Standort_VII 2013.pdf
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Das Wirtschaftsmagazin für Braunschweig, Gifhorn, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg<br />
November 2013 | Nr.32<br />
Elektromobilität<br />
Chance und Schlüssel für<br />
Industrie und Wirtschaft<br />
Interviews<br />
Michael Ernst (Designer Outlets Wolfsburg)<br />
Otto Görge (Görge Frischemärkte)<br />
Joachim Wrensch (Buchhandlung Graff)<br />
Exklusiv-<br />
Interview<br />
Prof. Dr.-Ing.<br />
Heinz Jörg Fuhrmann<br />
Vorstandsvorsitzender Salzgitter AG<br />
Die Ruhe im Sturm
Volkswagen Financial Services
3 Inhalt<br />
Titelfoto: Michael Löwa<br />
Liebe Leserinnen<br />
und Leser,<br />
einen guten Unternehmenskapitän<br />
erkennt<br />
man meist erst dann,<br />
wenn dieser auch in<br />
schwierigen Zeiten das<br />
Steuer souverän in der<br />
Hand behält und das<br />
Schiff sicher durch die<br />
Klippen der Krise steuert.<br />
Solch einer ist beispielsweise<br />
Prof. Dr.-Ing.<br />
Heinz Jörg Fuhrmann,<br />
Chef der Salzgitter AG,<br />
verantwortlich für eine<br />
Mannschaft von rund<br />
25.500 Mitarbeitern.<br />
Wie er im rauen Wind<br />
der Stahlbranche segelt<br />
und kämpft, ist bemerkenswert – <strong>Standort</strong>38 traf sich mit<br />
ihm zu einem ausführlichen Interview.<br />
Aber auch in anderen Branchen weht momentan eine<br />
mächtige Brise, geht es mal auf, mal ab. Welche das sind,<br />
erfahren Sie in dieser vielfältigen <strong>Standort</strong>38-Ausgabe.<br />
Bleiben Sie auf Kurs,<br />
<br />
Das Wirtschaftsmagazin für Braunschweig, Gifhorn, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg<br />
Elektromobilität<br />
Chance und Schlüssel für<br />
Industrie und Wirtschaft<br />
Interviews<br />
Michael Ernst (Designer Outlets Wolfsburg)<br />
Otto Görge (Görge Frischemärkte)<br />
Joachim Wrensch (Buchhandlung Graff)<br />
ExklusivintErviEw<br />
November 2013 | Nr.32<br />
Prof. Dr.-Ing.<br />
Heinz Jörg Fuhrmann<br />
Vorstandsvorsitzender Salzgitter AG<br />
Die Ruhe im Sturm<br />
Ihre <strong>Standort</strong>38 Redaktion<br />
Impressum Herausgeber BZV Medienhaus GmbH | Verlag und Redaktion BZV Medienhaus GmbH, Hamburger Strasse 277, 38114 Braunschweig<br />
Telefon (0531) 39 00 0 | Geschäftsführung Harald Wahls | Objektleitung Carsten Poll | Redaktionsleitung Christian Göttner<br />
Autoren Dennis Bartz, Daniel Beutler, Falk-Martin Drescher, Holger Isermann, Bastian Lüpke, Christoph Matthies, Valea Schweiger | Layout Chris Collet<br />
Anzeigen Michael Heuchert (verantw.) | Druck Druckhaus Gera GmbH, Jacob-A.-Morand-Strasse 16, 07552 Gera | Auflage 10.000 Exemplare<br />
Anregungen, Fragen, Wünsche zu <strong>Standort</strong>38? Wir stehen Ihnen gern zur Verfügung:<br />
Koordination Vertrieb/Anzeigen Katharina Heidmann | Telefon (0531) 39 00 193 | E-Mail standort@bzv.de<br />
Gefunden<br />
Weihnachtsgeschenke für den Schreibtisch4<br />
Gelesen<br />
Neue Wirtschaftsbücher5<br />
Finanzen<br />
Kay-Uwe Rohn, Autor und strategischer Berater6<br />
Unternehmen<br />
Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann, Vorstandsvorsitzender Salzgitter AG8<br />
Unternehmen<br />
Die 100 größten niedersächsischen Unternehmen12<br />
Unternehmen<br />
GOM mbH13<br />
Meldungen<br />
Aktuelles aus der regionalen Wirtschaft14<br />
Thema<br />
E-Mobilität16<br />
Unternehmen<br />
Otto Görge, Inhaber Görge Frischemärkte22<br />
Zahlen<br />
Von 27,56 Euro bis 144 Milliarden E-Mails24<br />
Engagement<br />
Spendenaktionen und -übergaben25<br />
Unternehmen<br />
Joachim Wrensch, Inhaber Buchhandlung Graff26<br />
Wirtschaftsvereinigungen<br />
Union Kaufmännischer Verein von 181828<br />
Unternehmen<br />
Agentur Ausdruckslos29<br />
Unternehmen<br />
Michael Ernst, Geschäftsführer, Designer Outlets Wolfsburg30<br />
Stiftungen<br />
Grove-Moldovan Art Foundation34<br />
Unternehmen<br />
70 Jahre Bäckerei Cadera35<br />
Rückblick<br />
Energietag, Porsche Zentrum, Forum Wirtschaft, BZV-Medienhaus36<br />
Persönlich<br />
Der Schreibtisch von … Dr. Jörg Leuschner38<br />
DAS MEDIENHAUS<br />
Wir feiern<br />
50-jähriges<br />
Jubiläum!<br />
Bis September 2014<br />
erwarten Sie jeden Monat<br />
attraktive Angebote und<br />
viele Aktionen*<br />
Metro Cash & Carry Deutschland GmbH<br />
Dieselstr. 13, 38122 Braunschweig<br />
Telefon: 0531 / 2880-203<br />
* nur für gewerbliche Kunden
Gefunden<br />
Gute Gaben<br />
Weihnachtsgeschenke<br />
Ja, is' denn heut' scho' Weihnachten?“, fragte<br />
Franz Beckenbauer einst in einem Werbespot eines<br />
Mobilfunknetzbetreibers. Die Antwort lautet: „Nicht<br />
heut’, aber bald.“ Wer (noch) nicht weiß, was er wichtigen<br />
Unternehmenspartnern für die gute Zusammenarbeit<br />
in diesem Jahr – und für das Büro – schenken soll, wird<br />
auf dieser Seite vielleicht fündig.<br />
Tischleuchte<br />
Ein echter Hingucker, bunter Anmacher und stilvolles<br />
Schmuckstück ist die Lotek LED Schreibtischleuchte,<br />
die Javier<br />
Mariscal für Artemide entwickelte.<br />
Sie greift die typische<br />
Farb- und Formensprache<br />
des<br />
Kubismus auf<br />
und ist mehr als<br />
eine dekorative Arbeitsleuchte – sie ist ein Design-<br />
Objekt. Reduzierte Form und allumfassende<br />
Funktion mit verstellbarem Arm und Kopf, die<br />
perfekt ausbalanciert und extrem beweglich<br />
sind. Die recyclebare Leuchte mit dimmbarer<br />
LED-Technik ist sowohl zum Lesen<br />
als auch für die Arbeit am PC<br />
geeignet. Kostenpunkt:<br />
299 Euro. www.topdeq.de<br />
Feuerstelle<br />
W<br />
er die Gemütlichkeit und Wärme eines Feuers<br />
nicht nur zu Hause, sondern auch im Büro liebt, für<br />
den gibt es eine ganz besondere Feuerstelle: den Tischkamin<br />
Ätna. Dieses spezielle Wohnaccessoire für 99<br />
Euro kann man überall dort aufstellen, wo man dem Züngeln<br />
des Feuerchens zusehen möchte. Zum Beispiel auf<br />
dem Schreibtisch, in der Fensterbank oder im Konferenzraum.<br />
Der kleine<br />
Kamin (Länge 35,6 cm,<br />
Breite 12 cm, Höhe 28<br />
cm, Gewicht 3.5 kg) ist<br />
aus Sicherheitsglas und<br />
Edelstahl, wird mit Bio-<br />
Alkohol betrieben und<br />
brennt deshalb absolut<br />
geruchs- und rauchfrei.<br />
www.design-3000.de<br />
Wandkalender<br />
Buchstaben, Zahlen, Schwarz<br />
auf Weiß – zeitloses Design<br />
vom italienischen Qualitätshersteller<br />
Danese. Dieser Wandkalender<br />
ist zu Recht seit fast fünfzig<br />
Jahren der Klassiker unter<br />
den Office-Kalendern. Formosa,<br />
im Jahre 1963 von Enzo Mari<br />
entworfen, ist wahrlich „ewig“: wegen seiner klaren und<br />
zeitlosen Optik und wegen der täglich leicht zu wechselnden<br />
Kalenderblätter aus bedrucktem Aluminium. Die Zeit vergeht,<br />
doch diese langspielplattengroße Designikone, die 120<br />
Euro kostet, bleibt. www.designyu.de<br />
Geduldsspiel<br />
Inukshuk sind Steine der Weisen und waren früher der traditionelle<br />
Wegweiser für Reisende. Heute dienen sie im<br />
Büro als eine andere Art Wegweiser: als magnetisches Anti-<br />
Stress-Objekt, Geduldsspiel oder Handschmeichler. Das universelle<br />
Office-Objekt Inukshuk<br />
für 49 Euro – bestehend aus<br />
fünf magnetischen Steinen<br />
(Kunstharz) und Edelstahlunterlage,<br />
inklusive<br />
fünf Büroklammern in<br />
Stoffsäckchen – soll innere<br />
Ruhe und Konzentration<br />
fördern, kann aber auch<br />
ganz profan als Büroklammerhalter,<br />
Bilderrahmen<br />
u.v.m. verwendet<br />
werden.<br />
www.allindesign.de<br />
Globus<br />
Heute die Region 38 und morgen die<br />
ganze Welt? Für viele Unternehmen<br />
der Region ist globales Denken<br />
und Handeln längst alltäglich.<br />
Ein Blick auf den Globus<br />
Terra Green Light von<br />
Emform genügt, und man<br />
sieht, wohin man demnächst<br />
reisen muss. Dieser dreht sich<br />
um die eigene Achse, ist in<br />
einer attraktiven Kombination<br />
von Chrom, Stahl, Holz und Aluminium<br />
hochwertig verarbeitet. Ein<br />
echter Schreibtisch-Blickfang, der<br />
in sieben verschiedenen Farben<br />
erhältlich ist, für 98 Euro.<br />
www.amazon.de Christian Göttner<br />
4
5 Gelesen<br />
Von Arbeit bis Zufall<br />
Neue Wirtschaftsbücher kritisch betrachtet<br />
Work-Life-<br />
Bullshit<br />
Thomas Vasek |<br />
Riemann Verlag<br />
Das Gejammer<br />
über Burn-out<br />
ist nicht auszuhalten.<br />
Work-Life-<br />
Balance, die Trennung<br />
von Arbeit und<br />
Leben, ist „Bullshit“. Arbeit gehört zum<br />
Leben …“, behauptet Thomas Vasek,<br />
streitbarer Chefredakteur des Philosophiemagazins<br />
„Hohe Luft“. Der hat in<br />
seinem 288-seitigen Buch aber nicht<br />
nur harte Worte und heiße Luft, sondern<br />
auch viele fundierte und nachvollziehbare<br />
Argumente zu bieten. Er plädiert<br />
für eine radikale Neubewertung<br />
der Arbeit. Eine, die uns herausfordert,<br />
die Fähigkeiten erweitert, den Charakter<br />
und die Persönlichkeit formt – und<br />
durchaus auch an Grenzen führt. Eine<br />
Welt ohne Arbeit ist für ihn ein Trugschluss;<br />
dass uns Freizeit glücklicher<br />
macht, negiert Vasek ebenfalls. Die<br />
Freizeit- und Mußegesellschaft ist für<br />
ihn ein aristokratisches Ideal, denn wer<br />
die Arbeit verachtet, verachtet auch die<br />
arbeitenden Menschen. „Work-Life-<br />
Bullshit“ ist eine aufrüttelnde und optimistische<br />
Kampfschrift.<br />
C.G.<br />
Zufall!?<br />
Reinhold Beckmann/Sabine<br />
Paul | Hoffmann und Campe<br />
Dass der herausragende<br />
Schauspieler<br />
Mario Adorf<br />
eine große Karriere<br />
hingelegt hat, kann<br />
mit Zufall eigentlich<br />
nichts zu tun<br />
haben. Oder doch? Er wollte nur einen<br />
Kommilitonen der Schauspielschule<br />
als Stichwortgeber beim Vorsprechen<br />
begleiten, als er seine erste Filmrolle<br />
ergatterte. Der Mitschüler ging leer<br />
aus. TV-Talker Reinhold Beckmann<br />
und Journalistin Sabine Paul haben mit<br />
25 Prominenten (u.a. Roman Herzog,<br />
Ursula von der Leyen, Martin Walser)<br />
gesprochen und deren Biographien<br />
in kurzen Essays niedergeschrieben.<br />
So weit, so gewöhnlich. Doch<br />
die abwechslungsreichen Lebensläufe<br />
münden immer wieder in die Frage:<br />
„Was wäre gewesen, wenn …?“ War es<br />
Schicksal, dass nicht Ottmar Hitzfeld,<br />
sondern Jürgen Klinsmann Nationaltrainer<br />
wurde und Jens Lehmann somit<br />
als deutsche Nummer eins bei der<br />
Heim-WM 2006 im Tor stehen durfte?<br />
Seine Erklärung: „Zufall ist das, was der<br />
liebe Gott eigentlich wollte.“ C.M.<br />
Blender<br />
Roman Maria Koidl |<br />
Goldmann<br />
Warum ausgerechnet<br />
gut ausgebildete<br />
Frauen in Beruf<br />
und Karriere von<br />
schlechter ausgebildeten<br />
Männern<br />
überholt werden, erklärt Roman<br />
Maria Koidl nun auch im Taschenbuch-Format.<br />
Der kennt sich aus mit<br />
dieser ganz besonderen Spezies, denn<br />
bereits in seinem Bestseller „Scheißkerle<br />
– Warum es immer die Falschen<br />
sind“ hat er mit ähnlichen Typen abgerechnet.<br />
Er entlarvt diese männlichen<br />
Platzhalter und -hirschen (siehe<br />
Cover) und tituliert sie auf 224 Seiten<br />
als „Bildungsblender“, „Flachpfeifen“,<br />
„Flitzpiepen“, „Inhaltssimulanten“,<br />
„Luftpumpen“, „Pöstchenjäger“, „Worthülsenabschussmaschine“<br />
und vieles<br />
mehr. Amüsant und locker geschrieben,<br />
geht es inhaltlich (mit Anekdoten,<br />
Analysen, Zahlen, Daten und Fakten)<br />
dennoch fies und schonungslos<br />
zur Sache. Im Anschluss gibt es noch<br />
sieben Strategien gegen Blender und<br />
einen Trost obendrauf. „Stromberg“-<br />
Fans dürften begeistert sein. C.G.<br />
Die 5 Geheimnisse der<br />
Überlebenskünstler<br />
Andrew Zolli, Ann Marie Healy | Riemann Verlag<br />
Wer auf einem Drahtseil balanciert,<br />
kann auch herunterfallen<br />
– das suggeriert zumindest das Titelbildmotiv.<br />
Andrew Zolli (Berater und<br />
Zukunftsforscher) und Ann Marie Healy<br />
(Finanz-Journalistin) erklären in ihrem<br />
380-seitigen Buch, wie man mit Unvorhergesehenem<br />
umgeht, Gefahren meistert und „Lost“-<br />
artige Szenarien übersteht. Hilfreich ist dabei Resilienz, also<br />
unsere Fähigkeit, aber auch die von Ökosystemen, Unternehmen<br />
und Gesellschaften, flexibel und angemessen auf Herausforderungen<br />
und Krisen zu reagieren und diese zu bewältigen.<br />
Man lernt hier zum Beispiel: Je größer und schwerfälliger<br />
etwas ist, desto anfälliger ist es auch. Neue Ideen und konstruktive<br />
Querdenker sind immer wichtig, gute Vernetzung ist<br />
elementar und „positive“ Gedanken ansteckend.<br />
C.G.<br />
Die Ökonomie von<br />
Gut und Böse<br />
Tomas Sedlacek | Hanser<br />
Das Buch von Tomas Sedlacek wurde<br />
mit viel Lob überschüttet – völlig zu<br />
Recht. Der tschechische Ökonom skizziert<br />
auf 448 Seiten die (Wirtschafts-)<br />
Weltgeschichte in aller Kürze und zeigt<br />
Verknüpfungen und Hintergründe auf,<br />
die in keinem Gedankenhaushalt fehlen<br />
sollten. Das Buch, einfach lesbar, unterhaltsam geschrieben,<br />
gut verständlich und mit seinen Fußnoten über den eigenen<br />
Tellerrand schauend, produziert beim Leser „ah's und „oh's“<br />
am Fließband. Das schaurig Schöne dabei ist, dass die Argumentationen<br />
des Autors so verständlich, manchmal schon<br />
fast trivial, wirken, in ihrer Gänze aber das Fundament unserer<br />
heutigen (Wirtschafts-)Welt bilden. Manchmal geht man<br />
auf diesem Parforceritt zwar etwas verloren, schließt aber<br />
meist im nächsten Kapitel wieder auf.<br />
D.B.
