Antifaschistische Zeitung - Nadir.org
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MOABITER ANTIFASCHISTISCHE DEMONSTRATION<br />
9. November 1938<br />
9. November 2009<br />
71. Jahrestag der Reichspogromnacht<br />
Kein Vergessen! Kein Vergeben!<br />
Gefeiert wird nicht!<br />
Wider dem nationalistischen Taumel!<br />
„Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen.“<br />
Primo Levi<br />
9. November, 17 Uhr<br />
Mahnmal Levetzowstraße<br />
Gedenkkundgebung und<br />
antifaschistische Demonstration in Moabit<br />
Veranstalter: AIM, Mitglied in der Berliner VVN-BdA<br />
Unterstützerinnen: Antifa TU, A.N.A., APB, EAG<br />
<strong>Antifaschistische</strong> <strong>Zeitung</strong>
EDITORIAL<br />
Auch dieses Jahr rufen wir, wie seit fast 20 Jahren, zu<br />
einer Gedenkkundgebung am Mahnmal an der ehemaligen<br />
Synagoge in der der Levetzowstraße in Moabit<br />
auf. In den letzen Jahren haben sich regelmäßig viele hundert<br />
Menschen an unserer Kundgebung beteiligt. Anschließen wird<br />
sich eine Demonstration. Sie folgt dem Weg, den die Jüdinnen<br />
und Juden vom Sammellager in der Synagoge in Levetzowstraße<br />
zum Deportationsbahnhof an der Putlitzbrücke am helllichten<br />
Tag und unter aller Augen gehen mussten. Sie hält an Orten von<br />
Verfolgung und Widerstand in Moabit.<br />
Mit der diesjährigen Veranstaltung schließt sich ein Kreis.<br />
1990 wollten wir ein Zeichen setzen gegen den überschämenden<br />
neuen deutschen Nationalismus, der die Erinnerung an die<br />
Opfer des Nationalsozialismus zu überblenden drohte. 19 Jahre<br />
später stehen in Berlin am 9. November die Feierlichkeiten zum<br />
20. Jahrestag des „Mauerfalls“ ganz oben auf der Gedenk-Agenda.<br />
Unsere Veranstaltung soll ein kleiner, aber entschiedener<br />
Gegenpart dazu sein und daran erinnern, dass Antisemitismus,<br />
Rassismus und Nationalismus im wiedervereinigten Deutschland<br />
keineswegs der Vergangenheit angehören.<br />
Als Redner haben wir Peter Neuhof gewonnen. Er wurde<br />
1925 als Kind jüdischer und kommunistischer Eltern geboren.<br />
In seinem Buch „Als die Braunen kamen –Eine Berliner jüdische<br />
Familie im Widerstand“ hat er dem Widerstand gegen die Nazis<br />
und den Opfern des Nationalsozialismus ein literarisches Denkmal<br />
gesetzt.<br />
An dieser Stelle möchten wir auch an Gerhard Leo erinnern,<br />
der am 14. September 2009 in Berlin im Alter von 86 Jahren<br />
verstorben ist. Er war einer unserer „Zeitzeugen“, Redner<br />
auf unserer Kundgebung. Gerhard, jüdischer Emigrant in Frankreich,<br />
antifaschistischer Kämpfer in der französischen Resistance,<br />
war noch in seinen letzen Lebensjahren ein engagiertes<br />
Mitglied der Berliner Initiative gegen Abschiebehaft: „Papa Leo“<br />
- so nannten ihn die von Ausweisung bedrohten Flüchtlinge im<br />
Abschiebeknast in Köpenick. Auch wir vermissen ihn.<br />
Nicht zuletzt gilt unsere Solidarität denjenigen, die von Antisemitismus<br />
nach wie vor tagtäglich bedroht sind - den Jüdinnen<br />
und Juden, hier in Berlin, in Deutschland, in Israel und anderswo.<br />
INHALT:<br />
Editorial Seite 2<br />
Interview mit Gisela Lindenberg Seite 3<br />
Aufruf zum 9. November 2009 Seite 4/5<br />
Gegen jedes Heldengedenken - Deutsche Opfermythen angreifen Seite 6/7<br />
Der Zukunft zugewandt - Gedenkpolitik in der BRD Seite 8<br />
Neonazis fischen in linken Gewässern Seite 9<br />
Antisemitismus in Prenzlauer Berg Seite 10/11<br />
Unter aller Augen - Das „Sammellager Levetzowstraße“ Seite 12<br />
Die Deportationen vom Bahnhof Putlitzstraße Seite 13<br />
Versteckt in der Waldstr. 6 Seite 14<br />
Widerstand im Krankenhaus Moabit Seite 15<br />
BORN TO BE DEPORTED – FÜNF VOR ZWÖLF!! Seite 16<br />
Verhindern wir die Abschiebung von Roma! Seite 17<br />
Deutsches Jahr Seite 18-21<br />
Ausstellungen Seite 22<br />
Termine Seite 23-24<br />
Impressum Seite 24<br />
AIM / <strong>Antifaschistische</strong> Initiative Moabit Oktober 2009<br />
c/o Berliner VVN-BdAe.V., Franz-Mehring-Platz1, 10243 Berlin<br />
a_i_m@gmx.de | www.aim-berlin.de.vu<br />
2
„Ich hatte große Hemmungen davor, wieder<br />
nach Deutschland zu gehen.“<br />
Gisela Lindenberg wird am 24.03.1925 als Gisela Wolff in<br />
Berlin geboren. Ihr Vater arbeitet als Kaufmann und Juwelier<br />
und ist in der Spedition tätig, ihre Mutter ist Hausfrau. Weil<br />
der Vater 1932 in Hamburg Arbeit findet, zieht Lindenberg<br />
mit ihrer Familie aus Berlin weg. Als jüdisches Mädchen ist sie<br />
ständig Schikanen ausgesetzt. Nach der Reichpogromnacht<br />
1938, kurz vor ihrem Schulabschluss, schicken die Eltern<br />
Lindenberg mit einem Kindertransport nach England, um ihr<br />
einziges Kind vor den Nazis zu retten. Im Exil arbeitet sie<br />
unter anderem als Näherin in einer Fabrik und engagiert sich<br />
in der Freien Deutsche Jugend (FDJ).<br />
Lindenberg geht 1945 nach Westdeutschland und arbeitet<br />
als Dolmetscherin für die US-Armee. 1948 zieht sie nach<br />
Ostberlin, wo sie als Übersetzerin tätig ist<br />
Frau Lindenberg, Sie wurden 1925 in Berlin geboren. In was für<br />
einem Elternhaus sind Sie aufgewachsen?<br />
Mein Vater arbeitete als Kaufmann und Juwelier, meine<br />
Mutter war Hausfrau. Meine Eltern waren sogenannte ‚3-Tage-<br />
Juden‘: Wir gingen nur zu den hohen Feiertagen in die Synagoge.<br />
Allerdings haben sie mich schon recht früh in eine jüdische<br />
Schule geschickt. An Politik habe ich von meinen Eltern gar<br />
nichts mitbekommen. Als es dann mit den Nazis losging und<br />
ich verfolgt wurde, habe ich mir das überhaupt nicht erklären<br />
können.<br />
Wie haben Sie die Reichspogromnacht erlebt?<br />
Mein Vater ist damals zu meiner Großmutter gefahren, um<br />
nicht zu Hause zu sein. Es wurden viele jüdische Männer verhaftet<br />
und mein Vater hatte damit gerechnet. Ich selbst bin am<br />
nächsten M<strong>org</strong>en nichts ahnend zur Schule gegangen und habe<br />
die brennenden und rauchenden Synagogen gesehen. In der<br />
Schule habe ich dann von der ersten Maßnahme erfahren: Die<br />
jüdischen Kinder polnischer Herkunft waren nicht mehr da.<br />
Sie waren von den Nazis bis an die Grenze deportiert worden.<br />
Es gab natürlich keinen Unterricht, wir wurden nach Hause<br />
geschickt. Wir sollten zu dritt gehen und aufpassen.<br />
Ihre Eltern haben Sie dann nach England geschickt, um sie zu<br />
retten…<br />
Ja, sie haben mich bei der Jüdischen Gemeinde für einen<br />
der Kindertransporte angemeldet. Ich bin als Dreizehnjährige<br />
im Januar 1939 mit einem der ersten Transporte losgefahren.<br />
Die Reichspogromnacht war für meine Eltern der Auslöser<br />
dafür, mich aus Deutschland wegzuschicken. Meine Eltern waren<br />
ja unpolitisch und lange der Meinung, Hitler würde schon<br />
irgendwann wieder verschwinden. Sie selbst wollten damals in<br />
die USA, aber es wurden immer weniger Leute reingelassen.<br />
Meine Eltern haben mich ja auch in dem Glauben in den Zug<br />
gesetzt, dass sie bald nachkommen. Als es losging, dachte ich:<br />
Bald sehen wir uns alle wieder und dann wird alles gut. In<br />
England habe ich mich dann jeden Abend vorm Schlafengehen<br />
in die Kissen geweint. Es war eine furchtbare Zeit.<br />
Hatten Sie in England noch Kontakt zu Ihren Eltern?<br />
Über Verwandte in den USA habe ich noch ein paar Mal<br />
Post bekommen, aber es war alles sehr kompliziert. Eine Tante,<br />
die noch in Hamburg wohnte, hat mir dann mitgeteilt: Deine<br />
Eltern haben eine Reise angetreten. Ich glaube, ich wusste zu<br />
diesem Zeitpunkt schon, was das bedeutet. Es war das Letzte,<br />
was ich von meinen Eltern mitbekommen habe. Sie sind in<br />
einem Vernichtungslager in Minsk umgekommen. Es ist ihnen<br />
sehr anzuerkennen, dass sie mich mit dem Kindertransport<br />
nach England geschickt haben.<br />
Was ist mit Ihren anderen Verwandten geschehen?<br />
Die sind alle deportiert worden. Und deswegen wollte ich<br />
auch nicht mehr zurück. Das hat sich bei mir festgesetzt: Da<br />
kannst du nicht leben wollen, da ist niemand mehr.<br />
Sind Sie der Nazi-Ideologie noch begegnet, als Sie dann doch<br />
zurück nach Deutschland gegangen sind?<br />
Wir haben gesehen, dass die alten Nazis in ihren Positionen<br />
geblieben sind, das war deprimierend. Aber es sich keiner<br />
mehr getraut, offen als Nazi aufzutreten.<br />
Und Antisemitismus?<br />
Dadurch, dass Israel solch eine schlimme Politik gemacht<br />
hat und mit den Juden‘ gleichgesetzt wird, gibt es schon einen<br />
gewissen Antisemitismus. Und dann wird natürlich oft verallgemeinert:<br />
„Juden sind die Reichen da oben, die bestimmen<br />
noch zu viel…“. Aber direkt auf der Straße ist mir kein Antisemitismus<br />
mehr begegnet. Anderen, denen ihr Glaube anzusehen<br />
war, weil sie zum Beispiel Rabbiner waren und ein Käppi<br />
aufhatten, schon.<br />
Ich hatte große Hemmungen davor, wieder nach Deutschland<br />
zu gehen. Mehr als mein Mann – vermutlich, weil ich von<br />
der Schule her mehr jüdisch beeinflusst war. Deswegen hatte<br />
ich große Befürchtungen, wie es hier sein wird. Mein Mann dagegen,<br />
der links und <strong>org</strong>anisiert war, hat es als seine Pflicht angesehen,<br />
in Deutschland beim Aufbau des Sozialismus zu helfen.<br />
Allerdings haben sich meine Befürchtungen nicht bewahrheitet.<br />
Es gab aber einzelne Aktionen, zum Beispiel wurden im Betrieb<br />
meines Mannes Resolutionen herumgereicht, mit denen<br />
man sich gegen Israel aussprechen sollte – das hat mein Mann<br />
nie gemacht.<br />
(Das Interview wurde am 30.03.2009 geführt.)<br />
AIM / Berliner VVN-BdA<br />
3
9. November 2009 – 71. Jahrestag der Pogromnacht<br />
Kein Vergessen! Kein Vergeben!<br />
Am 9.November 1938 brannten in Deutschland und<br />
Österreich die Synagogen,<br />
jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden überfallen, demoliert<br />
und geplündert. Jüdinnen und Juden wurden von antisemitischen<br />
Deutschen gedemütigt und geschlagen, vergewaltigt<br />
und ermordet. Etwa 30.000 Männer wurden verhaftet und in die<br />
Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen<br />
verschleppt. Die Gewalt der Pogromnacht bildete den Auftakt zu<br />
Deportation und Vernichtung, zum Massenmord an den europäischen<br />
Jüdinnen und Juden.<br />
Mahnmal für die ehemalige<br />
Synagoge in der Levetzowstraße<br />
Der 9. November 2009 ist der 71. Jahrestag der<br />
Pogromnacht 1938.<br />
Er fällt mit dem 20. Jahrestag des Mauerfalls und den anstehenden<br />
offiziellen Feierlichkeiten zusammen: Am 9.11.2009<br />
findet auch das „Fest der Freiheit“ am Brandenburger Tor statt –<br />
„Höhepunkt“ der Feier ist eine monströse Inszenierung die den<br />
Mauerfall symbolisch nachvollzieht. Mauersteine sollen auf einer<br />
Länge von zwei Kilometern wie Dominosteine nacheinander<br />
umfallen. Auch mit dieser Inszenierung macht die Bundesrepublik<br />
deutlich, was sie für eine Schwerpunktsetzung in der offiziellen<br />
Geschichtsschreibung und Erinnerung vornimmt.<br />
Der Tag der Befreiung für die überlebenden Opfer des Nationalsozialismus<br />
war bereits der 8.Mai 1945. Sie wurden von den<br />
Armeen der Antihitler-Koalition und den PartisanInnen in den<br />
überfallenen Ländern Europas aus den Gefängnissen, Konzentrationslagern,<br />
aus ihren Verstecken befreit. Aber nicht um sie soll<br />
es sich am 9.November 2009 drehen, sondern um die „Freiheit“<br />
ohne die BefreierInnen und die Befreiten. Durch die Behauptung,<br />
der Mauerfall 1989 stehe für die Überwindung „zweier<br />
Diktaturen auf deutschen Boden“ wird der Nationalsozialismus<br />
und seine Verbrechen relativiert und als eine bedauerliche, aber<br />
überwundene Episode, die dem des mittlerweile 60- jährigen<br />
„Erfolgsmodells BRD“ voranging, verharmlost.<br />
4
„Es ist geschehen, also kann es wieder geschehen.<br />
(Primo Levi)<br />
Paul Spiegel, der ehemalige Vorsitzende des Zentralrats<br />
der Juden in Deutschland<br />
warnte schon in seiner Rede zum 9.November 2000: „(...)<br />
Aus diesem Grund ist dieses Datum für alle Deutschen auch ein<br />
Tag der Freude. Es darf aber niemals das Gedenken an den 9.November<br />
1938 - an den staatlich <strong>org</strong>anisierten Pogrom - verdrängen<br />
und schon gar nicht zu einem ‚Feiertag 9.November‘ führen.<br />
Denn Volksfeststimmung mit Würstchenbuden und Bierzelten, die<br />
der Freude über die Niederreißung der Mauer angemessen sind,<br />
taugen nicht zum Gedenken an die Millionen von Toten des Nazi-<br />
Terrors.“<br />
Die nationalistische Euphorie, die auf die so genannte<br />
„Wiedervereinigung“ folgte,<br />
entlud sich ungehemmt in den rassistischen Pogromen 1991 in<br />
Hoyerswerda, 1992 in Rostock-Lichtenhagen und durch Brandanschläge<br />
auf MigrantInnen in Mölln 1992 und Solingen 1993. Es<br />
folgten die Wahlerfolge neofaschistischer Parteien wie der NPD,<br />
rassistische Sondergesetze, die faktische Abschaffung des Asylrechts<br />
1993 und die Debatten um die immer wieder verschleppte<br />
Entschädigung ehemaliger NS-ZwangsarbeiterInnen. Dies gibt der<br />
Erinnerung an die Pogromnacht 1938 immer wieder erschreckende<br />
Aktualität und Notwendigkeit.<br />
Der 9. November ist kein Tag, um Deutschland zu<br />
feiern, sondern der Tag, an dem die Deutschen 1938<br />
ihre Bereitschaft zum Holocaust erklärten.<br />
Dem Gedenken an die deutschen Verbrechen im Nationalsozialismus<br />
auch weiterhin Gehör zu verschaffen bleibt unsere wichtigste<br />
Aufgabe.<br />
Der Schwur der Überlebenden von Buchenwald war und ist für<br />
uns immer Verpflichtung zum Handeln und muss es auch in Zukunft<br />
bleiben, denn ihr Traum von einer „neuen Welt des Friedens<br />
