alten Feldschlösschen-Haus<br />

Baltic 2 wird mit Stahl<br />

aus Salzgitter gebaut<br />

Besuch aus China bei der<br />

Teutloff Akademie<br />

Die FmeAG, internationaler IT-Dienstleister<br />

mit Büros in Deutschland,<br />

Rumänien und den USA, ist kürzlich<br />

in das frühere, komplett sanierte Feldschlößchen<br />

Verwaltungsgebäude in der<br />

Wolfenbütteler Straße 33 eingezogen.<br />

„Das neue Gebäude entspricht unseren<br />

Vorstellungen als repräsentativer,<br />

moderner Firmenhauptsitz, der unseren<br />

mittel- und langfristigen Wachstumszielen<br />

gerecht wird“, erklärte<br />

fme-Vorstand Dirk Bode. Die Fme AG<br />

arbeitet mit Unternehmen wie Audi,<br />

BMW, Medtronic und Volkswagen.<br />

Die zum Salzgitter-Konzern gehörenden<br />

Ilsenburger Grobblech GmbH<br />

(ILG) und Salzgitter Mannesmann<br />

Grobblech GmbH (MGB) liefern<br />

mit 44.150 t Grobblech den Hauptanteil<br />

für die Stahlrohrkonstruktionen<br />

des Offshore Windparks Baltic 2. Aus<br />

den Grobblechen werden Windtürme<br />

sowie die im Meeresboden verankerten<br />

Gründungskonstruktionen gefertigt.<br />

Baltic 2 wird 2014 mit 80 Windkraftanlagen<br />

in der deutschen Ostsee fertiggestellt<br />

sein. Jährlich werden dort 1,2<br />

Milliarden kWh Strom erzeugt.<br />

Zum dritten Mal hatte die Teutloff<br />

Technische Akademie Besuch aus<br />

China. Im Rahmen einer Studienreise<br />

besuchten 19 Leiterinnen und Leiter<br />

beruflicher Colleges aus dem Reich der<br />

Mitte u.a. die Braunschweiger Akademie.<br />

Sie informierten sich hier über das<br />

duale Berufsbildungssystem im gewerblich-technischen<br />

Bereich. Während die<br />

berufliche Ausbildung in China weitestgehend<br />

rein schulisch verläuft,<br />

stellte Alexander von Lützow, stellvertretender<br />

Geschäftsführer bei Teutloff,<br />

die deutsche Berufsbildung vor.<br />

Wirtschaftsdezernent Joachim Roth gratuliert<br />

Direktor Joost Smeulders präsentiert die Plakette<br />

Troy Tomlin, Thomas Krecklenberg, Dr. Gerald Meier<br />

JPM Silicon GmbH ist KfW-<br />

Award Gründer Champion<br />

Das Braunschweiger Unternehmen JPM<br />

Silicon GmbH ist Landessieger Niedersachsen<br />

des Wettbewerbs KfW-Award<br />

GründerChampions 2013. Im Rahmen<br />

eines Forschungsvorhabens an der TU<br />

entwickelte Inhaber und Geschäftsführer<br />

Jan-Philipp Mai ein neuartiges Verfahren<br />

zur Herstellung und Gewinnung<br />

von Silizium für die Solarindustrie.<br />

Basierend auf der zum Patent angemeldeten<br />

Technologie kann Silizium mit<br />

einer höheren Reinheit erzeugt werden.<br />

Der Preisträger wurde von der Braunschweig<br />

Zukunft GmbH 2011 mit einem<br />

Zuschuss aus dem Gründerfonds der<br />

Stadt Braunschweig gefördert.<br />

Vier Sterne und ein extra<br />

Plus für Steigenberger<br />

Der DEHOGA Stadtverband Braunschweig<br />

e.V. hob das exklusive, Ende<br />

August eröffnete Steigenberger<br />

Parkhotel Braunschweig bei einer<br />

halbtägigen Überprüfung in die exzellente<br />

Vier-Sterne-Kategorie und verlieh<br />

ihm zusätzlich das Prädikat Superior.<br />

Verdeutlicht wird durch den Zusatz<br />

unter anderem das hohe Serviceangebot,<br />

welches den Aufenthalt im Hotel<br />

angenehm und zuvorkommend gestaltet.<br />

270 Kriterien galt es, in den Bereichen<br />

Gebäude und Raumangebot, Einrichtung<br />

und Ausstattung, Service,<br />

Freizeit, Angebotsgestaltung und hauseigener<br />

Tagungsbereich zu erfüllen.<br />

Neuer Manager bei<br />

New Yorker Lions<br />

Bei der FFC Sportmanagement GmbH<br />

& Co. KG, der Vermarktungsgesellschaft<br />

der New Yorker Lions, hat<br />

es einen Wechsel in der Position des<br />

Geschäftsführers gegeben. Thomas<br />

Krecklenberg übergibt nach einem Jahr<br />

– und nach dem Gewinn des German<br />

Bowl XXXV mit den American Footballern<br />

der New Yorker Lions, die von<br />

dem wieder zurückgekehrten Headcoach<br />

Troy Tomlin angeführt wurden,<br />

– seine Aufgaben an Dr. Gerald Meier<br />

ab. Dieser war nicht nur ein wichtiger<br />

Spieler, sondern ab 1992 auch Trainer<br />

und schließlich bis 1996 Manager der<br />

New Yorker Lions.<br />

Fotos: Florian Maul, EnBW, JPM Silicon, Steigenberger, New Yorker Lions


15 Meldungen<br />

Fotos: Stadthalle Braunschweig, Christian Lindenau, Volksbank BraWo, Volker Beinhorn, Hanno Keppel, Norman Konrad<br />

Josè Carreras live<br />

Der BZV Medienhaus<br />

GmbH und der Volkswagen<br />

Financial Services AG ist<br />

es gelungen, den spanischen<br />

Startenor Josè Carreras für<br />

ein einziges Deutschland-<br />

Konzert zu verpflichten. Am<br />

17.Dezember 2013 singt der<br />

außergewöhnliche Opernsänger,<br />

der neben Luciano<br />

Pavarotti und Plácido<br />

Domingo zu den legendären<br />

Drei Tenören gehört, in der<br />

Volkswagen Halle Braunschweig.<br />

Begleitet wird Carreras von der Sopranistin Natalia<br />

Ushakova, der Crossover-Künstlerin Kamaliya, dem Chor<br />

und Staatsorchester Braunschweig unter Leitung von David<br />

Giménez. Karten sind unter Telefon 0531/1 66 06 und unter<br />

www.konzertkasse.de erhältlich.<br />

Soziallotse<br />

Ende September ging unter<br />

www.soziallotse-braunschweig.de<br />

ein Gemeinschaftsprojekt der Bürgerstiftung<br />

Braunschweig, der Stiftung<br />

Braunschweigischer Kulturbesitz<br />

und der Volksbank BraWo<br />

Stiftung an den Start. Der Soziallotse<br />

bietet schnelle Infos über<br />

das vielfältige Unterstützungsangebot<br />

für Familien mit geringem<br />

Einkommen in der Region.<br />

Tobias Henkel, Dr. Annette Schwandner, Joachim<br />

Klement und Nils Rodermund im Kleinen Haus<br />

„Fast Forward“-Festival<br />

Das europäische Festival für junge<br />

Regie „Fast Forward“ findet vom 21.<br />

bis 24. November 2013 zum dritten<br />

Mal im Staatstheater Braunschweig<br />

statt. Auf dem Programm stehen<br />

sieben vielfältige Produktionen aus<br />

sechs europäischen Ländern mit Themen,<br />

die talentierte Theatermacher<br />

zurzeit beschäftigen. Unterstützt wird<br />

die Plattform u.a. von der Volkswagen<br />

Financial Services AG.<br />

Stadthalle Braunschweig, Haupteingang<br />

Neues Hotel<br />

René Pflugmacher (BraWoPark), Oberbürgermeister<br />

Dr. Gert Hoffmann, Jürgen Brinkmann (Vorstandsvorsitzender<br />

Volksbank BraWo), Dr. Wolf-Michael<br />

Schmid (Präsident IHK Braunschweig), Klaus Gattermann<br />

(Gattermann Immobilien), Markus Wenk<br />

(BraWoPark) beim ersten Spatenstich<br />

BraWoPark-Baubeginn<br />

Ein neues Kongresshotel soll an der<br />

Stadthalle Braunschweig entstehen.<br />

Die Volksbank BraWo hat sich an<br />

dem Investorenwettbewerb beteiligt,<br />

eine österreichische Hotelkette soll das<br />

Drei-Sterne-Haus mit circa 170 Zimmern<br />

betreiben. Wenn die politischen<br />

Gremien zustimmen, könnte mit dem<br />

Bau bereits im Jahr 2014 an der Stadthalle<br />

begonnen und das Hotel 2015<br />

eröffnet werden.<br />

Eine kleine symbolische Handlung mit einer großen Wirkung:<br />

Der Bau des spektakulären BraWoParks auf dem ehemaligen<br />

Postgelände am Braunschweiger Hauptbahnhof<br />

hat mit dem ersten Spatenstich kürzlich begonnen. Allein<br />

das freigeräumte Grundstück ist mit seinen 75.000 Quadratmetern<br />

dreimal größer als das von Schloss-Arkaden<br />

und -Rekonstruktion in der Innenstadt. Die Volksbank eG<br />

Braunschweig Wolfsburg investiert 130 Millionen Euro<br />

in einen 20-stöckigen Neubau, dem markantesten Element<br />

des neuen Business Centers II, das dem im Volksmund<br />

genannten „Toblerone“-Hochhaus an die Seite gestellt wird.<br />

Diese beiden architektonisch imposanten Gebäude werden<br />

dem bislang eher problematischen Quartier ein unverwechselbares<br />

Gesicht geben. Darüber hinaus entstehen ein Shopping<br />

Center mit Deutschlands größtem Edeka-Markt und<br />

einer Reihe von Fachgeschäften, ein InterCity-Hotel sowie<br />

Braunschweigs größtes Parkhaus.<br />

Prreisträgerin Bettina Pousttchi<br />

Wolfsburger Kunstpreis<br />

Der Wolfsburger Kunstpreis „Junge<br />

Stadt sieht Junge Kunst“ wird 2014 an<br />

die deutsch-iranische Künstlerin Bettina<br />

Pousttchi vergeben, die mit Fotografie,<br />

Video und Skulptur Thematiken wie<br />

Zeitwahrnehmung und Grenzziehungen<br />

reflektiert. Der Preis ist mit 80.000 Euro<br />

dotiert, dazu gibt es einen Ankauf für<br />

die Sammlung der Städtischen<br />

Galerie Wolfsburg. Eine Ausstellung<br />

ist dort im Frühjahr 2014 geplant.


E-Mobilität<br />

16<br />

Die Stromer<br />

sind zurück!<br />

Die Elektromobilität erscheint mittlerweile alternativlos und zeigt doch<br />

Ladehemmungen. Für ihre technische Reife und Akzeptanz arbeiten<br />

zahlreiche Automobilforscher und Initiativen auch hier in der Region.


17 E-Mobilität<br />

Tänzer, Choreographien mit<br />

artistischen Einlagen. Poppige<br />

Farben, eine futuristisch anmutende<br />

Lichtshow, dazu spielen die Pet<br />

Shop Boys ein Medley aus ihrem Album<br />

„Electric“. So präsentiert Volkswagen<br />

beim traditionellen Konzernabend vor<br />

der eigentlichen Eröffnung der Internationalen<br />

Automobil-Ausstellung (IAA)<br />

den mittlerweile erschienenen e-Up!<br />

und drei weitere Elektrovarianten, die<br />

nächstes Jahr auf den Markt kommen<br />

sollen. Insgesamt 16 reine Elektroautos<br />

wollen allein die deutschen Hersteller<br />

2014 anbieten, darunter den BMW<br />

i3 und die Elektroversion des Smarts.<br />

Nicht nur auf der diesjährigen IAA, auch<br />

beim Lesen der Auto- und Wirtschaftsseiten<br />

vieler Zeitungen und Magazine<br />

entsteht leicht der Eindruck, dass Elektroautos<br />

eine Erfindung der jüngsten<br />

Gegenwart und die moderne Antwort<br />

auf die zunehmende Ressourcenknappheit<br />

sind. Dabei begann der Siegeszug<br />

des Automobils vor mehr als 100 Jahren<br />

zunächst elektrisch. Als Carl Benz<br />

und Gottlieb Daimler 1885 und 86 ihre<br />

Motorkutschen vorstellten, war ihnen<br />

der Pariser Gustave Trouvé mit seinem<br />

Elektrodreirad vier Jahre voraus. Und<br />

auch die Schallmauer von 100 Kilometern<br />

pro Stunde durchbrach 1899 zuerst<br />

ein Stromer – „die nie Zufriedene“ („La<br />

Jamais Contente“) des belgischen Konstrukteurs<br />

Camille Jenatzy. Ein Jahr später<br />

präsentierte Ferdinand Porsche auf der<br />

Weltausstellung in Paris ein alltagstaugliches<br />

Elektrofahrzeug mit dem Namen<br />

„Semper Vivus“ („Stets lebendig“), das<br />

Ferdinand Porsches „Semper Vivus“ von 1900<br />

mithilfe einer Bleibatterie auf immerhin<br />

maximal 50 Kilometer pro Stunde<br />

beschleunigen konnte und eine Reichweite<br />

von rund 50 Kilometern hatte.<br />

Damals breiteten sich die Stromer aus<br />

und gehörten bald zum Straßenbild. In<br />

den USA fuhren beispielsweise fast doppelt<br />

so viele Elektromobile wie Autos<br />

mit Verbrennungsmotoren. Ein Relikt<br />

dieser Zeit findet sich in den Donald-<br />

Duck-Comics. Dessen Mutter, Oma<br />

Duck, fährt mit einem Detroit Electric<br />

durch Entenhausen. Mit mehr als 12.000<br />

gebauten Exemplaren war der Wagen<br />

ein Verkaufsschlager. Ein Grund für den<br />

Erfolg der Stromer war der bessere Wirkungsgrad<br />

von Elektromotoren. Vorteile<br />

für die Benziner brachte schließlich die<br />

Erfindung des Anlassers, sodass diese<br />

nicht mehr mühsam angekurbelt werden<br />

mussten. Auch ihre größere Reichweite,<br />

billiges Öl und die rasche Verbreitung<br />

von Tankstellen drängten die Elektromobile<br />

von der Straße in die Nische.<br />

Dort allerdings überlebten einige von<br />

ihnen erstaunlich lange. So wie ein EL<br />

3001 der Esslinger Maschinenfabrik, der<br />

heute im europäischen Brotmuseum in<br />

Ebergötzen ausgestellt und immer noch<br />

fahrbereit ist. Knapp 300.000 Kilometer<br />

stehen auf dem Tacho. Im Rahmen<br />

der Mobilmachung zum 1. Weltkrieg zog<br />

die Armee die Pferdefuhrwerke der Berliner<br />

Brotfabrik Wittler ein und stellte<br />

dafür sieben kriegsuntaugliche Elektro-<br />

LKWs auf den Hof. Bis zur Schließung<br />

im Jahr 1971 belieferten sie die über<br />

die Stadt verteilten Bäckereifilialen. Die<br />

Reichweitenbeschränkung der Stromer<br />

kompensierten die Berliner schon<br />

damals mit intelligenten Mobilitätskonzepten.<br />

Demnach fuhren die LKWs nur<br />

in den Nebenstraßen selbstständig. „Auf<br />

den Hauptstraßen sollen sie sich an die<br />

Trams gehängt und so Energie gespart<br />

haben. Das sagen jedenfalls einige<br />

Augenzeugenberichte“, erklärt Museumsleiter<br />

Wilhelm Bruinjes.<br />

Batterieforschung in Braunschweig<br />

Ein technischer Knackpunkt der Elektromobilität<br />

war und ist die Batterie.<br />

Sie hat ein hohes Gewicht, kostet<br />

im Verhältnis zum Rest des Fahrzeugs<br />

relativ viel Geld und limitiert Höchstgeschwindigkeit,<br />

Beschleunigung und<br />

Reichweite. An Batterien, die günstiger,<br />

sicherer und leistungsfähiger sind,<br />

wird deshalb auch in der Region gearbeitet.<br />

In der Battery Lab Factory Braun-<br />

Fotos: Holger Isermann, Britta Hüning (Europäisches Brotmuseum),<br />

Unter der Motorhaube: Kupferdrähte statt Zylinder<br />

Fast 300.000 Kilometer auf dem Tacho und immer noch fahrbereit: der EL 3001 des Brotmuseums in Ebergötzen


