Leitfaden Fahrrad-Hauptrouten
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<strong>Leitfaden</strong> <strong>Fahrrad</strong>-<strong>Hauptrouten</strong><br />
Begriff "<strong>Fahrrad</strong>-Hauptroute"<br />
Als <strong>Fahrrad</strong>-Hauptroute gilt eine gemeindeübergreifende Radverbindung mit bereits hohem<br />
Radverkehrsaufkommen und/oder hohem Radverkehrspotential. Die <strong>Fahrrad</strong>-Hauptroute<br />
• ist eine hochrangige, leistungsfähige Radverkehrsinfrastruktur,<br />
• weist eine hohe Fahrqualität auf,<br />
• ermöglicht ein schnelles, umwegfreies, gleichmäßiges, kräftesparendes und<br />
komfortables Vorankommen,<br />
• verbindet Quellen und Ziele in zumindest zwei oder mehreren Gemeinden<br />
Planungskriterien:<br />
• Grundlage der Planungen bilden die gesetzlichen Regelungen (insbesondere die<br />
Straßenverkehrsordnung und das Oö. Straßengesetz) sowie die RVS 03.02.13<br />
Radverkehr v. 1.3.2011<br />
• Die <strong>Fahrrad</strong>-Hauptroute wird außerorts hauptsächlich nach dem Trennprinzip (d.h.<br />
Radweg oder Radfahrstreifen) gestaltet bzw. im untergeordneten Straßennetz<br />
geführt. Das Mischprinzip Rad- u. Kfz-Verkehr ist bei geringen Kfz-Belastungen (DTV<br />
< 2.000 Kfz/24h) und entsprechenden Kfz-Geschwindigkeiten (V 85 < 80 km/h)<br />
zulässig, ebenso bei Fußgänger- und Radverkehr, wenn ein gemischter Geh- und<br />
Radweg sehr geringe Fußgängerfrequenz aufweist und nicht ausreichend<br />
Verkehrsraum für eine getrennte Führung zur Verfügung steht.<br />
• Innerorts ist das Radfahren auf der Fahrbahn anzustreben, je nach Kfz-<br />
Geschwindigkeiten und –Verkehrsstärken Mischverkehr (z.B. in 30 km/h-Zonen),<br />
Mehrzweckstreifen oder Radfahrstreifen.<br />
• Anwendung des Misch- und Trennprinzips (aus RVS 03.02.13. Radverkehr, FSV)<br />
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• Hier wird besonders auf das Kapitel 8.2.3. Radfahren im Mischverkehr ohne spezielle<br />
Maßnahmen der RVS 03.03.13. Radverkehr, FSV hingewiesen:<br />
Übergeordnetes Straßennetz:<br />
Grundsätzlich ist auf allen Straßen, auf denen Radverkehr zulässig ist, die aber keine<br />
Radfahranlagen aufweisen, der Radverkehr im Mischverkehr zu führen. Im<br />
übergeordneten Straßennetz sowie auf stark befahrenen Straßen im Freiland ist in<br />
der Regel die Anlage von Radwegen oder Radfahrstreifen dem Mischprinzip<br />
vorzuziehen. Wenn dies nicht umsetzbar ist, können durch Verringerung der Kfz-<br />
Geschwindigkeit oder der Verkehrsstärke bessere Rahmenbedingungen für den<br />
Radverkehr im Mischverkehr erreicht werden. Es ist zu beachten, dass statt einer<br />
Führung im Mischverkehr ohne Maßnahmen in vielen Fällen auch die Markierung von<br />
Mehrzweckstreifen möglich ist. Zumindest eine abschnittsweise Markierung von<br />
Mehrzweckstreifen (z.B. Kreuzungszufahrt) ist in Betracht zu ziehen.<br />
Untergeordnetes Straßennetz:<br />
Anlieger- und Sammelstraßen im Ortsgebiet haben die Verbindungs- und<br />
