Republik 10
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5 Euro Oktober 20<strong>10</strong> Das unabhängige Magazin für Führungskräfte im Öffentlichen Bereich<br />
Was schützt vor<br />
Katastrophen?<br />
Die Öffentliche Hand<br />
und der Ernstfall<br />
Fotograf: Hans Ringhofer<br />
Wie wollen Sie Ihr Ressort umstrukturieren, Herr Minister? Norbert Darabos im Interview<br />
Keine Privatsache<br />
Homosexuelle und ihr Arbeitsalltag im Öffentlichen Dienst<br />
And the winner is ...<br />
Verwaltungspreise auf dem Prüfstand<br />
P. b. b. Verlagspostamt <strong>10</strong>50 Wien, Zul.-Nr. 09Z038082M Postnummer 8 www.wirtschaftsverlag.at
Demner, Merlicek & Bergmann<br />
Michael Graf, OMV Einkauf<br />
www.omv.com
Editorial<br />
Stefan Grampelhuber,<br />
Chefredakteur<br />
Wenn Menschen<br />
ihr Zuhause<br />
verlieren<br />
Jürg Christandl<br />
Gewitterwolken. Dann: Heftige Regenfälle, die tagelang nicht<br />
aufhören. Plötzlich treten Flüsse über ihre Ufer. Schlamm und<br />
Geröll verstopft die Straßen. Häuser sind überflutet, Bäume entwurzelt<br />
und ganze Hänge weggespült. Dörfer müssen evakuiert<br />
werden. Menschen verlieren ihr Zuhause, manche sterben in den<br />
Fluten. – So geschehen beim so genannten Jahrhunderthochwasser<br />
2002 in vielen Ländern Mitteleuropas. Auch Österreich war massiv<br />
betroffen. Vor allem im Mühlviertel, in weiten Teilen von Salzburg<br />
und von Niederösterreich stand danach kein Stein mehr auf dem<br />
anderen. Ohne den Einsatz des Bundesheeres wären die Folgen der<br />
sintflutartigen Regenströme deutlich heftiger ausgefallen. Innerhalb<br />
kürzester Zeit standen 12.000 Rekruten bereit, halfen bei der Evakuierung<br />
und – als die Regenfälle endlich aufhörten – beim Wiederaufbau.<br />
Erst kürzlich ist – wieder einmal – eine Debatte über den Sinn<br />
und Zweck des Heeres entbrannt. Was dabei allerdings außer Diskussion<br />
steht: In Katastrophenfällen ist die Hilfe durch das Bundesheer<br />
unerlässlich – und hat vor allem immer vorbildlich funktioniert.<br />
Eine aktuelle Umfrage des Wochenmagazins „Profil“ im<br />
vorigen Juli beweist es erneut: 80 Prozent der Befragten gaben dabei<br />
an, dass die Katastrophenhilfe die – damit weitab – wichtigste Aufgabe<br />
des Heeres ist.<br />
B. Klaczak<br />
Lukas Wiesboeck<br />
Gertraud Eibl<br />
Wolfgang Tucek<br />
Erdbebenhilfe in Haiti, Löschflugzeuge bei Waldbränden in<br />
Portugal oder Soldateneinsätze bei Überschwemmungen in der<br />
Steiermark – REPUBLIK hat sich im Katastrophenjahr 20<strong>10</strong> das<br />
Hilfsmanagement der Öffentlichen Hand genauer angesehen: Lukas<br />
WIESBOECK analysiert im Coverbeitrag, wie die staatliche Katastrophenhilfe<br />
in Österreich aufgebaut ist – und ob es in diesem sensiblen<br />
Bereich möglich ist, Leistungen an Private auszulagern (S.<br />
<strong>10</strong>). Welche Gebiete in Österreich am meisten von Lawinen, Muren<br />
und Co. betroffen sind und welche Schutzmaßnahmen Gemeinden<br />
treffen können, verrät Gertraud EIBL (S. 22). Die Koordinationsarbeit<br />
von EU, UNO und Rotem Kreuz bei internationalen Einsätzen<br />
stand auf der Agenda von Wolfgang TUCEK: Das effiziente Notfallssystem<br />
ermöglicht nämlich Hilfe innerhalb weniger Stunden (S. 20).<br />
P.S.: Sie haben Anregungen zu REPUBLIK-Beiträgen aus Ihrem<br />
Umfeld für eine der nächsten Ausgaben? Dann zögern Sie nicht,<br />
mich zu kontaktieren: s.grampelhuber@republik-online.at<br />
Oktober <strong>10</strong> 3
Inhalt<br />
persönlich<br />
Wer bewegt was 6<br />
schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
Titelgeschichte:<br />
Die <strong>Republik</strong> im Ausnahmezustand <strong>10</strong><br />
Was passiert, wenn der Ernstfall eintritt<br />
„Für einen neutralen Staat<br />
ist der Apparat zu aufgebläht“ 16<br />
Norbert Darabos über Sparmaßnahmen im Heer<br />
Wenn die Natur zurückschlägt 20<br />
Wie UNO, EU und NGOs ihre<br />
Rettungsmaßnahmen koordinieren<br />
Land der Täler, Land am Strome ... 22<br />
Womit sich Gemeinden vor<br />
Naturkatastrophen schützen<br />
Damit das Blut nicht knapp wird 25<br />
Das Bundesheer als wichtiger<br />
Partner beim Blutspenden<br />
thema<br />
Die <strong>Republik</strong> im Ernstfall ............................................... S. <strong>10</strong><br />
Verteidigungsminister Darabos im Interview ............ S. 16<br />
Photos.com<br />
Hans Ringhofer<br />
Keine Privatsache 26<br />
Homosexuelle und Diskriminierung<br />
im Öffentlichen Dienst<br />
Bittere Pille oder Allheilmittel? 28<br />
Ob billigere Medikamente unser<br />
Gesundheitssystem retten können<br />
And the winner is ... 32<br />
Verwaltungspreise auf dem Prüfstand<br />
serie<br />
Ausgegliedert in die Zukunft<br />
Nicht reich, aber anziehend 36<br />
Das Burgtheater ist ausgebucht,<br />
aber nicht frei von Geldsorgen Homosexuelle und Öffentlicher Dienst ................... S. 26<br />
Photos.com<br />
4 Oktober <strong>10</strong>
Inhalt<br />
projekte<br />
Bitte nicht stören! 38<br />
Das BMVIT und seine Tricks bei der<br />
Funkraumüberwachung<br />
Forever lost? 40<br />
Das BK löst mit einer neuen Einheit „kalte Fälle“<br />
Berggipfel zu vermieten 42<br />
ÖBB, BIG, Asfinag und ÖBf vermarkten ihre Schätze<br />
Nicht für die Fisch’ 43<br />
ADA unterstützt österreichische<br />
Wasserforschung in Kenia<br />
service & info<br />
Auszeichnungen und Ausstellung 44<br />
Burgtheater auf Sponsorensuche ............................. S. 36<br />
Georg Soulek<br />
beschaffung<br />
Mobiltelefone 46<br />
Grünraumbewirtschaftung 47<br />
Beschaffung Spezial:<br />
Darf’s ein bisserl billiger sein? 49<br />
karrieren<br />
Wer macht was 56<br />
privat<br />
Ingrid Reischl: 58<br />
„Verhandlungen mit Systempartnern<br />
laufen weniger sachlich ab“<br />
Hollywood-Filmdreh auf ÖBf-Flächen ..................… S. 42<br />
ÖBf<br />
IMPRESSUM<br />
Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Österreichischer Wirtschaftsverlag GmbH,<br />
Wiedner Hauptstraße 120-124, <strong>10</strong>51 Wien, T (01) 546 64 – 0, F (01) 546 64-528, Geschäftsführer: Thomas Zembacher, DVR-Nr.: 0368491<br />
Objektleiter: Stefan Böck, T (01) 546 64 – 380, s.boeck@wirtschaftsverlag.at<br />
Chefredakteur: Stefan Grampelhuber, T (01) 546 64 – 389, E s.grampelhuber@republik-online.at<br />
Chef vom Dienst: Stephan Strzyzowski, T (01) 546 64 – 381, E s.strzyzowski@wirtschaftsverlag.at<br />
Idee und Projektberatung: Feri Thierry<br />
Weitere Mitarbeiter dieser Ausgabe: Gertraud Eibl, Ursula Horvath, Gudrun Haigermoser, Andrea Krieger, Christina Leitner, Wolfgang Tucek, Lukas Wiesboeck<br />
Anzeigenleitung: Alfred Vrej Minassian, T (01) 546 64 – 280 E a.minassian@wirtschaftsverlag.at<br />
Anzeigenverkauf: Michael Glatz, T (01) 546 64 – 281, E m.glatz@wirtschaftsverlag.at<br />
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Aboservice: Aboservice Österr. Wirtschaftsverlag, T (01) 740 40 – 7812, F (01) 740 40 – 7813, E aboservice@wirtschaftsverlag.at<br />
Aus Gründen der Textökonomie verzichten wir auf geschlechtsspezifische Ausformulierung und den Verweis auf (nicht-)akademische Titel.<br />
Oktober <strong>10</strong> 5
Persönlich<br />
Text<br />
Andrea Krieger (Österreich) / Wolfgang Tucek (EU)<br />
Wenn Glück Schule macht<br />
Eva Stuhlpfarrer sorgt für Seelenfrieden.<br />
„Glück in der Schule<br />
ist natürlich nicht<br />
nur auf diese Stunde<br />
beschränkt.“<br />
Landesschulrat Steiermark<br />
Eva Stuhlpfarrer,<br />
Landesschulrat Stmk.<br />
Dass Glücksgefühle nichts rein Schicksalhaftes<br />
sind, sondern erlernbar sind, ist<br />
mittlerweile wissenschaftlich erwiesen.<br />
Was läge also näher, als die Basics in der<br />
Schule zu vermitteln? Genau das passiert<br />
zurzeit im Rahmen des Schulversuchs<br />
„Glück macht Schule“. Umgesetzt wird er<br />
von Eva Stuhlpfarrer vom Landesschulrat<br />
der Steiermark: „Unser Ziel ist es, glückliche<br />
und selbstsichere Schüler hervorzubringen<br />
und den Kindern Lebenskompetenzen<br />
zu vermitteln“, sagt die Bildungswissenschafterin.<br />
Als Vorbild fungiert die<br />
Willy-Hellpach-Schule im deutschen Heidelberg.<br />
Das Interesse am Schulversuch<br />
steigt kontinuierlich: 2009/<strong>10</strong> entschieden<br />
sich sechs Schulen der unterschiedlichsten<br />
Typen für die Teilnahme, diesen<br />
Herbst waren es bereits über 40 Schulen.<br />
Unterrichtet wird das Fach einmal in<br />
der Woche bzw. geblockt. „Wobei Glück in<br />
der Schule natürlich nicht nur auf diese<br />
Stunde beschränkt, sondern auch gelebt<br />
werden soll“, so Stuhlpfarrer. Die Schüler<br />
sitzen deswegen nicht länger in der Schule.<br />
Welche andere Wochenstunde dafür<br />
gestrichen wird, entscheiden die Direktionen.<br />
Der Unterrichtsstoff ist in Modulform<br />
konzipiert. Auf die Altersgruppe abgestimmt,<br />
erhalten die Kinder eine Einweisung<br />
in Unterrichtsbausteine wie „Freude<br />
am Leben und seelisches Wohlbefinden“,<br />
„Bewegung zur Steigerung des Wohlbefindens<br />
und als Aggressionsventil“ oder „der<br />
Körper als Ausdrucksmittel“.<br />
Für die Pädagogen, die das Fach<br />
unterrichten wollen, gibt es eigene Fortbildungsmodule<br />
der Pädagogischen<br />
Hochschule Steiermark. Wobei die Lehrer<br />
als Burn-out-gefährdete Personengruppe<br />
wohl auch vom Schulversuch profitieren.<br />
In Europa geht ein Licht an<br />
Michael Sebanz setzt sich für intelligente Stromnetze ein.<br />
„Wir brauchen<br />
grünen Strom dort,<br />
wo er gebraucht wird,<br />
wann er gebraucht<br />
wird.“<br />
Hopi-Media<br />
Michael Sebanz,<br />
Oesterreichs Energie<br />
Die Stromlandkarte in Europa wird<br />
sich bis 2020 ordentlich ändern. Entscheidend<br />
werde für die flächendeckende<br />
Versorgung der Bevölkerung mit Elektrizität<br />
der Ausbau ausreichender und intelligenter<br />
Netzinfrastruktur, sagt Michael<br />
Sebanz, Büroleiter von Oesterreichs Energie<br />
(Oe) in Brüssel. Richtungweisend für<br />
dieses Projekt werde ein umfassendes<br />
Strategiepapier der EU-Kommission sein.<br />
Dieses erwartet man im November. Es<br />
wird ein Paket neuer EU-Rechtsakte nach<br />
sich ziehen.<br />
Strom wird entsprechend den EU-<br />
Klimaschutzvorgaben zunehmend aus<br />
erneuerbaren Quellen wie Wind oder Sonne<br />
erzeugt und entsteht immer weniger<br />
zu Zeitpunkten, wenn der größte Bedarf<br />
herrscht. Österreich setze bei der Stromerzeugung<br />
aus Erneuerbaren vor allem<br />
auf den weiteren Ausbau der Wasserkraft,<br />
wo es schon heute mit 62 Prozent den bei<br />
Weitem höchsten Anteil in der EU hat,<br />
wie der langjährige Umweltattaché in der<br />
EU-Botschaft erzählt. Der EU-Schnitt liegt<br />
bei 15 Prozent.<br />
Zudem werden die Stromquellen<br />
immer dezentraler. So laufen die Windräder<br />
der riesigen Windenergie-Parks in der<br />
Nordsee auch in der Nacht, wo wenig verbraucht<br />
wird. Den Strom leitet man dann<br />
in Pumpspeicher, von denen Österreich<br />
besonders viele hat: Über 17 Prozent der<br />
EU-weiten Speicherkapazität befinden<br />
sich im Land. Bei Bedarf speist man den<br />
Strom wieder ins Netz ein. Vorraussetzung<br />
sei eine optimale und intelligente Netzinfrastruktur,<br />
erklärt der 37-jährige Steirer.<br />
6 Oktober <strong>10</strong>
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Persönlich<br />
Gemeinsames EU-Asylsystem<br />
Eva Wipler kämpft gegen „Asyl-Shopping“.<br />
„In jedem<br />
EU-Land soll ein<br />
Asylwerber<br />
die gleichen<br />
rechtlichen Vorgaben<br />
vorfinden.“<br />
Eva Wipler, BMI<br />
Es ist eines der größten EU-Ziele im<br />
Bereich Justiz und Innere Sicherheit:<br />
Bis zum Jahr 2012 will die Union ein<br />
gemeinsames Asylsystem haben. Status,<br />
Standards und Verfahren für Asylwerber<br />
sind deshalb im gesamten EU-Raum zu<br />
vereinheitlichen. „Egal wo man in Europa<br />
einen Antrag stellt, soll man die gleichen<br />
rechtlichen Vorgaben bei Annahme und<br />
Durchführung des Asylverfahrens vorfinden“,<br />
sagt Eva Wipler, Abteilungsleiterin<br />
des Innenministeriums (BMI) in der österreichischen<br />
EU-Botschaft. Während das<br />
Verfahren läuft, müssten die Asylwerber<br />
dieselben Möglichkeiten und Zuwendungen<br />
erhalten.<br />
Denn nur so kann „Asyl-Shopping“<br />
effektiv verhindert werden, bei dem sich<br />
die Antragsteller das Land für ihr Verfahren<br />
aussuchen, das die höchsten sozialen<br />
Standards bietet. Wegweisend sei das<br />
gemeinsame System, weil der Bereich<br />
bisher großteils nationalstaatlich geregelt<br />
werde, so Wipler.<br />
Zu klären gilt auch die Ausprägung<br />
der Solidarität unter den Mitgliedstaaten<br />
bei der Aufnahme und Wiederansiedlung<br />
von Flüchtlingen. Es ist zwar richtig, dass<br />
Länder wie Griechenland, Italien oder<br />
Malta wegen ihrer Lage an den südlichen<br />
EU-Außengrenzen stärker belastet werden.<br />
Dennoch gehören gerade Staaten wie<br />
Österreich, Deutschland und Frankreich<br />
seit Jahrzehnten zu den EU-Mitgliedern<br />
mit den höchsten Antragszahlen. Daher<br />
kann das Solidaritätsprinzip nicht automatisch<br />
auf jedes Mitgliedsland angewandt<br />
werden. Die Mitgliedstaaten setzen<br />
bei ihren Verhandlungen in Brüssel nun<br />
verstärkt auf praktische Zusammenarbeit.<br />
Das sei eine Aufgabe, die das neue EU-<br />
Asylunterstützungsbüro zentral übernehmen<br />
solle, erklärt die 42-jährige Politikwissenschafterin.<br />
Badespaß schafft Arbeitsplätze<br />
Monika Freiberger lässt Oberlaa aufstocken.<br />
„Wir mussten<br />
sicherstellen, dass<br />
die alte Therme<br />
ungestört<br />
weiterläuft.“<br />
Monika Freiberger,<br />
Wiener StadtentwicklungsgmbH<br />
Stadtentwicklungsgmbh<br />
Der 27. September war ein besonderer<br />
Tag für Monika Freiberger von der<br />
StadtentwicklungsgmbH. Da öffnete die<br />
„Therme Wien“ mit ihren 26 Wasserbecken<br />
und 24 Saunas und Dampfbädern<br />
erstmal ihre Pforten. Freiberger hat den<br />
115-Millionen-Euro-Bau, der die legendäre<br />
Kurhalle Oberlaa in Wien-Favoriten<br />
ablöst, auf Schiene gebracht. Ihre Arbeit<br />
begann bereits 2004 – und somit lange vor<br />
dem ersten Spatenstich. „Wir mussten<br />
vorweg genaue Vorgaben über die Ausführung,<br />
den Zeitplan und die Kosten für den<br />
mit dem Bau beauftragten Unternehmer<br />
formulieren“, sagt die Geschäftsführerin<br />
der Wiener StadtentwicklungsgmbH. Es<br />
handelt sich dabei um eine Tochterfirma<br />
der Wien-Holding. Freiberger begleitete<br />
darüber hinaus den Architekturwettbewerb<br />
und entwickelte die Gesellschaftsund<br />
Finanzierungsstruktur des Public-<br />
Private-Partnership-Großprojekts. An<br />
Bord sind außerdem der Kooperationspartner<br />
Vamed und die Investoren Vienna<br />
Insurance Group, Bank Austria, Erste<br />
Bank und Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien.<br />
Eine besondere Herausforderung sei<br />
es gewesen, die Interessen privater und<br />
öffentlicher Investoren gleichermaßen zu<br />
berücksichtigen. „Die Therme soll touristische<br />
Akzente setzen, aber auch für das<br />
Umfeld eine nachhaltige Verbesserung<br />
bringen.“ Die zweite knifflige Anforderung:<br />
„Wir mussten sicherstellen, dass der<br />
Betrieb in der alten Therme während der<br />
Bauarbeiten ungestört weiterläuft.“<br />
Dass die Fertigstellung der Therme<br />
Wien drei Monate früher als geplant<br />
erfolgte, freute wohl nicht nur Freiberger,<br />
sondern – so knapp vor den Wien-Wahlen<br />
– auch die Wirtschaftsstadträtin. Die<br />
rundum erneuerte Therme bringt nämlich<br />
hundert zusätzliche Arbeitsplätze.<br />
8 Oktober <strong>10</strong>
Persönlich<br />
Damit das Schnäppchen nicht zur Falle wird<br />
Beate Blaschek klärt Verbraucher auf.<br />
konsumentenfragen.at heißt der neueste<br />
Online-Wurf des Sozialministeriums<br />
(BMASK). Beate Blaschek hat das Portal<br />
auf die Beine gestellt. „Immer wieder melden<br />
sich Bürger mit ähnlichen Fragen bei<br />
uns. Etwa, ob man geklagt werden kann,<br />
ohne eine Rechnung mit Mahnung erhalten<br />
zu haben. Wir wissen daher, dass es<br />
große Wissenslücken in der Bevölkerung<br />
gibt“, sagt die Abteilungsleiterin für Verbraucherbildung<br />
und Finanzdienstleistungen<br />
in der BMASK-Sektion Konsumentenpolitik.<br />
Sechs Mitarbeiter der Sektion<br />
füttern die Website regelmäßig mit<br />
Beiträgen. „Dabei geht es uns im Unterschied<br />
zu anderen Konsumentenportalen<br />
um die gesamte Breite des Verbraucherrechts<br />
– Finanzbildung inklusive.“ Erreichen<br />
will Blaschek mit dem interaktiven<br />
Portal nicht nur den mündigen Bürger,<br />
sondern – über Unterrichtsmaterialien<br />
zum Downloaden – auch Jugendliche.<br />
„Durch das Internet werden die Konsumenten<br />
schließlich immer jünger. Dabei<br />
ist das Verbraucherleben heute so kompliziert<br />
wie noch nie.“<br />
privat<br />
„Das Verbraucherleben<br />
ist heute so kompliziert<br />
wie noch nie.“<br />
Beate Blaschek, BMASK<br />
Strategie gegen Nebenwirkungen<br />
Michael Bauer erhöht Patientensicherheit.<br />
3,15 Millionen Euro verwaltet Michael<br />
Bauer von der SVC. Die Abkürzung seht<br />
für „Sozialversicherungschipkarten<br />
Betriebs- und EinrichtungsgesmbH“ –<br />
eine Tochter des Hauptverbands der SV-<br />
Träger. Das Geld ist für den Pilotbetrieb<br />
der E-Medikation. „Dabei geht es um eine<br />
sichere und wirkungsvolle Strategie gegen<br />
Mehrfachverordnungen und medikamentöse<br />
Nebenwirkungen“, sagt der Projektleiter.<br />
Dies sei vor allem für ältere und<br />
chronisch kranke Menschen wichtig.<br />
Bauer arbeitet deshalb an einem persönlichen<br />
Arzneimittelkonto über das<br />
E-Card-System, in das Ärzte, Apotheker<br />
und Spitäler Einsicht haben sollen. Die<br />
Vorbereitungen waren schwierig: „Allein<br />
die Verhandlungen zwischen Apothekern<br />
und Ärzten haben ein Jahr gedauert“, so<br />
Bauer. Ende 20<strong>10</strong> wird es ernst: Da startet<br />
der Pilotbetrieb in drei Regionen, darunter<br />
der Bereich um das Donauspital. Bauer<br />
hofft, dass mindestens zehn Prozent der<br />
über 60-Jährigen teilnehmen.<br />
SVC<br />
„Wir arbeiten an<br />
einer Strategie<br />
gegen Mehrfachverordnungen.“<br />
Michael Bauer, SVC<br />
Krisenmanagement für Flutopfer<br />
Alois Hirschmugl koordiniert Hilfe für Pakistan.<br />
„Teilweise stand das Wasser bis zu drei<br />
Meter hoch“, erzählt Alois Hirschmugl<br />
über seinen vorigen Auslandseinsatz.<br />
Dieser führte den Berufsoffizier des Österreichischen<br />
Bundesheeres nach Pakistan.<br />
Der anerkannte Fachmann in Sachen<br />
Krisenmanagement leitete dort eine multinationale<br />
Expertengruppe mit sieben<br />
Personen. Dessen Aufgabe: „Wir mussten<br />
eine Koordinationszentrale aufbauen,<br />
nationale und internationale Hilfsorganisationen<br />
abstimmen und den Hilfsbedarf<br />
erkunden“, erzählt Hirschmugl. „Die<br />
größte Herausforderung war, so rasch wie<br />
möglich die Gesamtsituation zu erfassen.<br />
Und das vor dem Hintergrund einer sehr<br />
angespannten Sicherheitslage mit mehreren<br />
Anschlägen pro Tag“, so der Brigadier,<br />
der auch als Unternehmensberater für<br />
internationales Katastrophenmanagement<br />
arbeitet.<br />
Pakistan ist bereits Hirschmugls neunter<br />
Einsatz. Der gebürtige Steirer war nach<br />
dem Tsunami 2004/05 in Thailand und<br />
nach dem Erdbeben 2006 in Indonesien<br />
im Einsatz.<br />
BMLVS<br />
„Das Wichtigste<br />
ist, so schnell wie<br />
möglich die Gesamtsituation<br />
zu erfassen.“<br />
Alois Hirschmugl, Bundesheer<br />
Oktober <strong>10</strong> 9
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
Text<br />
Lukas Wiesboeck<br />
Die <strong>Republik</strong> im<br />
Ausnahmezustand<br />
Bund und Länder. Feuerwehr und Rettung. Das Bundesheer und unzählige<br />
Freiwillige. Wenn es brenzlig wird, arbeiten sie Schulter an Schulter. REPUBLIK<br />
hat sich die Zusammenarbeit in verschiedenen Krisensituationen angesehen<br />
und nachgefragt, ob es auch Sinn macht, Leistungen an Private auszulagern.<br />
Photos.com<br />
<strong>10</strong> Oktober <strong>10</strong>
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
Hat Christian Bartl nichts zu tun, können<br />
auch viele andere beruhigt durchatmen.<br />
Der Niederösterreicher ist Disponent<br />
in der Landeswarnzentrale in Tulln.<br />
Gemeinsam mit seinen fünf Kollegen<br />
koordiniert er die Feuerwehreinsätze in<br />
sieben niederösterreichischen Bezirken.<br />
Zusätzlich alarmiert er die Einsatzkräfte<br />
und die Bevölkerung bei Hochwasser,<br />
Hagelfällen, Orkanen oder Erdbeben.<br />
Katastrophenschutz ist in Österreich Ländersache.<br />
Regelmäßig erhebt Bartl daher<br />
die neuesten Daten der Messstationen für<br />
Luftgüte, Strahlenbelastung und Wasserstände.<br />
„Wir sind im Ernstfall die zentrale<br />
Drehscheibe für das Krisenmanagement“,<br />
sagt Bartl.<br />
5.745 Alarme gab es in Niederösterreich<br />
allein im Jahr 2009, das entspricht<br />
16 pro Tag. Fast alle davon waren technische<br />
Einsätze oder Brände, nur ein<br />
Prozent sind Katastrophenhilfsdienste.<br />
Je nach Schwere des Unglücks verständigt<br />
man die Einsatzkräfte nach einem<br />
elektronisch hinterlegten Alarmplan<br />
per SMS, Pager oder über die klassische<br />
Sirene. Fünf bis acht Minuten haben sie<br />
dann Zeit, um rückzumelden, dass Hilfe<br />
im Anmarsch ist. „Viele Zwischenfälle<br />
können im Regelfall auf Gemeinde- oder<br />
Bezirksebene behandelt werden“, sagt<br />
Bernhard Schlichtinger, Leiter der Abteilung<br />
Feuerwehr und Zivilschutz im Amt<br />
der niederösterreichischen Landesregierung.<br />
Sofern größere Teile des Landesgebiets<br />
betroffen sind, wird der Landesführungsstab<br />
einberufen. Ihm gehören unter<br />
Führung des zuständigen Landesrats je<br />
nach Bedarf auch Sachverständige und<br />
Vertreter von Infrastrukturbetrieben wie<br />
der ÖBB an. Die Landeswarnzentrale hält<br />
dann Kontakt mit den Zivilschutzorganisationen,<br />
verständigt die Medien und<br />
stellt die Verbindung zu Bund und anderen<br />
Ländern her.<br />
„Wir sind intensiv<br />
vernetzt mit<br />
Feuerwehr und<br />
Rettung.“<br />
Dominik Horn, BMLVS<br />
BMLVS<br />
„Der Bund<br />
übernimmt in<br />
erster Linie<br />
Koordinationsaufgaben.“<br />
Siegfried Jachs, BMI<br />
Wann der Bund eingreift<br />
„Nur in bestimmten Angelegenheiten<br />
– etwa bei nuklearen Zwischenfällen<br />
oder dem Ausbruch einer Pandemie<br />
– liegt die Zuständigkeit für die Abwehr<br />
von Gefahren beim Bund“, sagt Siegfried<br />
Jachs, Referatsleiter für Staatliches Krisen-<br />
und Katastrophenschutzmanagement<br />
im Innenministerium (BMI). In komplexen<br />
Krisensituationen, in denen mehrere<br />
BMI<br />
Oktober <strong>10</strong> 11
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
Bundesheer / Matthias Kolle<br />
Nach den starken Regenfällen im Sommer 2009 forderten<br />
viele Bundesländer die Hilfe des Bundesheeres<br />
an: Soldaten beseitigen umgestürzte Bäume und<br />
befreien Unterführungen von Geröll.<br />
Bundesländer betroffen sind, unterstützt<br />
das BMI die Koordination zwischen den<br />