E-Mobilität<br />

18<br />

Jan Schmitt vom Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik<br />

schweig (BLB), einer Einrichtung des<br />

Niedersächsischen Forschungszentrums<br />

Fahrzeugtechnik (NFF), entwickelt<br />

ein interdisziplinäres Team aus<br />

Maschinenbau- und Elektrotechnikingenieuren<br />

sowie Chemikern seit 2011<br />

eine Plattform zur Erforschung großformatiger<br />

Lithium-Ionen-Batterien.<br />

Sieben TU-Institute, allen voran das<br />

Institut für Partikeltechnik von Professor<br />

Arno Kwade und die Physikalisch<br />

Technische Bundesanstalt (PTB) bringen<br />

ihre Kompetenzen ein und sollen bis<br />

Mitte nächsten Jahres auch ein gemeinsames<br />

Zuhause bekommen. Einige Millionen<br />

Euro werden bis dahin in die BLB<br />

investiert. Unter anderem für die Renovierung<br />

einer alten Versuchshalle, in der<br />

die bisher über verschiedene Gebäude<br />

verteilten Maschinen zur Produktion der<br />

Batterien zusammengezogen werden.<br />

Bei Simulationen am Computer belassen<br />

die Braunschweiger Wissenschaftler es<br />

nämlich nicht. „Wir können den gesamten<br />

Lebenszyklus der Batterie abbilden.<br />

Vom Pulver bis zur Batterie und zurück<br />

zum Pulver“, erklärt Jan Schmitt, der<br />

die Forschungsprojekte im Bereich der<br />

Batterieproduktion und Elektromobilität<br />

am Institut für Werkzeugmaschinen<br />

und Fertigungstechnik koordiniert.<br />

Neben der Erforschung neuer Batterietechnologie<br />

ist aufgrund der teuren<br />

Rohstoffe auch das Recycling ein großes<br />

Thema. Rund 95 Prozent der Aktivmaterialien<br />

können die Wissenschaftler<br />

des Leuchtturmprojektes Lithorec<br />

gegenwärtig aus einer alten oder kaputten<br />

Lithium-Ionen-Batterie zurückgewinnen.<br />

Jan Schmitt selbst erforscht<br />

den mechanischen Stress bei der automatisierten<br />

Herstellung von Elektrodenpackages,<br />

aus denen Batterien<br />

bestehen. Hierzu wurde in Zusammenarbeit<br />

mit dem Berliner Maschinenbauer<br />

Jonas & Redmann eine Anlage entwickelt,<br />

die einzelne Elektroden vollautomatisch<br />

bündelt. Per Knopfdruck startet<br />

Schmitt den Prozess. Roboterarme<br />

schnellen daraufhin kameraüberwacht<br />

vor und zurück und legen die Elektroden<br />

in eine sogenannte Separatorfolie<br />

ein. Die ist extrem dünn und empfindlich.<br />

Sie muss zwar auf Spannung<br />

sein, darf aber nicht beschädigt werden<br />

oder gar reißen – eine Gratwanderung.<br />

„Wir wollen die Prozesse verstehen,<br />

um anschließend die Herstellung optimieren<br />

und die Performance der Batterien<br />

erhöhen zu können.“ Nächstes Jahr<br />

möchte der Wirtschaftsingenieur seine<br />

Promotion im Graduiertenkolleg Energiespeicher<br />

und Elektromobilität Niedersachsen<br />

(GEENI) abschließen. Dort<br />

sind neben der TU Braunschweig auch<br />

die TU Clausthal, die Leibniz Universität<br />

Hannover und die Universitäten aus<br />

Göttingen, Oldenburg und Münster vertreten.<br />

Mittelfristig hat der Batterieforscher<br />

vor, in die Industrie zu wechseln,<br />

„vielleicht zu Volkswagen<br />

– das ist ein attraktiver<br />

Arbeitgeber.“ Damit<br />

wäre auch der regionale<br />

Wissenstransfer ganz im<br />

Sinne der Automobilregion<br />

geglückt.<br />

Nicht weit vom VW-<br />

Stammwerk auf dem<br />

Campus der Autouni sollen<br />

Anfang nächsten Jahres<br />

die Bauarbeiten zu<br />

einem der größten Forschungszentren<br />

der<br />

Region beginnen. Dort<br />

haben im Sommer Bundesforschungsministerin<br />

Johanna Wanka, VW-Vorstand<br />

Werner Neubauer<br />

und TU-Präsident Jürgen<br />

Hesselbach ein Legomodell<br />

der Open Hybrid Lab-<br />

Factory enthüllt, in der<br />

die TU Braunschweig, die<br />

Volkswagen AG und 30<br />

Nadine Pieper vom Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement<br />

der TU Braunschweig<br />

weitere Partner den Leichtbau für die<br />

Massenproduktion im Auto bezahlbar<br />

machen wollen. Die Forschung der rund<br />

200 Wissenschaftler könnte damit auch<br />

der Elektromobilität einen Schub geben.<br />

Denn leichtere Autos benötigen weniger<br />

Energie und können bei gleicher Akkuleistung<br />

längere Strecken zurücklegen.<br />

Innovativ ist nicht nur das Forschungsthema,<br />

sondern auch die Organisationsform.<br />

In der rund 120 Millionen Euro<br />

teuren Forschungsfabrik begegnen sich<br />

die Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft<br />

auf Augenhöhe. Die Open Hybrid<br />

LabFactory ist damit eines der seltenen<br />

Public Private Partnership-Projekte<br />

in Deutschland.<br />

Ohne Akzeptanz kein Erfolg!<br />

Vielleicht können die Automobilforscher<br />

der forschungsintensivsten<br />

Region Europas gemeinsam das wohl<br />

größte Akzeptanzhemmnis der Stromer<br />

irgendwann auflösen – die eingeschränkte<br />

Reichweite. Der up! schafft<br />

beispielsweise 160, der Golf 190 Kilometer,<br />

wenn der Fahrer sehr sparsam<br />

fährt und nicht gerade Winter ist. Denn<br />

kalte Temperaturen senken die Leistungsfähigkeit<br />

der Batterien. Befragungen<br />

zeigen zwar, dass rund 80 Prozent<br />

aller Autos nicht mehr als 50 Kilometer<br />

am Tag zurücklegen, aber auch, dass<br />

an einigen Tagen pro Monat längere<br />

Fahrten anstehen. Neben dem höheren<br />

Anschaffungspreis schreckt vor allem<br />

dieser gefühlte Verlust mobiler Freiheit<br />

viele Menschen ab. Dies bestätigen auch<br />

zwei aktuelle Studien des Lehrstuhls<br />

für Dienstleistungsmanagement der TU<br />

Braunschweig von Professor David M.<br />

Woisetschläger und der Wolfsburger P3<br />

Ingenieurgesellschaft mbH. Die Ergeb-


19 E-Mobilität<br />

Fotos: Christian Bierwagen, Holger Isermann, Volkswagen, Braunschweiger Verkehrs-AG<br />

Volkswagens erstes Serienfahrzeug mit reinem Elektroantrieb: Der E-Up kam im Oktober in den Handel<br />

nisse zeigen, dass neben den höheren<br />

Anschaffungskosten vor allem Kunden<br />

mit gesteigerten Mobilitäts- und Ladeanforderungen<br />

hinsichtlich Reichweite<br />

und Einsatzbereitschaft vom Erwerb<br />

eines Elektroautos absehen. „Nur etwa<br />

24 Prozent der befragten Personen sind<br />

überhaupt bereit, einen Aufpreis im<br />

Vergleich zu einem herkömmlich angetriebenen<br />

Pkw zu zahlen. Positiver werden<br />

hingegen Leasingmodelle<br />

bewertet“,<br />

erklärt Nadine Pieper.<br />

Die wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin hat die<br />

Befragung betreut und<br />

betont weiter: „Ein Kaufanreiz wäre beispielsweise<br />

die Möglichkeit, monatlich<br />

kostenlos ein konventionelles Fahrzeug<br />

vom Händler gestellt zu bekommen.“<br />

Dieses Ergebnis deutet bereits an, dass<br />

es hier nicht nur darum geht den Benzintank<br />

gegen eine Batterie auszutauschen.<br />

Unsere liebgewonnene Idee des<br />

Individualverkehrs auf Basis eines eigenen<br />

Fahrzeugs steht zur Diskussion. Zur<br />

Neuerfindung der Fortbewegung sieht<br />

auch HBK-Professor Stephan Rammler<br />

im <strong>Standort</strong>-Interview (siehe Seite 20)<br />

keine Alternative: „Es ist großer Unsinn<br />

zu glauben, Elektromobilisierung wäre<br />

der alte Wein in neuen technologischen<br />

Schläuchen. Das Elektro- kann das Verbrennungsauto<br />

nicht ersetzen. Es geht<br />

darum, ein neues kulturelles oder gesellschaftliches<br />

Modell für Mobilität zu entwickeln.“<br />

Ein langer und steiniger Weg.<br />

Auch hier in der Region versuchen verschiedene<br />

Initiativen ihn zu glätten.<br />

Zusätzlich zur e-mobility Station der<br />

Volkswagen AG in Wolfsburg soll im<br />

Braunschweiger Haus der Wissenschaft<br />

ein Erlebniszentrum E-Mobilität entstehen<br />

und die Besucher zukünftig über<br />

„Nur 24 Prozent sind<br />

bereit, einen Aufpreis zu<br />

einem herkömmlichen<br />

Pkw zu zahlen.“<br />

das Thema aufklären. Dafür sprach sich<br />

am 25. September der Wirtschaftsausschuss<br />

einstimmig aus. Gebündelt wird<br />

der Großteil der Aktivitäten im „Schaufenster<br />

Elektromobilität“. Die Metropolregion<br />

Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg<br />

hatte mit einem Konzept<br />

unter dem Motto „Unsere Pferdestärken<br />

sind elektrisch“ beim gleichnamigen<br />

Bundeswettbewerb gewonnen. Insgesamt<br />

120 Millionen<br />

Euro sollen bis zum<br />

Jahr 2016 in rund 30<br />

regionale Projekte<br />

fließen. Ein Teilprojekt<br />

hat beispielsweise<br />

das Ziel, die Aus- und Weiterbildung im<br />

Berufsbildungszentrum Braunschweig<br />

auf das Thema Elektromobilität auszudehnen.<br />

„Wir nutzen die Fördergelder<br />

dafür, den Handwerkern in unseren Kfzund<br />

Elektrobetrieben das Know-how zu<br />

vermitteln, damit sie Elektrofahrzeuge<br />

kompetent verkaufen und die erforderlichen<br />

Service-, Wartungs- und Reparaturen<br />

sicher und effizient durchführen<br />

können“, erklärt Norbert Bünten,<br />

Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer.<br />

Das viel zitierte Ziel der Bundesregierung,<br />

bis zum Jahr 2020 eine Million<br />

Elektroautos auf deutsche Straßen<br />

zu bringen, erscheint vor dem Hintergrund<br />

aktueller Zulassungszahlen aller<br />

Anstrengungen zum Trotz optimistisch.<br />

So waren laut Kraftfahrt-Bundesamt<br />

bis Anfang des Jahres lediglich<br />

knapp 7.200 Elektro- und rund<br />

65.000 Hybridfahrzeuge registriert. Ein<br />

besonders großes Exemplar aus Braunschweig<br />

wird wohl noch dieses Jahr<br />

dazukommen. Die Braunschweiger Verkehrs<br />

AG (BSVAG) plant im Rahmen<br />

des Bundesforschungsprojektes Emil,<br />

auf der Strecke der M19 einen Elektrobus<br />

einzusetzen. Eine induktive Ladestation<br />

wurde bereits im Sommer am<br />

Hauptbahnhof eingerichtet, zwei weitere<br />

werden an der Haltestelle Hamburger<br />

Straße und im westlichen Ringgebiet<br />

folgen. Mit der Induktionstechnik<br />

ist ein schnelles kabelloses Laden möglich,<br />

während der Bus über einer der<br />

Stationen parkt. Damit bewahrheitet<br />

sich mit mehr als 100 Jahren Verspätung<br />

wohl doch noch eine Vorhersage,<br />

die einst der Präsident des Mitteleuropäischen<br />

Motorwagen-Vereins machte.<br />

Während der Gründungsversammlung<br />

am 30. September 1897 im Berliner<br />

Hotel Bristol erklärte Oberbaurat<br />

Klose, dass „[…] das große Gebiet des<br />

weiten Landes von Oelmotorfahrzeugen<br />

durcheilt werden und die glatte Asphaltfläche<br />

der großen Städte wie auch die<br />

Straßenschiene von mit Sammlerelektrizität<br />

getriebenen Wagen belebt sein<br />

wird.“ <br />

Holger Isermann<br />

Spannung pur: Ein Laborbus über der induktiven Ladestation am Braunschweiger Hauptbahnhof