Sammelrouten des Radverkehrs sowie die Flächenerschließung zu gewährleisten. Im<br />
Gegensatz zu den Haupt- und Hochleistungsstraßen sind getrennte Radfahranlagen<br />
im untergeordneten Netz nur in Ausnahmefällen angebracht.<br />
Der Radverkehr im untergeordneten Netz hat im Mischverkehr ohne eigene<br />
Radfahranlage auf verkehrsberuhigten Straßen abzulaufen (z.B. 30 km/h-Zone).<br />
Hauptradrouten im untergeordneten Netz können ohne getrennte Radfahranlage<br />
durch Bevorrangung bei Kreuzungen mit anderen Nebenstraßen sowie Zu- und<br />
Durchfahrtsbeschränkungen für den Kfz-Verkehr ein erhöhtes Komfort- und<br />
Attraktivitätsniveau für den Radverkehr bieten.<br />
• Das Führungsprinzip der Hauptradroute soll über längere Strecken homogen sein<br />
• Eine Projektierungsgeschwindigkeit von 30 km/h im Streckenbereich ist anzustreben.<br />
Dieses Kriterium sollte aufgrund des verstärkten Einsatzes von Elektrofahrrädern<br />
berücksichtigt werden, weiters sind auf längeren Strecken vermehrt sportliche<br />
Radfahrer und Radfahrerinnen unterwegs, die auch ihre Alltagswege, beispielsweise<br />
die Radfahrt in die Arbeit mit höheren Geschwindigkeiten zurücklegen.<br />
• Die für Radfahranlagen vorgesehenen Regelbreiten sind einzuhalten. Mindestbreiten<br />
sind nur bei beengten Verhältnissen auf kurzen Abschnitten zulässig.<br />
Radfahranlage Regelbreite Mindestbreite<br />
Einrichtungsradweg 2,00 bis 1,60 m 1,00 m<br />
Zweirichtungsradweg 3,00 m 2,00 m<br />
Radfahrstreifen neben<br />
Bordstein<br />
1,50 m (V 85 < 50 km/h)<br />
1,75 m (V 85 > 50 km/h)<br />
1,25 m (V 85 < 50 km/h)<br />
1,50 m (V 85 > 50 km/h)<br />
Radfahrstreifen neben<br />
Längsparkstreifen<br />
1,75 m (V 85 < 50 km/h)<br />
2,25 m (V 85 > 50 km/h)<br />
1,50 m (V 85 < 50 km/h)<br />
2,00 m (V 85 > 50 km/h)<br />
Mehrzweckstreifen neben 1,50 m 1,25 m<br />
Bordstein<br />
Mehrzweckstreifen neben 1,75 m 1,50 m<br />
Längsparkstreifen<br />
Gemischter Geh- und<br />
Radweg<br />
3,00 m 2,50 m<br />
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• Die für Radfahranlagen vorgesehenen angrenzenden Schutzstreifen sind in der<br />
angeführten Breite vorzusehen (zur Fahrbahn 0,5 m, zu abgestellten Fahrzeugen<br />
0,75 m, im Freilandbereich 1,00 m)<br />
• Steigungen über 3 % sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Nachstehend die max.<br />
empfohlenen Längen für höherer Steigungen aus RVS 03.02.13. Radverkehr, FSV<br />
• Knotenpunkte sind nach folgende Prinzipien zu gestalten, um die Sicherheit und den<br />
Komfort für Radfahrer/-innen bei Schnittstellen von Radfahranlagen mit<br />
Verkehrsflächen des übrigen Fahrzeugverkehrs zu gewährleisten (siehe dazu auch<br />
RVS 03.02.13 Radverkehr, FSV, Kapitel 9:<br />
o Guter Sichtkontakt und räumliche Nähe zwischen Radfahranlage und parallel<br />
geführten Fahrstreifen ab einer Entfernung von 20 m vor dem Knotenpunkt.<br />
Ein Verparken von Radfahranlagen und Sichtfeldern ist besonders vor<br />
Knotenpunkten zu verhindern.<br />