Landeswarnzentralen und anderen Bundesbehörden<br />
wie dem Verkehrs- oder<br />
Lebensministerium. „Zusätzliche Aufgabenstellungen<br />
sind die Klärung von<br />
administrativen oder juristischen Fragen<br />
und die strategisch vorausschauende<br />
Lagebeurteilunge”, so Jachs. 2004 wurde<br />
für die Erfüllung dieser Aufgaben der<br />
Ausschuss für Staatliches Krisen- und<br />
Katastrophenschutzmanagement (Skkm)<br />
ins Leben gerufen. Unter dem Vorsitz des<br />
Generaldirektors für Öffentliche Sicherheit<br />
gehören ihm Vertreter der Blaulichtund<br />
Zivilschutzorganisationen sowie des<br />
Bundesheers an. Außerplanmäßig traf<br />
der Ausschuss zuletzt beim Ausbruch<br />
des isländischen Vulkans Eyjafjallajökul<br />
zusammen.<br />
„So ein Fall ist davor noch nicht da<br />
gewesen”, sagt Jachs. Deshalb habe man<br />
sich zu Beginn auf den Aufbau einer Kommunikationsstruktur<br />
zu Stellen wie dem<br />
Umweltbundesamt oder der Austro Control<br />
konzentriert. Andere Fälle wie der<br />
Informationsfluss bei Meldungen über<br />
Vorfälle bei Kernkraftwerken wurden hingegen<br />
schon mehrfach durchgespielt.<br />
Gute Basisversorgung<br />
durch Freiwillige<br />
Operativ gefordert ist der Bund ohnehin<br />
nur selten. Jachs: „In der Praxis kommt<br />
es eigentlich nicht vor, dass ein Bundesland<br />
bei der Bewältigung einer Krise an<br />
die Grenzen seiner Ressourcen gehen<br />
muss.” Das liege vor allem an der guten<br />
Basisversorgung und dem Engagement<br />
vieler freiwilliger Helfer. „Binnen kurzer<br />
Zeit lassen sich überall zehntausende<br />
Menschen mobilisieren.” Knapp werden<br />
könne es lediglich bei Hubschraubern<br />
oder bei Psychologen zur Nachbetreuung<br />
von Opfern. Sofern andere Bundesländer<br />
den Bedarf nicht abdecken, kommen bilaterale<br />
Hilfsabkommen mit Nachbarländern<br />
in Betracht. Diese koordiniert wiederum<br />
der Bund.<br />
Außerdem ist der Einsatz des Bundesheers<br />
(BH) von entscheidender Bedeutung:<br />
„Hier muss man unterscheiden<br />
zwischen dem gesetzlichen Auftrag der<br />
Katastrophenhilfe in unmittelbaren Notfällen<br />
und der Möglichkeit der Unterstützungsleistung”,<br />
sagt Robert Brieger, Leiter<br />
der Gruppe Einsatzgrundlagen des Verteidigungsministeriums<br />
(BMLVS). Zum<br />
ersten Fall: Hier wird das BH tätig, wenn<br />
die Mittel der Zivilschutzorganisationen<br />
für die Sicherheit der Bevölkerung nicht<br />
ausreichen. Verbindungsoffiziere – meist<br />
Milizsoldaten – des Militärkommandos<br />
erheben gemeinsam mit der Einsatzleitung<br />
den Bedarf nach zusätzlichen Kräften<br />
– von ABC-Abwehrtruppen bis zu Fachleuten<br />
für den Brückenbau. „Fallweise<br />
stellt sich die Frage, ob militärische oder<br />
zivile Einsatzkräfte zum Zug kommen.<br />
Man kann generell sagen, dass der Vorteil<br />
12 Oktober <strong>10</strong>
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
der militärischen Kräfte die lange Durchhaltefähigkeit<br />
ist. Das BH hat die Möglichkeit,<br />
eine Einheit von der anderen abzulösen”,<br />
so Brieger. Im zweiten Fall wird das<br />
Militär von ziviler Seite für nicht-akute<br />
Unterstützungsleistungen bezahlt. Brieger:<br />
„Dabei achten wir streng darauf, dass<br />
keine Interessen anderer Hilfsorganisationen<br />
verletzt werden.”<br />
Im Mittelpunkt der BH-Assistenzeinsätze<br />
steht die Kooperation mit den<br />
anderen Einsatzkräften. „Wir sind mit<br />
NGOs wie den Feuerwehren, dem Roten<br />
Kreuz und dem Arbeiter-Samariterbund<br />
in engem Verbund, insbesondere auf der<br />
territorialen Ebene”, sagt Dominik Horn.<br />
Er vertritt das BH im Skkm-Ausschuss<br />
und leitet das Referat für zivil-militärische<br />
Zusammenarbeit in der BMLVS-Sektion<br />
IV. „Für eine erfolgreiche Krisenbewältigung<br />
ist es wichtig, die Aktivitäten aufeinander<br />
abzustimmen. Dies ist nur mit einem<br />
ständigen Austausch möglich”, so Horn.<br />
Feuerwehr: nicht nur bei<br />
Bränden im Einsatz<br />
In dieselbe Kerbe schlägt auch Albert<br />
Kern, Landesfeuerwehrkommandant der<br />
Steiermark, der von einem „Schulterschluss“<br />
der Hilfsorganisationen spricht.<br />
Erst im vorigen Juli war es im Bezirk Liezen<br />
zu sintflutartigen Regenfällen und<br />
Gewitterstürmen gekommen. Überflutungen<br />
und Murenabgänge inklusive. „Hier<br />
hat die Zusammenarbeit von Feuerwehr<br />
und Bundesheer wunderbar funktioniert.<br />
Beide haben unterschiedliche Schwerpunkte,<br />
die man bei Unwettereinsätzen<br />
wechselseitig nutzen kann“, sagt der<br />
Feuerwehrchef. Das sei auch notwendig,<br />
da das Aufgabenfeld der Katastrophenschutzorganisationen<br />
immer komplizierter<br />
werde. In Liezen leistete das Bundesheer<br />
90.000 Arbeitsstunden, die Feuerwehr<br />
17.000.<br />
„Das Wort ,Feuerwehr’ mag eine<br />
gewisse Vorstellung suggerieren. Die<br />
Brandbekämpfung steht aber schon lange<br />
nicht mehr im Vordergrund. ,Dienstleister<br />
in sicherheitsspezifischen Belangen’ trifft<br />
es schon eher“, so Kern. Weil aber gleichzeitig<br />
die Zahl der Einsätze stetig steige,<br />
bedeute das eine besondere Herausforderung<br />
für das Freiwilligenwesen.<br />
Über 250.000 Personen engagieren<br />
sich in Österreich bei der freiwilligen<br />
Feuerwehr. Im Katastrophenfall ist für<br />
einige die Frage der Dienstfreistellung<br />
problematisch. Nicht immer kommt es<br />
zu einer einvernehmlichen Lösung mit<br />
dem Arbeitgeber. Die Helfer sind dann<br />
gezwungen, Urlaub oder Zeitausgleich zu<br />
nehmen. „Hier braucht es eine stärkere<br />
Sensibilisierung bei Unternehmern und<br />
politischen Entscheidungsträgern“, sagt<br />
Kern.<br />
Das freiwillige Engagement als Trägersäule<br />
des Katastrophenschutzes hat<br />
hierzulande eine lange Tradition. Kritisch<br />
betrachten manche aber die Über-<br />
Ausstattung und ineffiziente Strukturen.<br />
Etwa der oberösterreichische Landesrechnungshof<br />
im Jahr 2008: Über <strong>10</strong>0 Feuerwehren<br />
haben im Bundesland weniger als<br />
zehn Einsätze pro Jahr. Außerdem gebe<br />
es kaum gemeindeübergreifende Kooperationen.<br />
Dabei ist Oberösterreich mit<br />
durchschnittlich zwei Feuerwehren pro<br />
Gemeinde noch nicht einmal Spitzenreiter<br />
in Österreich. Niederösterreich und<br />
Kärnten haben im Schnitt in jeder Kommune<br />
eine mehr.<br />
„Im Notfall zählt<br />
nur die Effektivität.“<br />
Gerry Foitik, ÖRK<br />
ÖRK / Anna Stöcher<br />
Oktober <strong>10</strong> 13
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
„Feuerwehren<br />
sind allgemeine<br />
Dienstleister<br />
in sicherheitsspezifischen<br />
Belangen.“<br />
H i n t e r g r u n d<br />
Albert Kern, Landesfeuerwehrkommando<br />
Stmk.<br />
Furgler<br />
Welche Warnsignale<br />
gibt es?<br />
1. Warnung = 3 Minuten gleichbleibender<br />
Dauerton<br />
Herannahende Gefahr! Radio- oder Fernsehgerät<br />
(ORF) einschalten, Verhaltensmaßnahmen<br />
beachten.<br />
2. Alarm = 1 Minute auf- und abschwellender<br />
Heulton<br />
Gefahr! Schützende Bereiche bzw. Räumlichkeiten<br />
aufsuchen, über Radio oder TV durchgegebene<br />
Verhaltensmaßnahmen befolgen.<br />
3. Entwarnung = 1 Minute gleichbleibender<br />
Dauerton<br />
Ende der Gefahr! Einschränkungen im täglichen<br />
Lebenslauf werden über Radio oder<br />
TV durchgegeben.<br />
Quelle: BM.I<br />
Lassen sich Rettungsdienste<br />
outsourcen?<br />
Ganz ohne Alternativen ist dieses<br />
System aber nicht: Beispiele aus anderen<br />
EU-Staaten zeigen, dass sich Zivilschutzleistungen<br />
erfolgreich outsourcen lassen.<br />
„Der Vorteil ist, dass wir unsere Leistungen<br />
individuell auf die Bedürfnisse vor<br />
Ort zuschneiden und auf Erfahrungen aus<br />
anderen Ländern zurückgreifen können“,<br />
sagt Ole Qvist Pederson von Falck, Europas<br />
größtem privaten Anbieter von Rettungsdienstleistungen.<br />
Das aus Dänemark stammende<br />
Unternehmen ist in acht Ländern<br />
tätig und hat sich 2009 neben einem weiteren<br />
privatem Anbieter aus Bayern um die<br />
Übernahme des Rettungsdienstes in Tirol<br />
beworben. Schlussendlich ist es aber nicht<br />
zu einer Privatisierung gekommen.<br />
In Dänemark hat Falck bereits zwei<br />
Drittel der Feuerwehr- und 85 Prozent der<br />
Rettungsdienste übernommen „Ich kann<br />
verstehen, dass es Vorbehalte gibt, eine so<br />
wichtige öffentliche Dienstleistung auszulagern.<br />
Aber in den über hundert Jahren<br />
unseres Bestehens haben wir jeden Vertrag<br />
zur allgemeinen Zufriedenheit erfüllt“,<br />
sagt Pedersen. Die Vergabe an Private sei<br />
außerdem nicht gleichbedeutend mit dem<br />
Ende des Freiwilligenwesens. „In Belgien<br />
arbeiten wir schon lange mit Freiwilligen<br />
zusammen, das ist in Österreich genauso<br />
denkbar.“<br />
Bei heimischen Zivilschutzvertretern<br />
stoßen derartige Geschäftsmodelle auf<br />
wenig Gegenliebe. „Gerade der Rettungsdienst<br />
ist eine typische Leistung im allgemeinen<br />
Interesse. Da muss man sich die<br />
Frage stellen, ob eine rein betriebswirtschaftliche<br />
Entscheidung der beste Weg<br />
ist, um die optimale Versorgung für die<br />
Bevölkerung sicherzustellen“, sagt Gerry<br />
Foitik, Bundesrettungskommandant beim<br />
Roten Kreuz (ÖRK). Er sieht die Gefahr,<br />
eines Preiskampfes zu Ungunsten der<br />
Betroffenen. Es würden dann nur die Leistungen<br />
geliefert, die auch vertraglich vereinbart<br />
sind. Die große Stärke des Freiwilligenwesens<br />
sei aber, dass es meist mehr<br />
leiste als gefordert sei. „Man darf Effizienz<br />
nicht mit Effektivität verwechseln. Im<br />
Notfall geht es immer um zweiteres“, sagt<br />
Foitik. Er betont, dass das Engagement der<br />
Österreicher nach wie vor ungebrochen<br />
sei. Um dieses Potenzial zu kanalisieren,<br />
gründete das ÖRK 2007 mit dem Radiosender<br />
Ö3 das Team Österreich. „Das ist<br />
eine Plattform für alle, die einfach nur<br />
ein oder zwei Tage helfen möchten. Man<br />
kann Schlamm wegschaufeln genauso<br />
wie Schadensmeldungen ausfüllen oder<br />
auf Kinder aufpassen“, sagt Foitik. 27.000<br />
Menschen haben sich bisher registriert.<br />
Auch international sorgt das Projekt für<br />
Aufsehen: Deutschland und Großbritannien<br />
haben schon Interesse bekundet.<br />
Zum Einsatz kam das Team Österreich<br />
etwa bei der Hochwasserkatastrophe 2009<br />
im Alpenvorland.<br />
Zu viele Köche verderben den Brei<br />
Aber nicht nur das Engagement, sondern<br />
auch das richtige Verhalten der<br />
Bevölkerung ist entscheidend. Das zeigt<br />
das Beispiel des Elbe-Hochwassers im<br />
Jahr 2002. Tausende Deutsche wollten<br />
spontan helfen. Mangels Koordination<br />
blockierten die Massen aber unfreiwillig<br />
Zufahrtsstraßen – und vergrößerten das<br />
Chaos nur noch. Sicherstellen, dass genau<br />
so etwas nicht passiert, will Anton Hüttmayr.<br />
Seit über 15 Jahren ist er Präsident<br />
des oberösterreichischen Zivilschutzverbandes.<br />
„Wir bieten über 1.000 Vorträge<br />
im Jahr an und gehen in Schulen und<br />
Seniorenheime.“ Ziel sei die Aufklärung<br />
über Gefahrenquellen und die Prävention<br />
vermeidbarer Zwischenfälle.<br />
Dazu zählen nach Ansicht von Wolfgang<br />
Kromp auch Naturkatastrophen:<br />
„Die meisten so genannten ,Katastrophen’<br />
sind Naturereignisse, die erst durch das<br />
Verhalten der Menschen zu Katastrophen<br />
werden“, so der Vorstand des Instituts für<br />
Sicherheits- und Risikoforschung an der<br />
Boku Wien. Der technische Fortschritt<br />
habe die Ausweitung des Siedlungsraums<br />
über natürliche Grenzen hinweg ermöglicht.<br />
Dazu komme eine Lebensweise, die<br />
die Umwelt stark strapaziere. „Viele Auswirkungen<br />
unserer Handlungen werden<br />
erst langfristig sichtbar – vom Klimawandel<br />
bis zur Erosion der Böden. Der erste<br />
Schritt zu einer Risikoprävention muss<br />
daher bei unserem eigenen Verhalten<br />
beginnen“, so Kromp.<br />
14 Oktober <strong>10</strong>
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Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
Interview<br />
Lukas Wiesboeck<br />
Fotos<br />
Hans Ringhofer<br />
16 Oktober <strong>10</strong>
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
„Für einen neutralen Staat ist<br />
der Apparat zu aufgebläht“<br />
Das Bundesheer ist ein Eckpfeiler der nationalen Katastrophenhilfe.<br />
Der Sparstift macht aber auch vor dem Verteidigungsressort nicht halt.<br />
Im Interview mit REPUBLIK erklärt Minister Norbert Darabos, wie er den<br />
Spagat zwischen gesetzlichem Auftrag und einem Viertel weniger Budget<br />
schaffen will – und warum er bei den Geheimdiensten zuerst ansetzt.<br />
In allen Ressorts stehen Budgetkürzungen<br />
ins Haus. Wie lässt sich das vereinen,<br />
ohne die Versorgung zu gefährden?<br />
Aufgrund der internationalen Finanzkrise<br />
und ihrer Folgen muss überall<br />
gespart werden, da haben auch wir einen<br />
Beitrag dazuzuleisten. Klar ist aber: Ein<br />
Sparen mit der Rasenmäher-Methode<br />
wird es nicht geben. Die verfassungsmäßigen<br />
Aufgaben wie eben den Katastrophenschutz,<br />
Landesverteidigung oder die<br />
Auslandseinsätze wird das Bundesheer<br />
weiterhin zu hundert Prozent erfüllen –<br />
das garantiere ich. Das heißt: Die Mittel,<br />
die wir zur Auftragserfüllung brauchen,<br />
werden wir auf jeden Fall bereitstellen.<br />
Bis 2013 sollen 530 Mio. Euro eingespart<br />
werden. Sie haben schon angekündigt,<br />
den Rotstift bei den Geheimdiensten<br />
anzusetzen. Geht es hier „nur“ um das<br />
Nichtnachbesetzen von Posten oder gibt<br />
es schon konkrete Angebote für die Mitarbeiter?<br />
Ich bin für eine Abschlankung in der<br />
Verwaltung, auch bei den Nachrichtendiensten.<br />
Für einen neutralen Staat ist der<br />
Apparat zu stark aufgebläht. Ich werde<br />
mir ansehen, was die Expertise des Generalstabes<br />
ergeben wird. Die vorhandenen<br />
Einsparungspotenziale sollen jedenfalls<br />
ausgeschöpft werden, ohne dass die Qualität<br />
darunter leidet. Weiteres Potenzial<br />
sehe ich auch bei den Panzern und bei der<br />
Artillerie.<br />
Im Ministerium selbst gab es Umstrukturierungen,<br />
etwa in der Kommunikationsabteilung.<br />
Welche weiteren Maßnahmen<br />
kann man hier erwarten?<br />
Wir haben im Jahr 2008 die Zentralstelle<br />
neu strukturiert. Es gibt nur noch<br />
vier statt bisher fünf Sektionen. Der Personalstand<br />
wurde von 1.200 auf unter<br />
900 reduziert. Entsprechende Sozialpläne<br />
wurden mit der Personalvertretung<br />
abgestimmt. Bis 2013 wollen wir insgesamt<br />
1.000 Bedienstete in der Verwaltung<br />
abbauen. 400 Mitarbeiter haben durch<br />
die bereits umgesetzten Reformen derzeit<br />
keinen Arbeitsplatz im Bundesheer<br />
mehr. Diese werden vom Verteidigungsins<br />
Finanzministerium in den Bereich<br />
Betrugsbekämpfung wechseln.<br />
Dem Heer stehen jährlich zwei Mrd.<br />
Euro zur Verfügung. Mehr als die Hälfte<br />
fließt in die Gehälter der Berufssoldaten<br />
und Zivilbeamten. Bleiben da noch genug<br />
Mittel für Geräte und Infrastruktur?<br />
Wir haben in den vergangenen dreieinhalb<br />
Jahren etwa zwei Milliarden Euro<br />
in die Ausrüstung der Truppe und in die<br />
Kaserneninfrastruktur investiert. Für heuer<br />
habe ich das Baubudget von 65 auf 84<br />
Mio. Euro angehoben. Es ist damit das<br />
höchste Baubudget, das es bisher für das<br />
Bundesheer gegeben hat. Und dieser Investitionsschwerpunkt<br />
soll in den kommenden<br />
Jahren trotz Budgetkonsolidierung<br />
aufrecht bleiben.<br />
In Deutschland ist das technische<br />
Hilfswerk für den Katastrophenschutz<br />
zuständig. Das Heer kann sich so ganz<br />
auf seine militärischen Aufgaben konzentrieren.<br />
Ist ein solches Vorgehen auch in<br />
Österreich denkbar?<br />
Aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht<br />
kann das Bundesheer seine Aufgaben<br />
von der Landesverteidigung über den<br />
Katastrophenschutz bis hin zu den internationalen<br />
Friedensmissionen zu hundert<br />
Prozent erfüllen. Im Katastrophenfall kön-<br />
„Bis 2013<br />
wollen wir 1.000<br />
Bedienstete in<br />
der Verwaltung<br />
abbauen.“<br />
Oktober <strong>10</strong> 17
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
„Im Katastrophenfall<br />
können wir<br />
aus dem Stand<br />
mindestens <strong>10</strong>.000<br />
Soldaten einsetzen.“<br />
nen wir aus dem Stand mindestens <strong>10</strong>.000<br />
Soldatinnen und Soldaten einsetzen.<br />
Wie stehen Sie zur Vergabe von<br />
Katstrophenschutzleistungen an private<br />
Anbieter?<br />
Die Zusammenarbeit der Sicherheits-,<br />
Hilfs- und Einsatzorganisationen im Katastropheneinsatz<br />
funktioniert ausgezeichnet<br />
und hat sich über Jahrzehnte bewährt.<br />
Und wie bereits gesagt: Nur das Bundesheer<br />
ist in der Lage, auch über einen<br />
längeren Zeitraum in der erforderlichen<br />
Mannstärke Katastrophenhilfe zu leisten.<br />
In der neuen Sicherheitsdoktrin soll<br />
Katastrophenschutz und Konzentration<br />
auf humanitäre Hilfe eine wichtige Rolle<br />
einnehmen. Bis wann erwarten Sie den<br />
Abschluss der Verhandlungen?<br />
Mein Ziel ist, gemeinsam mit dem<br />
Außenministerium bis zum Ende des Jahres<br />
eine neue Sicherheitsstrategie auszuverhandeln.<br />
Ganz wichtig ist mir, auch<br />
das Parlament und die Oppositionsparteien<br />
einzubinden. Bei der Erarbeitung der<br />
derzeitigen Sicherheitsdoktrin war das<br />
ja nicht der Fall – die wurde damals von<br />
der schwarz-blauen Regierung gegen die<br />
Stimmen der SPÖ beschlossen.<br />
Welche Rolle spielt die Prävention in<br />
Ihren Überlegungen, welche Initiativen<br />
wollen Sie setzen?<br />
Die grundsätzliche Vermeidung von<br />
Katastrophen, die Begrenzung der Ausmaße<br />
und die schnellstmögliche Behebung<br />
der aufgetretenen Schäden sind von<br />
enormer Bedeutung. Dazu gehören Investitionen<br />
in die Katastrophenausrüstung,<br />
permanente Übungen, Kooperationen mit<br />
zivilen Einsatzorganisationen oder ministerielle<br />
Zusammenarbeit im Rahmen des<br />
staatlichen Krisen- und Konfliktmanagements.<br />
Auch die Entwicklung von Frühwarnmechanismen<br />
und die enge Kooperation<br />
mit den Landeswarnzentralen sind<br />
hier zu nennen.<br />
Von Ihnen stammt der Vorschlag, die<br />
europäischen Battle Groups verstärkt für<br />
humanitäre Hilfsaktionen einzusetzen.<br />
Wie stellen Sie sich im Detail vor, den<br />
Katastrophenschutz auf europäischer<br />
Ebene in Zukunft zu organisieren?<br />
Die tragischen Fälle in Haiti und<br />
Pakistan haben das Fehlen einer raschen<br />
internationalen Hilfe deutlich gezeigt. Es<br />
gibt weltweit ein Überangebot an militärischen<br />
Kräften, die vernünftig und zielführend<br />
für Katastrophenhilfe eingesetzt<br />
werden könnten.<br />
Eine Möglichkeit wäre, die Battle<br />
Groups dafür zu verwenden. Ich unterstütze<br />
auch die Initiative Hope Force für<br />
einen raschen Einsatz zivil-militärischer<br />
Mittel in der Katastrophenhilfe, die derzeit<br />
auf UNO-Ebene und in der EU diskutiert<br />
wird. Und ich bin dafür, dass sich<br />
auch Österreich an dieser neuen schnellen<br />
UN-Katastrophenhilfstruppe beteiligt.<br />
Denn mit unserer Erfahrung in der humanitären<br />
und Katastrophenhilfe können<br />
wir sicher einen wertvollen Beitrag zum<br />
Aufbau leisten.<br />
18 Oktober <strong>10</strong>
WIR GEBEN<br />
IHNEN UNSER<br />
WORT.<br />
Worte<br />
sind unser Geschäft: Fakten zu<br />
prüfen, Standpunkte und kontroversielle<br />
Meinungen für den Leser klar zu<br />
kommunizieren. Dafür wurden wir auch<br />
zur Redaktion des Jahres gewählt.<br />
DiePresse.com
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
Text<br />
Wolfgang Tucek<br />
Wenn die Natur zurückschlägt<br />
Heuer halten gigantische Naturkatastrophen die Hilfsorganisationen rund um<br />
den Erdball auf Trab: Sintfluten, Erdbeben und großflächige Waldbrände<br />
fordern die Zivilschützer bis zum Letzten. REPUBLIK fragt nach, wie UNO, EU<br />
und internationale Hilfsorganisationen ihre Rettungsmaßnahmen koordinieren.<br />
Diesen Sommer hielt die Jahrhundertflut<br />
in Pakistan die Welt in Atem. Die von<br />
Terror und Unruhen geplagte Atommacht<br />
meldete nach absurd heftigen Monsunregenfällen<br />
„Land unter“. Mehr als 20<br />
Millionen Menschen sind nach Angaben<br />
des United Nations Office for the Coordination<br />
of Humanitarian Affairs (Ocha)<br />
EU-Einsatz in 24 Stunden möglich<br />
Zwar seien Länder in erster Linie<br />
selbst für die Verhinderung, Bereitschaft<br />
und Reaktion in Katastrophenfällen<br />
zuständig, sagt der belgische EU-Beamte.<br />
„Doch Katastrophen können ein Ausmaß<br />
entwickeln, das nationale Kapazitäten<br />
überfordert. Dann koordiniert das Monitoring<br />
and Information Center (MIC) der<br />
EU effektive und schnelle Hilfe. Denn<br />
besonders im Fall von Waldbränden oder<br />
Erdbeben machen Hilfseinsätze nur dann<br />
Sinn, wenn sie sofort erfolgen.“<br />
Sucht ein Mitgliedsland um Hilfe an,<br />
könne man üblicherweise innerhalb von<br />
24 Stunden reagieren. Nachdem etwa Portugal<br />
am Nachmittag einen Notruf im EUeigenen<br />
Kommunikationssystem Cecis<br />
(Common Emergency Communication<br />
and Information System) abgesetzt hatte,<br />
konnten zwei Löschflugzeuge aus Italien<br />
bereits zu Mittag ihren Assistenzeinsatz<br />
starten. „Bis zum Abend flogen sie mehr<br />
als 50 Löschflüge, bei denen sie jeweils<br />
4.000 bis 6.000 Liter Wasser abwarfen“,<br />
erzählt Das. Nach wenigen Tagen waren<br />
die Feuer unter Kontrolle – ein Mustervon<br />
der Sintflut betroffen. Rund 1,8 Millionen<br />
Häuser wurden weggespült und<br />
zerstört. Und das war nur einer der Höhepunkte<br />
im Katastrophenjahr 20<strong>10</strong>. Davor<br />
gab es schon ein verheerendes Erdbeben<br />
in Haiti mit fast 250.000 Toten, bizarre<br />
Überschwemmungen in China oder großflächige<br />
Waldbränden in Russland. UNO,<br />
EU, USAID und Hilfsorganisationen wie<br />
das Rote Kreuz hatten alle Hände voll zu<br />
tun.<br />
„In den vergangenen Jahren gab es<br />
den Trend zu immer mehr Naturkatastrophen“,<br />
sagt Hans Das, Abteilungsleiter für<br />
Katastrophenhilfe in der EU-Kommission.<br />
Schon in Europa habe es heuer die außergewöhnliche<br />
Situation gegeben, dass<br />
unmittelbar auf die Flutsaison mit heftigen<br />
Überschwemmungen in Polen und<br />
der Ukraine die Waldbrandsaison angebrochen<br />
sei. So waren im Hochsommer<br />
großflächige Brände in Portugal ausgebrochen<br />
– im Juli griffen an einem Tag mehr<br />
als 400 Brandherde um sich.<br />
Verheerende Brände verwüsteten im Sommer 20<strong>10</strong> Portugal. Dabei zeigte das EU-Beobachtungsbüro MIC<br />
seine Stärke: Innerhalb weniger Stunden konnte man wichtige Löschflugzeuge aus Italien organisieren.<br />
20 Oktober <strong>10</strong>
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
einsatz des MIC, das einen Fokus auf die<br />
Bekämpfung von Waldbränden gerichtet<br />
hat.<br />
Da man diese nicht vollkommen verhindern<br />
kann, verfolgen die EU-Spezialisten<br />
täglich genau die Wetterlage. „Das<br />
