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Moses Online Magazin - Ausgabe Februar 2013

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www.moses-online.de<br />

Das Portal zum Thema Pflegekinder und Adoption<br />

<strong>Magazin</strong><br />

Arbeitshilfen und Handlungsempfehlungen<br />

zur Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes<br />

"Lotsen im Übergang"<br />

Rahmenbedingungen und Standards bei der Gestaltung<br />

von Übergängen für Pflegekinder<br />

Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII wird auch gewährt,<br />

wenn Großeltern, Elternteil und Kind zusammenleben<br />

Schulsozialarbeit – ein vielfältiges Handlungsfeld<br />

Elterliche Sorge<br />

Buchtipps<br />

<strong>Moses</strong> <strong>Online</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong>


<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Liebe Leserin, lieber Leser.<br />

Liebe Leser<br />

in diesem <strong>Magazin</strong> finden Sie eine umfassende Darstellung<br />

von Handlungsfeldern und Möglichkeiten<br />

der Schulsozialarbeit. Es wird deutlich, wie notwendig<br />

diese Form der Sozialarbeit ist und welche Hilfe<br />

sie für Eltern und Schulkinder sein kann.<br />

Im rechtlichen Teil veröffentlichen wir das Urteil<br />

des Bundesverwaltungsgericht „Gewährung der<br />

Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII auch dann, wenn<br />

Großeltern, Elternteil und Kind zusammenleben“ in<br />

dem deutliche Klarstellungen zum Begriff der ‚Herkunftsfamilie‘<br />

und der ‚anderen Familie‘ gemacht<br />

werden. Und wir informieren über die ‚Elterliche<br />

Sorge‘.<br />

In der Rubrik Buchvorstellungen werden acht Bücher<br />

und Broschüren, darunter Kinderbücher und<br />

Arbeitsmaterialien für Fachkräfte vorgestellt. Darüber<br />

hinaus weisen wir auf ‚Arbeitshilfen und Handlungsempfehlungen<br />

zur Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes,<br />

die im Internet zu finden sind‘<br />

hin. Der Bereich ‚ Interessantes‘ rundet das <strong>Magazin</strong><br />

ab.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen.<br />

Herzliche Grüße<br />

Henrike Hopp<br />

Die aktuelle <strong>Ausgabe</strong> finden Sie online mit diesem Link:<br />

www.moses-online.de/moses-online-magazin/ausgabe-februar-<strong>2013</strong><br />

oder kurz: www.moses-online.de/node/17304<br />

Wir wünschen Ihnen beim Lesen viele Freude.<br />

Inhaltsverzeichnis:<br />

Arbeitshilfen und Handlungsempfehlungen zur Umsetzung des<br />

Bundeskinderschutzgesetzes................................................................................................................... 3<br />

- Lotsen im Übergang - Rahmenbedingungen und Standards bei der Gestaltung von<br />

Übergängen für Pflegekinder .................................................................................................................... 4<br />

Rechtliches..................................................................................................................................................... 7<br />

Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII wird auch gewährt, wenn Großeltern, Elternteil und Kind<br />

zusammenleben 7<br />

Schulsozialarbeit – ein vielfältiges Handlungsfeld – von Sabine Wehn –..................................... 9<br />

Was ist „Elterliche Sorge“? ..................................................................................................................... 15<br />

Personensorge 16<br />

Vermögenssorge 17<br />

Interessantes ............................................................................................................................................... 17<br />

Buchtipps ..................................................................................................................................................... 18<br />

2


<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Arbeitshilfen und Handlungsempfehlungen<br />

zur Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes<br />

Quelle: Jugendhilfereport des LVR 1-13<br />

Handlungsempfehlungen zum Bundeskinderschutzgesetz – Orientierungsrahmen und<br />

erste Hinweise zur Umsetzung<br />

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter<br />

(BAG LJÄ) haben Handlungsempfehlungen zum Bundeskinderschutzgesetz veröffentlicht.<br />

Auf 52 Seiten stellen sie die wichtigsten Änderungen vor.<br />

Sie gehen dabei insbesondere auf die Frühen Hilfen, den Auf- und Ausbau von Netzwerkstrukturen, Verfahrensvorgaben<br />

zur Weiterentwicklung des Kindeschutzes, die Stärkung der Rechte von Kindern und<br />

Jugendlichen sowie die Qualitätsentwicklung ein.<br />

www.bagljae.de - und dann weiterklicken - Veröffentlichungen - Empfehlungen und Stellungnahmen<br />

Nr. 111<br />

Anforderungen an Ausstattung und Leistungsfähigkeit der Jugendämter bzw. der<br />

Allgemeinen Sozialen Dienste in NRW unter besonderer Berücksichtigung von<br />

Vorgaben aus dem Bundeskinderschutzgesetz<br />

Das Institut für soziale Arbeit (ISA) e.V. hat eine Expertise zu den Anforderungen an Ausstattung und<br />

Leistungsfähigkeit der Jugendämter beziehungsweise des ASD seit Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes<br />

erstellt. Hierzu sind viele Fachleute innerhalb und außerhalb der Jugendhilfe als Experten der<br />

Theorie und Praxis beteiligt worden, um den Blickwinkel der Praxis zu fokussieren.<br />

Die Autoren stellen die Neuregelungen des Bundeskinderschutzgesetzes vor und beschreiben die Besonderheiten<br />

des ASD. Im nächsten Schritt übertragen sie die Änderungen auf den Betrieb des ASD und stellen<br />

Handlungsempfehlungen auf. In einer tabellarischen Übersicht werden schließlich nach Paragrafen<br />

sortiert Aufgaben und Anforderungen des Bundeskinderschutzgesetzes und ihre Auswirkungen auf die<br />

Struktur und das Personal im ASD dargestellt<br />

www.isa-muenster.de/cms/upload/pdf/Expertise_ASD_Broscheure_Web.pdf<br />

Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Sicherung der Rechte von Kindern und<br />

Jugendlichen in Einrichtungen<br />

Der Deutsche Verein hat Empfehlungen zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen<br />

erarbeitet. Die Veröffentlichung beschäftigt sich mit den Beteiligungsverfahren und Beschwerdemöglichkeiten<br />

von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen, die der neu gefasste § 45 SGB VIII vorschreibt.<br />