E-Mobilität<br />

20<br />

„Unsere Ressourcen sind endlich“<br />

Professor Stephan Rammler über teure Energie und die Zukunft der Mobilität<br />

Moderne Elektroautos haben eine Reichweite<br />

von rund 100 Kilometern. Ist das<br />

eigentlich noch mobil?<br />

Natürlich ist das auch mobil, weil Mobilität<br />

nicht mit möglichst vielen Streckenkilometern<br />

gleichzusetzen ist. Jemand,<br />

der viel fahren muss, um ein identisches<br />

Maß an Aktivitäten zu erledigen, ist im<br />

Vergleich zu jemandem, der für dieselben<br />

Zwecke mit dem Fahrrad eine Viertelstunde<br />

unterwegs ist, doch viel weniger<br />

mobil.<br />

Aber bedeutet die Abkehr vom Benzin<br />

nicht trotzdem den Verlust von Freiheit?<br />

Das mag im besonderen Segment der<br />

Freizeit-Mobilität stimmen. Ein Auto<br />

wird aber im Alltag vor allem für die<br />

Wege zur Arbeit, zum Einkaufen oder<br />

andere kurze Fahrten verwendet. Und<br />

das liegt bei den meisten Menschen in<br />

Deutschland alles im Bereich des Radius<br />

eines Elektrofahrzeuges. Wir haben ein<br />

Luxusphänomen, das wir uns über die<br />

Jahrhunderte der billigen Verfügbarkeit<br />

von fossilen Ressourcen angewöhnt<br />

haben. Dass ich in der alltäglichen Mobilität<br />

für jeden kleinen Weg bis zu 1,5<br />

Tonnen Masse mit Benzin bewege, um<br />

am Ende einmal im Jahr mit dem Auto<br />

ans Meer zu fahren, ist betriebs- wie<br />

volkswirtschaftlich ein großer Unsinn.<br />

Wann werden wir Roadmovies mit einem<br />

Elektroauto im Kino sehen?<br />

Gar nicht, weil der Roadmovie von<br />

Spontanität und Distanz lebt. Große<br />

Strecken auf nichtbefahrenen Highways<br />

in den USA, Cruisen, Drogenkonsum,<br />

Weite, Wüste, Sonnenuntergang.<br />

Es ist ja dieser stilisierte Wunschtraum<br />

von Mobilität, den wir auf unsere Alltagsmobilität<br />

projizieren, obwohl er für<br />

uns eigentlich keine Relevanz hat. Das<br />

ist vor allem Ideologie, für die die USA<br />

immerhin Kriege führen, um genug Öl<br />

heranzuschaffen.<br />

Wie wichtig ist die Akzeptanz bei der Einführung<br />

einer neuen Technologie?<br />

Das ist das zentrale Thema, gerade weil<br />

Elektroautos in der Anschaffung noch<br />

deutlich teurer sind als Fahrzeuge mit<br />

Denker und Lenker: Professor Stephan Rammler<br />

Verbrennungsmotor und gleichzeitig<br />

der Reichweitennachteil in den Köpfen<br />

der Menschen herumschwirrt. Bei den<br />

bisherigen Erstnutzern von Elektroautos<br />

sind die Akzeptanzraten allerdings<br />

rasant gestiegen, weil sie sehr schnell<br />

gemerkt haben, dass sie ihre Nutzungsroutine<br />

im Alltag relativ problemlos<br />

anpassen können. Menschen sind ja extrem<br />

flexibel.<br />

Es geht also nicht nur darum, Benzin<br />

gegen Strom als Energielieferant zu tauschen,<br />

Sie wollen gleich unseren geliebten<br />

Individualverkehr zur Diskussion stellen?<br />

Genau! Es ist großer Unsinn zu glauben,<br />

Elektromobilisierung wäre der alte Wein<br />

in neuen technologischen Schläuchen.<br />

Das Elektro- kann das Verbrennungsauto<br />

nicht ersetzen. Es geht darum, ein<br />

neues kulturelles oder gesellschaftliches<br />

Modell für Mobilität zu entwickeln.<br />

Unser Ziel kann es nur sein, insgesamt<br />

das Niveau an individueller Mobilität auf<br />

Privatbasis zu reduzieren und kollektive<br />

Formen auf Grundlage von regenerativen<br />

Energien zu entwickeln. Da spielen<br />

Elektroautos auch als Teil eines intelligenten,<br />

atmenden und dezentralen Speicherkraftwerks<br />

für Spitzen und Flauten<br />

bei der Erzeugung von Wind- und Sonnenergie<br />

eine Rolle.<br />

Das werden Automobilhersteller wie die<br />

Volkswagen AG nicht gerne hören.<br />

Warum eigentlich? Ich denke, in<br />

Zukunft lässt sich auch mit dem Elektrofahrzeug<br />

in Kombination mit intelligenten<br />

Verkehrsdienstleistungen noch<br />

eine Menge Geld verdienen.<br />

Immerhin hat VW gerade den e-up! als<br />

Serienfahrzeug vorgestellt. Bremsen die<br />

Automobilhersteller die mobile Revolution<br />

oder treiben sie diese voran?<br />

Es geht voran. Wenn auch zu langsam.<br />

Wir müssen in diesem Zusammenhang<br />

natürlich genauso von den Kunden sprechen<br />

und deren Bereitschaft, sich auf die<br />

Elektromobilität einzulassen. Dass die<br />

E-Fahrzeuge zur Markteinführung sehr<br />

viel teurer sind als die etablierten Produkte<br />

für den Massenmarkt, ist ein Problem,<br />

das sich durchaus politisch lösen<br />

oder zumindest mildern ließe.<br />

Warum sollten wir nicht den guten alten<br />

Verbrennungsmotor weiterentwickeln?<br />

Dessen Verbrauch wurde massiv gesenkt …<br />

Letztlich erzeuge ich dabei ein running<br />

target, indem ich das Konkurrenzmodell<br />

zum Elektroauto immer attraktiver<br />

mache. Einerseits ist es sehr sinnvoll, die<br />

bestehenden Technologien zu modernisieren,<br />

weil das kurzfristig eine Menge<br />

Ressourcen sparen kann. Gleichzeitig<br />

binde ich auch wieder finanzielle Mittel,<br />

die ich nur einmal ausgeben kann.<br />

Müssen Besitzer von durstigen alten Autos<br />

also ein schlechtes Gewissen haben?<br />

So einfach ist es nicht. Ein Elektroauto<br />

oder Hybridfahrzeug hat aufgrund des<br />

verbauten Hightechs einen gigantischen<br />

ökologischen Rucksack. Es kann also<br />

sein, dass Sie mit einem dicken Pick-up,<br />

wenn Sie wenig fahren, möglicherweise<br />

in der Gesamtlebensdauer des Fahrzeugs<br />

ökologischer unterwegs sind.<br />

Die CO2-Bilanz von Elektroautos kann<br />

nur so gut sein wie die Bilanz des aktuellen<br />

Strommixes. Ist das richtig?<br />

Ja. Trotzdem ist ein Elektroauto lokal<br />

emissionsfrei, was gerade in den Städten<br />

ein großer Vorteil ist. Wir werden<br />

aufgrund der Emissionslage vor allem in<br />

Asien bald Generationen von Menschen<br />

mit massiven Lungen- und Atemwegserkrankungen<br />

haben. Holger Isermann<br />

Foto: Andreas Greiner-Napp


autoMoBilWirtSchaft unD -forSchung |vErkEhr<br />

Mobilität von Morgen<br />

Die e-Mobility-Station Wolfsburg ist ein Baustein im niedersächsischen „Schaufenster<br />

Elektromobilität“. Das denkmalgeschützte Gebäude der ehemaligen<br />

Tankstelle gehört zu den schönsten in Wolfsburg und Umgebung und erinnert<br />

an vergangene Zeiten. Heute zeigt die e-Mobility-Station einen einzigartigen<br />

Überblick zur Elektromobilität und alternativen Energiegewinnung. Die Ausstellung<br />

„Blue-e-Motion –Elektromobilität von Volkswagen“ inszeniert diese<br />

Themen für den Besucher anschaulich und praxisnah.<br />

e-Mobility-Station Wolfsburg<br />

Braunschweiger Straße 10<br />

38440 Wolfsburg<br />

Telefon: 053 61. 897-55 66<br />

www.e-mobility-station.com


Unternehmen<br />

22<br />

Konzentration<br />

und Optimierung<br />

20 Jahre Görge Frischemärkte –<br />

Geschäftsführer Otto Görge im Interview<br />

Görge Frischemarkt in Mascherode: Die Obst- und Gemüseabteilun<br />

Obst und Gemüse, Käse und<br />

Fleisch – immer frisch und von<br />

regionalen Lieferanten, dafür<br />

stehen und bürgen die Görge Frischemärkte<br />

seit 20 Jahren. Das familiengeführte,<br />

mittelständische Braunschweiger<br />

Handelsunternehmen hat sich auf<br />

die Nahversorgung mit Supermärkten in<br />

allen Stadtteilen von Braunschweig spezialisiert.<br />

Wir unterhielten uns mit dem<br />

68-jährigen Geschäftsführer des Traditionsunternehmens<br />

über die Erfolgsgeschichte<br />

und seinen harten Kampf<br />

gegen die Discounter.<br />

Herr Görge, wie hat sich der<br />

Lebensmittel-Handel in den<br />

letzten zwanzig Jahren verändert<br />

und verdichtet?<br />

Die Konzentration der großen<br />

Handelsketten (Aldi,<br />

Lidl, Edeka, Rewe und Metro)<br />

hat extrem zugenommen.<br />

Diese fünf Unternehmen teilen<br />

sich circa 80 Prozent<br />

des Lebensmittelumsatzvolumens.<br />

Tengelmann<br />

hat zum Beispiel<br />

seine 2.500<br />

Plus-Märkte an<br />

die Edeka Hamburg<br />

verkauft.<br />

Die Aufspaltung<br />

in Vollsortimenter<br />

und Discounter<br />

entwickelt sich in<br />

den letzten Jahren<br />

überproportional.<br />

Erst in den letzten<br />

drei Jahren verlangsamt<br />

sich der Aquisitionsprozess,<br />

da eine<br />

Größe von 1.200 qm<br />

Verkaufsfläche angestrebt<br />

wird.<br />

Wie lautet Ihr Erfolgsrezept?<br />

Das Erfolgskonzept ist die Konzentration<br />

der zehn Filialen nur auf Braunschweig<br />

in verschiedenen Stadtteilen<br />

und Wohngebieten. Durch unser<br />

Geschäftsprinzip Fleisch, Wurst und<br />

Käse in Bedienung auch auf kleineren<br />

Flächen von circa 500 qm haben wir<br />

einen engen Kontakt zu unseren Kunden<br />

und können damit optimal auf<br />

deren Wünsche eingehen.<br />

Was machen Sie besser und<br />

anders als Ihre vielen Mitbewerber?<br />

Wir investieren nicht<br />

nur laufend in optimale<br />

Ladengestaltung,<br />

sondern auch<br />

in unsere Mitarbeiter,<br />

durch Schulungen.<br />

Pro Jahr werden<br />

zehn bis zwölf<br />

Auszubildende<br />

eingestellt, um unser Unternehmen<br />

für die Zukunft zu sichern.<br />

Fühlen Sie sich manchmal wie eine Art<br />

Asterix, der mit seinen Mitarbeitern gegen<br />

die Übermacht der Römer kämpft – nur<br />

bei Ihnen sind die Feinde die Discounter?<br />

Die Discounter haben in Braunschweig<br />

einen Marktanteil von über 50 Prozent,<br />

wenig Personal und keine Bedienungsabteilung<br />

– das heißt, wir arbeiten hier<br />

in einer Nische. Zumal die Vollsortimenter<br />

immer stärker die Selbstbedienungsartikel<br />

ausbauen. Asterix fühlt<br />

sich wohl (lacht).<br />

Wie beurteilen Sie den Verdrängungswettbewerb<br />

durch Aldi, Lidl, Penny & Co.?<br />

Welche Berührungspunkte gibt es?<br />

Die Berührungspunkte sind hauptsächlich<br />

das Trockensortiment. Lidl nimmt<br />

immer mehr Markenartikel auf und Aldi<br />

macht es ihm nach. Parallel haben wir<br />

mit der Hilfe von Edeka die Discountartikel<br />

unter dem Begriff „gut und günstig“<br />

in den Filialen platziert, die in der<br />

Qualität und im Preis den Produkten der<br />

Discounter entsprechen.<br />

Sie betreiben Görge Frischemärkte in allen<br />

Stadtteilen von Braunschweig. Welche laufen<br />

am besten und warum?<br />

Wir sind mit allen zehn Märkten sehr<br />

zufrieden. Die neueren Märkte wie in<br />

Mascherode, in Wenden oder in<br />

Melverode laufen natürlich überproportional<br />

im Umsatz. Im östlichen<br />

Ringgebiet haben wir<br />

eine super Entwicklung in den<br />

Filialen Kastanienallee und<br />

Wiesenstraße. Der Grund,<br />

warum sie so gut laufen,<br />

sind unsere netten und<br />

treuen Stammkunden –<br />

und was ich noch nicht<br />

erwähnt habe – viele<br />

Foto: Görge Discount GmbH


23 Unternehmen<br />

g wurde zum dritten Mal als Niedersachsens beste ausgezeichnet.<br />

Umfangreiches Weinsortiment. Jeden Freitag und Samstag gibt es hier Weinverkostungen.<br />

regionale Produkte aus unserer Region<br />

Braunschweig und Niedersachsen. Dies<br />

wissen unsere Kunden zu schätzen.<br />

Sie haben im November 2012 den Görge<br />

City Markt am Bankplatz eröffnet. Wie<br />

lautet Ihr Resümee nach einem Jahr?<br />

Es war eine gute Entscheidung. Seit Jahren<br />

haben wir auch mit Hilfe der Stadt<br />

nach einem <strong>Standort</strong> in der Innenstadt<br />

gesucht. Der Vermieter hat uns einen<br />

fairen Mietpreis angeboten, der wirtschaftlich<br />

noch vertretbar ist. Die Kundenresonanz<br />

ist optimal. Das Verhältnis<br />

zu den Nachbargeschäften ist sehr gut.<br />

Wir werden in diesem Markt noch in<br />

diesem Jahr eine zusätzliche Kasse einbauen<br />

müssen.<br />

um die Nahversorgung im Kanzlerfeld<br />

zu sichern. Wir bemühen uns, auch am<br />

Langen Kamp ein Objekt zu realisieren.<br />

Hier arbeiten wir in der Planungsvorbereiteung<br />

eng mit Architekten und Investoren<br />

zusammen. Die <strong>Standort</strong>e werden<br />

analysiert nach Einwohnerzahl und vorhandenen<br />

Mitbewerbern. Die Basis sind<br />

circa 4.000 Personen im Einzugsgebiet<br />

und eine Verkaufsfläche von circa 1.200<br />

qm, um im Nahversorgungsbereich die<br />

Kunden zufriedenzustellen.<br />

Ist fortschreitende Expansion eine Möglichkeit,<br />

zukünftig zu bestehen?<br />

Die Antwort ist ein Klares „nein“. Eine<br />

Expansion ist heute in der Regel eine<br />

Verdrängung. Wichtiger ist es vielmehr,<br />

die vorhandenen Objekte zu optimieren,<br />

wie z.B. im Kanzlerfeld.<br />

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?<br />

Das Unternehmen der nächsten Generation<br />

zu übergeben, was heute schon<br />

schrittweise passiert. Christian Göttner<br />

Im Jahr 2012 haben Sie auch die Görge<br />

Gourmet Gesellschaft gegründet, die in<br />

der Hansestraße ihren Sitz hat. Was ist<br />

die Aufgabe dieses Unternehmens?<br />

Die Görge Gourmet Gesellschaft ist eine<br />

Produktionsgesellschaft, die EU-zertifiziert<br />

ist und für alle zehn Märkte in<br />

Braunschweig jeden Tag frische Obstund<br />

Gemüsecups produziert. Ferner<br />

werden auch noch Feinkostsalate und<br />

Fertiggerichte wie zum Beispiel Rouladen<br />

hergestellt. Damit garantieren wir<br />

dem Kunden tägliche Frische und erhalten<br />

dadurch ein Alleinstellungsmerkmal.<br />

In Zukunft soll auch noch ein „Plattenservice“<br />

eingerichtet werden.<br />

Im nächsten Jahr wollen Sie zwei weitere<br />

Geschäfte eröffnen. Wo entstehen diese<br />

und nach welchen Kriterien wählen Sie die<br />

<strong>Standort</strong>e für Ihre Läden aus?<br />

Der neue <strong>Standort</strong> Kanzlerfeld mit einer<br />

Verkaufsfläche von 1.200 qm soll den<br />

alten <strong>Standort</strong>, der nur eine Verkaufsfläche<br />

von 500 qm aufweist, ablösen. Dieser<br />

<strong>Standort</strong> wird jedoch als Getränkemarkt<br />

weitergeführt. Dies ist notwendig,<br />

Sie suchen einen Sitzungsort?<br />

Dann sind Sie hier genau richtig:<br />

In der Brackstedter Mühle erwartet Sie herzliche Atmosphäre, hervorragende Küche<br />