Finanzen<br />
6<br />
„Nervenstränge<br />
unserer Entwicklung“<br />
Der Braunschweiger Autor und Berater Kay-Uwe Rohn im Interview<br />
Er war Mitte der 80er Jahre<br />
Gründer der wir design GmbH,<br />
ist seit 2009 Mitinhaber und<br />
Geschäftsführender Gesellschafter der<br />
Agentur für integrierte Kommunikation<br />
mission: media GmbH, Wolfsburg/Berlin,<br />
verantwortlich für strategische Beratung.<br />
Neben der Wirtschaft liebt er die<br />
Worte. <strong>Standort</strong>38 sprach mit ihm.<br />
Herr Rohn, Sie sind Leiter des „Wortmuseums“.<br />
Was kann man dort erleben?<br />
Ich erlebe immer wieder die Entwicklung<br />
unserer Sprache. Im „Wortmuseum“<br />
(www.wortmuseum.de) sammeln<br />
wir fast vergessene Wörter, inventarisieren<br />
diese und stellen sie einem interes-<br />
sierten Publikum wieder zur Verfügung.<br />
Und das ohne den pädagogischen Zeigefinger,<br />
sondern mit Spaß und Frische.<br />
Feedback von Alt und Jung sind Motivation,<br />
dieses Projekt fortzusetzen.<br />
Wie ist Ihr Buch „Kabinett Finanzen“ entstanden<br />
und wen soll es ansprechen?<br />
Das Buch ist die Dokumentation eines<br />
Kooperationsprojektes zum 247.<br />
Geburtstag der Braunschweigischen<br />
Landessparkasse. Wir haben im „Wortmuseum“<br />
Finanzbegriffe gesammelt und<br />
ausgestellt. 1976 hatte ich zwei Berufswünsche:<br />
Lektor im Suhrkamp Verlag,<br />
also Germanistikstudium, alternativ das<br />
Studium Design/Marketing. Ich habe<br />
mich für Letzteres entschieden und<br />
beschäftige mich erst seit zehn Jahren<br />
wieder intensiver mit Sprache und Wort.<br />
Ein Buch war jetzt einfach fällig. „Kabinett<br />
Finanzen“ ist für alle Altersgruppen<br />
geschrieben – jeder, der einen Berufsabschluss<br />
im Finanzbereich macht, sollte<br />
so ein Buch geschenkt bekommen.<br />
Was fasziniert Sie am Thema Geld?<br />
Nach Oscar Wilde, „Heute kennt man<br />
von allem den Preis, aber von nichts<br />
den Wert“, ist Geld nur ein Mittel. Der<br />
Wert liegt anderswo. Mich haben die<br />
Geschichten hinter den Worten interessiert.<br />
Wie sah der Markt- und Handelsplatz<br />
aus, an dem der Banker in Italien<br />
seinem Geschäft nachging? Wie reagierten<br />
die Menschen dort, als seine Steinbank<br />
zerschlagen wurde, banca rotta,<br />
als sein Geschäft nicht mehr funktionierte<br />
und er bankrott war? Weshalb<br />
haben wir so viele Begriffe im Sprachfeld<br />
Finanzen aus dem Italienischen?<br />
Geld, Währungen und Handel sind wie<br />
Nervenstränge der Entwicklung unserer<br />
Kultur und auch unserer Identität.<br />
Über Geld wollen nur die wenigsten sprechen.<br />
Warum reden Sie gerne darüber?<br />
Ich habe gelernt, gerne über Geld zu<br />
sprechen. Ein Honorar ist Teil einer<br />
Wertschätzung mir gegenüber. Das<br />
Thema spreche ich gerne an. Im „Wortmuseum“<br />
ist Geld ein überschaubarer<br />
Bereich um zu forschen und um Einblicke<br />
zu geben in Sprachentwicklung.<br />
Inwieweit ist Geld nicht nur ein Zahlungsmittel,<br />
sondern auch ein Zeichensystem,<br />
eine Sprache?<br />
Es gibt ja Theorien, die besagen, dass<br />
Geld vielleicht sogar die „universale<br />
Sprache“ unserer Welt ist. Ein interessantes<br />
Gebiet, das ich gerne noch einmal<br />
für das Kabinett Finanzen erarbeiten<br />
werde.<br />
Geld regiert die Welt, es allein macht nicht<br />
glücklich oder verdirbt den Charakter. Was<br />
ist Ihr Lieblingsspruch zum Thema Geld?<br />
Geld ist kein Reichtum – Reichtum ist<br />
eine Ansammlung von Werten.<br />
Das deutsche Wort „Währung“ ist verwandt<br />
mit dem Wort „wahr“. Wie viel<br />
Wahrheit liegt im Geld?<br />
Wie geht Geld mit Wahrheit um? Die<br />
gedankliche Verbindung liegt nah,<br />
besonders nach den Vorkommnissen im<br />
Finanzwesen der letzten zehn Jahre. Der<br />
Wortursprung kommt aber aus dem Mittelhochdeutschen.<br />
„Werunge" wurde zu<br />
„wern", „gewähren" (einer verkürzten<br />
Fotos: Privat
7 Finanzen<br />
Variante der mhd. Form von „gewähren“)<br />
und bedeutete urspr. „Gewährleistung,<br />
also Gewährleistung für den<br />
bestimmten Wert einer Münze.<br />
Früher stand das Adjektiv „billig“ für<br />
„angemessen, passend, gerecht“. Wie und<br />
warum wandeln sich Worte bzw. Bedeutungen<br />
im Sprachgebrauch?<br />
Hier hilft mir ein Zitat aus dem Buch<br />
„Kabinett Finanzen“ (aus dem Vortrag<br />
von Prof. Dr. Armin Burkhardt, Vorsitzender<br />
der Gesellschaft für deutsche<br />
Sprache): Was einen Preis hat, kann billig,<br />
teuer oder preiswert sein. Das Adjektiv<br />
billig (ahd. billih) hatte ursprünglich<br />
die Bedeutung „angemessen, passend,<br />
gerecht“. Ein billiger Preis war zunächst<br />
ein angemessener Preis. Was billig war,<br />
war also gerechtfertigt, wie es sich bis<br />
heute in der Paarformel „recht und billig“<br />
erhalten hat. In unserem heutigen<br />
Sinne „billige“ Ware nannte man<br />
damals „wohlfeil“. Ein angemessener<br />
Preis kann aber, zumindest aus der Perspektive<br />
des Kunden, kein hoher Preis<br />
sein, sodass billig nach und nach im<br />
Sinne von „preisgünstig“ verstanden<br />
wurde. Da aber preisgünstige Waren<br />
zumindest dazu tendieren, von schlechterer<br />
Qualität zu sein, hat „billig“ inzwischen<br />
auch die Bedeutung „minderwertig“<br />
ausgebildet. Für die heutige<br />
Gegenwartssprache sind daher<br />
drei – miteinander verwandte<br />
– Bedeutungen von „billig“ zu<br />
konstatieren.<br />
Im Vorwort berichtet Werner<br />
Schilli, Vorstandsmitglied<br />
der BLSK, über Werte. Welche<br />
Werte sollte ein modernes<br />
Unternehmen besitzen?<br />
Transparenz, Authentizität und<br />
Leidenschaft wäre ein interessanter<br />
Wertekanon. Aber pauschal kann<br />
man das natürlich nicht festlegen. Jedes<br />
Unternehmen, jede Institution sollte ihr<br />
eigenes Werteschema entwerfen und als<br />
Grundlage für Verhalten, Identität, Produkte<br />
und Dienstleistungen verstehen.<br />
Hat sich das Bewusstsein von Banken und<br />
Unternehmen seit der Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
im Herbst 2007 verändert?<br />
Das ist eine Kulturveränderung, die<br />
Zeit braucht. Sich als Bank mit so einem<br />
Projekt „Wort und Werte“ zu beschäftigen,<br />
sehe ich schon als einen richtigen<br />
Schritt an. Die Marktteilnehmer, wir<br />
Kunden, werden von Banken mehr und<br />
mehr objektive Beratung und Begleitung<br />
in Geldgeschäften fordern.<br />
Reine Vertriebsmaschinen werden<br />
sicherlich nicht das Bankmodell<br />
der Zukunft sein.<br />
Von 1991 bis 2001 zierte der<br />
Braunschweiger Astronom,<br />
Mathematiker und Physiker Carl<br />
Friedrich Gauß den 10-Mark-<br />
Schein. Welche Persönlichkeiten<br />
aus der Region könnten Sie sich sonst<br />
noch auf einem Geldschein vorstellen?<br />
Wie wäre es mit einem Bild des „unbekannten<br />
Spenders“ von Braunschweig?<br />
Für was geben Sie am liebsten Geld aus?<br />
Ich investiere Geld am liebsten in neue<br />
Projekte und Unternehmungen.<br />
<br />
Christian Göttner<br />
Strahlende Kinderaugen zum Weihnachtsfest<br />
Helfen Sie mit und bescheren Sie notleidenden Kindern<br />
ein fröhliches Fest. Ein besinnlicher Heiliger Abend ist leider<br />
nicht allen vergönnt. In Familien, die durch unverhoffte<br />
Schicksalsschläge wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit in<br />
eine soziale Notlage geraten sind, reicht das Geld meist weder<br />
für einen Weihnachtsbaum noch für Geschenke. Hier<br />
hilft die United Kids Foundations Weihnachtsinitiative, eine<br />
Aktion der Volksbank BraWo Stiftung.<br />
Bei Besuchen überraschen unsere „Weihnachtsengel“ die<br />
Familien. Mit kleinen Präsenten bringen Sie Glanz in das<br />
Weihnachtsfest und tragen dazu bei, dass die Augen der<br />
Kinder vor Freude funkeln.<br />
Lassen Sie kleine Wünsche wahr werden. Unterstützen<br />
Sie Familien aus der Region Braunschweig-Wolfsburg,<br />
die ein wenig Beistand verdient haben.<br />
Empfehlen Sie sie bis zum 6. Dezember 2013 unter<br />
www.united-kids-foundations.de/weihnachtsinitiative<br />
Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge.<br />
Gerne können Sie die Aktion auch mit Ihrer Spende<br />
begleiten: Volksbank BraWo Stiftung,<br />
Spendenkonto United Kids Foundations,<br />
Konto 22 22 22 11 11 BLZ 269 910 66<br />
Eine fröhliche Vorweihnachtszeit wünscht<br />
Ihre Volksbank BraWo Stiftung
Unternehmen<br />
8<br />
„Das Rückgrat der<br />
Beschäftigung“<br />
Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann, Vorstandsvorsitzender<br />
der Salzgitter AG, im exklusiven Interview<br />
Die Stahlbranche befindet sich<br />
in einer Krise – und die Salzgitter<br />
AG steckt mittendrin. Meist<br />
wird erst in schwierigen Zeiten deutlich,<br />
welche Qualitäten einen Unternehmenslenker<br />
auszeichnen, welche Maßnahmen<br />
er ergreift, Entscheidungen<br />
trifft und Lösungen findet. An der Spitze<br />
des Konzerns, der rund 25.500 Mitarbeiter<br />
beschäftigt, steht Prof. Dr.-Ing.<br />
Heinz Jörg Fuhrmann. Der 56-jährige<br />
Vorsitzende des Salzgitter-Vorstands<br />
hat Eisenhüttenkunde und Wirtschaftswissenschaften<br />
studiert, begann seine<br />
industrielle Laufbahn im Jahr 1983 in<br />
der technischen Betriebswirtschaft der<br />
Klöckner-Werke AG. Dort wurde er<br />
1986 Leiter der Unternehmensstrategie<br />
und 1990 Leiter der Hauptabteilung<br />
Verarbeitung/Technische Organisation.<br />
Im selben Jahr promovierte er mit Auszeichnung<br />
an der Technischen Universität<br />
Berlin. Nach verschiedenen Stationen<br />
im Klöckner-Konzern wechselte der<br />
Duisburger 1995 zur Preussag Stahl AG,<br />
aus der 1998 im Zuge des Börsengangs<br />
der Salzgitter-Konzern hervorging. Im<br />
Interview erlebten wir einen besonnenen,<br />
bodenständigen und humorvollen<br />
Menschen, der den Eindruck macht,<br />
dass er auch in einem heftigen Sturm die<br />
nötige Ruhe behält.<br />
Professor Fuhrmann, in der August-Ausgabe<br />
von <strong>Standort</strong>38 gab es einen zwölfseitigen<br />
Sonderteil über Salzgitter, der mit<br />
„Großstadt mit dörflichem Charme“ betitelt<br />
war. Wie sehen Sie Salzgitter?<br />
Als jemand, der in Duisburg aufgewachsen<br />
ist, möchte ich die Großstadt<br />
ein wenig relativieren; der dörfliche<br />
Charme erschließt sich hingegen<br />
auch mir. Wenn ich Großstadt erleben<br />
möchte, kann ich nach Braunschweig<br />
oder Hannover fahren. Insofern ist Salzgitter<br />
eine sehr originelle Stadt, die aus<br />
etwa dreißig Stadtteilen besteht. Das<br />
merkt man sofort, denn dazwischen<br />
befindet sich viel Landschaft (lacht). Es<br />
Fotos: Michael Löwa, Salzgitter AG
9 Unternehmen<br />
Warmwaltwerk-Vorstraße Coillager Mitarbeiter im Coillager<br />
ist ja auch keine gewachsene Stadt, sondern<br />
eine Gründung, die vor 75 Jahren<br />
vor einem wirtschaftlichen Hintergrund<br />
vorgenommen wurde. Das Spannungsfeld<br />
zwischen Groß-Agrariern und bürgerlicher<br />
Industriewelt ist nach wie vor<br />
vorhanden. Es gibt gute Luft, recht viel<br />
Ruhe, eine schöne Landschaft und aufgeschlossene,<br />
freundliche Menschen –<br />
man kann sich hier richtig wohlfühlen.<br />
Was machen Sie hier am liebsten?<br />
Arbeiten (lacht). Ja, mein Beruf macht<br />
mir tatsächlich Freude. Die 35-Stunden-<br />
Woche habe ich in der Regel schon nach<br />
drei Tagen zusammen.<br />
Sie sind 1995 zur Preussag Stahl AG<br />
gekommen. Wie haben Sie in den darauf<br />
folgenden Jahren die Veränderung der<br />
Region und des Unternehmens erlebt?<br />
Die Grundstrukturen im Unternehmen<br />
sind relativ gleich geblieben, doch hat<br />
die Eigenständigkeit mit der Herauslösung<br />
aus dem Preussag-Konzern und<br />
dem Börsengang viel verändert. Vorher<br />
war die Konzernzentrale in Hannover<br />
und wir waren nur ein Bestandteil<br />
dieses Unternehmens. Manchmal wurde<br />
damals dort sogar gegen unsere Interessen<br />
entschieden. Mit der Verlagerung<br />
der Entscheidungszentrale nach Salzgitter<br />
haben sich ganz neue Gestaltungsfreiheiten<br />
eröffnet und der Blick wurde<br />
in diese Region gerichtet. Das hat auch<br />
viel zum Selbstbewusstsein beigetragen.<br />
Die Salzgitter AG ist – neben Volkswagen<br />
– das Rückgrat der Beschäftigung<br />
in der Region. An unseren <strong>Standort</strong>en<br />
arbeiten Menschen mit den unterschiedlichsten<br />
theoretischen und praktischen<br />
Fähigkeiten, die den gesamten<br />
Querschnitt der Bevölkerung darstellen.<br />
Wie haben Sie das Unternehmen selbst<br />
beeinflusst und weiterentwickelt?<br />
Ich habe von vornherein stets eine<br />
Unternehmenspolitik vertreten, die<br />
sich an den Interessen der hier arbeitenden<br />
Menschen orientiert. Riskante<br />
Engagements im Ausland und in Übersee<br />
habe ich daher immer sehr kritisch<br />
betrachtet und dies auch im Vorstand<br />
zum Ausdruck gebracht. Dass wir diese<br />
Globalisierung, die der Kapitalmarkt<br />
natürlich schicker findet, nicht mitgemacht<br />
haben, hat uns vielleicht etwas<br />
an Image, glänzender Oberfläche und<br />
Renommee gekostet, hat sich jedoch<br />
ausgezahlt. Dass die Salzgitter AG heute<br />
– nach einigen schwierigen Jahren in der<br />
Stahlbranche – immer noch vergleichsweise<br />
stabil und gut dasteht, hat durchaus<br />
mit dieser konservativen Strategie<br />
zu tun. Wir agieren hier bodenständig,<br />
aber überhaupt nicht provinziell. Das ist<br />
nämlich ein elementarer Unterschied.<br />
Wie empfindet das der internationale<br />
Finanzmarkt?<br />
Wenn es nach einigen Hedgefonds-<br />
Managern in London ginge, müsste man<br />
alles, was nicht gut läuft, sofort gnadenlos<br />
dichtmachen. Diese Vorgehensweise<br />
lehnen wir ab, aber wenn man<br />
börsennotiert ist, muss man sich natürlich<br />
permanent mit den unterschiedlichen<br />
Sichtweisen auseinandersetzen.<br />
Wir haben immer darauf Wert gelegt,<br />
unsere Werke auf dem absolut modernsten<br />
technischen Stand zu halten, und<br />
haben deshalb unsere investiven Mittel<br />
mit Priorität hier eingesetzt, unsere Substanz<br />
gestärkt und sind keine kostspieligen<br />
Engagements in der Ferne eingegangen.<br />
Wir sind der unerschütterlichen<br />
Der börsennotierte Salzgitter-Konzern zählt mit nahezu 9 Millionen Tonnen Rohstahlkapazität,<br />
circa 25.500 Mitarbeitern sowie 10 Milliarden Euro Außenumsatz im<br />
Jahr 2012 zu den führenden Stahltechnologie- und Anlagenbau-Konzernen Europas.<br />
Das Unternehmen umfasst weltweit mehr als 200 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften,<br />
darunter Salzgitter Flachstahl, llsenburger Grobblech, Peiner Träger und<br />
die Mannesmannröhren-Werke. Unter Führung der Salzgitter AG als Holding ist der<br />
Konzern in die fünf Unternehmensbereiche Stahl, Handel, Röhren, Dienstleistungen<br />
und Technologie untergliedert. Die Aktie der Salzgitter AG ist Mitglied des MDAX-<br />
Index der Deutsche Börse AG.
Unternehmen<br />
10<br />
Ich würde sagen, Geradlinigkeit, analytisches<br />
Denken, Disziplin, Ehrlichkeit,<br />
Aufgeschlossenheit, Humor und Kreativität.<br />
Ich habe klare Prinzipien und<br />
wechsele meine Grundeinstellung nicht<br />
wie das tägliche Hemd. Das kommt für<br />
mich nicht in Frage. Auch nicht, wenn<br />
eine Drucksituation besteht.<br />
Schmelzer am Hochofen<br />
Überzeugung, dass unser Unternehmen<br />
eigenständig bleiben sollte, und leiten<br />
dies aus der Verpflichtung gegenüber<br />
den Menschen ab, die hier arbeiten und<br />
leben. Diese Verpflichtung ist jedoch<br />
nicht einzulösen, wenn wir unrentable<br />
Arbeitsplätze auf Dauer konservieren.<br />
Sie meinen konkret den <strong>Standort</strong> Peine?<br />
Ja, zum Beispiel, aber nicht ausschließlich.<br />
In Peine haben wir im ersten Halbjahr<br />
2013 einen Verlust von 230 Millionen<br />
Euro gemacht. In Summe hat uns<br />
der <strong>Standort</strong> Peine in den vergangenen<br />
Jahren mehr als eine halbe Milliarde<br />
Euro gekostet. Es war also dringend notwendig,<br />
ein Restrukturierungsprogramm<br />
durchzuführen, denn die finanzielle<br />
Substanz des Konzerns wird durch die<br />
hohen Verluste nachhaltig geschädigt.<br />
Sie haben Eisenhüttenkunde studiert, treffen<br />
heute vor allem kaufmännische Entscheidungen.<br />
Was nützt da Ihr Studium?<br />
Hochofen<br />
Man kann in einem produzierenden<br />
und sich entwickelnden Unternehmen<br />
wie der Salzgitter AG nur dann wichtige<br />
Sachverhalte erkennen und richtige Entscheidungen<br />
treffen, wenn man von den<br />
grundlegenden Dingen etwas versteht.<br />
Ich bin felsenfest überzeugt davon, dass<br />
meine technische Ausbildung eine gute<br />
Voraussetzung für meine Arbeit bildet.<br />
Ich sehe das Unternehmen übrigens<br />
nicht – wie so manche Spitzenmanager<br />
– als Vehikel für meinen persönlichen<br />
Ehrgeiz, sondern bin von unseren beeindruckenden<br />
Produktionsprozessen, den<br />
komplexen Anlagen und vielfältigen<br />
Produkten wirklich fasziniert.<br />
Der Schriftsteller Max Frisch stellt in seinem<br />
Roman „Homo Faber“ einen streng<br />
rationalen, technisch orientierten Ingenieur<br />
in den Mittelpunkt. Sehen Sie eigene<br />
Parallelen zur Figur des Walter Faber?<br />
Ich habe das Buch gelesen und genau das<br />
bin ich nicht (lacht). Das ist ein Stereotyp.<br />
In etlichen Unternehmen, die ihre<br />
Zentrale in der Region haben, haben<br />
Naturwissenschaftler und Ingenieure<br />
unter Beweis gestellt, dass sie keine mit<br />
Scheuklappen versehenen, introvertierten<br />
Typen sind, sondern genau das<br />
Gegenteil. Leichte Verschrobenheit finden<br />
Sie übrigens zum Beispiel auch bei<br />
Juristen, Sozialwissenschaftlern, Kaufleuten<br />
und anderen Spezies – diese sind<br />
dann nur anders ausgeprägt (lacht).<br />
Es ist gut, dass wir nicht alle gleich sind,<br />
und ich denke, es ist eine der wichtigsten<br />
Aufgaben einer Führungspersönlichkeit,<br />
herauszufinden, wo die Stärken<br />
der Mitarbeiter, mit denen man sich<br />
umgibt, liegen.<br />
Was sind Ihre größten Stärken?<br />
Was heißt das für Ihr Unternehmen?<br />
Vorab gesagt: Diese Grundeinstellung<br />
vertrete ich zum Beispiel auch beim<br />
Thema Peine. Im Vorstand habe ich –<br />
speziell im vorigen Jahr – einige Diskussionen<br />
dazu geführt. Dabei habe ich<br />
deutlich gemacht: Mit mir wird es keine<br />
Stilllegung oder Verkooperierung geben,<br />
bevor nicht die letzte Maßnahmen-Patrone<br />
verschossen ist. Auch unter den<br />
Randbedingungen einer europaweiten<br />
Krise der Stahlbranche.<br />
Können Sie bitte kurz skizzieren, wie es zu<br />
dieser Situation kam?<br />
Es begann im Jahr 2007 mit dem Platzen<br />
der Immobilienblase in Großbritannien.<br />
Danach ging es in den USA weiter.<br />
Der Höhepunkt der Finanzkrise war<br />
dann die Lehmann-Brothers-Pleite am<br />
15. September 2008. In der EU hat sich<br />
aus den Anstrengungen zur Bankenrettung<br />
in Kombination mit der hohen<br />
Staatsverschuldung einiger Länder letztlich<br />
eine Wirtschaftskrise entwickelt. In<br />
Deutschland ist sie allerdings nicht so<br />
stark ausgeprägt und speziell in unserer<br />
Region aufgrund der Stabilität von<br />
VW kaum zu spüren. Aber man kann es<br />
dennoch nicht einfach ignorieren, dass<br />
wir in Europa leben und hier eine Wirtschaftskrise<br />
haben, die schließlich auch<br />
Kraftwerk<br />
Fotos: Salzgitter AG, Peter Lenke, Michael Löwa
11 Unternehmen<br />
die Industrie stark in Mitleidenschaft<br />
gezogen hat.<br />
Können Sie das mit Zahlen verdeutlichen?<br />
Die italienische Automobilindustrie<br />
befindet sich zurzeit auf dem Produktionslevel<br />
von 40 % des Jahres 1993, die<br />
französische Automobilindustrie auf<br />
60 %. Baugenehmigungen in Spanien<br />
belaufen sich auf 5 % des Vorkrisenniveaus.<br />
Das heißt: Da läuft überhaupt<br />
nichts mehr, und die Peiner Träger<br />
GmbH ist leider zu 100 % Zulieferer der<br />
Bauindustrie. Es gibt gegenwärtig im<br />
europäischen Markt mehr als doppelt<br />
so viel Produktionskapazität bei Trägern<br />
wie Nachfrage existiert.<br />
Ein Ungleichgewicht von Angebot<br />
und Nachfrage hat immer einen harten<br />
Preiswettbewerb zur Folge. Im Falle<br />
des Stahlträgers liefern alle Produzenten<br />
ein definiertes und standardisiertes<br />
Produkt, mit dem man sich kaum von<br />
seinen Konkurrenten abheben kann.<br />
Es geht also im Wesentlichen um Kosten<br />
und Produktivität. Unternehmen,<br />
die in dieser Beziehung führend sind,<br />
bestimmen letztlich die Preisuntergrenzen<br />
am Markt. Alle anderen schreiben<br />
rote Zahlen, so wie die Peiner Träger<br />
GmbH, deren Verluste in diesem Jahr<br />
immens hoch ausfallen werden. Das ist<br />
genau der Grund, warum wir das von<br />
mir als „Rosskur“ bezeichnete Restrukturierungsprogramm<br />
durchführen. Die<br />
Mindestanforderung ist, dass kein Geld<br />
mehr verbrannt werden darf – denn<br />
dies gefährdet auf Dauer die Existenz<br />
des gesamten Konzerns.<br />
Wird die Notwendigkeit des Strukturprogramms<br />
also gut verstanden?<br />
Die Kommunikation dieser Thematik ist<br />
– nicht nur in Peine, sondern generell<br />
– keine einfache Sache, weil die Auslastung<br />
der Werke zumeist nicht schlecht<br />
ist. Unsere Mitarbeiter können die Situation<br />
nicht mit Händen greifen, denn sie<br />
sehen zwar die erzeugten Produktmengen,<br />
nicht aber die extrem schlechten<br />
Margen. So werden etwa die Verluste<br />
pro Tonne Träger erst in den Abschlüssen<br />
sichtbar. Aber das ist die Vergangenheit<br />
– ich schaue lieber nach vorn.<br />
Ehrlich gesagt könnte ich mir sogar vorstellen,<br />
dass wir demnächst in Peine<br />