Die Empfehlungen beziehen sich auf alle Einrichtungen, die einer Betriebserlaubnis bedürfen.<br />

Ausgenommen sind lediglich Kindertagesstätten.<br />

Auf 16 Seiten werden wichtige Begriffe erklärt und Wege aufgezeigt, wie Kinder und Jugendliche in Einrichtungen<br />

beteiligt und Beschwerdemöglichkeiten etabliert werden können.<br />

www.deutscher-verein.de (Der Link in dieser PDF-Datei oder auf unserer <strong>Online</strong>-Version führt direkt<br />

zur gewünschten Unterseite – ist aber zu lang, um hier gedruckt zu werden.)<br />

Empfehlungen zu Führungszeugnissen bei Neben- und Ehrenamtlichen in der Kinderund<br />

Jugendhilfe (§ 72 a Abs. 3 und Abs. 4 SGB VIII)<br />

Der Deutsche Verein hat auch eine Empfehlung zu Führungszeugnissen bei Neben- und Ehrenamtlichen in<br />

der Kinder- und Jugendhilfe herausgegeben. Ihr Ziel ist es, die Kinder- und Jugendhilfe vor Ort bei der<br />

Umsetzung der Regelungen in § 72 a Abs. 3 und Abs. 4 SGB VIII zu unterstützen. Sie richtet sich an die<br />

örtlichen und überörtlichen Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe sowie an die Zusammenschlüsse<br />

auf Länder- und Bundesebene. Dargestellt wird zunächst der Anwendungsbereich des § 72a SGB VIII.<br />

3


<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Dabei werden die Begrifft »neben- und ehrenamtliche Tätigkeit« sowie »Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe«<br />

erläutert.<br />

Auch gehen die Empfehlungen auf Situationen ein, in denen ein niedriges beziehungsweise hohes Gefährdungspotential<br />

nach Art, Intensität und Dauer der Tätigkeit besteht. Abgerundet werden die Empfehlungen<br />

durch eine schematisch dargestellte Orientierungshilfe.<br />

www.deutscher-verein.de (Der Link in dieser PDF-Datei oder auf unserer <strong>Online</strong>-Version führt direkt<br />

zur gewünschten Unterseite – ist aber zu lang, um hier gedruckt zu werden.)<br />

Handlungsleitlinien zur Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes im Arbeitsfeld<br />

der betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen nach § 45 SGB VIII<br />

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (BAG LJÄ) hat Handlungsleitlinien für die Umsetzung<br />

des Bundeskinderschutzgesetzes im Arbeitsfeld der betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen nach<br />

§ 45 SGB VIII entwickelt. Auf 12 Seiten werden die Neuregelungen in § 45 SGB VIII (Erlaubnis für den<br />

Betrieb einer Einrichtung), in § 47 SGB VIII (Meldepflichten) sowie in § 8b Abs. 2 SGB VIII (Fachliche<br />

Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen) erläutert.<br />

www.bagljae.de - und dann weiterklicken - Veröffentlichungen - Empfehlungen und Stellungnahmen<br />

Nr. 112<br />

Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe – Diskussionspapier des<br />

Deutschen Vereins zum Umgang mit §§ 79, 79 a SGB VIII<br />

Der Deutsche Verein hat ein Diskussionspapier zum Umgang mit §§ 79, 79a SGB VIII herausgegeben.<br />

Damit möchte der Deutsche Verein ausgehend von der aktuell geltenden Gesetzeslage die fachliche und<br />

fachpolitische Bedeutung der Qualitätsentwicklung für die Kinder- und Jugendhilfe unterstreichen und<br />

Impulse für die mögliche Umsetzung der Neuregelungen der §§ 79, 79a SGB VIII geben. Insbesondere soll<br />

der Stellenwert der Jugendhilfeplanung in diesem Kontext hervorgehoben werden. Das Diskussionspapier<br />

beschreibt auf 17 Seiten die Anforderungen, die an die Qualitätsentwicklung gestellt werden und macht<br />

Vorschläge, wie mit den Regelungen zur Qualitätsentwicklung umgegangen werden kann.<br />

www.deutscher-verein.de (Der Link in dieser PDF-Datei oder auf unserer <strong>Online</strong>-Version führt direkt<br />

zur gewünschten Unterseite – ist aber zu lang, um hier gedruckt zu werden.)<br />

- Lotsen im Übergang -<br />

Rahmenbedingungen und Standards bei der Gestaltung<br />

von Übergängen für Pflegekinder<br />

Eine kurze Dokumentation der Fachtagung am 14. und 15. Juni 2012 des Deutschen Instituts für Urbanistik.<br />

Die Tagung beschäftigte sich mit nachfolgenden Punkten:<br />

Begrüßung und Eröffnung<br />

Die Begrüßung erfolgte durch Dr. Heike Schmid-Obkirchner. Sie ist Leiterin des Referates Rechtsfragen<br />

der Kinder und Jugendhilfe im Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend.<br />