und viel Erfahrung in der professionellenDurchführung Ihrer<br />

erfolgreichen Seminare und gelungenen Feierlichkeiten.<br />

Einfach anrufen und vorbei kommen!<br />

Hotel &Restaurant Brackstedter Mühle<br />

Zum Kühlen Grunde 2|38448 Wolfsburg, OT Brackstedt<br />

Tel. (0 53 66) 90-0 |www.brackstedter-muehle.de


Zahlen<br />

42<br />

Minuten brauchen Angestellte<br />

in Deutschland durchschnittlich<br />

zur Arbeitsstelle<br />

und wieder zurück.<br />

77 Prozent glauben, dass sie<br />

weniger Stress hätten, wenn<br />

sie nicht zur Arbeit pendeln<br />

müssten.<br />

Etwa 1,17 Tonnen CO 2<br />

produziert<br />

ein Pendler pro Jahr.<br />

4,4 Milliarden Euro gibt der<br />

Staat jährlich für die Pendlerpauschale<br />

aus.<br />

2.400.000<br />

Verkehrsunfälle gab es im<br />

Jahr 2012. Die Zahl der Verkehrstoten<br />

sank auf dem<br />

niedrigsten Stand seit 1950.<br />

Dennoch starben vergangenes<br />

Jahr noch 3.600 Menschen<br />

– 409 weniger als<br />

2011 – auf Deutschlands<br />

Straßen. 60 Prozent der tödlichen<br />

Unfälle ereignen sich<br />

auf Landstraßen, knapp 30<br />

Prozent innerhalb von Ortschaften,<br />

gut 10 Prozent auf<br />

Autobahnen.<br />

Borussia Dortmund hat<br />

seine Gesamteinnahmen<br />

in der Spielzeit 2011/12<br />

um 36 Prozent auf<br />

189.000.000 €<br />

Euro gesteigert und rückt<br />

damit auf Rang 11 der<br />

umsatzstärksten europäischen<br />

Fußballvereine.<br />

80.000 Fans kommen im<br />

Schnitt ins BV-Stadion.<br />

Deutscher Topverdiener<br />

bleibt Rivale Bayern<br />

München mit<br />

368.000.000 €<br />

auf Platz 5. Ganz oben<br />

rangiert Real Madrid mit<br />

513.000.000 €<br />

Die durchschnittliche Dauer<br />

von Geschäftsreisen sank in<br />

den Jahren 2010 und 2011<br />

von 2,4 auf 2,0 Tage. Die<br />

Kosten gingen von 305 auf<br />

296 €<br />

zurück, analysierte der Verband<br />

Deutsches Reisemanagement.<br />

Jeder 2. Bundesbürger<br />

würde für seinen<br />

Traumjob umziehen.<br />

4 von<br />

10<br />

würden auch ins fremdsprachige<br />

Ausland gehen.<br />

Kinder zwischen 6 und 13 Jahren haben laut der neuen<br />

„Kids Verbraucher Analyse 2013“ im Durchschnitt<br />

Taschengeld im Monat zur Verfügung. Hinzu kommen Feiertags-<br />

Geldgeschenke und Sparguthaben. Das führt in dieser Altersgruppe<br />

zu einem Vermögen von 5 Milliarden Euro.<br />

1.914<br />

Geisterfahrer wurden im<br />

Jahr 2012 auf deutschen<br />

Autobahnen gemeldet.<br />

Sonntags sind die meisten<br />

unterwegs.<br />

Etwa jeder 10. Verkehrstote<br />

stirbt auf der Autobahn,<br />

jeder 200. bei einem<br />

Geisterfahrer-Unfall.<br />

Der Kaffee ist das liebste<br />

Heißgetränk der Deutschen<br />

– das freut auch den Fiskus.<br />

Im vergangenen Jahr nahm<br />

die Bundeskasse<br />

1,05<br />

Milliarden durch die Kaffeesteuer<br />

ein, ermittelte das<br />

Statistische Bundesamt.<br />

Die Zahl der Arbeitnehmer<br />

die in die medizinische<br />

Rehabilitation müssen steigt.<br />

2012 wurden fast<br />

1.100.000<br />

Reha-Behandlungen genehmigt,<br />

25 % mehr als 2005.<br />

62 %<br />

der Deutschen glauben,<br />

dass sie zu Hause produktiver<br />

arbeiten könnten als im<br />

Büro. Faktoren, die Heimarbeiter<br />

stören: Familie und<br />

Kinder (60 %), Geräusche<br />

im Haushalt (28 %), Fernseher<br />

(25 %), Haustiere<br />

(12%).<br />

24<br />

Die erste E-Mail wurde 1971<br />

verschickt. In Deutschland<br />

erst 13 Jahre später – und<br />

war vor allem Wissenschaftlern<br />

vorbehalten.<br />

Heute werden täglich<br />

144<br />

Milliarden E-Mails weltweit<br />

geschickt. In drei Jahren<br />

werden es wohl noch etwa<br />

⅓ mehr sein.<br />

Büroangestellte verbringen<br />

¼ ihrer Arbeitszeit<br />

mit dem Senden, Lesen und<br />

Löschen von E-Mails.<br />

Weltweit sterben jeden<br />

Tag etwa 430 Menschen –<br />

95 Prozent davon in<br />

Entwicklungsländern –<br />

an den Folgen einer Masernerkrankung.<br />

Es ist die<br />

häufigste Todesursache bei<br />

Kindern, obwohl die<br />

Impfung laut Unicef nur<br />

1,50 $<br />

(1,14 Euro) kostet.<br />

Folgende Waren verteuerten sich laut Statistischem Bundesamt<br />

1,9 %<br />

von Juli 2012 bis Juli 2013: Fleisch- und Wurst (4,4 %),<br />

Tabak (5 %), Strom (12 %), H-Milch und Olivenöl (18 %),<br />

Äpfel (22 %), Butter (31 %), Mandeln (36 %), Kartoffeln (44 %)<br />

und Paprika (48 %). Insgesamt stiegen die Verbraucherpreise um


25<br />

Engagement<br />

Möbel Sander spendete 1.000 Euro..<br />

Verlosung<br />

Für krebskranke Kinder<br />

Jürgen Brinkmann, Vorstandsvorsitzender der Volksbank<br />

BraWo (Mitte), bei der Scheckübergabe.<br />

Die Welle gemacht<br />

für Kinderhäuser der Region<br />

Mitarbeiter der Begau KG sammelten Eicheln.<br />

Umwelttag<br />

Aufforstung des Waldes<br />

Fotos: Christian Bierwagen, Privat<br />

Anlässlich des Straßenfestes Sedan<br />

Bazar im Handelsweg startete das Einrichtungshaus<br />

Sander eine Verlosungsaktion<br />

zugunsten der Erholungsanlage<br />

des Vereins für krebskranke Kinder<br />

Harz e.V. Der gesamte Erlös von 1.000<br />

Euro wurde dem Vereinsvorsitzenden<br />

Avery Kolle von Ralf Sander, von<br />

Möbel Sander, übergeben. Die Blockhäuser<br />

am Bernsteinsee bei Gifhorn<br />

stehen ab Frühjahr 2014 allen Familien<br />

mit krebskranken Kindern in Mittelund<br />

Norddeutschland zur Verfügung.<br />

5.953 Braunschweiger bildeten im Rahmen<br />

der von New Yorker initiierten<br />

Aktion „Do the Wave“ bei herrlichem<br />

Herbstwetter eine Menschenkette vom<br />

Löwenwall bis zum Schloss. Für den<br />

Eintrag ins Guinness-Buch reichte es<br />

zwar nicht, doch 200.000 Euro spendete<br />

New Yorker. Angesteckt von der<br />

tollen Atmosphäre erhöhte die Volksbank<br />

BraWo den Betrag um zusätzliche<br />

100.000 Euro. Der Betrag von 300.000<br />

Euro kommt nun fünf RTL-Kinderhäusern<br />

in der Region zugute.<br />

Das Ökosystem „Wald“ ist nach den<br />

Ozeanen die wesentlichste Einflussgröße<br />

für das globale Klima. Doch wie<br />

können wir diesen erhalten? Die Mitarbeiter<br />

des Braunschweiger Gebäudetechnik-Großhandels<br />

Begau KG<br />

leisteten einen kleinen Beitrag. Sie<br />

sammelten Ende Oktober – unter fachlicher<br />

Führung eines Forstwirtes im<br />

Eickhorster Wald – Eicheln. Das respektable<br />

Ergebnis: Die Menge reicht<br />

aus, um 6.000 neue Eichen in geschützten<br />

Schonungen aufzuziehen.


Unternehmen<br />

26<br />

„Unser Kampfgeist<br />

wurde angestachelt“<br />

Joachim Wrensch, Geschäftsführer Buchhandlung Graff, im Interview<br />

Herbstzeit ist Lesezeit. Und<br />

manchmal ist diese auch mörderisch.<br />

Schuld daran ist die Braunschweiger<br />

Buchhandlung Graff. Die präsentierte<br />

kürzlich wieder renommierte<br />

nationale und internationale Krimiautoren<br />

und deren Werke an 28 Orten im<br />

Rahmen des sechsten Krimifestivals.<br />

<strong>Standort</strong>38 sprach mit Graff-Gesellschafter<br />

Joachim Wrensch über den<br />

Überlebenskampf im Buchhandel.<br />

Herr Wrensch, warum sollte man sich bei<br />

Ihnen ein Buch kaufen und nicht bei einem<br />

überregionalen Mitbewerber?<br />

Ich bin ein Verfechter des „buy local“<br />

Gedankens. Sie sollten Ihre Bücher<br />

bei Ihrem Buchhändler des Vertrauens<br />

in der Region bestellen. Bücher haben<br />

einen gesetzlich festgelegten Ladenpreis.<br />

Bücher kosten in Flensburg,<br />

Braunschweig oder Garmisch-Partenkirchen<br />

und auch im Internet das Gleiche.<br />

Wenn Sie mit Ihrer Bestellung<br />

und Ihrem Kauf in der Region bleiben,<br />

betreiben Sie aktives Stadtmarketing,<br />

denn der Buchhändler vor Ort zahlt<br />

hier seine Steuern, schafft Arbeitsplätze<br />

und engagiert sich sozial<br />

und kulturell. Außerdem<br />

haben wir, wie auch<br />

die meisten<br />

anderen Buchhandlungen, eine Internetseite,<br />

wo Sie auch online bestellen<br />

können und Ihr Buch häufig, bei uns ist<br />

das auf jeden Fall so, versandkostenfrei<br />

nach Hause geliefert bekommen.<br />

Natürlich freue ich mich über jedes<br />

Buch, das Sie bei Graff kaufen, aber auch<br />

die anderen inhabergeführten Buchhandlungen<br />

sollen bitte überleben, eine<br />

vielfältige Buchhandelslandschaft in<br />

unseren Städten ist wichtig.<br />

Mit welchen Produkten verdienen Sie das<br />

meiste Geld?<br />

Unseren Hauptumsatz machen wir<br />

natürlich mit Büchern, aber wir haben<br />

auch ein attraktives Angebot an sogenannten<br />

Nonbooks, dazu gehören zum<br />

Beispiel Kalender, Hörbücher, unsere<br />

Klassik- und Jazz-CDs, DVDs, Spiele<br />

und ein ständig wechselndes Angebot<br />

an originellen Geschenkartikeln. Unsere<br />

Spanne ist je nach Warengruppe unterschiedlich.<br />

Erfreulich sind dabei in der<br />

Regel die Bücher im „Modernen Antiquariat“,<br />

also die Sonderangebote und<br />

Restposten, die wir bei uns vorm Laden<br />

präsentieren, gut ist der Rabatt meist<br />

auch bei Taschenbüchern oder bei Bestsellern,<br />

die wir in größerer Stückzahl<br />

einkaufen. Gering rabattiert sind zum<br />

Beispiel Schulbücher, Zeitschriften oder<br />

Fachbücher.<br />

Im November 2005 soll Sie Thalia-Chef<br />

Michael Busch im Griechenland-Urlaub<br />

angerufen und auf eine Übernahme<br />

gedrängt haben. Wie haben Sie diesen<br />

Anruf erlebt und wie darauf reagiert?<br />

Der Thalia-Chef hat mich hier in Braunschweig<br />

angerufen, aber mein Bruder<br />

war gerade im Urlaub und ist eher<br />

zurückgekommen. Das war eine glatte<br />

Erpressung damals, unter dem Motto:<br />

entweder ihr verkauft, dann kommen<br />

wir nur einmal ins neue Center, oder ihr<br />

verkauft nicht und wir kommen zweimal,<br />

ins Center und in die Fußgängerzone,<br />

dann habt ihr 30 Prozent Umsatzminus<br />

und könnt euch überlegen, wie<br />

lange ihr das aushaltet. Die Begründung,<br />

warum wir überhaupt ein<br />

Gespräch geführt haben,<br />

war, die Arbeitsplätze<br />

für die Mitarbeiterinnen<br />

und<br />

Mitarbeiter<br />

zu sichern.<br />

Fotos: Buchhandlung Graff GmbH


27 Unternehmen<br />

Joachim und Thomas Wrensch, Inhaber der traditionsreichen, im Jahr 1867 gegründeten Buchhandlung.<br />

