13.11.2014 Aufrufe

Normatives Management als strategischer Erfolgsfaktor

Normatives Management als strategischer Erfolgsfaktor

Normatives Management als strategischer Erfolgsfaktor

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Normatives</strong> <strong>Management</strong> <strong>als</strong> <strong>strategischer</strong> <strong>Erfolgsfaktor</strong><br />

Heinz Reichmann<br />

Die Diskrepanz zwischen den unterschiedlichen<br />

persönlichen Vorstellungen und<br />

sozialen Normen, die durch die wachsende<br />

externe und interne Komplexität der Unternehmen<br />

noch verstärkt wird, macht Entscheidung<br />

in Situationen ökonomischer<br />

Sachzwänge immer schwieriger. Dem<br />

normativen <strong>Management</strong> fällt die Aufgabe<br />

zu, den Entscheidungsträgern von Unternehmen<br />

zur Bewältigung von Wert- und<br />

Interessenkonflikten verbindliche Wertmaßstäbe<br />

vorzugeben, die ihnen <strong>als</strong> Bezugsgrößen<br />

für ihr individuelles und kollektives<br />

Verhalten dienen.<br />

<strong>Normatives</strong> <strong>Management</strong> setzt bei dem<br />

Begriff Verantwortung an, der in den letzten<br />

Jahren zu einer ethischen Grundkategorie<br />

geworden ist. Um Unternehmen nicht<br />

nur sachgemäß, sondern auch menschengerecht<br />

zu führen, bedarf es selbstverständlich<br />

zunächst einmal der Reflexion<br />

über die eigenen ethischen Wertmaßstäbe.<br />

In einer Welt konkurrierender Wertvorstellungen<br />

wird das Abwägen zwischen<br />

den unterschiedlichen Alternativen für den<br />

einzelnen aber immer schwieriger, so daß<br />

im Interesse des Unternehmens ein institutionelles<br />

Bedingungsgefüge geschaffen<br />

werden muß, in dem Verantwortung wahrgenommen<br />

und Verunsicherung und Orientierungslosigkeit<br />

bei Entscheidungen<br />

abgebaut werden kann. Dabei verhalten<br />

sich wirtschaftliche und ethische Verantwortung<br />

nicht in einem Entweder-Oder,<br />

sondern in einem Sowohl-Als-Auch zueinander.<br />

Da Verantwortung auch ein Beziehungsbegriff<br />

ist, muß auch die Frage gestellt<br />

werden, wem gegenüber sich Unternehmen<br />

zu verantworten haben. Da <strong>Management</strong>aufgaben<br />

sich nicht, wie es einige Vertreter<br />

des Neoliberalismus sehen, auf reine Treuhänderfunktionen<br />

den Eigentümern gegenüber<br />

reduzieren lassen, erstreckt sich die<br />

Verantwortung der Unternehmen auch auf<br />

die Interessen anderer Stakeholder. Ein<br />

langfristiger Bestand der Unternehmen ist<br />

nur dann möglich, wenn deren Aktivitäten<br />

nicht zu allgemein anerkannten Verhaltensnormen<br />

und Wertvorstellungen im<br />

Widerspruch stehen.<br />

Es ist allerdings festzustellen, daß bei vielen<br />

Unternehmern und Managern die Einsicht<br />

fehlt, daß Gewinn und Moral nicht<br />

substitutive, sondern komplementäre Größen<br />

sind, weil sich moralisches Verhalten<br />

im Hinblick auf seine ökonomische Effizienz<br />

der Messung durch übliche Methoden<br />

und Verfahren weitestgehend entzieht.<br />

Empirische Untersuchungen haben jedoch<br />

den eindeutigen Beweis erbracht, daß moralisches<br />

Verhalten von Unternehmen<br />

durchaus eine nachhaltige Erfolgskomponente<br />

darstellt und deren Wettbewerbsfähigkeit<br />

verbessert. Nach unserem<br />

heutigen gesellschaftlichen Selbstverständnis<br />

stellt normatives Verhalten von<br />

Unternehmen keine freiwillige Leistung<br />

mehr dar, sondern ist zu einem integralen<br />

Bestandteil ökonomischer Aktivitäten geworden.<br />

Deswegen existiert der scheinbare<br />

Widerspruch zwischen ethischem Verhalten<br />

und ökonomischer Rationalität im betrieblichen<br />

Alltag schon lange nicht mehr.<br />

Trotz dieser Erkenntnis ist es erstaunlich,<br />

daß die Umsetzung normativer Unternehmensgrundsätze<br />

in der Praxis nur in Teilbereichen<br />

von Unternehmen gelungen ist<br />

und in den Unternehmen zwischen Anspruch<br />

und Wirklichkeit, zwischen Wollen<br />

und Tun häufig große Lücken bestehen. An<br />

dieser Situation wird sich auch nichts ändern,<br />

solange die normativen Unternehmensziele<br />

nicht auch institutionell abgesichert<br />

und operational umgesetzt werden.<br />

Wer soziale Verantwortung ernst nimmt,


muß sich mit den Ansprüchen der verschiedenen<br />

Stakeholder auseinandersetzen,<br />

Maßnahmen planen, Ressourcen bereitstellen,<br />

Systeme und Strukturen zur Umsetzung<br />

installieren. Eine solche Aufgabenstellung<br />

entspricht exakt dem strategischen<br />

und operativen <strong>Management</strong>, das ebenfalls<br />

Prioritäten setzt, auf einen Ausgleich zwischen<br />

berechtigten Forderungen interner<br />

und externer Anspruchsgruppen hinwirkt,<br />

die Unternehmenspolitik festlegt und durch<br />

entsprechende Maßnahmen umsetzt.<br />

Zur Lösung diese Problems bedarf es keines<br />

besonderen <strong>Management</strong>konzeptes,<br />

wie es die St. Gallener Schule empfiehlt,<br />

sondern den Anforderungen der Umsetzung<br />

eines normativen <strong>Management</strong>s wird<br />

ein funktionierendes Controlling durchaus<br />

gerecht, wenn die Kenntnisse und Erkenntnisse<br />

daraus konsequent übernommen<br />

und angewandt werden.<br />

Es ist jedoch zu befürchten, daß sich deutsche<br />

Unternehmen schwer tun bei einer<br />

Realisierung, und dies im Wesentlichen<br />

aus zwei Gründen. Zum einen, weil erfahrungsgemäß<br />

gerade unter schwierigen ö-<br />

konomischen Rahmenbedingungen kurzfristiges<br />

Denken dem strategisch notwendigen<br />

langfristigen Denken untergeordnet<br />

wird. Zum anderen aber auch deswegen,<br />

weil in unserer Wirtschaft immer noch<br />

nicht das Bewußtsein vorhanden oder zumindest<br />

unterentwickelt ist, daß es bei der<br />

Umsetzung ethischer Wertvorstellungen<br />

nicht um die Aufhebung ökonomischer<br />

Sachlogik geht, sondern darum, ethischpraktische<br />

Vernunft in die betriebswirtschaftliche<br />

Rationalität einzubringen.<br />

Um langfristig handlungsfähig zu bleiben,<br />

benötigen erfolgreiche Unternehmen aber<br />

neben der ökonomischen auch eine moralische<br />

Orientierung, die sie aus sich heraus<br />

nicht erbringen können. Hierfür durch Institutionalisierung<br />

und Operationalisierung<br />

eines normativen <strong>Management</strong>s die notwendigen<br />

Voraussetzungen zu schaffen, ist<br />

eine unverzichtbare Aufgabe jeder Unternehmensleitung.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!