Auszüge aus ihrem Referat:<br />

4<br />

Pflegekinder sind in der Regel erheblich vorbelastet.<br />

Sie müssen sich mit schlechtenh, mitunter<br />

traumatischen Erfahrungen auseinandersetzen.<br />

Fast die Hälfte der Pflegekinder erscheint in<br />

einem behandlungsbedürftigen Umstand psychisch<br />

auffällig. Daher ist schon der erste Übergang<br />

in der Pflegekindschaft – die Begründung<br />

des Pflegeverhältnisses, das Verlassen der eigenen<br />

Familie, das Einfinden in der Pflegefamilie –<br />

eine sehr große Herausforderung für die Pflegekinder,<br />

aber auch für alle am Hilfeprozess Beteiligten.<br />

Hier werden entscheidende Weichen für<br />

eine gelingende Pflegekindschaft gestellt, in<br />

deren Verlauf die hohen Belastungen der Pflege-


<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

kinder abgebaut werden müssen. Dieser Abbau<br />

hängt maßgeblich davon ab, ob die neue gewachsenen<br />

Bindungen zwischen den Pflegeeltern und<br />

den Pflegekindern im Interesse des Kindes gestärkt<br />

werden, ob die Pflegefamilien verlässlich,<br />

qualitativ hochwertig beraten und unterstützt und<br />

ob auch mit der Herkunftsfamilie qualifiziert<br />

gearbeitet wird….<br />

Neben dem allgemeinen Handlungsauftrag zur<br />

kontinuierlichen Qualitätsentwicklung und –<br />

sicherung intendiert das Bundeskinderschutzgesetz<br />

auch eine verbindliche Sicherstellung der<br />

Hilfekontinuität für Pflegekinder. Dazu wurden<br />

Konkretisierungen in § 37 SGB VIII vorgenommen.<br />

Im § 37 SGB VIII wurde außerdem ein neuer<br />

Absatz zur Sicherstellung der Hilfekontinuität<br />

aufgenommen, in dem die zentralen Inhalte des<br />

Hilfeplanes in Bezug auf die Pflegekinderhilfe<br />

konkretisiert wurden. Im Hilfeplan müssen die<br />

Art und Weise der Zusammenarbeit der Beteiligten<br />

am Hilfeplanprozess genau gereeglt, der Umfang<br />

der Beratung, die die Pflegefamilie erhalten<br />

soll, sowie die Höhe der laufenden Leistungen<br />

zum Unterhalt festgestellt werden. …..<br />

Klargestellt wird darüber hinaus auch, dass diese<br />

im Hilfeplan festgelegten Leistungsinhalte nur<br />

geändert werden dürfen, wenn sich der Hilfebedarf<br />

ändert. Ein Wechsel der Zuständigkeit hingegen<br />

kann und darf kein Grund sein, die Festlegungen<br />

im Hilfeplan in Frage zu stellen bzw. zu<br />

ändern. …<br />

Es bleibt beim Zuständigkeitswechsel nach zwei<br />

Jahren, aber es bleibt auch bei den beschriebenen<br />

Änderungen im § 38 SGB VIII. Jetzt gilt es zu<br />

prüfen, ob durch diese Änderungen im § 37 mehr<br />

Hilfekontinuität erreicht werden kann. Das<br />

BMFSFJ wird der Wirkungen der Änderungen<br />

im § 37 im Hinblick auf die Hilfekontinuität im<br />

Rahmen der Evaluation des Bundeskinderschutzgesetzes<br />

analysieren. Dabei werden wir ein besonderes<br />

Augenmerk auf die Übergänge, vor<br />

allem auf die Sollbruchstelle des Zuständigkeitswechsels<br />

richten. Darüber hinaus beabsichtigten<br />

wir, die Qualifizierung der Pflegekinderhilfe<br />

im Rahmen von Projekten im Sinne des<br />

neuen § 79a SGB VIII zu unterstützen. Im Jahr<br />

2015 müssen wir dem Bundestag einen Evaluationsbericht<br />

vorlegen, in dem die Entwicklung in<br />

den Jahren nach Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes<br />

dargestellt und eventuell Nachbesserungsvorschläge<br />

angestoßen werden ….<br />

Übergänge im Erleben von Pflegekindern und Qualitätsstandards<br />

Prof. Dr. Klaus Wolf, Universität Siegen<br />

Auszüge aus seinem Referat:<br />

„Das menschliche Leben stellt einen lebenslangen<br />

Entwicklungsprozess dar, den der einzelne<br />

Mensch als Subjekt selbst mitgestaltet, bei dem<br />

seine Entwicklungs- und Lernprozesse aber andererseits<br />

auch in Verhältnissen stattfinden, die er<br />

nicht selbst geschaffen und eingericht hat, sondern<br />

die auch unabhängig von ihm als materielle<br />

und soziale Lebensbedingungen exisitieren und<br />

die er zunächst vorfindet, um sie im Verlaufe des<br />

Lebens zu beeinflussen.<br />

In diesem lebenslangen Entwicklungsprozess<br />

finden immer wieder auch Übergange statt. Manche<br />

dieser Übergänge werden als deutliche Veränderung,<br />

Umbrüche und Zäsuren empfunden,<br />

andere finden allmählich statt, unbemerkt und oft<br />

auch unbewusst von dem Menschen, der sich<br />

verändert. Diese sehr unterschiedlichen Übergänge<br />

werden nicht nur sehr verschieden erlebt,<br />

sonders es gibt auch ganz unterschiedliche Begriffe<br />

für solche Übergangsphänomene: Statuspassagen,<br />

Ortswechsel, Beziehungsabbrüche, kritische<br />

Lebensereignisse, Schicksalsschläge und<br />

viele andere. …<br />

Deswegen gibt es auch einen wichtigen Unterschied<br />

zwischen Veränderungen und Übergängen,<br />

die durch eigene Entscheidungen und Aktivitäten<br />

zielgerichtet ausgelöst und gestaltet worden<br />

sind, und solchen, die als Schicksalsschlag<br />

von außen wahrgenommen werden, als Ereignisse,<br />