Wir hätten aber immer noch 17 Mitarbeiter<br />

entlassen und alle Abfindungen<br />

bezahlen müssen. Und wir haben viele<br />

sehr lange beschäftigte Mitarbeiter. Das<br />

wäre zu unseren Lasten gegangen. So<br />

wurde unser Kampfgeist angestachelt,<br />

dafür hatten wir nicht an diesem <strong>Standort</strong><br />

so investiert und eine Buchhandlung<br />

ganz nach unserem Herzen geschaffen,<br />

dass da dann Thalia draußen dran steht<br />

und nicht mehr Graff.<br />

Ende 2010 schloss am Kohlmarkt in<br />

Braunschweig eine 3.400 qm große Thalia-Filiale.<br />

Wie haben Sie diese Zeit erlebt?<br />

Wir bekamen Glückwünsche von Buchhändlern<br />

und Verlagsmitarbeitern aus<br />

dem ganzen Bundesgebiet. Hier in<br />

Braunschweig hatte zum ersten Mal<br />

eine Buchhandlung den Kaufgelüsten<br />

des Filialisten getrotzt, sich auf seine<br />

Stärke besonnen und wie David gegen<br />

Goliath den Kampf gewonnen. Wir sind<br />

immer noch allen Braunschweigerinnen<br />

und Braunschweigern dankbar, dass<br />

Sie so treu zu uns gehalten haben. Die<br />

Unterstützung von unseren Kunden war<br />

wirklich phänomenal. Unser Umsatzrückgang<br />

hat über die Jahre keine zehn<br />

Prozent betragen, aber langsam hatte es<br />

begonnen, weh zu tun. Nach der Thalia<br />

Schließung haben wir einen großen<br />

Teil des verlorengegangenen Umsatzes<br />

zurückgewonnen, aber leider sind die<br />

Kosten in der Zwischenzeit gestiegen,<br />

daher die Sparmaßnahmen.<br />

Thalia, Ihr Rivale im regionalen Markt,<br />

hat mit seinen Rivalen Bertelsmann,<br />

Hugendubel und Weltbild eine E-Book-<br />

Plattform namens Tolino im März 2013<br />

geschaffen, um Amazon zu attackieren.<br />

Vor welchen dieser Unternehmen fürchten<br />

Sie sich am meisten?<br />

In den Branchengremien wird daran<br />

gearbeitet, dass der Tolino-E-Book-Reader<br />

die Antwort des gesamten Buchhandels<br />

auf den Kindle von Amazon ist,<br />

womit man nur bei Amazon E-Bücher<br />

kaufen kann. Hier steht mein Bruder<br />

Thomas Wrensch, als Vorsitzender<br />

des Sortimenter Ausschusses des deutschen<br />

Buchhandels, ganz vorne dran bei<br />

den Verhandlungen. Bei den Filialisten<br />

wächst die Einsicht, dass nur ein kooperatives<br />

Vorgehen der ganzen Branche<br />

eine wirkungsvolle Marktmacht gegen<br />

Amazon darstellt.<br />

Der Onlinehändler Amazon hält mit circa<br />

1,8 Milliarden Euro Umsatz mit Büchern<br />

fast 20 Prozent des gesamten Marktes.<br />

Was können Sie gegen diese Macht tun?<br />

Auch hier entwickelt sich hoffentlich<br />

bald eine Branchenlösung, um ein wirkungsvolles<br />

Gegengewicht im Onlinehandel<br />

gegen Amazon zu schaffen. Hieran<br />

arbeitet mein Bruder ebenfalls.<br />

Buchhandel und Verlage sind sehr individuelle<br />

Branchen mit vielen kreativen<br />

Köpfen. Wenn wir es hier schaffen, die<br />

vielen Einzellösungen, die es gibt, zu<br />

einem gemeinsamen Ganzen zu formen,<br />

habe ich keine Angst vor der weiteren<br />

Entwicklung, denn gelesen wird<br />

immer, auch wenn Einzelne vom Buch<br />

zum Lesegerät wechseln.<br />

Dieses Jahr werden laut Branchenverband<br />

Bitkom etwa 1,4 Millionen Lesegeräte verkauft,<br />

der Umsatzanteil von E-Books hat<br />

sich seit 2011 verdoppelt. Wie beurteilen<br />

Sie den E-Reading-Markt?<br />

Auch bei uns kann man Lesegeräte kaufen,<br />

allerdings verdienen wir kaum<br />

etwas daran. Auch E-Buch-Downloads<br />

über unsere Internetseite sind natürlich<br />

möglich, es hält sich aber noch in einem<br />

sehr geringen Rahmen. Wir können die<br />

technische Entwicklung nicht aufhalten,<br />

auch wenn ich zum genüsslichen<br />

Lesen immer ein Buch nehmen würde.<br />

Wir warten auf die Branchenlösung,<br />

damit der stationäre Buchhandel wirklich<br />

profitieren kann. Die Steigerungsraten<br />

im E-Buchverkauf in den USA,<br />

die hierbei Vorreiter waren, sind lange<br />

nicht mehr so groß. Es scheint so, dass<br />

sich der E-Book-Anteil bei 25 Prozent<br />

einpendelt, davon sind wir in Deutschland<br />

aber noch weit entfernt. Dem wirklichen<br />

Bücherfreund fehlt beim Lesegerät<br />

das Handschmeichlerische und der<br />

Duft eines gedruckten Buches.<br />

Viele Buchläden bieten mittlerweile auf bis<br />

zu einem Drittel ihrer Ladenflächen CDs,<br />

DVDs, Fotokunst, Postkarten, Spielwaren<br />

etc. an. Ist solch ein Gemischtwarenladen<br />

die Zukunft des Buchhandels?<br />

Wir wollen immer eine Buchhandlung<br />

bleiben, aber viele Kunden schätzen<br />

es, dass sie bei uns auch andere schöne<br />

Dinge finden. Wenn der Umsatz, durch<br />

das unüberlegte Bestellen im Internet<br />

und nicht im örtlichen Handel, der diesen<br />

Service auch bietet, sinkt und gleichzeitig<br />

die Kosten steigen, muss sich jeder<br />

Kaufmann überlegen, wie er sein Sortiment<br />

ergänzt. Viele Buchhandlungen<br />

verkaufen im großen Stil Schreibwaren,<br />

das tun wir ganz bewusst nicht.<br />

Wir haben mit der Firma Weiss ein<br />

gut geführtes Schreibwarengeschäft in<br />

der Nachbarschaft, mit dem wir einen<br />

freundschaftlich kollegialen Umgang<br />

pflegen. Was wir aber voller Stolz betreiben,<br />

ist unser kleiner Eintracht-Fanshop,<br />

für den wir uns auch einige Exklusivprodukte<br />

unter dem Motto „Aufsteigerstadt<br />

Braunschweig“ haben herstellen lassen.<br />

Viele Buchläden funktionieren nur noch<br />

durch Selbstausbeutung. Stimmt das?<br />

Sie haben recht, das Betriebsergebnis im<br />

Buchhandel ist laut „Buch und Buchhandel<br />

in Zahlen“ seit Jahren negativ. Auch<br />

wir haben schwierige Jahre hinter uns<br />

gebracht, aber unsere Sparmaßnahmen<br />

greifen.<br />

Christian Göttner


Wirtschaftsvereinigungen<br />

28<br />

Der persönliche Kontakt zählt<br />

Union Kaufmännischer Verein von 1818<br />

Erfolgreicher Unternehmer und Präsident der Union: Adalbert Wandt.<br />

Der 18. Oktober 1818<br />

war für fünf junge<br />

Braunschweiger Männer<br />

ein besonderer Tag. Sie<br />

trafen sich abends und gründeten<br />

die „Union Kaufmännischer<br />

Verein von 1818“. Die<br />

jungen Männer waren Kaufleute,<br />

Geschäftsmänner, die<br />

ihre Interessen – vor allem<br />

rund ums Berufsleben – in<br />

einem Club bündeln wollten.<br />

Schließlich gab es früher<br />

keine Arbeitsvermittlungen,<br />

keine Industrie- und Handelskammer<br />

(IHK), wie Adalbert<br />

Wandt, Präsident der Union,<br />

erklärt. Wo also sollten die<br />

Kaufleute geeignete Arbeiter<br />

finden, wo konnten sie ihr<br />

Personal schulen lassen? Fragen,<br />

mit denen sich auch 195<br />

Jahre später noch die Mitglieder<br />

der Union auf die eine<br />

oder andere Art und Weise<br />

beschäftigen werden. Natürlich,<br />

die Welt hat sich geändert.<br />

Und im Zweifelsfall<br />

lassen sich heutzutage Auszubildende,<br />

Weiterbildungsangebote<br />

und neue Geschäftsbereiche<br />

auch schnell und<br />

unkompliziert durch die<br />

Arbeitsagentur, die IHK und mit wenigen<br />

Klicks ebenso im Internet finden.<br />

Das aber kann den persönlichen Kontakt<br />

und die Gemeinschaft nicht ersetzen.<br />

Vielleicht gibt es die Union deswegen<br />

auch nach fast 200 Jahren immer<br />

noch – und sie ist erfolgreicher denn<br />

je: Der Verein hat rund 450 Mitglieder.<br />

Nachwuchssorgen kennen die Braunschweiger<br />

nicht. Seit jeher zählt die<br />

Kontaktpflege, der Gedankenaustausch,<br />

natürlich branchenübergreifend. „Durch<br />

die Kontakte eröffnen sich neue Kreise,<br />

die regelmäßigen Begegnungen sind<br />

sehr vielfältig“, berichtet Wandt.<br />

Der Verein bietet seinen Mitgliedern<br />

jedes Jahr eine Vielzahl von Veranstaltungen<br />

an: Kamingespräche, Vorträge<br />

wirtschaftspolitischer Art, Betriebsbesichtigungen.<br />

Dazu kommen Traditionsveranstaltungen<br />

wie das alljährliche<br />

Braunkohlessen sowie die Weihnachtsfeier,<br />

auf der regelmäßig tausende Euro<br />

als Spenden an gemeinnützige Braunschweiger<br />

Institutionen verteilt werden.<br />

„Wir sind aber kein Service-Club“,<br />

stellt der Präsident klar. Die Mitglieder<br />

der Union sind überwiegend Kaufleute,<br />

Dienstleister sowie wenige Freiberufler<br />

aus Braunschweig und der näheren<br />

Region. Und sie sind sorgfältig ausgewählt,<br />

wie Adalbert Wandt erklärt. „Wir<br />

Union Kaufmännischer<br />

Verein von 1818<br />

Gründung: 1818<br />

Mitglieder: rund 450<br />

Internet: www.union1818.org<br />

Serie<br />

haben eine lange Warteliste.“<br />

Jedes Jahr werden<br />

nur rund 20 neue<br />

Mitglieder aufgenommen.<br />

„Wir sind nicht auf Wachstum<br />

aus“, so Wandt. Gute<br />

Chancen haben Kinder, deren<br />

Eltern bereits Mitglieder sind,<br />

ehemalige Wirtschaftsjunioren<br />

oder Männer oder Frauen,<br />

die Berufe ausüben, die in<br />

der Union bisher selten vertreten<br />

sind. Kandidaten werden<br />

dann zu einer Stammtischrunde<br />

eingeladen, und<br />

dann kommt es vor allem auf<br />

eines an: „Die Chemie muss<br />

stimmen.“ Dass seit 1979 auch<br />

die eine oder andere Frau mit<br />

an den Stammtischen sitzt,<br />

daran hat die ehemalige niedersächsische<br />

Verkehrsministerin<br />

Birgit Breuel wohl<br />

einen maßgeblichen Anteil.<br />

Im Jahr 1978 nämlich, erzählt<br />

Adalbert Wandt, war Breuel<br />

als Festrednerin zur Feier des<br />

160. Geburtstags der Union<br />

eingeladen. „Sie hat gesagt:<br />

Wenn ich gewusst hätte, dass<br />

hier nur Männer sind, wäre<br />

ich nicht gekommen“, erinnert<br />

sich Wandt. Danach habe ein<br />

Umdenken stattgefunden, mittlerweile<br />

gibt es zahlreiche weibliche Mitglieder.<br />

Natürlich drehen sich die Themen<br />

der Unions-Mitglieder nicht nur um die<br />

eigenen Berufsleben, auch die Entwicklungen<br />

in der Stadt Braunschweig stehen<br />

häufig auf der Agenda. So habe man zum<br />

Beispiel auch über die Schloss-Arkaden<br />

leidenschaftlich diskutiert, sagt Wandt.<br />

Vieles, was einmal in den Medien auftaucht,<br />

werde bei der Union schon frühzeitig<br />

kommuniziert. „Wir sind ja mittendrin.<br />

Es ist eine wunderbare Stadt,<br />

die gut aufgestellt ist.“ Der 65-Jährige<br />

ist seit 25 Jahren Präsident der Union,<br />

seit 37 Jahren Mitglied. Was er sich für<br />

den Verein wünscht? „Erst einmal eine<br />

schöne Feier zum 200. Geburtstag im<br />

Jahr 2018. Das Fest wollen wir gemeinsam<br />

begehen.“<br />

Valea Schweiger<br />

Foto: Christian Lindenau


29 Unternehmen<br />

Fotos: www.ausdruckslos.de<br />

Diese junge Dame bestellt sich gern mal einen Magorausch Smoothie<br />

Frisch und flexibel<br />

Die Braunschweiger Agentur Ausdruckslos<br />

Eine junge Dame bestellt: „Hallo,<br />

ich hätte gerne einen Mangorausch<br />

Smoothie und einen Tandoori Chicken<br />

Wrap.“ Es folgt der Inbegriff der<br />

Frische: Saftiges, kräftiges Obst und<br />

Gemüse wird frisch zubereitet, ist dennoch<br />

sekundenschnell genussbereit.<br />

„Wir lieben Frische!“ ist der Leitspruch<br />

der Immergrün Franchise GmbH mit<br />

Sitz in Essen. Auch in Braunschweig<br />

und Wolfsburg gibt es Filialen – in der<br />

Löwenstadt in den Schloss-Arkaden.<br />

Dort wurde kürzlich, in Zusammenarbeit<br />

mit der Agentur Ausdruckslos, auch<br />

der „frische“ Kinospot gedreht.<br />

„In den 20 Sekunden haben wir vermittelt,<br />

was Immergrün ausmacht: Frische<br />

und Schnelligkeit“, erläutert Agenturinhaber<br />

Sascha Hahne. An einem<br />

Sonntagnachmittag haben sie den<br />

Bestellvorgang und diverse Zubereitungsszenen<br />

gedreht, einen Tag später<br />

– aus Platzgründen – einen weiteren<br />

Teil in einer Showküche. „Beide Drehtage<br />

waren unglaublich produktiv und<br />

zugleich spaßig. Wir hatten ein super<br />

Team“, erläutert Hahne. „Der Dreh lief<br />

ausgezeichnet!“, freut sich auch Engin<br />

Aydin, Franchisepartner der Filialen in<br />

Braunschweig und Wolfsburg. Zu sehen<br />

ist der Spot nun deutschlandweit in den<br />

Kinos, er wurde dafür an jede Filiale<br />

angepasst. „Wir wollen mit dem Spot die<br />

Marke Immergrün und seine frischen<br />

Produkte in den Regionen bekannter<br />

machen“, so Aydin.<br />

Aus welchem Grund entscheidet<br />

sich ein Auftraggeber für eine<br />

verhältnismäßig kleine Agentur<br />

wie Ausdruckslos? „Auf die Agentur<br />

bin ich über einen Freund<br />

gekommen“, erklärt der Franchisenehmer.<br />

Hahne dazu: „Flexibilität, Frische,<br />