und der Freiheit“ ist noch lange nicht erfüllt. Der ehemalige Vize-<br />
Präsident des Internationalen Buchenwald-Komitees, Emil Carlebach,<br />
brachte es anlässlich der Feierlichkeiten zum 50.Jahrestag<br />
der Befreiung auf den Punkt:<br />
„Zu Frieden und Freiheit aber gehört auch die Tradition des<br />
Kampfes gegen den Faschismus, gegen Antisemitismus und Herrenmenschentum.<br />
In diesem Kampfe waren wir vereint, in diesem<br />
Kampfe bleiben wir vereint.“<br />
In diesem Sinne hoffen wir, möglichst viele von Euch am 9.November<br />
auf der Gedenkdemonstration in Moabit zu sehen.<br />
Sie folgt dem Weg, den die Jüdinnen und Juden vom Sammellager<br />
in der Synagoge in Levetzowstraße zum Deportationsbahnhof an<br />
der Putlitzbrücke am helllichten Tag und unter aller Augen gehen<br />
mussten und hält an Orten von Verfolgung und Widerstand in<br />
Moabit.<br />
<strong>Antifaschistische</strong> Initiative Moabit, Oktober 2009<br />
Gedenkkundgebung und antifaschistische<br />
Demonstration um 17.00 Uhr<br />
Mahnmal an der ehemaligen Synagoge<br />
in der Levetzowstraße in Moabit<br />
Gefeiert wird nicht!<br />
Wider dem nationalistischen Taumel!<br />
Deportationsmahnmal an der Putlitzbrücke<br />
5
Gegen jedes Heldengedenken<br />
Deutsche Opfermythen angreifen!<br />
Jedes Jahr treffen sich am so genannten Volkstrauertag<br />
Geschichtsrevisionist_innen verschiedenster Couleur<br />
auf dem Garnisonsfriedhof am Columbiadamm in<br />
Berlin-Neukölln. Sie versammeln sich dort um die „deutschen<br />
Opfer“ zu betrauern und ihre Kränze an den diversen Denkmälern<br />
abzuwerfen. Diese Denkmäler erinnern an während<br />
des deutschen Genozids an den Herero und Nama getötete<br />
Kolonialsoldaten, verherrlichen die Gräuel des 1.Weltkrieges<br />
oder erklären Angehörige von SS-und Wehrmachtsdivisionen<br />
zu „Helden.“ Seit 2006 regt sich antifaschistischer Protest<br />
gegen das jährliche Treiben, die Mittel dabei sind vielfältig. Am<br />
Tag selbst begleiteten Antifaschist_innen die Militarist_innen<br />
mit einer lautstarken Kundgebung, sie ergriffen jedoch auch<br />
selbst die Initiative, so wurden in den letzen Jahre mehrfach<br />
geschichtsrevisionistische und NS-Verherrlichende Gedenksteine<br />
entfernt oder mit Farbe unkenntlich gemacht. Der<br />
Protest hat bereits einige Erfolge zu verzeichnen, so zogen<br />
sich nach 2006 die Vertreter_innen der bürgerlichen Parteien<br />
zurück. Nach dem „Volkstrauertag“ 2007 untersagte die<br />
Bundeswehr in Reaktion auf eine parlamentarische Anfrage<br />
der Linken aktiven Angehörigen die Teilnahme und Reservist_<br />
innen das Tragen ihrer Uniformen während der Veranstaltung.<br />
Auch für den 15.11.2009 ruft ein Bündnis aus antifaschistischen<br />
und linksradikalen Gruppen zum Protest gegen<br />
das gruselige Trauerritual auf.<br />
Der „Volkstrauertag“ als ganzes hat sowohl eine politisch<br />
untragbare Tradition, als auch eine nach wie vor geschichtsrevisionistische<br />
und militaristische Gegenwart.<br />
Der Volkstrauertag wurde vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürs<strong>org</strong>e<br />
in der Weimarer Republik mit eindeutig revanchistischer<br />
Stoßrichtung etabliert. Die Reden zu diesem Tage waren meistens<br />
mit der Forderung nach Rücknahme der Versailler Verträge und<br />
Ansprüchen auf das im Ersten Weltkrieg verlorene Elsass verbunden.<br />
Die allgemeine Losung war, denen zu gedenken, die „sterben<br />
mussten, damit Deutschland lebe“.<br />
Während der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürs<strong>org</strong>e (VDK)<br />
sich heute einer so deutlichen Verherrlichung der Kriegstoten<br />
enthält und lieber allgemein von „Frieden und Versöhnung“ spricht,<br />
wollen rechte und rechtsradikale Kreise nicht bloß trauern, sondern<br />
die deutschen Soldaten als Helden feiern. Was beiden aber<br />
gemeinsam ist, ist dass ihnen die Gefallenen vor allem als ehrbare<br />
Opfer gelten. Bei beiden wird also – allerdings auf sehr verschiedene<br />
Weise – der Versuch gemacht, aus Tätern Opfer zu machen<br />
und damit die deutsche Geschichte umzuschreiben. Damit wird ein<br />
positiver Bezug auf die deutsche Nation erleichtert. Besonders im<br />
Gedenkjahr 2009 stehen die Veranstaltungen zum Volkstrauertag<br />
damit in einer Reihe mit anderen geschichtspolitischen Veranstaltungen,<br />
mit denen sich die deutsche Gesellschaft ihrer guten nationalen<br />
Identität zu vergewissern sucht.<br />
Das „Heldengedenken“ am Columbiadamm ist dabei die konsequenteste<br />
Ausprägung dieses Versuchs. Veranstalter ist der Ring<br />
Deutscher Soldatenverbände (RDS Berlin). Neben Vereinigungen<br />
wie der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger, dem Kyffhäuserbund,<br />
dem Stahlhelm, der Burschenschaft Gothia, dem Bund<br />
der Vertriebenen, der Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der<br />
ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS (HIAG) und der NPD und<br />
DVU ließ sich auch eine Delegation des VDK in den vergangen<br />
Jahren die Ehre nicht nehmen, an der gruseligen Veranstaltung teilzunehmen.<br />
Der Friedhof am Columbiadamm eignet sich hervorragend für<br />
ein solches Ritual. Auf ihm finden sich neben zahlreichen Gräbern<br />
aus den beiden Weltkriegen mehrere monumentale Denkmäler,<br />
die in militaristischer Manier die toten Soldaten zu Helden und<br />
Vorbildern erklärt. Diese Ehrungen betreffen auch Soldaten, die am<br />
Vernichtungsfeldzug in Osteuropa und an den damit verbundenen<br />
unzähligen Verbrechen der Wehrmacht beteiligt waren. Neben<br />
diesen Kriegsverbrechern wird auf dem Garnisonfriedhof auch<br />
den Gefallenen im Kolonialkrieg in „Deutsch Südwestafrika“ (dem<br />
heutigen Namibia) gedacht, einem Vernichtungsfeldzug gegen die<br />
aufständischen Herero und Nama, einem weitgehend verdrängten<br />
Genozid. Zwar wurde am 02.10.2009 ein Gedenkstein für die Opfer<br />
dieses Völkermordes neben dem Hererostein aufgestellt, jedoch<br />
vermeidet dieser den Begriff „Genozid“ und unterstreicht damit<br />
die relativierende Betrachtung der deutschen Kolonialgeschichte.<br />
Der Garnisonsfriedhof am Columbiadamm ist damit ein wichtiger<br />
Bestandteil einer relativierenden militaristischen Erinnerungskultur,<br />
die den Einsatz von Soldaten für ihr Vaterland bis in den Tod<br />
bis heute für ehrbar hält. Kein Wunder also, wenn er jährlich Nazis,<br />
6
echtskonservative, Reaktionäre und Deutschnationale anzieht.<br />
Kein Wunder auch, dass dieses Treffen immer wieder anschlussfähig<br />
ist für die bürgerliche Mitte. Zwar ist es hier durch antifaschistische<br />
Proteste zuletzt gelungen, die Veranstaltung gesellschaftlich<br />
zu isolieren und Vertreter_innen der „Demokratischen Parteien“<br />
(noch 2006 legte der FDP-Bezirksverband Neukölln einen Kranz<br />
nieder) und der Bundeswehr eine Teilnahme unmöglich zu machen.<br />
Auch ging die Zahl der Teilnehmer_innen in den letzten Jahren<br />
zurück. Trotzdem ist es bis heute nicht gelungen, diesem nationalistischen,<br />
reaktionären und geschichtsrevisionistischen Treiben ein<br />
Ende zu bereiten. Daher gilt es auch dieses Jahr, der Veranstaltung<br />
lauten und unversöhnlichen Protest entgegenzubringen.<br />
Eine linksradikale Kritik am Umgang mit der deutschen Geschichte<br />
darf aber nicht bei deren Interpretation durch den rechten<br />
Rand stehen bleiben, sondern muss ihre bürgerlichen und zivilgesellschaftlichen<br />
Formen ebenso einer Kritik unterziehen. Denn<br />
die unsägliche Darstellung der deutschen Kriegstoten als bloße<br />
Opfer findet ebenso bei den vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürs<strong>org</strong>e<br />
(VDK) <strong>org</strong>anisierten Feiern zum Volkstrauertag statt.<br />
Dass ihr Tod zwar für die Familien ein Verlust, für den Rest der<br />
Menschheit allerdings ein Glück war, dass also jeder tote Wehrmachtssoldat<br />
einen weiteren Schritt für die Beendigung des deutschen<br />
Wütens während des Zweiten Weltkrieges bedeutete, das<br />
taucht nicht auf. Krieg und Shoah werden fein getrennt, der deutsche<br />
Soldat erscheint als gänzlich unpolitisch, als jemand, der nur<br />
seine Pflicht erfüllt, bzw. Befehlen folgen musste, zum Einsatz eben<br />
gezwungen wurde. Sie werden damit zu willenlosen Vollstreckern<br />
eines bösen Willens deklariert, dem zu widersetzen angeblich gar<br />
nicht möglich war. Ohnehin erscheint der Einsatz des eigenen Lebens<br />
für das Vaterland als das Natürlichste, denn die eigene Nation<br />
ist selbst schon als Teil der eigenen Natur erkannt und ideologisch<br />
abgesichert. Dem Staatswillen und sei er auch der Schlimmste, sich<br />
durch Desertation zu entziehen, gilt vielen noch immer als Verrat.<br />
Zudem widerspricht ein jeglicher solcher Akt der These der Unschuld<br />
der Übrigen. Ist die Möglichkeit zu desertieren erstmal geleugnet,<br />
erscheint die Tatsache, dass da massenhaft junge deutsche<br />
Männer zu Massenmördern wurden, nicht als deren eigene Tat,<br />
sondern als traurige Verstrickung, als Tragödie. Vernichtungskrieg<br />
in Osteuropa und die Shoah: eine Tragödie. So denkt sich der VDK<br />
die Geschichte und so will sie die Mehrheit der Deutschen sehen.<br />
Nachdem man sich also so mit der deutschen Geschichte versöhnt<br />
hat, sollen es die anderen gefälligst auch tun. Die Versöhnung<br />
über den Gräbern, die sich da herbeigewünscht wird, ist nach<br />
dieser Geschichtsauffassung eine Versöhnung von Opfern mit Opfern.<br />
Die Tatsache, dass der Volksbund in Polen einfällt, dort große<br />
Grabfelder für Wehrmachtssoldaten anlegt und dann noch von der<br />
polnischen Bevölkerung Versöhnung verlangt, kommt den wenigsten<br />
Deutschen merkwürdig vor.<br />
Mag auch der VDK Nazi-Heldengedenken nur tolerieren und<br />
selbst programmatisch nicht aufnehmen, so zeigt sich doch das<br />
bürgerlichere Konzept von Versöhnung und Täter-Opfer-Gleichsetzung<br />
ohnehin als zeitgemäßer.<br />
Im Volkstrauertag begegnen sich zwei Linien des aktuellen nationalistischen<br />
Diskurses: Einerseits wird die deutsche Geschichte<br />
zu einer Geschichte umgeschrieben, in der – abgesehen von einer<br />
kleinen Täterclique um einen wahnsinnigen Österreicher – nur<br />
noch Opfer vorkommen, und dadurch ein positiver Bezug auf<br />
die deutsche Nation ermöglicht. Mit der Forderung nach Versöhnung<br />
wird eine „ganz normale deutsche Nation“ beschworen, die<br />
demnach auch den Anspruch hat, „wie alle anderen auch“ ihre<br />
staatlichen Interessen in der Welt mit Nachdruck und ggf. Militär<br />
auch durchzusetzen. Gleichzeitig wird im Gedenken an die Soldaten<br />
auch ein positiver Bezug auf deutsches Soldatentum, auf Ehre,<br />
Pflichterfüllung und Vaterlandsliebe wach gehalten und damit eine<br />
ideologische Absicherung deutscher Kriegseinsätze betrieben.<br />
Wir wollen keine Helden, wir wollen keine Versöhnung mit der<br />
Vergangenheit, wir wollen keine Versöhnung mit der Nation.<br />
Deutschland muss sterben, damit wir leben können!<br />
Beteiligt euch zahlreich an der Gegenkundgebung am<br />
15.11.2009 ab 10.00 Uhr am Garnisonsfriedhof Columbiadamm<br />
und achtet auf entsprechende Ankündigungen<br />
„ Donny! Hier will´n Deutscher für sein Vaterland sterben. Tu ihm den Gefallen.“ (Brad Pitt als Lt. Aldo Raine in Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“)<br />
11
Der Zukunft zugewandt - Gedenkpolitik in der BRD<br />
Der 9. November steht mal wieder vor der Tür und das<br />
offizielle Gedenken an die Reichspogromnacht wird wie<br />
üblich äußerst dürftig ausfallen. Stattdessen erwartet uns<br />
der von allen Seiten zelebrierte 20. Jahrestag des Mauerfalls. Um<br />
das Verhältnis zwischen Erinnern und Gegenwart soll es hier gehen.<br />
Die Gedenkpolitik der BRD lässt sich grob mit zwei Stichworten<br />
umschreiben. Erstens eine kaum aufgearbeitete nationalsozialistische<br />
Vergangenheit und zweitens die Totalitarismustheorie als<br />
Grundlage ‚modernen‘ Gedenkens.<br />
In den ersten Jahren der BRD wurde durch kollektives Totschweigen<br />
des Geschehenen sowohl der Wiederaufstieg von<br />
NS-Eliten im Wirtschaftswunder begünstigt, als auch die Verdrängung<br />
der nationalsozialistischen Vergangenheit aus den Köpfen<br />
erleichtert. Erst mit der 68‘er Bewegung begann die Aufarbeitung<br />
der Verbrechen der Eltern und Großeltern. Infolge dessen fand<br />
unter anderem auch eine Liberalisierung der Gesellschaft statt.<br />
Nun begannen aber auch schon wieder die Angriffe auf das neue<br />
Geschichtsbewusstsein. In den 80ern, während der Kohl-Ära, fingen<br />
namhafte Historiker an öffentlich die Singularität des Holocaust<br />
anzuzweifeln und die Frage nach der Schuld der Deutschen zu relativieren.<br />
Einer dieser Historiker, Ernst Nolte bemerkte dazu: „Die<br />
Rede von der ‚Schuld der Deutschen‘ übersieht allzu geflissentlich<br />
die Ähnlichkeit mit der Rede von der ‚Schuld der Juden‘, die ein<br />
Hauptargument der Nationalsozialisten war.“[1] Das passierte<br />
ganz im Sinne der vom damaligen Bundeskanzler Kohl propagierten<br />
‚geistig-moralischen Wende‘, was nichts anderes bedeutete, als<br />
endlich einen Schlussstrich zu ziehen.<br />
Zu einem Zeitpunkt, da die BRD bereits dabei war, die Verbrechen<br />
des Nationalsozialismus vergessen zu wollen, kam es nun zum<br />
Fall der Mauer und zur ‚Wiedervereinigung‘. Die Teilung Deutschlands,<br />
die die Deutschen sozusagen als greifbares Mahnmal an ihre<br />
Vergangenheit erinnerte, war vorüber und mit ihr auch diese ‚Zeit<br />
der Buße‘. Der Tenor ging dann sogar dahin zu sagen, Deutschland<br />
habe seine Schuld gegenüber der Vergangenheit durch die<br />