größte Risiko für Waldbrände besteht<br />
dann, wenn die Temperatur über 40 Grad<br />
Celsius beträgt, die Luftfeuchtigkeit unter<br />
30 Prozent liegt und starker Wind aus<br />
Nordafrika oder Osten kommt“, so der<br />
Abteilungsleiter in der Kommissionsgeneraldirektion<br />
für Zivilschutz (Echo).<br />
Am stärksten betroffen sind meist Portugal,<br />
Spanien, Frankreich, Italien und<br />
Griechenland. Diese Länder verfügen<br />
gemeinsam über rund 300 Flugzeuge und<br />
Hubschrauber für Löscheinsätze. Das MIC<br />
unterstützt die gegenseitige Hilfe zwischen<br />
diesen Ländern, wenn die nationalen<br />
Ressourcen nicht ausreichen. In<br />
Katastrophenfällen ist das Cecis wie ein<br />
„Marktplatz für Anfragen für und Angeboten<br />
von Hilfsleistungen“, so Das. „Denn<br />
Information ist der Schlüssel in Notfällen.<br />
Das Schlimmste ist, Hilfe zu schicken, die<br />
gar nicht benötigt wird.“<br />
UN-Clustersystem<br />
Die europäischen Dimensionen reichen<br />
freilich nicht an Naturkatastrophen<br />
in anderen Teilen der Welt heran, wie<br />
Pakistan und Haiti zeigen. Bei solchen<br />
Großkatastrophen sei das so genannte<br />
Clustersystem der UN das Hauptkoordinationssystem,<br />
wie Max Santner erklärt,<br />
der Leiter für Internationale Hilfe beim<br />
Österreichischen Roten Kreuz (ÖRK).<br />
„Jener Staat, in dem ein Katastrophenfall<br />
eintritt, muss die Organisation der Hilfe<br />
an leitender Stelle betreiben. Das macht<br />
in der Praxis die jeweilige Katastrophenschutzbehörde<br />
– etwa in Pakistan die<br />
National Disaster Management Authority“,<br />
sagt er. „Wenn es gewünscht wird, stehen<br />
dann UN- und zivilgesellschaftliche<br />
Organisationen wie NGOs und das Rote<br />
Kreuz den betroffenen Staaten zur Seite.<br />
Die erste zentrale Bewertung des Ausmaßes<br />
der Katastrophe und der notwendigen<br />
Hilfe führt das Ocha durch. Entsprechend<br />
dem Clustersystem werden dann nach<br />
thematischem Zugang andere UN-Teilorganisationen<br />
hinzugezogen. Wenn es<br />
zum Beispiel um die Unterbringung von<br />
Flüchtlingen geht, dann übernimmt das<br />
UN-Flüchtlingshochkommissariat UNH-<br />
CR.“<br />
Im Idealfall sitze der Vertreter des<br />
MIC auch im Clustersystem und könne<br />
den Hilfebedarf EU-weit den Mitgliedstaaten<br />
mitteilen, meint Santner. „Doch<br />
die Schnittstellen zwischen der EU und<br />
der UNO funktionieren in der Praxis<br />
nicht immer optimal.“ So gebe es im<br />
Zusammenspiel der beiden die potenzielle<br />
Gefahr von Doppelgleisigkeiten – etwa<br />
wenn bei der Bedarfsanalyse UN und EU<br />
Assessment-Teams schicken.<br />
EU-Experte Das bekräftigt, dass das<br />
Ocha bei der allgemeinen Koordination<br />
außerhalb der Union die Hauptrolle spiele.<br />
Hilfsanfragen aus Drittländern würden<br />
vom MIC selbst in das interne EU-Infosystem<br />
Cecis eingespeist. „Werden von EU<br />
und Ocha Expertenmissionen in Katastrophengebiete<br />
entsandt, so arbeiten wir eng<br />
zusammen.“ Es gebe dann entweder EU-<br />
Teams mit UN-Fachleuten oder umgekehrt<br />
– oder komplett gemeinsame Missionen.<br />
In Haiti seien etwa die ersten Such- und<br />
Rettungsmannschaften aus Island, Belgien<br />
und Luxemburg gekommen.<br />
Die UNO klärt im so genannten Emergency<br />
Appeal, wie viel Geld für die Hilfe<br />
in einem konkreten Fall notwendig ist.<br />
Und die Mitgliedsländer zahlen dann ein,<br />
erklärt Santner. „Dabei stellt die EU sehr<br />
große Mittel zur Verfügung, hat aber oft<br />
wenig Visibilität vor Ort. Katastrophenhilfekommissarin<br />
Kristalina Georgiewa<br />
hat bereits angekündigt, das ändern zu<br />
wollen. Sie will die EU-Fahne auch über<br />
EU-finanzierten Hilfsprojekten wehen<br />
sehen“, so der ÖRK-Spezialist weiter. In<br />
Brüssel gebe es auch Überlegungen, eine<br />
Art freiwilliges EU-Chor für die Katastrophenhilfe<br />
aufzubauen, was Santner allerdings<br />
kritisch betrachtet: „Es hat keinen<br />
Sinn in akuten Situationen, wo professionelle<br />
Helfer gebraucht werden, Freiwillige<br />
aus Europa in die ganze Welt zu schicken.<br />
Vielmehr müssen lokale Strukturen<br />
gestärkt werden.“<br />
„Das Schlimmste<br />
ist, Hilfe zu<br />
schicken, die gar<br />
nicht benötigt wird.“<br />
Hans Das, Europ. Kommission<br />
H i n t e r g r u n d<br />
Kosten von Katastrophen<br />
Am Beispiel von Pakistan und Haiti zeigt<br />
REPUBLIK die Kosten der Katastrophen auf: Allein<br />
459 Mio. Dollar (rund 357 Mio. Euro) hatte<br />
die UN Soforthilfe für das überflutete Pakistan<br />
verlangt. Die Vereinigten Staaten spendeten<br />
laut US-Außenministerium umgehend 90 Mio.<br />
Dollar (etwa 70 Mio. Euro), die EU-Kommission<br />
70 Mio. Euro, wie die zuständige Kommissarin<br />
Kristalina Georgiewa erklärt. In der Schweiz<br />
kamen bei einer landesweiten Spendenaktion<br />
umgerechnet fast <strong>10</strong> Mio. Euro zusammen. Die<br />
<strong>Republik</strong> Österreich steuerte fünf Millionen<br />
Euro Soforthilfe bei.<br />
Ein Vielfaches war nach der Zerstörung Haitis<br />
durch das Mega-Beben nötig: Mehr als sieben<br />
Mrd. Euro wurden bei einer UNO-Geberkonferenz<br />
in New York zugesagt. Das ist rund eine<br />
Milliarde weniger, als der Wiederaufbau nach<br />
UN-Schätzung über die nächsten zehn Jahre<br />
kosten wird. Von „Nachbar in Not“ kamen<br />
gleich nach dem verheerenden Beben 14 Mio.<br />
Euro.<br />
EC<br />
Oktober <strong>10</strong> 21
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
Text<br />
Gertraud Eibl<br />
Land der Berge,<br />
Land am Strome ...<br />
Österreich ist mit dem Reichtum seiner Landschaft gesegnet.<br />
Was der Alpenrepublik Tourismus bringt, hat auch eine Kehrseite:<br />
Zu jeder Jahreszeit drohen Naturkatastrophen. Welche<br />
Schutzmaßnahmen treffen die Gemeinden? Und warum gibt es<br />
noch immer kein zufrieden stellendes Versicherungssystem?<br />
H i n t e r g r u n d<br />
Versicherungen<br />
und Kosten<br />
Lösungsmodelle zur Bewältigung von<br />
Naturgefahren sind vor allem seit der Jahrhundertflut<br />
2002 ein brisantes Thema in der<br />
Versicherungswirtschaft. „In Österreich ist<br />
die Erfassung und Bewertung von Schadenpotenzialen<br />
mit dem Projekt Hochwasserrisikozonierung<br />
Austria ,Hora’ gelungen“,<br />
sagt Daniela Ebeert, Pressesprecherin des<br />
Versicherungsverbandes Österreich (VVO). Auf<br />
hochwasserrisiko.at erhält man Infos darüber,<br />
wie überschwemmungs-, hagel- oder erdbebengefährdet<br />
das eigene Haus oder Grundstück<br />
ist. „Hora ist europaweit einzigartig in<br />
der Zusammenarbeit zwischen Öffentlicher<br />
Hand und Privatwirtschaft“, sagt Johannes<br />
Hajek, Uniqa-Vorstandsdirektor. Neben der<br />
Notwendigkeit einer angepassten Nutzung<br />
gefährdeter Räume solle künftig verstärkt auf<br />
eine Risikopartnerschaft Staat – Versicherung –<br />
Private gesetzt werden.<br />
Schäden aus Naturkatastrophen:<br />
• 2002: Hochwasser = 3 Mrd. Euro gesamte<br />
volkswirtschaftliche Schäden (420 Mio. Euro<br />
versichert)<br />
• 2005: Hochwasser = 560 Mio. gesamt (150<br />
Mio. Euro versichert)<br />
• 2009: 570 Mio. Euro versicherte Schäden.<br />
Alleine die Sturm- und Hagelnacht vom 23.<br />
auf 24. Juli hinterließ versicherte Schäden im<br />
Ausmaß von etwa 360 Mio. Euro.<br />
Quelle: VVO<br />
2009, das Jahr der Extreme: Starke<br />
Schneefälle, Überschwemmungen, Hitzewellen<br />
und der plötzliche Wintereinbruch.<br />
Die Öffentliche Hand ließ Tausende<br />
Einsatzkräfte aufmarschieren, ganz zu<br />
schweigen von den vielen zivilen Helfern<br />
vor Ort. Auch 2002 kämpften sie gegen<br />
die Gewalt von Mutter Natur: Über 12.000<br />
Soldaten waren damals vorwiegend in<br />
Nieder- und Oberösterreich als auch in<br />
der Steiermark im Einsatz. Und 2005 musste<br />
man vermurte Ortsteile von Mittersill<br />
im Salzburger Pinzgau evakuieren. Ob in<br />
den Alpen oder im Flachland, ob Sommer<br />
oder Winter: In Österreich wird es nicht<br />
still, was Gewitter, Hochwasser, Muren<br />
und Lawinen betrifft.<br />
Viel getan hat sich auch in der Prävention.<br />
Bund und Länder haben in teure<br />
Maßnahmen investiert. Allein die Wildbach-<br />
und Lawinenverbauung (WLB) –<br />
eine Dienststelle des Lebensministeriums<br />
(BMLFUW) – hat im vergangenen Jahr 898<br />
Schutzprojekte umgesetzt und dafür über<br />
295 Mio. Euro investiert.<br />
Mit drei Viertel der Gesamtfläche verfügt<br />
Österreich über den höchsten Alpenanteil<br />
aller mitteleuropäischen Staaten.<br />
Die Verkehrserschließung der Alpen und<br />
der Ausbau der Infrastruktur für den<br />
Wintersport vergrößern die Gefahr von<br />
Naturkatastrophen seit Jahrzehnten. Der<br />
steigende Siedlungsdruck und der Klimawandel<br />
tragen ihr Übriges dazu bei.<br />
Unverhofft kommt oft<br />
Trotz Vorbeugung gab es in den<br />
vergangenen Jahren viele unerwartete<br />
Naturereignisse. Dann läuft der abweh-<br />
rende Katastrophenschutz der Bezirksverwaltungsbehörden<br />
auf Hochtouren. „Wir<br />
sind die Feuerwehr, wenn´s brennt“,<br />
sagt Kurt Reiter, Katastrophenschutzreferent<br />
von Zell am See. Sein Gebiet<br />
gehört zu den drei Bezirken, die aufgrund<br />
ihrer alpinen Lage und geologischen Struktur<br />
besonders prädestiniert sind für Muren,<br />
Hochwässer, Felsstürze und Hangrutsche.<br />
Neben Zell am See zählen die beiden<br />
Tiroler Bezirke Lienz und Landeck zu den<br />
alpinen Krisenregionen der <strong>Republik</strong>.<br />
Besonders dramatisch war die Lage in der<br />
Gemeinde Galtür. „Der Lawinenwinter<br />
1999 hat die Bewohner des mitteleuropäischen<br />
Alpenraumes richtig durchgeschüttelt.<br />
Es war ein Jahrtausendereignis,<br />
das viele Konsequenzen mit sich zog“,<br />
sagt Bürgermeister Anton Mattle. Nach<br />
dem Lawinenunglück, das 31 Menschenleben<br />
forderte, richtete das Bundesheer<br />
eine Luftbrücke ein. Am Boden waren 700<br />
österreichische Soldaten im Dauereinsatz.<br />
Innerhalb von drei Wochen wurden<br />
mehr als 18.000 Personen und 270 Tonnen<br />
Güter transportiert. Es wurden neue<br />
Einsatzpläne und ein Evakuierungsplan<br />
erarbeitet, neue Netzwerke geschaffen.<br />
„Wir wussten, dass die Zeit drängt. Die<br />
Lawinenschutzmauern im Tal wurden mit<br />
unglaublichem Engagement aller Behörden<br />
und beteiligten Firmen innerhalb von<br />
acht Monaten fertiggestellt. In den vergangenen<br />
zehn Jahren wurden die komplexen<br />
Stützverbauungen am Berg errichtet“, sagt<br />
Mattle. Vom Baggerfahrer bis zum Maurer<br />
hätten sich alle Beteiligten unglaublich<br />
bemüht. Das Transport- und Erdbewegungsunternehmen<br />
Grissemann aus<br />
22 Oktober <strong>10</strong>
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
Gemeinde Galtür<br />
Das Alpinarium in Galtür ist nach der Lawinentragödie 1999 entstanden, die 31 Menschenleben forderte.<br />
Das Gebäude ist Ausstellungshaus (Bild rechts unten) und Lawinenschutzwand (Bild oben) in einem. Die Mauer<br />
des Alpinariums ist 345 m lang, bis zu 19 m hoch und hält einem Druck von 11 Tonnen pro Quadratmeter stand.<br />
Kappl habe einen schwierig anzulegenden<br />
Weg zur Anbruchverbauung am Berg<br />
errichtet. Der Raumplaner Friedrich Falch<br />
aus Landeck habe wiederum mit besonderem<br />
Ideenreichtum das Galtürer Alpinarium<br />
geplant: ein Ausstellungshaus mit<br />
integrierter Lawinenschutzwand. Die<br />
Gesamtkosten aller Baumaßnahmen nach<br />
der Lawinenkatastrophe belaufen sich auf<br />
6,8 Mio. Euro.<br />
Das Land Tirol hat übrigens im Jahr<br />
2006 in Kooperation mit dem Innenministerium<br />
(BMI) das digitale Bündelfunksystem<br />
Tetra eingeführt. Dieses<br />
Kommunikationssystem erlaubt die<br />
abhörsichere Kommunikation zwischen<br />
Blaulicht-Organisationen und ermöglicht<br />
neben der Übertragung von Sprache auch<br />
die Datenübermittlung. „Wien ist nachgezogen,<br />
weitere Bundesländer sollen folgen“,<br />
sagt Herbert Walter, Abteilungsleiter<br />
für Zivil- und Katastrophenschutz im Amt<br />
der Tiroler Landesregierung.<br />
Prävention statt Reparatur<br />
Präventivmaßnahmen fallen in den<br />
Zuständigkeitsbereich der Dienststellen<br />
von Bund und Ländern, etwa der WLV<br />
und der Bundeswasserbauverwaltung.<br />
„Der Leistungsbereich der WLV umfasst<br />
die Naturgefahreninformation, die Sachverständigentätigkeit,<br />
die Gefahrenzonen-<br />
und Maßnahmenplanung und das<br />
Fördermanagement“, erklärt WLV-Chefin<br />
Maria Patek. „Die Umsetzung der Maßnahmen<br />
hingegen erfolgt in Form der Auftragsverwaltung<br />
durch die Länder. Dabei<br />
wird weitgehend auf externe Dienstleister<br />
zurückgegriffen“, ergänzt Wilfried<br />
Schimon, Chef der BMLFUW-Sektion VII<br />
Wasser. Der Katastrophenschutz hingegen<br />
ist Ländersache, für die Angleichung der<br />
Bundesländerstandards sorgt u.a. die vom<br />
BMI geführte Zivilschutzschule.<br />
Rosmarie Drexler, Bezirkshauptfrau<br />
von Zell am See, setzt sich dafür ein,<br />
dass Verwaltung nicht nur repariert, sondern<br />
präventiv wirkt. „Deshalb haben<br />
wir das ,5 BH-Projekt’ ins Leben gerufen:<br />
Gemeinsam mit Eisenstadt-Umgebung,<br />
Hallein, Hermagor und Rohrbach haben<br />
wir Qualitätsstandards in den Bereichen<br />
Erreichbarkeit, Schulung, Ausstattung,<br />
Infrastruktur und Personal entwickelt<br />
„Wir drehen<br />
uns nach der<br />
unmittelbaren Hilfe<br />
nicht einfach um,<br />
sondern leisten<br />
Aufräumarbeiten.“<br />
Robert Brieger, BMLVS<br />
BMLVS<br />
Oktober <strong>10</strong> 23
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
„Bisher gibt es<br />
keine umfassende<br />
Versicherung gegen<br />
Naturgefahren.“<br />
Wilfried Schimon, BMLFUW<br />
KDZ<br />
und außerdem Großschadensereignisse<br />
definiert“, erklärt die Bezirkshauptfrau.<br />
Weiters setze man in Salzburg auf eine<br />
Vernetzung von Geologen, der Bergrettung<br />
und der Jägerschaft. Probleme wie<br />
der Wildwurf und dessen Auswirkungen<br />
auf den Schutzwald seien so besser analysierbar.<br />
Mit blauem Auge<br />
Von den ersten Auswirkungen bis zu<br />
Aufräumarbeiten ist bei Großschäden das<br />
Bundesheer gefordert. „Der Gesetzgeber<br />
schreibt uns vor, im unmittelbaren Katastrophenschutz<br />
wirksam zu werden – sofern<br />
die zivile Seite das Ereignis nicht alleine<br />
bewältigen kann. Wir fassen den Auftrag<br />
weiter, weil wir uns nach der unmittelbaren<br />
Hilfe nicht umdrehen und heimgehen,<br />
sondern Aufräumarbeiten leisten“,<br />
sagt Robert Brieger, Leiter der Gruppe<br />
Einsatzgrundlagen des Verteidigungsministeriums<br />
(BMLVS). Die Tätigkeiten<br />
der Soldaten reichen von Räumungs- und<br />
Hilfsdiensten bis hin zu Einsätzen beim<br />
Behelfsbrückenbau und bei Hubschraubertransporten.<br />
Vergangenen Winter war<br />
das Bundesheer u.a. mit der Beseitigung<br />
von Schneedruck beschäftigt: „Wenn die<br />
Gefahr besteht, dass in ganzen Ortschaften<br />
die Dachstühle zusammenbrechen,<br />
dann werden wir gerufen“, so Brieger. Am<br />
personal- und zeitintensivsten seien Einsätze<br />
nach Vermurungen und Verklausungen.<br />
Oder aber bei einem Hochwasser, wie<br />
im Jahr 2002: Die „Jahrhundertflut“ war<br />
auch der bislang größte Einsatz des Heeres.<br />
Die schwersten Schäden gab es in der<br />
Wachau. Über 12.000 Soldaten leisteten<br />
knapp 800.000 Arbeitsstunden.<br />
Vom Hochwasser massiv betroffen<br />
war sowohl 2002 als auch 2005 das oberösterreichische<br />
Steyr: Bei der Landesregierung<br />
gingen 2002 exakt 1.171 Unterstützungsanträge<br />
ein, was einer anerkannten<br />
Schadenssumme von rund 26,9 Mio.<br />
Euro entspricht. Als Konsequenz wurde<br />
in Steyr ein Schutzprojekt initiiert, dessen<br />
Kosten bei rund 13 Mio. Euro liegen. Der<br />
Pegelstand der Steyr soll nach der dritten<br />
Ausbaustufe, in dem sich das Projekt gerade<br />
befindet, knapp einen Meter niedriger<br />
sein als zuvor.<br />
Angenehmer Nebeneffekt der Baumaßnahmen:<br />
So entstehen auch Erholungs-<br />
und Freizeitflächen. „Durch das<br />
Projekt sind wir zuversichtlich, dass wir<br />
künftig das Wasser nicht mehr in den<br />
Häusern haben“, sagt der Bürgermeister<br />
von Steyr Gerald Hackl. Im Jahr 2002 sei<br />
ein unglaublicher Schaden entstanden.<br />
Der Katastrophenfonds des Bundes und<br />
die Unterstützungsleistungen des Landes<br />
Oberösterreich hätten damals aber<br />
voll gegriffen. „Weil die Öffentliche Hand<br />
großzügig eingesprungen ist, sind wir mit<br />
einem blauen Auge davongekommen“, so<br />
Hackl.<br />
Katastrophenfonds<br />
Umfassende Versicherungen gegen<br />
Naturkatastrophen gibt es allerdings<br />
nicht. Noch nicht, wohlgemerkt, denn ein<br />
neues Modell ist unter Federführung des<br />
Finanzministeriums (BMF) gerade in Ausarbeitung.<br />
„Derzeit besteht das System<br />
der teilweisen Schadensabgeltung aus<br />
dem Katastrophenfonds“, sagt Wilfried<br />
Schimon vom BMLFUW. Nachdem die<br />
Katastrophenhilfe in der Kompetenz der<br />
Länder liegt, regeln diese die Abwicklung<br />
der Schadensfeststellung bis hin zur<br />
Ausbezahlung der Hilfsgelder. Bei außergewöhnlichen<br />
Katastrophen wie 2002<br />
und 2005 wurden vom Bund zusätzlich<br />
500 Mio. Euro (2002) bzw. 250 Mio. Euro<br />
(2005) bereitgestellt.<br />
„Naturkatastrophen wie Sturm und<br />
Hagel sind in der Haushalts- oder Gebäude-<br />
sowie der Kfz-Kaskoversicherung enthalten.<br />
Eine Vollwertdeckung ist für die<br />
Versicherungswirtschaft im derzeitigen<br />
System aber nicht machbar“, sagt Daniela<br />
Ebeert vom Versicherungsverband Österreich<br />
(VVO). Der Katastrophenfonds der<br />
Öffentlichen Hand stoße bereits an seine<br />
Grenzen. Eine fehlende bundesweit<br />
einheitliche Regelung sowie die Benachteiligung<br />
von Privatversicherten durch<br />
Abzüge in den Zuschüssen daraus gelten<br />
laut VVO als Schwachstellen der Regelung.<br />
Effiziente Lösungen seien nur über<br />
eine möglichst große Risikogemeinschaft<br />
erreichbar. Dafür bräuchte es aber andere<br />
Rahmenbedingungen. „Der Ball liegt bei<br />
der Politik“, sagt Ebeert.<br />
24 Oktober <strong>10</strong>
Text<br />
Gudrun Haigermoser<br />
Schwerpunkt<br />
Katastrophenschutz<br />
Damit das Blut nicht<br />
knapp wird<br />
In Österreich brauchen Kranke und Unfallopfer jährlich rund 470.000<br />
Blutkonserven. Um diesen Bedarf zu decken, setzt das Rote Kreuz auf<br />
landesweite Blutspendaktionen. Ein wichtiger Partner ist das Bundesheer.<br />
Die Partnerschaft ist gesetzlich geregelt:<br />
Das Rote Kreuz (ÖRK) bestimmt die<br />
Blutgruppe und den Rhesusfaktor der<br />
Grundwehrdiener. Als Gegenleistung gibt<br />
es Blutspenden. So kommt die Hilfsorganisation<br />
regelmäßig auf eine fix kalkulierbare<br />
Zahl von Spendern. Harald Harbich,<br />
Leiter des militärischen Gesundheitswesens<br />
im Kommando Einsatzunterstützung,<br />
beschreibt die Sichtweise seines Ressorts:<br />
„Das Bundesheer profitiert natürlich<br />
durch die Blutgruppenbestimmung. Im<br />
Wesentlichen ist es aber die gesamtstaatliche<br />
Unterstützung, die für uns im Vordergrund<br />
steht.“<br />
Durchschnittlich spendet jeder Grundwehrdiener<br />
einmal pro Jahr. Daneben gibt<br />
es zusätzliche Kooperationen – wie z. B.<br />
Spendeaktionen, an denen Mitarbeiter aus<br />
dem Verteidigungsministerium (BMLVS)<br />
teilnehmen. Harald Thür von der BMLVS-<br />
Präsidialabteilung ist für die Organisation<br />
zuständig: „Zweimal im Jahr kommen<br />
zwischen drei- und vierhundert Konserven<br />
an einem Nachmittag zusammen.“<br />
Bei drohender Blutknappheit könne man<br />
durch die laufende Zusammenarbeit<br />
schnell Sonderaktionen einberufen.<br />
Sinkende Bereitschaft<br />
Laut Statistik des ÖRK gehen ca. fünf<br />
Prozent der jährlichen Blutspenden auf<br />
das Konto des Bundesheeres, das waren<br />
im Jahr 2009 rund 26.000 Spender. 1957<br />
– am Beginn der Partnerschaft – waren<br />
es noch 90 Prozent. Die starke Reduktion<br />
lässt sich durch die Erschließung neuer<br />
Spendergruppen und rückgängige Rekrutenzahlen<br />
erklären. Aber die mangelnde<br />
Motivation bei den 18- bis 30-Jährigen<br />
gibt Anlass zur Sorge. Harbich sieht darin<br />
eine Erziehungsaufgabe: „Wir geben den<br />
Grundwehrdienern nicht nur die Möglichkeit<br />
zum Blutspenden, wir bringen<br />
Ohne die Spendenbereitschaft der Grundwehrdiener wäre die Blutversorgung im Lande nicht garantiert.<br />
ihnen auch die gesellschaftliche Notwendigkeit<br />
näher.“ Mit der Teilnahme an der<br />
freiwilligen Aktion sei einmal der wichtige<br />
Einstieg gemacht. Das „Zuckerl“ eines<br />
zusätzlichen freien Tages steigere zwar<br />
die Spendenbereitschaft. „Wir hoffen aber<br />
auf einen nachhaltigen Effekt“, erklärt<br />
der Mediziner. „Natürlich ist der Anblick<br />
einer Nadel eine psychologische Hürde<br />
für die jungen Männer. Nach dem ersten<br />
Spenden wird aber allen klar, dass es nicht<br />
weh tut“, sagt Eva Menichetti vom ÖRK.<br />
Ein verlässlicher Partner<br />
Der prozentuelle Anteil des Bundesheeres<br />
am Blutspendaufkommen mag<br />
zwar zurückgegangen sein. Trotzdem geht<br />
es für das Rote Kreuz ohne das Heer nicht:<br />
„Wir haben hier eine lange erprobte, gut<br />
funktionierende Kooperation mit einem<br />
verlässlichen Partner. An einem Aktionsnachmittag<br />
generieren wir eine große<br />
Anzahl an Blutkonserven mit geringem<br />
personellem Aufwand“, so Menichetti.<br />
„Die Teilnahme<br />
an der freiwilligen<br />
Aktion ist ein<br />
wichtiger Einstieg.“<br />
Harald Harbich, BMLVS<br />
BMLVS<br />
ÖRK<br />
Oktober <strong>10</strong> 25
Thema<br />
Diversity Management<br />
Text<br />
Andrea Krieger<br />
Keine Privatsache<br />
Der Öffentliche Dienst hat eine Vorbildfunktion im Umgang mit<br />
Arbeitnehmern. Schön und gut, es gibt das Gleichbehandlungsgesetz.<br />
Aber: Was tun staatliche und kommunale Organisationen darüber<br />
hinaus gegen die Diskriminierung der fünf bis zehn Prozent Homosexuellen<br />
in ihren Reihen?<br />
Schon einmal von den Gay Cops<br />
Austria gehört? Der 70-Mitglieder-Verein<br />
war in letzter Zeit öfters in den Medien.<br />
Die Organisation kämpft dafür, dass<br />
der Umgang mit Schwulen, Lesben und<br />
Transsexuellen innerhalb der Polizei konfliktfreier<br />
wird. Ewald Widi, Gründer der<br />
Gay Cops, bringt ein Beispiel: „Ein Kollege<br />
bekam anlässlich eines Bundestreffens<br />
des Vereins Lesbischer und Schwuler<br />
Polizeibediensteter Deutschlands keine<br />
Uniformtrageerlaubnis. Er hat sich daraufhin<br />
an uns gewandt und hatte die Erlaubnis<br />
einen Tag später. Ein Hetero-Kollege<br />
hätte sie für eine Veranstaltung im Ausland<br />
sofort bekommen.“<br />
„Schwulen Lehrern<br />
wird unterstellt, an<br />
nichts anderes als<br />
den sexuellen<br />
Missbrauch der<br />
Knäblein zu denken.“<br />
Helmut Barak, BMUKK<br />
Agpro<br />
Bottom-up-Prozess<br />
Die Gay Cops wurden 2005 gegründet,<br />
der Zusammenschluss hat die ausdrückliche<br />
Unterstützung der Innenministerin.<br />
Maria Fekter scheint sich der Problemlage<br />
also bewusst zu sein. Der Verein betreibt<br />