o Geradlinige Führung des Radverkehrs im unmittelbaren Bereich vor<br />
Knotenpunkten (die letzten 10 m), um Missverständnisse bezüglich der<br />
Richtungswahl der Radfahrer/-innen zu vermeiden.<br />
o Auf Knotenpunkten mit Radfahranlagen soll der Vorrang eindeutig geregelt<br />
werden. Anzustreben sind gleiche Vorrangverhältnisse für Radfahranlage und<br />
parallele Fahrbahn.<br />
o Ausführung der Radfahranlagen möglichst im Einrichtungsprinzip mit<br />
Kennzeichnung durch Richtungspfeile.<br />
o Angehobenes Fahrbahnniveau an den Knotenpunkten oder Überleitung in<br />
Fahrbahnniveau mittels flacher Auf- und Abfahrtsrampen.<br />
o Einfärben von Deckschichten in Konfliktbereichen<br />
o Anordnung von Absenkungen und Haltelinien vor eventuellen<br />
Fußgängerquerungsstellen, um Konflikte zwischen wartenden Radfahrer/-<br />
innen und querenden Fußgänger/-innen zu vermeiden. Ergänzende<br />
Einfärbungen der Deckschicht der Radfahranlage an besonders<br />
unübersichtlichen oder gefährlichen Stellen.<br />
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• Vorgezogene Haltelinien, aufgeweitete Radfahrstreifen, eigene Abbiegespuren und<br />
radfahrfreundliche Ampelsteuerung (z.B. 2 – 3 Sekunden Vorgrün, grüne Welle bei<br />
20 km/h) sind nach Möglichkeit einzuplanen<br />
• Eine umwegfreie Führung, Bevorrangung an Kreuzungen mit untergeordneten<br />
Straßen sowie Überholmöglichkeit auf der Anlage sind vorzusehen.<br />
• In der RVS 03.02.13 Radverkehr ist unter Punkt 9.3.2. angeführt, dass Vorrang für<br />
den Radverkehr bei Kreuzungen von Hauptradrouten mit untergeordneten Straßen<br />
verwirklicht werden soll. Ist die Radverkehrsanlage als Radweg beschildert, kann sie<br />
mittels Radfahrerüberfahrt über die Fahrbahn geführt werden, bei anderen Wegen ist<br />
der Vorrang durch die Verkehrszeichen "Vorrang geben" oder "Halt" für den<br />
Querverkehr zu verdeutlichen. Die Richtlinie sieht hier weitere mögliche Maßnahmen<br />
wie das Anheben der Radverkehrsanlage über Fahrbahnniveau,<br />
Bodenmarkierungen, gelbe Blinklichter, etc. vor.<br />
Anmerkung:<br />
Die Straßenverkehrsordnung sieht im § 19, Abs. 6 vor, dass Fahrzeuge im fließenden<br />
Verkehr den Vorrang gegenüber Fahrzeugen haben, die von Nebenfahrbahnen, von<br />
Fußgängerzonen, von Wohnstraßen, von Haus- oder Grundstücksausfahrten, von<br />
Garagen, von Parkplätzen, von Tankstellen, von Feldwegen oder dgl. kommen.<br />
• Der Belag ist staubfrei und winterdiensttauglich ausgeführt. Er weist eine geringe<br />
Rauheit und hohe Griffigkeit auf. Unebenheiten werden vermieden bzw. rasch<br />
behoben (z.B. zu tief gesetzte Kanaldeckel, Frostaufbrüche)<br />
• Eine Beleuchtung ist anzustreben.<br />
• Eine zielorientierte Wegweisung, die einheitlich, leicht auffindbar, rechzeitig<br />
erkennbar und gut lesbar ist, ist vorzusehen. Bodenmarkierungen können eine gute<br />
Lösung bzw. Ergänzung darstellen.<br />
• Die Radinfrastruktur für den stehenden Radverkehr ist entlang der <strong>Fahrrad</strong>-<br />
