Hamburger Morgenpost Ausgabe vom 12.11.2014 (Vorschau)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10 HAMBURG<br />
●<br />
Mittwoch, 12. November 2014<br />
So finden Sieein<br />
gutesPflegeheim!<br />
VonDIRK J. ANDRESEN<br />
Es ist die Horror-Vision für alte<br />
Menschen und ihre Angehörigen:<br />
Gefesselte, mit Psychopillen<br />
ruhiggestellte und oftmals<br />
auch zwangsernährte Senioren,<br />
die wegen Personalmangels<br />
in Pflegeheimen ein unwürdiges<br />
Dasein führen (MO-<br />
PO berichtete gestern). Aber<br />
wie findet man das richtige<br />
Heim für seine Eltern, Verwandten<br />
–oder garsich selbst?<br />
Wertvolle Tipps gibt Claus<br />
Fussek (62), Sozialarbeiter,<br />
Buchautor – und bekannt als<br />
Deutschlands „Pflegepapst“.<br />
Eine Breitseitefeuert dieser gegen<br />
die bisherige Benotungs-<br />
Praxis für Heime ab: Ein Mal im<br />
Jahr wirddemnach jede Pflegeeinrichtung<br />
<strong>vom</strong> Medizinischen<br />
Dienst der Krankenkassen<br />
geprüft, angeblich werden<br />
dabei 77 Punkte abgecheckt.<br />
Danach wird jedes Heim mit<br />
Schulnoten bewertet. Fussek:<br />
„Diese Pflegenoten können Sie<br />
in die Tonne treten, der Bundesdurchschnitt<br />
für die Heime<br />
liegt bei 1,2. Das hat mit der<br />
Realität rein garnichts zu tun.“<br />
Weiter wettert er: „Pflegeleistungen<br />
korrekt zu dokumentieren<br />
ist da genauso wichtig wie<br />
die Pflege- und Betreuungsmaßnahmen<br />
selbst. Ein Unding.“<br />
Fussek empfiehlt daher Menschen,<br />
die nach einem seriösen<br />
Heimplatz mit guter Pflege suchen,<br />
„den normalen Menschenverstand<br />
einzuschalten“.<br />
Seine wichtigsten Ratschläge:<br />
Das Heim sollte in der Nähe der<br />
1. engsten Angehörigen liegen!<br />
„Kein Heim kann die perfekte<br />
Pflegeleisten. Es ist immer gut,<br />
wenn der Heimbewohner Besuch<br />
bekommt, dieser sich zusätzlich<br />
zum Personal um die<br />
Betreuung kümmern kann.“<br />
Ein Heim ganz ohne Mängel<br />
2. gibt es nicht! „FragenSie die<br />
Heimleitung nach Problemen.<br />
Gibt es angeblich keine, ist das<br />
höchst verdächtig, weil in so einem<br />
Heim Schwierigkeiten<br />
programmiert sind. Versucht<br />
die Leitung, dies zu verschweigen<br />
oder zu kaschieren, ist das<br />
ein ganz schlechtes Zeichen.“<br />
So berichtete die MOPO über<br />
skandalöse Pflege-Zustände.<br />
Fragen Sie inder Nähe stationierte<br />
Notärzte, Rettungssani-<br />
3.<br />
täterund Bestatter! „Die gehen in<br />
den Heimen ein und aus, kennen<br />
die Gegebenheiten meist<br />
genau. Machen Siesich den Erfahrungsschatz<br />
dieser Fachleute<br />
zunutze.“<br />
Fragen Sie nach der „Hospiz-<br />
4.<br />
Kultur“ im betreffenden Heim!<br />
„Ein durchaus wichtiger Punkt<br />
ist, ob mit einer seriösen Einrichtung<br />
zur Sterbebegleitung<br />
zusammengearbeitet wird“, so<br />
Fussek. „Den Bewohnern gibt<br />
das oft ein beruhigenderes, besseres<br />
Gefühl.“<br />
5.<br />
Gehen Sie bei schönem<br />
Wetter in das Heim! „In<br />
einer funktionierenden<br />
Einrichtung werden<br />
möglichst viele Bewohner<br />
im Garten<br />
oder auf der Sonnenterrasse<br />
sitzen.<br />
In miesen<br />
Heimen geht’s<br />
bei Schönwetter<br />
meistens<br />
nicht an die<br />
frische Luft.“<br />
Die ärztliche<br />
Ver-<br />
6.<br />
sorgung!<br />
Kommen<br />
abgesehen<br />
von den routinemäßig angesetzten<br />
Arztbesuchen noch<br />
andere Mediziner ins Heim?<br />
Fussek: „Zahnärzte, Urologen,<br />
Gynäkologen, Hals-Nasen-<br />
Ohren-Ärzte? Erst dann<br />
ist die medizinische<br />
Versorgung rundum<br />
in Ordnung.“<br />
Riecht es nach<br />
7. Zitrone?<br />
„Meistens ist<br />
das ein Zeichen<br />
mangelnder<br />
Sauberkeit<br />
und<br />
Hygiene“, so<br />
Fussek. Und:<br />
„Oft genug<br />
wird versucht,<br />
penetranten<br />
Uringeruch mit<br />
Zitronendüften zu<br />
überdecken.“