Diversity Management von unten nach<br />
oben. Vielfaltsmanagement – so der deutsche<br />
Ausdruck – wird zwar zurzeit oft<br />
gepredigt, aber noch selten praktiziert.<br />
Anti-Diskriminierungsmaßnahmen gegen<br />
Minderheiten wie Homosexuelle bilden<br />
die Basis des Diversity-Konzepts. Das Ziel<br />
ist aber ein höheres: Organisationen sollen<br />
Vielfalt als eine Bereicherung erleben.<br />
Obendrein kann sie den Output erhöhen.<br />
So haben homosexuelle Kollegen bspw.<br />
einen besseren Zugang zu Schwulen und<br />
Lesben in der Bevölkerung.<br />
Und dies sogar als Chance für eine<br />
Organisation zu begreifen – diese Sichtweise<br />
hat sich noch nicht in vielen Einrichtungen<br />
im Öffentlichen Dienst durchgesetzt.<br />
Eine Berufsvereinigung wie die<br />
Gay Cops, die von unten Druck macht,<br />
ist einzigartig. Weder bei der Feuerwehr<br />
noch beim Bundesheer gibt es etwas Vergleichbares.<br />
Und auch Diversity-Beauftragte,<br />
die gegen die Diskriminierung<br />
von Homosexuellen in den einzelnen<br />
Organisationen auftreten, erachtet man<br />
noch nicht als notwendig. Dabei tun sich<br />
gerade männerdominierte Bereiche im<br />
Umgang mit Schwulen sehr schwer, darin<br />
sind sich alle Experten einig. Dennoch<br />
heißt es im Verteidigungsministerium:<br />
„Homosexualität ist bei uns kein Thema.“<br />
„Es ist schließlich Privatsache, mit wem<br />
man schläft und hat mit dem Dienst ja<br />
nichts zu tun“, sagt Pressesprecherin Ute<br />
Axmann.<br />
Ein Einwand, den Ewald Widi, Kriminalpolizist<br />
und Capo der Gay-Cops<br />
Austria, in- und auswendig kennt. „Niemand<br />
legt seine sexuelle Orientierung<br />
im Job ab“, sagt er. In der Arbeit werde<br />
immer auch über Privates geredet. Kollegen<br />
erzählen sich, wie sie Weihnachten<br />
und die Ferien verbracht haben, man<br />
rede über Beziehungen, Traumfrauen und<br />
Traummänner. Wer sich da aus Angst vor<br />
beruflichen Nachteilen, Sticheleien oder<br />
schlicht weil Homosexualität ein Tabu ist,<br />
raushält, hat schnell andere Probleme.<br />
„Es geht unheimlich viel Energie<br />
dafür auf, Bewältigungsstrategien zu entwickeln,<br />
wenn man sich nicht outet“,<br />
sagt Wolfgang Wilhelm von der Wiener<br />
Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche<br />
Lebensweisen (Wast) der<br />
Stadt Wien. Abgesehen davon, dass man<br />
schief angeschaut wird, wenn man kaum<br />
Privates erzählt. Wilhelm: „Zum Gemobbtwerden<br />
ist es dann oft nicht mehr weit.“<br />
Stadt-Land-Gefälle<br />
Eine Einrichtung wie die Wast, eine<br />
1998 gegründete Stabstelle von Integrationsstadträtin<br />
Sandra Frauenberger, ist<br />
einzigartig in Österreich. „Ohne Wast<br />
hätten wir uns mit der Gründung der Gay<br />
Cops Austria wesentlich schwerer getan“,<br />
erzählt Ewald Widi. Die Wast fungiert<br />
nicht nur als Anlaufstelle für Diskriminierte,<br />
sie veranstaltet auch Fortbildungen<br />
zum Thema Homo-, Bi- und Transsexualität<br />
für die Polizei, Personalisten des<br />
Krankenanstaltenverbundes und Krankenpflegeschüler.<br />
Darüber hinaus werden<br />
Lehrlinge der Stadt Wien seit fünf Jahren<br />
beim Dienstgeber fortgebildet – wenn<br />
auch nur für einen Tag. Seit heuer gibt es<br />
26 Oktober <strong>10</strong>
Thema<br />
Diversity Management<br />
Schwule und Lesben in Uniform? Für die Besucher der Regenbogenparade am 3. Juli 20<strong>10</strong> war dies jedenfalls kein Problem.<br />
Dort marschierten nämlich erstmals lesbische Polizistinnen und schwule Polizisten aus aller Herren Länder mit.<br />
bei der Wast erstmals einen Fördertopf für<br />
Homosexuellenvereine, die Projekte zum<br />
Thema Diskriminierungsbekämpfung verwirklichen<br />
wollen. Bis zu 5.000 Euro an<br />
Subventionsgelder spendiert die Stelle<br />
dafür pro Jahr.<br />
„Je niedriger der Bildungsgrad und<br />
je geringer der berufliche Einfluss, desto<br />
schwerer haben es Homosexuellen im<br />
Job“, weiß Roswitha Hofmann, die an<br />
der Wiener Wirtschaftsuniversität zum<br />
Thema Diversity mit Schwerpunkt sexuelle<br />
Orientierung forscht. Besonders<br />
schwer hätten es auch die Lehrer, sagt<br />
sie.<br />
Harte Schule<br />
Helmut Barak kann davon ein Lied<br />
singen. Der Ex-Pädagoge lebt offen schwul<br />
und arbeitet mittlerweile als Vertragsbediensteter<br />
im Unterrichtsministerium:<br />
„Empörenderweise wird einem schwulen<br />
Lehrer wie selbstverständlich unterstellt,<br />
an nichts anderes als den sexuellen Missbrauch<br />
der Knäblein zu denken.“<br />
Für das größte Problem hält Barak,<br />
auch Mitglied der Austrian Gay Professionals<br />
(Agpro), die Elternproteste. Ein<br />
Diversity-Beauftragter an Schulen sei deshalb<br />
wünschenswert. „Ich selbst arbeite<br />
in einem liberalen Umfeld und brauche<br />
deshalb weder eine diesbezügliche<br />
Ansprechperson noch eine eigene Stelle.<br />
Aber für (noch) nicht Geoutete und alle,<br />
die in einer weniger offenen Umgebung<br />
arbeiten, wäre ein Diversity-Beauftragter<br />
hilfreich. Schon allein die Tatsache, dass<br />
es so eine Einrichtung gibt, wäre ein<br />
Signal, dass man sich der Situation von<br />
Schwulen und Lesben bewusst ist“, sagt<br />
Barak. Immerhin hat Ministerin Schmied<br />
jetzt ein Info-Paket geschnürt, um Homosexualität<br />
zeitgemäß im Unterricht zu<br />
behandeln.<br />
Eine Auszeichnung für Unternehmen,<br />
die sich besonders in der Diversity-<br />
Dimension Homosexualität engagieren,<br />
gibt es mittlerweile: den „Meritus“. Und<br />
wenn es bisher auch keine Preisträger von<br />
staatlicher Seite gibt: Die Auszeichnung<br />
wird immerhin von öffentlichen Stellen<br />
unterstützt. Es sind dies der ÖGB, die<br />
Arbeiterkammer Wien, die Wirtschaftskammer<br />
Wien und das Wirtschaftsministerium<br />
(BMWFJ).<br />
Es tut sich also etwas. „Allerdings“,<br />
so Norbert Pauser, Diversity-Berater<br />
und wie Barak Aktivist bei Agpro, „kann<br />
es bei manchen Organisationen durchaus<br />
noch ein paar Jahrzehnte dauern, bis<br />
Homosexualität nicht mehr als Privatangelegenheit<br />
angesehen wird, über die man<br />
im Job besser schweigen sollte. Zumal<br />
Heterosexualität allgegenwärtig ist – in<br />
der Werbung, in Filmen und in Gesprächen.“<br />
Oktober <strong>10</strong> 27
Thema<br />
Gesundheit<br />
Text<br />
Ursula Horvath<br />
Bittere Pille oder Allheilmittel?<br />
Die Ausgaben für Medikamente steigen Jahr für Jahr. Damit soll jetzt Schluss<br />
sein. In Salzburg sind die Ärzte bereits verpflichtet, das günstigste Medikament<br />
zu verschreiben. Nun wollen andere Bundesländer folgen. Ein längst<br />
überfälliger Schritt? Oder eine Einschränkung der ärztlichen Freiheit?<br />
Verwaltung und Pharmaindustrie haben darauf unterschiedliche Antworten.<br />
In Salzburg wird den Ärzten bei der Medikamentenvergabe genau auf die Finger geschaut. Nur die günstigsten<br />
dürfen auf dem Rezept stehen. Rücken andere Bundesländer nach?<br />
28 Oktober <strong>10</strong>
Thema<br />
Gesundheit<br />
Rot, blau und gelb. Rund, eckig oder<br />
oval. Medikamente gibt es in vielen Farben<br />
und Formen. Die Optik ist es nicht,<br />
auf die es ankommt. Der Inhalt zählt. Und<br />
natürlich der Preis. Die Ausgaben für<br />
Medikamente steigen aber kontinuierlich<br />
und erhöhen den Druck auf die Krankenkassen.<br />
In Salzburg haben Gebietskrankenkasse<br />
(SGKK) und Ärztekammer (ÄK)<br />
deshalb Anfang 20<strong>10</strong> einen bisher einzigartigen<br />
Vorstoß gewagt: Hiesige Mediziner<br />
sind seither verpflichtet, bei gleicher<br />
Wirksamkeit die günstigere Pille auf dem<br />
Rezeptblock zu vermerken. Grundlage<br />
dafür ist das so genannte Ökotool, eine<br />
Online-Datenbank des Hauptverbandes<br />
(HVB). Diese zeigt Medikamente mit gleichem<br />
Wirkstoff nach Preisen gereiht an.<br />
Dynamik in den Griff kriegen<br />
„Die Medikamentenkosten steigen<br />
jährlich im Durchschnitt um sechs Prozent.<br />
Im Jahr 2009 haben wir 2,84 Mrd.<br />
Euro für Medikamente ausgegeben, das<br />
sind etwa 20 Prozent der Gesamtausgaben.<br />
Wir mussten zumindest diese Dynamik<br />
in den Griff kriegen und das ist in diesem<br />
Jahr gelungen“, so Christoph Klein,<br />
stellvertretender Generaldirektor des<br />
Hauptverbandes (HVB). Zum Vergleich:<br />
In Salzburg standen im Jahr 2009 unter<br />
dem Strich 626 Millionen für alle Versicherungsleistungen,<br />
121 davon fielen für<br />
Arzneimittel. „Diesen Status wollen wir<br />
halten“, sagt SGKK-Direktor Harald Seiss.<br />
Er geht davon aus, dass die Steigerung<br />
jedenfalls unter dem Österreich-Durchschnitt<br />
von einem Prozent liegen werde.<br />
Für 20<strong>10</strong> prognostiziert man in Salzburg<br />
Gesamtausgaben von 640 Millionen,<br />
davon 125 Millionen für Medikamente.<br />
Die Rechnung müsste somit aufgehen.<br />
Klingt gut. Zumindest auf den ersten<br />
Blick. Die Kritiker der Salzburger Vereinbarung<br />
fürchten jedoch um die ärztliche<br />
Therapiefreiheit. Grundsätzlich verwendet<br />
nämlich jeder Vertragsarzt den<br />
Arzneimittelkodex. Darin steht, welche<br />
Medikamente von der Krankenkasse übernommen<br />
werden, welche extra genehmigt<br />
werden müssen und wie viel jedes einzelne<br />
Präparat kostet. Und hier kommt das<br />
Ökotool ins Spiel: Es stellt Gruppen von<br />
Medikamenten aus dem Erstattungskodex<br />
zusammen, die vergleichbar sind. So sieht<br />
V e r a n s ta lt u n g s t i p p<br />
27. Gesundheitspolitisches<br />
Forum<br />
Am Mittwoch, 20. Oktober 20<strong>10</strong>, findet von<br />
19:00 bis 21:00 eine Diskussionsveranstaltung<br />
zum Thema „Das Ökotool des Hauptverbandes“<br />
statt.<br />
Ort: Schwarzenbergplatz 7, Dachgeschoss<br />
AstraZeneca, <strong>10</strong>30 Wien<br />
Diskutanten: Reinhold Glehr (ÖGAM), Jan<br />
Oliver Huber (Pharmig), Christoph Klein (HVB),<br />
Um Anmeldung wird gebeten:<br />
info@human.or.at<br />
der Arzt alle Alternativen auf einen Blick.<br />
Grundsätzlich kann jeder Arzt das Ökotool<br />
verwenden, die Salzburger Vertragsärzte<br />
sind allerdings dazu verpflichtet.<br />
Genau dagegen wehrt sich die Pharma-Interessenvertretung<br />
Pharmig. Die<br />
rechtliche Basis fehle dafür, so die Kritik.<br />
Die SGKK hat bereits eine Klage wegen<br />
unlauteren Wettbewerbs auf ihrem Tisch<br />
liegen. In ihrer Klagebeantwortung bekräf-<br />
„Wie die<br />
Medikamentenliste<br />
zu beurteilen ist,<br />
haben nun die<br />
Gerichte zu klären.“<br />
Gerhard Aigner, BMG<br />
BMG<br />
Promotion<br />
Das Gesundheitssystem fit machen<br />
Der Gesundheitssektor steht zweifellos vor großen Herausforderungen. Mit<br />
ihnen ist aber auch ein enormes wirtschaftliches Wachstumspotenzial verbunden.<br />
Die Effizienz dieses Wachstums muss nun mit den richtigen Mitteln gefördert<br />
werden. Dazu gilt es die Themen Transparenz, Anreizsysteme und Nachhaltigkeit<br />
in der Qualitätssicherung zu vertiefen. Unumgänglich wird auch eine<br />
Reorientierung des Gesundheitssystems in Fragen des Umganges mit dem<br />
„informierten Patienten“, der Zunahme chronischer Erkrankungen, einer alternden<br />
Gesellschaft und einer voranschreitenden Digitalisierung sein. Lösungsmodelle<br />
finden sich in Tools der Wirtschaftspraxis. Die „personalisierte Medizin“, die<br />
maßgeschneiderte Therapien anbieten kann, ist Teil dieses Konzeptes, das von<br />
der Prävention und Früherkennung, über punktgenaue Diagnostik bis zur verbesserten<br />
Unterstützung der therapeutischen Entscheidungen reicht. Die neuen<br />
Partnerschaften, die durch das enge Zusammenspiel<br />
aller Anbieter im Gesundheitswesen entstehen, stellen<br />
jedoch an die Organisationen große Herausforderungen,<br />
die durch externe, fachlich kompetente Begleitung oftmals<br />
ihren Schrecken verlieren.<br />
PwC PricewaterhouseCoopers<br />
T +43 (1) 501 88-3401<br />
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www.pwc.com<br />
Andrea Kdolsky leitet den<br />
Geschäftsbereich Gesundheit bei PwC.<br />
Oktober <strong>10</strong> 29
Thema<br />
Gesundheit<br />
tigt sie ihr Recht, bei vergleichbaren Angeboten<br />
den günstigsten Bieter zu wählen.<br />
Entscheiden müssen nun die Gerichte.<br />
Vor Inkrafttreten der Vereinbarung<br />
gab es bereits ein aufsichtsbehördliches<br />
Verfahren im Gesundheitsministerium<br />
(BMG). Dieses kann als zuständige Aufsichtsbehörde<br />
rechtswidrige Beschlüsse<br />
der SGKK aufheben. In diesem Fall sah<br />
man keinen Grund dafür. Also hat am<br />
Ende die Pharmig doch geklagt. Gerhard<br />
Aigner, Leiter der BMG-Sektion II (Recht<br />
und Gesundheitlicher Verbraucherschutz):<br />
„Es gab sehr viele Gespräche, am<br />
„Ob alle Länder<br />
nachziehen werden,<br />
wissen wir nicht –<br />
aber wir hoffen es.“<br />
Christoph Klein, HVB<br />
HVB<br />
„Es gibt keine<br />
Rechtsgrundlage für<br />
eine eigene Liste.“<br />
Jan Oliver Huber, Pharmig<br />
sticklerfotografie.at<br />
Ende wurde die ursprüngliche Vereinbarung<br />
verändert und abgeschwächt. Wie<br />
die aktuelle Medikamentenliste zu beurteilen<br />
ist, haben nun die Gerichte zu klären.<br />
Das ist nichts Schlimmes, dafür sind<br />
sie schließlich da.“<br />
Wo liegt eigentlich der Unterschied?<br />
Doch was unterscheidet nun die so<br />
genannte „Salzburger Vereinbarung“ von<br />
der Richtlinie über die ökonomische Verschreibweise,<br />
die ohnehin für alle Vertragsärzte<br />
gilt? Diese Richtlinie besagt,<br />
dass Ärzte Medikamente zweckmäßig<br />
und wirtschaftlich verschreiben müssen.<br />
„Ökonomisch zu verschreiben, muss aber<br />
nicht heißen, dass man immer das billigste<br />
Medikament wählt. Wenn der Patient<br />
mit einem teureren Produkt schneller<br />
gesund wird, ist auch das ökonomisch. Es<br />
muss der größtmögliche therapeutische<br />
Nutzen mit möglichst geringen Behandlungskosten<br />
erzielt werden“, sagt Günther<br />
Wawrowsky von der ÄK. Die Entscheidung,<br />
welches Medikament der Arzt verschreibt,<br />
bleibe bei ihm. Die Krankenkassen<br />
würden ohnehin darauf schauen, dass<br />
möglichst günstig verschrieben werde, so<br />
der Bundeskurienobmann der niedergelassenen<br />
Ärzte weiter: „Sie werden den<br />
Kollegen zu einem Gespräch bitten, wenn<br />
er sich nicht an die Richtlinie hält.“<br />
In Salzburg sind sich Ärzte und GKK<br />
einig: „Es war schon immer so, dass Ärzte<br />
angehalten waren, das günstigste Medikament<br />
zu verschreiben“, bestätigt Seiss:<br />
„Neu ist nur, dass sich in Salzburg alle<br />
daran halten. Es geht eher darum, dass<br />
dieses Bewusstsein in allen Köpfen ist.“<br />
Der HVB steht der Salzburger Vereinbarung<br />
positiv gegenüber. „Die Vereinbarung<br />
bedeutet nichts anderes, als<br />
die Richtlinie für die ökonomische Verschreibweise<br />
ernst zu nehmen“, betont<br />
auch Klein. „Weil sich die Produktpalette<br />
und die Preise ständig ändern, hat der<br />
Hauptverband den Ärzten dieses Ökotool<br />
zur Verfügung gestellt. Die letzte Entscheidung<br />
liegt aber nach wie vor beim Arzt.“<br />
Die Kritiker sehen das freilich ein<br />
wenig anders. „Das allgemeine Sozialversicherungsgesetz<br />
regelt, unter welchen<br />
Voraussetzungen ein Medikament in den<br />
Erstattungskodex kommt und von der<br />
Krankenkasse bezahlt wird. Es gibt keine<br />
Rechtsgrundlage für eine eigene Liste“,<br />
so Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver<br />
Huber. Auch unter den Ärzten gibt es<br />
kritische Stimmen: „In Salzburg wurde<br />
die Liste zuerst sehr eingeschränkt. Von<br />
manchen Medikamenten gibt es aber zehn<br />
Generika, da steht dann die Hälfte nicht<br />
mehr drauf. Dabei geht es hier oft nur um<br />
einen Preisunterschied von ein paar Cent.<br />
Das ist sicher nicht sinnvoll“, meint Wawrowsky.<br />
HVB-Mann Klein versucht zu<br />
beruhigen: „In den ersten Entwürfen der<br />
Salzburger Liste waren tatsächlich nicht<br />
alle Medikamente enthalten. Mittlerweile<br />
wurde die Liste aber auf das Ökotool<br />
umgestellt, in dem der Arzt alle Alternativen<br />
sieht.“<br />
Ein Modell, das Schule macht?<br />
Ob alle Beteiligten in Salzburg zufrieden<br />
sind, wird derzeit fleißig evaluiert.<br />
SGKK-Direktor Seiss will zwar noch keine<br />
konkreten Ergebnisse nennen, aber „es<br />
schaut gut aus“. Mittlerweile wurde die<br />
Vereinbarung sozusagen legalisiert und<br />
als formeller Gesamtvertrag beschlossen.<br />
Umso mehr wundert sich Seiss über<br />
die Klage der Pharmig: „Salzburg ist so<br />
ein kleines Bundesland, da scheint diese<br />
Reaktion etwas übertrieben. Oder wir<br />
haben einen Nerv getroffen. Und die<br />
Pharmig befürchtet, dass unser Beispiel<br />
Schule macht.“ Und genau das tut es<br />
offenbar: „Auch in Oberösterreich und<br />
Vorarlberg wurden ähnliche Vereinbarungen<br />
getroffen. Auch hier verwenden die<br />
Vertragsärzte das Ökotool. Auch hier gibt<br />
es bereits neue Gesamtverträge“, bestätigt<br />
Klein. „Andere SV-Träger führen ebenfalls<br />
Gespräche. Ob alle nachziehen werden,<br />
wissen wir nicht – aber wir hoffen es.“<br />
Zahlt sich das überhaupt aus?<br />
Die Finanzprobleme zwingen die Kassen<br />
zum Sparen. Regierung und Hauptverband<br />
haben sich daher bekanntlich auf<br />
ein Sanierungspaket geeinigt: Wenn die<br />
SV-Träger die vereinbarten Kostendämp-<br />
30 Oktober <strong>10</strong>
fungen von 214 Millionen Euro erreichen,<br />
erhalten <strong>10</strong>0 Millionen aus dem neu geschaffenen<br />
Kassenstrukturfonds.<br />
Der HVB und die Krankenversicherungsträger<br />
haben daher Einsparungsmaßnahmen<br />
in sechs Bereichen beschlossen:<br />
Heilmittel, ärztliche Hilfe, Institute,<br />
Transportkosten, Heilbehelfe und Physiotherapeuten.<br />
„Wenn wir bei den Medikamenten<br />
sinnvoll sparen, haben wir weniger<br />
Druck in den anderen Bereichen“,<br />
erklärt Seiss. Die Einsparungen bei den<br />
Medikamentenkosten hätten maßgeblich<br />
dazu beigetragen, dass die Kassen heuer<br />
ihre Sparziele erreichen: Mit geschätzten<br />
270 Millionen Euro Einsparungen werden<br />
diese sogar übertroffen.<br />
Ohne<br />
Industrie<br />
kein<br />
Genie.<br />
Was passiert, wenn Patente<br />
auslaufen<br />
Der Rückgang bei den Arzneimittelkosten<br />
hat jedoch mehrere Ursachen: „Einerseits<br />
achten die Kassen darauf, dass Ärzte<br />
günstig verschreiben. Und durch die<br />
Kontrollen hat das Bewusstsein der Ärzte<br />
stark zugenommen. Andererseits verlieren<br />
einige Medikamente ihren Patentschutz“,<br />
erklärt BMG-Sektionsleiter Aigner.<br />
Bis 2013 soll dies bei geschätzten 40<br />
Präparaten der Fall sein. Generika kommen<br />
dann auf den Markt und die Hersteller<br />
der Originale müssen – sobald es drei<br />
Generika gibt – auch ihren Preis anpassen.<br />
„Der Preis fällt binnen Monaten, denn die<br />
Unternehmen haben die Anträge fix und<br />
fertig und warten nur auf den Ablauf des<br />
Patents“, sagt Pharmig-General Huber.<br />
Nach Berechnungen der Pharmig<br />
würden die Krankenversicherungen bis<br />
2013 allein dadurch 900 Mio. Euro sparen,<br />
ohne zusätzliche Maßnahmen bei<br />
den Medikamenten beschließen zu müssen.<br />
„Ja, der Patentschutz einiger Medikamente<br />
läuft aus, aber dafür kommen andere<br />
auf den Markt, die sehr teuer sind“,<br />
relativiert SGKK-Direktor Seiss. Huber<br />
sieht das anders: „Es kommen weniger<br />
neue Produkte als in den vergangenen<br />
Jahren. Die Boom-Phase – etwa bei den<br />
Medikamenten in der Krebstherapie – ist<br />
vorbei.“<br />
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht,<br />
warum es in Österreich so viele gute Ideen gibt?<br />
• Die Industrie investiert annähernd 1 Milliarde<br />
Euro im Jahr in Aus- und Weiterbildung.<br />
• Bis zu 60 Prozent aller heimischen Forschungsund<br />
Entwicklungsausgaben kommen von<br />
der Industrie.<br />
DIE INDUSTRIE<br />
MACHT’S …<br />
www.iv-net.at
Thema<br />
Auszeichnungen<br />
Text<br />
Christina Leitner<br />
And the winner is ...<br />
Österreich, Europa und die ganze Welt – immer öfter tritt der Öffentliche<br />
Dienst aus der zweiten Reihe. Und scheut mit seinen Projekten auch<br />
international nicht den Vergleich. REPUBLIK gibt einen Überblick über<br />
die wichtigsten Verwaltungspreise.<br />
EPSA 2009<br />
Was aussieht wie ein unfertiger Zauberwürfel ist eine<br />
Trophäe – und zugleich das Logo des European Public<br />
Sector Awards. Die unvollständige Netzstruktur<br />
symbolisiert das Bestreben, sich ständig weiterzuentwickeln;<br />
die goldene, sternförmige Basis die<br />
bisherigen Teilnehmerländer.<br />
Dem Film – der Oskar. Der Musikindustrie<br />
– der Grammy. Und dem Sport<br />
– der Laureus. Fast inflationär werden<br />
glamouröse Verleihungszeremonien abgehalten,<br />
Statuetten überreicht und Dankesreden<br />
gehalten. Die wirklich anerkannten<br />
Preise stechen dann heraus, wenn – frei<br />
nach dem Grundsatz „Dabeisein ist<br />
alles“ – eine Nominierung schon einer<br />
Auszeichnung gleicht. Auch der Öffentliche<br />
Dienst stellt sich mit seinen Ideen<br />
regelmäßig dem Wettbewerb. „Verwaltungspreise<br />
sind sehr wichtig. Erst durch<br />
den Vergleich mit anderen kann man wissen,<br />
wie gut das eigene Projekt wirklich<br />
ist“, sagt Thomas Prorok vom Vereins KDZ<br />
– Zentrum für Verwaltungsforschung,<br />
der als Experte in der Fachjury des<br />
Österreichischen Verwaltungspreises<br />
sitzt.<br />
Dass sich die heimische Verwaltung<br />
auch international nicht verstecken muss,<br />
32 Oktober <strong>10</strong>
Thema<br />
Auszeichnungen<br />
bestätigen die Erfolge der vorigen Jahre:<br />
2009 gewann das Justizministerium (BMJ)<br />
mit der Verbesserung des Mahnverfahrens<br />
„EU-OPA“ den Europäischen E-Government-Preis.<br />
Die IT-Anwendung kommt<br />
heute bereits in Österreich und Deutschland<br />
zum Einsatz. 2007 gewann das Bundeskanzleramt<br />
(BKA) mit dem digitalen<br />
Projekt „E-Recht“ sogar den begehrten<br />
UN-Public Service Award (UNPSA). Das<br />
neue System beschleunigt die einzelnen<br />
Arbeitsschritte des Gesetzgebungsbzw.<br />
Kundmachungsprozesses und spart<br />
so finanzielle Mittel ein. „Österreich<br />
bekommt relativ viele Auszeichnungen<br />
und hat immer viele gute Bewerbungen“,<br />
sagt Sandra Kastenmeier aus der BKA-<br />
Abteilung III/7 für Verwaltungsreform.<br />
Anlaufstelle: Bundeskanzleramt<br />
Das BKA ist der zentrale Ansprechpartner,<br />
wenn es um Wettbewerbe des<br />
Öffentlichen Dienstes geht: Österreichischer<br />
Verwaltungspreis, European Public<br />
Sector Award (EPSA) oder der weltweite<br />
Vergleich beim UNPSA – im BKA laufen<br />
die Fäden zusammen.<br />
Derzeit steht zum vierten Mal der<br />
Österreichische Verwaltungspreis auf<br />
dem Programm: Noch bis Ende November<br />
kann man Projekte einreichen (s. Interview).<br />
„Wir haben einen hohen Qualitätsanspruch.<br />
Bei Juryauswahl und Experten-<br />
Feedback haben wir uns an anerkannten<br />
Preisen wie dem EPSA orientiert“, sagt<br />
Kastenmeier. So bekam jedes der 86 eingereichten<br />
Projekte des vorigen Calls eine<br />
persönliche Rückmeldung: „Dieses Feedback<br />
ist für diejenigen, die nicht gewinnen,<br />