die plätzlich ohne persönlichen Einfluss in<br />

das eigene Leben eingreifen. Kinder sind dabei in<br />

noch stärkerem Maße als Erwachsene auf ein<br />

Grundgefühl von Schutz und Stabilität angewiesen“.<br />

Bilder und Modelle vom Pflegekind<br />

„Ich empfehle stattdessen, Pflegekinder in erster<br />

Linie als Kinder und Jugendliche, Jungen und<br />

Mädchen wahrzunehmen, die versuchen, im<br />

schwierigen Gelände zurechtzukommen, Ihre<br />

Erfahrungen verarbeiten und sich ihre Welt erklären<br />

wollen, die ein positives Selbstbild entwickeln<br />

und handlungsfähig bleiben wollen. Damit<br />

sind die besonderen Belastungen und Lebenserfahrungen<br />

nicht ausgeblendet, aber der Blick<br />

richtet sich auch auf die normalen Aufgaben und<br />

Themen des Aufwachsens in unserer Gesellschaft,<br />

mit denen es die Pflegekinder auch zu tun<br />

haben“.<br />

Verschiedene Dimensionen von Übergängen<br />

„Übergänge können in verschiedenen Dimensionen<br />

beschrieben werden, drei möchte ich hervor-<br />

5


<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

heben: Übergänge als Ortswechsel, als Veränderungen<br />

im Beziehungsnetzwerk und als biografische<br />

Zäsuren. Der Autor beschreibt hier die verschiedenen<br />

Formen und Folgen der Übergänge,<br />

ob verbunden mit Beispielen aus den Erfahrungen<br />

von Kindern und Jugendlichen und empfiehlt<br />

den Vergleich mit der Praxis in den USA bei der<br />

Fremdunterbringung eines Kindes“.<br />

Belastungen und Ressourcen im Übergang<br />

„In Übergangssituationen haben Menschen besondere<br />

Probleme zu bewältigen und sie erleben<br />

spezifische B elastungen. Solche Probleme können<br />

Sie bewältigen, wenn ihnen die dafüt notwendigen<br />

Ressourcen zugänglich gemacht werden.<br />

Solche Aufgaben, Probleme und Belastungen<br />

bestehen für die Eltern, die Pflegeeltern, die<br />

Kinder der Pflegeeltern, die Geschwister und<br />

weitere – und eben für die hier im Mittelpunkt<br />

stehenden Pflegekinder“.<br />

Anhand von Zitaten aus biografischen Interviews<br />

werden nun die die Aufgaben der Pflegekinder<br />

und die notwendigen Ressourcen skizziert.<br />

In die Fremde kommen<br />

Fremdbestimmung oder Beteiligung<br />

Sorge um die anderen<br />

Der Guide oder professionelle Lotse als Ressource<br />

In der Zusammenfassung heißt es:<br />

„Pflegekinder haben ungewöhnliche Übergänge<br />

zu bewältigen. Viele dieser Übergänge sind auch<br />

durch Entscheidungen Sozialer Dienste und von<br />

Familiengerichten ausgelöst. Jeder Übergang löst<br />

neue Aufgaben der Neuorientierung und Bewältigung<br />

aus und erfordert Aufmerksamkeit und<br />

bindet Kapazitäten. Trotzdem können Wechsel<br />

außerordentlich notwendig sein, um Lebens- und<br />

Entwicklungsbedigungen zu verbessern.<br />

Für den professionellen Umgang mit Übergängen<br />

von Pflegekindern lassen sich folgende Ziele<br />

unterscheiden:<br />

Eine Vermeidung der vermeidbaren Turbulenzen<br />

durch eine längerfristig angelegte<br />

Kontinuität sichernde Planung<br />

Eine hinreichende Unterstützung der Familien,<br />

um einen ungeplanten Ausschluss des<br />

Kindes aus seiner Familie zu vermeiden<br />

Die Abmilderung der Belastungen beim<br />

Wechsel durch Partizipation der Kinder an<br />

den für wichtigen Entscheidungen und die<br />

Sorge professioneller Dienst, dass ein Guide<br />

für die Kinder den Wechsel begleitet“<br />

Sicherung der Hilfekontinuität bei Zuständigkeitswechsel durch das<br />

Bundeskinderschutzgesetz<br />

Diana Eschelbach, Mitarbeiterin im Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht DIJuF e.V.<br />

Das Referat unterteilt sich in nachfolgende Abschnitte:<br />

Vorgeschichte<br />

Sonderzuständigkeit nach $ 86 Abs. 6 SGB VIII<br />

Kritikpunkte<br />

Ergebnisse aus Forschungsprojekt und Arbeitsgruppe des BMFSFJ<br />

Gesetzgebungsprozess<br />

Änderungen im § 37 SGB VIII<br />

Änderungen in § 86c SGB VIII<br />

Biografiearbeit für Pflegekinder und mit Pflegekindern<br />

Heidrun Sauer, Teamtleiterin, Kompetenz-Zentrum Pflegekinder e.V. Berlin<br />

Brücken bauen - Pflegekinder stärken<br />

Biografiearbeit stärkt Pflegekinder auf vielen Ebenen. Sie bietet ihnen die Chance, Brücken zwischen ihren<br />

früheren und aktuellen Lebensbereichen zu bauen und unterstützt sie, auch komplexe, oft komplizierte<br />

Zusammenhänge zu verstehen<br />

Facetten der Biografiearbeit<br />

Mit Biografiearbeit Übergänge gestalten<br />

Die Rolle der ‚Lotsen‘ im Übergang<br />

Ergebnissberichte von 6 Arbeitsgruppen zum Thema:<br />

Wie geht es Kindern, was brauchen Kinder, was<br />

braucht die Praxis um Übergänge erfolgreich zu<br />

gestalten?<br />

Inobhutnahme – erste Schritte aus der Krise +<br />

Perspektivklärung<br />

6<br />

Zurück nach Hause? Rückführung in die Herkunftsfamilie<br />

als geplanter und gestalteter<br />

Übergang. Welche Kriterien sind entscheidend?


<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Gestaltung von übergängen in die Pflegefamilien<br />