Hauptroute zu erheben und eine Prioritätenliste für die Verbesserung der<br />
quantitativen und qualitativen Ausstattung mit Radabstellanlagen und eventuellen<br />
Radservicepunkten (Schlauchomat, Luftpumpe, Werkzeug, ...) ist zu erstellen. Die<br />
Anbindung an den öffentlichen Verkehr ist speziell zu beachten.<br />
• Die Radinfrastruktur bei Unternehmungen mit einer höheren Anzahl an Bediensteten<br />
ist in den Konzepten mit zu berücksichtigen.<br />
Themenfelder Infrastruktur – Bewusstseinsbildung - Rahmenbedingungen<br />
Eine gute Radverkehrsinfrastruktur im Sinne der oben angeführten Kriterien ist eine der<br />
Voraussetzungen dafür, das Kfz-Benutzer/-innen vermehrt auf das <strong>Fahrrad</strong> umsteigen. Diese<br />
Investitionen zahlen sich umso mehr in Form von steigenden Radverkehrsanteilen aus, je<br />
mehr auch in den Handlungsfeldern Rahmenbedingungen und Bewusstseinsbildung getan<br />
wird.<br />
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Mindestmaßnahmen sind:<br />
• Gemeinde-Radverkehrsbeauftragte werden eingerichtet und im Wege der<br />
Gemeindemedien (Amtsblatt, Internet, etc.) bekannt gemacht. Sie sorgen jedenfalls<br />
dafür, dass die Qualitätsansprüche für die <strong>Fahrrad</strong>-<strong>Hauptrouten</strong> eingehalten werden.<br />
• <strong>Fahrrad</strong>-<strong>Hauptrouten</strong> werden speziell ausgewiesen.<br />
• Der Fahrbahnbelag wird z.B. nach Bau- oder Ausbesserungsarbeiten besonders<br />
sorgfältig repariert, sodass keine für den Radverkehr störende Kanten entstehen.<br />
• <strong>Fahrrad</strong>-<strong>Hauptrouten</strong> werden bevorzugt behandelt hinsichtlich notwendiger<br />
Erhaltungs- und Reinigungsarbeiten bzw. des Winterdienstes.<br />
• <strong>Fahrrad</strong>-<strong>Hauptrouten</strong> werden speziell beworben (in Gemeindemedien, bei<br />
Veranstaltungen, etc.)<br />
• Zählungen des Radverkehrsaufkommens vor und nach der Gestaltung als <strong>Fahrrad</strong>-<br />
Hauptroute veranlassen.<br />
Darüber hinaus empfehlenswerte Maßnahmen:<br />
• Berücksichtigung von <strong>Fahrrad</strong>-<strong>Hauptrouten</strong> bei Widmungen (z.B. Anbindung von<br />
Siedlungsgebieten optimieren, zeitliche Erreichbarkeiten bei neu zu widmenden<br />
Gebieten definieren)<br />
• Im Sinne eines Mobilitätsmanagements Betriebe, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen<br />
sowie Geschäfte kontaktieren und über die verbesserten Möglichkeiten des<br />
Radfahrens in die Arbeit, zur Schule, zum Einkaufen und zu Freizeitaktivitäten<br />
informieren<br />
• Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten wie "Radfahrer/-innen werden geblitzt",<br />
"Radfahrer/-innen des Monats", "Radlerfrühstück", "Kilometersammeln", etc. im<br />
Rahmen von Aktionstagen, z.B. Europäische Mobilitätswoche, Weltumwelttag, etc.<br />
organisieren.<br />
Linz, März 2012<br />
Christian Hummer<br />
Radverkehrsbeauftragter des Landes OÖ.<br />
Abt. Gesamtverkehrsplanung u. öffentlicher Verkehr<br />
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