Jahre der Trennung abgesessen und sei jetzt als wiedervereinigtes<br />
Deutschland geläutert und in der Normalität angekommen. Diese<br />
neue Normalität begann dann auch sogleich um sich zu schlagen.<br />
Als während des serbisch-bosnischen Krieges Anfang der 90er jede<br />
Menge Intellektuelle, wie z.B. Daniel Cohn-Bendit oder Günter<br />
Grass, unter Bezugnahme gerade der deutschen Vergangenheit<br />
zur gewaltsamen Teilnahme daran aufriefen, schien das schon fast<br />
niemanden mehr zu stören. Es war jedoch nur das V<strong>org</strong>eplänkel<br />
zum Kosovo-Krieg, wo sich das neue deutsche Selbstbewusstsein<br />
endlich außerhalb der eigenen Grenzen beweisen durfte. Unter<br />
der Prämisse nicht trotz, sondern gerade wegen Auschwitz müsse<br />
Deutschland in den Krieg ziehen, etablierte die damalige Rot-Grüne<br />
Bundesregierung das aktuelle Verhältnis zur NS-Vergangenheit.<br />
Die Verbrechen des Nationalsozialismus sollen nicht mehr Mahnung<br />
an die Vergangenheit sondern politisches Argument für die Zukunft<br />
sein.<br />
Ein verklärter Bezug auf die Vergangenheit zum vermeintlich<br />
besseren politischen Handeln ist zwar keineswegs neu, erreicht<br />
aber mit der Instrumentalisierung des Nationalsozialismus und insbesondere<br />
des Holocaust eine neue Dimension. Durch den inflationären<br />
und beliebigen Gebrauch werden sowohl der Nationalsozialismus<br />
als auch seine Verbrechen und insbesondere der <strong>org</strong>anisierte<br />
Massenmord an den Jüdinnen und Juden relativiert.<br />
Doch auch in der offiziellen Gedenkpolitik ist die deutsche<br />
Politik in eine neue Episode eingetreten. Im Supergedenkjahr 2005<br />
wurde endlich, 60 Jahre nach Ende des Holocaust, das Denkmal<br />
für die ermordeten Juden eröffnet und durch die Einrichtung der<br />
Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft sollen auch die<br />
letzten Rechtsansprüche der noch lebenden Überlebenden des<br />
Holocaust abgewiegelt werden. Damit wurde gleichsam neben dem<br />
oben genannten moralischen Schlussstrich nun auch ein praktischer<br />
gezogen und die Vergangenheit kann nun auch in Deutschland das<br />
sein was sie schon immer sein sollte, eine bedauerliche, aber endlich<br />
aufgearbeitete Vergangenheit.<br />
Doch die deutsche Gedenkpolitik ist damit keineswegs abgeschlossen.<br />
Eine andere Vergangenheit drängt in den letzten Jahren<br />
vermehrt ins Zentrum der Diskussion, nämlich die, der ‚Opfer der<br />
SED-Diktatur‘. Im Grunde schon seit nunmehr 20 Jahren gibt es<br />
dieses Bestreben. Neben der allgegenwärtigen NS-Vergangenheit<br />
war es jedoch nicht möglich die DDR-Vergangenheit in das Licht zu<br />
rücken, welches ihr angeblich zusteht. Im Zuge der Abwertung des<br />
Nationalsozialismus werden nun die Verbrechen der DDR aufgewertet.<br />
Die These von der Überwindung zweier Diktaturen auf<br />
deutschem Boden wird somit zum neuen Leitsatz der Gedenkpolitik<br />
erhoben. Mauertote und ausgebürgerte DDR‘lerInnen werden<br />
mit deportierten und industriell ermordeten Jüdinnen und Juden zu<br />
einem Brei verrührt. So sieht das antitotalitäre Gedenkkonzept der<br />
BRD heute aus. Diese Form der Gedenkpolitik hat zur Folge, dass<br />
der Nationalsozialismus und seine Verbrechen relativiert werden.<br />
Generell wird schon seit dem Aufkommen der Totalitarismustheorie<br />
im Kalten Krieg versucht Faschismus und Kommunismus<br />
in eine Ecke zu rücken, der die westlichen Demokratien gegenüberstehen.<br />
Und ganz speziell geht es in der BRD eben darum, die<br />
Opfer des Nationalsozialismus mit den Opfern der ‚SED-Diktatur‘<br />
gleichzusetzten und ferner den Begriff „Opfer von Gewaltherrschaft“<br />
an sich zur zentralen Wesensverwandtschaft „totalitärer<br />
Staaten“ zu prägen, ungeachtet ihrer sehr viel wesentlicheren Unterschiede.<br />
Dieser Opferbegriff hat dann zur Folge, dass sich Deutschland<br />
je nach Anlass als Opfer zweier Diktaturen oder aber als deren<br />
Bezwinger stilisieren kann. Ein angemessener Umgang mit der Geschichte<br />
ließe so einen Schwachsinn sicher nicht zu.<br />
Das Geschichtsverständnis und die Gedenkpolitik der BRD<br />
haben also zwangsläufig die Verharmlosung und Relativierung des<br />
Nationalsozialismus zur Folge. Daher werden wir am 9. November<br />
nicht feiern, sondern den Opfern des Nationalsozialismus und speziell<br />
denen des 9. November 1938 gedenken.<br />
[1]Ernst Nolte: Vergangenheit, die nicht vergehen will, FAZ 6.6.1986<br />
Antifa TU Berlin<br />
8
Marc Kluge<br />
Daniel Pommerenke<br />
sozialrevolutionär - nationalrevolutionär?<br />
Aktivitäten von Querfront-Neonazis unterbinden!<br />
Anti-EU-Demo 05.09.2009<br />
links Marc Kluge,<br />
rechts Daniel Pommerenke<br />
„Linke“ Neonazis machen<br />
auf „Querfront“<br />
und agitieren für einen<br />
„souveränen sozialistischen<br />
Nationalstaat“.<br />
Sie haben „keinen Bock<br />
auf Kapitalismus“, sind<br />
genervt von „Faschos“<br />
und „Autonomen“ und<br />
sind auf der Suche nach<br />
einem angeblich neuen<br />
Weg „der globalen Krise und den Zuständen des 21. Jahrhunderts<br />
zu entkommen“. Nach ihrer Auffassung „wächst die Zahl der politisch<br />
Denkenden, deren Selbsteinschätzung sich nicht mehr in links<br />
oder rechts erschöpft“ und daraus resultierend kann „die nationale<br />
und die soziale Frage nur gemeinsam gelöst werden“ in einem<br />
zukünftigen „Bündnis zwischen der sozialistischen und nationalen<br />
Bewegung“. Die Querfront-Neonazis hinterlegen ihren „neuen bzw.<br />
dritten Weg“ mit einem Ideologie-Mix aus nationalrevolutionären/<br />
nationalbolschewistischen Klassikern, ein bisschen Marx, Lenin, Anarchosyndikalismus<br />
und natürlich den Vorstellungen der Protagonisten<br />
des linken Flügels der NSDAP.<br />
Mit dem „Netzwerk sozialistische Nation“ (NWSN) haben sie<br />
sich einen <strong>org</strong>anisatorischen Rahmen gegeben, der in Kollektive<br />
Nord, West, Ost, Süd unterteilt ist. Auch in Berlin sind die sozial/nationalrevolutionären<br />
Neonazis nun schon mehrmals aufgetaucht. Am<br />
1. Mai 2009 tauchte dieser Personenkreis in Berlin auf der DGB-Demo<br />
im Klassenkampfblock mit einem Transpi auf mit der Aufschrift<br />
„Das Eigentum in fremder Hand? Unsere Antwort: Klassenkampf!“.<br />
Erst im Nachhinein haben die OrganisatorInnen des Blockes festgestellt,<br />
dass sich hinter der Gruppierung mit der Website www.<br />
sozrev-m.info, eine neonazistische nationalrevolutionäre Querfront-<br />
Kameradschaft verbirgt. Sie nennen sich „Sozialrevolutionäre Alternative<br />
Mitte“ (SAM) und gehören dem NWSN an. Auf ihrer Website<br />
berichten die Kameraden dann auch noch ausführlich über ihre Teilnahme<br />
an der „revolutionären 1. Mai Demo“ um 18 Uhr in Berlin-<br />
Kreuzberg. Weiterhin prahlen sie mit der Teilnahme an verschiedenen<br />
linken Demos und Veranstaltungen. So haben Personen aus<br />
dem sozial/nationalrevolutionären Spektrum u. a. im April 2009 an<br />
den „Sozialismustagen“ der Sozialistischen Alternative Voran (SAV)<br />
in dem Berliner Jugendkulturzentrum Pumpe teilgenommen. Offensichtlich<br />
wurden sie auch hier nicht wahrgenommen.<br />
Bisherige Recherchen ergaben, dass SAM aus Sachsen-Anhalt<br />
kommt und mit 6-10 Personen zu verschiedenen Veranstaltungen in<br />
Berlin angereist ist. Am 05.09.2009 wollten sie an der großen Anti-<br />
Atom-Demo teilnehmen, wurden dann aber von einigen misstrauischen<br />
Leuten angesprochen und weggeschickt.<br />
Am gleichen Tag beteiligten sie sich dann am frühen Abend an<br />
der u.a. von Jürgen Elsässer <strong>org</strong>anisierten Anti-EU-Demo gegen den<br />
„Lissabonner Vertrag“. Thematisch waren die Querfront-Neonazis<br />
von SAM hier auf jeden Fall richtig, denn Jürgen Elsässers Thesen mit<br />
der Fixierung auf den Nationalstaat und gegen das internationale Finanzkapital<br />
ist natürlich eine Einladung für Nationalisten sämtlicher<br />
Couleur.<br />
Die sozial/nationalrevolutionären Kameraden beteiligten sich bei<br />
dieser „Elsässer-Demo“ mit einem Transparent auf dem sie dreisterweise<br />
Symboliken der linken Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter<br />
Union (FAU) benutzten. Zwei Leute am Transpi, der Magdeburger<br />
Daniel Pommerenke und Marc Kluge aus Wernigerode, sind in<br />
Sachsen-Anhalt als Neonazis bekannt. Daniel Pommerenke hat noch<br />
vor zwei Jahren mit Matthias Gärtner (Bundesschulungsleiter der<br />
JN) zusammen auf einer „getarnten“ JN-Liste bei den Uni-Wahlen<br />
in Magdeburg teilgenommen hat. Außerdem scheint er sich für das<br />
Thema Tierschutz zu interessieren - er nahm in der Vergangenheit<br />
auch an entsprechenden Veranstaltungen der Grünen teil. Marc Kluge<br />
war jahrelang in der NS-Hardcoreszene und mit dem JN-Bundesvorsitzenden<br />
Michael Schäfer zusammen für die JN aktiv. 2007<br />
kandidierte er für die NPD bei den Kreistagswahlen.<br />
Auf der Anti-EU-Demo verteilten sie ein Flugblatt, das sich relativ<br />
dilettantisch auf EU- und Globalisierungsproblematik bezieht<br />
und dann zu dem Schluss kommt, dass die einzige Alternative „der<br />
souveräne sozialistische Nationalstaat mit seinen regulierenden<br />
Möglichkeiten“ ist und „Deutschland und die anderen Länder Europas<br />
müssen erst ihre eigene volle Souveränität zurückerlangen und<br />
einen basisdemokratischen Sozialismus des 21. Jahrhunderts etablieren,<br />
bevor wirklich grundlegende Debatten darüber geführt werden<br />
können wie eine europäische und internationale Kooperation aussehen<br />
soll.“ Am Ende des Flugis wird auf die Website www.eco-revolution.tk<br />
hingewiesen, die vom Namen her erstmal nicht NS- und<br />
nationalistische Inhalte vermuten lässt. Das ändert sich dann aber<br />
spätestens nach einem Blick auf die verlinkten Websites z. B. „www.<br />
fahnentraeger.com“. Der „Fahnenträger“ ist quasi das Zentral<strong>org</strong>an<br />
der „sozial/nationalrevolutionären“ und mit dem linken Flügel der<br />
NSDAP sympathisierenden Neonazis.<br />
Weiterhin stößt man auf das NWSN, das unter www.nwsn.info/<br />
erreichbar ist und auf Lars Poppke aus Soltau/Niedersachsen registriert<br />
ist. Am 01.Dezember 2007 trug er auf der Neonazi-Demo in<br />
Berlin Rudow ein Transparent „Querfront - gemeinsam statt gegeneinander“.<br />
Damals war er noch zusammen mit Söhnke Dorten bei<br />
den „Autonomen Nationalisten Nord/West“ aktiv.<br />
2009 versuchten die beiden Soltauer, Poppke und Dorten sich<br />
dann über die Piratenpartei zu den Bundestagswahlen als Direktkandidaten<br />
aufstellen zu lassen, scheiterten aber an zu wenig Unterstützungsunterschriften<br />
bzw. traten von der Kandidatur zurück,<br />
nachdem ihr neonazistischer Background von AntifaschistInnen öffentlich<br />
gemacht wurde.<br />
Aber auch in der NS-Szene sind zumindest diese beiden „linken“<br />
Neonazis nicht sonderlich beliebt. So wurden sie Anfang April 2008<br />
auf der neonazistischen Internetplattform „Altermedia“ als „nationale<br />
Antifaschisten“ geoutet und in der Konsequenz wollten neonazistische<br />
Zusammenhänge mit ihnen nichts mehr zu tun haben.<br />
Aus dem Agieren der Neonazis vom „Netzwerk sozialistische<br />
Nation“ ziehen wir als AntifaschistInnen nur ein Fazit - sie energisch<br />
vor die Tür zu setzen, überall dort wo sie auftauchen. Dem deutschen<br />
Nationalismus ist eine klare Absage zu erteilen, egal in welcher<br />
ideologischen Variante er daherkommt.<br />
Antifa-Recherche Berlin-Brandenburg:,<br />
fightback@no-log.<strong>org</strong><br />
Neonazis der SAM im Klassenkampfblock der 1.Mai DGB-Demo 2009<br />
9
Antisemitismus im Prenzlauer Berg<br />
Immer wieder hört man von jüdischen Friedhöfen und Gedenktafeln,<br />
die beschädigt, beschmiert oder zerstört werden,<br />
von Menschen, die angegriffen werden, weil sie als Jüd_in<br />
erkennbar sind und von antiisraelischen Demonstrationen, die mit<br />
Hizbollah- oder Hamas-Fahnen, mit „Kindermörder“-Rufen und<br />
Juden-Nazi-Vergleichs-Plakaten zu antisemitischen Manifestationen<br />
werden. Doch Antisemitismus fängt nicht erst dort an, wo er sich<br />
in Demonstrationen oder Gewalt Bahn bricht. Im als alternativ<br />
bekannten Bezirk Prenzlauer Berg, in der Schönhauser Allee, tritt<br />
die ganze Realität der deutschen Gesellschaft nach 1945 offen zu<br />
Tage. Eine empörte Hausverwalterin hetzt in antisemitischer Manier<br />
gegen die Conference for Jewish Material Claims against Germany<br />
(CJMCAG), weil eine Freundin von ihr durch ein ordentliches Verfahren<br />
vor dem Berliner Verwaltungsgericht ihre Immobilie Ende<br />
2008 abgeben musste.<br />
Die Fakten<br />
Das Haus auf der Ecke Schönhauser Allee/Paul-Robeson-Str.<br />
wurde 1938 von einem jüdischen Eigentümer an einen Deutschen<br />
verkauft und fällt somit in einen Zeitraum (1933-45), für den jüdische<br />
Überlebende des Holocausts, ihre Rechtsnachfolger_innen<br />
oder die CJMCAG Ansprüche vor deutschen Gerichten geltend<br />
machen können. In dieser Zeit wurden tausende jüdische Immobilien<br />
und Kunstbestände „arisiert“, d.h. sie wurden zwangsversteigert<br />
oder aber die Besitzer_innen waren gezwungen, ihre Güter von<br />
sich aus weit unter Wert zu verkaufen. Die schrittweise und konsequente<br />
Entrechtung sowie Enteignung der jüdischen Bevölkerung<br />
war die Vorstufe des industriellen Massenmordes. Mit der Verabschiedung<br />
der Nürnberger „Rassegesetzgebungen“ im Jahre 1935<br />
führten immer neue Gesetze dazu, dass Jüdinnen und Juden ihren<br />
Besitz, ihrer Bewegungsfreiheit und Möglichkeiten Schutz zu suchen<br />
verloren. Heute lässt sich nicht ohne größeren Aufwand herausfinden,<br />
wie viele Immobilien tatsächlich enteignet wurden. Jedoch<br />