eine positive Überraschung erleben werden<br />
– dass wir schneller aus dem tiefen<br />
Tal kommen werden, als die allermeisten<br />
im Konzern und außerhalb des<br />
Unternehmens denken!<br />
Heißt das, dass das Ende der Stahlkrise in<br />
Europa absehbar ist?<br />
Leider nicht. Die Strukturkrise der europäischen<br />
Stahlindustrie stellt besondere<br />
Anforderungen an uns, die eher<br />
mit einem Marathonlauf als mit einem<br />
Hundert-Meter-Sprint zu vergleichen<br />
sind. Denn bis Europa sich vollends aus<br />
dieser Krise herausgewunden hat, brauchen<br />
wir bestimmt noch einige Jahre.<br />
Wenn wir Pech haben, werden es sogar<br />
sieben Jahre. Eine vergleichbare Situation<br />
hatten wir ja schon Ende der 70erbis<br />
Anfang der 80er-Jahre; da hat es ähnlich<br />
lange gedauert. Ich lasse mich davon<br />
aber nicht bange machen.<br />
Wie ist die Stimmung im Konzern?<br />
Es besteht im Konzern ein breiter Konsens<br />
über die Marschrichtung, das ist<br />
sehr hilfreich. Aufsichtsrat, Arbeitnehmervertreter<br />
und IG Metall haben im<br />
Oktober der Umsetzung des Programms<br />
„Salzgitter AG 2015“ zugestimmt, das<br />
die Verschlankung und Optimierung<br />
von Prozessen und Strukturen des Konzerns<br />
zum Ziel hat. Wir sind jetzt mit<br />
der zügigen Umsetzung beschäftigt. Ich<br />
bin absolut überzeugt, dass unser Programm<br />
erfolgreich sein wird und der<br />
Konzern in immer noch solider Verfassung<br />
aus der Krise herauskommt.<br />
Eines ist klar: Ein Unternehmen im<br />
Boom zu führen, ist leicht. Eines in der<br />
Krise zu führen, ist dagegen eine Herausforderung.<br />
Meine Kollegen und ich sind<br />
dazu bereit, und der Salzgitter-Konzern<br />
verfügt über alle personellen, finanziellen<br />
und technologischen Voraussetzungen,<br />
um mit Zuversicht in die Zukunft<br />
blicken zu können.<br />
Christian Göttner<br />
PRO VIDEO
Unternehmen<br />
12<br />
VW auf der Pole-Position<br />
Die größten niedersächsischen Unternehmen nach ihrer Wertschöpfung 2012<br />
Rang Rang<br />
2012 2011<br />
Unternehmen<br />
SitzWertschöpfung Beschäftigte<br />
<br />
(in Mio. Euro) 2012<br />
Branche<br />
1 1 Volkswagen AG (K) * Wolfsburg 59.666,0 549.763 Straßenfahrzeugbau<br />
Volkswagen AG Wolfsburg 18.417,0 101.794 Straßenfahrzeugbau<br />
Volkswagen Financial Services AG (K) Braunschweig 1.710,0 8.472 Finanzdienstleistungen<br />
Volkswagen Bank GmbH Braunschweig 530,6 834 Finanzdienstleistungen<br />
2 2 Continental AG (K) Hannover 9.416,7 171.463 Automobilzulieferindustrie<br />
ContiTech AG (K) Hannover 2.038,0 28.210 Automobilzulieferindustrie<br />
Die Volkswagen AG liegt deutlich vorne auf Rang 1<br />
Jedes Jahr erstellt die Nord/LB<br />
zwei Ranglisten. Dabei werden<br />
die 50 größten niedersächsischen<br />
Unternehmen nach ihrer Wertschöpfung<br />
und die 100 größten nach ihrem<br />
Umsatz aufgelistet. Mit 59,7 Milliarden<br />
Euro und einer Steigerung um 25 Prozent<br />
führt der Volkswagen-Konzern in<br />
Wolfsburg weiter unangefochten die<br />
Spitze der umsatzstärksten Unternehmen<br />
Niedersachsens an. Auf den Plätzen<br />
zwei und drei folgen der Automobilzulieferer<br />
Conti (9,4 Mrd. Euro) und<br />
der Touristikkonzern TUI (2,7 Mrd.<br />
Euro), beide mit Sitz in Hannover. Die<br />
Salzgitter AG behauptet Rang fünf, die<br />
Braunschweiger Nordzucker AG (siehe<br />
auch <strong>Standort</strong>38-Titelstory 9/2013)<br />
kletterte – mit einem Wertschöpfungszuwachs<br />
von 44 Prozent auf rund 680<br />
Millionen Euro – um drei Ränge auf<br />
Platz neun.<br />
Die umsatzstärksten Unternehmen<br />
kommen – wie die Nordzucker AG –<br />
alle aus dem verarbeitenden Gewerbe.<br />
Nur neun Prozent stammen aus Handelsunternehmen<br />
und sechs Prozent<br />
aus dem Dienstleistungsbereich. Die<br />
regionalen Schwerpunkte liegen auch<br />
im Geschäftsjahr 2012 auf der Landeshauptstadt<br />
Hannover mit 20 Großunternehmen.<br />
C.hristian Göttner<br />
Die Nordzucker AG ist auf Platz 9 vorgerückt<br />
3 3 TUI AG (K) *** Hannover 2.673,9 68.388 Touristik<br />
4 4 Talanx (K) Hannover 2.273,3 20.887 Versicherungen (Komposit und<br />
Leben), Rückversicherung<br />
Hannover Rückversicherung AG (K) Hannover 1.855,7 2.312 Rückversicherung<br />
5 5 Salzgitter AG (K) Salzgitter 1.600,0 25.541 Eisen- und Stahlerzeugung<br />
6 10 EWE AG (K) Oldenburg 851,4 9.049 Energieversorgung<br />
EWE Netz GmbH Oldenburg 363,7 1.855 Energieversorgung<br />
EWE VERTRIEB GmbH 1 Oldenburg 152,4 700 Energieversorgung<br />
7 6 NORD/LB (K) Hannover 728,0 7.007 Finanzdienstleistungen<br />
NORD/LB Hannover 602,2 4.271 Finanzdienstleistungen<br />
8 8 TÜV NORD Gruppe (K) Hannover 726,6 13.007 Technische Dienstleistungen<br />
9 12 Nordzucker AG (K) a ** Braunschweig 678,9 3.290 Ernährungsgewerbe<br />
Nordzucker AG Braunschweig 273,6 1.128 Ernährungsgewerbe<br />
10 11 Dirk Rossmann GmbH Burgwedel 659,6 22.189 Groß- und Einzelhandel<br />
(Drogerieartikel)<br />
11 9 Faurecia Automotive GmbH (K) Stadthagen 636,3 11.345 Automobilzulieferindustrie<br />
12 7 Georgsmarienhütte Holding (K) Georgsmarienhütte 578,3 10.746 Eisen- und Stahlerzeugung<br />
13 14 Symrise AG (K) Holzminden 451,8 5.698 Herstellung und Vertrieb<br />
von Duft- und Aromastoffen<br />
14 16 Avacon AG (K) 2 Helmstedt 429,5 2.692 Energieversorgung<br />
15 15 Medizinische Hochschule Hannover Hannover 420,4 7.731 Gesundheitswesen<br />
16 20 Sartorius AG (K) Göttingen 404,4 5.491 Wägetechnologie,<br />
Zulieferer für Biotechnologie<br />
17 21 Otto Bock Firmengruppe (K) Duderstadt 382,2 5.729 Orthopädische Industrie,<br />
Kunststoffverarbeitung<br />
Otto Bock HealthCare GmbH Duderstadt 338,4 5.056 Orthopädische Industrie<br />
18 25 Solvay in Deutschland (Gruppe) Hannover 348,2 3.032 Chemische Industrie<br />
19 26 Piepenbrock Unternehmensgruppe (K) Osnabrück 338,1 27.313 Dienstleistungen,<br />
Verpackungstechnik<br />
20 13 Johnson Controls<br />
Power Solutions Europe (K) ***<br />
21 24 Georg-August-Universität Göttingen Stiftung<br />
Öffentlichen Rechts – Universitätsmedizin Göttingen<br />
Hannover 336,5 3.046 Herstellung von<br />
Akkumulatoren, Batterien<br />
334,4 5.560 Gesundheitswesen<br />
22 22 Deutsches Milchkontor eG (K) 3 Zeven 333,8 6.240 Ernährungsgewerbe<br />
23 30 KWS Gruppe (K) d *** Einbeck 327,5 3.851 Saatgut, Biochemie<br />
24 32 Mars GmbH Verden (Aller) 327,0 1.660 Herstellung und Vertrieb von<br />
Futter- und Lebensmitteln<br />
25 27 Unternehmensgruppe Hellmann (K) Osnabrück 313,4 8.989 Verkehrsgewerbe<br />
1<br />
vormals EWE ENERGIE AG (Umfirmierung zum 01.09.2012) | 2 vormals E.ON Avacon AG (Umfirmierung zum 01.07.2013)<br />
3<br />
vormals DMK Deutsches Milchkontor GmbH; die Zahlen für 2011 sind nicht vergleichbar<br />
* (K) konsolidierte Konzern- (bzw. Gruppen-) Angabe | ** Angaben für das Geschäftsjahr 2012/2013<br />
*** Angaben für das Geschäftsjahr 2011/2012 | a 28. Feb | b 31. Mrz | c 30. Apr | d 30. Jun | e 31. Jul<br />
Fotos: Florian Röske, eobiont GmbH, Privat
13 17 Unternehmen<br />
XXX<br />
Foto: C.Meyer<br />
Hochtechnologie<br />
made in BS<br />
GOM mbH entwickelt optische 3D-Messsysteme<br />
Braunschweig boomt – und<br />
gewinnt unter den Städten seiner<br />
Größe zunehmend an Bedeutung.<br />
Das verdeutlichen nicht nur die attraktive<br />
Innenstadt mit einem Zentralitätswert<br />
von 149,7 oder das spektakuläre<br />
Bau-Projekt BraWoPark auf dem ehemaligen<br />
Postgelände am Hauptbahnhof, in<br />
das die Volksbank 130 Millionen investiert,<br />
sondern auch die Stellung als wachsender<br />
Forschungsstandort, der seine<br />
Stärken in Schlüssel- und Zukunftstechnologien<br />
konsequent ausbaut.<br />
Bestes und aktuelles Beispiel in diesem<br />
Bereich ist die Unternehmensumsiedlung<br />
der GOM mbH, derzeit mit Sitz im<br />
Panther-Business-Center am Mittelweg.<br />
Diese erwirbt von der Stadt knapp acht<br />
Hektar im Gewerbegebiet Braunstraße-<br />
Süd. Hinter GOM, das für „Gesellschaft<br />
für aus Optische Sicht der Messtechnik“ Kunden immer steht, wichtiger.“<br />
sich Mit dem ein aufstrebendes, Angebot der innovatives CO2-Kom-<br />
verbirgt<br />
Unternehmen, pensation verfüge das MeinFernbus optische 3D-Messsysteme<br />
Alleinstellungsmerkmal für die Anwendungsschwer-<br />
unter den deut-<br />
über ein<br />
punkte schen Fernbusanbietern. 3D-Koordinatenmesstechnik<br />
Dazu haben<br />
und die Kunden Verformungsanalyse im Laufe des Buchungsprozesses<br />
die Möglichkeit, und vertreibt. einen „Es geringen ist uns<br />
entwickelt,<br />
produziert<br />
gelungen, Geldbetrag den – berechnet <strong>Standort</strong> aus Braunschweig der Länge<br />
für der ein Strecke stark – expandierendes Stiftung myclimate Unternehmen<br />
zu entrichten. der Hochtechnologiebranche Diese unterstützt mit den zu<br />
sichern“, Beträgen verkündete Projekte in Oberbürgermeister<br />
Entwicklungsländern. Dr. Gert Hoffmann Anfang Als passendes Oktober<br />
Schwellen- und<br />
auf Signal dem wurde Messestand der 100. der Bus Metropolregion<br />
der Flotte auf<br />
H, BS, GÖ und WOB auf der Expo Real<br />
in München.<br />
Die GOM mbH, die für Top-Kunden<br />
wie BMW, Bosch, Siemens und Volkswagen,<br />
aber auch Boeing, Fuji, Microsoft,<br />
Samsung und selbst die NASA arbeitet,<br />
plant Investitionen von über 20 Millionen<br />
Euro und wird ihre Personalstärke<br />
von derzeit rund 260 Mitarbeitern auf<br />
330 erhöhen. Mittel- bis langfristig<br />
könnten bis zu 1.000 Mitarbeiter ihren<br />
Arbeitsplatz am neuen <strong>Standort</strong> finden,<br />
fast ausschließlich handelt es sich dabei<br />
um hochqualifizierte Arbeitsplätze.<br />
Aufgrund seines starken Wachstums<br />
suchte das Unternehmen seit mehre-<br />
Im Rahmen der Expo Real in München begrüßte<br />
Oberbürgermeister Dr. Hoffmann die Gäste<br />
ren Jahren einen neuen <strong>Standort</strong> für<br />
den Neubau von Büro- und Hallenflächen<br />
und ist letztendlich im Rüninger<br />
Gewerbegebiet fündig geworden.<br />
Geplant ist der Baubeginn bereits 2014,<br />
ein Jahr später sollen die Hallen bezogen<br />
werden, ehe das Unternehmen spätestens<br />
Mitte 2016 komplett an den<br />
neuen den Namen Unternehmensstandort „Masindi“ getauft. Es umzieht. ist der<br />
Dieser Name einer soll Funktionseinheiten Region in Uganda, wie in Verwaltung,<br />
myclimate Entwicklung, ein Aufforstungsprogramm<br />
Demonstration<br />
der<br />
und unterstützt, Schulung, um Lager jährlich sowie 3.000 Produktion bis 10.000<br />
beinhalten. Tonnen CO2 Hinzu kompensieren. kommen ein Auch Firmenkasino,<br />
Unternehmen ein selbst parkähnlicher spiele Nachhaltig-<br />
Außen-<br />
im<br />
bereich, keit eine Parkmöglichkeiten Rolle. MeinFernbus für arbeite Mitarbeiter<br />
unter anderem und Besucher mit einem und eventuell Ökostromanbieter,<br />
einer Ökodruckerei Die sowie GOM nach-<br />
mbH<br />
ein<br />
Gesundheitszentrum.<br />
plant, haltigen die IT-Dienstleistern Gebäudeflächen im zusammen. Laufe der<br />
Zeit Für zu dieses verdreifachen. Engagement Dabei wurden werden sie im<br />
ersten bereits mehrfach Bauabschnitt ausgezeichnet. zwischen 10.000<br />
und www.meinfernbus.de/uber-uns/fahrgruen.html<br />
15.000 Quadratmeter Gebäudeflächen<br />
geschaffen.<br />
„In Rüningen haben wir einen idealen<br />
<strong>Standort</strong> gefunden, der unsere hohen<br />
Ansprüche erfüllt“, kommentierte Matthias<br />
Albrecht, Syndikusanwalt in der<br />
GOM mbH, die Einigung zwischen Stadt<br />
und seinem Unternehmen. Es gehe bei<br />
der geplanten Erweiterung um weit<br />
mehr als die Errichtung nüchterner Produktionshallen.<br />
Vielmehr wolle GOM<br />
auf dem Grundstück in der Braunstraße<br />
eine angenehme Campusatmosphäre<br />
schaffen, um Kreativität und Motivation<br />
ihrer Mitarbeiter zu fördern, denn<br />
die sind das Kapital, von dem die Hightech-Firma<br />
lebt.<br />
Christian Göttner<br />
Traditionelle Spielstätte der Braunschweiger Eintracht und New Yorker Lions: Das Eintracht-Stadion<br />
Torben Greve, GF MeinFernbus, Stefan Baumeister, GF myclimate, Panya Putsathit, GF MeinFernbus<br />
<br />
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<br />
Das Wirtschaftsmagazin für Braunschweig, enbü tel und Wolfsburg<br />
April 2013 |Nr.27<br />
Social Media<br />
Wie Facebook, Twitter & Co.<br />
das Marketing revolutionieren<br />
30 Jahre C64<br />
Von Braunschweig um die Welt:<br />
Der Siegeszug des Heimcomputers<br />
Finanzen<br />
& Fußball<br />
EXKLUSIV-<br />
INTERVIEW<br />
Frank Witter<br />
Volkswagen Financial Services<br />
es AG<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Das Wirtschaftsmagazin für Braunschweig, Gifhorn, Helmstedt, Peine, Salzgi ter, Wolfenbü tel und Wolfsburg<br />
Employer<br />
Branding<br />
Der Kampf der<br />
Unternehmen um<br />
die Talente der Zukunft<br />
Steigenberger<br />
Parkhotel<br />
Neues 4 Sterne<br />
Superior Haus<br />
für die<br />
Region<br />
Hans-Joachim Flebbe<br />
Der deutsche Kino-Visionär<br />
Emotionen auf der<br />
großen Leinwand<br />
<br />
<br />
<br />
EXKLUSIV-<br />
INTERVIEW<br />
August 2013|Nr.29<br />
12 SEITEN<br />
SONDERTEIL<br />
SALZGITTER
Meldungen<br />
14<br />
Das komplett ungebaute und sanierte Fme-Gebäude<br />
Windkraftanlagen in der Ostsee erzeugen Strom<br />
Fachkollegen informierten sich über Ausbildung<br />
fme AG im alten Feldschlösschen-Haus<br />
Baltic 2 wird mit Stahl<br />
aus Salzgitter gebaut<br />
Besuch aus China bei der<br />
Teutloff Akademie<br />
Die FmeAG, internationaler IT-Dienstleister<br />
mit Büros in Deutschland,<br />
Rumänien und den USA, ist kürzlich<br />
in das frühere, komplett sanierte Feldschlößchen<br />
Verwaltungsgebäude in der<br />
Wolfenbütteler Straße 33 eingezogen.<br />
„Das neue Gebäude entspricht unseren<br />
Vorstellungen als repräsentativer,<br />
moderner Firmenhauptsitz, der unseren<br />
mittel- und langfristigen Wachstumszielen<br />
gerecht wird“, erklärte<br />
fme-Vorstand Dirk Bode. Die Fme AG<br />
arbeitet mit Unternehmen wie Audi,<br />
BMW, Medtronic und Volkswagen.<br />
Die zum Salzgitter-Konzern gehörenden<br />
Ilsenburger Grobblech GmbH<br />
(ILG) und Salzgitter Mannesmann<br />
Grobblech GmbH (MGB) liefern<br />
mit 44.150 t Grobblech den Hauptanteil<br />
für die Stahlrohrkonstruktionen<br />
des Offshore Windparks Baltic 2. Aus<br />
den Grobblechen werden Windtürme<br />
sowie die im Meeresboden verankerten<br />
Gründungskonstruktionen gefertigt.<br />
Baltic 2 wird 2014 mit 80 Windkraftanlagen<br />
in der deutschen Ostsee fertiggestellt<br />
sein. Jährlich werden dort 1,2<br />
Milliarden kWh Strom erzeugt.<br />
Zum dritten Mal hatte die Teutloff<br />
Technische Akademie Besuch aus<br />
China. Im Rahmen einer Studienreise<br />
besuchten 19 Leiterinnen und Leiter<br />
beruflicher Colleges aus dem Reich der<br />
Mitte u.a. die Braunschweiger Akademie.<br />
Sie informierten sich hier über das<br />
duale Berufsbildungssystem im gewerblich-technischen<br />
Bereich. Während die<br />
berufliche Ausbildung in China weitestgehend<br />
rein schulisch verläuft,<br />
stellte Alexander von Lützow, stellvertretender<br />
Geschäftsführer bei Teutloff,<br />
die deutsche Berufsbildung vor.<br />
Wirtschaftsdezernent Joachim Roth gratuliert<br />
Direktor Joost Smeulders präsentiert die Plakette<br />
Troy Tomlin, Thomas Krecklenberg, Dr. Gerald Meier<br />
JPM Silicon GmbH ist KfW-<br />
Award Gründer Champion<br />
Das Braunschweiger Unternehmen JPM<br />
Silicon GmbH ist Landessieger Niedersachsen<br />
des Wettbewerbs KfW-Award<br />
GründerChampions 2013. Im Rahmen<br />
eines Forschungsvorhabens an der TU<br />
entwickelte Inhaber und Geschäftsführer<br />
Jan-Philipp Mai ein neuartiges Verfahren<br />
zur Herstellung und Gewinnung<br />
von Silizium für die Solarindustrie.<br />
Basierend auf der zum Patent angemeldeten<br />
Technologie kann Silizium mit<br />
einer höheren Reinheit erzeugt werden.<br />
Der Preisträger wurde von der Braunschweig<br />
Zukunft GmbH 2011 mit einem<br />
Zuschuss aus dem Gründerfonds der<br />
Stadt Braunschweig gefördert.<br />
Vier Sterne und ein extra<br />
Plus für Steigenberger<br />
Der DEHOGA Stadtverband Braunschweig<br />
e.V. hob das exklusive, Ende<br />
August eröffnete Steigenberger<br />
Parkhotel Braunschweig bei einer<br />
halbtägigen Überprüfung in die exzellente<br />
Vier-Sterne-Kategorie und verlieh<br />
ihm zusätzlich das Prädikat Superior.<br />
Verdeutlicht wird durch den Zusatz<br />
unter anderem das hohe Serviceangebot,<br />
welches den Aufenthalt im Hotel<br />
angenehm und zuvorkommend gestaltet.<br />
270 Kriterien galt es, in den Bereichen<br />
Gebäude und Raumangebot, Einrichtung<br />
und Ausstattung, Service,<br />
Freizeit, Angebotsgestaltung und hauseigener<br />
Tagungsbereich zu erfüllen.<br />
Neuer Manager bei<br />
New Yorker Lions<br />
Bei der FFC Sportmanagement GmbH<br />
& Co. KG, der Vermarktungsgesellschaft<br />
der New Yorker Lions, hat<br />
es einen Wechsel in der Position des<br />
Geschäftsführers gegeben. Thomas<br />
Krecklenberg übergibt nach einem Jahr<br />
– und nach dem Gewinn des German<br />
Bowl XXXV mit den American Footballern<br />
der New Yorker Lions, die von<br />
dem wieder zurückgekehrten Headcoach<br />
Troy Tomlin angeführt wurden,<br />
– seine Aufgaben an Dr. Gerald Meier<br />
ab. Dieser war nicht nur ein wichtiger<br />
Spieler, sondern ab 1992 auch Trainer<br />
und schließlich bis 1996 Manager der<br />
New Yorker Lions.<br />
Fotos: Florian Maul, EnBW, JPM Silicon, Steigenberger, New Yorker Lions
15 Meldungen<br />
Fotos: Stadthalle Braunschweig, Christian Lindenau, Volksbank BraWo, Volker Beinhorn, Hanno Keppel, Norman Konrad<br />
Josè Carreras live<br />
Der BZV Medienhaus<br />
GmbH und der Volkswagen<br />
Financial Services AG ist<br />
es gelungen, den spanischen<br />
Startenor Josè Carreras für<br />
ein einziges Deutschland-<br />
Konzert zu verpflichten. Am<br />
17.Dezember 2013 singt der<br />
außergewöhnliche Opernsänger,<br />
der neben Luciano<br />
Pavarotti und Plácido<br />
Domingo zu den legendären<br />
Drei Tenören gehört, in der<br />
Volkswagen Halle Braunschweig.<br />
Begleitet wird Carreras von der Sopranistin Natalia<br />
Ushakova, der Crossover-Künstlerin Kamaliya, dem Chor<br />
und Staatsorchester Braunschweig unter Leitung von David<br />
Giménez. Karten sind unter Telefon 0531/1 66 06 und unter<br />
www.konzertkasse.de erhältlich.<br />
Soziallotse<br />
Ende September ging unter<br />
www.soziallotse-braunschweig.de<br />
ein Gemeinschaftsprojekt der Bürgerstiftung<br />
Braunschweig, der Stiftung<br />
Braunschweigischer Kulturbesitz<br />
und der Volksbank BraWo<br />
Stiftung an den Start. Der Soziallotse<br />
bietet schnelle Infos über<br />
das vielfältige Unterstützungsangebot<br />
für Familien mit geringem<br />
Einkommen in der Region.<br />
Tobias Henkel, Dr. Annette Schwandner, Joachim<br />
Klement und Nils Rodermund im Kleinen Haus<br />
„Fast Forward“-Festival<br />
Das europäische Festival für junge<br />
Regie „Fast Forward“ findet vom 21.<br />
bis 24. November 2013 zum dritten<br />
Mal im Staatstheater Braunschweig<br />
statt. Auf dem Programm stehen<br />
sieben vielfältige Produktionen aus<br />
sechs europäischen Ländern mit Themen,<br />
die talentierte Theatermacher<br />
zurzeit beschäftigen. Unterstützt wird<br />
die Plattform u.a. von der Volkswagen<br />
Financial Services AG.<br />
Stadthalle Braunschweig, Haupteingang<br />
Neues Hotel<br />
René Pflugmacher (BraWoPark), Oberbürgermeister<br />
Dr. Gert Hoffmann, Jürgen Brinkmann (Vorstandsvorsitzender<br />
Volksbank BraWo), Dr. Wolf-Michael<br />
Schmid (Präsident IHK Braunschweig), Klaus Gattermann<br />
(Gattermann Immobilien), Markus Wenk<br />
(BraWoPark) beim ersten Spatenstich<br />
BraWoPark-Baubeginn<br />
Ein neues Kongresshotel soll an der<br />
Stadthalle Braunschweig entstehen.<br />
Die Volksbank BraWo hat sich an<br />
dem Investorenwettbewerb beteiligt,<br />
eine österreichische Hotelkette soll das<br />
Drei-Sterne-Haus mit circa 170 Zimmern<br />
betreiben. Wenn die politischen<br />
Gremien zustimmen, könnte mit dem<br />
Bau bereits im Jahr 2014 an der Stadthalle<br />
begonnen und das Hotel 2015<br />
eröffnet werden.<br />
Eine kleine symbolische Handlung mit einer großen Wirkung:<br />
Der Bau des spektakulären BraWoParks auf dem ehemaligen<br />
Postgelände am Braunschweiger Hauptbahnhof<br />
hat mit dem ersten Spatenstich kürzlich begonnen. Allein<br />
das freigeräumte Grundstück ist mit seinen 75.000 Quadratmetern<br />
dreimal größer als das von Schloss-Arkaden<br />
und -Rekonstruktion in der Innenstadt. Die Volksbank eG<br />
Braunschweig Wolfsburg investiert 130 Millionen Euro<br />
in einen 20-stöckigen Neubau, dem markantesten Element<br />
des neuen Business Centers II, das dem im Volksmund<br />
genannten „Toblerone“-Hochhaus an die Seite gestellt wird.<br />
Diese beiden architektonisch imposanten Gebäude werden<br />
dem bislang eher problematischen Quartier ein unverwechselbares<br />
Gesicht geben. Darüber hinaus entstehen ein Shopping<br />
Center mit Deutschlands größtem Edeka-Markt und<br />
einer Reihe von Fachgeschäften, ein InterCity-Hotel sowie<br />
Braunschweigs größtes Parkhaus.<br />
Prreisträgerin Bettina Pousttchi<br />
Wolfsburger Kunstpreis<br />
Der Wolfsburger Kunstpreis „Junge<br />
Stadt sieht Junge Kunst“ wird 2014 an<br />
die deutsch-iranische Künstlerin Bettina<br />
Pousttchi vergeben, die mit Fotografie,<br />
Video und Skulptur Thematiken wie<br />
Zeitwahrnehmung und Grenzziehungen<br />
reflektiert. Der Preis ist mit 80.000 Euro<br />
dotiert, dazu gibt es einen Ankauf für<br />
die Sammlung der Städtischen<br />
Galerie Wolfsburg. Eine Ausstellung<br />
ist dort im Frühjahr 2014 geplant.
