Reportage Fotos: nic/chh Wenig Mädels, viele Schnitzel Raus aus Hotel Mama, rein ins Studentenleben. Nach dem Abitur zieht es viele junge Leute in die Ferne, sie studieren in Frankfurt, Köln, Berlin – oder aber in Friedberg. Um den jungen Leuten eine günstige Unterkunft anbieten zu können, betreibt das Studentenwerk im Stadtteil Fauerbach ein Wohnheim. Der <strong>streifzug</strong> hat sich dort mal umgeschaut. 4 <strong>streifzug</strong> 10/2013
REpORTAGE INTERvIEW AufeinenBlick 219 Wohneinheiten 123 WG-Appartement-Zimmer 60 Einzelappartements 18 Doppelappartements Internet-, Telefon- und TV-Anschluss Waschmaschinen und Trockner im Keller Basketballplatz, Tischtennisplatten Lebt spartanisch: Khalid Amini. Für ein Haus, in dem über 200 junge Leute wohnen, ist es gespenstisch ruhig – und sauber. Keine laute Musik, keine leeren Bierflaschen, keine überquellenden Mülleimer – selbst die Küche sieht aus wie geleckt. »Es sind Semesterferien. Die meisten Studenten sind zu Hause«, erklärt Susanne Gerisch. Als die Pressesprecherin des Studentenwerks gerade eines der Zimmer zeigen will, taucht doch noch ein Student auf. »Guten Morgen«, grüßt Khalid Amini etwas verdutzt und stellt einen dreckigen Teller in die Küche. Anschließend trottet er ins Wohnzimmer und macht es sich gemütlich. Amini wohnt in einem der 123 WG-Appartements des Wohnheims. Der 28-Jährige macht gerade seinen Master in Wirtschaftsinformatik. Ob’s ihm in Friedberg gefällt? »Naja, es gibt spannendere Städte.« Zugegeben, in Sachen Flair und Tanzflächendichte kann die <strong>Wetterauer</strong> Kreisstadt nicht mit Metropolen mithalten. Trotzdem hat es rund 4800 junge Leute nach Friedberg verschlagen, um mehr oder weniger regelmäßig die Vorlesungsräume der Technischen Hochschule Mittelhessen aufzusuchen. Zum Wintersemester 2013/2014, das am 7. Oktober mit einer feierlichen Begrüßung beginnt, kommen noch mal 1130 »Erstis« hinzu. Neben Amini können noch 218 weitere Studenten im THM-Wohnheim eine Bleibe finden – zumindest wenn sie schnell sind. »Zu Hochzeiten sind wir ausgelastet. Die Situation in Friedberg ist im Vergleich zu anderen Hochschulen aber noch relativ okay«, sagt Ralph Vogtmann, beim Studentenwerk Gießen für studentisches Wohnen zuständig. Doch das gelte nicht für alle Zimmer, betont seine Kollegin Susanne Gerisch. »Wer eines der 60 Einzelappartements haben will, muss sich zwischen sechs bis acht Monaten gedulden.« Wenn es nicht gleich das Traumobjekt sein müsse, fände sich jedoch was, ist die Pressesprecherin des Studentenwerks überzeugt. Neben den Einzelzimmern und 18 Doppelappartements gibt es noch 123 Zimmer, die in achter WGs zusammengeschlossen sind. Neben den Zimmern, die spartanisch mit Schreibtisch, Bett und Kleiderschrank ausgestattet sind, gehören eine Küche, Balkon, Bad und ein kleines Wohnzimmer dazu. Das spartanische Leben hat einen bedeutenden Vorteil: Laut Vogtmann ist das Wohnheim unschlagbar günstig. »Die Studenten zahlen 182 Euro im Monat. Strom, Heizung, Internet – alles inklusive.« Er erzählt auch, dass jeden Werktag eine Putzfrau kommt. Daher also die saubere Küche. Damit es den Studenten nicht allzu langweilig wird, gibt es auf dem Wohnheimgelände die ein oder andere Freizeitbeschäftigung. Neben dem Hauptgebäude gibt es einen kleinen Basketballplatz, auf Tischtennisplatten kann der Unifrust weggeschmettert werden. »Außerdem können die Studenten auf der großen Grünanlage grillen«, sagt Vogtmann. Alles in allem wirkt das gesamte Areal recht modern und freundlich – lässt man mal die alten Steintreppen im Inneren des Wohnheims außen vor. »Das Gebäude ist vor drei bis vier Jahren saniert worden«, betont Bernd Rötering, beim Studentenwerk für das Qualitätsmanagement zuständig. »Wärmedämmung, Fassade, Einrichtung – alles neu.« Auch Student Amini lobt das Wohnheim, das sich über fünf Häuser verteilt. Mit seinen Mitbewohnern habe er ebenfalls keine Probleme – im Gegenteil. »Hier wohnen viele Austauschstudenten. Leute aus Kamerun, Marokko, Kuba und Nepal.« Es sei immer spannend, Menschen aus anderen Ländern kennenzulernen. »Alles Multikulti hier.« Und wenn es doch mal Ärger gebe, sagt Vogtmann, gebe es ja die Wohnheimtutoren. »Das sind Studenten, die sich um Probleme und Streitigkeiten kümmern. Sie geben aber auch Informationen weiter, hängen Hinweise aus und geben Neuerungen bekannt.« Wer schon mal in einem Wohnheim war – sei es zu Besuch oder als Bewohner – weiß, dass dort nicht die schlechtesten Partys gefeiert werden. Auch in Friedberg? »Eher nicht«, sagt Amini. Im Friedberger Wohnheim gehe es meist ruhig zu. Die leere Tequila-Flasche auf dem Balkon erzählt jedoch eine andere Geschichte. Auch Amini fällt dann doch noch etwas ein. »Die beiden Austauschstudenten aus Nepal feiern gerne. Und die Punks von unten. Die sind total in Ordnung.« Problematisch sei es hingegen, in Friedberg auszugehen. »Hier gibt es kaum etwas. Wenn man feiern will, muss man nach Gießen fahren.« Auch die Erstsemester-Party in Friedberg lasse zu wünschen übrig. »Da laufen fast keine Frauen rum.« Das hat einen einfachen Grund. Elektrotechnik, Maschinenbau, Physikalische Technik oder Wirtschaftsinformatik sind eben nicht unbedingt klassische Mädchenfächer. Jungs, die Tiermedizin studieren, haben es da besser. Der Männerüberschuss in Friedberg hat auch Einfluss auf das Essen in der Mensa, die am Campus in der Wilhelm-Leuschner- Straße angesiedelt ist. »In Gießen, wo mehr Frauen studieren, ist die Nachfrage nach veganen und vegetarischen Gerichten deutlich größer«, erzählt Studentenwerk-Sprecherin Gerisch. Jungs scheinen da anders zu ticken: Keine Experimente, wenn es in der Mensa Schnitzel gibt. Christoph Hoffmann Steinkaute 4 61169 Friedberg-Fauerbach Das Wohnheim in Friedberg-Fauerbach bietet Platz für 219 Studenten. 10/2013 <strong>streifzug</strong> 5