Busse – das missverstandene Wort - Ethos
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unter anderem daran, <strong>das</strong>s dieser Begriff,<br />
oft völlig missverstanden wird. Zudem<br />
stösst der Ruf nach Umkehr auf heftigen<br />
Widerstand, denn der Mensch möchte<br />
sein eigener Herr und Meister sein, tun<br />
und lassen, was ihm gefällt.<br />
<strong>Busse</strong> darf nicht mit Reue verwechselt<br />
werden. Reue kann man empfinden, weil<br />
uns eine bestimmte Sünde leid tut. Das<br />
sehen wir deutlich beim Verrat des Ju<strong>das</strong>.<br />
Seine Reue half ihm jedoch nicht aus dem<br />
Verderben. Ganz anders bei Petrus: Nachdem<br />
er Jesus verleugnet hat, sehen wir bei<br />
ihm Reue nach Gottes Sinn; sie bewirkt<br />
<strong>Busse</strong> zum Heil.<br />
Noch nie ist ein Mensch durch etwas<br />
anderes als durch Gnade vor dem Gericht<br />
Gottes gerettet worden. Weder Opfer<br />
noch Werke konnten jemals dazu<br />
beitragen, einen Ungerechten zu rechtfertigen.<br />
Und noch nie wurde ein Sünder gerettet,<br />
ehe er <strong>Busse</strong> getan hatte. Trotzdem<br />
scheuen wir uns oft, nicht an Gott glaubende<br />
Menschen über ihre Lage vor Gott<br />
aufzuklären. Wir sprechen von der Liebe<br />
Gottes und von der Gnade des Evangeliums.<br />
Warum aber sollte sich ein Mensch<br />
nach Gnade sehnen, wenn ihm die unüberbrückbare<br />
Kluft, die zwischen ihm<br />
und Gott besteht, nicht bewusst ist? Unsere<br />
Gesellschaft kennt den göttlichen<br />
Massstab nicht mehr, die Gewissen sind<br />
abgestumpft. Das <strong>Wort</strong> Sünde existiert<br />
kaum mehr im heutigen Sprachgebrauch,<br />
und wenn man es benutzt, dann höchstens<br />
im Zusammenhang mit zu viel oder<br />
falschem Essen, <strong>das</strong> der Linie schadet.<br />
<strong>Busse</strong> kommt, ebenso wie der Glaube<br />
selbst, durch <strong>das</strong> Hören des <strong>Wort</strong>es Gottes.<br />
Deshalb ist der Mensch verantwortlich,<br />
<strong>das</strong> Reden Gottes ernst zu nehmen und<br />
ihm zu gestatten, <strong>das</strong>s es sein Werk an unserem<br />
Gewissen und Herz tun kann. Der<br />
Aufruf zur <strong>Busse</strong> führt zur Kapitulation<br />
vor Gott und bereitet den Menschen vor,<br />
allein auf <strong>das</strong> vollbrachte Werk Christi zu<br />
vertrauen, damit er durch die freie, unverdiente<br />
Gnade gerettet werden kann.<br />
Wenn wir lesen, mit welcher Schärfe<br />
Johannes die selbstgerechten religiösen<br />
Führer seiner Zeit zurechtwies, die immerhin<br />
kamen, um sich von ihm taufen<br />
zu lassen, heben wir irritiert unsere<br />
Augenbrauen. «Schlangenbrut!», ruft<br />
er. «Weshalb glaubt ihr, dem zukünftigen<br />
Zorn Gottes entrinnen zu können?<br />
Seht zu, <strong>das</strong>s ihr rechtschaffene Früchte<br />
der <strong>Busse</strong> bringt.» Wieso diese Härte?<br />
Da die Zuhörer die Nachkommen Abrahams<br />
waren, wiegten sie sich in einer falschen<br />
Sicherheit. Sie glaubten, durch ihre<br />
Zugehörigkeit automatisch zum auserwählten<br />
Volk zu gehören. Aber nicht die<br />
natürliche, sondern allein die geistliche<br />
Verwandtschaft nimmt uns hinein in den<br />
Bund der Verheissung. Nicht die äussere<br />
Beschneidung, sondern die Beschnei-<br />
«Ich sage euch:<br />
Genauso wird im Himmel<br />
mehr Freude sein über<br />
einen einzigen Sünder,<br />
der umkehrt, als über<br />
neunundneunzig Gerechte,<br />
die es nicht nötig haben,<br />
umzukehren.»<br />
Lukas 15,7<br />
Kinder Gottes und die <strong>Busse</strong><br />
Wenn wir uns mit <strong>Busse</strong> beschäftigen,<br />
dann in der Regel mit ihrer<br />
Bedeutung zu Beginn des Glaubenslebens.<br />
Aber es wäre falsch zu übersehen,<br />
<strong>das</strong>s die durch Christus erlösten Menschen,<br />
die Kinder Gottes, ebenso viel Anlass<br />
zur <strong>Busse</strong> haben wie jeder andere.<br />
Wir sollten nie vergessen, <strong>das</strong>s die Begnadigten<br />
trotz allem noch Sünder sind. Das<br />
hört sich zwar an wie ein Widerspruch,<br />
ist es aber nicht. Je enger ein Glaubender<br />
mit dem Herrn verbunden ist, desto mehr<br />
wird er sich bewusst, <strong>das</strong>s ihm seine alte<br />
Adamsnatur immer wieder zu schaf-<br />
fen macht. Heiligung bedeutet nicht, <strong>das</strong>s<br />
man die alte Natur reinigt. Vielmehr müssen<br />
wir, dank des in uns wohnenden Heiligen<br />
Geistes, nicht mehr der Sünde dienen.<br />
Trotzdem werden wir immer wieder schuldig,<br />
durch die Schwachheit des Fleisches <strong>–</strong><br />
und wir werden immer wieder fallen, wenn<br />
wir nicht nahe beim Herrn bleiben.<br />
Du rühmst dich vielleicht, nichts Böses<br />
zu tun. Aber kann der sich rühmen, der<br />
nichts tut? Der Feigenbaum wurde vom<br />
Herrn nicht darum verflucht, weil er Böses<br />
tat, sondern weil er keine Frucht brachte.<br />
Das war seine Schuld.<br />
24 ethos 11 I 2011