E-Mobilität<br />
16<br />
Die Stromer<br />
sind zurück!<br />
Die Elektromobilität erscheint mittlerweile alternativlos und zeigt doch<br />
Ladehemmungen. Für ihre technische Reife und Akzeptanz arbeiten<br />
zahlreiche Automobilforscher und Initiativen auch hier in der Region.
17 E-Mobilität<br />
Tänzer, Choreographien mit<br />
artistischen Einlagen. Poppige<br />
Farben, eine futuristisch anmutende<br />
Lichtshow, dazu spielen die Pet<br />
Shop Boys ein Medley aus ihrem Album<br />
„Electric“. So präsentiert Volkswagen<br />
beim traditionellen Konzernabend vor<br />
der eigentlichen Eröffnung der Internationalen<br />
Automobil-Ausstellung (IAA)<br />
den mittlerweile erschienenen e-Up!<br />
und drei weitere Elektrovarianten, die<br />
nächstes Jahr auf den Markt kommen<br />
sollen. Insgesamt 16 reine Elektroautos<br />
wollen allein die deutschen Hersteller<br />
2014 anbieten, darunter den BMW<br />
i3 und die Elektroversion des Smarts.<br />
Nicht nur auf der diesjährigen IAA, auch<br />
beim Lesen der Auto- und Wirtschaftsseiten<br />
vieler Zeitungen und Magazine<br />
entsteht leicht der Eindruck, dass Elektroautos<br />
eine Erfindung der jüngsten<br />
Gegenwart und die moderne Antwort<br />
auf die zunehmende Ressourcenknappheit<br />
sind. Dabei begann der Siegeszug<br />
des Automobils vor mehr als 100 Jahren<br />
zunächst elektrisch. Als Carl Benz<br />
und Gottlieb Daimler 1885 und 86 ihre<br />
Motorkutschen vorstellten, war ihnen<br />
der Pariser Gustave Trouvé mit seinem<br />
Elektrodreirad vier Jahre voraus. Und<br />
auch die Schallmauer von 100 Kilometern<br />
pro Stunde durchbrach 1899 zuerst<br />
ein Stromer – „die nie Zufriedene“ („La<br />
Jamais Contente“) des belgischen Konstrukteurs<br />
Camille Jenatzy. Ein Jahr später<br />
präsentierte Ferdinand Porsche auf der<br />
Weltausstellung in Paris ein alltagstaugliches<br />
Elektrofahrzeug mit dem Namen<br />
„Semper Vivus“ („Stets lebendig“), das<br />
Ferdinand Porsches „Semper Vivus“ von 1900<br />
mithilfe einer Bleibatterie auf immerhin<br />
maximal 50 Kilometer pro Stunde<br />
beschleunigen konnte und eine Reichweite<br />
von rund 50 Kilometern hatte.<br />
Damals breiteten sich die Stromer aus<br />
und gehörten bald zum Straßenbild. In<br />
den USA fuhren beispielsweise fast doppelt<br />
so viele Elektromobile wie Autos<br />
mit Verbrennungsmotoren. Ein Relikt<br />
dieser Zeit findet sich in den Donald-<br />
Duck-Comics. Dessen Mutter, Oma<br />
Duck, fährt mit einem Detroit Electric<br />
durch Entenhausen. Mit mehr als 12.000<br />
gebauten Exemplaren war der Wagen<br />
ein Verkaufsschlager. Ein Grund für den<br />
Erfolg der Stromer war der bessere Wirkungsgrad<br />
von Elektromotoren. Vorteile<br />
für die Benziner brachte schließlich die<br />
Erfindung des Anlassers, sodass diese<br />
nicht mehr mühsam angekurbelt werden<br />
mussten. Auch ihre größere Reichweite,<br />
billiges Öl und die rasche Verbreitung<br />
von Tankstellen drängten die Elektromobile<br />
von der Straße in die Nische.<br />
Dort allerdings überlebten einige von<br />
ihnen erstaunlich lange. So wie ein EL<br />
3001 der Esslinger Maschinenfabrik, der<br />
heute im europäischen Brotmuseum in<br />
Ebergötzen ausgestellt und immer noch<br />
fahrbereit ist. Knapp 300.000 Kilometer<br />
stehen auf dem Tacho. Im Rahmen<br />
der Mobilmachung zum 1. Weltkrieg zog<br />
die Armee die Pferdefuhrwerke der Berliner<br />
Brotfabrik Wittler ein und stellte<br />
dafür sieben kriegsuntaugliche Elektro-<br />
LKWs auf den Hof. Bis zur Schließung<br />
im Jahr 1971 belieferten sie die über<br />
die Stadt verteilten Bäckereifilialen. Die<br />
Reichweitenbeschränkung der Stromer<br />
kompensierten die Berliner schon<br />
damals mit intelligenten Mobilitätskonzepten.<br />
Demnach fuhren die LKWs nur<br />
in den Nebenstraßen selbstständig. „Auf<br />
den Hauptstraßen sollen sie sich an die<br />
Trams gehängt und so Energie gespart<br />
haben. Das sagen jedenfalls einige<br />
Augenzeugenberichte“, erklärt Museumsleiter<br />
Wilhelm Bruinjes.<br />
Batterieforschung in Braunschweig<br />
Ein technischer Knackpunkt der Elektromobilität<br />
war und ist die Batterie.<br />
Sie hat ein hohes Gewicht, kostet<br />
im Verhältnis zum Rest des Fahrzeugs<br />
relativ viel Geld und limitiert Höchstgeschwindigkeit,<br />
Beschleunigung und<br />
Reichweite. An Batterien, die günstiger,<br />
sicherer und leistungsfähiger sind,<br />
wird deshalb auch in der Region gearbeitet.<br />
In der Battery Lab Factory Braun-<br />
Fotos: Holger Isermann, Britta Hüning (Europäisches Brotmuseum),<br />
Unter der Motorhaube: Kupferdrähte statt Zylinder<br />
Fast 300.000 Kilometer auf dem Tacho und immer noch fahrbereit: der EL 3001 des Brotmuseums in Ebergötzen
E-Mobilität<br />
18<br />
Jan Schmitt vom Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik<br />
schweig (BLB), einer Einrichtung des<br />
Niedersächsischen Forschungszentrums<br />
Fahrzeugtechnik (NFF), entwickelt<br />
ein interdisziplinäres Team aus<br />
Maschinenbau- und Elektrotechnikingenieuren<br />
sowie Chemikern seit 2011<br />
eine Plattform zur Erforschung großformatiger<br />
Lithium-Ionen-Batterien.<br />
Sieben TU-Institute, allen voran das<br />
Institut für Partikeltechnik von Professor<br />
Arno Kwade und die Physikalisch<br />
Technische Bundesanstalt (PTB) bringen<br />
ihre Kompetenzen ein und sollen bis<br />
Mitte nächsten Jahres auch ein gemeinsames<br />
Zuhause bekommen. Einige Millionen<br />
Euro werden bis dahin in die BLB<br />
investiert. Unter anderem für die Renovierung<br />
einer alten Versuchshalle, in der<br />
die bisher über verschiedene Gebäude<br />
verteilten Maschinen zur Produktion der<br />
Batterien zusammengezogen werden.<br />
Bei Simulationen am Computer belassen<br />
die Braunschweiger Wissenschaftler es<br />
nämlich nicht. „Wir können den gesamten<br />
Lebenszyklus der Batterie abbilden.<br />
Vom Pulver bis zur Batterie und zurück<br />
zum Pulver“, erklärt Jan Schmitt, der<br />
die Forschungsprojekte im Bereich der<br />
Batterieproduktion und Elektromobilität<br />
am Institut für Werkzeugmaschinen<br />
und Fertigungstechnik koordiniert.<br />
Neben der Erforschung neuer Batterietechnologie<br />
ist aufgrund der teuren<br />
Rohstoffe auch das Recycling ein großes<br />
Thema. Rund 95 Prozent der Aktivmaterialien<br />
können die Wissenschaftler<br />
des Leuchtturmprojektes Lithorec<br />
gegenwärtig aus einer alten oder kaputten<br />
Lithium-Ionen-Batterie zurückgewinnen.<br />
Jan Schmitt selbst erforscht<br />
den mechanischen Stress bei der automatisierten<br />
Herstellung von Elektrodenpackages,<br />
aus denen Batterien<br />
bestehen. Hierzu wurde in Zusammenarbeit<br />
mit dem Berliner Maschinenbauer<br />
Jonas & Redmann eine Anlage entwickelt,<br />
die einzelne Elektroden vollautomatisch<br />
bündelt. Per Knopfdruck startet<br />
Schmitt den Prozess. Roboterarme<br />
schnellen daraufhin kameraüberwacht<br />
vor und zurück und legen die Elektroden<br />
in eine sogenannte Separatorfolie<br />
ein. Die ist extrem dünn und empfindlich.<br />
Sie muss zwar auf Spannung<br />
sein, darf aber nicht beschädigt werden<br />
oder gar reißen – eine Gratwanderung.<br />
„Wir wollen die Prozesse verstehen,<br />
um anschließend die Herstellung optimieren<br />
und die Performance der Batterien<br />
erhöhen zu können.“ Nächstes Jahr<br />
möchte der Wirtschaftsingenieur seine<br />
Promotion im Graduiertenkolleg Energiespeicher<br />
und Elektromobilität Niedersachsen<br />
(GEENI) abschließen. Dort<br />
sind neben der TU Braunschweig auch<br />
die TU Clausthal, die Leibniz Universität<br />
Hannover und die Universitäten aus<br />
Göttingen, Oldenburg und Münster vertreten.<br />
Mittelfristig hat der Batterieforscher<br />
vor, in die Industrie zu wechseln,<br />
„vielleicht zu Volkswagen<br />
– das ist ein attraktiver<br />
Arbeitgeber.“ Damit<br />
wäre auch der regionale<br />
Wissenstransfer ganz im<br />
Sinne der Automobilregion<br />
geglückt.<br />
Nicht weit vom VW-<br />
Stammwerk auf dem<br />
Campus der Autouni sollen<br />
Anfang nächsten Jahres<br />
die Bauarbeiten zu<br />
einem der größten Forschungszentren<br />
der<br />
Region beginnen. Dort<br />
haben im Sommer Bundesforschungsministerin<br />
Johanna Wanka, VW-Vorstand<br />
Werner Neubauer<br />
und TU-Präsident Jürgen<br />
Hesselbach ein Legomodell<br />
der Open Hybrid Lab-<br />
Factory enthüllt, in der<br />
die TU Braunschweig, die<br />
Volkswagen AG und 30<br />
Nadine Pieper vom Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement<br />
der TU Braunschweig<br />
weitere Partner den Leichtbau für die<br />
Massenproduktion im Auto bezahlbar<br />
machen wollen. Die Forschung der rund<br />
200 Wissenschaftler könnte damit auch<br />
der Elektromobilität einen Schub geben.<br />
Denn leichtere Autos benötigen weniger<br />
Energie und können bei gleicher Akkuleistung<br />
längere Strecken zurücklegen.<br />
Innovativ ist nicht nur das Forschungsthema,<br />
sondern auch die Organisationsform.<br />
In der rund 120 Millionen Euro<br />
teuren Forschungsfabrik begegnen sich<br />
die Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft<br />
auf Augenhöhe. Die Open Hybrid<br />
LabFactory ist damit eines der seltenen<br />
Public Private Partnership-Projekte<br />
in Deutschland.<br />
Ohne Akzeptanz kein Erfolg!<br />
Vielleicht können die Automobilforscher<br />
der forschungsintensivsten<br />
Region Europas gemeinsam das wohl<br />
größte Akzeptanzhemmnis der Stromer<br />
irgendwann auflösen – die eingeschränkte<br />
Reichweite. Der up! schafft<br />
beispielsweise 160, der Golf 190 Kilometer,<br />
wenn der Fahrer sehr sparsam<br />
fährt und nicht gerade Winter ist. Denn<br />
kalte Temperaturen senken die Leistungsfähigkeit<br />
der Batterien. Befragungen<br />
zeigen zwar, dass rund 80 Prozent<br />
aller Autos nicht mehr als 50 Kilometer<br />
am Tag zurücklegen, aber auch, dass<br />
an einigen Tagen pro Monat längere<br />
Fahrten anstehen. Neben dem höheren<br />
Anschaffungspreis schreckt vor allem<br />
dieser gefühlte Verlust mobiler Freiheit<br />
viele Menschen ab. Dies bestätigen auch<br />
zwei aktuelle Studien des Lehrstuhls<br />
für Dienstleistungsmanagement der TU<br />
Braunschweig von Professor David M.<br />
Woisetschläger und der Wolfsburger P3<br />
Ingenieurgesellschaft mbH. Die Ergeb-
19 E-Mobilität<br />
Fotos: Christian Bierwagen, Holger Isermann, Volkswagen, Braunschweiger Verkehrs-AG<br />
Volkswagens erstes Serienfahrzeug mit reinem Elektroantrieb: Der E-Up kam im Oktober in den Handel<br />
nisse zeigen, dass neben den höheren<br />
Anschaffungskosten vor allem Kunden<br />
mit gesteigerten Mobilitäts- und Ladeanforderungen<br />
hinsichtlich Reichweite<br />
und Einsatzbereitschaft vom Erwerb<br />
eines Elektroautos absehen. „Nur etwa<br />
24 Prozent der befragten Personen sind<br />
überhaupt bereit, einen Aufpreis im<br />
Vergleich zu einem herkömmlich angetriebenen<br />
Pkw zu zahlen. Positiver werden<br />
hingegen Leasingmodelle<br />
bewertet“,<br />
erklärt Nadine Pieper.<br />
Die wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin hat die<br />
Befragung betreut und<br />
betont weiter: „Ein Kaufanreiz wäre beispielsweise<br />
die Möglichkeit, monatlich<br />
kostenlos ein konventionelles Fahrzeug<br />
vom Händler gestellt zu bekommen.“<br />
Dieses Ergebnis deutet bereits an, dass<br />
es hier nicht nur darum geht den Benzintank<br />
gegen eine Batterie auszutauschen.<br />
Unsere liebgewonnene Idee des<br />
Individualverkehrs auf Basis eines eigenen<br />
Fahrzeugs steht zur Diskussion. Zur<br />
Neuerfindung der Fortbewegung sieht<br />
auch HBK-Professor Stephan Rammler<br />
im <strong>Standort</strong>-Interview (siehe Seite 20)<br />
keine Alternative: „Es ist großer Unsinn<br />
zu glauben, Elektromobilisierung wäre<br />
der alte Wein in neuen technologischen<br />
Schläuchen. Das Elektro- kann das Verbrennungsauto<br />
nicht ersetzen. Es geht<br />
darum, ein neues kulturelles oder gesellschaftliches<br />
Modell für Mobilität zu entwickeln.“<br />
Ein langer und steiniger Weg.<br />
Auch hier in der Region versuchen verschiedene<br />
Initiativen ihn zu glätten.<br />
Zusätzlich zur e-mobility Station der<br />
Volkswagen AG in Wolfsburg soll im<br />
Braunschweiger Haus der Wissenschaft<br />
ein Erlebniszentrum E-Mobilität entstehen<br />
und die Besucher zukünftig über<br />
„Nur 24 Prozent sind<br />
bereit, einen Aufpreis zu<br />
einem herkömmlichen<br />
Pkw zu zahlen.“<br />
das Thema aufklären. Dafür sprach sich<br />
am 25. September der Wirtschaftsausschuss<br />
einstimmig aus. Gebündelt wird<br />
der Großteil der Aktivitäten im „Schaufenster<br />
Elektromobilität“. Die Metropolregion<br />
Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg<br />
hatte mit einem Konzept<br />
unter dem Motto „Unsere Pferdestärken<br />
sind elektrisch“ beim gleichnamigen<br />
Bundeswettbewerb gewonnen. Insgesamt<br />
120 Millionen<br />
Euro sollen bis zum<br />
Jahr 2016 in rund 30<br />
regionale Projekte<br />
fließen. Ein Teilprojekt<br />
hat beispielsweise<br />
das Ziel, die Aus- und Weiterbildung im<br />
Berufsbildungszentrum Braunschweig<br />
auf das Thema Elektromobilität auszudehnen.<br />
„Wir nutzen die Fördergelder<br />
dafür, den Handwerkern in unseren Kfzund<br />
Elektrobetrieben das Know-how zu<br />
vermitteln, damit sie Elektrofahrzeuge<br />
kompetent verkaufen und die erforderlichen<br />
Service-, Wartungs- und Reparaturen<br />
sicher und effizient durchführen<br />
können“, erklärt Norbert Bünten,<br />
Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer.<br />
Das viel zitierte Ziel der Bundesregierung,<br />
bis zum Jahr 2020 eine Million<br />
Elektroautos auf deutsche Straßen<br />
zu bringen, erscheint vor dem Hintergrund<br />
aktueller Zulassungszahlen aller<br />
Anstrengungen zum Trotz optimistisch.<br />
So waren laut Kraftfahrt-Bundesamt<br />
bis Anfang des Jahres lediglich<br />
knapp 7.200 Elektro- und rund<br />
65.000 Hybridfahrzeuge registriert. Ein<br />
besonders großes Exemplar aus Braunschweig<br />
wird wohl noch dieses Jahr<br />
dazukommen. Die Braunschweiger Verkehrs<br />
AG (BSVAG) plant im Rahmen<br />
des Bundesforschungsprojektes Emil,<br />
auf der Strecke der M19 einen Elektrobus<br />
einzusetzen. Eine induktive Ladestation<br />
wurde bereits im Sommer am<br />
Hauptbahnhof eingerichtet, zwei weitere<br />
werden an der Haltestelle Hamburger<br />
Straße und im westlichen Ringgebiet<br />
folgen. Mit der Induktionstechnik<br />
ist ein schnelles kabelloses Laden möglich,<br />
während der Bus über einer der<br />
Stationen parkt. Damit bewahrheitet<br />
sich mit mehr als 100 Jahren Verspätung<br />
wohl doch noch eine Vorhersage,<br />
die einst der Präsident des Mitteleuropäischen<br />
Motorwagen-Vereins machte.<br />
Während der Gründungsversammlung<br />
am 30. September 1897 im Berliner<br />
Hotel Bristol erklärte Oberbaurat<br />
Klose, dass „[…] das große Gebiet des<br />
weiten Landes von Oelmotorfahrzeugen<br />
durcheilt werden und die glatte Asphaltfläche<br />
der großen Städte wie auch die<br />
Straßenschiene von mit Sammlerelektrizität<br />
getriebenen Wagen belebt sein<br />
wird.“ <br />
Holger Isermann<br />
Spannung pur: Ein Laborbus über der induktiven Ladestation am Braunschweiger Hauptbahnhof
E-Mobilität<br />
20<br />
„Unsere Ressourcen sind endlich“<br />
Professor Stephan Rammler über teure Energie und die Zukunft der Mobilität<br />
Moderne Elektroautos haben eine Reichweite<br />
von rund 100 Kilometern. Ist das<br />
eigentlich noch mobil?<br />
Natürlich ist das auch mobil, weil Mobilität<br />
nicht mit möglichst vielen Streckenkilometern<br />
gleichzusetzen ist. Jemand,<br />
der viel fahren muss, um ein identisches<br />
Maß an Aktivitäten zu erledigen, ist im<br />
Vergleich zu jemandem, der für dieselben<br />
Zwecke mit dem Fahrrad eine Viertelstunde<br />
unterwegs ist, doch viel weniger<br />
mobil.<br />
Aber bedeutet die Abkehr vom Benzin<br />
nicht trotzdem den Verlust von Freiheit?<br />
Das mag im besonderen Segment der<br />
Freizeit-Mobilität stimmen. Ein Auto<br />
wird aber im Alltag vor allem für die<br />
Wege zur Arbeit, zum Einkaufen oder<br />
andere kurze Fahrten verwendet. Und<br />
das liegt bei den meisten Menschen in<br />
Deutschland alles im Bereich des Radius<br />
eines Elektrofahrzeuges. Wir haben ein<br />
Luxusphänomen, das wir uns über die<br />
Jahrhunderte der billigen Verfügbarkeit<br />
von fossilen Ressourcen angewöhnt<br />
haben. Dass ich in der alltäglichen Mobilität<br />
für jeden kleinen Weg bis zu 1,5<br />
Tonnen Masse mit Benzin bewege, um<br />
am Ende einmal im Jahr mit dem Auto<br />
ans Meer zu fahren, ist betriebs- wie<br />
volkswirtschaftlich ein großer Unsinn.<br />
Wann werden wir Roadmovies mit einem<br />
Elektroauto im Kino sehen?<br />
Gar nicht, weil der Roadmovie von<br />
Spontanität und Distanz lebt. Große<br />
Strecken auf nichtbefahrenen Highways<br />
in den USA, Cruisen, Drogenkonsum,<br />
Weite, Wüste, Sonnenuntergang.<br />
Es ist ja dieser stilisierte Wunschtraum<br />
von Mobilität, den wir auf unsere Alltagsmobilität<br />
projizieren, obwohl er für<br />
uns eigentlich keine Relevanz hat. Das<br />
ist vor allem Ideologie, für die die USA<br />
immerhin Kriege führen, um genug Öl<br />
heranzuschaffen.<br />
Wie wichtig ist die Akzeptanz bei der Einführung<br />
einer neuen Technologie?<br />
Das ist das zentrale Thema, gerade weil<br />
Elektroautos in der Anschaffung noch<br />
deutlich teurer sind als Fahrzeuge mit<br />
Denker und Lenker: Professor Stephan Rammler<br />
Verbrennungsmotor und gleichzeitig<br />
der Reichweitennachteil in den Köpfen<br />
der Menschen herumschwirrt. Bei den<br />