Ehrgeiz und Ansprechbarkeit sind,<br />

so schätze ich es ein, die Hauptgründe.“<br />

Der Agenturname selbst, der eigentlich<br />

ein Widerspruch zur Arbeit der Medienagentur<br />

ist, soll auch genau dies ausdrücken.<br />

„Was uns besonders an dem<br />

Namen gefällt, ist, dass man ihn nicht<br />

so schnell vergisst“, erläutert Hahne die<br />

Ironie von „Ausdruckslos“. Seit fünf Jahren<br />

gibt es die Agentur nun, seit anderthalb<br />

konzentriert sie sich vor allem auf<br />

die Foto- und Videografie. Der Design-<br />

Bereich wurde auf eine zweite Agentur<br />

ausgegliedert. Zu den Kunden zählen<br />

Geschäftskunden wie Sport-Thieme,<br />

Fitnesswerk und Volkswagen, etwa für<br />

Image-, Werbe- oder auch Produktvideos.<br />

Hochzeitsvideos seien ebenso extrem<br />

gut nachgefragt. Natürlich wird<br />

es bei den Drehs auch mal sportlich<br />

(etwa zur Eintracht-Talkshow „Löwenrunde“)<br />

oder musikalisch, wenn Hahne<br />

für Künstler diverser Genres bis in die<br />

Schweiz oder nach England reist.<br />

Was ein Kinospot wie der für Immergrün<br />

kostet? Das wird nicht genau verraten.<br />

Allgemein lässt sich allerdings<br />

sagen, dass derartige Projekte bereits bei<br />

einem Budget zwischen 1.500 bis 4.000<br />

Euro realisiert werden können. Damit<br />

die Spots noch origineller werden, lassen<br />

sich die kreativen Jungs immer neue<br />

Ideen einfallen. „Innerhalb der vergangenen<br />

zwölf Monate hat sich das Team<br />

und der ,Waffenschrank‘ (Anmerkung<br />

d. Red.: Ausrüstung) verdoppelt.“ Eine<br />

gute Grundlage für noch ausgefallenere<br />

Werke. Weitere Infos zur Agentur<br />

gibt es unter www.ausdruckslos.de,<br />

zur Immergrün-Kette auf www.meinimmergruen.de.<br />

Den Kinospot u.a. auf<br />

www.facebook.de/immergruen.braunschweig<br />

zu sehen. Falk-Martin Drescher<br />

Agentur-Inhaber Sascha Hahne konzipiert Kinospots für Kunden wie Fitnesswerk oder Volkswagen


Unternehmen<br />

30<br />

Im Jahr 2012 strömten über 1,7 Millionen<br />

Besucher in die Läden der<br />

Designer Outlets Wolfsburg (was ein<br />

Umsatzwachstum von 17 Prozent bedeutet)<br />

– demnächst werden es noch mehr<br />

werden. Der Grund: Mit der Erweiterung<br />

der bereits bestehenden zwei Center-Ellipsen<br />

um ein weiteres Verkaufsgebäude<br />

und den dort beheimateten 28<br />

neuen Shops wird sich das Einzugsgebiet<br />

des Centers weiter ausdehnen und<br />

eine noch größere Einkaufsattraktivität<br />

geschaffen werden. 500 Tonnen Stahl<br />

wurden dafür verarbeitet, 150 neue<br />

Arbeitsplätze werden geschaffen. Die<br />

ersten Mieter werden ihre Geschäfte im<br />

Bauabschnitt II bereits im Dezember für<br />

ihre Kunden öffnen. Die Openings der<br />

weiteren Stores werden bis zum Frühjahr<br />

2014 stattfinden. <strong>Standort</strong>38 unterhielt<br />

sich vorab mit Michael Ernst, dem<br />

stellvertretenden Center Manager der<br />

Designer Outlets Wolfsburg.<br />

Herr Ernst, Deutschlands 400.000 Einzelhändler<br />

rechnen 2013 nur mit einem<br />

nominalen Umsatzplus von einem Prozent.<br />

Wie beurteilen Sie dieses ziemlich bescheidene<br />

Wachstum?<br />

Leider ist dies der aktuelle Trend im<br />

Einzelhandel. Der Endverbraucher achtet<br />

auf sein Budget, ist allgemein verunsichert<br />

von der aktuellen Wirtschaftssituation<br />

und investiert sein Geld lieber in<br />

andere Dinge, wie z.B. in ein Eigenheim.<br />

Dieses Geld kann nicht mehr ausgegeben<br />

werden. Ich hoffe, dass sich die Entwicklung<br />

bald wieder nach oben bewegt.<br />

Seit 2007 locken die Designer Outlets Wolfsburg Millionen Menschen in die Stadt der vier Schornsteine<br />

„Überregionaler<br />

Besuchermagnet”<br />

Michael Ernst, Senior Marketing Manager Germany<br />

Designer Outlets Wolfsburg, im Interview<br />

Der Branchenverband HDE sieht die Eurokrise<br />

als das „größte Risiko für den Einzelhandel“.<br />

Welche Faktoren sehen Sie?<br />

Natürlich ist die Eurokrise ein Thema,<br />

aber das war schon mal vor ein paar Jahren<br />

das große Thema und der Handel<br />

hat mit hervorragenden Zahlen abgeschlossen!<br />

Alle Krisen verunsichern den<br />

Kunden und in der Regel wirkt sich dies<br />

direkt auf den Handel aus. Der Kunde<br />

kauft weniger beziehungsweise verzichtet<br />

schon mal auf den einen oder anderen<br />

zusätzlichen Artikel.<br />

Warum funktioniert dann aber das Konzept<br />

des Outlet-Shoppings entgegen dem<br />

Branchentrend?<br />

Die Kunden achten mehr auf ihr Geld,<br />

wollen aber auf Markenware beziehungsweise<br />

auf ihre Lieblingsmarken<br />

nicht verzichten. In Outlet-Cen-<br />

Fotos: INSIGNIS/Wyrwa, Designer Outlets Wolfsburg, kphoppe.de


31<br />

Unternehmen<br />

tern bekomme ich die Original-Ware<br />

der Marken bis zu 70 Prozent günstiger<br />

gegenüber dem UVP – und dies ganzjährig.<br />

Hinzu kommen – wie im klassischen<br />

Einzelhandel – die Sale-Phasen.<br />

Outlet-Center sind gut erreichbar, bieten<br />

eine Vielzahl von Marken-Shops<br />

komprimiert an einem Ort an. Dies sind<br />

alles Punkte, die den Besucher immer<br />

stärker in Outlet-Center ziehen. Deshalb<br />

performed die Outlet-Branche aus<br />

meiner Sicht momentan entgegen dem<br />

Branchentrend.<br />

Herr Ernst, wie würden Sie den Einzelhandel<br />

in der Region 38 beschreiben?<br />

Als sehr attraktiv. Ich komme nicht<br />

gebürtig aus der Region 38 und ich bin<br />

immer wieder überrascht, welche Vielfalt<br />

man hier doch vorfindet. Es gibt<br />

wunderschöne und gemütliche Innenstädte,<br />

wir haben schöne Center vor<br />

Ort und mir als Kunde fehlt kaum etwas<br />

in der Einzelhandelslandschaft in der<br />

Region 38!<br />

Welche Bedeutung haben die Designer<br />

Outlets Wolfsburg für die Region 38? Was<br />

ist das Besondere daran?<br />

Das Besondere an den Designer Outlets<br />

Wolfsburg ist natürlich, dass wir mit der<br />

Eröffnung 2007 das erste Designer Outlet<br />

Center in Norddeutschland waren<br />

und das erste innerstädtische Outlet<br />

Center im Norden/in Deutschland sind.<br />

Normalerweise entstehen Outlet-Center<br />

auf der grünen Wiese, weit ab von der<br />

Innenstadt. Die Stadt Wolfsburg wagte<br />

sich an das „Experiment“ innerstädtisches<br />

Outlet, was für die Fortschrittlichkeit<br />

und den Mut der Stadt spricht.<br />

Und ich denke, sie haben es bisher<br />

nicht bereut. Für die Region 38 sind wir<br />

ein überregionaler Anziehungspunkt.<br />

Unsere Kunden kommen aus einem Einzugsgebiet<br />

von 200 km rund um Wolfsburg.<br />

Neben touristischen Attraktionen<br />

wie z.B. der Autostadt haben wir uns zu<br />

einem weiteren überregionalen Besuchermagnet<br />

entwickelt. Davon profitiert<br />

natürlich auch die Region 38.<br />

Michael Ernst, Senior Marketing Manager DOW<br />

keine Zwischenhändler. Dies ist für uns<br />

ein ganz wichtiger Aspekt, der uns auch<br />

eine gewisse Qualität in der Warenversorgung<br />

garantiert, und auch der Grund,<br />

warum unsere Shops nur Mono-Brand-<br />

Shops sind. Jede Marke hat eine eigene<br />

Boutique, der Kunde kauft direkt bei der<br />

Marke ein.<br />

In der Auswahl sind wir sehr selektiv.<br />

Wir arbeiten mit Marken zusammen,<br />

die sich schon lange am Markt etabliert<br />

haben und die in den entsprechenden<br />

Zielgruppen eine hohe Bekanntheit<br />

haben. Zusätzlich achten wir auf den<br />

Markenmix, dieser muss stimmen und<br />

harmonisch sein. In Wolfsburg konnten<br />

wir mittlerweile einige „Exoten“<br />

als Mietpartner gewinnen, die ansonsten<br />

nur sehr selten oder teilweise gar<br />

nicht in Outlets sind. So haben wir einen<br />

von insgesamt nur drei Polo Ralph Lauren<br />

Outlet-Shops in Deutschland – den<br />

einzigen in ganz Norddeutschland. Die<br />

Marke Van Laack hat im vergangenen<br />

Jahr bei uns ihren dritten Outlet-Shop in<br />

ganz Deutschland eröffnet und die Outdoor-Marke<br />

Mammut sogar ihren ersten<br />

europaweiten Outlet-Shop. Darauf<br />

sind wir sehr stolz. Dass solche Marken<br />

sich für Wolfsburg entschieden haben,<br />

spricht ganz klar für den <strong>Standort</strong>.<br />

Neben diesen Aspekten ist natürlich der<br />

Kunde wichtig! Wie sagt man so schön:<br />

„Der Köder muss dem Fisch schmecken<br />

und nicht dem Angler!“ Am Ende<br />

entscheidet immer der Kunde. Deshalb<br />

führen wir regelmäßig Befragungen<br />

im Center durch und bekommen<br />

auch allgemein viele Kundenwünsche<br />

per Post, E-Mail oder über Facebook.<br />

Diese Ergebnisse berücksichtigen wir<br />

natürlich ganz stark: So war z.B. Adidas<br />

immer eine Wunschmarke, die wir<br />

ja auch mittlerweile nach Wolfsburg<br />

geholt haben.<br />

Welche Kunden kaufen bei Ihnen ein und<br />

wo kommen diese her?<br />

Wir bezeichnen unseren Kunden gerne<br />

als Smartshopper: Sie legen Wert auf<br />

Markenware und Qualität – und das zu<br />

einem guten Preis. Genau das finden sie<br />

bei uns, direkt bei ihrer Lieblingsmarke.<br />

Diese Kunden sind auch bereit, eine<br />

deutlich weitere Anreise in Kauf zu nehmen,<br />

um ihre Lieblingsmarken günstiger<br />

Nach welchen Kriterien wählen Sie die fast<br />

49 Hersteller aus, die ihre Markenartikel<br />

bei Ihnen verkaufen?<br />

Wichtig zu wissen an dieser Stelle ist,<br />

dass wir nur direkt an die Marken vermieten<br />

und an keine Unterhändler, das<br />

heißt der Lacoste Shop wird direkt von<br />

Lacoste betrieben und beliefert. Es gibt<br />

Futuristisches Design und viel Platz und Auswahl für Smartshopper, die Wert auf Marken und Qualität legen


Unternehmen<br />

32<br />

Wie wichtig wird in Zukunft Multichannel-Marketing<br />

für den Handel?<br />

Sehr wichtig natürlich. Das Medien-Verhalten<br />

der Bevölkerung ändert sich komzu<br />

erwerben. Unsere Kommunikation<br />

erstreckt sich in einem Radius von 200<br />

km um Wolfsburg herum, das heißt wir<br />

sind auch in Städten wie Hamburg, Hannover,<br />

Göttingen, Hildesheim etc. präsent.<br />

Natürlich kommunizieren wir auch<br />

national, z. B. in der Gala oder in Reiseund<br />

Fachmedien, um den Schnäppchen-<br />

Touristen nach Wolfsburg zu locken.<br />

Wie hat sich das Kaufverhalten der Kunden<br />

in den letzten Jahren verändert?<br />

Allgemein ist der Kunde preissensibler<br />

geworden. Er achtet mehr auf die<br />

Angebote, die momentan aktuell sind,<br />

und fokussiert sich sehr schnell darauf<br />

bzw. verzögert seinen Kauf, bis die<br />

gewünschte Ware reduziert ist. Man<br />

hört von vielen Kollegen im Einzelhandel,<br />

dass der Impulskauf – „ich kaufe<br />

jetzt etwas, weil es mir jetzt gefällt“<br />

– immer mehr ausbleibt und es mehr<br />

Bedarfskäufe gibt – „ich suche ein<br />

Hemd und deshalb kaufe ich auch nur<br />

ein Hemd“. Der Kunde muss wieder<br />

mehr „verführt“ werden, d.h. es werden<br />

immer stärkere Verkäufer gesucht, die<br />

es am Point of Sale schaffen, den Kunden<br />

zu einem Impulskauf hinzureißen.<br />

Im Einzelhandel vollzieht sich durch das<br />

Internet und neue Technologien ein drastischer<br />

Wandel. Der Umsatz im Online-<br />

Handel wuchs zuletzt um 12 Prozent auf<br />

29,5 Milliarden Euro, was einem Umsatz<br />

pro Stunde von rund 3,4 Millionen Euro<br />

entspricht. 2013 wird mit einem weiteren<br />

Plus von 12 Prozent im Online-Handel<br />

gerechnet. Wie alarmierend ist das für<br />

Ihre Branche? Machen Sie sich Sorgen?<br />

Die Stahl-Glas-Fassade ermöglicht eine repräsentative Markenpräsentation<br />

Ganz selbstbewusst muss ich sagen:<br />

nein! Natürlich ist der Online-Handel<br />

ein neuer Mitbewerber, den der stationäre<br />

Handel nicht so auf dem Radar<br />

hatte. Nun ist er da. Und der Online-<br />

Handel schreibt beeindruckende Zahlen.<br />

Aber warum sollte sich der stationäre<br />

Einzelhandel davor verstecken?<br />

Konkurrenz belebt das Geschäft. Man<br />

muss darauf reagieren. Neue Wege<br />

gehen. Schauen, was der eigene USP<br />

gegenüber dem Online-Handel ist.<br />

Bekomme ich eine so nette Beratung<br />

online wie in einem Geschäft? Nein. Die<br />

Beratung fehlt komplett. Im Einzelhandel<br />

bekomme ich diese. Will ich das Produkt<br />

nicht auch einmal „anfassen“, bevor<br />

ich es kaufe – gefällt mir überhaupt das<br />

Material? Kann ich mich vielleicht auch<br />

von Produkten inspirieren lassen? Wer<br />

Drei schiffsförmige Ellipsen mit imposanten Flugdächer kennzeichnen das Wolfsburger Wahrzeichen<br />

