13.11.2014 Aufrufe

Download (pdf) - Institut für Psychoanalyse der DPG Stuttgart

Download (pdf) - Institut für Psychoanalyse der DPG Stuttgart

Download (pdf) - Institut für Psychoanalyse der DPG Stuttgart

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ständig für ihn völlig wildfremden Menschen nach, versuchte dreimal das<br />

elterliche Haus in Brand zu setzen und zerschlug ständig sämtliche Spiegel<br />

im Haus mit <strong>der</strong> immer gleichen Frage an seine Adoptivmutter: „Warum<br />

bin ich nur so hässlich?“ - er, ein ausgesprochen schöner dunkelhäutiger<br />

junger Mann.<br />

Denn er war viel zu erfahren in <strong>der</strong> wahren Welt, um anzunehmen, dass<br />

unter dem, was er in den Spiegeln sah, ein Herz aus Gold versteckt war.<br />

Viel eher steckte da etwas Verzerrtes, Mutiertes, entstanden durch ein<br />

Leben, das weniger gnädig gewesen war als das einer durchschnittlichen<br />

streunenden Katze.<br />

Diese bewusst herbeigeholten Erinnerungen an David und an<strong>der</strong>e Kin<strong>der</strong><br />

machen mir meine Arbeit mit Erwachsenen mit schweren Persönlichkeitsstörungen<br />

erst möglich. Die Lebens- und Leidensgeschichten mir immer<br />

wie<strong>der</strong> zu vergegenwärtigen ist für mich notwendig, um die gegenwärtigen<br />

Beziehungsgestaltungen dieser Menschen erstens verstehen und die<br />

gefühlsmäßigen Verwicklungen in <strong>der</strong> Beziehung mit ihnen ertragen zu<br />

können. Ertragen können deshalb, weil diese Menschen uns auf eine an<strong>der</strong>e<br />

Art for<strong>der</strong>n, als Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen,<br />

Symptomneurosen o<strong>der</strong> Psychosen.<br />

„Wenn mir ein Patient nicht mehr aus dem Kopf geht, weil ich<br />

mich so hingezogen fühle“, beschreibt ein Phänomen, das mich völlig<br />

unabhängig von Geschlechterkonstellation, psychotherapeutischer Ausrichtung<br />

und Setting, ob ambulant, teilstationär o<strong>der</strong> stationär tangieren<br />

kann und meist Zustände von „weil ich so sehr an mir zweifle“ und „weil<br />

ich in so großer Sorge bin“ einschließt o<strong>der</strong> nach sich zieht.<br />

Einerseits macht es keine an<strong>der</strong>e gefühlsmäßige Verstrickung in <strong>der</strong> therapeutischen<br />

Beziehung zu einem Patienten so schwer, sich Unterstützung<br />

mit Hilfe einer Supervision, einer Intervisionsgruppe o<strong>der</strong> einem Qualitätszirkel<br />

zu besorgen. An<strong>der</strong>erseits hat gerade diese spezielle Art von emotionaler<br />

Verwicklung zur Einführung unserer Profession geführt, treibt<br />

unsere Profession bis heute mäan<strong>der</strong>n umher und liegt dem zugrunde,<br />

was wir heute so selbstverständlich als Übertragung und Gegenübertragung<br />

bezeichnen.<br />

Um dies besser verstehen und eine klare innere Haltung dazu einnehmen<br />

zu können, lade ich Sie nun zu einem kurzen historischen Parforce-Ritt <strong>der</strong><br />

psychotherapeutischen Profession ein.<br />

Dort, am Entstehungsort von Psychotherapie und <strong>Psychoanalyse</strong> wartet<br />

jedoch zunächst nicht Sigmund Freud, son<strong>der</strong>n eine Frau, <strong>der</strong>en Leid,<br />

geronnen in den Versen ihres Gedichtes, geschrieben lange nach ihrer<br />

Behandlung, jeden Leser berühren:<br />

„Mir ward die Liebe nicht –<br />

Drum leb’ ich wie die Pflanze,<br />

Im Keller ohne Licht.<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!