bisherigen Erstnutzern von Elektroautos<br />
sind die Akzeptanzraten allerdings<br />
rasant gestiegen, weil sie sehr schnell<br />
gemerkt haben, dass sie ihre Nutzungsroutine<br />
im Alltag relativ problemlos<br />
anpassen können. Menschen sind ja extrem<br />
flexibel.<br />
Es geht also nicht nur darum, Benzin<br />
gegen Strom als Energielieferant zu tauschen,<br />
Sie wollen gleich unseren geliebten<br />
Individualverkehr zur Diskussion stellen?<br />
Genau! Es ist großer Unsinn zu glauben,<br />
Elektromobilisierung wäre der alte Wein<br />
in neuen technologischen Schläuchen.<br />
Das Elektro- kann das Verbrennungsauto<br />
nicht ersetzen. Es geht darum, ein<br />
neues kulturelles oder gesellschaftliches<br />
Modell für Mobilität zu entwickeln.<br />
Unser Ziel kann es nur sein, insgesamt<br />
das Niveau an individueller Mobilität auf<br />
Privatbasis zu reduzieren und kollektive<br />
Formen auf Grundlage von regenerativen<br />
Energien zu entwickeln. Da spielen<br />
Elektroautos auch als Teil eines intelligenten,<br />
atmenden und dezentralen Speicherkraftwerks<br />
für Spitzen und Flauten<br />
bei der Erzeugung von Wind- und Sonnenergie<br />
eine Rolle.<br />
Das werden Automobilhersteller wie die<br />
Volkswagen AG nicht gerne hören.<br />
Warum eigentlich? Ich denke, in<br />
Zukunft lässt sich auch mit dem Elektrofahrzeug<br />
in Kombination mit intelligenten<br />
Verkehrsdienstleistungen noch<br />
eine Menge Geld verdienen.<br />
Immerhin hat VW gerade den e-up! als<br />
Serienfahrzeug vorgestellt. Bremsen die<br />
Automobilhersteller die mobile Revolution<br />
oder treiben sie diese voran?<br />
Es geht voran. Wenn auch zu langsam.<br />
Wir müssen in diesem Zusammenhang<br />
natürlich genauso von den Kunden sprechen<br />
und deren Bereitschaft, sich auf die<br />
Elektromobilität einzulassen. Dass die<br />
E-Fahrzeuge zur Markteinführung sehr<br />
viel teurer sind als die etablierten Produkte<br />
für den Massenmarkt, ist ein Problem,<br />
das sich durchaus politisch lösen<br />
oder zumindest mildern ließe.<br />
Warum sollten wir nicht den guten alten<br />
Verbrennungsmotor weiterentwickeln?<br />
Dessen Verbrauch wurde massiv gesenkt …<br />
Letztlich erzeuge ich dabei ein running<br />
target, indem ich das Konkurrenzmodell<br />
zum Elektroauto immer attraktiver<br />
mache. Einerseits ist es sehr sinnvoll, die<br />
bestehenden Technologien zu modernisieren,<br />
weil das kurzfristig eine Menge<br />
Ressourcen sparen kann. Gleichzeitig<br />
binde ich auch wieder finanzielle Mittel,<br />
die ich nur einmal ausgeben kann.<br />
Müssen Besitzer von durstigen alten Autos<br />
also ein schlechtes Gewissen haben?<br />
So einfach ist es nicht. Ein Elektroauto<br />
oder Hybridfahrzeug hat aufgrund des<br />
verbauten Hightechs einen gigantischen<br />
ökologischen Rucksack. Es kann also<br />
sein, dass Sie mit einem dicken Pick-up,<br />
wenn Sie wenig fahren, möglicherweise<br />
in der Gesamtlebensdauer des Fahrzeugs<br />
ökologischer unterwegs sind.<br />
Die CO2-Bilanz von Elektroautos kann<br />
nur so gut sein wie die Bilanz des aktuellen<br />
Strommixes. Ist das richtig?<br />
Ja. Trotzdem ist ein Elektroauto lokal<br />
emissionsfrei, was gerade in den Städten<br />
ein großer Vorteil ist. Wir werden<br />
aufgrund der Emissionslage vor allem in<br />
Asien bald Generationen von Menschen<br />
mit massiven Lungen- und Atemwegserkrankungen<br />
haben. Holger Isermann<br />
Foto: Andreas Greiner-Napp
autoMoBilWirtSchaft unD -forSchung |vErkEhr<br />
Mobilität von Morgen<br />
Die e-Mobility-Station Wolfsburg ist ein Baustein im niedersächsischen „Schaufenster<br />
Elektromobilität“. Das denkmalgeschützte Gebäude der ehemaligen<br />
Tankstelle gehört zu den schönsten in Wolfsburg und Umgebung und erinnert<br />
an vergangene Zeiten. Heute zeigt die e-Mobility-Station einen einzigartigen<br />
Überblick zur Elektromobilität und alternativen Energiegewinnung. Die Ausstellung<br />
„Blue-e-Motion –Elektromobilität von Volkswagen“ inszeniert diese<br />
Themen für den Besucher anschaulich und praxisnah.<br />
e-Mobility-Station Wolfsburg<br />
Braunschweiger Straße 10<br />
38440 Wolfsburg<br />
Telefon: 053 61. 897-55 66<br />
www.e-mobility-station.com
Unternehmen<br />
22<br />
Konzentration<br />
und Optimierung<br />
20 Jahre Görge Frischemärkte –<br />
Geschäftsführer Otto Görge im Interview<br />
Görge Frischemarkt in Mascherode: Die Obst- und Gemüseabteilun<br />
Obst und Gemüse, Käse und<br />
Fleisch – immer frisch und von<br />
regionalen Lieferanten, dafür<br />
stehen und bürgen die Görge Frischemärkte<br />
seit 20 Jahren. Das familiengeführte,<br />
mittelständische Braunschweiger<br />
Handelsunternehmen hat sich auf<br />
die Nahversorgung mit Supermärkten in<br />
allen Stadtteilen von Braunschweig spezialisiert.<br />
Wir unterhielten uns mit dem<br />
68-jährigen Geschäftsführer des Traditionsunternehmens<br />
über die Erfolgsgeschichte<br />
und seinen harten Kampf<br />
gegen die Discounter.<br />
Herr Görge, wie hat sich der<br />
Lebensmittel-Handel in den<br />
letzten zwanzig Jahren verändert<br />
und verdichtet?<br />
Die Konzentration der großen<br />
Handelsketten (Aldi,<br />
Lidl, Edeka, Rewe und Metro)<br />
hat extrem zugenommen.<br />
Diese fünf Unternehmen teilen<br />
sich circa 80 Prozent<br />
des Lebensmittelumsatzvolumens.<br />
Tengelmann<br />
hat zum Beispiel<br />
seine 2.500<br />
Plus-Märkte an<br />
die Edeka Hamburg<br />
verkauft.<br />
Die Aufspaltung<br />
in Vollsortimenter<br />
und Discounter<br />
entwickelt sich in<br />
den letzten Jahren<br />
überproportional.<br />
Erst in den letzten<br />
drei Jahren verlangsamt<br />
sich der Aquisitionsprozess,<br />
da eine<br />
Größe von 1.200 qm<br />
Verkaufsfläche angestrebt<br />
wird.<br />
Wie lautet Ihr Erfolgsrezept?<br />
Das Erfolgskonzept ist die Konzentration<br />
der zehn Filialen nur auf Braunschweig<br />
in verschiedenen Stadtteilen<br />
und Wohngebieten. Durch unser<br />
Geschäftsprinzip Fleisch, Wurst und<br />
Käse in Bedienung auch auf kleineren<br />
Flächen von circa 500 qm haben wir<br />
einen engen Kontakt zu unseren Kunden<br />
und können damit optimal auf<br />
deren Wünsche eingehen.<br />
Was machen Sie besser und<br />
anders als Ihre vielen Mitbewerber?<br />
Wir investieren nicht<br />
nur laufend in optimale<br />
Ladengestaltung,<br />
sondern auch<br />
in unsere Mitarbeiter,<br />
durch Schulungen.<br />
Pro Jahr werden<br />
zehn bis zwölf<br />
Auszubildende<br />
eingestellt, um unser Unternehmen<br />
für die Zukunft zu sichern.<br />
Fühlen Sie sich manchmal wie eine Art<br />
Asterix, der mit seinen Mitarbeitern gegen<br />
die Übermacht der Römer kämpft – nur<br />
bei Ihnen sind die Feinde die Discounter?<br />
Die Discounter haben in Braunschweig<br />
einen Marktanteil von über 50 Prozent,<br />
wenig Personal und keine Bedienungsabteilung<br />
– das heißt, wir arbeiten hier<br />
in einer Nische. Zumal die Vollsortimenter<br />
immer stärker die Selbstbedienungsartikel<br />
ausbauen. Asterix fühlt<br />
sich wohl (lacht).<br />
Wie beurteilen Sie den Verdrängungswettbewerb<br />
durch Aldi, Lidl, Penny & Co.?<br />
Welche Berührungspunkte gibt es?<br />
Die Berührungspunkte sind hauptsächlich<br />
das Trockensortiment. Lidl nimmt<br />
immer mehr Markenartikel auf und Aldi<br />
macht es ihm nach. Parallel haben wir<br />
mit der Hilfe von Edeka die Discountartikel<br />
unter dem Begriff „gut und günstig“<br />
in den Filialen platziert, die in der<br />
Qualität und im Preis den Produkten der<br />
Discounter entsprechen.<br />
Sie betreiben Görge Frischemärkte in allen<br />
Stadtteilen von Braunschweig. Welche laufen<br />
am besten und warum?<br />
Wir sind mit allen zehn Märkten sehr<br />
zufrieden. Die neueren Märkte wie in<br />
Mascherode, in Wenden oder in<br />
Melverode laufen natürlich überproportional<br />
im Umsatz. Im östlichen<br />
Ringgebiet haben wir<br />
eine super Entwicklung in den<br />
Filialen Kastanienallee und<br />
Wiesenstraße. Der Grund,<br />
warum sie so gut laufen,<br />
sind unsere netten und<br />
treuen Stammkunden –<br />
und was ich noch nicht<br />
erwähnt habe – viele<br />
Foto: Görge Discount GmbH
23 Unternehmen<br />
g wurde zum dritten Mal als Niedersachsens beste ausgezeichnet.<br />
Umfangreiches Weinsortiment. Jeden Freitag und Samstag gibt es hier Weinverkostungen.<br />
regionale Produkte aus unserer Region<br />
Braunschweig und Niedersachsen. Dies<br />
wissen unsere Kunden zu schätzen.<br />
Sie haben im November 2012 den Görge<br />
City Markt am Bankplatz eröffnet. Wie<br />
lautet Ihr Resümee nach einem Jahr?<br />
Es war eine gute Entscheidung. Seit Jahren<br />
haben wir auch mit Hilfe der Stadt<br />
nach einem <strong>Standort</strong> in der Innenstadt<br />
gesucht. Der Vermieter hat uns einen<br />
fairen Mietpreis angeboten, der wirtschaftlich<br />
noch vertretbar ist. Die Kundenresonanz<br />
ist optimal. Das Verhältnis<br />
zu den Nachbargeschäften ist sehr gut.<br />
Wir werden in diesem Markt noch in<br />
diesem Jahr eine zusätzliche Kasse einbauen<br />
müssen.<br />
um die Nahversorgung im Kanzlerfeld<br />
zu sichern. Wir bemühen uns, auch am<br />
Langen Kamp ein Objekt zu realisieren.<br />
Hier arbeiten wir in der Planungsvorbereiteung<br />
eng mit Architekten und Investoren<br />
zusammen. Die <strong>Standort</strong>e werden<br />
analysiert nach Einwohnerzahl und vorhandenen<br />
Mitbewerbern. Die Basis sind<br />
circa 4.000 Personen im Einzugsgebiet<br />
und eine Verkaufsfläche von circa 1.200<br />
qm, um im Nahversorgungsbereich die<br />
Kunden zufriedenzustellen.<br />
Ist fortschreitende Expansion eine Möglichkeit,<br />
zukünftig zu bestehen?<br />
Die Antwort ist ein Klares „nein“. Eine<br />
Expansion ist heute in der Regel eine<br />
Verdrängung. Wichtiger ist es vielmehr,<br />
die vorhandenen Objekte zu optimieren,<br />
wie z.B. im Kanzlerfeld.<br />
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?<br />
Das Unternehmen der nächsten Generation<br />
zu übergeben, was heute schon<br />
schrittweise passiert. Christian Göttner<br />
Im Jahr 2012 haben Sie auch die Görge<br />
Gourmet Gesellschaft gegründet, die in<br />
der Hansestraße ihren Sitz hat. Was ist<br />
die Aufgabe dieses Unternehmens?<br />
Die Görge Gourmet Gesellschaft ist eine<br />
Produktionsgesellschaft, die EU-zertifiziert<br />
ist und für alle zehn Märkte in<br />
Braunschweig jeden Tag frische Obstund<br />
Gemüsecups produziert. Ferner<br />
werden auch noch Feinkostsalate und<br />
Fertiggerichte wie zum Beispiel Rouladen<br />
hergestellt. Damit garantieren wir<br />
dem Kunden tägliche Frische und erhalten<br />
dadurch ein Alleinstellungsmerkmal.<br />
In Zukunft soll auch noch ein „Plattenservice“<br />
eingerichtet werden.<br />
Im nächsten Jahr wollen Sie zwei weitere<br />
Geschäfte eröffnen. Wo entstehen diese<br />
und nach welchen Kriterien wählen Sie die<br />
<strong>Standort</strong>e für Ihre Läden aus?<br />
Der neue <strong>Standort</strong> Kanzlerfeld mit einer<br />
Verkaufsfläche von 1.200 qm soll den<br />
alten <strong>Standort</strong>, der nur eine Verkaufsfläche<br />
von 500 qm aufweist, ablösen. Dieser<br />
<strong>Standort</strong> wird jedoch als Getränkemarkt<br />
weitergeführt. Dies ist notwendig,<br />
Sie suchen einen Sitzungsort?<br />
Dann sind Sie hier genau richtig:<br />
In der Brackstedter Mühle erwartet Sie herzliche Atmosphäre, hervorragende Küche<br />
und viel Erfahrung in der professionellenDurchführung Ihrer<br />
erfolgreichen Seminare und gelungenen Feierlichkeiten.<br />
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Hotel &Restaurant Brackstedter Mühle<br />
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Zahlen<br />
42<br />
Minuten brauchen Angestellte<br />
in Deutschland durchschnittlich<br />
zur Arbeitsstelle<br />
und wieder zurück.<br />
77 Prozent glauben, dass sie<br />
weniger Stress hätten, wenn<br />
sie nicht zur Arbeit pendeln<br />
müssten.<br />
Etwa 1,17 Tonnen CO 2<br />
produziert<br />
ein Pendler pro Jahr.<br />
4,4 Milliarden Euro gibt der<br />
Staat jährlich für die Pendlerpauschale<br />
aus.<br />
2.400.000<br />
Verkehrsunfälle gab es im<br />
Jahr 2012. Die Zahl der Verkehrstoten<br />
sank auf dem<br />
niedrigsten Stand seit 1950.<br />
Dennoch starben vergangenes<br />
Jahr noch 3.600 Menschen<br />
– 409 weniger als<br />
2011 – auf Deutschlands<br />
Straßen. 60 Prozent der tödlichen<br />
Unfälle ereignen sich<br />
auf Landstraßen, knapp 30<br />
Prozent innerhalb von Ortschaften,<br />
gut 10 Prozent auf<br />
Autobahnen.<br />
Borussia Dortmund hat<br />
seine Gesamteinnahmen<br />
in der Spielzeit 2011/12<br />
um 36 Prozent auf<br />
189.000.000 €<br />
Euro gesteigert und rückt<br />
damit auf Rang 11 der<br />
umsatzstärksten europäischen<br />
Fußballvereine.<br />
80.000 Fans kommen im<br />
Schnitt ins BV-Stadion.<br />
Deutscher Topverdiener<br />
bleibt Rivale Bayern<br />
München mit<br />
368.000.000 €<br />
auf Platz 5. Ganz oben<br />
rangiert Real Madrid mit<br />
513.000.000 €<br />
Die durchschnittliche Dauer<br />
von Geschäftsreisen sank in<br />
den Jahren 2010 und 2011<br />
von 2,4 auf 2,0 Tage. Die<br />
Kosten gingen von 305 auf<br />
296 €<br />
zurück, analysierte der Verband<br />
Deutsches Reisemanagement.<br />
Jeder 2. Bundesbürger<br />
würde für seinen<br />
Traumjob umziehen.<br />
4 von<br />
10<br />
würden auch ins fremdsprachige<br />
Ausland gehen.<br />
Kinder zwischen 6 und 13 Jahren haben laut der neuen<br />
„Kids Verbraucher Analyse 2013“ im Durchschnitt<br />
Taschengeld im Monat zur Verfügung. Hinzu kommen Feiertags-<br />
Geldgeschenke und Sparguthaben. Das führt in dieser Altersgruppe<br />
zu einem Vermögen von 5 Milliarden Euro.<br />
1.914<br />
Geisterfahrer wurden im<br />
Jahr 2012 auf deutschen<br />
Autobahnen gemeldet.<br />
Sonntags sind die meisten<br />
unterwegs.<br />
Etwa jeder 10. Verkehrstote<br />
stirbt auf der Autobahn,<br />
jeder 200. bei einem<br />
Geisterfahrer-Unfall.<br />
Der Kaffee ist das liebste<br />
Heißgetränk der Deutschen<br />
– das freut auch den Fiskus.<br />
Im vergangenen Jahr nahm<br />
die Bundeskasse<br />
1,05<br />
Milliarden durch die Kaffeesteuer<br />
ein, ermittelte das<br />
Statistische Bundesamt.<br />
Die Zahl der Arbeitnehmer<br />
die in die medizinische<br />
Rehabilitation müssen steigt.<br />
2012 wurden fast<br />
1.100.000<br />
Reha-Behandlungen genehmigt,<br />
25 % mehr als 2005.<br />
62 %<br />
der Deutschen glauben,<br />
dass sie zu Hause produktiver<br />
arbeiten könnten als im<br />
Büro. Faktoren, die Heimarbeiter<br />
stören: Familie und<br />
Kinder (60 %), Geräusche<br />
im Haushalt (28 %), Fernseher<br />
(25 %), Haustiere<br />
(12%).<br />
24<br />
Die erste E-Mail wurde 1971<br />
verschickt. In Deutschland<br />
erst 13 Jahre später – und<br />
war vor allem Wissenschaftlern<br />
vorbehalten.<br />
Heute werden täglich<br />
144<br />
Milliarden E-Mails weltweit<br />
geschickt. In drei Jahren<br />
werden es wohl noch etwa<br />
⅓ mehr sein.<br />
Büroangestellte verbringen<br />
¼ ihrer Arbeitszeit<br />
mit dem Senden, Lesen und<br />
Löschen von E-Mails.<br />
Weltweit sterben jeden<br />
Tag etwa 430 Menschen –<br />
95 Prozent davon in<br />
Entwicklungsländern –<br />
an den Folgen einer Masernerkrankung.<br />
Es ist die<br />
häufigste Todesursache bei<br />
Kindern, obwohl die<br />
Impfung laut Unicef nur<br />
1,50 $<br />
(1,14 Euro) kostet.<br />
Folgende Waren verteuerten sich laut Statistischem Bundesamt<br />
1,9 %<br />
von Juli 2012 bis Juli 2013: Fleisch- und Wurst (4,4 %),<br />
Tabak (5 %), Strom (12 %), H-Milch und Olivenöl (18 %),<br />
Äpfel (22 %), Butter (31 %), Mandeln (36 %), Kartoffeln (44 %)<br />
und Paprika (48 %). Insgesamt stiegen die Verbraucherpreise um
25<br />
Engagement<br />
Möbel Sander spendete 1.000 Euro..<br />
Verlosung<br />
Für krebskranke Kinder<br />
Jürgen Brinkmann, Vorstandsvorsitzender der Volksbank<br />
BraWo (Mitte), bei der Scheckübergabe.<br />
Die Welle gemacht<br />
für Kinderhäuser der Region<br />
Mitarbeiter der Begau KG sammelten Eicheln.<br />
Umwelttag<br />
Aufforstung des Waldes<br />
Fotos: Christian Bierwagen, Privat<br />
Anlässlich des Straßenfestes Sedan<br />
Bazar im Handelsweg startete das Einrichtungshaus<br />
Sander eine Verlosungsaktion<br />
zugunsten der Erholungsanlage<br />
des Vereins für krebskranke Kinder<br />
Harz e.V. Der gesamte Erlös von 1.000<br />
Euro wurde dem Vereinsvorsitzenden<br />
Avery Kolle von Ralf Sander, von<br />
Möbel Sander, übergeben. Die Blockhäuser<br />
am Bernsteinsee bei Gifhorn<br />
stehen ab Frühjahr 2014 allen Familien<br />
mit krebskranken Kindern in Mittelund<br />
Norddeutschland zur Verfügung.<br />
5.953 Braunschweiger bildeten im Rahmen<br />
der von New Yorker initiierten<br />
Aktion „Do the Wave“ bei herrlichem<br />
Herbstwetter eine Menschenkette vom<br />
Löwenwall bis zum Schloss. Für den<br />
Eintrag ins Guinness-Buch reichte es<br />
zwar nicht, doch 200.000 Euro spendete<br />
New Yorker. Angesteckt von der<br />
tollen Atmosphäre erhöhte die Volksbank<br />
BraWo den Betrag um zusätzliche<br />
100.000 Euro. Der Betrag von 300.000<br />
Euro kommt nun fünf RTL-Kinderhäusern<br />
in der Region zugute.<br />
Das Ökosystem „Wald“ ist nach den<br />
Ozeanen die wesentlichste Einflussgröße<br />
für das globale Klima. Doch wie<br />
können wir diesen erhalten? Die Mitarbeiter<br />
des Braunschweiger Gebäudetechnik-Großhandels<br />
Begau KG<br />
leisteten einen kleinen Beitrag. Sie<br />
sammelten Ende Oktober – unter fachlicher<br />
Führung eines Forstwirtes im<br />
Eickhorster Wald – Eicheln. Das respektable<br />
Ergebnis: Die Menge reicht<br />
aus, um 6.000 neue Eichen in geschützten<br />
Schonungen aufzuziehen.