eine kleine Anerkennung. Das soll<br />
aufzeigen, wo es noch Entwicklungspotenzial<br />
gibt“, sagt Jurymitglied Thomas<br />
Prorok. Mit jeder Ausschreibung legt man<br />
den Schwerpunkt des Verwaltungspreises<br />
neu fest: 2008 standen Themen wie Demografie,<br />
Diversität oder regionale Abwanderung<br />
auf dem Plan. Neun Preise verliehen<br />
die Experten vor zwei Jahren, darunter<br />
auch an das „Mobile Finanzamt“ des BMF,<br />
bei dem man Migranten nach dem Freitagsgebet<br />
in den Moscheen aufsuchte und<br />
in Steuerangelegenheiten betreute. Auch<br />
das umfassende Gender-Projekt der Stadt<br />
Graz, das die Gleichstellung von Mann<br />
und Frau etwa durch gesteuertes Personalcontrolling<br />
oder bewusste Jugendprogramme<br />
vorantreiben soll, bekam beim<br />
vergangenen Call eine Auszeichnung.<br />
Heuer konzentrieren sich die vier Kategorien<br />
hingegen auf Bürgerorientierung.<br />
„Der Fokus wird, je nachdem welche Themen<br />
gerade aktuell sind, gemeinsam mit<br />
dem Ministerbüro entwickelt“, so Kastenmeier.<br />
Eine weitere Neuerung des vierten<br />
Calls ist der effizientere und papiersparende<br />
Weg der Onlinebewerbung, die über<br />
die Website des BKA erfolgt.<br />
Vergleichen und vernetzen<br />
Einer der ältesten länderübergreifenden<br />
Preise war der Speyerer Qualitätswettbewerb,<br />
bei dem sich seit 1992 Projekte<br />
aus Österreich, Deutschland und der<br />
Schweiz messen konnten. 2007 entwickelte<br />
sich daraus der heutige EPSA. Diese<br />
Erweiterung brachte für die Teilnehmer<br />
eine neue Einstiegshürde: Die englische<br />
Sprache. „Das sollte aber genauso wie<br />
die Online-Anmeldung in der heutigen,<br />
globalen Zeit kein Problem darstellen“,<br />
sagt Kastenmeier. Einen Rückgang der<br />
Bewerbungen beobachtet sie nicht. 2009<br />
haben 320 Bewerber aus 27 Ländern für<br />
den EPSA eingereicht, darunter auch 27<br />
Projekte aus Österreich.<br />
Die Bewältigung der Finanzkrise,<br />
der Umgang mit multikulturellen Gesellschaften<br />
oder der Umstieg auf nachhaltige<br />
Energien – gerade in einem vereinten<br />
Europa sehen sich viele Verwaltungen vor<br />
ähnlichen Problemen. Vernetzung und<br />
Wissenstransfer sind beim EPSA deshalb<br />
ebenso wichtig, wie der Gewinn der glänzenden<br />
Trophäe. Die Internetplattform<br />
soll dabei unterstützen. „Die 600 Projekte<br />
in unserer Datenbank sind eine beachtliche<br />
Infoquelle, wenn es darum geht, Probleme<br />
praktisch zu lösen“, erklärt Alexander<br />
Heichlinger, Projektleiter im European<br />
Institute of Public Administration (EIPA).<br />
„Der Vergleich ist<br />
wichtig, um zu<br />
wissen, wie gut das<br />
eigene Projekt ist.“<br />
Thomas Prorok, KDZ<br />
KDZ<br />
Oktober <strong>10</strong> 33
Thema<br />
Auszeichnungen<br />
„In Europa stehen<br />
viele Länder vor<br />
gleichen Problemen –<br />
wir wollen den<br />
Austausch fördern.“<br />
Alexander Heichlinger, EIPA<br />
EIPA<br />
Das unabhängige Institut, dem Vertreter<br />
aus vielen EU-Mitgliedstaaten angehören,<br />
lobt den Preis alle zwei Jahre aus.<br />
Übertragbarkeit und vernetztes Denken<br />
sind bei länderübergreifenden Wettbewerben<br />
essenziell. Jedenfalls reicht es<br />
nicht aus, „nur“ ein erfolgreiches Projekt<br />
vorzustellen. Die Frage, ob sich die eigene<br />
Idee auch auf andere Nationen umlegen<br />
ließe, ist ein weiteres Kriterium. „Beim<br />
Europäischen Mahnverfahren des BMJ hat<br />
das funktioniert: Die Deutschen haben es<br />
übernommen und die Franzosen überlegen<br />
es sich jetzt auch“, sagt Christine Leitner,<br />
die Chefin des Center for European<br />
Public Administration (CEPA) der Donau-<br />
Universität Krems. Seit 2006 organisiert<br />
das Kompetenzzentrum als Lead-Contractor<br />
die European E-Government Awards,<br />
die sich 2003 aus einem Forschungsprojekt<br />
der EU entwickelt haben. „Der Fokus<br />
liegt auf Technologie und Innovation.<br />
Der Preis ist eng an die Zielsetzungen der<br />
europäischen Politik gekoppelt“, so Leitner,<br />
die den Award seit seiner Entstehung<br />
betreut. Eine Konkurrenz sieht sie im<br />
EPSA nicht: „Die Praxis hat gezeigt, dass<br />
nicht dieselben Projekte ausgewählt werden.“<br />
Wer es nach dem dreistufigen Auswahlverfahren<br />
der E-Awards ins Finale<br />
schafft, darf sein Projekt im großen Rahmen<br />
einer E-Government-Konferenz vor<br />
Ort präsentieren.<br />
Auch auf nationaler Ebene gibt es<br />
eine Auszeichnung für innovative IT-<br />
Lösungen: Der Name „Ebiz E-Government-Award“<br />
ist allerdings nicht ganz<br />
treffsicher. Neben Verwaltungsprojekten<br />
können nämlich auch Projekte aus der<br />
Privatwirtschaft mitmachen. Der Report<br />
Verlag schrieb den Preis gemeinsam mit<br />
dem BKA und der Plattform Digitales<br />
Österreich heuer zum sechsten Mal aus.<br />
Aus den bis Ende August eingereichten<br />
I n t e r v i e w<br />
„Weg mit dem verstaubten Image“<br />
Sandra Kastenmeier, Koordinatorin des Österreichischen<br />
Verwaltungspreises, spricht über<br />
die Ziele der heimischen Auszeichnung und den<br />
laufenden vierten Call.<br />
Der Fokus des Österreichischen Verwaltungspreises<br />
verändert sich mit jeder Ausschreibung.<br />
Welche Neuerungen gibt es beim aktuellen<br />
Call?<br />
Wir versuchen die Kategorien jedesmal ein<br />
wenig abzuwandeln. Gemeinsam mit dem<br />
Ministerbüro überlegen wir uns, welche Themen<br />
gerade aktuell sind. Heuer konzentrieren sich die<br />
vier Kategorien stark auf das Thema Bürgerorientierung.<br />
Neu ist außerdem die Onlinebewerbung<br />
über unsere BKA-Website – das ist einfach<br />
zeitgemäß. Da werden nicht mehr Tonnen von<br />
Papier herumgeschickt.<br />
Ursprünglich wurde der heimische Verwaltungspreis<br />
in Kooperation mit der Industriellenvereinigung<br />
und der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich<br />
organisiert, heuer wird er vom BKA<br />
veranstaltet. Wie kam es zu dieser Veränderung?<br />
Die bisherigen Partner und Sponsoren haben<br />
sich in diesem Jahr auf Grund diverser Sparmaßnahmen<br />
zurückgezogen. Da die Nachfrage<br />
nach dem Verwaltungswettbewerb allerdings<br />
so groß war, hat Beamtenministerin Heinisch-<br />
Hosek beschlossen, den Preis fortzuführen. Der<br />
Gewinner bekommt eine Trophäe, es gibt heuer<br />
allerdings kein Preisgeld. Die Auszeichnungen<br />
und Urkunden sind den Teilnehmern aber ohnehin<br />
am wichtigsten.<br />
Warum sollte man am Wettbewerb teilnehmen?<br />
Es ist eine gute Gelegenheit der Öffentlichkeit<br />
zu zeigen, dass unsere Verwaltungen nicht<br />
verstaubt sind, sondern innovative und zukunftsweisende<br />
Ideen haben. Außerdem ist es eine<br />
kostengünstige Möglichkeit des Wissenstransfers<br />
und eine Motivation für die Mitarbeiter.<br />
Wir wollen Verwaltungskooperationen und den<br />
Austausch von Best Practices fördern.<br />
Welche Tipps geben Sie potenziellen<br />
Einreichern?<br />
Innovation ist wichtig, es geht nicht darum, ein<br />
bereits bekanntes Projekt zu kopieren. Und es<br />
ist immer von Vorteil, wenn die Idee nicht mehr<br />
ganz in den Kinderschuhen steckt. Am liebsten<br />
sieht es die Jury, wenn es bereits nachweisbare<br />
Erfolge gibt.<br />
Noch bis zum 30. November können sich alle<br />
Organisationseinheiten des Öffentlichen<br />
Dienstes einschließlich der Eigenbetriebe<br />
und -gesellschaften in den vier Kategorien<br />
Bürgerorientierung, Management von Diversity,<br />
Integration und Gender, Bürgermitwirkung<br />
sowie Bürokratieabbau und Zusammenarbeit<br />
für den Österreichischen Verwaltungspreis<br />
bewerben.<br />
Ansprechpartner: Sandra Kastenmeier im<br />
Bundeskanzleramt, Abteilung Verwaltungsreform,<br />
T (01) 531 15-7435,<br />
E sandra.kastenmeier-krula@bka.gv.at<br />
www.bka.gv.at<br />
„Der Verwaltungspreis ist eine<br />
kostengünstige Möglichkeit<br />
des Wissenstransfers.“<br />
Sandra Kastenmeier, BKA<br />
34 Oktober <strong>10</strong>
Thema<br />
Auszeichnungen<br />
Projekten werden zunächst in jedem Bundesland<br />
die Sieger gekürt, Ende November<br />
steht der bundesweite Gewinner<br />
fest.<br />
Herantasten an die Weltspitze<br />
„Viele versuchen es zunächst auf<br />
nationaler Ebene, dann europaweit und<br />
zuletzt beim globalen Wettbewerb“, sagt<br />
Alexander Heichlinger. Im Unterschied<br />
zu anderen Preisen kann man sich für den<br />
Award der UN – den UNPSA – aber nicht<br />
selbst bewerben. „Die Einreicher müssen<br />
von uns oder von einer anderen Organisation<br />
nominiert werden. Das wurde aus<br />
Gründen der Qualitätssicherung so einge-<br />
richtet“, erklärt Kastenmeier. Eine wirkliche<br />
Hürde stelle dieser Zwischenschritt<br />
aber nicht dar: „Wir nehmen die Anfragen<br />
auf und die Bewerber können uns als<br />
nominierende Stelle angeben.“<br />
Speziell regionale Behörden sollten<br />
sich nicht davon abschrecken lassen, dass<br />
es sich um einen internationalen Preis<br />
handle, betont Adriana Alberti, die beim<br />
UN-Award für die Koordination verantwortlich<br />
ist. „Es geht darum, innovative<br />
Lösungen für andere mit ähnlichen Problemen<br />
aufzuzeigen und zu sammeln.“<br />
Jedes Jahr am 23. Juni, dem UN Public<br />
Service Day, wird die renommierte Auszeichnung<br />
dann verliehen.<br />
A u f e i n e n B l i c k<br />
Internationale<br />
Verwaltungspreise<br />
• EPSA (European Public Service Award):<br />
Noch im Oktober werden die neuen Themen<br />
bekanntgegeben, von Jänner bis März können<br />
sich sämtliche Ebenen der öffentlichen Verwaltung<br />
bewerben; www.eps-award.eu<br />
• European E-Government Awards: Im Herbst<br />
2011 wird der Wettbewerb zum fünften Mal<br />
stattfinden, der genaue Termin für den nächsten<br />
Call steht noch nicht fest;<br />
www.epractice.eu/awards<br />
• UNPSA (United Nations Public Sector Award):<br />
Bis Ende 20<strong>10</strong> läuft die Bewerbungsfrist für den<br />
nächsten UN-Award. Teilnehmer können sich<br />
nicht selbst bewerben, sondern müssen vom<br />
BKA nominiert werden; www.unpan.org<br />
ÖSTERREICHS FACHMESSE FÜR DEN ÖFFENTLICHEN EINKAUF<br />
Messe und Fachtagung<br />
4. November 20<strong>10</strong><br />
9:30–17:00 Uhr<br />
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Mehr als 160 Aussteller aller Produktgruppen<br />
auf über 8000 m 2 erleben.<br />
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Ihrem Vorteil nutzen. Präsentiert im Rahmen<br />
des 2. BBG-Innovationspreises.<br />
Eintritt frei !<br />
Informationen & Anmeldung:<br />
www.bbg.gv.at/nutzenleben
Serie<br />
Ausgegliedert in die Zukunft<br />
Text<br />
Andrea Krieger<br />
Georg Soulek<br />
Quotenhit Faust sorgt für hymnische Kritiken und ausverkaufte Vorstellungen im Burgtheater.<br />
In den Hauptrollen sind Gert Voss als Mephisto (li.) und Tobias Moretti als Faust zu sehen.<br />
Nicht reich, aber anziehend<br />
Das Burgtheater hat eine sensationelle Auslastung und ebensolche Kritiken.<br />
Dennoch ist der Musentempel nicht frei von Geldsorgen. Im Gespräch mit<br />
REPUBLIK erklärt die Finanzchefin des Hauses, Silvia Stantejsky, wie sie diese<br />
auflösen will – und weshalb Fußball manchmal gut für das Geschäft ist.<br />
Schreibtisch, Besprechungstisch,<br />
Regale und basta. Keine luxuriöse Sitzgruppe,<br />
keine Insignien der Macht: Silvia<br />
Stantejskys Büro im Burgtheater wirkt<br />
schlicht. Bescheiden ist auch ihr Ausblick.<br />
Zu sehen ist nicht etwa der Rathausplatz,<br />
sondern eine Tankstelle und<br />
der Parkplatz.<br />
Schlicht mag die für die Finanzen<br />
verantwortliche Co-Chefin des Burgtheaters<br />
auch die Kulissen. „Ein karges Bühnenbild<br />
kann künstlerisch ausgezeichnet<br />
sein“, sagt Stantejsky und verweist<br />
auf eine Inszenierung von Shakespeares<br />
„Sturm“ mit nichts als einem Tisch auf<br />
der Bühne. Dass solche Produktionen<br />
auch billig sind, ist der Schatzkanzlerin<br />
des Hauses nur recht.<br />
Mit der Kasse kann die Finanzleiterin,<br />
die das Burgtheater kennt wie ihre<br />
Westentasche, derzeit aber ohnehin<br />
zufrieden sein. Rappelvoll waren alle<br />
Spielstätten in der vorigen Spielzeit, was<br />
Ticketeinnahmen von fast sechs Millionen<br />
Euro brachte. „Wir haben eine Saison<br />
mit einer fantastischen Auslastung hinter<br />
uns. Fast 90 Prozent gesamt.“<br />
Und das mitten in der Rezession. Die<br />
guten Zahlen gehen auf das Konto des<br />
neuen Direktors: Sein Spielplan kommt<br />
also nicht nur bei den Kritikern, sondern<br />
auch beim Publikum blendend an. „Zum<br />
Einstand von Herrn Hartmann gab es ein<br />
wahres Feuerwerk an Neuproduktionen,<br />
insgesamt 30“, so Stantejsky. „Wir hatten<br />
alle 14 Tage eine Premiere, anfangs sogar<br />
fünf in einer Woche.“ Von den vielen Neuinszenierungen<br />
– und die forciert jeder<br />
Au s g e g l i e d e r t<br />
i n d i e Z u k u n f t<br />
REPUBLIK widmet den aus Bund,<br />
Ländern und Gemeinden ausgegliederten<br />
Unternehmen eine eigene Serie,<br />
die einen Einblick in Geschäftsgebaren,<br />
Erfolg und nicht zuletzt dem Umgang der<br />
Wirtschaftskrise gewähren soll.<br />
36 Oktober <strong>10</strong>
Serie<br />
Ausgegliedert in die Zukunft<br />
neue Intendant – profitieren auch die älteren<br />
Stücke. „Weil das Burgtheater dann in<br />
aller Munde ist und die Neugier des Publikums<br />
auf das ganze Repertoire steigt.“<br />
Sponsorenkrise<br />
Nicht so rosig steht es um die Sponsorengelder.<br />
Krisenbedingt zeigten sich<br />
die Firmen bis vor Kurzem weit weniger<br />
spendabel als sonst. „Unser Höchstwert<br />
lag bei 1,3 Millionen, das ist ziemlich<br />
viel für ein Sprechtheater. Zuletzt war es<br />
gerade einmal die Hälfte“, sagt Stantejsky.<br />
Langsam zeige sich aber wieder Licht am<br />
Horizont. „Durch Sonderprojekte wie die<br />
Junge Burg konnten wir den Werkzeughersteller<br />
Würth und die Bawag PSK als<br />
Sponsoren gewinnen.“<br />
Die Öffentliche Hand lässt für den<br />
Kulturauftrag des Burgtheaters 46 Millionen<br />
jährlich springen. Daneben wirken<br />
selbst 1,3 Millionen relativ bescheiden.<br />
Bei 18 Prozent lag der Eigendeckungsgrad<br />
des Burgtheaters in der Saison 2008/09.<br />
Die Staatsoper bringt es auf 48 Prozent.<br />
Stantejsky sagt dennoch: „18 Prozent sind<br />
für ein Sprechtheater mit dieser Produktivität<br />
und der sozialen und jugendorientierten<br />
Preisstaffelung ein normaler, sogar<br />
ein guter Wert.“<br />
Tatsächlich zeigt sich seit der Ausgliederung<br />
1999 eine Steigerung – allerdings<br />
keine große, wie der Kulturökonom Peter<br />
Tschmuck in seinen Buch „Die Ausgegliederte<br />
Muse“ (Studienverlag 2009) feststellte.<br />
Ausgezahlt habe sich die Ausgliederung<br />
aber für alle Bundestheater. Der<br />
Grund: mehr Effizienz und eine höhere<br />
Produktivität.<br />
Dicker Sparstift<br />
Das Personal – fast 600 Personen werken<br />
am und für das Burgtheater – und die<br />
Pensionen sind mit zwei Drittel der Ausgaben<br />
der mit Abstand größte Kostenfaktor.<br />
Vor allem an die 330 Bühnentechniker<br />
ohne All-in-Verträge wurden in der Vergangenheit<br />
gigantische Summen an Überstunden<br />
ausgezahlt. Damit ist seit einiger<br />
Zeit Schluss. „Flexible Arbeitszeitregelungen<br />
haben zu einem fast vollständigen<br />
Wegfall von Überstunden geführt. Die<br />
Bühnentechniker bekommen jetzt monatlich<br />
das gleiche Gehalt und die Arbeit<br />
kann bedarfsorientiert eingeteilt werden.“<br />
Das Ensemble – derzeit 80 Personen<br />
– ist seit der Ausgliederung um etwa<br />
25 Mitglieder geschrumpft. „Und das,<br />
obwohl heute ständig an vier Bühnen<br />
gespielt wird: Burg, Akademie, Casino am<br />
Schwarzenberg und Vestibül.“ Allerdings<br />
fielen zuletzt wieder mehr Gagen für Gastschauspieler<br />
an. Stantejsky erklärt das mit<br />
den Übernahmen zahlreicher älterer Hartmann-Inszenierungen<br />
aus anderen Theatern<br />
und meint: „Das verringert sich schon<br />
jetzt wieder, wenn diese Stücke abgespielt<br />
sind.“<br />
Einsparungen in anderen Bereichen<br />
ermöglichten das zukunftsträchtige Projekt<br />
„Junge Burg“, das seinerseits wieder<br />
Sponsoren anlockt. Sinn der Sache:<br />
Durch Kinderstücke und Theaterpraktika<br />
für junge Menschen soll frischer Wind in<br />
das altehrwürdige Theater kommen. Der<br />
Nebeneffekt: „Wir binden das junge Publikum<br />
dadurch bereits heute ans Haus“, sagt<br />
die Regisseurin Annette Raffalt, „Junge<br />
Burg“-Leiterin und Hartmanns Schwester.<br />
Willkommene Europameisterschaft<br />
Ein Glücksfall für das Burgtheater war<br />
die Euro 08. Durch das Public Viewing am<br />
Rathausplatz war das Haus in dieser Zeit<br />
unbespielbar und wurde für gutes Geld als<br />
Luxus-Fanzone an die Telekom vermietet.<br />
Mehreinnahmen gibt’s künftig auch<br />
durch teurere Tickets. Die höchste Preisklasse<br />
kostet jetzt 51 statt 48 Euro. „Das<br />
entspricht etwa der Inflation seit der letzten<br />
Preiserhöhung.“<br />
Was dadurch zusammenkommt, reicht<br />
für die dringend notwendige Erneuerung<br />
des Schnürbodens – der Raum über der<br />
Bühne zu Einhängen der Kulissen – im<br />
Burgtheater und der Orchesterhubpodien<br />
– der Platz des Orchesters – im Akademietheater<br />
wohl nicht. Woher das Geld<br />
kommen soll, bereitet Stantejsky deshalb<br />
ein gewisses Kopfzerbrechen „zumal das<br />
Sparpotenzial weitgehend ausgeschöpft<br />
ist“.<br />
Aber selbst wenn noch völlig unklar<br />
ist, wer zahlt, ist eines sicher: „Bis auf<br />
Weiteres geschlossen“ oder „Wegen<br />
Schnürboden keine Aufführungen“ wird<br />
es nicht so bald spielen.<br />
Georg Soulek<br />
„Wir haben eine<br />
Saison mit einer<br />
fantastischen<br />
Auslastung hinter<br />
uns.“<br />
Silvia Stantejsky, Burgtheater<br />
W i s s e n<br />
Burgtheater GmbH<br />
Das Burgtheater wurde unter Kaiserin Maria<br />
Theresia 1741 gegründet und ist das mit 1.200<br />
Sitzplätzen größte deutsche Sprechtheater sowie<br />
eine der bedeutendsten Bühnen Europas.<br />
Seit 1999 ist das Haus am Ring, zu dem auch<br />
die Spielstätten Akademietheater, Casino am<br />
Schwarzenbergplatz und Vestibül ausgegliedert<br />
und eine Gesellschaft mit beschränkter<br />
Haftung unter dem Dach der Bundestheater-<br />
Holding.<br />
600 Leute arbeiten für das Burgtheater, davon<br />
zuletzt 80 fixe Ensemblemitglieder und 35<br />
Gäste. Die Auslastung lag in der ersten Saison<br />
des neuen Intendanten Matthias Hartmann bei<br />
sensationellen 90 Prozent. Hartmann gleichgestellt<br />
ist die kaufmännische Leiterin Silvia<br />
Stantejsky. Ausnahme: Stimmt die Finanzleitung<br />
in einer Angelegenheit nicht zu, kann<br />
sich der künstlerische Geschäftsführer vom<br />
Aufsichtsrat den Sanctus holen.<br />
Die Subventionen betragen mittlerweile<br />
46 Millionen Euro. Extra-Geld gibt es in<br />
dringenden Fällen auch von der Bundestheater-<br />
Holding. 6 Millionen konnten in der letzten<br />
Saison an Eintrittsgeldern verdient werden,<br />
ein Zubrot ermöglichen Gastspiele, Miet- und<br />
Pachteinnahmen, Rundfunk- und Fernsehübertragungen<br />
sowie die Garderobengebühren.<br />
Zuletzt wurde ein ausgeglichenes<br />
Ergebnis erzielt.<br />
Oktober <strong>10</strong> 37
Projekt<br />
Infrastruktur<br />
Text<br />
Christina Leitner<br />
Bitte nicht stören!<br />
Musikfestivals, Strahlenmessung oder die Peilung von Piratensendern –<br />
die Aufgaben der Fernmeldebehörde können im Ernstfall sogar Leben retten.<br />
REPUBLIK wirft einen Blick auf die Arbeit der Spezialisten.<br />
Auch wenn es auf den ersten Blick so wirken mag:<br />
Diese Fahrzeuge sind nicht auf der Suche nach Ufos.<br />
Die Messwägen zur Funküberwachung haben im<br />
Inneren übrigens Spezialequipment, das den Wert<br />
der Autos um ein Vielfaches übersteigt.<br />
„Wenn Sie einen<br />
illegalen Rundfunksender<br />
in<br />
Betrieb nehmen,<br />
klopfen die Experten<br />
nach 20 Minuten<br />
an Ihre Tür.“<br />
Alfred Stratil, BMVIT<br />
: Petra Spiola / RTR<br />
Egal ob Life Ball, Frequency-Festival<br />
oder Skirennen – fast jedes Wochenende<br />
ist die Mannschaft im Einsatz. Die heimischen<br />
Fernmeldebüros sind heuer allein<br />
in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland<br />
bei rund 20 Events vertreten.<br />
Mega-Events mit mehreren TV-Stationen<br />
sind besonders knifflig. Deshalb war auch<br />
das Finale der Euro 2008 selbst für Funk-<br />
Profis spannend, die nichts mit dem runden<br />
Leder anfangen können. Während<br />
man bei anderen Veranstaltungen vorher<br />
abklären kann, welche und wie viele<br />
Fernsehteams vor Ort sind, blieb gerade<br />
diese Frage beim Kick-Spektakel bis<br />
zuletzt unklar. „Jedes drahtlose Mikrofon<br />
und jede Kamera benötigten eine Bewilligung,<br />
damit wir sicherstellen können,<br />
dass sich die Frequenzen nicht gegenseitig<br />
stören“, erklärt Leopold Kanzler, der<br />
Leiter der Funküberwachung Wien. Die<br />
Fernmeldebehörde bündelte zu diesem<br />
Anlass ihre Kräfte: Ein eigener Stand wurde<br />
eingerichtet und an Spieltagen waren<br />
drei bis fünf Personen im Einsatz, um Frequenzen<br />
zu überwachen und unbürokratisch<br />
Bewilligungen auszustellen.<br />
Österreichweit sind 1<strong>10</strong> Mitarbeiter<br />
bei der Funküberwachung beschäftigt.<br />
Jede Landeshauptstadt verfügt über eine<br />
solche Instanz, während man von Wien<br />
aus auch Niederösterreich und das Burgenland<br />
abdeckt. Diese sieben Stationen<br />
sind die Exekutivorgane der Fernmeldebüros<br />
in Wien, Linz, Graz und Innsbruck.<br />
Zu den Aufgaben der technischen Spezialisten<br />
gehört neben der Ortung und Behebung<br />
von Störfällen auch die Kontrolle<br />
des gesamten Frequenzspektrums.<br />
Dies geschieht mit rund 50 Messfahrzeugen,<br />
die Vor-Ort-Messungen ermöglichen,<br />
und 80 Peil- und Empfangsstationen<br />
in ganz Österreich, die den Funkraum<br />
überwachen. „Wenn Sie in Wien in Ihrer<br />
Wohnung einen illegalen Rundfunksender<br />
in Betrieb nehmen, klopfen die Experten<br />
nach 20 Minuten an Ihre Tür“, sagt<br />
Alfred Stratil, Bereichsleiter für Post und<br />
Telekommunikation in der Sektion III des<br />
Infrastrukturministeriums (BMVIT).<br />
Auch Private können sich an die<br />
geschulte Mannschaft wenden. Wenn<br />
etwa ein ferngesteuertes Spielzeugauto<br />
auf Knopfdruck das Garagentor öffnet<br />
oder die Frequenz des neuen Fernsehers<br />
den Amateurfunker stört. Selbst falls<br />
man vermutet, ein Handymast könnte zu<br />
stark strahlen, sind die Spezialisten im<br />
Anmarsch.<br />
24 Stunden im Einsatz<br />
Kritischer als ein krachendes Mikrofon<br />
ist eine Störung des Flugfunks. Für<br />
solche Notfälle ist die größte Dienststelle<br />
am Wiener Krapfenwald rund um die<br />
Uhr besetzt. Beim Donauinselfest wurde<br />
vor einigen Jahren die Frequenz des Flughafens<br />
Schwechat durch ein Radarsignal<br />
gestört. „Das war nicht einfach zu orten,<br />
da wir während der Veranstaltung nicht<br />
mit dem Messwagen das Gelände abfahren<br />
konnten“, erklärt Kanzler. Lokalisiert<br />
werden konnte der Übeltäter – ein mobiles<br />