und in Anschlusshilfen – Vorstellung und<br />

Diskussion fachlicher Standards für die Gestaltung<br />

dieser Übergänge und verschiedener<br />

Fallbeispiele<br />

Wann ist Zeit? Verselbständigung erwachsener<br />

Pflegekinder – Voraussetzungen, Rahmenbedingungen,<br />

Begleitung<br />

Der richtige Platz für das Kind? Das erste<br />

Jahr in der Verwandtenpflege: Überprüfung<br />

und Begleitung der Familie<br />

Vorzeitige Beendigung/Abbruch von Pflegeverhältnissen:<br />

Kriterien an und für Anschlusshilfen<br />

Best-Practice-Arbeitsgruppen zur ‚Gestaltung<br />

von Übergängen‘ – Bericht von 5 Arbeitsgruppen<br />

Übergänge für Pflegekinder bis zum fünften<br />

Lebensjahr von Familiärer Bereitschaftsbetreuung<br />

(FBB) in eine geeignete Pflegefamilie gestalten<br />

– Qualitätsstandards im Prozess<br />

Andreas Sahnen, Leiter des Pflegekinderdienstes<br />

im Kinderhilfezentrum Jugendamt Düsseldorf<br />

Kooperation ASD und PKD – Konzeptionelle<br />

Grundlagen der derzeitigen Neuorganisation des<br />

PKD der Stadt Köln<br />

Klaus-Peter Vollmecker, Stellvertretender Leiter<br />

des Amtes für Kinder, Jugend und Familie Köln<br />

Clearing – Welche Ressourcen gibt es im sozialen<br />

Nahraum und wie kann Bindungsqualität<br />

gewährleistet werden?<br />

Alexandra Szylowicki, Geschäftsführerin, Pflege-<br />

und Patenkinder Fachdienst für Familien<br />

(PFIFF) GmbH, Hamburg<br />

Verliebt, verlobt... Verwandtenpflege. Wenn<br />

Übergänge anders als geplant verlaufen - Best-<br />

Practice-Beispiel aus der Verwandtenpflege in<br />

Bremen<br />

Sabine Simon, Interne Fachberaterin/Qualitätsentwicklung,<br />

PiB Pflegekinder in<br />

Bremen<br />

Vorbereitung von Pflegepersonenbewerber/innen:<br />

Interessentengewinnung und Eignungsfeststellung<br />

Elke Wagner, Referatsleiterin, Landesjugendamt<br />

Brandenburg, Bernau<br />

Gestaltung von Übergängen aus der Sicht der<br />

Fachkräfte<br />

Was brauchen<br />

Professionelle Fachkräfte<br />

Pflegekinder<br />

Pflegefamilien<br />

Herkunftsfamilien<br />

Dr. Thomas Mesen, Fachlicher Leiter, Deutsches<br />

Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DI-<br />

JuF) e.V.<br />

Aufgabe dieses Referates ist es, zum Abschluss<br />

der Tagung die Eindrücke zusammenzufassen<br />

und unter den o.a. Überschriften ein Fazit zu<br />

ziehen.<br />

Sie können das Arbeitsheft hier bestellen:<br />

http://www.difu.de/publikationen/2012/<br />

lotsen-im-uebergang-rahmenbedingungen-und-standards-bei.html<br />

Rechtliches<br />

Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII wird auch gewährt, wenn Großeltern,<br />

Elternteil und Kind zusammenleben<br />

Großeltern gelten nicht als Herkunftsfamilien,<br />

sondern als eine 'andere Familie', wenn sie ihr<br />

Enkelkind bei sich aufnehmen. Zur Herkunftsfamilie<br />

zählen nur die Eltern und deren Kinder.<br />

Eine Vollzeitpflege im Sinne von § 33 SGB VIII<br />

wird demnach auch dann 'außerhalb des Elternhauses'<br />

gewährt, wenn - wie hier - die Pflegeeltern<br />

und ein Elternteil im selben Haushalt leben.<br />

Auszug aus der Begründung<br />

Datum der Entscheidung: 01.03.2012 AZ 5 C<br />

12.11 Bundesverwaltungsgericht<br />

Die Kläger begehren jugendhilferechtlichen<br />

Aufwendungsersatz für die Vollzeitpflege ihres<br />

Enkelkindes.<br />

Die Kläger sind die Großeltern der am 23. November<br />

2005 geborenen Emily M. Die Mutter<br />

des Kindes war zum Zeitpunkt seiner Geburt erst<br />

15 Jahre alt. Daher hat das Amtsgericht den<br />

Großeltern die Vormundschaft für das Kind übertragen,<br />

in deren Haushalt die minderjährige Mutter<br />

und ihr Kind von Anfang an lebten. Die Kläger<br />

beantragten am 19. April 2006 die Gewährung<br />

von Hilfe zur<br />

7


<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Erziehung in Form von Vollzeitpflege und die<br />