Unternehmen<br />
26<br />
„Unser Kampfgeist<br />
wurde angestachelt“<br />
Joachim Wrensch, Geschäftsführer Buchhandlung Graff, im Interview<br />
Herbstzeit ist Lesezeit. Und<br />
manchmal ist diese auch mörderisch.<br />
Schuld daran ist die Braunschweiger<br />
Buchhandlung Graff. Die präsentierte<br />
kürzlich wieder renommierte<br />
nationale und internationale Krimiautoren<br />
und deren Werke an 28 Orten im<br />
Rahmen des sechsten Krimifestivals.<br />
<strong>Standort</strong>38 sprach mit Graff-Gesellschafter<br />
Joachim Wrensch über den<br />
Überlebenskampf im Buchhandel.<br />
Herr Wrensch, warum sollte man sich bei<br />
Ihnen ein Buch kaufen und nicht bei einem<br />
überregionalen Mitbewerber?<br />
Ich bin ein Verfechter des „buy local“<br />
Gedankens. Sie sollten Ihre Bücher<br />
bei Ihrem Buchhändler des Vertrauens<br />
in der Region bestellen. Bücher haben<br />
einen gesetzlich festgelegten Ladenpreis.<br />
Bücher kosten in Flensburg,<br />
Braunschweig oder Garmisch-Partenkirchen<br />
und auch im Internet das Gleiche.<br />
Wenn Sie mit Ihrer Bestellung<br />
und Ihrem Kauf in der Region bleiben,<br />
betreiben Sie aktives Stadtmarketing,<br />
denn der Buchhändler vor Ort zahlt<br />
hier seine Steuern, schafft Arbeitsplätze<br />
und engagiert sich sozial<br />
und kulturell. Außerdem<br />
haben wir, wie auch<br />
die meisten<br />
anderen Buchhandlungen, eine Internetseite,<br />
wo Sie auch online bestellen<br />
können und Ihr Buch häufig, bei uns ist<br />
das auf jeden Fall so, versandkostenfrei<br />
nach Hause geliefert bekommen.<br />
Natürlich freue ich mich über jedes<br />
Buch, das Sie bei Graff kaufen, aber auch<br />
die anderen inhabergeführten Buchhandlungen<br />
sollen bitte überleben, eine<br />
vielfältige Buchhandelslandschaft in<br />
unseren Städten ist wichtig.<br />
Mit welchen Produkten verdienen Sie das<br />
meiste Geld?<br />
Unseren Hauptumsatz machen wir<br />
natürlich mit Büchern, aber wir haben<br />
auch ein attraktives Angebot an sogenannten<br />
Nonbooks, dazu gehören zum<br />
Beispiel Kalender, Hörbücher, unsere<br />
Klassik- und Jazz-CDs, DVDs, Spiele<br />
und ein ständig wechselndes Angebot<br />
an originellen Geschenkartikeln. Unsere<br />
Spanne ist je nach Warengruppe unterschiedlich.<br />
Erfreulich sind dabei in der<br />
Regel die Bücher im „Modernen Antiquariat“,<br />
also die Sonderangebote und<br />
Restposten, die wir bei uns vorm Laden<br />
präsentieren, gut ist der Rabatt meist<br />
auch bei Taschenbüchern oder bei Bestsellern,<br />
die wir in größerer Stückzahl<br />
einkaufen. Gering rabattiert sind zum<br />
Beispiel Schulbücher, Zeitschriften oder<br />
Fachbücher.<br />
Im November 2005 soll Sie Thalia-Chef<br />
Michael Busch im Griechenland-Urlaub<br />
angerufen und auf eine Übernahme<br />
gedrängt haben. Wie haben Sie diesen<br />
Anruf erlebt und wie darauf reagiert?<br />
Der Thalia-Chef hat mich hier in Braunschweig<br />
angerufen, aber mein Bruder<br />
war gerade im Urlaub und ist eher<br />
zurückgekommen. Das war eine glatte<br />
Erpressung damals, unter dem Motto:<br />
entweder ihr verkauft, dann kommen<br />
wir nur einmal ins neue Center, oder ihr<br />
verkauft nicht und wir kommen zweimal,<br />
ins Center und in die Fußgängerzone,<br />
dann habt ihr 30 Prozent Umsatzminus<br />
und könnt euch überlegen, wie<br />
lange ihr das aushaltet. Die Begründung,<br />
warum wir überhaupt ein<br />
Gespräch geführt haben,<br />
war, die Arbeitsplätze<br />
für die Mitarbeiterinnen<br />
und<br />
Mitarbeiter<br />
zu sichern.<br />
Fotos: Buchhandlung Graff GmbH
27 Unternehmen<br />
Joachim und Thomas Wrensch, Inhaber der traditionsreichen, im Jahr 1867 gegründeten Buchhandlung.<br />
Wir hätten aber immer noch 17 Mitarbeiter<br />
entlassen und alle Abfindungen<br />
bezahlen müssen. Und wir haben viele<br />
sehr lange beschäftigte Mitarbeiter. Das<br />
wäre zu unseren Lasten gegangen. So<br />
wurde unser Kampfgeist angestachelt,<br />
dafür hatten wir nicht an diesem <strong>Standort</strong><br />
so investiert und eine Buchhandlung<br />
ganz nach unserem Herzen geschaffen,<br />
dass da dann Thalia draußen dran steht<br />
und nicht mehr Graff.<br />
Ende 2010 schloss am Kohlmarkt in<br />
Braunschweig eine 3.400 qm große Thalia-Filiale.<br />
Wie haben Sie diese Zeit erlebt?<br />
Wir bekamen Glückwünsche von Buchhändlern<br />
und Verlagsmitarbeitern aus<br />
dem ganzen Bundesgebiet. Hier in<br />
Braunschweig hatte zum ersten Mal<br />
eine Buchhandlung den Kaufgelüsten<br />
des Filialisten getrotzt, sich auf seine<br />
Stärke besonnen und wie David gegen<br />
Goliath den Kampf gewonnen. Wir sind<br />
immer noch allen Braunschweigerinnen<br />
und Braunschweigern dankbar, dass<br />
Sie so treu zu uns gehalten haben. Die<br />
Unterstützung von unseren Kunden war<br />
wirklich phänomenal. Unser Umsatzrückgang<br />
hat über die Jahre keine zehn<br />
Prozent betragen, aber langsam hatte es<br />
begonnen, weh zu tun. Nach der Thalia<br />
Schließung haben wir einen großen<br />
Teil des verlorengegangenen Umsatzes<br />
zurückgewonnen, aber leider sind die<br />
Kosten in der Zwischenzeit gestiegen,<br />
daher die Sparmaßnahmen.<br />
Thalia, Ihr Rivale im regionalen Markt,<br />
hat mit seinen Rivalen Bertelsmann,<br />
Hugendubel und Weltbild eine E-Book-<br />
Plattform namens Tolino im März 2013<br />
geschaffen, um Amazon zu attackieren.<br />
Vor welchen dieser Unternehmen fürchten<br />
Sie sich am meisten?<br />
In den Branchengremien wird daran<br />
gearbeitet, dass der Tolino-E-Book-Reader<br />
die Antwort des gesamten Buchhandels<br />
auf den Kindle von Amazon ist,<br />
womit man nur bei Amazon E-Bücher<br />
kaufen kann. Hier steht mein Bruder<br />
Thomas Wrensch, als Vorsitzender<br />
des Sortimenter Ausschusses des deutschen<br />
Buchhandels, ganz vorne dran bei<br />
den Verhandlungen. Bei den Filialisten<br />
wächst die Einsicht, dass nur ein kooperatives<br />
Vorgehen der ganzen Branche<br />
eine wirkungsvolle Marktmacht gegen<br />
Amazon darstellt.<br />
Der Onlinehändler Amazon hält mit circa<br />
1,8 Milliarden Euro Umsatz mit Büchern<br />
fast 20 Prozent des gesamten Marktes.<br />
Was können Sie gegen diese Macht tun?<br />
Auch hier entwickelt sich hoffentlich<br />
bald eine Branchenlösung, um ein wirkungsvolles<br />
Gegengewicht im Onlinehandel<br />
gegen Amazon zu schaffen. Hieran<br />
arbeitet mein Bruder ebenfalls.<br />
Buchhandel und Verlage sind sehr individuelle<br />
Branchen mit vielen kreativen<br />
Köpfen. Wenn wir es hier schaffen, die<br />
vielen Einzellösungen, die es gibt, zu<br />
einem gemeinsamen Ganzen zu formen,<br />
habe ich keine Angst vor der weiteren<br />
Entwicklung, denn gelesen wird<br />
immer, auch wenn Einzelne vom Buch<br />
zum Lesegerät wechseln.<br />
Dieses Jahr werden laut Branchenverband<br />
Bitkom etwa 1,4 Millionen Lesegeräte verkauft,<br />
der Umsatzanteil von E-Books hat<br />
sich seit 2011 verdoppelt. Wie beurteilen<br />
Sie den E-Reading-Markt?<br />
Auch bei uns kann man Lesegeräte kaufen,<br />
allerdings verdienen wir kaum<br />
etwas daran. Auch E-Buch-Downloads<br />
über unsere Internetseite sind natürlich<br />
möglich, es hält sich aber noch in einem<br />
sehr geringen Rahmen. Wir können die<br />
technische Entwicklung nicht aufhalten,<br />
auch wenn ich zum genüsslichen<br />
Lesen immer ein Buch nehmen würde.<br />
Wir warten auf die Branchenlösung,<br />
damit der stationäre Buchhandel wirklich<br />
profitieren kann. Die Steigerungsraten<br />
im E-Buchverkauf in den USA,<br />
die hierbei Vorreiter waren, sind lange<br />
nicht mehr so groß. Es scheint so, dass<br />
sich der E-Book-Anteil bei 25 Prozent<br />
einpendelt, davon sind wir in Deutschland<br />
aber noch weit entfernt. Dem wirklichen<br />
Bücherfreund fehlt beim Lesegerät<br />
das Handschmeichlerische und der<br />
Duft eines gedruckten Buches.<br />
Viele Buchläden bieten mittlerweile auf bis<br />
zu einem Drittel ihrer Ladenflächen CDs,<br />
DVDs, Fotokunst, Postkarten, Spielwaren<br />
etc. an. Ist solch ein Gemischtwarenladen<br />
die Zukunft des Buchhandels?<br />
Wir wollen immer eine Buchhandlung<br />
bleiben, aber viele Kunden schätzen<br />
es, dass sie bei uns auch andere schöne<br />
Dinge finden. Wenn der Umsatz, durch<br />
das unüberlegte Bestellen im Internet<br />
und nicht im örtlichen Handel, der diesen<br />
Service auch bietet, sinkt und gleichzeitig<br />
die Kosten steigen, muss sich jeder<br />
Kaufmann überlegen, wie er sein Sortiment<br />
ergänzt. Viele Buchhandlungen<br />
verkaufen im großen Stil Schreibwaren,<br />
das tun wir ganz bewusst nicht.<br />
Wir haben mit der Firma Weiss ein<br />
gut geführtes Schreibwarengeschäft in<br />
der Nachbarschaft, mit dem wir einen<br />
freundschaftlich kollegialen Umgang<br />
pflegen. Was wir aber voller Stolz betreiben,<br />
ist unser kleiner Eintracht-Fanshop,<br />
für den wir uns auch einige Exklusivprodukte<br />
unter dem Motto „Aufsteigerstadt<br />
Braunschweig“ haben herstellen lassen.<br />
Viele Buchläden funktionieren nur noch<br />
durch Selbstausbeutung. Stimmt das?<br />
Sie haben recht, das Betriebsergebnis im<br />
Buchhandel ist laut „Buch und Buchhandel<br />
in Zahlen“ seit Jahren negativ. Auch<br />
wir haben schwierige Jahre hinter uns<br />
gebracht, aber unsere Sparmaßnahmen<br />
greifen.<br />
Christian Göttner
Wirtschaftsvereinigungen<br />
28<br />
Der persönliche Kontakt zählt<br />
Union Kaufmännischer Verein von 1818<br />
Erfolgreicher Unternehmer und Präsident der Union: Adalbert Wandt.<br />
Der 18. Oktober 1818<br />
war für fünf junge<br />
Braunschweiger Männer<br />
ein besonderer Tag. Sie<br />
trafen sich abends und gründeten<br />
die „Union Kaufmännischer<br />
Verein von 1818“. Die<br />
jungen Männer waren Kaufleute,<br />
Geschäftsmänner, die<br />
ihre Interessen – vor allem<br />
rund ums Berufsleben – in<br />
einem Club bündeln wollten.<br />
Schließlich gab es früher<br />
keine Arbeitsvermittlungen,<br />
keine Industrie- und Handelskammer<br />
(IHK), wie Adalbert<br />
Wandt, Präsident der Union,<br />
erklärt. Wo also sollten die<br />
Kaufleute geeignete Arbeiter<br />
finden, wo konnten sie ihr<br />
Personal schulen lassen? Fragen,<br />
mit denen sich auch 195<br />
Jahre später noch die Mitglieder<br />
der Union auf die eine<br />
oder andere Art und Weise<br />
beschäftigen werden. Natürlich,<br />
die Welt hat sich geändert.<br />
Und im Zweifelsfall<br />
lassen sich heutzutage Auszubildende,<br />
Weiterbildungsangebote<br />
und neue Geschäftsbereiche<br />
auch schnell und<br />
unkompliziert durch die<br />
Arbeitsagentur, die IHK und mit wenigen<br />
Klicks ebenso im Internet finden.<br />
Das aber kann den persönlichen Kontakt<br />
und die Gemeinschaft nicht ersetzen.<br />
Vielleicht gibt es die Union deswegen<br />
auch nach fast 200 Jahren immer<br />
noch – und sie ist erfolgreicher denn<br />
je: Der Verein hat rund 450 Mitglieder.<br />
Nachwuchssorgen kennen die Braunschweiger<br />
nicht. Seit jeher zählt die<br />
Kontaktpflege, der Gedankenaustausch,<br />
natürlich branchenübergreifend. „Durch<br />
die Kontakte eröffnen sich neue Kreise,<br />
die regelmäßigen Begegnungen sind<br />
sehr vielfältig“, berichtet Wandt.<br />
Der Verein bietet seinen Mitgliedern<br />
jedes Jahr eine Vielzahl von Veranstaltungen<br />
an: Kamingespräche, Vorträge<br />
wirtschaftspolitischer Art, Betriebsbesichtigungen.<br />
Dazu kommen Traditionsveranstaltungen<br />
wie das alljährliche<br />
Braunkohlessen sowie die Weihnachtsfeier,<br />
auf der regelmäßig tausende Euro<br />
als Spenden an gemeinnützige Braunschweiger<br />
Institutionen verteilt werden.<br />
„Wir sind aber kein Service-Club“,<br />
stellt der Präsident klar. Die Mitglieder<br />
der Union sind überwiegend Kaufleute,<br />
Dienstleister sowie wenige Freiberufler<br />
aus Braunschweig und der näheren<br />
Region. Und sie sind sorgfältig ausgewählt,<br />
wie Adalbert Wandt erklärt. „Wir<br />
Union Kaufmännischer<br />
Verein von 1818<br />
Gründung: 1818<br />
Mitglieder: rund 450<br />
Internet: www.union1818.org<br />
Serie<br />
haben eine lange Warteliste.“<br />
Jedes Jahr werden<br />
nur rund 20 neue<br />
Mitglieder aufgenommen.<br />
„Wir sind nicht auf Wachstum<br />
aus“, so Wandt. Gute<br />
Chancen haben Kinder, deren<br />
Eltern bereits Mitglieder sind,<br />
ehemalige Wirtschaftsjunioren<br />
oder Männer oder Frauen,<br />
die Berufe ausüben, die in<br />
der Union bisher selten vertreten<br />
sind. Kandidaten werden<br />
dann zu einer Stammtischrunde<br />
eingeladen, und<br />
dann kommt es vor allem auf<br />
eines an: „Die Chemie muss<br />
stimmen.“ Dass seit 1979 auch<br />
die eine oder andere Frau mit<br />
an den Stammtischen sitzt,<br />
daran hat die ehemalige niedersächsische<br />
Verkehrsministerin<br />
Birgit Breuel wohl<br />
einen maßgeblichen Anteil.<br />
Im Jahr 1978 nämlich, erzählt<br />
Adalbert Wandt, war Breuel<br />
als Festrednerin zur Feier des<br />
160. Geburtstags der Union<br />
eingeladen. „Sie hat gesagt:<br />
Wenn ich gewusst hätte, dass<br />
hier nur Männer sind, wäre<br />
ich nicht gekommen“, erinnert<br />
sich Wandt. Danach habe ein<br />
Umdenken stattgefunden, mittlerweile<br />
gibt es zahlreiche weibliche Mitglieder.<br />
Natürlich drehen sich die Themen<br />
der Unions-Mitglieder nicht nur um die<br />
eigenen Berufsleben, auch die Entwicklungen<br />
in der Stadt Braunschweig stehen<br />
häufig auf der Agenda. So habe man zum<br />
Beispiel auch über die Schloss-Arkaden<br />
leidenschaftlich diskutiert, sagt Wandt.<br />
Vieles, was einmal in den Medien auftaucht,<br />
werde bei der Union schon frühzeitig<br />
kommuniziert. „Wir sind ja mittendrin.<br />
Es ist eine wunderbare Stadt,<br />
die gut aufgestellt ist.“ Der 65-Jährige<br />
ist seit 25 Jahren Präsident der Union,<br />
seit 37 Jahren Mitglied. Was er sich für<br />
den Verein wünscht? „Erst einmal eine<br />
schöne Feier zum 200. Geburtstag im<br />
Jahr 2018. Das Fest wollen wir gemeinsam<br />
begehen.“<br />
Valea Schweiger<br />
Foto: Christian Lindenau
29 Unternehmen<br />
Fotos: www.ausdruckslos.de<br />
Diese junge Dame bestellt sich gern mal einen Magorausch Smoothie<br />
Frisch und flexibel<br />
Die Braunschweiger Agentur Ausdruckslos<br />
Eine junge Dame bestellt: „Hallo,<br />
ich hätte gerne einen Mangorausch<br />
Smoothie und einen Tandoori Chicken<br />
Wrap.“ Es folgt der Inbegriff der<br />
Frische: Saftiges, kräftiges Obst und<br />
Gemüse wird frisch zubereitet, ist dennoch<br />
sekundenschnell genussbereit.<br />
„Wir lieben Frische!“ ist der Leitspruch<br />
der Immergrün Franchise GmbH mit<br />
Sitz in Essen. Auch in Braunschweig<br />
und Wolfsburg gibt es Filialen – in der<br />
Löwenstadt in den Schloss-Arkaden.<br />
Dort wurde kürzlich, in Zusammenarbeit<br />
mit der Agentur Ausdruckslos, auch<br />
der „frische“ Kinospot gedreht.<br />
„In den 20 Sekunden haben wir vermittelt,<br />
was Immergrün ausmacht: Frische<br />
und Schnelligkeit“, erläutert Agenturinhaber<br />
Sascha Hahne. An einem<br />
Sonntagnachmittag haben sie den<br />
Bestellvorgang und diverse Zubereitungsszenen<br />
gedreht, einen Tag später<br />
– aus Platzgründen – einen weiteren<br />
Teil in einer Showküche. „Beide Drehtage<br />
waren unglaublich produktiv und<br />
zugleich spaßig. Wir hatten ein super<br />
Team“, erläutert Hahne. „Der Dreh lief<br />
ausgezeichnet!“, freut sich auch Engin<br />
Aydin, Franchisepartner der Filialen in<br />
Braunschweig und Wolfsburg. Zu sehen<br />
ist der Spot nun deutschlandweit in den<br />
Kinos, er wurde dafür an jede Filiale<br />
angepasst. „Wir wollen mit dem Spot die<br />
Marke Immergrün und seine frischen<br />
Produkte in den Regionen bekannter<br />
machen“, so Aydin.<br />
Aus welchem Grund entscheidet<br />
sich ein Auftraggeber für eine<br />
verhältnismäßig kleine Agentur<br />
wie Ausdruckslos? „Auf die Agentur<br />
bin ich über einen Freund<br />
gekommen“, erklärt der Franchisenehmer.<br />
Hahne dazu: „Flexibilität, Frische,<br />
Ehrgeiz und Ansprechbarkeit sind,<br />
so schätze ich es ein, die Hauptgründe.“<br />
Der Agenturname selbst, der eigentlich<br />
ein Widerspruch zur Arbeit der Medienagentur<br />
ist, soll auch genau dies ausdrücken.<br />
„Was uns besonders an dem<br />
Namen gefällt, ist, dass man ihn nicht<br />
so schnell vergisst“, erläutert Hahne die<br />
Ironie von „Ausdruckslos“. Seit fünf Jahren<br />
gibt es die Agentur nun, seit anderthalb<br />
konzentriert sie sich vor allem auf<br />
die Foto- und Videografie. Der Design-<br />
Bereich wurde auf eine zweite Agentur<br />
ausgegliedert. Zu den Kunden zählen<br />
Geschäftskunden wie Sport-Thieme,<br />
Fitnesswerk und Volkswagen, etwa für<br />
Image-, Werbe- oder auch Produktvideos.<br />
Hochzeitsvideos seien ebenso extrem<br />
gut nachgefragt. Natürlich wird<br />
es bei den Drehs auch mal sportlich<br />
(etwa zur Eintracht-Talkshow „Löwenrunde“)<br />
oder musikalisch, wenn Hahne<br />
für Künstler diverser Genres bis in die<br />
Schweiz oder nach England reist.<br />
Was ein Kinospot wie der für Immergrün<br />
kostet? Das wird nicht genau verraten.<br />