weisen öffentliche Auseinandersetzungen der letzten Jahre darauf,<br />
dass das Netz von enteigneten jüdischen Immobilien im Kern von<br />
Ost-Berlin sehr engmaschig war.<br />
„Stop the Claims“ <br />
Die Verantwortliche der Homepage „stoptheclaims“, Erika Eckmüller,<br />
hat keine Mühen gescheut, um die „Ungerechtigkeit“, die ihr<br />
(oder genauer ihrer Freundin) widerfahre, unter Beweis zu stellen.<br />
Sie hat historische Dokumente vom Landeshauptarchiv Berlin-Brandenburg<br />
angefordert, die belegen sollen, dass in diesem Fall der „jüdische<br />
Besitzer nicht unter Wert und nicht unter Zwang“ sein Haus<br />
verkauft habe. Allein der Name der Homepage lässt keinen Zweifel<br />
zu, worum es der deutschen Immobilienmaklerin eigentlich geht:<br />
„Stop the Claims!“ bedeutet „Stoppt die Ansprüche“ von jüdischen<br />
Organisationen oder Rechtsnachfolger_innen, also Erben von Jüdinnen<br />
und Juden, die während des Nationalsozialismus ihr Grundstück<br />
verloren haben. Die antisemitischen Positionen Eckmüllers werden<br />
insbesondere in ihren Zuschreibungen deutlich, welche die Arbeit<br />
der CJMCAG, ihrem juristischen Gegenüber, verunglimpfen sollen.<br />
Um ihrer Argumentation auf den Grund zu gehen, haben wir uns<br />
die Texte auf ihrer Homepage ein wenig genauer angeschaut: <br />
Antisemitische Weltverschwörung Die CJMCAG, von<br />
Eckmüller einfach nur „Claims“ genannt, „haben ja unsere Regierung<br />
und damit auch unsere Gerichte voll hinter sich. Die Claims<br />
hat mit ihrem vielen Geld überall ihre Nase drin. Sie unterwandern<br />
sämtliche Institutionen“. Nationalsozialistischen oder islamistischen<br />
Karikaturen von Juden kann genau diese Behauptung auch<br />
entnommen werden. Dort werden Juden, genau wie bei Eckmüller,<br />
durch stereotype Darstellungen, z.B. mit übergroße Nasen als<br />
solche identifizierbar gemacht. Sie halten die Strippen eines Marionettenspiels,<br />
an deren Enden Politiker, Medien- oder Wirtschaftsvertreter,<br />
manchmal einfach die ganze Welt hängen. Eine weitere<br />
Zuschreibung fügt sich ebenso in die von Eckmüller halluzinierte<br />
Abstraktheit der CJMCAG ein: „In Wirklichkeit steht dahinter eine<br />
Organisation, die sich die eigenen Taschen vollstopft. Die jüdischen<br />
Betroffenen erhalten lediglich einen Bruchteil vom Ganzen, wenn<br />
überhaupt.“ Mit wenigen Clicks hätte Eckmüller auf der offiziellen<br />
Seite CJMCAG herausfinden können, dass weltweit unterschiedlichste<br />
soziale Projekte, hauptsächlich im Bereich der Altenpflege<br />
aber auch im Bildungs- und Forschungsbereich von dem verwalteten<br />
Geld gefördert werden. Auf Eckmüllers Homepage wird<br />
„behaupte[t] dass beim Verwaltungsgericht kein Prozess gegen die<br />
Claims gewonnen werden darf.“ Einer Erklärung der CJMCAG vom<br />
14. Mai 2008 ist jedoch die erschreckend geringe Zahl von gerade<br />
Mal 14 Prozent gewonnener Fälle im Bereich der Immobilien- und<br />
Geschäftsrückerstattung zu entnehmen. Demnach sind bis zu diesem<br />
Datum 121.106 Ansprüche vor deutschen Behörden gestellt<br />
worden, von denen 12.082 zu Gunsten der CJMCAG entschieden<br />
wurden. Eckmüller geht es jedoch nicht um die Vermittlung von<br />
Fakten, sondern lediglich um die Plausibilisierung ihrer antisemitischen<br />
Positionen. <br />
Einmal deutsche Opferrolle vorwärts, bitte! Eckmüller<br />
betrachtet die seit den 1950er Jahren für Westdeutschland und<br />
seit den 1990er Jahren für die wiedervereinigte BRD geltenden<br />
Widergutmachungsgesetze als „eine Unverschämtheit unserer Bevölkerung<br />
gegenüber, die davon betroffen sind.[...] Hier wird begangenes<br />
Unrecht mit neuem Unrecht versucht, Widergutmachung zu<br />
üben.“ (Fehler im Original) Nur Menschen, die sich niemals wirklich<br />
mit dem Nationalsozialismus und der millionenfachen Vernichtung<br />
10
der Jüd_innen beschäftigt haben, können in dieser relativierenden<br />
Form von „Unrecht“ sprechen. Vielmehr muss von einer schrittweisen<br />
Entrechtung und Entmenschlichung von Jüdinnen und Juden<br />
gesprochen werden, die es der deutschen Bevölkerung ermöglichte,<br />
sich einerseits auf der Seite des Gesetzes zu wähnen und andererseits<br />
an der Shoa mitzuwirken. Eckmüller vollzieht in der zitierten<br />
Passage die für Antisemit_innen nach 1945 populärste Argumentationsstrategie:<br />
die Täter-Opfer Umkehr. Danach sind heute die Deutschen,<br />
nicht selten aber auch die Palästinenser_innen, Opfer von<br />
Jüdinnen und Juden, die aufgrund von Auschwitz, so die Logik, eine<br />
rücksichtslose Politik der Aneignung und Unterdrückung praktizieren<br />
können und so zu den „Tätern“ der Gegenwart würden. <br />
Eckmüller schreibt inzwischen auf ihrer Seite, dass<br />
sie weiteren „Betroffenen“ helfen und mit Hilfe eines<br />
neugegründeten Vereins ihre Arbeit gegen der CJM-<br />
CAG professionalisieren wollte. Das scheint allerdings<br />
bis heute noch nicht verwirklicht worden sein. Die Intervention<br />
der EAG gegen Eckmüller und ihr Projekt<br />
- ein breit gestreuter Artikel und ein Großplakat vor<br />
dem Haus - wurde von vielen Anwohner_innen mit Interesse<br />
aufgenommen. Allerdings erreichten uns auch<br />
Beschimpfungen und Unterstützermails für Eckmüller.<br />
Diese sieht sich auf der richtigen Seite. Dass Neonazis<br />
sie nicht unterstützen würden, sei ein Zeichen dafür,<br />
dass sie nicht antisemitisch sein könne.<br />
Emanzipative & Antifacschistische Gruppe [EAG],<br />
Oktober 2009<br />
Antifa Infoblatt #84<br />
Das <strong>Antifaschistische</strong> INFO-Blatt<br />
ist eine bundesweite <strong>Zeitung</strong> aus<br />
Berlin und berichtet beständig über<br />
Entwicklungen der extremen Rechten<br />
und antifaschistische Aktivitäten.<br />
Das AIB wird von einem Redaktionskollektiv<br />
herausgegeben.<br />
Preis für ein Einzelheft: 3,10 Euro,<br />
im Ausland 4,10 Euro.<br />
Kontakt<br />
<strong>Antifaschistische</strong>s Infoblatt<br />
Gneisenaustraße 2a<br />
10961 Berlin<br />
www.nadir.<strong>org</strong>/nadir/periodika/aib/<br />
aib@mail.nadir.<strong>org</strong><br />
11
Unter aller Augen<br />
Joel König schreibt in Aufzeichnung über seine<br />
illegale Zeit im Hansa-Viertel:<br />
„Die Levetzow-Synagoge lag an einer stark<br />
belebten Straßenkreuzung gerade neben dem<br />
Postamt NW 87. Bei aller geschäftigen Eile konnte<br />
den Berlinern nicht entgehen, dass sich die<br />
Berliner Juden, jung und alt, in das Gotteshaus<br />
schleppten, beladen mit Rucksäcken und Handgepäck.<br />
Als ich mich später aus meinem Versteck<br />
herauswagte, sah ich mit eigenen Augen, daß sie<br />
[die Berliner] es sahen.“<br />
Sandvoß, Hans-Rainer: Widerstand in Mitte und<br />
Tiergarten, Berlin 1999, S. 316<br />
12<br />
Gerhard Bunge berichtet 1991 im Tagesspiegel:<br />
“(…) daß der Deportationsv<strong>org</strong>ang von Berlinern<br />
jüdischen Glaubens keineswegs von absoluter<br />
Geheimhaltung umgeben war.<br />
Ich wohnte 1941 in der Jagowstraße und besuchte<br />
die Volksschule in der Levetzowstraße.<br />
Unauslöschlich wurde dem damals siebenjährigen<br />
Jungen die Demütigung ärmlich gekleideter Menschen<br />
ins Gedächtnis gebrannt. Mehrmals konnte<br />
ich nämlich auf dem Schulweg beobachten, wie<br />
braun uniformierte Männer diese Mitbürger mit<br />
Fußtritten und Gewehrkolbenstößen aus der Synagoge<br />
über die Straße auf Lastwagen trieben …”<br />
Sandvoß, Hans-Rainer: Widerstand in Mitte und<br />
Tiergarten, Berlin 1999, S. 316<br />
Siegmund Weitlinger, damals beim Vorstand der Jüdischen<br />
Gemeinde aktiv, erinnert sich 1954:<br />
“Technisch erfolgten anfänglich die Abtransporte<br />
in der Weise, dass die Jüdische Gemeinde auf Anfordern<br />
der Gestapo zu den einzelnen Transporten eine<br />
aufgegebene Anzahl von Menschen zusammenstellen<br />
mußte. ...<br />
Die Transporte umfaßten immer 1.000 bis 2.000<br />
Personen, welche sich meist in den späten Abendstunden<br />
bereithalten mußten und von Glaubensgenossen<br />
aus den Wohnungen abgeholt und zum Sammelplatz<br />
geleitet wurden. Dieser war in der letzten Zeit die<br />
Synagoge in der Levetzowstraße. Dort saß ich mit<br />
einem Stab von Mitarbeitern die ganze Nacht, um<br />
Vermögensverzeichnisse aufzunehmen und die Listen<br />
zu führen. Nie werde ich die Nächte vergessen, die<br />
ich dort verbringen mußte. Herzzerreißende Szenen<br />
spielten sich ab. Stets kam es zu Selbstmorden oder<br />
Versuchen hierzu.“<br />
Siegmund Weitlinger rettete sich nach Auflösung<br />
der Jüdischen Gemeinde (Februar 1943) in den Untergrund.<br />
Sandvoß, Hans-Rainer: Widerstand in Mitte und Tiergarten,<br />
Berlin 1999, S. 315<br />
Berichte zum Sammellager Levetzowstraße:<br />
Margot Wolf (*1921) berichtet 1992:<br />
“Eines Tages erfuhr ich durch meine Mutter,<br />
daß meine Eltern und mein Bruder auf einer<br />
‚Transportliste‘ standen. Aus Liebe zu ihnen meldete<br />
ich mich freiwillig dazu – unwissend, daß es<br />
ein Todestransport war. Heute weiß ich, daß es<br />
sich um den 20. „Ost-Transport“ handelte; er ging<br />
in Richtung Reval ab. Etwa 800 Menschen zählten<br />
dazu. Es war Ende September, Anfang Oktober<br />
1942. Wir kamen zunächst in die Levetzowstraße<br />
ins „Sammellager“. (…) Es ging an langen Tischen<br />
vorbei. Dort mußte man Ausweise, Lebensmittelmarken<br />
und anderes Wichtiges und Wertvolles<br />
abgeben. Danach wurden wir auf verschiedene<br />
Räume und Ecken der ehemaligen Synagoge aufgeteilt.<br />
(…)<br />
SS in schwarzer Uniform lief herum. Es war<br />
eine grauenvolle Atmosphäre. Leise diskutierte<br />
ich mit meinem Bruder darüber, ob es später auf<br />
dem Transport eine Möglichkeit zur Flucht gab.<br />
(Er setzte es dann erfolgreich in die Tat um, wurde<br />
aber zuletzt doch noch ermordet.)<br />
Oben (…) auf der Empore (…) sah man die<br />
kleinen Fenster der Synagoge. Ein junges Ehepaar<br />
kletterte heimlich hinauf und stürzte sich in den<br />
Tod.<br />
Eines Tages wurde aus der Transportliste die<br />
Namen von etwa 40 Personen gestrichen. Es geschah<br />
auf Bitten von Fabriken und Werkstätten.<br />
In meinem Fall hatte Werkmeister Daene in der<br />
Berliner Gestapozentrale Burgstraße um mich<br />
gekämpft. So kam ich aus der Levetzowstraße frei,<br />
konnte aber am nächsten Tag noch einmal dorthin,<br />
um mein Gepäck abzuholen. Wie durch eine<br />
glückliche Fügung vermochte ich meinen Vater ein<br />
letztes Mal sehen. Er wurde gerade rausgeführt.<br />
Dabei umarmte ich ihn blitzschnell, um zu erfahren,<br />
ob er gerade geschlagen worden war.<br />
Vater sagte noch die Worte „mein Kind, mein<br />
Kind“; dann wurden wir für immer getrennt.”<br />
Sandvoß, Hans-Rainer: Widerstand in Mitte und Tiergarten,<br />
Berlin 1999, S. 314
Bericht von Herta Pineas über die Zustände auf<br />
den Berliner Deportationsbahnhöfen1942.<br />
Herta Pineas mußte als Helferin der Jüdischen<br />
Gemeinde von 1941 bis 1943 an der Vers<strong>org</strong>ung<br />
der Deportationsopfer mitwirken. Sie war für die<br />
letzte Verpflegung auf dem Bahnhof zuständig. Sie<br />
überlebte in der Illegalität und wanderte 1945 in<br />
die USA aus.<br />
“Wenn es eine ungehetzte Minute gab, erzählten<br />
die Transportler, was sie im Sammellager<br />
hinter sich hatten. Ich wußte es auch durch eine<br />
Freundin, die Ordnerin im Sammellager Levetzowstraße<br />
war. (…) Ich sah auch den Abtransport<br />
der jüdischen Gemeindeangestellten, (…) die moralische<br />
Größe dieser Menschen war überwältigend.<br />
Die anderen Transportler aber waren schon<br />
durch das Sammellager stigmatisiert, verstört,<br />
heruntergekommen, überanstrengt, manche irgendwie<br />
befreit, daß es weiterging, die wenigsten<br />
klar über ihr Schicksal. (…) Menschen kamen auf<br />
Bahren in den Zug. Einen Beingelähmten (Vorsitzender<br />
der jüdischen Körperbehinderten) sah ich<br />
auf den Schultern seines alten Vaters. Fußtritte<br />
der Gestapo von hinten und Drohungen wegen<br />
versteckten und mitgenommenen Geldes gab es<br />
dauernd (…). Abschiedszettel durften wir bei Todesstrafe<br />
nicht annehmen, denn sie konnten über<br />
die V<strong>org</strong>änge in den Sammellagern unterrichten.<br />
Jeder Transport bekam einen jüdischen Transportarzt.<br />
Einen mir bekannten Arzt sprach ich<br />
(…). Er hatte aus seiner Wohnung einen kleinen<br />
Kasten mit Instrumenten und Medikamenten bekommen,<br />
(…) er war Neurologe. Wie hätte er<br />
helfen können, wo doch schon am Bahnsteig die<br />
Medikamente fehlten, wenn einer vor Erschöpfung<br />
umfiel, wo doch die Züge vor der Abfahrt<br />
plombiert wurden und kein Fenster geöffnet<br />
werden durfte. (…) Schon an der Bahn fehlte<br />
die Verpflegung für die Kleinsten. (…) Da hielten<br />
die Kinder die Puppen im Arm und freuten<br />
sich, den Großen nachzureisen, die schon voraus<br />
„abgereist“ waren. Da lag ein Säugling im offenen<br />
Pappkoffer(…). Da quollen die Kinder nur so aus<br />
den geschlossenen Möbelwagen, in die sie eingepfercht<br />
vom Sammellager zur Bahn transportiert<br />
wurden. Mit welchem Neid blickten die Armen,<br />
wenn der Zug sich in Bewegung setzte, jedesmal<br />
auf uns, die wir zurückblieben!<br />
Die Umwohner der Putlitzstraße beobachteten<br />
in Massen von der Brücke aus, die über die<br />
Gleise ging, wie diese Transporte zur Bahn kamen<br />
und vom ungedeckten Bahnsteig aus abgingen.<br />
Wenn wir nach Abfahrt des Zuges zurückkamen,<br />
standen diese Zuschauer noch immer da<br />
– sollten sie nichts von den Dingen gewußt haben?<br />
Und wenn ich es im Sommer 1942 bereits<br />
gewußt habe, (…) sollen es die uns umgebenen<br />
„Arier“ nicht gewußt haben? Nicht alle, aber die<br />