Bewilligung von Pflegegeld. Die Beklagte lehnte<br />

dies mit Bescheid vom 19. Mai 2006 ab. Hiergegen<br />

haben die Kläger am 22. Juni 2006 Klage<br />

erhoben, die Pflege ihres Enkelkindes aber fortgesetzt.<br />

Nachdem die gesamte Großfamilie am 21. Juni<br />

2007 in den Nachbarlandkreis umgezogen war,<br />

beantragten die Kläger dort mit Schreiben vom<br />

21. Oktober 2007 die Bewilligung von Vollzeitpflege,<br />

was mit Bescheid vom 10. Dezember<br />

2007 ebenfalls abgelehnt wurde und Gegenstand<br />

eines weiteren Verwaltungsrechtstreits ist. Den<br />

Großeltern wurde nach dem Auszug der Kindesmutter<br />

aus der gemeinsamen Wohnung ab August<br />

2009 Vollzeitpflege bewilligt.<br />

Das Verwaltungsgericht hat der zuerst erhobenen<br />

Klage gegen die beklagte Stadt mit Urteil vom<br />

21. Mai 2008 stattgegeben und diese verpflichtet,<br />

den Klägern „Hilfe zur Erziehung in Form der<br />

Gewährung von Pflegegeld“ für ihr Enkelkind ab<br />

dem 19. April 2006 zu bewilligen.<br />

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht<br />

hat mit Beschluss vom 13. Januar 2011 das Urteil<br />

abgeändert und die Klage abgewiesen. Ein Anspruch<br />

auf Pflegegeld bestehe schon deswegen<br />

nicht, weil das Kind von Geburt an mit seiner<br />

Mutter und seinen Großeltern zusammengelebt<br />

habe, so dass keine Pflege „außerhalb des Elternhauses“<br />

im Sinne der § 27 Abs. 2a, § 39 Abs. 1<br />

Satz 1 SGB VIII vorliege. Unter dem Begriff des<br />

Elternhauses sei der Ort zu verstehen, an dem<br />

sich der Minderjährige mit seinen Eltern aufhalte<br />

und an dem sich Eltern-Kind-Beziehungen entwickeln<br />

könnten. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII<br />

regele die Sicherstellung des Lebensunterhalts<br />

eines Kindes oder Jugendlichen, der außerhalb<br />

der eigenen Familie erzogen werde. Da Mutter<br />

und Kind hier nicht getrennt seien, finde keine<br />

Pflege außerhalb des Elternhauses statt. Dementsprechend<br />

sehe auch § 33 Satz 1 SGB VIII die<br />

Gewährung von Vollzeitpflege nur vor, wenn<br />

zwischen der „Herkunftsfamilie“ und der die<br />

Pflege durchführenden „anderen Familie“ unterschieden<br />

werden könne. Eine solche Unterscheidung<br />

sei aber nicht möglich, wenn das Kind, die<br />

Mutter und die Großeltern in einer aus drei Generationen<br />

bestehenden Familie in einem Haushalt<br />

zusammen lebten. Es liege somit auch keine<br />

Vollzeitpflege vor.<br />

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügen<br />

die Kläger eine Verletzung der §§ 27, 33, 39<br />

SGB VIII. Hilfe zur Erziehung in Form von<br />

Vollzeitpflege sei nicht allein deshalb ausgeschlossen,<br />

weil die Betreuung durch Großeltern<br />

in deren Familie erfolge. Die Großeltern zählten<br />

unabhängig von den Wohnverhältnissen nicht zur<br />

„Herkunftsfamilie“, zu der nur die hilfebedürftigen<br />

Kinder und ihre Eltern zu rechnen seien. Es<br />

bestünden im vorliegenden Fall keine Zweifel<br />

darüber, dass die Kindesmutter als „Herkunftsfamilie“<br />

nicht erziehungsfähig sei. Bei dem Haus<br />

der Großeltern handele es sich auch nicht um das<br />

„Elternhaus“ des Enkelkindes. Vielmehr verfüge<br />

die leibliche Mutter nicht über einen eigenen<br />

Haushalt. Aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ergebe<br />

sich zudem die Verpflichtung des Staates,<br />

familiäre Bindungen des Kindes zu seinen Eltern<br />

oder Großeltern möglichst zu erhalten oder wiederherzustellen,<br />

so dass auch beim Zusammenleben<br />

von drei Generationen unter einem Dach<br />

Vollzeitpflege gewährt werden müsse. In zeitlicher<br />

Hinsicht bestehe der Anspruch auf Vollzeitpflege<br />

vom Zeitpunkt der Antragstellung am 19.<br />

April 2006 bis zum Zeitpunkt der erstmaligen<br />

Befriedigung am 1. August 2009. Im vorliegenden<br />

Rechtsstreit sei die beklagte Stadt zur Hilfegewährung<br />

bis 21. Oktober 2007 verpflichtet.<br />

Dass die Kläger im Juni 2007 aus dem Bereich<br />

der Beklagten weggezogen seien, berühre den<br />

Anspruch nicht.<br />

Die Beklagte verteidigt den angegriffenen Beschluss.<br />

Der Vertreter des Bundesinteresses hat<br />

sich der Rechtsauffassung der Kläger angeschlossen<br />

Die zulässige Revision ist begründet<br />

Das Begehren der Kläger ist nach § 36a Abs. 3<br />

Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Achtes Buch -<br />

(SGB VIII) begründet.<br />

Diese Bestimmung verleiht einen Anspruch auf<br />

die Übernahme der erforderlichen Aufwendungen<br />

für selbst beschaffte Hilfen. Das sind Hilfen,<br />

die - wie hier - vom Leistungsberechtigten abweichend<br />

von § 36a Abs. 1 und 2 SGB VIII erbracht<br />

werden, ohne dass eine Entscheidung des<br />

Trägers der Jugendhilfe oder eine Zulassung<br />

durch diesen vorangegangen ist. Der Übernahmeanspruch<br />

setzt nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB<br />

VIII voraus, dass der Leistungsberechtigte den<br />

Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der<br />

Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in<br />

Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1), die Voraussetzungen<br />