Allgemein lässt sich allerdings<br />
sagen, dass derartige Projekte bereits bei<br />
einem Budget zwischen 1.500 bis 4.000<br />
Euro realisiert werden können. Damit<br />
die Spots noch origineller werden, lassen<br />
sich die kreativen Jungs immer neue<br />
Ideen einfallen. „Innerhalb der vergangenen<br />
zwölf Monate hat sich das Team<br />
und der ,Waffenschrank‘ (Anmerkung<br />
d. Red.: Ausrüstung) verdoppelt.“ Eine<br />
gute Grundlage für noch ausgefallenere<br />
Werke. Weitere Infos zur Agentur<br />
gibt es unter www.ausdruckslos.de,<br />
zur Immergrün-Kette auf www.meinimmergruen.de.<br />
Den Kinospot u.a. auf<br />
www.facebook.de/immergruen.braunschweig<br />
zu sehen. Falk-Martin Drescher<br />
Agentur-Inhaber Sascha Hahne konzipiert Kinospots für Kunden wie Fitnesswerk oder Volkswagen
Unternehmen<br />
30<br />
Im Jahr 2012 strömten über 1,7 Millionen<br />
Besucher in die Läden der<br />
Designer Outlets Wolfsburg (was ein<br />
Umsatzwachstum von 17 Prozent bedeutet)<br />
– demnächst werden es noch mehr<br />
werden. Der Grund: Mit der Erweiterung<br />
der bereits bestehenden zwei Center-Ellipsen<br />
um ein weiteres Verkaufsgebäude<br />
und den dort beheimateten 28<br />
neuen Shops wird sich das Einzugsgebiet<br />
des Centers weiter ausdehnen und<br />
eine noch größere Einkaufsattraktivität<br />
geschaffen werden. 500 Tonnen Stahl<br />
wurden dafür verarbeitet, 150 neue<br />
Arbeitsplätze werden geschaffen. Die<br />
ersten Mieter werden ihre Geschäfte im<br />
Bauabschnitt II bereits im Dezember für<br />
ihre Kunden öffnen. Die Openings der<br />
weiteren Stores werden bis zum Frühjahr<br />
2014 stattfinden. <strong>Standort</strong>38 unterhielt<br />
sich vorab mit Michael Ernst, dem<br />
stellvertretenden Center Manager der<br />
Designer Outlets Wolfsburg.<br />
Herr Ernst, Deutschlands 400.000 Einzelhändler<br />
rechnen 2013 nur mit einem<br />
nominalen Umsatzplus von einem Prozent.<br />
Wie beurteilen Sie dieses ziemlich bescheidene<br />
Wachstum?<br />
Leider ist dies der aktuelle Trend im<br />
Einzelhandel. Der Endverbraucher achtet<br />
auf sein Budget, ist allgemein verunsichert<br />
von der aktuellen Wirtschaftssituation<br />
und investiert sein Geld lieber in<br />
andere Dinge, wie z.B. in ein Eigenheim.<br />
Dieses Geld kann nicht mehr ausgegeben<br />
werden. Ich hoffe, dass sich die Entwicklung<br />
bald wieder nach oben bewegt.<br />
Seit 2007 locken die Designer Outlets Wolfsburg Millionen Menschen in die Stadt der vier Schornsteine<br />
„Überregionaler<br />
Besuchermagnet”<br />
Michael Ernst, Senior Marketing Manager Germany<br />
Designer Outlets Wolfsburg, im Interview<br />
Der Branchenverband HDE sieht die Eurokrise<br />
als das „größte Risiko für den Einzelhandel“.<br />
Welche Faktoren sehen Sie?<br />
Natürlich ist die Eurokrise ein Thema,<br />
aber das war schon mal vor ein paar Jahren<br />
das große Thema und der Handel<br />
hat mit hervorragenden Zahlen abgeschlossen!<br />
Alle Krisen verunsichern den<br />
Kunden und in der Regel wirkt sich dies<br />
direkt auf den Handel aus. Der Kunde<br />
kauft weniger beziehungsweise verzichtet<br />
schon mal auf den einen oder anderen<br />
zusätzlichen Artikel.<br />
Warum funktioniert dann aber das Konzept<br />
des Outlet-Shoppings entgegen dem<br />
Branchentrend?<br />
Die Kunden achten mehr auf ihr Geld,<br />
wollen aber auf Markenware beziehungsweise<br />
auf ihre Lieblingsmarken<br />
nicht verzichten. In Outlet-Cen-<br />
Fotos: INSIGNIS/Wyrwa, Designer Outlets Wolfsburg, kphoppe.de
31<br />
Unternehmen<br />
tern bekomme ich die Original-Ware<br />
der Marken bis zu 70 Prozent günstiger<br />
gegenüber dem UVP – und dies ganzjährig.<br />
Hinzu kommen – wie im klassischen<br />
Einzelhandel – die Sale-Phasen.<br />
Outlet-Center sind gut erreichbar, bieten<br />
eine Vielzahl von Marken-Shops<br />
komprimiert an einem Ort an. Dies sind<br />
alles Punkte, die den Besucher immer<br />
stärker in Outlet-Center ziehen. Deshalb<br />
performed die Outlet-Branche aus<br />
meiner Sicht momentan entgegen dem<br />
Branchentrend.<br />
Herr Ernst, wie würden Sie den Einzelhandel<br />
in der Region 38 beschreiben?<br />
Als sehr attraktiv. Ich komme nicht<br />
gebürtig aus der Region 38 und ich bin<br />
immer wieder überrascht, welche Vielfalt<br />
man hier doch vorfindet. Es gibt<br />
wunderschöne und gemütliche Innenstädte,<br />
wir haben schöne Center vor<br />
Ort und mir als Kunde fehlt kaum etwas<br />
in der Einzelhandelslandschaft in der<br />
Region 38!<br />
Welche Bedeutung haben die Designer<br />
Outlets Wolfsburg für die Region 38? Was<br />
ist das Besondere daran?<br />
Das Besondere an den Designer Outlets<br />
Wolfsburg ist natürlich, dass wir mit der<br />
Eröffnung 2007 das erste Designer Outlet<br />
Center in Norddeutschland waren<br />
und das erste innerstädtische Outlet<br />
Center im Norden/in Deutschland sind.<br />
Normalerweise entstehen Outlet-Center<br />
auf der grünen Wiese, weit ab von der<br />
Innenstadt. Die Stadt Wolfsburg wagte<br />
sich an das „Experiment“ innerstädtisches<br />
Outlet, was für die Fortschrittlichkeit<br />
und den Mut der Stadt spricht.<br />
Und ich denke, sie haben es bisher<br />
nicht bereut. Für die Region 38 sind wir<br />
ein überregionaler Anziehungspunkt.<br />
Unsere Kunden kommen aus einem Einzugsgebiet<br />
von 200 km rund um Wolfsburg.<br />
Neben touristischen Attraktionen<br />
wie z.B. der Autostadt haben wir uns zu<br />
einem weiteren überregionalen Besuchermagnet<br />
entwickelt. Davon profitiert<br />
natürlich auch die Region 38.<br />
Michael Ernst, Senior Marketing Manager DOW<br />
keine Zwischenhändler. Dies ist für uns<br />
ein ganz wichtiger Aspekt, der uns auch<br />
eine gewisse Qualität in der Warenversorgung<br />
garantiert, und auch der Grund,<br />
warum unsere Shops nur Mono-Brand-<br />
Shops sind. Jede Marke hat eine eigene<br />
Boutique, der Kunde kauft direkt bei der<br />
Marke ein.<br />
In der Auswahl sind wir sehr selektiv.<br />
Wir arbeiten mit Marken zusammen,<br />
die sich schon lange am Markt etabliert<br />
haben und die in den entsprechenden<br />
Zielgruppen eine hohe Bekanntheit<br />
haben. Zusätzlich achten wir auf den<br />
Markenmix, dieser muss stimmen und<br />
harmonisch sein. In Wolfsburg konnten<br />
wir mittlerweile einige „Exoten“<br />
als Mietpartner gewinnen, die ansonsten<br />
nur sehr selten oder teilweise gar<br />
nicht in Outlets sind. So haben wir einen<br />
von insgesamt nur drei Polo Ralph Lauren<br />
Outlet-Shops in Deutschland – den<br />
einzigen in ganz Norddeutschland. Die<br />
Marke Van Laack hat im vergangenen<br />
Jahr bei uns ihren dritten Outlet-Shop in<br />
ganz Deutschland eröffnet und die Outdoor-Marke<br />
Mammut sogar ihren ersten<br />
europaweiten Outlet-Shop. Darauf<br />
sind wir sehr stolz. Dass solche Marken<br />
sich für Wolfsburg entschieden haben,<br />
spricht ganz klar für den <strong>Standort</strong>.<br />
Neben diesen Aspekten ist natürlich der<br />
Kunde wichtig! Wie sagt man so schön:<br />
„Der Köder muss dem Fisch schmecken<br />
und nicht dem Angler!“ Am Ende<br />
entscheidet immer der Kunde. Deshalb<br />
führen wir regelmäßig Befragungen<br />
im Center durch und bekommen<br />
auch allgemein viele Kundenwünsche<br />
per Post, E-Mail oder über Facebook.<br />
Diese Ergebnisse berücksichtigen wir<br />
natürlich ganz stark: So war z.B. Adidas<br />
immer eine Wunschmarke, die wir<br />
ja auch mittlerweile nach Wolfsburg<br />
geholt haben.<br />
Welche Kunden kaufen bei Ihnen ein und<br />
wo kommen diese her?<br />
Wir bezeichnen unseren Kunden gerne<br />
als Smartshopper: Sie legen Wert auf<br />
Markenware und Qualität – und das zu<br />
einem guten Preis. Genau das finden sie<br />
bei uns, direkt bei ihrer Lieblingsmarke.<br />
Diese Kunden sind auch bereit, eine<br />
deutlich weitere Anreise in Kauf zu nehmen,<br />
um ihre Lieblingsmarken günstiger<br />
Nach welchen Kriterien wählen Sie die fast<br />
49 Hersteller aus, die ihre Markenartikel<br />
bei Ihnen verkaufen?<br />
Wichtig zu wissen an dieser Stelle ist,<br />
dass wir nur direkt an die Marken vermieten<br />
und an keine Unterhändler, das<br />
heißt der Lacoste Shop wird direkt von<br />
Lacoste betrieben und beliefert. Es gibt<br />
Futuristisches Design und viel Platz und Auswahl für Smartshopper, die Wert auf Marken und Qualität legen
Unternehmen<br />
32<br />
Wie wichtig wird in Zukunft Multichannel-Marketing<br />
für den Handel?<br />
Sehr wichtig natürlich. Das Medien-Verhalten<br />
der Bevölkerung ändert sich komzu<br />
erwerben. Unsere Kommunikation<br />
erstreckt sich in einem Radius von 200<br />
km um Wolfsburg herum, das heißt wir<br />
sind auch in Städten wie Hamburg, Hannover,<br />
Göttingen, Hildesheim etc. präsent.<br />
Natürlich kommunizieren wir auch<br />
national, z. B. in der Gala oder in Reiseund<br />
Fachmedien, um den Schnäppchen-<br />
Touristen nach Wolfsburg zu locken.<br />
Wie hat sich das Kaufverhalten der Kunden<br />
in den letzten Jahren verändert?<br />
Allgemein ist der Kunde preissensibler<br />
geworden. Er achtet mehr auf die<br />
Angebote, die momentan aktuell sind,<br />
und fokussiert sich sehr schnell darauf<br />
bzw. verzögert seinen Kauf, bis die<br />
gewünschte Ware reduziert ist. Man<br />
hört von vielen Kollegen im Einzelhandel,<br />
dass der Impulskauf – „ich kaufe<br />
jetzt etwas, weil es mir jetzt gefällt“<br />
– immer mehr ausbleibt und es mehr<br />
Bedarfskäufe gibt – „ich suche ein<br />
Hemd und deshalb kaufe ich auch nur<br />
ein Hemd“. Der Kunde muss wieder<br />
mehr „verführt“ werden, d.h. es werden<br />
immer stärkere Verkäufer gesucht, die<br />
es am Point of Sale schaffen, den Kunden<br />
zu einem Impulskauf hinzureißen.<br />
Im Einzelhandel vollzieht sich durch das<br />
Internet und neue Technologien ein drastischer<br />
Wandel. Der Umsatz im Online-<br />
Handel wuchs zuletzt um 12 Prozent auf<br />
29,5 Milliarden Euro, was einem Umsatz<br />
pro Stunde von rund 3,4 Millionen Euro<br />
entspricht. 2013 wird mit einem weiteren<br />
Plus von 12 Prozent im Online-Handel<br />
gerechnet. Wie alarmierend ist das für<br />
Ihre Branche? Machen Sie sich Sorgen?<br />
Die Stahl-Glas-Fassade ermöglicht eine repräsentative Markenpräsentation<br />
Ganz selbstbewusst muss ich sagen:<br />
nein! Natürlich ist der Online-Handel<br />
ein neuer Mitbewerber, den der stationäre<br />
Handel nicht so auf dem Radar<br />
hatte. Nun ist er da. Und der Online-<br />
Handel schreibt beeindruckende Zahlen.<br />
Aber warum sollte sich der stationäre<br />
Einzelhandel davor verstecken?<br />
Konkurrenz belebt das Geschäft. Man<br />
muss darauf reagieren. Neue Wege<br />
gehen. Schauen, was der eigene USP<br />
gegenüber dem Online-Handel ist.<br />
Bekomme ich eine so nette Beratung<br />
online wie in einem Geschäft? Nein. Die<br />
Beratung fehlt komplett. Im Einzelhandel<br />
bekomme ich diese. Will ich das Produkt<br />
nicht auch einmal „anfassen“, bevor<br />
ich es kaufe – gefällt mir überhaupt das<br />
Material? Kann ich mich vielleicht auch<br />
von Produkten inspirieren lassen? Wer<br />
Drei schiffsförmige Ellipsen mit imposanten Flugdächer kennzeichnen das Wolfsburger Wahrzeichen<br />
berät mich bei der richtigen/passenden<br />
Größe? Der Einzelhandel muss sich auf<br />
seine Stärken konzentrieren und diese<br />
noch stärker herausstellen.<br />
Natürlich ist der Online-Händler sehr<br />
schnell, sehr preisaggressiv und allgegenwärtig.<br />
Aber das Shoppingerlebnis<br />
fehlt komplett und das bekommt man<br />
bei uns. In den Designer Outlets Wolfsburg<br />
kann ich durch die Mall schlendern,<br />
kann einen Kaffee trinken gehen<br />
und es gibt immer wieder verschiedene<br />
Veranstaltungen mit Live-Musik und<br />
vielem mehr. Online habe ich dies nicht.<br />
Klar, der Kunde informiert sich. „Googelt“<br />
im Geschäft vielleicht auch mal<br />
den Artikel xy, ob es diesen vielleicht<br />
nicht doch noch günstiger gibt. Oder<br />
in anderen Farben. Dies ist teilweise<br />
sicherlich etwas frustrierend: Der Besucher<br />
holt sich den Service im Geschäft<br />
ab und kauft aber online. Da müssen die<br />
Händler aufpassen, dass sie nicht zum<br />
Showroom für die Online-Händler werden.<br />
Aber da kann man nur sagen: „Service.<br />
Service. Service.“ Ich bin der Meinung,<br />
wenn das Ambiente, der Service,<br />
die Beratung und das Produkt stimmen,<br />
dann ist der Kunde auch bereit,<br />
ein paar Euro mehr zu bezahlen. Aber<br />
die Punkte müssen auch erfüllt werden.<br />
Der Online-Handel ist eine Herausforderung,<br />
die wir gerne annehmen und<br />
mit einem unvergesslichen Shopping-<br />
Erlebnis-Tag gegensteuern.<br />
Fotos: INSIGNIS/Wyrwa, Designer Outlets Wolfsburg
33 Unternehmen<br />
plett. Darauf muss man reagieren und<br />
mit der Zeit gehen. Wenn der Kunde<br />
bei Facebook ist, dann muss ich ihn dort<br />
abholen. Liest er eher die Tageszeitung,<br />
denn ist dies mein Medium. Man muss<br />
sich breit genug aufstellen und versuchen,<br />
den Kunden auf möglichst vielen<br />
Kanälen zu erreichen – man darf und<br />
kann sich nicht mehr nur noch auf ein<br />
Medium als Werbeträger konzentrieren.<br />
Ein Investor aus Neustadt wollte für 30<br />
Millionen Euro auf einem Gelände am<br />
Stadtrand von Helmstedt ein Designer-<br />
Outlet-Center eröffnen. Der Zweckverband<br />
Großraum Braunschweig (ZGB) hat<br />
dies untersagt. Was sagen Sie zu diesem<br />
Projekt und dieser Entscheidung?<br />
Natürlich haben wir dies verfolgt. Wir<br />
waren sehr überrascht, dass es wieder<br />
einen Versuch zur Ansiedlung eines<br />
Outlet Centers in Helmstedt gab. In<br />
Niedersachsen gibt es mittlerweile drei<br />
Outlet-Center, mit Helmstedt wäre dies<br />
Nummer vier und es gibt kein Bundesland<br />
mit so vielen Outlet-Centern. Es<br />
wäre sicher zu einer Kannibalisierung<br />
gekommen.<br />
diese Chance und die neuen Kundenströme<br />
für sich nutzen. Natürlich wird<br />
es Verlierer geben – vor allem im jüngeren<br />
Segment. Aber ich denke gerade<br />
an die Eltern, die mit ihren Kindern zu<br />
Primark fahren. Für Mama und Papa ist<br />
Primark vielleicht gar nicht mehr interessant,<br />
sie legen eher Wert auf Markenware.<br />
Dem Einzelhandel sollte es doch<br />
recht sein, wenn das Kind das Taschengeld<br />
bei Primark ausgibt und Mama und<br />
Papa in die anderen Geschäfte gehen<br />
und dort qualitätsbegründet das doppelte<br />
und dreifache Einkaufsvolumen<br />
ausgeben und danach vielleicht noch ins<br />
Café gehen und die lokale Gastronomie<br />
unterstützen.<br />
Braunschweig wird mehr Kunden haben.<br />
Kunden werden aus einem weiteren Einzugsgebiet<br />
kommen und nicht nur ein<br />
Geschäft besuchen. Es wird anfangs<br />
sicher schwer und eventuell auch Verlierer<br />
geben, Neues ist immer interessanter.<br />
Aber ich denke, die Region muss<br />
die Eröffnung auch als Chance sehen.<br />
Wir sind hier im Einzelhandel stark und<br />
attraktiv aufgestellt und man sollte mit<br />
einem gewissen Selbstbewusstsein auf<br />
diese Eröffnung schauen.<br />
Das Gelände des Designer Outlets Wolfsburg<br />
wird auf circa 16.000 Quadratmeter<br />
erweitert. Es wird eine Verkaufsfläche von<br />
6.000 Quadratmeter mit circa 30 neuen<br />
Geschäften geschaffen. Wie wird sich<br />
diese Vergrößerung regional auswirken?<br />
Es werden mehr Kunden kommen –<br />
ganz klar. Mit circa 80 Geschäften sind<br />
wir gerade für das weitere Einzugsgebiet<br />
noch attraktiver. Manche Besucher,<br />
die vielleicht zur Eröffnung hier waren,<br />
werden wiederkommen und werden<br />
überrascht sein, was sich seit 2007 bei<br />
uns geändert hat. Viele neue Marken<br />
sind bereits im ersten Bauabschnitt enthalten,<br />
und nun optimieren wir unser<br />
Angebot noch weiter und eröffnen über<br />
25 neue Shops. Welche Marken kommen,<br />
dürfen wir leider noch nicht kommunizieren<br />
– nur so viel: Die eine oder<br />
andere Wunschmarke unserer Kunden<br />
wird dabei sein.<br />
Christian Göttner<br />
Mit der ECE Projektmanagment GmbH ist<br />
ein weiterer Wettbewerber in der Region<br />
38 mit der City-Galerie Wolfsburg, der<br />
Stadtpassage Salzgitter, den Schloss-Arkaden<br />
u.a. in Braunschweig vertreten. Wie<br />
stehen Sie zu diesem Wettbewerber?<br />
Wir haben ein gutes Verhältnis – vor<br />
allem natürlich lokal. Die ECE Center<br />
sind anders ausgerichtet und sprechen<br />
ein anderes Zielpublikum an. Der<br />
Kunde, der zu uns kommt, hat in seinem<br />
Umfeld kein anderes Outlet-Center<br />
– unser Einzugsgebiet ist somit<br />
deutlich größer und wir sind eine touristische<br />
Destination. Natürlich gibt es<br />
Überschneidungen, doch ich denke, es<br />
besteht ein sehr gutes Miteinander.<br />
Der irische Textildiscounter Primark will<br />
2014 im City-Point Braunschweig 6.000<br />
Quadratmeter auf fünf Etagen belegen.<br />
Welche Auswirkungen hat das auf den<br />
regionalen Textil-Einzelhandel?<br />
Der Kunde freut sich, vor allem der jüngere<br />
Kunde. Für die Region ist es eine<br />
weitere Ergänzung, ein starker Name.<br />
Primark wird die Shopping-Region für<br />