Radargerät des Bundesheeres – schließlich<br />
von der Reichsbrücke aus.<br />
38 Oktober <strong>10</strong>
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Projekt<br />
Öffentliche Sicherheit<br />
Text<br />
Gertraud Eibl<br />
Forever lost?<br />
777 Personen gelten in Österreich als vermisst. Während viele Abgängige<br />
nach Stunden oder Tagen wieder auftauchen, fehlt von einigen seit Jahren<br />
jede Spur. REPUBLIK hat dem neuen Cold-Case-Team im Bundeskriminalamt<br />
über die Schulter geschaut.<br />
Es ist der Albtraum aller Eltern: Während<br />
die Welt morgens noch heil schien,<br />
verbreitet sich abends Ratlosigkeit. Wo<br />
steckt das Kind bloß? Am Handy antwortet<br />
nur die Mobilbox, auch Freunde und<br />
Lehrer sind besorgt. Plötzlich fehlt jede<br />
Spur.<br />
Spurensuche – damit sind die Experten<br />
des Bundeskriminalamtes (BK) laufend<br />
beschäftigt. „Vor allem zu Schulbeginn<br />
und -ende verzeichnen wir einen<br />
Anstieg an Fällen, wo Jugendliche plötzlich<br />
verschwinden“, sagt Ernst Geiger,<br />
Leiter der Abteilung für Ermittlungen,<br />
Organisierte und Allgemeine Kriminalität<br />
im BK. „Meistens handelt es sich um<br />
ein freiwilliges Verschwinden aus dem<br />
persönlichen Lebensbereich. In der Regel<br />
kehren die Jugendlichen nach Stunden<br />
oder Tagen, manchmal erst nach Monaten<br />
wieder zurück bzw. werden ausfindig<br />
gemacht“, fügt Geiger hinzu. Bis dahin<br />
gäbe es zumeist Zeichen, dass die gesuchte<br />
Person lebt: im Internet, über Kontakte<br />
und über´s Telefon. „Probleme in der<br />
Familie oder in der Schule sowie Beziehungskonflikte<br />
sind häufige Ursachen für<br />
das Ausreißen von Jugendlichen“, sagt<br />
Reinhard Haller, international geschätzter<br />
Experte für Kriminalpsychiatrie. Hinter<br />
dem Verschwinden stecke allerdings nicht<br />
selten der unbewusste Wunsch, erst mal<br />
abzuhauen und dann wieder zurückgeholt<br />
zu werden – in ein besseres Zuhause.<br />
Photos.com<br />
Zurück an den Start<br />
Was aber, wenn vom Vermissten jede<br />
Spur fehlt? „Wenn es gar keine Spuren<br />
gibt, ist das für die Angehörigen extrem<br />
belastend“, sagt der Kriminalpsychiater.<br />
Eine systematische Betreuung der Angehörigen<br />
existiere nicht, von Seiten der<br />
Polizei werde aber Hilfe angeboten und im<br />
Einzelfall gebe es das Angebot einer Psychotherapie.<br />
Während abgängige Jugendliche<br />
meist nach Tagen oder Wochen wie-<br />
40 Oktober <strong>10</strong>
Projekt<br />
Öffentliche Sicherheit<br />
der auftauchen, so zeigt die Erfahrung bei<br />
Kindern: Fehlt nach 48 Stunden immer<br />
noch jede Spur, handelt es sich zu 90 Prozent<br />
um ein Verbrechen. Ein Schreckensszenario<br />
ohne konkrete Hinweise für die<br />
Ermittler und die Angehörigen.<br />
Die fehlenden Ansatzpunkte sind das<br />
eigentliche Problem. In komplizierten<br />
Fällen gibt es weder Hinweise noch Material,<br />
das einer DNA-Analyse zugeführt<br />
werden könnte. Ein solcher Fall ist jener<br />
der seit gut vier Jahren abgängigen Julia<br />
Kührer aus Niederösterreich. Nachdem<br />
im Landeskriminalamt alle erdenklichen<br />
Hinweise abgearbeitet wurden, ermittelt<br />
nun die Cold-Case-Einheit des BK. Ihr<br />
Probebetrieb wurde im Vorjahr aufgenommen,<br />
seit Inkrafttreten der neuen BK-<br />
Geschäftsordnung Anfang dieses Jahres<br />
wurde die Einheit in Geigers Abteilung<br />
eingerichtet. Das vier Mann starke Cold-<br />
Case-Team beschäftigt sich ausschließlich<br />
mit dem „kalten Fall“ Kührer.<br />
„Unsere Einheit hat diesen Fall neu<br />
aufgerollt. Man schaut alle Akten nochmals<br />
an und versucht, neue Ermittlungswege<br />
zu finden“, sagt der Abteilungsleiter.<br />
Weil keine Spurenlage vorhanden<br />
ist, sei der Fall besonders kompliziert.<br />
Eines aber dürfe man nicht vergessen:<br />
Durch den Zeitablauf ändere sich vieles,<br />
eben auch Beziehungen von Menschen.<br />
„Die, die miteinander gut waren, sind es<br />
heute eventuell nicht mehr. Das schafft<br />
Potenzial, an Informationen zu kommen,<br />
die vorher aus gewissen Gründen nicht<br />
gegeben wurden“, verrät Geiger. In der<br />
Kriminalgeschichte habe es einige Fälle<br />
gegeben, wo durch Brüche von Freundschaften<br />
und Beziehungen verfahrensrelevante<br />
Infos ans Licht kamen. Wut und<br />
Rachegedanken sollen im Zeugenverhalten<br />
eine wesentliche Rolle spielen.<br />
Das Spiel mit der Exekutive<br />
Eine große Herausforderung sei übrigens<br />
die Hinweisbewertung. Jeder Hinweis<br />
werde protokolliert, analysiert und<br />
verglichen. „Aus Erfahrung wissen wir,<br />
dass in Kriminalfällen Täter oft die Nähe<br />
zur Polizei suchen und mit ihr kommunizieren.<br />
Das sind Täter, die mit der Polizei<br />
spielen wollen und sich gut fühlen, weil<br />
sie mehr wissen als die Exekutive. Diese<br />
Menschen erfreuen sich daran, Kriminalisten<br />
in die Irre zu führen“, sagt Geiger. So<br />
geschehen im Fall Unterweger, der getarnt<br />
als Journalist bei der Polizei recherchierte.<br />
Neben trivialen Motiven wie der<br />
Suche nach einer neuen Identität oder<br />
einem neuen Leben stecken hinter dem<br />
Verschwinden von Personen leider oft<br />
grausame Verbrechen wie Kindesentführungen,<br />
Sexualdelikte und Mord. „Fast<br />
alle Mordfälle haben zunächst als Vermisstenfälle<br />
begonnen“, so Geiger. Auch<br />
Haller beurteilt die Lage so, dass die problematischste<br />
Gruppe der Abgängigen<br />
jene ist, die Opfer eines Verbrechens werden,<br />
von denen allerdings jede Spur fehlt.<br />
„Für die Angehörigen ist da zunächst eine<br />
große Ungewissheit: In der ersten Phase<br />
– der Rationalisierungsphase – werden<br />
Erklärungen gesucht, später kommen die<br />
Schuldgefühle. Und schließlich bleibt<br />
beim Angehörigen eine tiefe Narbe, mit<br />
der er sich entweder abfindet oder aber in<br />
der chronischen Depressivität lebt“, sagt<br />
Haller weiter. Wichtig sei jedenfalls, dass<br />
die Betroffenen keine Scham haben, Hilfe<br />
zu suchen. Die Ungewissheit ist ein belastender<br />
Faktor. Ein lebensverändernder<br />
noch dazu.<br />
W i s s e n<br />
Vermisste in Österreich<br />
In Österreich sind derzeit 777 Personen als<br />
vermisst gemeldet. Diese Zahl entspricht<br />
einer Momentaufnahme: Viele Vermisste<br />
kommen nach Stunden wieder zurück, neue<br />
Vermisstenmeldungen gehen ein. Der Großteil<br />
der abgängigen Personen sind Jugendliche in<br />
der Altersgruppe zwischen 13 und 18 Jahren.<br />
Eine weitere starke Gruppe sind die 30- bis<br />
35-Jährigen. Eine steigende Tendenz bei den<br />
Vermisstenzahlen wird im Jugendlichenalter<br />
zu Schulbeginn und -ende verzeichnet, im<br />
Sommer sind mehr Menschen abgängig als<br />
im Winter. Die meisten Abgängigen werden<br />
naturgemäß in Städten gemeldet, wobei sich<br />
der Großteil auf Wien konzentriert.<br />
Nach einer Anzeige ermittelt zunächst die<br />
Polizeiinspektion, bei komplizierten Fällen bzw.<br />
sofern ein Verbrechen vermutet wird, geht der<br />
Fall sofort ins Landeskriminalamt. Ist bekannt,<br />
dass sich der Abgängige ins Ausland absetzt,<br />
wird das BKt sowie die Auslandsfahndung über<br />
Interpol oder Europol eingeschaltet und eine<br />
Rückholung aus dem Ausland veranlasst.<br />
„Einige Täter<br />
kommunizieren<br />
mit der Polizei.“<br />
Ernst Geiger, BK<br />
BMI<br />
Oktober <strong>10</strong> 41
Projekte<br />
Kooperationen<br />
Text<br />
Ursula Horvath<br />
Berggipfel zu vermieten<br />
Almen, Friedhöfe und Autobahnbrücken: Ausgefallene Locations sind<br />
die Butter auf dem Brot von Filmindustrie und Werbeagenturen. ÖBB, BIG,<br />
Asfinag und Bundesforste haben sich nun zusammengetan, um ihre Schätze<br />
im großen Stil zu vermarkten.<br />
ÖBf<br />
Selbst Nicolas Cage (li.) und Ron Perlman (re.) haben die Dienste von ScAut schon in Anspruch genommen:<br />
Der Hollywoodfilm „Season of the Witch“ wurde teilweise am Loser im Ausseerland gedreht und soll 2011 in die Kinos kommen.<br />
Auch in diesem Sommer hat für viele<br />
der wohlverdiente Urlaub mit einem Stau<br />
auf der Autobahn begonnen. Doch was<br />
die einen ärgert, ist für andere ein gutes<br />
Geschäft: Für die sechs stärksten Stau-<br />
Wochenenden hat die Asfinag in diesem<br />
Jahr einen Promotion-Kunden gefunden.<br />
Ein nahe gelegenes Einkaufszentrum hat<br />
die Blockabfertigung vor dem Tauerntunnel<br />
dazu benutzt, um seine Werbebotschaften<br />
unter die Leute zu bringen.<br />
Doch ungewöhnliche Orte für Promotions<br />
sind nur eine Möglichkeit, um<br />
ScAut zu nutzen: In der Ramsau fanden<br />
z.B. Dreharbeiten zur TV-Serie „Die<br />
Bergwacht“ statt. Und auch der neue<br />
Hollywoodstreifen „Season of the Witch”<br />
spielt vor österreichischer Naturkulisse.<br />
In der Online-Datenbank befinden<br />
sich rund 1.000 Film-, Foto-, Event- und<br />
Werbe-Locations: Die Asfinag hat Autobahnen,<br />
Straßen und Brücken in Angebot.<br />
Die BIG vermietet nicht nur Schulen,<br />
Universitäten und Palais sondern auch<br />
den Zentralfriedhof in Graz oder ein<br />
ehemaliges Gefangenenhaus in Oberösterreich.<br />
Die ÖBB stellen Bahnhöfe,<br />
Züge und Schienen zur Verfügung.<br />
Wälder, Wiesen und Berge, aber auch<br />
Höhlen und Wasserfälle kommen von den<br />
ÖBf.<br />
Die Koordination liegt zwar bei den<br />
ÖBB, aber alle vier sind gleichberechtigte<br />
Partner. „Wir waren alle immer wieder<br />
mit Anfragen konfrontiert, weil viele<br />
Unternehmen solche Locations suchen.<br />
Mit ScAut ist erstmals eine Kooperation<br />
dieser vier so unterschiedlichen Unternehmen<br />
gelungen“, sagt Birgit Bernauer,<br />
Projektleiterin bei den ÖBf. „Wir schaffen<br />
damit ein Gesamtangebot für die Kreativwirtschaft,<br />
das in dieser Breite völlig neu<br />
ist. In ganz Europa konnten wir kein vergleichbares<br />
Konzept finden.“<br />
Ein Leistungspaket für Produzenten<br />
und Agenturen bieten die ÖBf auch mit<br />
„Wild.Media“. Die hauseigene Agentur<br />
bietet ebenfalls Naturschauplätze für<br />
Dreharbeiten und Events. Ein Konkurrenzprodukt?<br />
„Nein, auf keinen Fall.<br />
ScAut ist eine Infoplattform. Die Abwicklung<br />
macht jedes Unternehmen selbst. Bei<br />
den Bundesforsten läuft die eben über<br />
Wild.Media“, so Bernauer.<br />
Steigende Nachfrage<br />
Offenbar ist ScAut gut angelaufen,<br />
allein bei den ÖBB wurden seit dem Start<br />
im Juni zehn Projekte abgewickelt. „Wir<br />
haben viele Zugriffe aus Österreich aber<br />
auch internationale Interessenten – etwa<br />
aus England oder den USA. Und es treten<br />
immer mehr andere österreichische<br />
Unternehmen an uns heran, die ihr Location-Portfolio<br />
auch auf ScAut präsentieren<br />
wollen“, erklärt Lina Bindoni vom<br />
ÖBB-Werbecenter. Wie viel die vier beteiligten<br />
Unternehmen mit der Vermietung<br />
von außergewöhnlichen Orten pro Jahr<br />
verdienen können, sei aber noch nicht<br />
abzuschätzen, so Bindoni: „Wir befinden<br />
uns noch in der Startphase.“<br />
42 Oktober <strong>10</strong>
Text<br />
Gudrun Haigermoser<br />
Projekte<br />
Entwicklungszusammenarbeit<br />
Nicht für die Fisch´<br />
Viele afrikanische Seen haben mit wasserökologischen Problemen zu<br />
kämpfen. Die lokale Bevölkerung kann die wichtige Ressource deshalb<br />
nicht nützen. Ein österreichisches Förderprogramm will nun bei der<br />
Lösung unterstützen.<br />
Tiefgrün erscheint das Wasser des<br />
Turkana-Sees in Kenia, dessen nördlichster<br />
Teil bis nach Äthiopien reicht. Verantwortlich<br />
für diese spezielle Färbung sind<br />
Algen, die auch als Nahrung für die große<br />
Fischpopulation dienen. Durch den starken<br />
Parasitenbefall der Fische kann dieser<br />
Reichtum jedoch von der Bevölkerung<br />
nicht genutzt werden. Michael Schagerl<br />
ist Algenforscher am Department für Limnologie,<br />
dem Institut zur ökologischen<br />
Erforschung von Binnengewässern an der<br />
Uni Wien. Er möchte mit Kollegen vor Ort<br />
die Ursachen erforschen und Lösungen<br />
finden. Bei der Finanzierung seiner Vorhaben<br />
unterstützt ihn ein neues Programm<br />
der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Das Austrian Partnership<br />
Programme in Higher Education and<br />
Research for Development – kurz Appear<br />
– fördert erstmals strategische Kooperationen<br />
zwischen heimischen Hochschulen<br />
und Bildungsinstituten im Süden.<br />
„In unserer Einreichung haben wir<br />
Forschungsarbeiten zu unterschiedlichen<br />
wasserökologischen Problemen zusammengefasst.<br />
Das Besondere daran ist, dass<br />
Unis in Kenia und Äthiopien involviert<br />
sind. Es ist wichtig, dass diese Länder sich<br />
durch Wissensaustausch unterstützen“,<br />
erklärt Schagerl. Michael Hauser, Direktor<br />
des Center of Development Research<br />
(CDR) an der Boku Wien, hat gemeinsam<br />
mit Kollegen insgesamt drei Projekte eingereicht:<br />
„Es geht uns dabei um die Praxisrelevanz<br />
von Wissenschaft und Forschung:<br />
Wir wollen zur Brücke werden<br />
zwischen dem, was die Theorie bieten<br />
kann, und dem, was die Praxis braucht.“<br />
Für Gertraud Findl, Referentin für Bildung<br />
und Wissenschaft in der Austrian<br />
Development Agency (ADA), sind die akademische<br />
Bildung und die Forschung von<br />
zentraler Bedeutung für die Entwicklung<br />
eines Landes. „Wir wollen mit Appear<br />
Parasiten machen die Nutzung des Fischbestandes im<br />
Turkana-See, dem größten Binnengewässer Kenias,<br />
unmöglich. Forschungsarbeiten aus Österreich sollen<br />
nun bei der Problemlösung helfen.<br />
eine Qualitätsverbesserung erreichen und<br />
gute Partnerschaften herstellen. Neben<br />
den Partnerländern wollen wir auch die<br />
österreichischen Unis weiterbringen.“ Die<br />
Zusammenarbeit solle in jedem Fall eine<br />
nachhaltige Wirkung haben, der Effekt<br />
solle nicht bei Ende des Projektes verpuffen.<br />
Der Wunsch nach Langfristigkeit<br />
Der langfristige Anspruch ist allen<br />
Seiten gemeinsam. „Wir sind von Drei-<br />
Jahres-Zyklen getrieben. Eine haltbare<br />
Partnerschaft entsteht aber nicht von heute<br />
auf morgen,“ sagt Hauser. Er sieht noch<br />
eine zusätzliche Chance: „Ich wünsche<br />
mir, dass wir internationaler werden und<br />
die Einbahnstraße aufheben.“ In dieselbe<br />
Richtung argumentiert auch Elke Stinnig<br />
von Appear: „Generell möchte ich, dass<br />
das Programm weiterläuft. Wenn es um<br />
nachhaltige Hochschulkooperationen<br />
geht, braucht es mehr Zeit.“<br />
„Wissenschaft<br />
stärkt Entwicklung.“<br />
Gertraud Findl, ADA<br />
ADA / Lachica<br />
h i n t e r g r u n d<br />
Appear und ADA<br />
Initiator von Appear ist die Austrian Development<br />
Agency (ADA), die Agentur der<br />
Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit<br />
(OEZA). Die Durchführung übernehmen<br />
der Austauschdienst (OeAD) und das<br />
Lateinamerika-Institut (LAI). Das Programm ist<br />
für drei Jahre (Ende 2009 bis Ende 2012) mit ca.<br />
sechs Millionen Euro dotiert, eine Verlängerung<br />
ist möglich. Die Anzahl der Projekte ist nicht<br />
fixiert, nur die maximale Fördersumme. Bei<br />
zwei Partnern beträgt diese 50.000 bis 90.000<br />
Euro pro Jahr, mit mehreren Partnern sind max.<br />
130.000 Euro pro Jahr möglich.<br />
Oktober <strong>10</strong> 43<br />
Schagerl
Service & Info<br />
Auszeichnungen<br />
Rampenlicht für Inspirationskraft<br />
EEA<br />
Nobert Kailer (re.) vom Linzer Institut für Unternehmensgründung<br />
und -entwicklung erhielt einen EEA<br />
im Jahr 20<strong>10</strong>. Antonio Tajani (li., EU-Kommissar für<br />
Unternehmen und Industrie) und Jury-Mitglied Andrea<br />
Benassi (UEAPME) gratulieren.<br />
Welche Rolle spielt der öffentliche<br />
Sektor als Motor unternehmerischen<br />
Handelns? Wie können Unternehmen im<br />
regionalen Raum optimal gefördert werden?<br />
Im Rahmen des European Enterprise<br />
Award (EEA) stellt die EU-Generaldirektion<br />
für Unternehmen und Industrie<br />
diese Fragen heuer zum fünften Mal. Zur<br />
Teilnahme eingeladen sind Gebietskörperschaften<br />
wie Gemeinde oder Städte,<br />
aber auch öffentlich-private Partnerschaften.<br />
Einreichen kann man noch bis zum<br />
29. Oktober in fünf Kategorien. Der Große<br />
Preis der Jury erhält schließlich der Kandidat,<br />
dessen Initiative als „diejenige mit<br />
der größten Kreativität und Inspirationskraft<br />
in Europa angesehen wird“, wie es<br />
in einer Aussendung heißt. Ein EEA ging<br />
im Jahr 20<strong>10</strong> bereits an Österreich: Das<br />
Institut für Unternehmensgründung und<br />
Unternehmensentwicklung der Johannes<br />
Kepler Universität siegte in der Kategorie<br />
„Förderung des Unternehmergeistes“.<br />
Das Institut entwickelte ein Projekt zum<br />
„Selbständig-Werden in der Kreativwirtschaft“<br />
und will damit vorrangig Künstler<br />
unterstützen.<br />
i n f o<br />
European Enterprise Awards 2011<br />
Kontakt und Information:<br />
Wirtschaftsministerium, Michael Unterrainer<br />
T (01) 711 00-5022<br />
E Post@I6bmwfj.gv.at<br />
Einreichschluss: 29.<strong>10</strong>.20<strong>10</strong><br />
Burgenländer ist EU-Bürgermeister<br />
Peter Vargyas hat es geschafft: Er ist ab<br />
sofort „Österreichs EU-Bürgermeister des<br />
Jahres 2011“.Vargyas ist seit 2002 Bürgermeister<br />
der Gemeinde Mörbisch. Bei seiner<br />
Wahl war er mit 27 Jahren der jüngste<br />
Ortschef Österreichs. Der heute 36-Jährige<br />
setzte sich gegen 167 weitere Kandidaten<br />
durch. Diese mussten ihr Wissen zuerst in<br />
einem kniffligen Europaquiz unter Beweis<br />
stellen. Unter den Besten wurden drei<br />
Finalisten ausgelost. Alle drei präsentierten<br />
bei der sechsten Konferenz für Regionen<br />
und Städte am 20. September in Salzburg<br />
ihre Ideen, die sie in einem „Europaprofil“<br />
zusammengefasst hatten. Vargyas<br />
konnte u.a. mit zwei Interreg-Projekten,<br />
einer Partnerschaft mit einer rumänischen<br />
Großstadt und einem Sozialprojekt in<br />
einer rumänischen Kleinregion punkten.<br />
Vargyas: „Es ist eine tolle Geschichte,<br />
wenn man so lange arbeitet daran, dass<br />
man einmal sagen kann, was man alles<br />
gemacht hat.“ Im Dezember soll der neue<br />
EU-Bürgermeister mit einer Delegation<br />
nach Brüssel reisen, um dort die Europaprojekte<br />
von Mörbisch vorzustellen.<br />
Gemeindebundpräsident Mödlhammer (li.) und<br />
EU-Kommissar Hahn (re.) überreichen Peter Vargyas<br />
die begehrte Urkunde.<br />
Gemeindebund<br />
Auszeichnung für nachhaltige Mobilität<br />
Der Mobilitätspreis des Verkehrsclub<br />
Österreich (VCÖ) ist vergeben. 253 Innovationen<br />
stellten sich dem Wettbewerb<br />
für nachhaltige Mobilität. Die Preisverleihung<br />
fand am 23. September unter<br />
Anwesenheit von Verkehrsministerin<br />
Bures, Umweltminister Berlakovich und<br />
VCÖ-Geschäftsführer Nowak in der RZB<br />
statt. Am besten wurde der „Energieausweis<br />
für Siedlungen“ von der 17-köpfigen<br />
Jury bewertet: Der von Emrich Consulting<br />
in Kooperation mit dem Land NÖ entwickelte<br />
Ausweis beurteilt die Energiebilanz<br />
nicht nur anhand der wärmetechnischen<br />
Eigenschaften der Häuser, sondern<br />
berücksichtigt auch den Öffentlichen Verkehr<br />
oder Fuß- und Radwege.<br />
25 Gemeinden in Niederösterreich<br />
nutzen den Ausweis. In der Kategorie<br />
„Gebietskörperschaften“ gewann das<br />
„Plan-b Mobilitätsmanagement“ der<br />
Gemeinden Bregenz, Hard, Kennelbach,<br />
Lauterach, Schwarzach und Wolfurt.<br />
Dabei erhielten ein Monat lang alle, die<br />
zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln einkauften, einen<br />
Glückspunkt in einem Sammelpass. Alle<br />
vollen Sammelpässe nahmen an einer<br />
Verlosung teil. In der Kategorie „Öffentlicher<br />
Verkehr“ siegte die Wipptal S-Bahn:<br />
Klimatisierte Niederflurbahnen verbinden<br />
seit 2008 Innsbruck und Steinach im<br />
30-Minuten-Takt, zwischen Innsbruck<br />
und Brenner fährt der Zug im Stundentakt.<br />
2009 erreichte man auf dieser Strecke<br />
ein Plus von 70.000 Fahrgästen.<br />
44 Oktober <strong>10</strong>
Service & Info<br />
Ausstellung<br />
Hohlkreuz für den Papst<br />
120 Zeichnungen von Michelangelo sind in der Wiener Albertina zu<br />
sehen. Sie stehen für die übermenschliche Schöpferkraft des italienischen<br />
Ausnahmekünstlers.<br />
Wie sich Michelangelo Buonarroti<br />
wohl gefühlt haben mag, als er die Fresken<br />
der Sixtinischen Kapelle malte? Diese<br />
spezielle Aufgabe erforderte, dass er mit<br />
dem Kopf nach hinten gebeugt arbeitete.<br />
Eine recht unglückliche Stellung. Vor<br />
allem wenn man bedenkt, dass die Fertigstellung<br />
selbst heute unter das Label<br />
„Megaprojekt“ laufen würde und über<br />
vier Jahre dauerte. Papst Julius II wollte<br />
zu Beginn „nur“ die Darstellung der zwölf<br />
Apostel. Michelangelo hatte aber eine<br />
andere Vision. Der Schaffens- und Perfektionsdrang<br />
des italienischen Malergenies<br />
artete aber bald aus: Mehrere hundert<br />
Figuren sind es schließlich geworden, die<br />
Szenen der Genesis darstellen.<br />
Unbändige Kraft<br />
Die Albertina zeigt nun in einer großen<br />
Schau Werke von Michelangelo, der<br />
trotz der ungesunden Arbeitshaltung<br />
über 88 Jahre alt wurde. Die 120 Zeichnungen<br />
kommen aus eigenen Beständen,<br />
bedeutenden europäischen und amerikanischen<br />
Museen – den Uffizien und der<br />
Casa Buonarroti in Florenz, dem Louvre<br />
in Paris oder dem Metropolitan Museum<br />
in New York – und aus Privatbesitz. Die<br />
Auswahl der Werke konzentriert sich auf<br />
die figürlichen Zeichnungen, in denen<br />
der Künstler Körper von unbändiger Kraft<br />
und Energie zeigt, die das tiefe seelische<br />
Empfinden und die inneren Spannungen<br />
seiner Gestalten sichtbar machen. Drei<br />
Jahre hat die Vorbereitung der Ausstellung<br />
unter der Leitung von Kurator Achim<br />
Gnann in Anspruch genommen.<br />
Madonna mit Kind; 1520 bis 1525; schwarze und rote Kreide<br />
Casa Buonarroti Florenz<br />
Schweiß als Gefahr<br />
In Rom denkt man derzeit an andere<br />
Dinge, wie im September das Vatikanische<br />
Hausblatt „L’Osservatore Romano“<br />
meldete: Der Direktor der Vatikanischen<br />
Museen, Antonio Paolucci, klagt über<br />
die Menschenmassen, die tagtäglich in<br />
die Sixtinische Kapelle strömen. Bis<br />
zu 25.000 Besucher pro Tag, viereinhalb<br />
Millionen Menschen im Jahr, sollen es<br />
sein. Staub und die Feuchtigkeit, die<br />
durch Schweiß und Atemluft entsteht,<br />
seien eine ernsthafte Gefahr für die<br />
Gemälde.<br />
i n f o<br />
„Michelangelo. Zeichnungen eines Genies“<br />
Dauer: bis 9. Jänner 2011<br />
täglich <strong>10</strong>:00 bis 19:00 Uhr,<br />
Mittwoch <strong>10</strong>:00 bis 21:00 Uhr<br />
Ort: Albertina,<br />
Basteihalle, Albertinaplatz 1, <strong>10</strong><strong>10</strong> Wien<br />
www.albertina.at<br />
Oktober <strong>10</strong> 45
Beschaffung<br />
Telefonie<br />
Text<br />
Gudrun Haigermoser<br />
Keine Angst vor Datenklau<br />
Smartphones sind die Zukunft der Mobiltelefonie. Unkompliziert lassen<br />
sich so Daten zwischen Laptop und Handy hin- und herschicken. Doch was<br />