Mehrzahl muß von den Gräueln gewußt haben.<br />
Ich selbst sah doch von meiner Wohnung in der<br />
Levetzowstraße aus, die nicht weit vom Synagogen-Sammellager<br />
lag, die Wohnungsinhaber und<br />
Ladenbesitzer vor die Tür treten und ausführlich<br />
das Einladen der Juden in die Möbelwagen beobachten<br />
Ehrmann, Annegret (u.a.): Die Grunewald-Rampe. Die<br />
Deportation der Berliner Juden, Berlin 1993, S. 97<br />
Die Deportationen vom Bahnhof Putlitzstraße<br />
13
Versteckt in der Waldstr. 6<br />
Werner Foß ( *1928) erinnert sich 1993:<br />
“Von Dezember 1942 bis Kriegsende nahm uns<br />
Fräulein von Schell, die eine persönliche Bekannte<br />
meines Vaters war, in ihrer Ein-Zimmer-Wohnung<br />
mit Küche in Moabit, Waldstraße 6, auf. Sie gab uns<br />
das große Zimmer, während ihr nur die Küche verblieb.<br />
Zeitweise verbargen sich auch Verwandte von<br />
uns dort, so daß manchmal acht bis neun Untergetauchte<br />
in der kleinen Wohnung versteckt waren.<br />
Das einzigartige aber an der Sache war wohl, daß<br />
mehrere NS-Parteigenossen aus dem Haus von unserem<br />
Aufenthalt Kenntnis gehabt haben mußten!<br />
Was uns das Leben rettete war wohl der furchtbare<br />
Bombenkrieg, der unzählige Menschen obdachlos<br />
machte, sowie die Anonymität der Millionenstadt,<br />
die nicht so leicht zu kontrollieren war wie<br />
ein Dorf oder ein Kleinstadt. (…) Sehr gefährlich<br />
war dagegen Stella Kübler, die besonders in Moabit<br />
und im Hansa-Viertel als jüdischer Spitzel der Gestapo<br />
ihr Unwesen trieb, indem sie untergetauchte<br />
Juden aufspürte”.<br />
Sandvoß, Hans-Rainer: Widerstand in Mitte und Tiergarten,<br />
Berlin 1999, S. 335 ff<br />
Harry Foß (1933-1996), Werner Foß` Bruder, beurteilt<br />
1993 die Motive der Beschützer:<br />
“Unabhängig von der starken Sympathie, die Helene<br />
von Schell für meinen Vater aufbrachte, war sie<br />
auch mutig in ihrem ganzen Wesen. Ein ausgeprägtes<br />
Gerechtigkeitsgefühl paarte sich bei ihr mit persönlicher<br />
Furchtlosigkeit. Da sie recht impulsiv sein<br />
konnte, lief das enge Zusammenleben manchmal<br />
nicht ohne Spannungen ab.<br />
Die Situation war auch dadurch sehr ernst, da<br />
unsere Wohnung einen gemeinsamen Korridor (einschl.<br />
Toilette) mit der Wohnung des NS-Blockwartes<br />
Seeliger hatte. Dessen Ehefrau wußte über uns<br />
Bescheid. Aber ihm gingen wir möglichst aus dem<br />
Weg, denn er war überzeugter PG [Parteigenosse,<br />
also ein überzeugter Nazi; Anmerk. d. Verf.]. Zu unserem<br />
Glück kam er als Borsig-Schlosser erst spät<br />
nach Hause. Frau Seeliger machte ihrem Mann wohl<br />
gewisse allgemeine Andeutungen, aber er glaubte<br />
anscheinend nicht daran, daß Hitler die Juden ermorden<br />
ließ.<br />
Frau Seeliger, die auch die Lebensmittelkartenverteilung<br />
vornahm, steckte meiner Mutter wiederholt<br />
heimlich etwas zu. Auch andere Hausbewohner, wie<br />
das Ehepaar Mühlpford (…), überließen meiner<br />
Mutter Brotmarken”.<br />
Sandvoß, Hans-Rainer: Widerstand in Mitte und Tiergarten,<br />
Berlin 1999, S. 337 ff<br />
14
Dr. Ge<strong>org</strong> Groscurth und die „Europäische Union“<br />
Dr. Ge<strong>org</strong> Groscurth war Dezember 1934 als Assistenzarzt<br />
in die I. Innere Abteilung des Krankenhauses Moabit gekommen.<br />
Zuvor war Groscurth Mitarbeiter am Kaiser-Wilhelm-Institut in<br />
Dahlem (heute Max-Planck-Institut), wo er Robert Havemann<br />
kennenlernte. Beide wurden 1933 wegen Verdachts „kommunistischer<br />
Neigungen“ entlassen.<br />
Das Labor der I. Inneren Abteilung wurde der Treffpunkt der<br />
Nazigegner am Krankenhaus. In der Neurologischen Abteilung<br />
gab es eine ähnliche Runde, die sich „antifaschistischer Vertrauenskreis“<br />
nannte. 1939 wurde Groscurth Oberarzt der I. Inneren<br />
Abteilung. Zu seinen Privatpatienten gehörten auch führende<br />
Nazis. So bekam Groscurth wichtige Informationen für seine<br />
Widerstandsarbeit. In diesen Jahren entstand die „Europäische<br />
Union“ um Groscurth, Havemann, Rentsch und Richter-Luckian.<br />
Die Gruppe versteckte Juden und Jüdinnen und politisch Verfolgte<br />
in sicheren Wohnungen, bes<strong>org</strong>te ihnen Nahrungsmittel<br />
und falsche Papiere und schleuste sie, wenn möglich, ins Ausland.<br />
1943 wurde beschlossen die bisher lockeren Verbindungen<br />
zu den illegalen Gruppen, die es in den Zwangsarbeiterlagern<br />
gab, zu vertiefen. Aber am 4.September 1943 wurden Groscurth<br />
und seine Frau verhaftet. Einen Tag später wurden Havemann,<br />
Rentsch und Richter-Luckian sowie viele andere aus dem Umfeld<br />
der Gruppe verhaftet. Dezember 1943 kam es zum Prozeß.<br />
Die vier Angeklagten wurden als „dekadente Intellektualisten“<br />
„für immer ehrlos“ mit dem Tode bestraft. Havemann erhielt ein<br />
Labor im Zuchthaus, wo er „kriegswichtige Forschung“ weiterführen<br />
durfte, alle anderen wurden 1944 hingerichtet.<br />
Nach 1945 bildete sich ein antifaschistischer „Ge<strong>org</strong>-Groscurth-Ausschuß“<br />
der am Eingangsgebäude der Klinik eine Gedenktafel<br />
anbringen wollte, aber mit Beginn des Kalten Krieges<br />
kam die Ehrung kommunistischer Widerstandskämpfer nicht<br />
mehr in Betracht. Im Gegenteil - Anneliese Groscurth, die sich<br />
gegen Wiederaufrüstung engagierte, wurde wegen „kommunistischer<br />
Betätigung“ ihres Postens im Charlottenburger Gesundheitsamt<br />
enthoben.<br />
Erst seit 1995 ist am Eingang des Moabiter Krankenhauses<br />
eine Gedenktafel befestigt.<br />
Aus der 9. November <strong>Zeitung</strong> 1997 (gekürzt)<br />
Widerstand im Krankenhaus Moabit<br />
Verfolgung von jüdischen ÄrztInnen<br />
Am 7.April 1933 erließ die Reichsregierung das „Gesetz zur<br />
Wiederherstellung der Berufsbeamtentums“, wonach „nichtarische<br />
und politisch unzuverlässige Beamte“ aus dem Beruf zu<br />
entfernen waren.<br />
In Moabit waren die Nazis schon schneller gewesen. Da rund<br />
70 Prozent der Ärzte jüdischen Glaubens waren und zehn Prozent<br />
des Pflegepersonals gewerkschaftlich <strong>org</strong>anisiert, galt das<br />
Krankenhaus Moabit als „rot und jüdisch“ So titelte die <strong>Zeitung</strong><br />
„Völkischer Beobachter“ am 21. März 1933 „Jüdische Ärzte beurlaubt,<br />
Stadtmedizinalrat Pg. Dr. Klein räumt im Krankenhaus<br />
Moabit auf.“. Weiter hieß es, die Ärzte seien „mit sofortiger<br />
Wirkung beurlaubt worden“ und Mitarbeitern, die „entweder<br />
Juden bzw. Ausländer oder Angehörige der marxistischen<br />
Parteien sind“, sei „das Betreten des Krankenhauses verboten<br />
worden“. Nach vier Tagen folgten die Schreiben, in denen den<br />
jüdischen Ärzten „vors<strong>org</strong>lich zum 30. September 1933“ gekündigt<br />
wurde. Doch das Datum war nur ein Schein. Am 1. April<br />
verschleppte der SA-Sturm 33 nach v<strong>org</strong>efertigten Listen der<br />
Krankenhausverwaltung einige Ärzte in ein „wildes“ Konzentrationslager<br />
in der General-Pape-Straße. Die Entlassung von älteren<br />
Ärzten und anderen Beschäftigten erfolgte schubweise. Die<br />
Krankenhausverwaltung meldete dem Bezirksamt am 7. Oktober<br />
die erfolgreiche „Säuberung“: 89 Mitarbeiter waren bereits<br />
entlassen worden, acht weitere sollten noch folgen.<br />
Seit 1995 ist am Eingang des Moabiter Krankenhauses eine<br />
Gedenktafel befestigt.<br />
AIM<br />
15
Es hat sich anscheinend noch nicht allzu weit herumgesprochen – seit Anfang Oktober sind über 20.000<br />
Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien von Abschiebung in den Kosovo bedroht. Die meisten<br />
von ihnen sind Roma., die oft schon seit vielen Jahren hier leben. Langsam regt sich Protest und Widerstand<br />
gegen die unmenschlichen Pläne der Bundesregierung und der Innenminister/innen der Bundesländer.<br />
Bis auf wenige Ausnahmen lässt es bis jetzt auch die deutsche Linke an Unterstützungsaktionen und Solidarität<br />
fehlen. An den Aktionstagen gegen die drohenden Abschiebungen unter dem Motto „BORN TO BE<br />
DEPORTATED - ES IST FÜNF VOR ZWÖLF!“ vom 2. – 4. Oktober 2009 am Potsdamer Platz beteiligten sich<br />
nur wenige Dutzend UnterstützerInnen.<br />
Wir dokumentieren im Anhang zwei Äußerungen Berliner antifaschistischer Gruppen, der Jugend-Antifa-<br />
Berlin und der Berliner VVN-BdA e.V..<br />
BORN TO BE DEPORTED – FÜNF VOR ZWÖLF!!<br />
Unter diesem Motto hatte das „Berliner Bündnis gegen<br />
Abschiebungen von Roma“ anlässlich des Tags des<br />
Flüchtlings für den 2.- 4. Oktober zusammen mit antirassistischen<br />
und Menschenrechtsgruppen, RomavertreterInnen,<br />
Flüchtlingsräten aus dem ganzen Bundesgebiet dazu aufgerufen, am<br />
Potsdamer Platz in Berlin gegen drohenden Deportationen von bis<br />
zu 22.000 Roma in den Kosovo zu protestieren.<br />
Auch die Berliner VVN-BdA hatte sich mit einer Presse-Erklärung<br />
„Keine Abschiebung von Roma-Flüchtlingen in den Kosovo“<br />
mit den bedrohten Roma solidarisiert und forderte die Bundesregierung<br />
und die Innenminister der Länder auf, die historische<br />
Verantwortung für die Verfolgung und Vernichtung der Roma anzuerkennen<br />
und handeln: Bedingungsloser Schutz für Sinti und Roma.<br />
Für ein sicheres Aufenthaltsrecht auch für Roma! Keine Abschiebung<br />
von Roma in den Kosovo!<br />
Denn pünktlich nach den Bundestagswahlen wollen die Innenminister<br />
der Bundesländer langjährig geduldete Romafamilien, die<br />
in den letzten 15 Jahren nach dem Kosovo-Krieg Schutz vor Verfolgung<br />
in Deutschland gesucht haben, in den Kosovo abschieben.<br />
Bisher waren sie auf Grund der unzumutbaren Sicherheitslage im<br />
Kosovo vor einer Abschiebung geschützt. Nun hat sich die neue kosovarische<br />
Regierung nach politischem Druck aus Deutschland und<br />
anderen europäischen Staaten zu einem „Rücknahme-Abkommen“<br />
bereit erklärt, das auch Roma-Flüchtlinge einschließt. Vor und während<br />
des Kosovokrieges kam es zu pogromartigen Ausschreitungen<br />
gegen Roma: Ihre Häuser wurden geplündert, gebrandschatzt und<br />
niedergerissen, ganze Stadtteile zerstört. Zehntausende Roma und<br />
andere „Minderheiten“, so auch die meisten Juden und Jüdinnen,<br />
wurden vertrieben. Für die wenigen verbliebenen Roma liegt die<br />
Arbeitslosigkeit bei über 90 Prozent. Im März 2004 wurden nach<br />
Pogromen erneut mehrere Tausend Roma zur Flucht gezwungen.<br />
Bis heute werden Roma im Kosovo ausgegrenzt und diskriminiert.<br />
Erst vor wenigen Wochen kam es im Osten Kosovos erneut zu<br />
Ausschreitungen, bei denen mehrere Roma verletzt wurden.<br />
Die Aktionstage wurden am 2.10. von der Roma-Band Fanfare<br />
Kalashnikov eröffnet, die eine tolle Stimmung aufkommen ließ. Es<br />
wurde eine sehenswerte kleine Ausstellung über die mediale antiziganistische<br />
Hetze in Berlin am Beispiel einer Gruppe rumänischer<br />
Roma, die im Frühsommer zum Spielball der Berliner Behörden<br />
geworden war, gezeigt. Das Rroma Aetherclub Theater aus Neukölln<br />
bekam viel Beifall für seine szenische Lesung. Ulla Jelpke, MdB<br />
DIE LINKE, und Christian Ströbele, MdB B90/Grüne versprachen,<br />
sich für ein Bleiberecht einzusetzen. Auch Roma aus Niedersachsen<br />
waren angereist, um die Kundgebungen zu unterstützen.<br />
Am 4.10. nahmen 40 von Abschiebung bedrohte Jugendliche,<br />
die an einem bundesweiten Jugendvernetzungstreffen von Sinti und<br />
Roma in Berlin teilgenommen hatten, an der Kundgebung teil. Eine<br />
geplante Demo vom Potsdamer Platz zum Sinti- und Roma-Mahnmal<br />
am Brandenburger Tor fiel jedoch den Einheitsfeierlichkeiten<br />
auf der geplanten Route zum Opfer – sie wurde von der Polizei<br />
nicht genehmigt.<br />
Die Beteiligung von UnterstützerInnen an den Aktionstagen<br />
indes war äußerst mager. Nur wenige BerlinerInnen verirrten sich<br />
an den Potsdamer Platz, das muss sich ändern! Roma und Roma-<br />
UnterstützerInnen haben weitere Aktionen angekündigt. Wir sollten<br />
uns zahlreich daran beteiligen.<br />
An dieser Stelle wollen wir uns auch noch ganz herzlich bei der<br />
VVN-BdA Niedersachsen bedanken – ihr Flugblatt war uns Ansporn<br />
und Inspiration.<br />
Berliner VVN-BdA e.V..<br />
16
Verhindern wir die Abschiebung von Roma!<br />
Aktuell sind ca. 24.000 Flüchtlinge aus dem Kosovo akut<br />
von der Abschiebung durch den deutschen Staat bedroht.<br />
Darunter befinden sich mindestens 10.000 Roma. […]<br />
Viele von der Abschiebung bedrohte Roma leben seit 10 oder 15<br />
Jahren in Deutschland. Die meisten sind in Folge des NATO-Krieges<br />
gegen Jugoslawien/Serbien 1999 unter Beteiligung Deutschlands aus<br />
dem Kosovo geflohen, der zur Besetzung des Kosovo durch NATO-<br />
Truppen - darunter auch 4.000-5.000 Bundeswehrsoldaten - geführt<br />
hat. Im Verlauf und nach dem Krieg wurden die Roma unter den<br />
Augen der KFOR-Truppen aus dem Kosovo vertrieben. Auch in den<br />
letzten zehn Jahren kam es immer wieder zu pogromartigen Überfällen<br />
und Vertreibungen von Roma. […]<br />
Auch heute herrscht im Kosovo von Seiten der albanischen<br />
Regierung und der albanischen Bevölkerungsmehrheit eine extrem<br />
romafeindliche Atmosphäre, die immer wieder zu Pogromen und<br />
Überfällen auf Roma führt. […] Die jetzt vom deutschen Staat geplante<br />
Massenabschiebung der Roma bedeutet daher ihre Abschiebung<br />
in Hunger, Elend und Tod.<br />
Deutschland - die „romafeindlichste Regierung in Europa“<br />
Rudko Kwazynski, der Vorsitzende des Europäischen Roma-<br />
Forums in Straßburg, bezeichnete die deutsche Regierung aufgrund<br />
dieser rücksichtslosen Abschiebepolitik des deutschen Staates als<br />
die ,,romafeindlichste Regierung in Europa“ (taz, 16.9.09).<br />
Den Hintergrund dieser Einschätzung des deutschen Staates<br />