für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2)<br />

und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen<br />

Aufschub geduldet hat (Nr. 3). Dies war hier der<br />

Fall.<br />

Die Kläger hatten die Beklagte zu Beginn des<br />

Zeitraums, für den die Übernahme der Aufwendung<br />

beansprucht wird, von dem Hilfebedarf in<br />

Kenntnis<br />

gesetzt<br />

b) Die Kläger hatten in dem hier in Rede stehenden<br />

Zeitraum einen Anspruch auf Gewährung<br />

von<br />

Vollzeitpflege.<br />

aa) Die Voraussetzungen des § 33 Satz 1 SGB<br />

8


<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

VIII lagen vor. Insbesondere wurde die Vollzeitpflege<br />

durch die Kläger „in einer anderen Familie“<br />

erbracht. § 33 Satz 1 SGB VIII unterscheidet<br />

zwischen der „Herkunftsfamilie“ und der „anderen<br />

Familie“. Findet die Pflege in der Herkunftsfamilie<br />

statt, scheidet ein Anspruch nach § 33<br />

Satz 1 SGB VIII aus. In der Rechtsprechung des<br />

Senats ist geklärt, dass aus Sicht des § 33 Satz 1<br />

SGB VIII die Herkunftsfamilie die Familie ist,<br />

aus der das Kind oder der Jugendliche ursprünglich<br />

herkommt. Das ist die aus den Eltern und<br />

gegebenenfalls Geschwistern bestehende sogenannte<br />

Kernfamilie<br />

Demnach gehören die Großeltern nicht zur Herkunftsfamilie.<br />

Erbringen sie die Vollzeitpflege,<br />

sind sie als „andere Familie“ im Sinne von § 33<br />

Satz 1 SGB VIII anzusehen<br />

Die die Pflege erbringenden Großeltern sind auch<br />

dann als „andere Familie“ anzusehen, wenn zwischen<br />

ihnen und den Eltern des Kindes oder Jugendlichen<br />

keine räumliche Trennung besteht,<br />

weil alle drei Generationen in einem Haushalt<br />

zusammenleben<br />

Eine an Sinn und Zweck des § 33 Satz 1 SGB<br />

VIII ausgerichtete Auslegung gebietet die Annahme,<br />

dass eine von den Großeltern geleistete<br />

Vollzeitpflege auch dann in einer „anderen Familie“<br />

stattfindet, wenn die Eltern des Kindes oder<br />

Jugendlichen im selben Haushalt leben. § 33<br />

SGB VIII verfolgt das Ziel, die Erziehungsbedingungen<br />

eines Kindes oder Jugendlichen durch<br />

Einschaltung von Pflegepersonen zu verbessern,<br />

wenn der erzieherische Bedarf durch Mitglieder<br />

der Herkunftsfamilie nicht abgedeckt werden<br />

kann. Bei der Auswahl der Pflegepersonen sind<br />

die persönlichen Bindungen des Kindes oder<br />

Jugendlichen in besonderer Weise zu berücksichtigen.<br />

Hat ein Kind oder Jugendlicher eine besondere<br />

Beziehung etwa zu seinen Großeltern,<br />

liefe es dem Sinn und Zweck des § 33 SGB VIII<br />

zuwider, diese deshalb nicht als „andere Familie“<br />

anzusehen und von dem Anspruch auf Vollzeitpflege<br />

auszuschließen, weil in ihrem Haushalt<br />

auch noch die Eltern oder ein Elternteil leben und<br />

es damit an einer räumlichen Trennung fehlt.<br />

Nur ein übertragenes Begriffsverständnis des<br />

„Elternhauses“ im Sinne des elterlichen Haushalts<br />

trägt der aufgezeigten Zielsetzung des § 27<br />

Abs. 2a SGB VIII ausreichend Rechnung, die<br />

nahen Verwandten des hilfebedürftigen Kindes<br />

oder Jugendlichen stärker an der Vollzeitpflege<br />

zu beteiligen. Die Gesetzesmaterialien zu jener<br />

Vorschrift liefern keinen Anhaltspunkt dafür,<br />

dass durch die Formulierung „außerhalb des<br />

Elternhauses“ eine Einschränkung der Vollzeitpflege<br />

durch Verwandte im Sinne eines räumlichen<br />

Trennungsgebots bezweckt ist.<br />

Ferner widerspräche es - wie von den Klägern<br />

zutreffend hervorgehoben wird - der Intention<br />

des § 33 SGB VIII sowie des § 37 Abs. 1 Satz 2<br />

und 3 SGB VIII, die Erziehungsbedingungen in<br />

der Herkunftsfamilie zu verbessern, wenn das<br />

Zusammenleben der Pflegeeltern mit einem altersbedingt<br />

noch nicht erziehungsfähigen<br />

leiblichen Elternteil das entscheidende Kriterium<br />

für die Ablehnung des Anspruchs auf Vollzeitpflege<br />

wäre. Denn ein solches Zusammenleben<br />

kann auch dazu führen, die Erziehungsfähigkeit<br />

und -bereitschaft des Elternteils zu stärken.<br />

Dass aufgrund der ab Geburt bestehenden persönlichen<br />

Bindungen des Kindes die Vollzeitpflege<br />

durch die Großeltern dem Kindeswohl<br />

entsprochen hat, drängt sich auf, zumal an der<br />

persönlichen Eignung der Kläger zur Erziehung<br />

des Kindes kein vernünftiger Zweifel besteht<br />

Die Vollzeitpflege duldete auch keinen zeitlichen<br />

Aufschub im Sinne von § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3<br />

SGB VIII, was zwischen den Parteien auch nicht<br />

umstritten ist.<br />

Hier können Sie das komplette Urteil lesen:<br />

www.moses-online.de/node/16820<br />

Schulsozialarbeit – ein vielfältiges Handlungsfeld<br />

– von Sabine Wehn –<br />

In Deutschland ist die Schule ein fester Bestandteil<br />

der Lebenswelt junger Menschen. Hierzu<br />

trägt unter anderem die allgemeine Schulpflicht<br />

bei. Insgesamt kommt der Schule eine maßgebliche<br />

Bedeutung zu, da die Kinder und Jugendlichen<br />

einerseits einen großen Teil ihrer Zeit dort<br />

verbringen und andererseits die Erfolge und<br />

Misserfolge in der Schule einen großen Einfluss<br />

auf die Berufs- und Lebenschancen des Einzelnen<br />

haben.<br />

Allerdings ist der Schulbesuch nicht immer einfach<br />

und unproblematisch. Die Schule ist ein<br />

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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

hochstrukturiertes System, in dem Heranwachsende<br />

mit etwa gleichem Leistungsstand in der<br />

Regel in unterschiedlichen Schulformen zusammengefasst<br />

und innerhalb einer Schulform, entsprechend<br />

ihres Alters, einzelnen Lerngruppen<br />

zugeordnet werden. Im Rahmen einer Lerngruppe<br />

werden an alle Mitglieder einheitliche Leistungsanforderungen<br />

gestellt. Auf die individuellen<br />

Bedürfnisse und Problemlagen der Kinder<br />

kann das System dabei nur in geringem Maße<br />

reagieren. In der Zeit des Heranwachsens haben<br />

Kinder und Jugendliche jedoch vielfältige Entwicklungsaufgaben<br />

zu bewältigen und müssen<br />

Unsicherheiten, Fragen, Belastungen und Konflikte<br />

meistern, die sich sowohl auf den schulischen<br />

als auch den außerschulischen Bereich<br />

beziehen. Vor diesem Hintergrund betont Hans<br />

Thiersch die Notwendigkeit von Lebensweltorientierung<br />

in der Schule, worunter die ganzheitliche<br />

Wahrnehmung von Möglichkeiten und<br />

Schwierigkeiten des Alltags gemeint ist und die<br />

weit über den Bereich der schulischen Bildung<br />

hinaus geht (vgl. Thiersch 1992, Drilling 2004)<br />

In diesem Zusammenhang kann ein Schulsozialarbeiter<br />

eine wichtige Anlaufstelle für die Schüler<br />

einer Schule darstellen, da die Heranwachsenden<br />

dort in der Regel ein offenes Ohr für<br />

Fragen und Probleme jeglicher Art finden, erzählen<br />

können was sie bewegt und Unterstützung in<br />

vielen Bereichen erhalten können<br />

Der Tagesablauf eines Schulsozialarbeiters besteht<br />

aus vielzähligen Terminen, die in der Regel<br />

sehr unterschiedliche Schwerpunkte aufweisen.<br />

Um einen Einblick in das Tätigkeitsfeld und die<br />

Aufgabenbereiche der Schulsozialarbeit zu bekommen,<br />

soll beides im Folgenden dargestellt<br />

werden. Im Anschluss daran werden einige Überlegungen<br />

bezüglich Pflegekinder in der Schule<br />

dargestellt, die anhand von Interviewzitaten<br />

ehemaliger Pflegekinder unterstrichen werden.<br />

Die Interviews entstanden im Rahmen mehrerer<br />

Forschungsprojekte der Forschungsgruppe „Pflegekinder“<br />

an der Universität Siegen.<br />

Schulsozialarbeit – eine Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule<br />

Schulsozialarbeit stellt eine Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule dar. Prinzipiell muss dabei<br />

berücksichtigt werden, dass sich die Systeme Schule und Jugendhilfe auf mehreren Ebenen unterscheiden.<br />

Die nachfolgende Tabelle soll einige dieser Unterschiede verdeutlichen:<br />

Tab. 1: Strukturunterschiede zwischen Schule und Jugendhilfe (nach Drilling 2004)<br />

