Hamburger Morgenpost Ausgabe vom 14.11.2014 (Vorschau)
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Freitag, 14. November 2014<br />
●<br />
HAMBURG 7<br />
„Ich liebe sie“ hatte die Mutter (23)<br />
unter Fotos mit ihrem Kind geschrieben.<br />
Fotos: Polizei, hfr<br />
YagmursMutter:<br />
Bekommt siejetzt<br />
lebenslänglich?<br />
Gutachter hält27-Jährige für voll schuldfähig<br />
VonSTEPHANIE LAMPRECHT<br />
„Keine Hinweise auf verminderte<br />
Schuldfähigkeit“,<br />
so lautet das Fazit, das der<br />
psychiatrische Gutachter<br />
gestern im Yagmur-Prozess<br />
vorgetragen hat. Der PsychiaterDr.<br />
Jochen Brackhat an<br />
vier Terminen Gespräche<br />
mit Yagmurs Mutter Melek<br />
Y. (27) geführt. Ergebnis: Sie<br />
wusste, wassie tat,als sie ihre<br />
kleine Tochter (✝3) zu Tode<br />
misshandelte.<br />
Foto:dpa<br />
Die Mutter ist alleinerziehend. Ihr Vater<br />
(52) soll sich auch um das Kind kümmern.<br />
von Linie130<br />
Der Sachverständige bescheinigt<br />
Melek Y. eine<br />
„postnatale Bindungsstörung“<br />
zu ihrer Tochter. Bereits<br />
zwei Tage nach YagmursGeburt<br />
ließ sie das Baby<br />
im Krankenhaus zurück,<br />
nachdem sie sich an das Jugendamt<br />
gewandt hatte.<br />
Laut Brack habe Melek Y.<br />
wenig Empathie für ihre<br />
Tochter gezeigt: „Es gab Ablehnung<br />
und Entfremdung,<br />
die in Wut und Hass umschlugen.“<br />
Die Mutter habe<br />
ihr zweites Kind „dafür verantwortlich<br />
gemacht, dass<br />
sie in ihrem Leben nichts erreicht<br />
hat“.<br />
Melek Y. hat einen unterdurchschnittlichen<br />
IQ von<br />
88, eine Ausbildung hat sie<br />
nie gemacht. Im Prozess sagtenmehrereMänner<br />
aus, die<br />
während ihrer Ehe mit der<br />
Angeklagten Affären gehabt<br />
Yagmurs Mutter Melek Y.(27):<br />
Flirt-Briefe anMithäftlinge<br />
hatten: „Sie versucht fast<br />
verzweifelt, Anerkennung<br />
über Männer zu erreichen“,<br />
so Brack. Sogar in der U-Haft<br />
unterhält Melek Y. flirtende<br />
Briefkontakte mit mehreren<br />
Mithäftlingen.<br />
In den Gesprächen mit<br />
dem Psychiater habe Yagmurs<br />
Mutter die Misshandlungen<br />
ihrer Tochter geleugnet<br />
und die Schuld immer<br />
stärker auf ihren Mann geschoben:<br />
„Sie sei eine gute<br />
Mutter, alle anderen hätten<br />
sich gegensie verschworen.“<br />
Der Prozess neigt sich<br />
dem Ende zu, am 18.November<br />
sollen die Plädoyers beginnen,<br />
am 25. November<br />
wird das Urteil erwartet.<br />
Melek Y. droht eine lebenslangeHaftwegen<br />
Mordes.<br />
Polizei. Doch die Eltern<br />
konnten zunächst nicht ermittelt<br />
werden, auch keine<br />
weiteren Zeugen. Die Überwachungskamera<br />
im Bus<br />
war defekt. Als die Ermittlungen<br />
nicht weiterführten,<br />
beantragte die Polizei eine<br />
Öffentlichkeitsfahndung. Eine<br />
Richterin sah eine Lebensgefahr<br />
für das Kind und<br />
ordnete die Öffentlichkeitsfahndung<br />
mit dem Foto der<br />
Zeugin an.<br />
Kaum wardas Bild gestern<br />
im Internet, meldeten sich<br />
diverse Nachbarn, Bekannte<br />
und auch der Ex-Mann und<br />
Vater des misshandelten<br />
Kindes. Die Polizei fuhr sofort<br />
zur Wohnung der Mutter<br />
in Rothenburgsort und konfrontierten<br />
Cindy R.(Name<br />
geändert) mit den Vorwürfen.<br />
Sieäußertesich nicht.<br />
Die Beamten brachten das<br />
Kind, das sich äußerlich in<br />
einem gutenZustand befand,<br />
zur Gerichtsmedizin. Hier<br />
werden misshandelte Kinder<br />
untersucht. Das Jugendamt<br />
Mitte wurdeinformiert.<br />
Wasweiter mit dem Mädchen<br />
geschieht, ist noch unklar,<br />
soeine Sprecherin des<br />
Bezirksamts Mitte gestern.<br />
Als die MOPO gestern bei<br />
Cindy R. klingelte, wurde<br />
nicht geöffnet. Ein Kind war<br />
zu hören und eine Frau die<br />
sagte: „Wir machen jetzt<br />
nicht auf.“<br />
Im Haus waren die Meinungen<br />
über die Mutter geteilt.<br />
Einige Bewohner sagten,<br />
dass die Frau mit der<br />
Zweijährigen überfordert<br />
sei. Andere dagegen meinten,<br />
Cindy R.kümmere sich<br />
um die Kleine, das Kind sei<br />
„aufgeweckt und gesund“.