durch Rudko Kwazynski bildet vor allem auch das Auftreten des<br />
deutschen Staates auf europäischer Ebene zur Durchsetzung seiner<br />
Pläne zur Massenabschiebung der Roma in den Kosovo. So hatte die<br />
deutsche Delegation bei der Konferenz des Europarates in Sevilla im<br />
Mai 2009 „von vornherein klargemacht, dass sie sich auf gar keinen<br />
Fall das Abschieberecht (I) streitig machen lassen wird“ (taz, 16.9.09)<br />
und damit auch andere EU-Staaten wie Schweden und Österreich<br />
zur Abschiebung von Roma bewegt.<br />
Lebensbedrohliche Abschiebeabkommen<br />
Dabei steht das jetzt mit der neuen Kosovoregierung vereinbarte<br />
Abschiebeabkommen in einer Reihe mit anderen vom deutschen<br />
Staat seit Anfang der 1990er vereinbarten Abschiebeabkommen zur<br />
Massenabschiebung von Roma aus Deutschland. […]<br />
1996 vereinbarte die Bundesregierung dann mit der damaligen<br />
Milosevic-Regierung in Jugoslawien die Massenabschiebung zehntausender<br />
Roma nach Jugoslawien, die aufgrund der Vertreibungen<br />
und Verfolgungen infolge der Kriege zur Aufspaltung Jugoslawiens<br />
geflohen waren. Während des Krieges der NATO unter Beteiligung<br />
Deutschlands gegen Jugoslawien/Serbien 1999 setzte die Bundesregierung<br />
dieses Abschiebeabkommen für kurze Zeit aus, um es dann<br />
2001 nach der Besetzung des Kosovo mit der neuen serbischen<br />
Regierung wieder in Kraft zu setzen. […]<br />
Die ungebrochene Tradition des Antiziganismus in<br />
Deutschland<br />
Die lange Geschichte der Abschiebung und Verfolgung der Sinti<br />
und Roma in Deutschland: Das ganze Ausmaß und die Skrupellosigkeit<br />
des Abschiebeterrors und der romafeindIichen Politik des<br />
deutschen Staates werden nur verständlich vor dem Hintergrund<br />
der langen Geschichte der Verfolgung und Vernichtung der Sinti und<br />
Roma in Deutschland.<br />
Schon im Mittelalter als vogelfrei erklärt und damit ungestraft<br />
ermordet, wurden die Sinti und Roma mit der Gründung des deutschen<br />
Reiches 1871 in der großen Mehrzahl nicht als deutsche<br />
Staatsbürger anerkannt sondern verfolgt, gesondert erfasst, zu Staatenlosen<br />
erklärt und massenhaft aus Deutschland abgeschoben. In<br />
den folgenden Jahren und Jahrzehnten wurde auch in der Weimarer<br />
Republik die polizeiliche Verfolgung unvermindert fortgesetzt. Die<br />
zentrale Sondererfassung in sogenannten „Zigeunerkarteien“ wurde<br />
seit 1899 systematisch aufgebaut und wird bis heute fortgesetzt.<br />
Der Völkermord der Nazifaschisten an den Sinti und<br />
Roma:<br />
Mit der Machtübergabe an die Nazifaschisten 1933 erhielt die<br />
Verfolgung und Aussonderung der Sinti und Roma eine neue Dimension.<br />
Im März 1934 forcierten die Nazifaschisten mit dem „Gesetz<br />
über die Reichsverweisung“ den Abschiebeterror gegen Sinti und<br />
Roma enorm. Der Terror der Nazifaschisten gegen die Sinti und<br />
Roma von Zwangsterilisation, pseudomedizinischen Versuchen,<br />
Sklavenarbeit und Deportation in die KZs und Vernichtungslager -<br />
unterstützt oder zumindest stillschweigend geduldet von der großen<br />
Mehrheit der deutschen Mehrheitsbevölkerung - gipfelte im Nazivölkermord<br />
an schätzungsweise einer halben Million Sinti und Roma<br />
Europas.<br />
Nach 1945 - statt Entschädigung fortgesetzte polizeiliche<br />
Verfolgungen:<br />
Auch nach 1945 konnte die deutsche Polizei ihren Terror gegen<br />
die überlebenden Sinti und Roma nahtlos fortsetzen. Die Nazitäter<br />
konnten meist ungestraft ihre romafeindliche Politik weiterführen.<br />
Die polizeiliche Sondererfassung und Schikanierungen der Sinti<br />
und Roma in sogenannten „Zigeunerkarteien“ existiert bis heute.<br />
Entschädigungen konnten die deutschen Sinti und Roma erst nach<br />
einem langen Kampf für einzelne Verfolgte durchsetzen und dann<br />
in einer solch beschämend geringen Höhe, die diesen Namen nicht<br />
verdient. Die osteuropäischen Roma in den von Nazideutschland<br />
überfallenen Ländern sind bis heute weitestgehend von jeglicher<br />
Entschädigung ausgeschlossen geblieben.<br />
Heute wird in Deutschland kaum eine Minderheit von den<br />
bürgerlichen Medien und Politikern so verhetzend dargestellt und<br />
diskriminiert wie die Sinti und Roma. […]. Der Antiziganismus ist bis<br />
heute ein fester Bestandteil des deutschen Rassismus und des deutschen<br />
Herrenmenschendenkens. Kampagnenartig wird er immer<br />
wieder gesteigert, wie zuletzt im Mai/Juni 2009 in Berlin gegenüber<br />
100 Romaflüchtlingen aus Rumänien. An diesem Fall hat sich erneut<br />
gezeigt, wie staatliche Verfolgung, Diskriminierung, Polizeiterror und<br />
Medienhetze ineinander greifen. In einer antiziganistischen Hetzkampagne<br />
hatten Tageszeitungen wie Bild und BZ gegen die Romaflüchtlinge<br />
gehetzt. Die Polizei hat die Roma tagelang schikaniert. Der<br />
SPD/Linke-Senat in Berlin erhöhte den Druck und nötigte die Roma<br />
zur „freiwilligen Ausreise“<br />
Keine Abschiebung von Roma!<br />
Solidarität mit den Roma und gemeinsamer Kampf<br />
gegen die lebensbedrohliche Abschiebepolitik des<br />
deutschen Staates!<br />
Kampf dem Antiziganismus!<br />
Jugendantifa Berlin http://jab.antifa.de<br />
17
DEUTSCHES JAHR<br />
Berlin, Weissensee, 9.November 2008<br />
In der Nacht zum 9.November ritzten Unbekannte<br />
insgesamt elf Hakenkreuze in die Fensterscheiben<br />
einer Gaststätte im Berliner Bezirk<br />
Weißensee. Bereits sechs Wochen zuvor waren<br />
zwei Davidsterne in die Fensterscheiben gekratzt<br />
worden.<br />
Deutschland am und nach dem 9.November 2008<br />
In Moers (Nordrhein-Westfalen) verwüsteten<br />
Rechtsextreme am 10. November eine Ausstellung<br />
zum Thema »Stationen des Holocaust und<br />
des Rassismus heute«. Da bei hinterließen sie auf<br />
den Stellwänden Flyer der NPD und Aufkleber<br />
mit rassistischem Inhalt auf Fenstern und Türen.<br />
Außerdem wurden 17 Foto- bzw. Texttafeln gestohlen.<br />
Der Staatsschutz ermittelt, wie die Rheinische<br />
Post meldete, wegen Diebstahls »in alle<br />
Richtungen«.<br />
In der Nacht zum 10.November wurden in<br />
Demmin (Mecklenburg-Vorpommern) auf dem<br />
jüdischen Friedhof mehrere Grä ber beschädigt.<br />
Insgesamt rissen die unbekannten Täter zehn<br />
Grabsteine um und zerstörten die am Vortag zum<br />
Gedenken an den 70. Jahrestag der Reichspogromnacht<br />
abgelegten Blumengestecke.<br />
In Waren an der Müritz (Mecklenburg-Vorpommern)<br />
störten am 9.November vermummte<br />
Rechtsextremisten eine Gedenkfeier für die Opfer<br />
des Holocaust und der Reichspogromnacht. Bei<br />
der Ver legung so genannter Stolpersteine mit den<br />
Namen von Juden, die während des Nationalsozialismus<br />
deportiert wurden, zog die Gruppe<br />
der Rechten israelfeindliche Parolen skandierend<br />
durch die Stadt. Später zertraten Unbekannte zudem<br />
die bei der Gedenkveranstaltung entzündete<br />
Mahnleuchte.<br />
In den frühen M<strong>org</strong>enstunden des 9.November<br />
entdeckten Passanten in einer Fußgängerunterführung<br />
am U-Bahnhof Cottbusser Platz im Berliner<br />
Stadtteil Hellersdorf mehrere Hakenkreuz-Schmierereien.<br />
Ebenfalls in den frühen M<strong>org</strong>enstunden des<br />
9.November zerstörten Unbekannte in Wetter<br />
(Hessen) auf dem jüdischen Friedhof 25 Grabsteine,<br />
rissen Zäune um und sprühten rassistische<br />
Parolen. Die Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung<br />
und Störung der Totenruhe<br />
Auf einem jüdischen Friedhof südlich von Holzminden<br />
(Niedersachsen) verwüsteten Unbekannte<br />
in der Nacht zum 9.November ein historisches<br />
Grab aus dem Jahr 1854. Der Grabstein wurde<br />
dabei vollständig zerstört.<br />
Berlin, Friedrichsain, 11.November 2008<br />
Am Abend des 11.November beschmierten Unbekannte<br />
im Berliner Stadtteil Friedrichshain eine<br />
Hauswand auf einer Fläche von 2 mal 1,5 Metern<br />
mit mehreren antisemitischen Schriftzügen, Hakenkreuzen<br />
und weiteren Hetzparolen.<br />
Berlin, Mitte, 15.November 2008<br />
Unbekannte beschmierten am Abend des<br />
15.November die zentrale Gedenkstätte für die<br />
Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in Berlin-<br />
Mitte. Zwei Po lizeibeamte bemerkten am Eingang<br />
zur Neuen Wache zwei mit Farbe aufgemalte Davidsterne.<br />
D<br />
Deutschland am 17.November 2009<br />
In der Nacht zum 17.November hängten Unbekannte<br />
einen abgetrennten Schweinekopf an den<br />
Davidstern am Eingangstor zum jüdischen Friedhof<br />
in Gotha (Thüringen). Gleich daneben brachten<br />
sie ein Transparent mit der Aufschrift »6 Millionen<br />
Lüge« an. Zudem verwüsteten sie den Eingang<br />
des Friedhofs und warfen Gläser mit roter Farbe<br />
über das Tor. In derselben Nacht beschmierten<br />
Unbekannte die Mauer und die Gedenktafel des<br />
jüdischen Friedhofs im thüringischen Erfurt mit<br />
einer blutähnlichen Flüssigkeit. Als Reaktion auf die<br />
Anschläge in Gotha und Erfurt bildete das LKA<br />
Thüringen eine 20-köpfige Sonderkommis sion. Sie<br />
ermittelt wegen Störung der Totenruhe, Volksverhetzung<br />
und Sachbeschädigung.<br />
Ebenfalls in der Nacht zum 17.November beschmierten<br />
Unbekannte die Eingangstür der Synagoge<br />
in Görlitz (Sachsen) mit einem Hakenkreuz<br />
und antisemitischen Parolen. Die Polizei geht von<br />
einem rechtsextremen Hintergrund aus.<br />
Am 16.November entdeckten Anwohner im<br />
brandenburgischen Forst am Tor einer Gartenanlage<br />
ein antisemitisches Plakat.<br />
Zossen bei Berlin, 20.November<br />
Am 20.November versuchte der mehrfach<br />
wegen der Leugnung des Holocaust verurteilte<br />
Laden besitzer Rainer Link, die Verlegung so genannter<br />
Stolpersteine vor seinem Geschäft in<br />
Zossen (Brandenburg) zu verhindern. Wie die<br />
Märkische Allgemeine berichtete, beschimpfte Link<br />
die Anwesenden und versuchte, die »Schuldkultsteine«<br />
wieder herauszureißen. Einen Mitarbeiter<br />
der Stadt verletzte er leicht. Später verdeckte Link<br />
die Stolpersteine mit einem Bierkasten und einem<br />
Aufsteller. Der Stadtverwaltung gelang es bisher<br />
nicht, das wiederholte Verbergen der Gedenksteine<br />
zu unterbinden<br />
Schöneiche bei Berlin, 21.November 2008<br />
Am frühen M<strong>org</strong>en des 21. November stellte<br />
eine Polizeistreife fest, dass Unbekannte am jüdischen<br />
Gedenkstein an der Dorfaue in Schöneiche<br />
(Brandenburg) randaliert hatten. Die Täter hatten<br />
dort niedergelegte Kränze umher geworfen und<br />
einen Blumentopf gegen den Stein geschleudert.<br />
Keine vier Wochen zuvor waren ein Davidstern<br />
und Metallbuchstaben von dem Gedenkstein abgerissen<br />
worden. Die Polizei ermittelte bisher ohne<br />
Erfolg.<br />
Wurzen (Sachsen), 23.November 2008<br />
In Wurzen (Sachsen) entdeckten Zeugen um<br />
den 23.November unzählige Aufkleber an den<br />
Straßenlampen der Stadt. Auf ihnen steht: »Schluss<br />
mit der Judentyran nei – Nationalsozialismus jetzt!«<br />
In der Mitte der Aufkleber in der Größe von ca.<br />
fünf mal zehn Zentimetern sieht man ein schwar-<br />
18
DEUTSCHES JAHR<br />
zes Hakenkreuz in einem weißen Kreis vor rotem<br />
Hintergrund – die Flagge der Nationalsozialisten.<br />
Eisenhüttenstadt (Brandenburg), 23.November<br />
2008<br />
In der Nacht zum 23.November warfen Unbekannte<br />
vier Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof<br />
in Eisenhüttenstadt (Brandenburg) um. Einen<br />
antisemi tischen Hintergrund der Tat bestätigte die<br />
Polizei bisher nicht.<br />
Berlin, Steglitz, 2.Dezember 2008<br />
In den frühen M<strong>org</strong>enstunden des 2. Dezember<br />
entdeckte eine Polizei streife die Beschädigung<br />
eines Denkmals im Berliner Stadtteil Steglitz.<br />
Unbekannte hatten die Gedenktafel für den »Berliner<br />
Anti semitismusstreit« mit schwarzer Farbe<br />
beschmiert. Die Polizei geht von einem antisemitischen<br />
Hintergrund aus.<br />
Berlin-Mahlsdorf, 12.Dezember<br />
Am Abend des 12.Dezember beleidigte ein<br />
22jähriger Mann einen 20jährigen in einem Bus<br />
in Berlin-Mahlsdorf zunächst auf antisemitische<br />
Weise, danach schlug er ihn brutal zusam men.<br />
Der Angegriffene wurde mit Knochenbrüchen im<br />
Gesicht und einem Schädel-Hirn-Trauma ins Krankenhaus<br />
eingeliefert. Die Polizei konnte den Täter<br />
fest nehmen.<br />
Berlin, Mitte, 3. Januar 2009<br />
Das Wachpersonal des Denkmals für die ermordeten<br />
Juden Europas stellte gegen 11 Uhr 15<br />
antisemitische Schmierereien an 12 Stelen des<br />
Denkmals in der Cora-Berliner-Straße in Mitte<br />
fest. Unbekannte hatten 40×40 cm große Hakenkreuze<br />
und antisemitische Schriftzüge auf die Stelen<br />
geschmiert. Die Entfernung wurde veranlasst.<br />
Berlin, Tiergarten, 6. Januar 2009<br />
Unbekannte Täter haben das Jüdische Mahnmal<br />
an der Putlitzbrücke in Tiergarten beschmiert.<br />
Während einer Streifenfahrt bemerkten Polizeibeamte<br />
gegen 10 Uhr das durch Goldfarbe beschädigte<br />
Mahnmal. Ein Mitarbeiter des Bezirksamtes<br />
nahm die Beseitigung der Schmierereien vor.<br />
Rostock (Mecklenburg-Vorpommern), 8.Januar<br />
2009<br />
In der Nacht auf den 8.Januar attackierten Unbekannte<br />
das jüdische Gemeindehaus in Rostock.<br />
Die Täter warfen mehrere Scheiben ein, darunter<br />
ein Fenster mit einem eingeschliffenen Davidstern.<br />
Wie die Polizei meldete, habe ein Fährtenhund<br />
eine Spur noch mehrere hundert Meter weit verfolgen<br />
können.<br />
Berlin, Spandau, 8./9. Januar 2009<br />
Unbekannte Täter haben in der vergangenen<br />
Nacht einen Zettel mit antisemitischen Parolen an<br />
die Eingangstür eines Hauses in Spandau geheftet.<br />
Ein Anwohner fand das Papier gegen 8 Uhr an dem<br />