den Endverbraucher nochmals attraktiver<br />
machen. Ich denke, dass noch mehr<br />
Kunden nach Braunschweig kommen<br />
werden. Der dortige Einzelhandel muss<br />
Men´s Gala
Stiftungen<br />
34<br />
Hans-Joachim Grove mag bunte Gemälde und engagiert sich für das Land Rumänien<br />
Kunst & Hilfsgüter<br />
Die Grove-Moldovan Art-Foundation<br />
Als junger Student reiste er<br />
durch Rumänien und verliebte<br />
sich in das Land und in eine Frau.<br />
Später – inzwischen sind die beiden verheiratet<br />
und leben gemeinsam in Braunschweig<br />
– gründeten die Zahnärztin Dr.<br />
Maria Grove-Moldovan und der Kunst-<br />
Galerist Hans-Joachim Grove die Grove-<br />
Moldovan Art-Foundation – eine Stiftung,<br />
die sich viele Ziele gesetzt hat.<br />
„Wir möchten insbesondere das<br />
Gesundheitswesen im In- und Ausland<br />
fördern“, sagt Grove. Ein Schwerpunkt<br />
liegt aber auf dem Land Rumänien. Seit<br />
mehr als 35 Jahren werden dort Hilfsaktionen<br />
durchgeführt. Zuletzt hatte<br />
Grove zahlreiche Rollatoren gesammelt<br />
und an Bedürftige in Rumänien verteilt.<br />
Allein seit 1989 habe die Stiftung etwa<br />
135 Hilfsaktionen durchgeführt, für die<br />
sie im Vorfeld Spenden aus der Region<br />
gesammelt hatte.<br />
Ein anderes Ziel der Art-Foundation<br />
sei es, durch Kunst Institutionen hier vor<br />
Ort zu unterstützen. So habe der Galerist<br />
schon Bilder im Frauenhaus ausgestellt.<br />
„Damit wollten wir das Bewusstsein<br />
für die Schicksale der betroffenen<br />
Frauen erhöhen“, so Grove, der mit sei-<br />
ner Frau nahezu seinen ganzen<br />
Besitz als Stiftungskapital<br />
in die Art-Foundation eingebracht<br />
hat. Die private Kunstsammlung der<br />
beiden ist das Hauptkapital. „Die Bilder<br />
verdienen regelmäßig Geld für die Stiftung,<br />
dadurch, dass sie in Ausstellungen<br />
unterwegs sind“, erklärt Grove.<br />
Kunst ist daher auch beinahe naturgemäß<br />
ein wichtiges Anliegen der Stiftung.<br />
„Ein Bild sagt oft mehr als tausend<br />
Worte“, lautet Groves Motto, das er auf<br />
verschiedene Weisen umsetzt. „Art for<br />
Help“ heißt das Programm, mit dem die<br />
Stiftung in der Region Braunschweig<br />
seine Hilfe für soziale Einrichtungen<br />
anbietet.<br />
So gibt es beispielsweise für viele Aktionen<br />
im Raum Braunschweig Kunstkarten.<br />
Das sind Postkarten, die von einem<br />
Künstler – oftmals aus der Region –<br />
gestaltet worden sind. Diese Karten<br />
können die jeweiligen Einrichtungen<br />
dann zu ihren eigenen Gunsten verkaufen.<br />
So profitierte beispielsweise der<br />
Kinderschutzbund Braunschweig von<br />
Karten mit einem Bild des Gifhorner<br />
Rollenmalers Peter Matzat. Dem einher<br />
gehen oft Ausstellungen, die Grove<br />
Serie<br />
in den jeweiligen Einrichtungen organisiert.<br />
Eine andere Ausstellung fand<br />
hingegen in seiner Galerie statt: Dort<br />
standen Kunstwerke zur Schau, die in<br />
der MS-Malgruppe Braunschweig entstanden<br />
sind – Hobbymaler, die Multiple<br />
Sklerose haben. Auch so könne man<br />
soziale Projekte unterstützen.<br />
Das Bild, das viele Deutschen von<br />
Rumänien haben, ist Grove ebenfalls ein<br />
Anliegen. Das Land sei mehr als Ceaucescu<br />
und Dracula. Seine Stiftung setzt<br />
sich daher dafür ein, das Rumänien-<br />
Bild kritisch, aber auch mit Blick auf<br />
die schönen Seiten aufzuarbeiten. Dazu<br />
solle auch ein kultureller und naturwissenschaftlicher<br />
Austausch zwischen<br />
den Ländern stattfinden, so beispielsweise<br />
zwischen der TU Braunschweig,<br />
deren Präsident Jürgen Hesselbach Mitglied<br />
im Stiftungskuratorium ist, und<br />
der Technischen Universität Cluj-Napoca<br />
(Klausenburg).<br />
Das Großprojekt, an dem Grove derzeit<br />
feilt, ist die Bewerbung der Stadt<br />
Klausenburg zur Kulturhauptstadt Europas<br />
2021. Maria und Hans-Joachim<br />
Grove sind beide gewählte Kulturbotschafter<br />
und Ehrenbürger<br />
der Stadt in Siebenbürgen.<br />
„Ich habe den Verantwortlichen<br />
vor Ort erzählt, dass<br />
der Bewerbungsprozess schon<br />
viele Vorteile mit sich bringt,<br />
selbst wenn am Ende eine andere Stadt<br />
gewinnt“, so Grove, der dabei die vielen<br />
Aktionen und Veranstaltungen in seiner<br />
Heimatstadt Braunschweig in Erinnerung<br />
hat, die sich ebenfalls 2010 um<br />
den europäischen Titel bewarb.<br />
Das Stiftungskapital der Grove-Moldovan<br />
Art-Foundation besteht zum<br />
größten Teil aus der privaten Kunstsammlung<br />
des Ehepaars Grove – darunter<br />
viele Bilder des Megarealisten Nicolae<br />
Maniu. Damit die Stiftung aber jetzt<br />
lebendig ist und über das Leben der<br />
Stifter hinaus existiert, versucht Grove,<br />
möglichst viele Menschen für seine<br />
Ideen zu begeistern. Ständig ist er auf<br />
der Suche nach Leuten, die sich ehrenamtlich<br />
engagieren. Das müssen nicht<br />
zwangsläufig Künstler oder Kunstliebhaber<br />
sein. Zuletzt hat er zwei junge<br />
Informatik-Studenten gewinnen können,<br />
die jetzt die Homepage der Stiftung<br />
überarbeiten. Auch Spenden nimmt die<br />
Stiftung regelmäßig an – etwa um direkt<br />
Betroffenen in Rumänien zu helfen.<br />
<br />
Bastian Lüpke<br />
Fotos: Bastian Lüpke
35 Unternehmen<br />
Backkultur seit 1853<br />
70 Jahre Wolfsburger Bäckerei Cadera<br />
Fotos: Privat<br />
Bäcker gibt es überall in der<br />
Region 38. Nur die alteingesessenen<br />
Handwerksbäcker werden<br />
immer weniger. Das behauptet und<br />
bedauert Petronella Cadera, Geschäftsführerin<br />
der Bäckerei Cadera in Wolfsburg.<br />
Während ihr traditionsreiches<br />
Unternehmen in diesem Jahr seinen 70.<br />
Geburtstag feiert, gaben viele bekannte<br />
Betriebe über die Jahre auf. Fehlende<br />
wirtschaftliche Perspektiven, keine<br />
Nachfolgeregelung und einiges mehr<br />
sind die Gründe dafür, dass eine Handwerkskunst<br />
vielerorts am Aussterben<br />
ist. „Wir sind natürlich froh, dass wir<br />
die größte Bäckerei in Wolfsburg mit<br />
mittlerweile 17 Filialen sind. Uns ist<br />
aber wichtig, dass es eine gewisse Vielfalt<br />
gibt. Dass der Kunde die Wahl hat“,<br />
erzählt sie. Im Jahr 2007 überschritt ihr<br />
Unternehmen erstmals die Stadtgrenze<br />
und eröffnete eine Filiale in Gifhorn,<br />
voriges Jahr kam eine weitere in Cremlingen<br />
dazu. Damit die tägliche Versorgung<br />
der Kunden garantiert ist, beschäftigt der<br />
Familienbetrieb mehr als 220 Mitarbeiter,<br />
ausgebildet wird in den Bereichen<br />
Bäcker, Konditor und Fachverkäufer.<br />
Bereits 1853 begann die Familie<br />
Cadera in Köln mit ihrem Handwerk,<br />
die Großeltern – also bereits die dritte<br />
Generation – siedelten 1943 aus der<br />
kriegsgebeutelten Domstadt ins aufstrebende<br />
Wolfsburg um. Da war die<br />
VW-Stadt gerade mal fünf Jahre jung.<br />
In der Schillerstraße wurde der erste<br />
Laden mit Backstube eröffnet, im Kaufhof<br />
gab es dazu eine Mokkastube mit<br />
15 Sitzplätzen „um die Kaffeekultur zu<br />
verbreiten.“ 1956 eröffnete man dann<br />
mitten in der Porschestraße das Hauptgeschäft<br />
mit Café, was heute noch am<br />
gleichen <strong>Standort</strong> zu finden ist. „Das<br />
war damals schon einer der wichtigsten<br />
Anziehungspunkte in der Stadt“,<br />
berichtet die 48-Jährige. Dort, wo heute<br />
die Büros sind, lebte und arbeitete früher<br />
die ganze Familie mit Großeltern,<br />
Gesellen und Lehrlingen unter einem<br />
Dach – schöne Zeiten, an die sich Petronella<br />
Cadera gern, aber auch etwas wehmütig<br />
zurückerinnert.<br />
Geschäftsführerin Petronella Cadera<br />
Viele Jahrzehnte lang liefen die<br />
Geschäfte hervorragend, es wurde kontinuierlich<br />
expandiert. Erst um das Jahr<br />
2000, mit der fortschreitenden Etablierung<br />
des Frostens, änderte sich der<br />
Markt grundlegend – der Umbruch<br />
kam auch für Cadera. Den Prozess des<br />
Backens zeitlich beliebig von dem der<br />
Teigherstellung zu trennen revolutionierte<br />
das gesamte Gewerbe. Backwaren<br />
konnten nun irgendwo produziert,<br />
gefrostet und irgendwo anders fertiggebacken<br />
werden. Backwarenverkaufsstände<br />
in Supermärkten, an Bahnhöfen<br />
oder in Tankstellen boten nun frisch<br />
gebackenes Gebäck und Brot an, ohne<br />
dass eine Backstube vorhanden war.<br />
Das Ausbacken von Teiglingen, einem in<br />
der Regel industriell hergestellten, fertig<br />
bearbeiteten, geformten Stück rohen<br />
Teiges, konnte nun auch von ungelernten<br />
Hilfskräften erledigt werden. Cadera<br />
reagierte und investierte. Statt Pumpkanne<br />
und Stehtisch, wie es früher<br />
funktionierte, wurden neue <strong>Standort</strong>e<br />
moderner und großzügiger ausgestattet,<br />
Angebot und Ambiente weiter verändert<br />
und verbessert. Der Billig-Konkurrenz<br />
wurde erfolgreich mit Qualität<br />
entgegengetreten. „Wir kaufen keine<br />
Fertigwaren dazu, sondern produzieren<br />
hundert Prozent selbst. Dazu gehören<br />
auch die Verwendung hochwertiger<br />
Rohstoffe wie Butter statt Margarine,<br />
Marzipan statt Persipan oder Früchte<br />
von regionalen Anbietern.“ Gebacken<br />
wird heute überall, doch durch das Kaffehaus-<br />
und Konditorei-Know-how hebt<br />
sich die älteste Wolfsburger Bäckerei –<br />
die täglich circa zwanzig verschiedene<br />
Kuchen und Torten anbietet – weiter von<br />
den Mitbewerbern ab. Und das soll auch<br />
in Zukunft so bleiben. Christian Göttner<br />
Das erste Café Cadera in der Schillerstraße 60, das 1943 in Wolfsburg eröffnet wurde
Rückblick<br />
36<br />
Energiewende ja, aber wie?<br />
4. EnergieTag im paläon<br />
Eine erfolgreiche Energiewende ist in der Region BS-WOB mit<br />
vereinten Kräften möglich, lautete das Fazit des 4. EnergieTages<br />
der Region, der mit rund 200 Teilnehmern im paläon – Forschungs-<br />
und Erlebniszentrum Schöninger Speere stattfand.<br />
Tradition und Zukunft<br />
Porsche Zentrum Braunschweig Neueröffnung<br />
Pünktlich zum 50. Jubiläum des legendären 911er lud das Porsche Zentrum Braunschweig<br />
zur Neueröffnung – und über 400 Gäste fuhren (sogar aus Berlin) mit ihren<br />
PS-starken Schmuckstücken vor. Geschäftsführer Michael Albrecht (der besonders<br />
sein Team lobte) und Heinz-Joachim Westphal, Geschäftsführer der Voets Automobilholding<br />
GmbH, begrüßten die Automobil-Enthusiasten. DJ Oliver Strauss sorgte für<br />
groovige Sounds, Isabel Edvardsson und die Streetdance-Crew Special Delivery zeigten<br />
akrobatische Tanzeinlagen, die Fleischerei Göthe lieferte das Buffet. Bis 5 Uhr<br />
wurde gefeiert – Fortsetzung folgt im April mit der Vorstellung des Porsche Macan.<br />
Wolfsburger Gipfeltreffen<br />
„Forum Wirtschaft“ im Phaeno<br />
Passend zum Sonderteil Wolfsburg in der <strong>Standort</strong>38-Oktober-<br />
Ausgabe trafen sich rund 150 Wolfsburger Geschäftsleute und<br />
Entscheider zum zweiten „Forum Wirtschaft“ im Phaeno. Eingeladen<br />
hatten die Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg und die Wolfsburger<br />
Wirtschaft und Marketing GmbH (WMG), die eine gute<br />
Vernetzung propagieren. Als gutes Beispiel gilt die Autostadt,<br />
deren Chef Otto Ferdinand Wachs in seiner Rede u.a. „zu Kreativität,<br />
Mut und zur ständigen Weiterentwicklung“ aufrief. C.G.<br />
Fotos: WOB AG, Sascha Gramann, Marcel Kiimmling
37 Rückblick<br />
Fotos: Peter Sierigk<br />
Neues Tor zur Innenstadt<br />
Richtfest des neuen BZV-Pressehauses<br />
Den mit blau-gelben Bändern geschmückten Richtkranz begleiteten<br />
einige Regentropfen nach oben. Der guten Stimmung und den<br />
launigen Worten von Bauleiter Wolfgang Liebe tat das keinen<br />
Abbruch. „Hier ist alles gut verarbeitet, der Beton stabil<br />
– dieses Gebäude wird hier lange stehen“, erzählte er<br />
den 300 Gästen. Sie waren gekommen, um den Rohbau des<br />
neuen BZV-Pressehauses an der Langen Straße erstmals zu<br />
begutachten. Das moderne und elegante fünfgeschossige<br />
Gebäude im Schatten der Petrikirche und im Herzen der<br />
Innenstadt ist 24,5 Meter hoch und bietet eine Nutzfläche von<br />
circa 18.000 Quadratmetern. Bewegte Reden hielten u.a. BZV-<br />
Geschäftsführer Harald Wahls sowie Investor Jochen Staake,<br />
der das 3.811 Quadratmeter große Grundstück Ende Juli 2010<br />
gekauft hatte und Mitte 2014 das Stadthaus Petri fertiggestellt<br />
haben möchte. Die BZV-Medienhaus GmbH rückt damit, als<br />
einer der Hauptmieter, wieder zurück ins Zentrum der City.<br />
Symbiose Integrieren,<br />
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Persönlich<br />
38<br />
Der Schreibtisch von …<br />
Dr. Jörg Leuschner,<br />
Fachdienstleiter Kultur der Stadt Salzgitter<br />
Manchmal sitze ich lächelnd<br />
an meinem Schreibtisch und<br />
bin glücklich darüber, dass ich<br />
so einen tollen Job habe.“ Wohl dem,<br />
der so etwas sagen kann. Dr. Jörg Leuschner<br />
tut es. Und er sagt es mit einer<br />
von innerer Überzeugung sprühender<br />
Ehrlichkeit, die beeindruckend ist. Vor<br />
18 Jahren hat der Historiker den Posten<br />
angetreten. Er scheint ihm wie auf den<br />
Leib geschneidert zu sein.<br />
Als Fachdienstleiter Kultur der Stadt<br />
Salzgitter und Mitglied in 25 kulturellen<br />
Vereinen plant, organsiert und veranstaltet<br />
er mit seinem insgesamt 40-köpfigen<br />
Team Jahr für Jahr etliche Ausstellungen,<br />
Konzerte und andere Events. Er<br />
ist dafür verantwortlich, dass der Kultur-Haushalt<br />
eingehalten wird, verhandelt<br />
mit der Politik und übernimmt<br />
Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld<br />
ist die Musikschule, deren selbst formulierten<br />
Aufgaben „die Vermittlung<br />
einer musikalischen Grundbildung,<br />
die Herausbildung des Nachwuchses<br />
für das Laien- und Liebhabermusizieren,<br />
die Begabtenfindung und Begabtenförderung<br />
sowie die mögliche Vorbereitung<br />
auf ein Berufsstudium sind“<br />
(www.stadt-salzgitter.de).<br />
Wann immer etwas Neues im Museum<br />
Schloss Salder gezeigt wird oder etwas<br />
in Kniestedter Kirche, Kuhstall, Kulturscheune,<br />
Feuerwache und Co. los<br />
ist, wurden sehr wahrscheinlich<br />
auf dem Schreibtisch<br />
von Dr. Jörg<br />
Leuschner die Verträge<br />
unterschrieben:<br />
Museumsfest,<br />
Klesmerfest, das<br />
Drummer-Meeting<br />
mit zum Teil<br />
langer Tradition –<br />
und dazu einmalige<br />
Veranstaltungen wie<br />
das 70-jährige Stadtjubiläum.<br />
In Salzgitter ist<br />
viel los.<br />
Eine gewisse Routine ist zweifellos<br />
eingekehrt in all den Jahren. Aber<br />
Lässigkeit? Nein! Dr. Jörg Leuschner<br />
besucht nach wie vor so viele Veranstaltungen<br />
wie möglich. Und wenn er<br />
verhindert ist? „Dann lässt es mir keine<br />
Ruhe, bis der erlösende Anruf kommt“,<br />
sagt Dr. Leuschner. Und das dauert oft<br />
Serie<br />
Fahrzeug-Modelle der Braunschweiger Büssing AG parken im Büro<br />
bis nach Mitternacht, je nach Veranstaltung.<br />
Am anderen Ende ist dann ein<br />
Mitarbeiter, häufig Ralli Lewitzki, der<br />
seinen Chef mit allen Informationen<br />
versorgt. Meist bringt er<br />
gute Neuigkeiten mit: „In der<br />
Regel laufen die Veranstaltungen<br />
zum Glück nach Plan ab.“<br />
Nach 18 Jahren ist die Liste<br />
großer Künstler und besonderer<br />
Erinnerungen natürlich lang.<br />
Unvergessen ist zum Beispiel die Leonardo<br />
da Vinci-Ausstellung, die Dr. Jörg<br />
Leuschner 2009 ins Museum Schloss<br />
Salder gebracht hat. Sie ist Beweis für<br />
das international hohe Ansehen des<br />
Museums und sorgte dafür, dass die<br />
gesamte Stadt an Renommee gewann.<br />
Den hervorragenden Kontakten Ralli<br />
Lewitzkis zur internationalen Musikszene<br />
ist es zu verdanken, dass beim<br />
diesjährigen Drummer-Meeting erneut<br />
ein ganz besonderer Künstler zu den<br />
Stöcken griff: Den Namen Leon Ndugu<br />
Chancler werden nur Insider kennen<br />
– aber seine Musik hat vermutlich<br />
jeder schon einmal gehört: Schließlich<br />
schwang Chancler seine Drum-Sticks<br />
bereits für Michael Jackson bei dessen<br />
erfolgreichsten Album „Thriller“.<br />
„Viele weitere Künstler haben mich<br />
sehr beeindruckt“, sagt Dr. Jörg Leuschner.<br />
Und obwohl er schon so viel gesehen<br />
hat und sich sein verdienter Ruhestand<br />
nähert, ist er gespannt auf Neues:<br />
So möchte er sich zum Beispiel den Auftritt<br />
von Piet Glocke am 27. Februar<br />
2014 in der Kulturscheune<br />
auf keinen Fall<br />
entgehen lassen.<br />
Ende nächsten Jahres<br />
wird er vorrausichtlich<br />
seinen<br />
Posten als Fachdienstleiter<br />
Kultur<br />
abgeben. In vielen<br />
Vereinen möchte<br />
er aber weiterhin<br />
aktiv sein. Obendrein<br />
freut sich der dreifache<br />
Vater darauf, eines Tages<br />
auch Großvater zu werden.<br />
„Außerdem möchte ich auch in Zukunft<br />
viel schreiben“, so Dr. Leuschner, der<br />
unter anderem „Die Wirtschafts- und<br />
Sozialgeschichte des Braunschweiger<br />
Landes“ in drei Bänden veröffentlicht<br />
hat. Ein neues Werk wird bald folgen.<br />
Der Korrekturabzug liegt bereits auf seinem<br />
Schreibtisch.<br />
Dennis Bartz<br />
Fotos: Dennis Bartz
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