berät mich bei der richtigen/passenden<br />

Größe? Der Einzelhandel muss sich auf<br />

seine Stärken konzentrieren und diese<br />

noch stärker herausstellen.<br />

Natürlich ist der Online-Händler sehr<br />

schnell, sehr preisaggressiv und allgegenwärtig.<br />

Aber das Shoppingerlebnis<br />

fehlt komplett und das bekommt man<br />

bei uns. In den Designer Outlets Wolfsburg<br />

kann ich durch die Mall schlendern,<br />

kann einen Kaffee trinken gehen<br />

und es gibt immer wieder verschiedene<br />

Veranstaltungen mit Live-Musik und<br />

vielem mehr. Online habe ich dies nicht.<br />

Klar, der Kunde informiert sich. „Googelt“<br />

im Geschäft vielleicht auch mal<br />

den Artikel xy, ob es diesen vielleicht<br />

nicht doch noch günstiger gibt. Oder<br />

in anderen Farben. Dies ist teilweise<br />

sicherlich etwas frustrierend: Der Besucher<br />

holt sich den Service im Geschäft<br />

ab und kauft aber online. Da müssen die<br />

Händler aufpassen, dass sie nicht zum<br />

Showroom für die Online-Händler werden.<br />

Aber da kann man nur sagen: „Service.<br />

Service. Service.“ Ich bin der Meinung,<br />

wenn das Ambiente, der Service,<br />

die Beratung und das Produkt stimmen,<br />

dann ist der Kunde auch bereit,<br />

ein paar Euro mehr zu bezahlen. Aber<br />

die Punkte müssen auch erfüllt werden.<br />

Der Online-Handel ist eine Herausforderung,<br />

die wir gerne annehmen und<br />

mit einem unvergesslichen Shopping-<br />

Erlebnis-Tag gegensteuern.<br />

Fotos: INSIGNIS/Wyrwa, Designer Outlets Wolfsburg


33 Unternehmen<br />

plett. Darauf muss man reagieren und<br />

mit der Zeit gehen. Wenn der Kunde<br />

bei Facebook ist, dann muss ich ihn dort<br />

abholen. Liest er eher die Tageszeitung,<br />

denn ist dies mein Medium. Man muss<br />

sich breit genug aufstellen und versuchen,<br />

den Kunden auf möglichst vielen<br />

Kanälen zu erreichen – man darf und<br />

kann sich nicht mehr nur noch auf ein<br />

Medium als Werbeträger konzentrieren.<br />

Ein Investor aus Neustadt wollte für 30<br />

Millionen Euro auf einem Gelände am<br />

Stadtrand von Helmstedt ein Designer-<br />

Outlet-Center eröffnen. Der Zweckverband<br />

Großraum Braunschweig (ZGB) hat<br />

dies untersagt. Was sagen Sie zu diesem<br />

Projekt und dieser Entscheidung?<br />

Natürlich haben wir dies verfolgt. Wir<br />

waren sehr überrascht, dass es wieder<br />

einen Versuch zur Ansiedlung eines<br />

Outlet Centers in Helmstedt gab. In<br />

Niedersachsen gibt es mittlerweile drei<br />

Outlet-Center, mit Helmstedt wäre dies<br />

Nummer vier und es gibt kein Bundesland<br />

mit so vielen Outlet-Centern. Es<br />

wäre sicher zu einer Kannibalisierung<br />

gekommen.<br />

diese Chance und die neuen Kundenströme<br />

für sich nutzen. Natürlich wird<br />

es Verlierer geben – vor allem im jüngeren<br />

Segment. Aber ich denke gerade<br />

an die Eltern, die mit ihren Kindern zu<br />

Primark fahren. Für Mama und Papa ist<br />

Primark vielleicht gar nicht mehr interessant,<br />

sie legen eher Wert auf Markenware.<br />

Dem Einzelhandel sollte es doch<br />

recht sein, wenn das Kind das Taschengeld<br />

bei Primark ausgibt und Mama und<br />

Papa in die anderen Geschäfte gehen<br />

und dort qualitätsbegründet das doppelte<br />

und dreifache Einkaufsvolumen<br />

ausgeben und danach vielleicht noch ins<br />

Café gehen und die lokale Gastronomie<br />

unterstützen.<br />

Braunschweig wird mehr Kunden haben.<br />

Kunden werden aus einem weiteren Einzugsgebiet<br />

kommen und nicht nur ein<br />

Geschäft besuchen. Es wird anfangs<br />

sicher schwer und eventuell auch Verlierer<br />

geben, Neues ist immer interessanter.<br />

Aber ich denke, die Region muss<br />

die Eröffnung auch als Chance sehen.<br />

Wir sind hier im Einzelhandel stark und<br />

attraktiv aufgestellt und man sollte mit<br />

einem gewissen Selbstbewusstsein auf<br />

diese Eröffnung schauen.<br />

Das Gelände des Designer Outlets Wolfsburg<br />

wird auf circa 16.000 Quadratmeter<br />

erweitert. Es wird eine Verkaufsfläche von<br />

6.000 Quadratmeter mit circa 30 neuen<br />

Geschäften geschaffen. Wie wird sich<br />

diese Vergrößerung regional auswirken?<br />

Es werden mehr Kunden kommen –<br />

ganz klar. Mit circa 80 Geschäften sind<br />

wir gerade für das weitere Einzugsgebiet<br />

noch attraktiver. Manche Besucher,<br />

die vielleicht zur Eröffnung hier waren,<br />

werden wiederkommen und werden<br />

überrascht sein, was sich seit 2007 bei<br />

uns geändert hat. Viele neue Marken<br />

sind bereits im ersten Bauabschnitt enthalten,<br />

und nun optimieren wir unser<br />

Angebot noch weiter und eröffnen über<br />

25 neue Shops. Welche Marken kommen,<br />

dürfen wir leider noch nicht kommunizieren<br />

– nur so viel: Die eine oder<br />

andere Wunschmarke unserer Kunden<br />

wird dabei sein.<br />

Christian Göttner<br />

Mit der ECE Projektmanagment GmbH ist<br />

ein weiterer Wettbewerber in der Region<br />

38 mit der City-Galerie Wolfsburg, der<br />

Stadtpassage Salzgitter, den Schloss-Arkaden<br />

u.a. in Braunschweig vertreten. Wie<br />

stehen Sie zu diesem Wettbewerber?<br />

Wir haben ein gutes Verhältnis – vor<br />

allem natürlich lokal. Die ECE Center<br />

sind anders ausgerichtet und sprechen<br />

ein anderes Zielpublikum an. Der<br />

Kunde, der zu uns kommt, hat in seinem<br />

Umfeld kein anderes Outlet-Center<br />

– unser Einzugsgebiet ist somit<br />

deutlich größer und wir sind eine touristische<br />

Destination. Natürlich gibt es<br />

Überschneidungen, doch ich denke, es<br />

besteht ein sehr gutes Miteinander.<br />

Der irische Textildiscounter Primark will<br />

2014 im City-Point Braunschweig 6.000<br />

Quadratmeter auf fünf Etagen belegen.<br />

Welche Auswirkungen hat das auf den<br />

regionalen Textil-Einzelhandel?<br />

Der Kunde freut sich, vor allem der jüngere<br />

Kunde. Für die Region ist es eine<br />

weitere Ergänzung, ein starker Name.<br />

Primark wird die Shopping-Region für<br />

den Endverbraucher nochmals attraktiver<br />

machen. Ich denke, dass noch mehr<br />

Kunden nach Braunschweig kommen<br />

werden. Der dortige Einzelhandel muss<br />

Men´s Gala


Stiftungen<br />

34<br />

Hans-Joachim Grove mag bunte Gemälde und engagiert sich für das Land Rumänien<br />