Haus am Lindenufer und alarmierte die Polizei.<br />
Hinweise auf die Täter gibt es bislang nicht.<br />
Berlin, Mitte, 10. Januar 2009<br />
Auf einer Demonstration gegen die israelische<br />
Militäroffensive im Gaza-Streifen, zu der die Palästinensische<br />
Gemeinde Berlin sowie Arabische<br />
Vereinigungen in Berlin aufgerufen hatten, wurden<br />
von Demonstrant/innen entgegen der polizeilichen<br />
Auflagen Parolen wie “Tötet alle Juden” gerufen.<br />
Am Rande der Demonstration wurde eine jüdische<br />
Beobachterin von einem Demonstranten<br />
antisemitisch beleidigt.<br />
Berlin, Charlottenburg, 11. Januar 2009<br />
Bei einem Fußball-Hallenturnier der Berliner<br />
Regional- und Oberliga vergangenen Sonntag sollen<br />
Anhänger des 1. FC Union Berlin wiederholt<br />
antisemitische, rassistische und schwulenfeindliche<br />
Gesänge und Parolen angestimmt haben. Ziel der<br />
verbalen Attacken sei der Fanblock von Tennis Borussia<br />
Berlin (TeBe) gewesen, sagte Kevin Kühnert<br />
von der TeBe-Fanabteilung. Tennis Borussia, 1902 in<br />
Charlottenburg gegründet, gilt als Verein mit jüdischen<br />
Wurzeln. Nach Angaben von Kühnert haben<br />
die Vertreter des Berliner Fußball-Verbandes und<br />
die anwesenden Sicherheitskräfte selbst nach Aufforderungen<br />
von Vereinsvertretern anderer Mannschaften<br />
auf die Entgleisung der Union-Fans nicht<br />
reagiert. Dazu hätten Gesänge wie “Alle Juden sind<br />
Schweine” und “Asylanten” gehört.<br />
Berlin, Charlottenburg, 11. Januar 2009<br />
Im Anschluss an eine Kundgebung anlässlich des<br />
Gaza-Krieges wurde ein 24-jähriger Student, der<br />
mit anderen Demonstrant/innen gegen die Angriffe<br />
der Hamas protestiert hatte, von jungen Männern<br />
beleidigt und bedroht. Nach Angaben des Geschädigten<br />
trugen die Angreifer Hamas-Tücher und<br />
versuchten ihm am Zoo die israelische Flagge zu<br />
entreißen und schubsten und bedrängten ihn. Die<br />
15 bis 20 Angreifer seien dann mit in die U-Bahn<br />
gestiegen, hätten antisemitische Parolen gebrüllt<br />
und ihn gefragt, ob er „noch ein letztes Mal telefonieren“<br />
wolle. Ein älteres Ehepaar habe ihn dann<br />
vor den Angreifern abgeschirmt, so dass er die<br />
Polizei anrufen konnte. Die versprach, in Steglitz an<br />
der U-Bahn zu sein. Als die Angreifer das mitbekamen,<br />
verließen sie an der Berliner Straße die Bahn,<br />
nicht ohne ihrem Opfer noch einen Faustschlag<br />
ins Gesicht zu versetzen. Die Eheleute fuhren mit<br />
nach Steglitz, um als Zeugen auszusagen, aber am<br />
Zug war keine Polizei. Als der Student den Vorfall<br />
später anzeigte, hieß es, die Polizisten hätten am<br />
Ausgang auf ihn gewartet.<br />
Berlin, Mitte, 13. Januar 2009<br />
Bei einem Zwischenfall vor der Synagoge in der<br />
Oranienburger Straße in Mitte sind zwei Polizeiangestellte<br />
verletzt worden. Nach bisherigen Erkenntnissen<br />
griff ein 35-jähriger Tempelhofer gegen<br />
9 Uhr 30 einen 54-jährigen Objektschützer auf<br />
dem Fußweg vor dem Gotteshaus an. Dabei schlug<br />
der Täter den Angestellten mit einer Eisenstange<br />
und verletzte ihn am Arm. Kollegen des Angegriffenen<br />
überwältigten den Schläger. (…) Die Hintergründe<br />
des Vorfalls sind noch nicht abschließend<br />
19
DEUTSCHES JAHR<br />
geklärt. Offenbar wollte der staatenlose Mann, der<br />
aber nach eigenen Angaben Palästinenser ist, an<br />
der Synagoge seinen Unmut über das V<strong>org</strong>ehen<br />
Israels im Gazastreifen zum Ausdruck bringen.<br />
Aachen (Nordrhein-Westfalen), 22.Januar2009<br />
In der Nacht zum 22.Januar sprühten Unbekannte<br />
auf die Türen und Fenster einer Schule in<br />
Aachen (Nordrhein-Westfalen) Hakenkreuze und<br />
antisemitische Parolen.<br />
Berlin, Niederschönhausen, 2. Februar 2009<br />
Unbekannte Täter haben ein Denkmal im Pankower<br />
Ortsteil Niederschönhausen geschändet.<br />
Passanten entdeckten am Montag antisemitische<br />
Schmierereien an einer Stele für den 1943 ermordeten<br />
tschechischen Schriftsteller, Journalisten und<br />
kommunistischen Kulturpolitiker Julius Fucík in der<br />
Heinrich-Mann-Straße, wie ein Polizeisprecher am<br />
Dienstag mitteilte.<br />
Berlin, Karlshorst, 11. Februar 2009<br />
In der Nähe des S-Bhf Karlshorst wurden mehrere<br />
Aufkleber der JN (u.a. „Kampf dem Kapital“<br />
& „Keine Solidarität mit Israel“) gefunden und<br />
entfernt.<br />
In Frankfurt (Hessen), 11. Februar 2009<br />
In Frankfurt (Hessen) kam es während eines<br />
A-Jugend-Fußballspiels von Makkabi Frankfurt<br />
gegen den SV Zeilsheim am 11.Februar zu antisemitischen<br />
Beschimpfungen. Wie die FAZ berichtet,<br />
beleidigten die Anhänger des SV Zeilsheim die<br />
Makkabi-Spieler als »Kindermörder« und »Besatzer«.<br />
Marienborn (Sachsen-Anhalt), 20.Februar 2009<br />
Unbekannte sprühten am 20. Februar den<br />
Schriftzug »Je größer die Lüge, desto mehr Menschen<br />
glauben sie!« an eine Wand in der Gedenkstätte<br />
Deutsche Teilung Marienborn. Einen Tag<br />
zuvor war dort die Wechselausstellung »Anne<br />
Frank und die DDR– Politische Deutungen– persönliche<br />
Lesarten« eröffnet worden.<br />
Berlin, Lichtenberg-Falkenberg, 5. März 2009<br />
In den Bushaltestellen vor der Barnim-Oberschule<br />
wurden mehrere Schmierereien (“Juden<br />
raus”, “SS”, “Sieg Heil” und Hakenkreuze) entdeckt<br />
und entfernt.<br />
Prenzlau (Brandenburg), 1.März 2009<br />
Unbekannte beschmierten am 1.März eine<br />
Gedenktafel für die jüdische Gemeinde in Prenzlau<br />
mit »fremdenfeindlichen Parolen«. Die Polizei<br />
ermittelt wegen der Verwendung von Kennzeichen<br />
verfassungswidriger Organisationen.<br />
Waren (Mecklenburg-Vorpommern), 3, März 2009<br />
Am 3.März beschmierten Unbekannte in Waren<br />
einen Gedenkstein für die ehemalige Synagoge mit<br />
einem Hakenkreuz und dem Schriftzug »ANWS«<br />
in roter Farbe, was nach einem Mitarbeiter der<br />
Opferberatung Lobbi auf die »Autonomen Nationalisten«<br />
hindeute. Dies berichtete der Nordkurier.<br />
Storkow (Brandenburg) bei Berlin, 17.März<br />
Am 17.März beschädigten Unbekannte das<br />
Eingangstor des jüdischen Friedhofs in Storkow.<br />
Berlin, Wilmersdorf, 11. April 2009<br />
Unbekannte beleidigten in Wilmersdorf zwei<br />
Mitglieder der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.<br />
Die beiden 17- und 20-Jährigen, die äußerlich als<br />
Menschen jüdischen Glaubens erkennbar waren,<br />
wurden gegen 19 Uhr 45 von Unbekannten in<br />
der Konstanzer Straße antisemitisch beleidigt.<br />
Anschließend flüchtete die Gruppe. Die jungen<br />
Männer blieben unverletzt.<br />
Waren (Mecklenburg-Vorpommern), 17.April 2009<br />
Am 17.April beschmierten Unbekannte die so<br />
genannten Stolpersteine auf dem Markt in Waren<br />
mit Säure. Auf den vier Steinen sind die Namen<br />
der Mitglieder der von den Nationalsozialisten<br />
ermordeten jüdischen Familie Rosenberg eingraviert.<br />
Die Stolper steine waren bereits im März mit<br />
brauner Farbe beschmiert worden.<br />
Berlin, Weißensee, 24. April 2009<br />
Objektschützer der Berliner Polizei entdeckten<br />
gegen 3 Uhr 45 an der Mauer des Jüdischen Friedhofs<br />
in der Indira-Gandhi-Straße in Weißensee<br />
einen zirka vier Meter langen Schriftzug.<br />
Dessau (Sachsen-Anhalt) 28.April 2009<br />
Unbekannte besprühten am Abend des 28.April<br />
das Gebäude der Jüdischen Gemeinde in Dessau<br />
mit einem großen roten Hakenkreuz. Die Schmiererei<br />
wurde am nächsten M<strong>org</strong>en von Mitarbeitern<br />
entdeckt. Nach Angaben der Gemeinde hatten<br />
Überwachungskameras die Tat aufgezeichnet. Sie<br />
sei gegen 19 Uhr begangen worden. Der Vorsitzende<br />
der Jüdischen Gemeinde, Alexander Wassermann,<br />
sprach von einem »Bild der Schande und<br />
Empörung« und einer neuen Qualität, da die Täter<br />
nicht im Schutz der Dunkelheit gehandelt hätten.<br />
Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen), 7.Juni 2009<br />
Unbekannte haben den jüdischen Friedhof in<br />
der Urdenbacher Kämpe in Düsseldorf verwüstet.<br />
Ein Mann, der sich regelmäßig um den Zustand<br />
des Friedhofs kümmert, entdeckte die Schäden<br />
am M<strong>org</strong>en des 7.Juni. Neun von 17 Grabsteinen<br />
wurden umgekippt, vier vollständig aus dem Fundament<br />
gerissen. Wilfried Johnen, der Geschäftsführer<br />
des Landesverbands der jüdischen Gemeinden,<br />
geht von einer antisemitischen Tat aus. Der<br />
Polizei zufolge gibt es aber keine Schmierereien<br />
auf dem Friedhof. »Das war eher Vandalismus als<br />
eine politisch motivierte Straftat«, sagte deshalb<br />
ein Sprecher.<br />
Dransfeld (Niedersachsen), 8.Juni<br />
Wie aus einem Bericht des Göttinger Tageblatts<br />
vom 8.Juni herv<strong>org</strong>eht, hat der Stadtrat von<br />
Dransfeld eine Erklärung verabschiedet, in der er<br />
20
DEUTSCHES JAHR<br />
»die jüngs ten rechtsradikalen Vorkommnisse in der<br />
Stadt« verurteilt. Vermutlich an Pfingsten hatten<br />
Unbekannte auf dem jüdischen Friedhof der Stadt<br />
Grabsteine umgeworfen und beschädigt und auf<br />
einem Stein ein Hakenkreuz eingeritzt.<br />
Frankfurt am Main, 23.Juli 2009<br />
Während einer Passkontrolle am Frankfurter<br />
Flughafen hat ein Polizeibeamter eine israelische<br />
Familie in antisemitischer Weise beschimpft und<br />
auf den Pass der Mutter gespuckt, berichtete die<br />
Kölner Rundschau am 23. Juli. Die <strong>Zeitung</strong> beruft<br />
sich dabei auf Meldungen in israelischen Medien,<br />
die eine Woche zuvor über diesen Vorfall schrieben.<br />
Andere Passagiere seien Zeugen geworden,<br />
wie der Polizist während der Passkontrolle nicht<br />
nur die Beleidigungen aussprach und den Pass<br />
bespuckte, sondern auch so tat, als wolle er die<br />
Eltern und die vier Kinder mit einem »imaginären<br />
Maschinengewehr« erschießen, und »Henkerbewegungen«<br />
machte. Der Vater der Familie war entsetzt<br />
über die Geschehnisse und setzte anschließend<br />
die deutsche Botschaft in Tel Aviv in Kenntnis.<br />
Die Bundespolizei hat »bislang keine Hinweise« für<br />
die antisemitischen Vorkommnisse, will aber »im<br />
Kontakt mit anderen Behörden« weiter ermitteln.<br />
Mainz (Rheinland-Pfalz), 8.August 2009<br />
Am 8.August hinterließen unbekannte Täter<br />
in den Stadtteilen Gonsenheim und Hartenberg-<br />
Münchfeld sowie in der Nähe der Universität in<br />
Mainz rechts extreme und antisemitische Schmierereien.<br />
Die Polizei stellte die Graffiti, die alle mit<br />
derselben Farbe angebracht wurden, an öffentlichen<br />
Toiletten, abgestellten Bussen, Litfasssäulen,<br />
einer Parkbank und einem an der Universität<br />
geparkten Auto fest<br />
Chemnitz (Sachsen), 12.August 2009<br />
In der Stollberger Straße in Chemnitz wurde<br />
ein so genannter Stolperstein offenbar mutwillig<br />
beschädigt. Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung<br />
entdeckte am Vormittag des 12.August, dass in die<br />
kleine Messingplatte zusätzliche Kerben hineingeschlagen<br />
worden waren. Die Inschrift wurde auf<br />
diese Weise unlesbar gemacht. Der Stein ist Arthur<br />
Weiner gewidmet<br />
Berlin, Treptow, 22. August 2009<br />
Fünf unbekannte Jugendliche beleidigten am<br />
Abend einen Mann in Alt-Treptow. Der 46-Jährige<br />
begegnete den Jugendlichen kurz nach 21 Uhr an<br />
der Kreuzung Elsen- Ecke Beermannstraße und<br />
sprach sie in russischer Sprache an. Daraufhin<br />
bespritzten die Täter ihn mit Bier, bespuckten ihn<br />
und beleidigten ihn mit antisemitischen Äußerungen.<br />
Sie flüchteten anschließend in Richtung Kiefholzstraße.<br />
Das Opfer blieb unverletzt.<br />
Berlin, Zehlendorf, 23. August 2009<br />
Gegen 18 Uhr 30 wurde ein 25-jähriger Mann<br />
an einer Badestelle der Krummen Lanke am<br />
Quermatenweg von neun Männern antisemitisch<br />
beleidigt. Der Mann und seine Freunde werden mit<br />
einer Bierflasche beworfen, jedoch nicht getroffen.<br />
Berlin, Pankow,, 1.September 2009<br />
In der Rietzestraße in Berlin-Pankow entwendeten<br />
Unbekannte zwei so genannte Stolpersteine.<br />
Der Diebstahl wurde bereits vor etwa einem Monat<br />
entdeckt, jedoch erst am 1.September gemeldet.<br />
Die in den Boden eingelassenen Gedenktafeln<br />
erinnerten an Ilse M. Kaiser und Erwin Kaiser,<br />
zwei Opfer des Nazi-Regimes. Erwin Kaiser, bei<br />
seiner Deportation 63 Jahre alt, war langjähriger<br />
Vorsitzender des Vereins zur Förderung der israelitischen<br />
Taubstummen Deutschlands.<br />
Berlin, Tiergarten/Moabit, 5.Oktober<br />
Unbekannte beschmierten in der Nacht zum<br />
5.Oktober das Jüdische Mahnmal an der Putlitzbrücke<br />
in Berlin-Tiergarten mit einem Hakenkreuz.<br />
Angehörige des Objektschutzes entdeckten die<br />
Schmiererei am frühen M<strong>org</strong>en.<br />
Berlin, Mitte/Friedrichshain, 10. Oktober 2009<br />
Eine Demonstration von bis zu 800 Neonazis,<br />
die unter dem Motto »Vom nationalen Widerstand<br />
zum nationalen Angriff« stand, führte vom Alexanderplatz<br />
bis zur Landsberger Allee. Der Aufzug<br />
der Rechtsextremen war eine Reaktion gegen den<br />
angeblichen “linken Terror”, der hinter dem Angriff<br />
auf das Lokal “Zum Henker” am 4. Oktober vermutet<br />
wurde. Während die anwesenden Polizist/<br />
innen bei der Demonstration der Rechtsextremen<br />
teilweise rabiat gegen linke Gegendemonstrant/<br />
innen vogingen, griffen die Beamt/innen nicht ein,<br />
als Neonazis aus dem Demonstrationszug heraus<br />
“Juden raus” skandierten.<br />
21
AUSSTELLUNGEN<br />
Ausstellung<br />
„Jüdisches Leben in Pankow“<br />
VVN-BdA Berlin-Pankow e.V.<br />
Über zehn Jahre ist die Wanderausstellung „Jüdisches Leben<br />