bedeutet das für die Sicherheit? REPUBLIK hat sich bei Experten umgehört.<br />
immer noch der Verlust des Gerätes: „Wir<br />
empfehlen bekannte Vorsichtsmaßnahmen<br />
wie das Setzen eines PIN-Codes und<br />
das Handy-nicht-aus-der-Hand-Geben.<br />
Wer tatsächlich einen gezielten Angriff<br />
vermutet, kann eine über die Hersteller<br />
erhältliche Verschlüsselungssoftware einsetzen.“<br />
Photos.com<br />
Mobilfunkbetreiber entwarnen: Die Datenübertragung<br />
via Smartphone hat wenig Angriffsfläche für<br />
Phishing-Attacken. Auch in vielen Ministerien setzt<br />
man die Mobiltelefone mittlerweile ein.<br />
Die Sicherheitsdiskussion bewegt sich<br />
auf zwei Ebenen. Zum einen hatte die EU-<br />
Kommission Probleme mit den Blackberrys<br />
von Research in Motion (RIM).<br />
Da der Datenverkehr über eigene Server<br />
im Ausland läuft, fielen die Kanadier bei<br />
der Evaluation für rund 32.000 EU-Mitarbeiter<br />
raus. Zum anderen sind die Geräte<br />
an sich im Visier der Angreifer: Denn je<br />
mehr ein Handy kann, desto größer ist die<br />
Angriffsfläche. Das Computermagazin c´t<br />
warnte deshalb kürzlich vor versteckten<br />
Funktionen in den Zusatzprogrammen<br />
(Apps) und vor ungesichertem Datenübertrag.<br />
Das Abhören von Gesprächen,<br />
das Stehlen von Bank-Zugangsdaten,<br />
das Einschleusen von Trojanern und die<br />
Standortbestimmung sind nur einige der<br />
Spionagemöglichkeiten. Schadprogramme<br />
gelangen z.B. per Bluetooth, MMS,<br />
E-Mail oder via Download in das Handy.<br />
Was ist dran an diesen Vorwürfen?<br />
Sicherheit liegt in den<br />
Händen der Benutzer<br />
„Smartphones sind sehr sicher. Für<br />
Unsicherheit sorgen die Nutzer selbst,<br />
indem sie sich schädliche Software downloaden“,<br />
sagt Petra Jakob von Orange. Für<br />
Werner Reiter von A1 ist das größte Risiko<br />
Der Boom ist nicht aufzuhalten<br />
Bis 2015 werden 60 Prozent aller<br />
benützten Mobiltelefone „smart“ sein.<br />
„Smartphones der neuesten Generation<br />
bieten ähnlich hohe Rechnerleistungen<br />
und ausgezeichnete Vernetzungsmöglichkeiten<br />
wie Laptops und Netbooks. Man<br />
kann damit praktisch von überall auf der<br />
Welt auf die eigenen Daten zugreifen“,<br />
sag Leopold Szemeliker, Pressesprecher<br />
des Bundeskanzlers. Aber diese hohe<br />
Mobilität habe auch Nachteile: „Gerade<br />
auf dem Gebiet der Sicherheit haben bis<br />
dato nur wenige Hersteller vollkommen<br />
durchdachte Sicherheitskonzepte auf<br />
den Markt gebracht. Wir setzen daher auf<br />
eine etablierte und sichere Lösung und<br />
den Einsatz von Blackberry-Modellen.<br />
Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen werden<br />
aber keine nach den Sicherheitskriterien<br />
klassifizierte Daten übermittelt und<br />
verarbeitet.“ Das BKA betreibt sogar eine<br />
eigene Infrastruktur für die Verwaltung im<br />
Haus: „Die Daten am Smartphone werden<br />
verschlüsselt und die Zugangskennung<br />
unterliegt einer zentral gesteuerten Policy.“<br />
Je nach dienstlicher Notwendigkeit<br />
sehe das Profil eines Benutzers anders aus.<br />
Ute Axmann vom Verteidigungsministerium<br />
(BMLVS) gibt an, dass in ihrem Ressort<br />
nur ein ausgewählter Personenkreis<br />
über Smartphones verfüge. Alle Geräte<br />
werden regelmäßig sicherheitstechnisch<br />
überprüft. Keine Angst vor Datenklau hat<br />
Rudolf Gollia vom Innenministerium.<br />
Man verzichte aber dennoch auf Blackberrys<br />
im BMI, da die Daten nicht über einen<br />
heimischen Netzanbieter laufen.<br />
46 Oktober <strong>10</strong>
Text<br />
Bundesbeschaffungs GmbH<br />
Beschaffung<br />
Grünraumbewirtschaftung<br />
Die Idylle gibt’s nicht gratis<br />
Die Grünraumbewirtschaftung gehört zu den arbeitsintensivsten<br />
Aufgaben der Öffentlichen Hand.<br />
Redtenbacher<br />
K o m m e n ta r C l e m e n s K u n k e l<br />
Mobil im Büro<br />
Eine moderne Voiceover-IP-Anlage<br />
eröffnet<br />
auch abseits des<br />
Büroarbeitsplatzes<br />
ungeahnte Möglichkeiten.<br />
Mitarbeiter<br />
der Bundesbeschaffung<br />
haben sechs<br />
Monate lang die<br />
Vor- und Nachteile<br />
von Heimarbeit und mobilem Arbeiten getestet.<br />
Photos.com<br />
Rasenmähen, Baumschnitt, Laubaufnahme<br />
– die Öffentliche Hand ist nicht<br />
nur der größte Grundeigentümer des<br />
Landes, sie muss auch für Sicherheit auf<br />
allen Verkehrsflächen sorgen. Die 2.357<br />
Gemeinden, die Asfinag, die Bundesforste,<br />
die Bundesgärten, das Bundesheer<br />
oder viele Schulen können ein Lied davon<br />
singen. Um die Öffentlichen Stellen optimal<br />
zu unterstützen, bietet die Bundesbeschaffung<br />
eine breite Palette an landund<br />
forstwirtschaftlichen Geräten. Der<br />
Einkaufsdienstleister der <strong>Republik</strong> hat<br />
mit drei Lieferanten (Jelinek Maschinen,<br />
Raiffeisen Ware Austria und EZ Agrar)<br />
Verträge geschlossen, um für alle Produkte<br />
den besten Preis bieten zu können.<br />
Neben Kettensägen, benzinbetriebenen<br />
Trennschleifern sowie Erdbohrern sind<br />
mobile Seilwinden, Stromerzeuger, aber<br />
auch Handwerkzeuge wie Äxte, Keile und<br />
andere Forstwerkzeuge verfügbar. Über<br />
die Vertragspartner können Produkte der<br />
Hersteller Stihl, Husqvarna, Dolmar, Jonsered,<br />
Geko, Offner, Müller und Sonneck<br />
bezogen werden.<br />
Aber manchmal ist auch schweres<br />
Gerät gefragt. Auch hier erfüllt die Einkaufsgesellschaft<br />
alle Wünsche. Zu den<br />
bewährten Verträgen für Traktoren (von<br />
Steyr und Kubota), LKW und Geräteträger<br />
(Unimog, Iveco und MAN) gesellt sich<br />
Ende Oktober eine Rahmenvereinbarung<br />
für Kompaktgeräteträger. In acht Kategorien<br />
werden Geräteträger in verschiedenen<br />
Größenklassen, Multifunktionstransporter<br />
und Hangmähgeräte gelistet. Damit<br />
sind von der Grünpflege über Straßenreinigung<br />
bis zum Winterdienst alle öffentlichen<br />
Aufgabenbereiche abgedeckt.<br />
Die Bundesbeschaffung plant aber<br />
auch eine eigene Ausschreibung für<br />
Grünräumdienste. Der Leistungsbeginn<br />
ist für die nächste Grünräumsaison vorgesehen.<br />
Mit der Rahmenvereinbarung sollen<br />
folgende Leistungen abgedeckt werden:<br />
Rasenpflege (Schnitt, Vertikutieren,<br />
Düngen, Nachsaat, Unkrautbekämpfung),<br />
Baumaufnahme und -pflege, Bewässerung,<br />
Strauch und Heckenschnitt sowie<br />
Pflanzenschutz und Schädlingsbekämpfung.<br />
Bei Interesse wenden Sie sich an die<br />
BBG.<br />
i n f o<br />
E facility@bbg.gv.at<br />
Dabei hat sich gezeigt, dass die technischen<br />
Möglichkeiten inzwischen weit fortgeschritten<br />
und alltagstauglich sind. Mit Laptop und Handy<br />
haben die Mitarbeiter nicht nur rund um<br />
den Globus Zugriff auf ihre E-Mails, Termine<br />
und die gemeinsame Dateiablage. Sie können<br />
sich auch vollwertig in die Telefonanlage<br />
einklinken, sodass ein Anrufer nicht erkennen<br />
kann, ob der BBG-Mitarbeiter gerade in Wien<br />
oder z.B. in Dürnstein sitzt.<br />
In puncto Produktivität gibt es damit kaum<br />
noch Unterschiede zwischen Heimarbeit und<br />
Arbeit im Büro – für konzentrierte Arbeiten<br />
kann sogar die Heimarbeit vorzuziehen sein.<br />
Im Pilotbetrieb haben sich aber auch die<br />
Herausforderungen gezeigt:<br />
• Soziale Interaktion und informelle Kommunikation<br />
sind wesentlich für die Produktivität<br />
von Mitarbeitern. Mindestens einen Tag pro<br />
Woche sollte deshalb jeder im Büro verbringen.<br />
• Führungskräfte müssen lernen, die Leistung<br />
ihrer Mitarbeiter an Ergebnissen und nicht an<br />
der Arbeitszeit zu messen.<br />
• Heimarbeiter haben nach wie vor ein<br />
Akzeptanzproblem – nicht nur bei Vorgesetzten,<br />
sondern auch bei Kollegen. Hier ist ein<br />
Kulturwandel nötig.<br />
Heimarbeit ist deshalb heutzutage weniger<br />
eine technische, sondern eine organisatorische<br />
Herausforderung. Sie anzugehen, lohnt<br />
sich aber für Arbeitgeber und Arbeitnehmer:<br />
Mehr Kundennähe, weniger Mietkosten für<br />
Büroflächen und zufriedenere Mitarbeiter sind<br />
das Resultat.<br />
Clemens Kunkel ist CIO der Bundesbeschaffung<br />
GmbH.<br />
office@bbg.gv.at<br />
Oktober <strong>10</strong> 47
DAS GROSSE PLUS<br />
Vorteile Addieren<br />
mit volvo trucks<br />
Volvo Trucks stehen für hochwertige Verarbeitung,<br />
innovative Antriebs- und Sicherheitstechnologien<br />
und enorme Vielfalt. Sie sind langlebig,<br />
komfortabel und äußerst wirtschaftlich – und sie<br />
lassen sich dank großer Auswahl an Radständen,<br />
Achsformeln, Fahrerhäusern, Motoren und<br />
Getrieben optimal an individuelle Einsatzbedingungen<br />
anpassen. Viele Vorteile also, die sich<br />
zu einem großen Plus für Kommunen und Gemeinden<br />
addieren. In der Summe ihrer Eigenschaften<br />
sind Volvo Trucks einfach unschlagbar.<br />
VolVo Trucks. DrIVING ProGress<br />
www.volvotrucks.at
Text<br />
Gertraud Eibl<br />
Beschaffung<br />
Spezial<br />
Darf’s ein bisserl billiger sein?<br />
Mit der Gründung der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) wurde der<br />
Einkauf der Öffentlichen Hand zentralisiert. Lieferanten und Kunden treffen auf<br />
der BBG-Messe am 4. November aufeinander. REPUBLIK hat sich im Vorfeld<br />
umgehört, welche Entwicklungstrends die öffentliche Beschaffung dominieren.<br />
Die BBG-Messe im Jahr 2009 konzentrierte sich auf IT-Dienstleistungen. Heuer hat die Veranstaltung einen breiteren Fokus: 175 Aussteller –<br />
vom Bürobedarf bis zu medizinischen Geräten – präsentieren am 4.11. in der Messe Wien ihre Lösungen für die Öffentliche Hand.<br />
Wenn vom Fruchtsaft-Hersteller bis<br />
hin zum Software-Entwickler alles vertreten<br />
ist, verspricht das ein dynamisches<br />
Ambiente: Mit dem Titel „Nutzen.Leben<br />
20<strong>10</strong>“ geht die Messe der BBG in die vierte<br />
Runde. Und zwar in großem Stil in der<br />
Messe Wien. Während die BBG-Kunden<br />
ansonsten eher per E-Shop mit Lieferanten<br />
in Kontakt treten, steht man sich hier<br />
von Angesicht zu Angesicht gegenüber.<br />
Nicht die Messerabatte, sondern das breite<br />
Angebotsspektrum und Gespräche über<br />
aktuelle Tendenzen stünden dann im<br />
Vordergrund, meint BBG-Geschäftsführer<br />
Andreas Nemec. (Details zur Messe s.<br />
Kasten auf Seite 50)<br />
Ob Kopierpapier oder PC, Energie<br />
oder Reinigungsdienste: Wenn es um<br />
den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen<br />
für die Öffentliche Hand geht,<br />
ist die BBG gefragt. Denn mit ihrer Gründung<br />
im Jahr 2001 ist ihr Auftrag gesetzlich<br />
verankert. Während sich zuvor jedes<br />
Ministerium selbst um Ausschreibungen<br />
und Preisvergleiche kümmern musste, tut<br />
dies die BBG seit nunmehr neun Jahren –<br />
von der Bedarfserhebung über komplexe<br />
Vergabeverfahren bis hin zur Abwicklung.<br />
Im Wort „Bundesbeschaffung“ ist bereits<br />
enthalten, wofür sie gegründet wurde: Für<br />
den Bund. „45 Prozent unserer Dienste<br />
leisten wir aber mittlerweile für fünf weitere<br />
Zielgruppen, die freiwillig auf unsere<br />
Expertise setzen: Länder und Gemeinden,<br />
der Gesundheitsbereich, ausgegliederte<br />
Unternehmen und Universitäten“, sagt<br />
„Die Shared<br />
Services der<br />
BBG sind<br />
beispielgebend.“<br />
Andreas Nemec, BBG<br />
C. Redtenbacher<br />
Oktober <strong>10</strong> 49<br />
ÖSTERREICHS FACHMESSE FÜR DEN ÖFFENTLICHEN EINKAUF
Beschaffung<br />
Spezial<br />
„E-Procurement<br />
minimiert den<br />
Aufwand von<br />
Vergabeverfahren.“<br />
Michael Holoubek, WU Wien<br />
Foto Wilke<br />
Nemec. Während die Bundesverwaltung<br />
verpflichtet ist, in 27 Beschaffungsgruppen<br />
auf das Angebot der BBG zurückzugreifen,<br />
können etwa Gemeinden selber<br />
entscheiden, ob sie das Streusalz für den<br />
Winter und das neue Feuerwehrauto über<br />
Lieferanten der BBG beziehen oder selber<br />
Ausschreibungen vornehmen. „Allerdings<br />
ist das Vergaberecht so kompliziert<br />
geworden, dass es für eine durchschnittliche<br />
Gemeinde ohne anwaltliche Hilfe<br />
kaum möglich ist, ein Vergabeverfahren<br />
rechtlich korrekt abzuwickeln“, sagt Florian<br />
Unterberger, Leiter der BBG-Kommunikationsabteilung.<br />
Außerdem würden<br />
gut 800 Gemeinden, die bereits zu<br />
den Kunden der BBG zählen, neben den<br />
Kosten für die Verfahren von den besseren<br />
Preisen profitieren.<br />
Vom Vergabe- zum Bieterschutzrecht<br />
Primäres Ziel der BBG ist es nämlich,<br />
durch Bündelung und Standardisierung<br />
der Kundeninteressen günstige Preise zu<br />
erzielen. „Je mehr ich ein und demselben<br />
Lieferanten abnehme, desto bessere Konditionen<br />
bekomme ich“, so BBG-Marketingleiter<br />
Anton Steinringer. Was logisch<br />
und simpel klingt, ist durch das komplexe<br />
Vergaberecht zu einer Sache für Profis<br />
geworden. „Seit die Vergaben immer<br />
strenger reglementiert sind, hat sich zweifelsohne<br />
die Vergabekultur verbessert“,<br />
sagt Josef Aicher, Professor am Institut für<br />
Unternehmens- und Wirtschaftsrecht der<br />
Universität Wien. Außerdem habe sich<br />
der Vergabeprozess durch die zunehmende<br />
Reglementierung verteuert. „Im Lauf<br />
der Jahrzehnte ist das Vergaberecht zum<br />
Bieterschutzrecht geworden“, so Aicher.<br />
Das erkläre die langwierigeren Verfahren<br />
– man denke an die Beeinspruchungsmöglichkeiten,<br />
die zu einer Verzögerung<br />
des Vergabeprozesses und damit zu seiner<br />
Verteuerung führen. Denn ein Vergabeprozess<br />
sieht von der Ausschreibung bis zum<br />
Zuschlag verschiedene Meilensteine vor.<br />
„Bei komplexeren Sachverhalten – etwa<br />
im medizintechnischen Bereich – dauert<br />
so ein Prozess ein halbes Jahr. Handelt es<br />
sich hingegen um eine Routineausschreibung,<br />
sind zwei bis drei Monate realistisch“,<br />
sagt Steinringer.<br />
Durch die Bündelung erzielt die BBG<br />
Einsparungen von 18 Prozent, diese würden<br />
sich rein auf die Produktebene beziehen.<br />
Hinzu kämen Einsparungen auf der<br />
Prozessebene, also bei der organisatorischen<br />
Abwicklung des Einkaufs. Nemec:<br />
„Dass der Einkauf gebietskörperschaftsübergreifend<br />
stattfindet, ist ein gelungenes<br />
Beispiel für Shared Services und für<br />
Budgetsanierungen außerhalb von Steuererhöhungen.“<br />
Schifffahrt und Fußfessel<br />
„Man muss tatsächlich ein hohes<br />
Know-how haben, damit Vergabeverfah-<br />
NEUE LOCATION:<br />
Au f e i n e n B l i c k<br />
MESSE WIEN<br />
„Nutzen.Leben 20<strong>10</strong>“<br />
ÖSTERREICHS FACHMESSE FÜR DEN ÖFFENTLICHEN EINKAUF<br />
Die vierte BBG-Messe „Nutzen. Leben“ findet<br />
am Donnerstag, 4. November 20<strong>10</strong>, in der Messe<br />
Wien statt. Während im Vorjahr der Fokus auf IT<br />
lag, handelt es sich bei der diesjährigen Messe<br />
um eine umfassende Ausstellerplattform inklusive<br />
Fachtagung. Erwartet werden 1.500 Besucher<br />
aus folgenden öffentlichen Sektoren: Bund,<br />
Länder, Gemeinden, Gesundheit, ausgegliederte<br />
Unternehmen und Universitäten.<br />
Messe und Fachtagung<br />
4. November 20<strong>10</strong><br />
9:30–17:00 Uhr<br />
Österreichs größte Beschaffungsmesse<br />
160 Aussteller auf über 8.000 m 2 erleben<br />
Vom Expertenaustausch profitieren<br />
Neue Produkte unter die Lupe nehmen<br />
Mit Ihren BBG-Partnern ins Gespräch kommen<br />
Beim Innovationspreis von den Besten lernen<br />
Ihr Einkaufsbudget um 18 % entlasten<br />
175 Aussteller aus diesen zwölf Branchen<br />
präsentieren ihre Produkte und Dienstleistungen:<br />
Bürobedarf und Raumeinrichtung,<br />
Dienstleistungen, elektrotechnische Geräte und<br />
Komponenten, Energie, Gebäudebetrieb, IT<br />
und Telekommunikation, Medizin und Labor, Mobilität,<br />
Textilien, Verpflegung und Lebensmittel,<br />
50 Oktober <strong>10</strong><br />
Werkstatt, Maschinen und Metallprodukte sowie<br />
Shared-Service-Dienstleister.<br />
Informationen & Anmeldung:<br />
www.bbg.gv.at/nutzenleben<br />
Die Fachtagung bietet außerdem Impulsreferate<br />
zu folgenden Themen:<br />
• „Korruption – und führe uns nicht in<br />
Versuchung“<br />
• „Was jetzt – bündeln oder feilschen?“<br />
• „E-Procurement-Masterplan für die<br />
Verwaltung“<br />
• „Zentral vs. dezentral vs. Lead-Buyer“<br />
• „Einsparung ist nicht gleich Einsparung“<br />
• „Make or buy – der Einkauf als Weichensteller“<br />
Ein Highlight der Messe ist die Vergabe des BBG-<br />
Innovationspreises: Zur Einreichung zugelassen<br />
sind Lieferanten, die innovative Problemlösungen<br />
für die Öffentliche Hand entwickelt<br />
haben. Als Gewinner wird das Projekt hervorgehen,<br />
das eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit<br />
und Effizienz für den Kunden bringt und<br />
durch Lösungsqualität überzeugt. Jürgen Raith<br />
von Tele 2 hat als Gewinner des Vorjahres mit<br />
seinem Projekt „Healix“ überzeugt: Ein System,<br />
das breitbandigen Datenaustausch zwischen<br />
allen Dienstleistern im Gesundheitsbereich ermöglicht<br />
und über ein Netzwerk Zugang zu allen<br />
Gesundheitsdiensten wie z.B. der E-Card schafft.<br />
Das bundesländerübergreifende Projekt hat eine<br />
fachkundige Jury überzeugt. Auch heuer wird<br />
sie unter dem Vorsitz von FFG-Geschäftsführerin<br />
Henrietta Egerth die besten Einreichungen<br />
küren.
Who SpEakS<br />
CE/SEE?<br />
3rd InTErnaTIonaL GroW EaST ConGrESS<br />
ThUrSDaY, novEmBEr 18th, 20<strong>10</strong><br />
InformaTIon & rEGISTraTIon: WWW.GroWEaST.aT<br />
SponSorED BY:
Beschaffung<br />
Spezial<br />
Die Verleihung des BBG-Innovationspreises<br />
ist eines der Highlights<br />
der BBG-Messe. 2009 ging dieser an<br />
Healix, einem gemeinsamen Projekt<br />
mehrerer Krankenanstaltenträger und<br />
des Telefonanbieters Tele 2. Lokale<br />
Netzwerke von Gesundheitsdienstleistern<br />
werden dabei in Bundesländerknoten<br />
zusammengeführt. Danach<br />
findet wiederum eine österreichweite<br />
Vernetzung statt. Man erwartet so eine<br />
Kostenersparnis von rund 300 Mio.<br />
Euro pro Jahr.<br />
ÖSTERREICHS FACHMESSE FÜR DEN ÖFFENTLICHEN EINKAUF<br />
Maßgeschneiderte Lösungen<br />
„E-Procurement ist eine sinnvolle<br />
Anwendung, weil sie einerseits den Aufwand<br />
von Vergabeverfahren minimiert,<br />
andererseits eine große Flexibilität bringt.<br />
Doch nicht alles eignet sich für die zentrale<br />
Beschaffung und für E-Procurement“,<br />
sagt Michael Holoubek, Vize-Rektor der<br />
Wirtschaftsuniversität Wien. Je spezifischer<br />
die individuellen Bedingungen<br />
zwischen Leistungserbringer und Nachfrager<br />
sind, desto weniger sei eine Leistung<br />
standardisierbar und zentralisierh<br />
i n t e r g r u n d<br />
BBG in Kürze<br />
Die Bundesbeschaffung wurde 2001 per Gesetz<br />
errichtet, den Ausschreibungen liegt das<br />
Bundesvergabegesetz zu Grunde. Das Stammgesetz<br />
geht auf das Jahr 1994 zurück, das bis<br />
zum Gesetz 2006 regelmäßig novelliert wurde.<br />
Die letzte Novelle gab es 2009/20<strong>10</strong>.<br />
Durch die Bündelung und Standardisierung<br />
von Kundenaufträgen erzielt die BBG Einsparungen<br />
von 18 Prozent (gemessen an Ministerien).<br />
Im Hinblick auf Gemeinden betragen<br />
die Einsparungen durch den zentralen Einkauf<br />
bis zu 25 Prozent. Das Beschaffungsvolumen<br />
des Vorjahres beträgt 869 Mio. Euro, die BBG<br />
spricht von Einsparungen über 191 Mio. Euro.<br />
Während die Bundesverwaltung per Gesetz<br />
verpflichtet ist, in 27 Produkt- und Dienstleistungsgruppen<br />
über die BBG einzukaufen (in<br />
weiteren vier Gruppen ist der Einkauf über die<br />
BBG optional, etwa im Bereich der Beratungsdienstleistungen),<br />
entscheiden sich Länder<br />
und Gemeinden, ausgegliederte Unternehmen,<br />
Universitäten und der Gesundheitssektor freiwillig<br />
für bzw. gegen die zentrale Beschaffung<br />
über die BBG. Deren Anteile am BBG-Volumen:<br />
NEUE LOCATION:<br />
Messe und Fachtagung<br />
MESSE WIEN<br />
4. November 20<strong>10</strong><br />
9:30–17:00 Uhr<br />
Österreichs größte Beschaffungsmesse<br />
160 Aussteller auf über 8.000 m 2 erleben<br />
Vom Expertenaustausch profitieren<br />
Neue Produkte unter die Lupe nehmen<br />
Mit Ihren BBG-Partnern ins Gespräch kommen<br />
Beim Innovationspreis von den Besten lernen<br />
Ihr Einkaufsbudget um 18 % entlasten<br />
• Universitäten: 6,8 Prozent<br />
• Gesundheit: <strong>10</strong>,5 Prozent<br />
• Länder / Gemeinden: <strong>10</strong>,6 Prozent<br />
• Ausgegliederte Unternehmen: 17,5 Prozent<br />
• Bundeskunden: 54,6 Prozent<br />
Der e-Shop ist die zentrale Bestellplattform der<br />
BBG. 270.000 Produkte können hier elektronisch<br />
bestellt werden. Ein differenziertes<br />
Rechtesystem bildet alle Genehmigungsabläufe<br />
der BBG-Kunden ab. Darüber hinaus gibt<br />
es das Online-Booking-Tool e-Reisen für die<br />
Buchung von Dienstreisen.<br />
52 Oktober <strong>10</strong><br />
ren ohne Schaden, also ohne Einspruch,<br />
zu Ende geführt werden können“, führt<br />
Nemec fort. Deshalb setze die BBG nicht<br />
nur auf ihre Expertise in der klassischen<br />
Beschaffung, sondern auch auf Beratung<br />
und E-Procurement, also elektronisches<br />
Beschaffungswesen. Im Vergabekompetenzcenter<br />
wird Beratung in den Bereichen<br />
Beschaffungsorganisation, Vergaberecht<br />
und für spezifische Produktsegmente<br />
angeboten.<br />
Auch die Übertragung spezieller<br />
Beschaffungen ist möglich. Projekte im<br />
besonderen Auftrag (Piba) nennt sich das<br />
in der Sprache der Beschaffungsexperten:<br />
Ob Schiffe für die Schifffahrtsaufsicht<br />
oder elektronische Fußfesseln – die Palette<br />
der Sonderwünsche reicht weit. Sofern<br />
es sich um keines dieser Extras handelt,<br />
kaufen die Kunden über den hauseigenen<br />
E-Shop ein; auch die so genannten nichtkatalogfähigen<br />
Verträge – zum Beispiel<br />
Strom – sind dort gelistet. Mit „nichtkatalogfähig“<br />
meint die BBG jene Angebote,<br />
die sich durch ihren Abstraktionsgrad<br />
im Gegensatz zu einem physischen<br />
Produkt nicht in einen Warenkorb legen<br />
lassen. An der Usability des E-Shops wird<br />
kontinuierlich gefeilt. Mittlerweile sind<br />
270.000 Produkte online gelistet. Eine<br />
Anbindung an die Abrechnungssysteme<br />
der öffentlichen Auftraggeber erfolgt über<br />
SAP-Schnittstellen.<br />
Informationen & Anmeldung:<br />
www.bbg.gv.at/nutzenleben<br />
Crossborder-Business im öffentlichen<br />
Sektor soll das EU-Projekt Peppol forcieren.<br />
Lieferanten können dann europaweit<br />
in öffentlichen Vergabeverfahren und<br />
Shopsystemen ihre Produkte anbieten.<br />
„Ziel ist es, dass der EU-Binnenmarkt<br />
nicht an regionalen Grenzen halt macht“,<br />
fasst Nemec zusammen. Was im Industriegeschäft<br />
schon lange der Fall ist, werde im<br />
öffentlichen Sektor noch kulturelle Veränderungen<br />
mit sich bringen. Insofern sei es<br />
ratsam, bei der Entwicklung des grenzüberschreitenden<br />
Vorhabens als einer der<br />
Erster dabei zu sein. Mit dem Bundesrechenzentrum<br />
und dem Finanzministerium<br />
hat die BBG in einem der sieben Peppol-Workpackages<br />
den Vorsitz und treibt<br />
darin Lösungen im Bereich E-Ordering<br />
voran. (s. auch Kasten auf Seite 51).