Kunst & Hilfsgüter<br />

Die Grove-Moldovan Art-Foundation<br />

Als junger Student reiste er<br />

durch Rumänien und verliebte<br />

sich in das Land und in eine Frau.<br />

Später – inzwischen sind die beiden verheiratet<br />

und leben gemeinsam in Braunschweig<br />

– gründeten die Zahnärztin Dr.<br />

Maria Grove-Moldovan und der Kunst-<br />

Galerist Hans-Joachim Grove die Grove-<br />

Moldovan Art-Foundation – eine Stiftung,<br />

die sich viele Ziele gesetzt hat.<br />

„Wir möchten insbesondere das<br />

Gesundheitswesen im In- und Ausland<br />

fördern“, sagt Grove. Ein Schwerpunkt<br />

liegt aber auf dem Land Rumänien. Seit<br />

mehr als 35 Jahren werden dort Hilfsaktionen<br />

durchgeführt. Zuletzt hatte<br />

Grove zahlreiche Rollatoren gesammelt<br />

und an Bedürftige in Rumänien verteilt.<br />

Allein seit 1989 habe die Stiftung etwa<br />

135 Hilfsaktionen durchgeführt, für die<br />

sie im Vorfeld Spenden aus der Region<br />

gesammelt hatte.<br />

Ein anderes Ziel der Art-Foundation<br />

sei es, durch Kunst Institutionen hier vor<br />

Ort zu unterstützen. So habe der Galerist<br />

schon Bilder im Frauenhaus ausgestellt.<br />

„Damit wollten wir das Bewusstsein<br />

für die Schicksale der betroffenen<br />

Frauen erhöhen“, so Grove, der mit sei-<br />

ner Frau nahezu seinen ganzen<br />

Besitz als Stiftungskapital<br />

in die Art-Foundation eingebracht<br />

hat. Die private Kunstsammlung der<br />

beiden ist das Hauptkapital. „Die Bilder<br />

verdienen regelmäßig Geld für die Stiftung,<br />

dadurch, dass sie in Ausstellungen<br />

unterwegs sind“, erklärt Grove.<br />

Kunst ist daher auch beinahe naturgemäß<br />

ein wichtiges Anliegen der Stiftung.<br />

„Ein Bild sagt oft mehr als tausend<br />

Worte“, lautet Groves Motto, das er auf<br />

verschiedene Weisen umsetzt. „Art for<br />

Help“ heißt das Programm, mit dem die<br />

Stiftung in der Region Braunschweig<br />

seine Hilfe für soziale Einrichtungen<br />

anbietet.<br />

So gibt es beispielsweise für viele Aktionen<br />

im Raum Braunschweig Kunstkarten.<br />

Das sind Postkarten, die von einem<br />

Künstler – oftmals aus der Region –<br />

gestaltet worden sind. Diese Karten<br />

können die jeweiligen Einrichtungen<br />

dann zu ihren eigenen Gunsten verkaufen.<br />

So profitierte beispielsweise der<br />

Kinderschutzbund Braunschweig von<br />

Karten mit einem Bild des Gifhorner<br />

Rollenmalers Peter Matzat. Dem einher<br />

gehen oft Ausstellungen, die Grove<br />

Serie<br />

in den jeweiligen Einrichtungen organisiert.<br />

Eine andere Ausstellung fand<br />

hingegen in seiner Galerie statt: Dort<br />

standen Kunstwerke zur Schau, die in<br />

der MS-Malgruppe Braunschweig entstanden<br />

sind – Hobbymaler, die Multiple<br />

Sklerose haben. Auch so könne man<br />

soziale Projekte unterstützen.<br />

Das Bild, das viele Deutschen von<br />

Rumänien haben, ist Grove ebenfalls ein<br />

Anliegen. Das Land sei mehr als Ceaucescu<br />

und Dracula. Seine Stiftung setzt<br />

sich daher dafür ein, das Rumänien-<br />

Bild kritisch, aber auch mit Blick auf<br />

die schönen Seiten aufzuarbeiten. Dazu<br />

solle auch ein kultureller und naturwissenschaftlicher<br />

Austausch zwischen<br />

den Ländern stattfinden, so beispielsweise<br />

zwischen der TU Braunschweig,<br />

deren Präsident Jürgen Hesselbach Mitglied<br />

im Stiftungskuratorium ist, und<br />

der Technischen Universität Cluj-Napoca<br />

(Klausenburg).<br />

Das Großprojekt, an dem Grove derzeit<br />

feilt, ist die Bewerbung der Stadt<br />

Klausenburg zur Kulturhauptstadt Europas<br />

2021. Maria und Hans-Joachim<br />

Grove sind beide gewählte Kulturbotschafter<br />

und Ehrenbürger<br />

der Stadt in Siebenbürgen.<br />

„Ich habe den Verantwortlichen<br />

vor Ort erzählt, dass<br />

der Bewerbungsprozess schon<br />

viele Vorteile mit sich bringt,<br />

selbst wenn am Ende eine andere Stadt<br />

gewinnt“, so Grove, der dabei die vielen<br />

Aktionen und Veranstaltungen in seiner<br />

Heimatstadt Braunschweig in Erinnerung<br />

hat, die sich ebenfalls 2010 um<br />

den europäischen Titel bewarb.<br />

Das Stiftungskapital der Grove-Moldovan<br />

Art-Foundation besteht zum<br />

größten Teil aus der privaten Kunstsammlung<br />

des Ehepaars Grove – darunter<br />

viele Bilder des Megarealisten Nicolae<br />

Maniu. Damit die Stiftung aber jetzt<br />

lebendig ist und über das Leben der<br />

Stifter hinaus existiert, versucht Grove,<br />

möglichst viele Menschen für seine<br />

Ideen zu begeistern. Ständig ist er auf<br />

der Suche nach Leuten, die sich ehrenamtlich<br />

engagieren. Das müssen nicht<br />

zwangsläufig Künstler oder Kunstliebhaber<br />

sein. Zuletzt hat er zwei junge<br />

Informatik-Studenten gewinnen können,<br />

die jetzt die Homepage der Stiftung<br />

überarbeiten. Auch Spenden nimmt die<br />

Stiftung regelmäßig an – etwa um direkt<br />

Betroffenen in Rumänien zu helfen.<br />

<br />

Bastian Lüpke<br />

Fotos: Bastian Lüpke


35 Unternehmen<br />

Backkultur seit 1853<br />

70 Jahre Wolfsburger Bäckerei Cadera<br />

Fotos: Privat<br />

Bäcker gibt es überall in der<br />

Region 38. Nur die alteingesessenen<br />

Handwerksbäcker werden<br />

immer weniger. Das behauptet und<br />

bedauert Petronella Cadera, Geschäftsführerin<br />

der Bäckerei Cadera in Wolfsburg.<br />

Während ihr traditionsreiches<br />

Unternehmen in diesem Jahr seinen 70.<br />

Geburtstag feiert, gaben viele bekannte<br />

Betriebe über die Jahre auf. Fehlende<br />

wirtschaftliche Perspektiven, keine<br />

Nachfolgeregelung und einiges mehr<br />

sind die Gründe dafür, dass eine Handwerkskunst<br />

vielerorts am Aussterben<br />

ist. „Wir sind natürlich froh, dass wir<br />

die größte Bäckerei in Wolfsburg mit<br />

mittlerweile 17 Filialen sind. Uns ist<br />

aber wichtig, dass es eine gewisse Vielfalt<br />

gibt. Dass der Kunde die Wahl hat“,<br />

erzählt sie. Im Jahr 2007 überschritt ihr<br />

Unternehmen erstmals die Stadtgrenze<br />

und eröffnete eine Filiale in Gifhorn,<br />

voriges Jahr kam eine weitere in Cremlingen<br />

dazu. Damit die tägliche Versorgung<br />

der Kunden garantiert ist, beschäftigt der<br />

Familienbetrieb mehr als 220 Mitarbeiter,<br />

ausgebildet wird in den Bereichen<br />

Bäcker, Konditor und Fachverkäufer.<br />

Bereits 1853 begann die Familie<br />

Cadera in Köln mit ihrem Handwerk,<br />

die Großeltern – also bereits die dritte<br />

Generation – siedelten 1943 aus der<br />

kriegsgebeutelten Domstadt ins aufstrebende<br />

Wolfsburg um. Da war die<br />

VW-Stadt gerade mal fünf Jahre jung.<br />

In der Schillerstraße wurde der erste<br />

Laden mit Backstube eröffnet, im Kaufhof<br />

gab es dazu eine Mokkastube mit<br />

15 Sitzplätzen „um die Kaffeekultur zu<br />

verbreiten.“ 1956 eröffnete man dann<br />

mitten in der Porschestraße das Hauptgeschäft<br />

mit Café, was heute noch am<br />

gleichen <strong>Standort</strong> zu finden ist. „Das<br />

war damals schon einer der wichtigsten<br />

Anziehungspunkte in der Stadt“,<br />

berichtet die 48-Jährige. Dort, wo heute<br />

die Büros sind, lebte und arbeitete früher<br />

die ganze Familie mit Großeltern,<br />

Gesellen und Lehrlingen unter einem<br />

Dach – schöne Zeiten, an die sich Petronella<br />

Cadera gern, aber auch etwas wehmütig<br />

zurückerinnert.<br />

Geschäftsführerin Petronella Cadera<br />

Viele Jahrzehnte lang liefen die<br />

Geschäfte hervorragend, es wurde kontinuierlich<br />

expandiert. Erst um das Jahr<br />

2000, mit der fortschreitenden Etablierung<br />

des Frostens, änderte sich der<br />

Markt grundlegend – der Umbruch<br />

kam auch für Cadera. Den Prozess des<br />

Backens zeitlich beliebig von dem der<br />

Teigherstellung zu trennen revolutionierte<br />

das gesamte Gewerbe. Backwaren<br />

konnten nun irgendwo produziert,<br />

gefrostet und irgendwo anders fertiggebacken<br />

werden. Backwarenverkaufsstände<br />

in Supermärkten, an Bahnhöfen<br />

oder in Tankstellen boten nun frisch<br />

gebackenes Gebäck und Brot an, ohne<br />

dass eine Backstube vorhanden war.<br />

Das Ausbacken von Teiglingen, einem in<br />

der Regel industriell hergestellten, fertig<br />

bearbeiteten, geformten Stück rohen<br />

Teiges, konnte nun auch von ungelernten<br />

Hilfskräften erledigt werden. Cadera<br />

reagierte und investierte. Statt Pumpkanne<br />

und Stehtisch, wie es früher<br />

funktionierte, wurden neue <strong>Standort</strong>e<br />

moderner und großzügiger ausgestattet,<br />

Angebot und Ambiente weiter verändert<br />

und verbessert. Der Billig-Konkurrenz<br />

wurde erfolgreich mit Qualität<br />

entgegengetreten. „Wir kaufen keine<br />

Fertigwaren dazu, sondern produzieren<br />

hundert Prozent selbst. Dazu gehören<br />

auch die Verwendung hochwertiger<br />

Rohstoffe wie Butter statt Margarine,<br />

Marzipan statt Persipan oder Früchte<br />

von regionalen Anbietern.“ Gebacken<br />

wird heute überall, doch durch das Kaffehaus-<br />

und Konditorei-Know-how hebt<br />

sich die älteste Wolfsburger Bäckerei –<br />

die täglich circa zwanzig verschiedene<br />

Kuchen und Torten anbietet – weiter von<br />

den Mitbewerbern ab. Und das soll auch<br />

in Zukunft so bleiben. Christian Göttner<br />

Das erste Café Cadera in der Schillerstraße 60, das 1943 in Wolfsburg eröffnet wurde


Rückblick<br />

36<br />

Energiewende ja, aber wie?<br />

4. EnergieTag im paläon<br />

Eine erfolgreiche Energiewende ist in der Region BS-WOB mit<br />

vereinten Kräften möglich, lautete das Fazit des 4. EnergieTages<br />

der Region, der mit rund 200 Teilnehmern im paläon – Forschungs-<br />

und Erlebniszentrum Schöninger Speere stattfand.<br />

Tradition und Zukunft<br />

Porsche Zentrum Braunschweig Neueröffnung<br />

Pünktlich zum 50. Jubiläum des legendären 911er lud das Porsche Zentrum Braunschweig<br />

zur Neueröffnung – und über 400 Gäste fuhren (sogar aus Berlin) mit ihren<br />

PS-starken Schmuckstücken vor. Geschäftsführer Michael Albrecht (der besonders<br />

sein Team lobte) und Heinz-Joachim Westphal, Geschäftsführer der Voets Automobilholding<br />

GmbH, begrüßten die Automobil-Enthusiasten. DJ Oliver Strauss sorgte für<br />

groovige Sounds, Isabel Edvardsson und die Streetdance-Crew Special Delivery zeigten<br />

akrobatische Tanzeinlagen, die Fleischerei Göthe lieferte das Buffet. Bis 5 Uhr<br />

wurde gefeiert – Fortsetzung folgt im April mit der Vorstellung des Porsche Macan.<br />

Wolfsburger Gipfeltreffen<br />

„Forum Wirtschaft“ im Phaeno<br />

Passend zum Sonderteil Wolfsburg in der <strong>Standort</strong>38-Oktober-<br />

Ausgabe trafen sich rund 150 Wolfsburger Geschäftsleute und<br />

Entscheider zum zweiten „Forum Wirtschaft“ im Phaeno. Eingeladen<br />

hatten die Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg und die Wolfsburger<br />

Wirtschaft und Marketing GmbH (WMG), die eine gute<br />

Vernetzung propagieren. Als gutes Beispiel gilt die Autostadt,<br />

deren Chef Otto Ferdinand Wachs in seiner Rede u.a. „zu Kreativität,<br />

Mut und zur ständigen Weiterentwicklung“ aufrief. C.G.<br />

Fotos: WOB AG, Sascha Gramann, Marcel Kiimmling


37 Rückblick<br />

Fotos: Peter Sierigk<br />

Neues Tor zur Innenstadt<br />

Richtfest des neuen BZV-Pressehauses<br />

Den mit blau-gelben Bändern geschmückten Richtkranz begleiteten<br />

einige Regentropfen nach oben. Der guten Stimmung und den<br />

launigen Worten von Bauleiter Wolfgang Liebe tat das keinen<br />

Abbruch. „Hier ist alles gut verarbeitet, der Beton stabil<br />

– dieses Gebäude wird hier lange stehen“, erzählte er<br />

den 300 Gästen. Sie waren gekommen, um den Rohbau des<br />

neuen BZV-Pressehauses an der Langen Straße erstmals zu<br />

begutachten. Das moderne und elegante fünfgeschossige<br />

Gebäude im Schatten der Petrikirche und im Herzen der<br />

Innenstadt ist 24,5 Meter hoch und bietet eine Nutzfläche von<br />

circa 18.000 Quadratmetern. Bewegte Reden hielten u.a. BZV-<br />

Geschäftsführer Harald Wahls sowie Investor Jochen Staake,<br />

der das 3.811 Quadratmeter große Grundstück Ende Juli 2010<br />

gekauft hatte und Mitte 2014 das Stadthaus Petri fertiggestellt<br />

haben möchte. Die BZV-Medienhaus GmbH rückt damit, als<br />

einer der Hauptmieter, wieder zurück ins Zentrum der City.<br />

Symbiose Integrieren,<br />

modifizieren, neu gestalten –<br />

USM Möbelbausystemeverleihen<br />

Ideenkonkrete Gestalt.<br />

Fragen Sie nach detaillierten Unterlagen<br />

beim autorisierten Fachhandel.<br />

Büro +Wohnkultur<br />

im ARTmax, Raffinerie<br />

Frankfurter Straße 2<br />

38122 Braunschweig<br />

Telefon 0531 23 44 88 10<br />

Telefax 0531 23 44 88 30<br />

www.prooffice.de


Persönlich<br />

38<br />

Der Schreibtisch von …<br />

Dr. Jörg Leuschner,<br />

Fachdienstleiter Kultur der Stadt Salzgitter<br />

Manchmal sitze ich lächelnd<br />

an meinem Schreibtisch und<br />

bin glücklich darüber, dass ich<br />

so einen tollen Job habe.“ Wohl dem,<br />

der so etwas sagen kann. Dr. Jörg Leuschner<br />

tut es. Und er sagt es mit einer<br />

von innerer Überzeugung sprühender<br />

Ehrlichkeit, die beeindruckend ist. Vor<br />

18 Jahren hat der Historiker den Posten<br />

angetreten. Er scheint ihm wie auf den<br />

Leib geschneidert zu sein.<br />

Als Fachdienstleiter Kultur der Stadt<br />

Salzgitter und Mitglied in 25 kulturellen<br />

Vereinen plant, organsiert und veranstaltet<br />

er mit seinem insgesamt 40-köpfigen<br />

Team Jahr für Jahr etliche Ausstellungen,<br />

Konzerte und andere Events. Er<br />

ist dafür verantwortlich, dass der Kultur-Haushalt<br />

eingehalten wird, verhandelt<br />

mit der Politik und übernimmt<br />

Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld<br />

ist die Musikschule, deren selbst formulierten<br />

Aufgaben „die Vermittlung<br />

einer musikalischen Grundbildung,<br />

die Herausbildung des Nachwuchses<br />

für das Laien- und Liebhabermusizieren,<br />

die Begabtenfindung und Begabtenförderung<br />

sowie die mögliche Vorbereitung<br />

auf ein Berufsstudium sind“<br />

(www.stadt-salzgitter.de).<br />

Wann immer etwas Neues im Museum<br />

Schloss Salder gezeigt wird oder etwas<br />

in Kniestedter Kirche, Kuhstall, Kulturscheune,<br />

Feuerwache und Co. los<br />

ist, wurden sehr wahrscheinlich<br />

auf dem Schreibtisch<br />

von Dr. Jörg<br />

Leuschner die Verträge<br />

unterschrieben:<br />

Museumsfest,<br />

Klesmerfest, das<br />

Drummer-Meeting<br />

mit zum Teil<br />

langer Tradition –<br />

und dazu einmalige<br />

Veranstaltungen wie<br />

das 70-jährige Stadtjubiläum.<br />

In Salzgitter ist<br />

viel los.<br />

Eine gewisse Routine ist zweifellos<br />

eingekehrt in all den Jahren. Aber<br />

Lässigkeit? Nein! Dr. Jörg Leuschner<br />

besucht nach wie vor so viele Veranstaltungen<br />

wie möglich. Und wenn er<br />

verhindert ist? „Dann lässt es mir keine<br />

Ruhe, bis der erlösende Anruf kommt“,<br />

sagt Dr. Leuschner. Und das dauert oft<br />

Serie<br />

Fahrzeug-Modelle der Braunschweiger Büssing AG parken im Büro<br />

bis nach Mitternacht, je nach Veranstaltung.<br />

Am anderen Ende ist dann ein<br />

Mitarbeiter, häufig Ralli Lewitzki, der<br />

seinen Chef mit allen Informationen<br />

versorgt. Meist bringt er<br />

gute Neuigkeiten mit: „In der<br />

Regel laufen die Veranstaltungen<br />

zum Glück nach Plan ab.“<br />

Nach 18 Jahren ist die Liste<br />

großer Künstler und besonderer<br />

Erinnerungen natürlich lang.<br />

Unvergessen ist zum Beispiel die Leonardo<br />

da Vinci-Ausstellung, die Dr. Jörg<br />

Leuschner 2009 ins Museum Schloss<br />

Salder gebracht hat. Sie ist Beweis für<br />

das international hohe Ansehen des<br />

Museums und sorgte dafür, dass die<br />

gesamte Stadt an Renommee gewann.<br />

Den hervorragenden Kontakten Ralli<br />

Lewitzkis zur internationalen Musikszene<br />

ist es zu verdanken, dass beim<br />

diesjährigen Drummer-Meeting erneut<br />

ein ganz besonderer Künstler zu den<br />

Stöcken griff: Den Namen Leon Ndugu<br />

Chancler werden nur Insider kennen<br />

– aber seine Musik hat vermutlich<br />

jeder schon einmal gehört: Schließlich<br />

schwang Chancler seine Drum-Sticks<br />

bereits für Michael Jackson bei dessen<br />

erfolgreichsten Album „Thriller“.<br />

„Viele weitere Künstler haben mich<br />

sehr beeindruckt“, sagt Dr. Jörg Leuschner.<br />

Und obwohl er schon so viel gesehen<br />

hat und sich sein verdienter Ruhestand<br />

nähert, ist er gespannt auf Neues:<br />

So möchte er sich zum Beispiel den Auftritt<br />

von Piet Glocke am 27. Februar<br />

2014 in der Kulturscheune<br />

auf keinen Fall<br />

entgehen lassen.<br />

Ende nächsten Jahres<br />

wird er vorrausichtlich<br />

seinen<br />

Posten als Fachdienstleiter<br />

Kultur<br />

abgeben. In vielen<br />

Vereinen möchte<br />

er aber weiterhin<br />

aktiv sein. Obendrein<br />

freut sich der dreifache<br />

Vater darauf, eines Tages<br />

auch Großvater zu werden.<br />

„Außerdem möchte ich auch in Zukunft<br />

viel schreiben“, so Dr. Leuschner, der<br />

unter anderem „Die Wirtschafts- und<br />

Sozialgeschichte des Braunschweiger<br />

Landes“ in drei Bänden veröffentlicht<br />

hat. Ein neues Werk wird bald folgen.<br />

Der Korrekturabzug liegt bereits auf seinem<br />

Schreibtisch.<br />

Dennis Bartz<br />

Fotos: Dennis Bartz


Was auch immer Sie vorhaben:<br />

Salzgitter Stahl machtes nachhaltig.<br />

Denn unser Stahl ist ein ressourcenschonender Werkstoff,der immer wieder zu 100%recycelt<br />

werden kann.Soentstehen aus Schrott unterschiedlichste Stahlprodukte vonperfekter Qualität.<br />

Energie und Rohstoffesparen aber auch unsereinnovativen Stähle,andenen wir ständig arbeiten –<br />

zum Beispiel unser neuer HSD®-Stahl, der das Gewichtvon Autokarosserien deutlich senkt und<br />

dabei eine hohe Crash-Sicherheit garantiert.<br />

www.salzgitter-ag.de


Gut für die Region.<br />

Herausragend fürSie.

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