- Vom Anbeginn zum Neubeginn“ bereits an zahlreichen<br />
Orten in Berlin-Pankow zu sehen gewesen. Nicht ohne, dass<br />
dies Spuren an der Substanz der beliebten Exposition hinterlassen<br />
hat. Dr. Inge Lammel von der VVN-BdA, Autorin der<br />
Ausstellung sowie zahlreicher Begleitliteratur, bewegte auch<br />
das außergewöhnlich hohe Interesse nun zur Überarbeitung<br />
der Schau. Auf 40 Bild- und Texttafeln werden anhand von<br />
Fotos, Dokumenten, Statistiken und Chroniken exemplarisch<br />
Leben und Wirken, aber auch Schicksale jüdischer Bürgerinnen<br />
und Bürger in Berlin-Pankow aufgezeigt.<br />
Begleitend wird es einen Katalog mit CD geben. Die Rekonstruktion<br />
und Überarbeitung der Ausstellung durch Dr. Inge<br />
Lammel wird unterstützt durch die Vereinigung der Verfolgten<br />
des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten<br />
(VVN-BdA Berlin-Pankow e.V.).<br />
Für die Realisierung werden noch Spenden benötigt. Bankverbindung:<br />
VVN-BdA Berlin-Pankow e.V., Stichwort: Juedisches Leben<br />
- Spende, Berliner Volksbank, BLZ 10090000, Kontonummer<br />
5891158000.<br />
Infos: de.juedisches-leben.<strong>org</strong><br />
Termine:<br />
• 7. November, 11 Uhr, vor dem Ehemaligen Jüdischen<br />
Waisenhaus (Berliner Straße 120/121, nahe U-/S-Bahnhof<br />
Pankow): Rundgang zu Stätten ehemaligen Jüdischen<br />
Lebens in Pankow<br />
• 9. November, 15.30 Uhr, Rathaus Pankow (Breite Str.<br />
24A, 1. Etage): Präsentation der überarbeiteten Wanderausstellung<br />
„Jüdisches Leben in Pankow - Vom Anbeginn<br />
zum Neubeginn“. Eröffnende Worte und Führung der<br />
Ausstellungsmacherin Inge Lammel<br />
• 10. November bis 20 November, werktags 6-20 Uhr,<br />
Rathaus Pankow (Breite Str. 24A, 1. Etage): Die Wanderausstellung<br />
ist im Rathaus zu sehen. Begleitend gibt es<br />
eine Multimedia-CD. Weitere Ausstellungsorte folgen in<br />
kürze.<br />
Ausstellung:<br />
„Dem Leben hinterher -<br />
Fluchtorte jüdischer Verfolgter“<br />
Eine fotografische Spurensuche“<br />
Um der Deportation zu entgehen flüchteten sich Juden mit<br />
der Hilfe mutiger Menschen an alle erdenklichen Orte, sie<br />
hielten sich dort versteckt oder lebten getarnt unter falschem<br />
Namen.<br />
Fotografinnen: Sibylle Baier und Daniela Friebel<br />
Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt<br />
Rosenthalerstraße 39<br />
10178 Berlin<br />
bis August 2010<br />
Eintritt frei<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo - So 10 - 20 Uhr<br />
Ausstellung<br />
„Die polnische Minderheit im KZ. Mitglieder<br />
polnischer Verbände im Deutschen Reich in<br />
den Konzentrationslagern Sachsenhausen<br />
und Ravensbrück 1939-1945“<br />
Zweisprachige Ausstellung (Deutsch/Polnisch) über die Verfolgung<br />
der polnischen Minderheit in Deutschland durch die<br />
Nationalsozialisten<br />
Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen<br />
Straße der Nationen 22,<br />
16515 Oranienburg<br />
bis 28. Februar 2010<br />
Öffnungszeiten<br />
15. März bis 14 Oktober: täglich 8.30 - 18.00 Uhr<br />
15. Oktober bis 14. März: täglich 8.30 - 16.30 Uhr<br />
Montags sind die Museen, das Archiv und<br />
die Bibliothek geschlossen.<br />
22
1. November, 16.00 Uhr<br />
„Bleib aufrecht, mein Sohn“.<br />
Veranstaltung mit Hermann-Ernst Schauer,<br />
DRAFD, der in Belorussland an der Seite von<br />
Partisanen und Partisaninnen gegen die Nazis<br />
kämpfte.<br />
Im Anschluss wir der Spielfilm „Defiance“ gezeigt.<br />
(USA 2008, 137 min)<br />
Kulturfabrik Moabit<br />
Lehrter Str. 35<br />
<strong>Antifaschistische</strong> Initiative Moabit<br />
4. November, 19.00 Uhr<br />
„Das Konzentrationslager Columbia-Haus“<br />
Tristezza, Pannierstr. 5 - (U Hermannplatz)<br />
Das KZ Columbia- Haus kann als eines der frühen<br />
Konzentrationsläger als eine Art „Übungsstätte“<br />
für die darauffolgenden KZs gesehen<br />
werden. Vor allem waren hier politische Gegner,<br />
Homosexuelle und „Asoziale“ inhaftiert.<br />
Innerhalb dieser Veranstaltung wollen wir euch<br />
über die Hintergründe und die Geschichte des<br />
einzig eigenständigen Berliner Konzentrationslagers<br />
am Columbiadamm, welches häufig in<br />
Vergessenheit gerät, informieren.<br />
ANA - Autonome Neuköllner Antifa<br />
4. November, 19.30 Uhr<br />
Kirsten Esch: »Überleben im Versteck«<br />
Filmpreview und Gespräch mit Eva Kuper und<br />
der Regisseurin<br />
Der Film erzählt die Geschichte von drei jüdischen<br />
Kindern, die während des Zweiten Weltkriegs<br />
versteckt wurden. Erst 62 Jahre später<br />
fand Eva Kuper ihre Retterin wieder. Eine<br />
Nonne hatte das Mädchen in einem polnischen<br />
Kloster versteckt. Fred Taucher überlebte in<br />
Berlin mitten unter Nazis.<br />
Jüdisches Museum Lindenstraße 9-14<br />
10969 Berlin Eintritt frei<br />
6./7. November, 19:30 Uhr<br />
„Dresden calling – Aktiv werden gegen den<br />
Nazi-Aufmarsch im Februar 2010“<br />
Aktionskonferenz am 06./07. November 2009<br />
in Dresden<br />
Veranstaltet vom bundesweiten Bündnis No-<br />
Pasarán!<br />
DGB-Haus (Schützenplatz 14), Dresden<br />
Freitag, 06.11.2009, 19.30 - 21.30 Uhr<br />
Auftaktveranstaltung „Dresden 2010: Naziaufmarsch<br />
stoppen! Aber wie?“<br />
mit Vertreter_in NoPasarán! (Berlin), Ralf<br />
Hron, DGB Dresden und GehDenken-Bündnis,<br />
Peter Strutynski, Sprecher Bundesausschuss<br />
Friedensratschlag (Kassel), Nora Goldenbogen,<br />
Vorsitzende Jüdische Gemeinde Dresden, •Albrecht<br />
Schröter, Oberbürgermeister der Stadt<br />
Jena, Moderation: Andreas Speit (Journalist)<br />
07.November2009, 10.00 - 13.00 Uhr<br />
Workshops:<br />
• A: „Nazis blockieren: Rechtliche Situation,<br />
Ängste und Aufklärung“<br />
• B: „Dresden 2010: Aktiv werden im Vorfeld“<br />
• C: „Erfolgreich gegen Nazis: Beispiele aus<br />
Köln und Berlin“<br />
• D: „Gemeinsam gegen Nazis: Spektrenübergreifende<br />
Zusammenarbeit“<br />
• E: „Jedes Jahr noch mehr Nazis in DD - Wie<br />
konnte das passieren?“<br />
• F: „Trauma Dresden“: Gedenken vs. Anti-<br />
Nazi-Protest“<br />
Infos. http://www.no-pasaran.mobi/<br />
7. November, 19:30 Uhr<br />
„In Erinnerung an Frederic Zeller und seine<br />
Familie“<br />
Ein medienpädagogisches Projekt von Jugendlichen<br />
aus Spandau<br />
Fanny und Heinrich Zeller wurden von den<br />
Nazis deportiert und ermordet, Heute erinnern<br />
„Stolpersteine“ in Spandau an Sie.<br />
Ehrengäste dieser Veranstaltung sind die Enkelin<br />
und die Urenkelin von Fanny und Heinrich<br />
Zeller.<br />
AG Christen und Juden der Evangelischen Kirche<br />
in Spandau<br />
Museum der Nikolaigemeinde<br />
Reformationsplatz 12 (U-Bhf. Altstadt Spandau)<br />
9. November, 15.00 Uhr<br />
„Nr. 58866: Judenkönig. Aus dem Leben des<br />
Kurt Julius Goldstein“.<br />
Lesung und Gespräch zur Neuauflage des Buches<br />
mit Rosemarie Schuder,<br />
Pflegedienst Schwester Christiane,<br />
Alt-Köpenick 34<br />
anschließend:<br />
Gedenken an die Pogromnacht 1938 am Platz<br />
der ehemaligen Synagoge Freiheit 8<br />
VVN-BdA- Köpenick<br />
8. November, 11.00 Uhr<br />
Matinee des BdA Treptow zum 71. Jahrestag<br />
der Pogromnacht am 9. November1938<br />
Rathaus Treptow, Neue Krugallee<br />
VVN-BdA- Treptow<br />
8. November, 18.00 Uhr<br />
Lesung zum Novemberpogrom:<br />
Gelesen werden Texte zum Novemberpogrom<br />
1938.<br />
Sie sind der Quellenedition „Die Verfolgung<br />
und Ermordung der europäischen Juden durch<br />
das nationalsozialistische Deutschland 1933–<br />
1945“ entnommen, die zu einem Schriftdenkmal<br />
für die ermordeten europäischen Juden<br />
werden soll.<br />
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem<br />
Oldenbourg Wissenschaftsverlag, der Albert-<br />
Ludwigs-Universität Freiburg und der Stiftung<br />
Denkmal für die ermordeten Juden Europas.<br />
Der Eintritt ist frei<br />
Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum<br />
Oranienburger Str. 28-30, 10117 Berlin<br />
9. November, 18.00 Uhr<br />
71. Jahrestag der Pogrome vom<br />
9./10. November 1938<br />
Gedenkveranstaltung der Jüdischen<br />
Gemeinde zu Berlin:<br />
Schülerinnen und Schüler sowie Ehemalige<br />
der Anne-Frank-Grundschule zeigen Ausschnitte<br />
aus der Szenischen Collage zum 80.<br />
Geburtstag von Anne Frank:<br />
„Liebe Anne... Das sind wir!“<br />
Begrüßung: Lala Süsskind, Vorsitzende der<br />
Jüdischen Gemeinde zu Berlin<br />
Grußwort: Ingeb<strong>org</strong> Junge-Reyer<br />
Gedenkrede: Margot Friedländer<br />
Gebet: Rabbiner Tovia Ben-Chori<br />
Jüdisches Gemeindehaus. Fasanenstrasse<br />
79/80, Charlottenburg<br />
23<br />
TERMINE
TERMINE<br />
10. November, 19.00 Uhr,<br />
„Der lange Weg nach Palästina“<br />
Die Geschichte einer Lichtenrader Familie in<br />
Briefen -1910 -1947<br />
Briefe aus vier Jahrzehnten des Lichtenrader<br />
Rechtsanwalt Ernst Pinner an seine Schwester<br />
Margarethe.<br />
Reflektionen über Judentum, Gesellschaft und<br />
Politik neben ganz Persönlichem.<br />
Berliner Geschichtswerkstatt e.V.<br />
Tempelhof-Museum, Alt-Mariendorf 43, 12107<br />
Berlin.<br />
(U-Bhf. Alt-Mariendorf, Bus X 76, M 76, M 77,<br />
179, 181)<br />
www.berliner-geschichtswerkstatt.de<br />
12. November<br />
Gegen den Naziaufmarsch in Halbe und das<br />
Militaristentreffen auf dem Friedhof Columbiadamm.<br />
Informationen und letzte Updates zum Naziaufmarsch<br />
in Halbe und den dortigen Gegenaktivitäten<br />
als auch zum alljährlichen Treffen<br />
von Reservisten/Militaristen auf dem Neuköllner<br />
Garnisonsfriedhof Columbiadamm am<br />
Volkstrauertag, am14. und 15 November 2009.<br />
Danach findet im Projektraum der monatliche<br />
Die Recherche-Broschüre Fight.Back ist mit einer neuen<br />
Ausgabe erschienen. Die Broschüre richtet sich an alle, die<br />
sich mit den Erscheinungsformen der extremen Rechten in<br />
Berlin aktionistisch, wissenschaftlich, beruflich und journalistisch<br />
auseinandersetzen.<br />
Schwerpunkte der aktuellen Ausgabe:<br />
• Berichte aus den Berliner Bezirken und Regionen rund<br />
um Berlin<br />
• Berlinweite neonazistische und extrem rechte Strukturen<br />
• Neonazistische Strategien im Internet und bei Strafprozessen<br />
• Interview über antifaschistische Gegenstrategien<br />
Download unter: http://fightback.gulli.to/<br />
antifaschistische Solitresen des <strong>Antifaschistische</strong>n<br />
Bündnis Süd-Ost statt.<br />
Projektraum Hermannstraße 48 (Neukölln)<br />
14. November<br />
Gegen das Heldengedenken in Halbe!<br />
Für den 14.11.2009 haben Nazis einen Aufmarsch<br />
in Halbe angemeldet. Sie wollen zum<br />
dortigen Soldatenfriedhof marschieren. Nach<br />
ihrem Debakel im März 2007, versuchen sie<br />
erneut Halbe zu einem Wallfahrtsort zu machen.<br />
Das werden wir nicht zulassen.<br />
Kommt zur antifaschistischen Kundgebung am<br />
14.11.09 in Halbe!<br />
Infos unter: http://redhalbe.blogsport.de/<br />
18.November - 5.Dezember 2009<br />
„Welchen der Steine du hebst“ -<br />
Filmische Erinnerung an den Holocaust<br />
Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation<br />
mit dem Hackesche Höfe Kino<br />
Veranstalter: Kulturwissenschaftliches Institut<br />
und Kollegium Jüdische Studien der Humboldt-<br />
Universität zu Berlin in Kooperation mit dem<br />
Hackesche Höfe Kino<br />
Infos: www.film-erinnerung.de<br />
Der Berliner Journalist Peter Neuhof<br />
schildert aus eigenem Erleben, gestützt<br />
auf seine Tagebuchaufzeichnungen und<br />
die seines Vaters, Briefe seiner Eltern,<br />
Dokumente der Gestapo und Gerichtsakten<br />
die Zeit von 1930 bis 1945.<br />
Wie in einem Brennglas verdichten sich<br />
in seiner Geschichte die Terrormaßnahmen<br />
der nazis gegen die jüdische<br />
Bevölkerung und gegen die wenigen,<br />
die sich nicht kampflos in ihr Schicksal<br />
fügten. Verhaftungen und Gerichtsverfahren,<br />
Deportation von Familienmitgliedern<br />
in die Vernichtungslager, aber<br />
auch der feste Wille, sich nicht wie<br />
Schafe zur Schlachtbank führen zu lassen,<br />
bilden den Kern dieser Geschichte.<br />
297 Seiten<br />
Pahl-Rugenstein-Verlag<br />
24,90 EUR<br />
Neu erschienen bei AG Spak Bücher:<br />
„ausgesteuert – ausgegrenzt … angeblich<br />
asozial“ Herausgegeben von<br />
Anne Allex & Dietrich Kalkan & dem<br />
AK „Marginalisierte – gestern und<br />
heute“. 30 Beiträge zur Auseinandersetzung<br />
mit dem Wesen des Stigmas<br />
„Asozial“. Im jeweils spezifisch historischen<br />
Spannungsfeld der Sozialpolitiken,<br />
den dazu benutzten Argumentationen<br />
und dem spezifischen Verwaltungshandeln<br />
werden unter anderem<br />
die geschlechtsspezifische Diskriminierung<br />
von Frauen und Mädchen, die<br />
Unterdrückung von Heimkindern, die<br />
Repression gegen Strafgefangene und<br />
die Verfolgung von Bettlern, „Widerständigen“<br />
und „Gemeinschaftsfremden“<br />
thematisiert<br />
UnterstützerInnen:<br />
Autonome Neuköllner Antifa [ANA]<br />
autonome_neukoellner_antifa@riseup.net<br />
http://neukoelln.antifa.net/<br />
Antifa Prenzlauer Berg<br />
apb@riseup.net<br />
www.antifa-pberg.de.vu<br />
Antifa TU Berlin<br />
antifa_tub@no-log.<strong>org</strong><br />
www.antifa-tu-berlin.tk/<br />
Emanzipativen <strong>Antifaschistische</strong>n<br />
Gruppe (EAG-Berlin)<br />
eag-berlin@riseup.net)<br />
http://pankow.antifa.net<br />
Berliner Vereinigung der Verfolgten des<br />
Naziregimes-<br />
Bund der Antfaschistinnen und Antifaschisten<br />
e.V.: www.berlin.vvn-bda.<strong>org</strong><br />
Impressum:<br />
AIM c/o Berliner VVN-BdA e.V.,<br />
Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin<br />
a i m@gmx.de, www.antifa-moabit.de.vu<br />
V.i.S.d.P.: M.Meier, Alt Moabit 25, 10555Berlin<br />
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