Malik General Management<br />
Seminare 20<strong>10</strong> in Österreich<br />
Wirtschaft und Gesellschaft gehen durch eine der größten Transformationen, die es je gab.<br />
Die alte Welt geht zugrunde, damit eine Neue Welt entsteht. Die herkömmlichen Management<br />
Systeme haben in der Krisenbewältigung kläglich versagt. Neue Management Philosophien und<br />
Systeme werden sich etablieren, die der Komplexität der neuen Ordnung gewachsen sind.<br />
Machen Sie Ihr Unternehmen und Management System fit für die kommenden Herausforderungen.<br />
Die hier angeführten Seminare helfen Ihnen dabei.<br />
Wirksam Führen<br />
Prinzipien, Methoden und Praxisrüstzeug für richtiges und gutes<br />
Management basierend auf dem Bestseller «Führen – Leisten – Leben»<br />
von Prof. Dr. Fredmund Malik<br />
Standardmodell der Wirksamkeit/<br />
Führungsrad<br />
Das Malik Integrierte<br />
Management System IMS ®<br />
Strategisches Management<br />
Erfolgreiche Navigation von Unternehmen durch Turbulenzen<br />
In diesem praxisorientierten und kompakten Seminar erlernen Sie in nur<br />
2 Tagen die bestehende Strategie zu beurteilen, künftige Erfolgsfaktoren<br />
zu identifizieren und eine robuste Strategie für Ihr Unternehmen bzw. einen<br />
Unternehmensbereich zu entwickeln.<br />
Das Viable System Model ®<br />
Schlagkräftige Organisationsstrukturen<br />
schaffen<br />
Grenzen herkömmlichen Organisierens überwinden –<br />
neue strukturelle Lösungen für zuverlässiges Funktionieren<br />
Die Prinzipien und Vorteile der Malik Seminarreihe<br />
1) Ganzheitliches Management System für das praktische Meistern von Komplexität<br />
2) Selbst-Regulierung und Selbst-Organisation<br />
3) Universelle Gültigkeit der Wissensvermittlung – das Ergebnis aus 30 Jahren Forschung<br />
4) Kontinuität – allgemein gültig unabhängig von Mode-Erscheinungen<br />
5) Modularer Aufbau<br />
6) Einheit von Konzept und Sprache<br />
7) Begleitung nach dem Seminar für die Umsetzung von Projekten<br />
Termine und weitere Infos unter www.RedEd.at<br />
Oder fordern Sie das Programm direkt an: info@RedEd.at<br />
vD
Beschaffung<br />
Spezial<br />
ÖSTERREICHS FACHMESSE FÜR DEN ÖFFENTLICHEN EINKAUF<br />
„Für jede Kaserne<br />
gibt es einen eigenen<br />
Lieferanten.“<br />
W i s s e n<br />
NEUE LOCATION:<br />
Messe und Fachtagung<br />
MESSE WIEN<br />
4. November 20<strong>10</strong><br />
9:30–17:00 Uhr<br />
Florian Unterberger, BBG<br />
Crossborder mit Peppol<br />
Peppol hat zum Ziel, die elektronische Kommunikation<br />
zwischen Lieferanten und den<br />
öffentlichen Auftraggebern voranzutreiben und<br />
europaweit zu vereinheitlichen. Jedes Unternehmen<br />
in Europa soll mit jedem öffentlichen<br />
Auftraggeber in jedem EU-Land auf der Basis<br />
standardisierter Verfahren elektronisch und<br />
ohne Medienbruch kommunizieren können.<br />
Die bestehenden nationalen Lösungen werden<br />
verbunden und nach den gleichen Standards<br />
ausgerichtet. Dies wurde in den letzten Monaten<br />
im Zuge der Test-Pilot-Phase international<br />
evaluiert.<br />
Österreichs größte Beschaffungsmesse<br />
160 Aussteller auf über 8.000 m 2 erleben<br />
Vom Expertenaustausch profitieren<br />
Neue Produkte unter die Lupe nehmen<br />
Mit Ihren BBG-Partnern ins Gespräch kommen<br />
Beim Innovationspreis von den Besten lernen<br />
Einmal an das Peppol-Netzwerk angeschlossen,<br />
ermöglicht dies den elektronischen<br />
Empfang und das Versenden von allen<br />
Dokumenten des Beschaffungsprozesses (Kataloge,<br />
Bestellungen, Auftragsbestätigungen,<br />
Lieferscheine, Rechnungen und Mahnungen)<br />
von und an alle internationalen Teilnehmer im<br />
Peppol-Netzwerk über die gemeinsame Infrastruktur.<br />
Österreich ist mit dem Konsortium<br />
peppol.at (BBG, BMF und BRZ) federführend<br />
an der Entwicklung und Implementierung der<br />
Standards beteiligt. Österreichischen KMUs<br />
soll damit ein barrierefreier Zugang zum<br />
internationalen Beschaffungsmarkt ermöglicht<br />
werden.<br />
C. Redtenbacher<br />
54 Oktober <strong>10</strong><br />
Ihr Einkaufsbudget um 18 % entlasten<br />
bar. Dann müsse man E-Procurement mit<br />
Vorsicht einsetzen. So etwa bei individuellen<br />
Beratungen, die Ministerien in<br />
strategischen Fragen unterstützen. „In<br />
diesem Geschäftsfeld bauen wir sukzessive<br />
ein Produktportfolio auf. Beratungen<br />
sind hochgradig individuell, da ist<br />
die Vertragsgestaltung schwieriger als bei<br />
Büromöbeln“, sagt Unterberger. Deshalb<br />
setze man hier auf zweistufige Verfahren:<br />
Lieferanten – in diesem Fall Beratungsdienstleister<br />
– werden in der ersten Stufe<br />
präqualifiziert. In der zweiten Stufe entwickle<br />
man auf den Kunden zugeschnittene<br />
Kampagnen – also ein erstes Konzept,<br />
das den Beratungserfordernissen des<br />
Kunden entspricht. Der, der das Anforderungsprofil<br />
am besten trifft, kommt<br />
zum Zug. „Es gibt Ministerien, die diesen<br />
Prozess bereits über uns abwickeln, etwa<br />
das Justiz-, das Infrastruktur- und das<br />
Finanzministerium. Jene Ministerien, die<br />
auf Ressourcen im eigenen Haus setzen<br />
und externe Berater selber beauftragen,<br />
umwerben wir“, sagt Nemec. Da es sich<br />
um ein Vertrauensthema handelt, setzt die<br />
BBG bei derartigen Ausschreibungen auf<br />
die Berücksichtigung individueller Wünsche.<br />
Informationen & Anmeldung:<br />
www.bbg.gv.at/nutzenleben<br />
Regionaler Fokus<br />
Besonders berücksichtigt werden bei<br />
den Beschaffungsvorgängen KMU. 76<br />
Prozent der Lieferanten rekrutieren sich<br />
bereits aus klein- und mittelständischen<br />
Unternehmen. „Vom Gesetzgeber haben<br />
wir die Vorgabe, dass KMU in acht Branchen<br />
verstärkt zum Zug kommen“, sagt<br />
Nemec. Grundsätzlich liegt die Logik in<br />
der Branche: Während KMU in den Sektoren<br />
IT-Hardware nicht mithalten können,<br />
gibt es bei der Instandhaltung, der Wartung<br />
und Beratung viele kleinere regionale<br />
Subunternehmer. Bei Produkten mit<br />
kurzem Lebenszyklus wird grundsätzlich<br />
regional ausgeschrieben – etwa bei Backwaren,<br />
Fleisch und Wurstwaren. „Da gibt<br />
es für jede Kaserne einen eigenen Lieferanten“,<br />
sagt Unterberger. „Es ist unbestritten,<br />
dass KMU ein Rückgrat der österreichischen<br />
Wirtschaft sind. Daher ist die<br />
Öffentliche Hand in ihrer Beschaffungspolitik<br />
klug beraten, diesen Betrieben<br />
eine Chance im Wettbewerb zu geben“, so<br />
Holoubek. Dass Regionalität in der Politik<br />
und somit auch im Beschaffungswesen<br />
nicht zu unterschätzen ist, bestätigt<br />
Nemec. Ob das einkaufstechnisch rational<br />
ist oder nicht, das sei eine andere Frage.<br />
Das Feedback der Kunden zeigt jedenfalls,<br />
dass die BBG eine sehr gute bis gute<br />
Entwicklung vollzogen hat. Während bis<br />
zum vergangenen Jahr ausschließlich in<br />
den Ministerien Befragungen zur Kundenzufriedenheit<br />
durchgeführt wurden,<br />
gab es 2009 erstmals eine über den Bund<br />
hinausgehende Erhebung, begleitet von<br />
einem Meinungsforschungsinstitut.<br />
Einsparungspotenzial im<br />
Gesundheitswesen<br />
Weiterdenken will die BBG nun im<br />
Gesundheitswesen, wo der Einkauf häufig<br />
mit Machtfragen verknüpft ist. Gesundheitsexperten<br />
sprechen von einem Einsparungspotenzial<br />
bis zu einer Milliarde<br />
pro Jahr durch Professionalisierung und<br />
Bündelung des Einkaufes. „Würde man<br />
sich endlich vom Gedanken lösen, mit<br />
dem Einkauf irgendwelche Lieferanten zu<br />
bestechen und Seilschaften zu bedienen,<br />
dann wird erkennbar, welche Entlastungen<br />
das für die Öffentliche Hand mit sich<br />
bringt“, sagt Unterberger. Nemec wünscht<br />
sich außerdem eine Vereinfachung des<br />
„zu sperrigen, zu komplexen und zu<br />
schwierig handhabenden Vergaberechts“.<br />
Als BBG-Geschäftsführer könne er sich in<br />
geschäftspolitischer Hinsicht über diese<br />
Komplexität freuen, beharrt aber dennoch<br />
auf dem ordnungspolitischen Argument.<br />
– Also einer Vereinfachung, die allen<br />
Beteiligten nutzt. An einfachen Lösungen<br />
werde zumindest BBG-intern gefeilt. Was<br />
die Usability des E-Procurements anbelangt,<br />
wird es noch einige Innovationen<br />
geben. Vielleicht werden sie schon bald<br />
„Crossborder“ in Richtung Europa führen.
Deine Spende<br />
wärmt Leonie.<br />
Gemeinsam Wunder wirken:<br />
Ein Wärmepaket kostet 30 Euro.<br />
Caritas-Sonntag am 14. November 20<strong>10</strong>.<br />
Inlandshilfe 20<strong>10</strong> - www.caritas.at<br />
PSK 7.700.004, Erste Bank 012-34560<br />
Wir helfen mit:
Karrieren<br />
Text<br />
Ursula Horvath<br />
Wissenschaftsministerium<br />
Frühere Hahn-Mitarbeiterin kümmert sich um die PR<br />
Martha Brinek leitet die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit im Wissenschaftsministerium (BMWF). Brinek<br />
war Pressesprecherin von Johannes Hahn – zuletzt in seiner Funktion als Wissenschaftsminister und<br />
davor als Landesparteiobmann der ÖVP Wien. Nach ihrem Studium der Pädagogik, Philosophie und<br />
Politikwissenschaft unterrichtete die gebürtige Niederösterreicherin am Österreichischen Gymnasium<br />
in Prag.<br />
Es folgten karitative Projekte – zum Beispiel die Arbeit mit Tschernobyl-Kindern – in Lettland und Weißrussland.<br />
Zurück in Österreich sammelte sie ab 1998 journalistische Erfahrungen – als Redakteurin für<br />
Radio und TV im ORF-Landesstudio Salzburg und als Wissenschaftsredakteurin bei Ö1.<br />
Land Vorarlberg<br />
Jurist schaut auf richtige Balance von Soll und Haben<br />
Die Vorarlberger Landesregierung hat eine Führungsposition neu besetzt. Walter Sandholzer ist seit 1.<br />
Oktober 20<strong>10</strong> neuer Vorstand der Abteilung Wirtschaftsrecht. Sandholzer trat nach dem Studium der<br />
Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck im Jahr 1990 in den Landesdienst ein.<br />
Er arbeitete in verschiedenen Abteilungen der Bezirkshauptmannschaften Bregenz und Feldkirch<br />
sowie im Amt der Landesregierung. Seit 1999 ist der gebürtige Dornbirner unter anderem als stellvertretender<br />
Vorstand der Abteilung Wirtschaftsrecht im Amt der Landesregierung tätig.<br />
Stadtmuseum Nordico<br />
Kuratorin leitet Museum<br />
Andrea Bina ist die neue Leiterin des Linzer Stadtmuseums Nordico. Die Oberösterreicherin leitete<br />
zuletzt die wissenschaftliche Fachbibliothek des Kunstmuseums Lentos und folgt nun Willibald Katzinger,<br />
der Anfang Mai in Ruhestand getreten ist. Bina war viele Jahre wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
des Lentos und davor in der Neuen Galerie der Stadt Linz, aus der sich später das Lentos entwickelte.<br />
Nach wie vor ist Bina Vorstandsmitglied des „Architekturforums Oberösterreich“. Für die Stadt Linz<br />
ist sie seit 1998 tätig: Sie kuratierte zahlreiche Ausstellungsprojekte; unter anderem im Kulturhauptstadtjahr<br />
„Linz Blick. Stadtbilder in der Kunst 1909 – 2009“ im Lentos. Die gebürtige Linzerin studierte<br />
Kunstgeschichte in Kombination mit Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien und in Atlanta<br />
(USA) und absolvierte einen Lehrgang für Kulturmanagement.<br />
Stadt Wien 1<br />
Bereichsdirektor vertritt Magistratsdirektor<br />
Das Führungsteam des neuen Wiener Magistratsdirektors Erich Hechtner ist komplett: Neuer<br />
Magistratsdirektor-Stellvertreter ist Wolfgang Müller. Der 44-jährige Jurist übernimmt diese Aufgabe<br />
zusätzlich zu seiner Funktion als Bereichsdirektor für Organisation und Sicherheit in der Magistratsdirektion.<br />
Nach dem Gerichtsjahr war Müller zunächst im Verteidigungsministerium (BMLVS) tätig, bevor er<br />
1991 in den Dienst der Stadt Wien trat. 1999 wurde der Jurist zum Präsidialchef des Bürgermeisters<br />
bestellt, im Februar 2005 außerdem zum Bereichsleiter für Sicherheitsmanagement. Während der<br />
Fußball-EM 2008 war Müller für die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden verantwortlich.<br />
Wilke Norbert Artner<br />
Land Vorarlberg<br />
privat<br />
Stadt Wien 2<br />
MA-Leiter übernimmt Doppelfunktion<br />
Zwei Spitzenfunktionen in der Magistratsdirektion der Stadt Wien wurden zusammengelegt und neu<br />
besetzt: Der 49-jährige Jurist Karl Pauer ist neuer Bereichsdirektor für Recht und leitet zusätzlich den<br />
in diesem Geschäftsbereich angesiedelten Verfassungsdienst.<br />
Ab 1997 war Pauer im Verfassungsdienst Dezernatsleiter für die Bereiche Finanzen, Vergaberecht,<br />
Dienstrecht, Wohnungswesen und Verkehrsrecht sowie Stellvertreter des Dienststellenleiters. Ab 2003<br />
leitete er die Magistratsabteilung 64, die für Bau-, Energie-, Eisenbahn- und Luftfahrtangelegenheiten<br />
zuständig ist. Pauer trat bereits 1980 in den Dienst der Stadt Wien und studierte neben seiner Arbeit in<br />
der MA 64 und im Unabhängigen Verwaltungssenat am Juridikum.<br />
Schaub-Walzer / PID<br />
56 Oktober <strong>10</strong>
Karrieren<br />
Karriereinfos senden Sie bitte an<br />
karrieren@republik-online.at.<br />
ÖBB Holding AG<br />
Medienmanagerin wird Kommunikationschefin<br />
Kristin Hanusch-Linser (Bild) ist die neue Leiterin der Bereiche Konzernkommunikation, Marketing und<br />
Werbung der ÖBB Holding. Hanusch-Linser wird auch die Geschäftsführung der konzerneigenen Werbeagentur<br />
CI&M übernehmen. Zuvor war die 46-Jährige Vorständin der RMA Regionalmedien Austria<br />
und Geschäftsführerin der Verlagsgruppe Manz.<br />
Hanusch-Linser teilt sich die Leitung der Abteilung mit Michael Wimmer, der nach wie vor für die<br />
externe Kommunikation verantwortlich ist. In der Konzernzentrale ist nun auch eine Stelle für Kundenbeziehungsmanagement<br />
angesiedelt: Für den Aufbau dieser Stelle zeichnet Andreas Engel verantwortlich.<br />
Er war zuletzt Bereichsleiter Business and Market Intelligence bei der Telekom Austria. Der<br />
frühere ÖBB-Sprecher Alfred Ruhaltinger ist ausgeschieden.<br />
ÖBB<br />
AMS Oberösterreich<br />
Welser wechselt nach Linz<br />
Gerhard Strasser wurde zum stellvertretenden Landesgeschäftsführer des AMS Oberösterreich<br />
bestellt. Der bisherige Leiter des AMS Ried tritt die Nachfolge von Birgit Gerstorfer an, die die Funktion<br />
der Landesgeschäftsführerin übernommen hat. 1994 wurde Strasser zum Leiter der regionalen<br />
Geschäftsstelle Ried im Innkreis bestellt, seit über 30 Jahren ist er beim Arbeitsmarktservice bzw. dem<br />
früheren Arbeitsamt tätig.<br />
Schon 1978 begann Strasser seine berufliche Tätigkeit in der Leistungsabteilung des Arbeitsamtes<br />
Ried. Bevor er 1980 in die Serviceabteilung wechselte, war er ein Jahr lang in der Gastronomie – mit<br />
einem eigenen Kaffeehaus – tätig. Der zweifache Familienvater ist ausgebildeter Lebens- und Sozialberater.<br />
AMS OÖ<br />
Bezirkshauptmannschaft Lienz<br />
Mediatorin macht Karriere in Tirol<br />
Olga Reisner ist neue Bezirkshauptfrau von Lienz. Die promovierte Juristin und ausgebildete Mediatorin<br />
trat im September 2002 in den Landesdienst ein. Zuletzt war Reisner Leiterin des Rechtsreferates<br />
in der Abteilung Umweltschutz. Nach dem Studium und einer verlängerten Gerichtspraxis im Oberlandesgericht<br />
Innsbruck war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in Ausbildung an der Leopold-Franzens-<br />
Universität Innsbruck.<br />
Mit Olga Reisner sind nun zwei von acht Bezirkshauptmannschaften in Tirol mit Frauen besetzt. Der<br />
scheidende Bezirkshauptmann Paul Wöll ging nach 41 Jahren im Landesdienst – davon zehn Jahre als<br />
Bezirkshauptmann von Lienz – heuer in Pension.<br />
Land Tirol<br />
Verbund Tourismus GmbH<br />
Krisenmanager übernimmt Geschäftsführung<br />
Gerhard Walter wurde per 1. Oktober zum neuen Geschäftsführer der Verbund Tourismus GmbH<br />
bestellt. In der Tochterfirma der Verbund AG ist die touristische Infrastruktur rund um die Speicherkraftwerke<br />
Kaprun (Salzburg), Malta (Kärnten), Reißeck (Kärnten) und Schlegeis (Tirol) gebündelt.<br />
Walter begann seine berufliche Laufbahn 1990 in der Marketingabteilung der Bregenzer Festspiele. Ein<br />
Jahr später wechselte er nach New York, um beim Austrian National Tourist Office zu arbeiten. Zurück<br />
in Österreich stand Walter dem Tourismusverband Galtür vor und zeichnete in dieser Funktion auch<br />
für das Krisenmanagement rund um die Lawinenkatastrophe von 1999 verantwortlich. Ab 2004 war<br />
Walter Geschäftsführer der Lech Zürs Tourismus GmbH, 2005 wurde er außerdem zum Direktor der<br />
Arlberg Marketing GmbH bestellt.<br />
Verbund Tourismus GmbH<br />
Wirtschaftskammer Österreich<br />
Neue Handelsdelegierte sind im Einsatz<br />
In der Außenwirtschaft Österreich (AWO) gibt es weitere Veränderungen: Peter Hasslacher (Bild) ist<br />
seit Anfang September neuer Handelsdelegierter in Sarajevo. Zuletzt leitete er in der AWO die Gruppe<br />
Marketing. Seit 1989 in der Wirtschaftskammer, sammelte er Erfahrungen in Kopenhagen, Warschau<br />
und Zagreb.<br />
Pierre Prunis ist Handelsdelegierter für die Wirtschaftskammer in Riyadh in Saudi Arabien. Nach Einsätzen<br />
in Bangkok und Algier war der 38-Jährige zuletzt Leiter des Zweigbüros der Außenwirtschaft<br />
Österreich in Montreal. Andreas Stauber ist neuer Handelsdelegierter in Oslo. Der 37-Jährige war<br />
bereits in Brüssel, New York und Sofia tätig. Thomas Glück hat die Leitung des Zweigbüros der WKO<br />
in Montreal übernommen. Und Konstantin Bekos ist österreichischer Handelsdelegierter in Ankara.<br />
WKO<br />
Oktober <strong>10</strong> 57
Privat<br />
Interview<br />
Stefan Grampelhuber<br />
„Verhandlungen mit Systempartnern<br />
laufen weniger sachlich ab“<br />
Der REPUBLIK-Wordrap im Oktober: Urbanes Urlaubsfeeling, alte<br />
Tonbandgeräte und Frauenquoten bewegen WGKK-Obfrau Ingrid Reischl.<br />
Wie würden Sie sich selbst in einem<br />
Satz beschreiben?<br />
Zielorientiert, engagiert und kämpferisch<br />
– vor allem, wenn es um die Interessen<br />
unserer Versicherten geht.<br />
Was hat Sie an Ihrer beruflichen<br />
Tätigkeit positiv überrascht?<br />
Die gute Zusammenarbeit und Solidarität<br />
zwischen den Sozialversicherungsträgern<br />
und vor allem den Obleuten.<br />
Ludwig Schedl<br />
Haben Sie ein Vorbild?<br />
Meinen Vater, der mich von Kindheit<br />
an politisch erzogen hat.<br />
Gibt es ein prägendes Erlebnis in<br />
Ihrer Kindheit, an das Sie sich noch heute<br />
erinnern?<br />
Das Spielen von Brecht-Liedern auf<br />
Uralt-Tonbandgeräten.<br />
Was hat Sie an Ihrer beruflichen<br />
Tätigkeit negativ überrascht?<br />
Dass Verhandlungsrunden mit<br />
Systempartnern manchmal weniger sachlich<br />
als persönlich ablaufen.<br />
Welche persönliche Veränderung<br />
haben Sie sich schon lange vorgenommen?<br />
Mehr auf Urlaub zu gehen.<br />
S t e c k b r i e f<br />
Ingrid Reischl<br />
Geboren: 24. Dezember 1958 in Wien<br />
1977 bis 1985: Erzieherin bei der Gemeinde<br />
Wien (MA 11)<br />
1983 bis 1989: Studium der Politikwissenschaft<br />
mit Fächerkombination (Publizistik,<br />
Philosophie, Geschichte, Pädagogik) an der<br />
Uni Wien<br />
1990 bis 1994: Gewerkschaft der Privatangestellten<br />
(GPA), Sekretär der Geschäftsführung<br />
1994 bis 1996: GPA, Leiterin des Grundsatzreferats<br />
1996 bis 2000: GPA, Leiterin des Büros des<br />
Vorsitzenden (Grundlagen, Public Relations,<br />
Internationales)<br />
2000 bis 2006: GPA, stv. Geschäftsbereichsleiterin<br />
Backoffice und Support<br />
Seit 2007: GPA, Druck-Journalismus-Papier:<br />
Leiterin des Grundlagenbereiches<br />
Seit 2009: Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse<br />
(WGKK); außerdem: Vorsitzende der<br />
Trägerkonferenz des Hauptverbandes<br />
Ingrid Reischl ist Mutter von zwei Töchtern.<br />
Haben Sie einen Lieblingsplatz in<br />
Wien?<br />
Die Alte Donau und die Donauinsel.<br />
Dort bekommt man Urlaubsfeeling mitten<br />
in der Großstadt.<br />
Sie sind neben Renate Römer die einzige<br />
Frau an der Spitze eines SV-Trägers.<br />
Weshalb ist es für Frauen schwierig, in<br />
Spitzenpositionen der Verwaltung vorzudringen?<br />
Frauen haben es auch in der Privatwirtschaft<br />
schwer. Aber gerade im Öffentlichen<br />
Dienst wäre es eine gute Möglichkeit,<br />
Quotenregelungen einzuführen.<br />
Was empfinden Sie als den größten<br />
Luxus in Ihrem Leben?<br />
Wenn ich ungestört drei Stunden dazu<br />
komme, Sport zu treiben.<br />
Welche Entscheidung hätten Sie gerne<br />
anders gefällt?<br />
Mein Studium gleich durchzuziehen<br />
– und nicht neben Berufstätigkeit und<br />
Kindern.<br />
Gibt es etwas, wovon Sie nie genug<br />
bekommen können?<br />
Tintenfisch.<br />
Welches Buch liegt derzeit auf Ihrem<br />
Nachtkästchen?<br />
Gar keines. Stattdessen leider ein Berg<br />
an Arbeitsunterlagen.<br />
Welchen Film haben Sie zuletzt im<br />
Kino gesehen?<br />
Im Kino war ich schon länger nicht<br />
mehr. Auf DVD habe ich mir die letzten<br />
Produktionen von Michael Moore angesehen.<br />
Sie sind begeisterte Radfahrerin. Fahren<br />
Sie auch jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit?<br />
Die Strecke von mir zuhause in die<br />
Wiener GKK ist recht gefährlich. Zum<br />
Radfahren komme ich im Moment daher<br />
eher in der Freizeit.<br />
Auch Bergwandern zählt zu Ihren<br />
Leidenschaften. Welcher Gipfel ist Ihnen<br />
am meisten in Erinnerung?<br />
Die Berge in La Gomera sind ziemlich<br />
herausfordernd. An diese Aufstiege denke<br />
ich sehr oft und gerne.<br />
Morgenmuffel oder Frühaufsteher?<br />
Da gibt es Interpretationsspielraum.<br />
Wenn ich so gegen acht Uhr in der Früh<br />
aufstehen kann, ist das für mich ein idealer<br />
Zeitpunkt.<br />
58 Oktober <strong>10</strong>
Seminare auch getrennt buchbar!<br />
Die Informationsflut<br />
erfolgreich bewältigen<br />
Zwei Seminare<br />
PoweReading® - doppelt so<br />
schnell lesen!<br />
IHR PERSÖNLICHER NUTZEN<br />
Haben Sie auch zu viele Informationen zu bewältigen und zu wenig Zeit?<br />
Dann sparen Sie jetzt Zeit für das Wesentliche: Lernen Sie, doppelt so<br />
schnell zu lesen – und sich trotzdem alles Wichtige zu merken!<br />
Das PoweReading®-System nutzt die natürlichen Stärken des Auges und<br />
Gehirns: Sie verbessern Ihre Aufnahmefähigkeit und trainieren Ihr Gedächtnis<br />
und werden so der täglichen Informationsflut Herr und haben mehr Spaß beim<br />
Lesen und Lernen.<br />
TEILNEHMERKREIS<br />
• Alle, die ihre Lesegeschwindigkeit erhöhen wollen<br />
• Alle, die (zu) viele Informationen zu bewältigen haben und Zeit sparen wollen<br />
REFERENT<br />
Zach Davis, Bestsellerautor, Peoplebuilding® – Institut für nachhaltige Effektivität<br />
Tipps für effizienteres<br />
Arbeiten im Berufsalltag!<br />
Termin: Dienstag, 12. Oktober 20<strong>10</strong><br />
Ort: Austria Trend Hotel Ananas Wien<br />
Pauschale: ¤ 590,– (exkl. 20 % USt)<br />
Kombinationsbuchung<br />
für beide Seminartage:<br />
Pauschale: ¤ 1.090,–<br />
statt ¤ 1.180,–<br />
Effektiver am PC – So arbeiten<br />
Sie „einfach viel schneller“!<br />
IHR PERSÖNLICHER NUTZEN<br />
Erleben Sie in diesem Seminar, wie viel Zeit man am PC sparen kann und Sie<br />
werden Ihren direkten Nutzen spüren. Nach einiger Zeit werden Sie Ihre „Zeitbringer“<br />
im Schlaf beherrschen und sich nicht mehr vorstellen können, wie Sie<br />
je ohne ausgekommen sind. Profitieren Sie vom unmittelbaren Praxisnutzen,<br />
denn all das wird Ihnen live vor Ort am PC oder Notebook vorgeführt und Sie<br />
können das Erlernte am nächsten Tag in Ihrer Arbeitspraxis umsetzen!<br />
TEILNEHMERKREIS<br />
• Alle, die tagtäglich viele Stunden am PC arbeiten und Zeit sparen wollen<br />
REFERENT<br />
Berthold Glass, Peoplebuilding® – Institut für nachhaltige Effektivität<br />
INFORMATIONEN UND ANMELDUNG<br />
Veranstaltungsmanagement<br />
Elisabeth Pecina<br />
T (01) 546 64-146<br />
E e.pecina@RedEd.at<br />
Termin: Mittwoch, 13. Oktober 20<strong>10</strong><br />
Ort: Austria Trend Hotel Ananas Wien<br />
Pauschale: ¤ 590,– (exkl. 20 % USt)<br />
MAP<strong>10</strong>A12<br />
Wir freuen uns schon auf Ihre Anmeldung und stehen Ihnen gerne<br />
für weitere Auskünfte zur Verfügung!<br />
Telefon: (01) 546 64-148 • Fax: (01) 546 64-514<br />
E-Mail: anmeldung@RedEd.at • www.RedEd.at