Ebene<br />

System<br />

Schule<br />

Jugendhilfe<br />

Lernort Schule (Klassen- und Fachräume) Lebensraum<br />

Kommunikation<br />

sach- und leistungsorientiert, Ausgrenzung<br />

von individuellen Bedürfnissen,<br />

Bewertung<br />

lebensweltorientiert und offen, orientiert<br />

an den Themen/Problemen der Jugendlichen<br />

Zeitstruktur stark strukturiert, wenig flexibel tendenziell bedürfnisorientiert, innerhalb<br />

eines weit gesteckten Rahmens flexibel<br />

Gruppenstruktur altershomogene Gruppen (Klassen) altersheterogene Gruppen, Einzelfallhilfe<br />

Angebotsstruktur verpflichtend freiwillig<br />

Durch Schulsozialarbeit werden die Methoden<br />

der Sozialen Arbeit aus einer professionellen<br />

Position heraus in die Schule eingebracht. Dabei<br />

geht es weniger um individuelle Schullaufbahnhilfe.<br />

Vielmehr soll die Schule zum Lebensraum<br />

ausgestaltet und die Persönlichkeit des Schülers<br />

als Ganzes wahrgenommen werden, nicht nur der<br />

Teilausschnitt der Leistungserbringung. Insgesamt<br />

existieren verschiedene Ansätze von Schulsozialarbeit<br />

nebeneinander (wie z. B.: Sozialarbeit<br />

in der Schule, Sozialpädagogik in der Schule,<br />

Sozialpädagogische Schule), die sich in den<br />

vornehmlichen Zielsetzungen, dem Arbeitsgegenstand<br />

und der thematisch-methodischen<br />

Schwerpunktsetzung unterscheiden. Hinzu<br />

kommt, dass jede Einrichtung der Schulsozialarbeit<br />

eine spezifische Ausgestaltung finden muss.<br />

Diese ist u. a. abhängig von der jeweiligen Problemlage<br />

in der Schule und deren Umfeld, der<br />

räumlichen und personellen Ausstattung, den<br />

zeitlichen und finanziellen Ressourcen sowie den<br />

Kompetenzen der eingesetzten Sozialpädagogen.<br />

Somit werden die Rahmenbedingungen von<br />

Schulsozialarbeit sowohl von den konzeptionsbezogenen<br />

als auch von den standortbezogenen<br />

Faktoren bestimmt (vgl. Drilling 2004).<br />

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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Aufgabengebiete und Angebote der<br />

Schulsozialarbeit<br />

Während eine Hauptaufgabe der Lehrkräfte in<br />

der Gestaltung des Unterrichts und der Vermittlung<br />

von Lerninhalten liegt, sind die Aufgaben<br />

der Schulsozialarbeit in unterschiedlichen Bereichen<br />

angesiedelt: Offene Arbeit in Anlaufstellen,<br />

Soziale Gruppenarbeit, freizeitpädagogische<br />

Angebote, Beratung, Individualhilfen, Berufsberatung,<br />

Durchführung von Projekttagen, etc.<br />

Zusätzlich existieren Angebote, die den schulischen<br />

Alltag unmittelbar entlasten sollen, z. B.<br />

die Mitarbeit und Unterstützung im Unterricht<br />

oder die Beteiligung an Wander- oder Projektwochen<br />

der Schule. Neben diesen direkten Tätigkeiten<br />

innerhalb der Schule stellt die Netzwerkarbeit<br />

ein wichtiges Aufgabengebiet von<br />

Schulsozialarbeit dar wie beispielsweise die<br />

Mitwirkung in Arbeitskreisen und die Gestaltung<br />

von Kooperationsangeboten (vgl. Schumann et<br />

al. 2006; Schwendemann/Krauseneck 2001).<br />

Aufgrund der Vielfalt der möglichen<br />

Aufgabengebiete kann hier nur auf einige<br />

Bereiche überblickartig eingegangen werden:<br />

1. Beratung und Einzelfallhilfe<br />

Schulsozialarbeiter bieten in schwierigen Situationen<br />

eine Anlaufstelle für Schüler und Eltern.<br />

Die Beratungsanlässe sind dabei vielfältig und<br />

beziehen sich zum Beispiel auf Konflikte oder<br />

Schwierigkeiten im Schulalltag, auf die familiäre<br />

Situation oder auf individuumsbezogene Aspekte.<br />

Auch die Lehrkräfte nutzen das Beratungsangebot<br />

der Schulsozialarbeiter, wenn sie bei einem<br />

Schüler oder in der Klassengemeinschaft Auffälligkeiten<br />

feststellen oder sozialpädagogische<br />

Fragestellungen haben.<br />

Eine Beratung kann jedoch auch themenspezifisch<br />

erfolgen wie beispielsweise die Berufsberatung.<br />

Stellen die Schulsozialarbeiter fest, dass die notwendigen<br />

Unterstützungsleistungen nicht in das<br />

eigene Fachgebiet fallen oder die stellenbezogenen<br />

Kapazitäten übersteigen, übernehmen sie<br />

häufig eine Vermittler- oder Steuerungsfunktion<br />

und es erfolgt eine Überleitung und Begleitung<br />

an schulische oder außerschulische<br />

(Beratungs-)Institutionen.<br />

2. Sozialpädagogische Gruppenarbeit,<br />

Projekte und Freizeitangebote<br />

Gruppenangebote richten sich an feste Gruppen<br />

wie z.B. Schulklassen oder sind interessenbezogen<br />

gestaltet (z.B. Kreativ- oder Sportangebote,<br />

Streitschlichtergruppen). Allen Gruppenangeboten<br />

ist jedoch gemeinsam, dass in der Regel nicht<br />

das schulische Lernen im Vordergrund steht.<br />

Während bei der Arbeit mit festen Gruppen der<br />

Fokus überwiegend auf ein spezielles Thema<br />

gelegt (Gewalt, Sucht u.v.a.) oder ein gewisses<br />

Ziel verfolgt wird (wie Stärkung des Gruppenzusammenhalts<br />

oder der individuellen Sozialkompetenz)<br />

sollen bei den interessenbezogenen Angeboten<br />

die Interessen der Kinder und Jugendlichen<br />

gefördert und geweckt werden. Ebenso<br />

sollen die Heranwachsenden ihr eigenes Potenzial<br />

erleben und erfahren. Hierbei können die Stärkung<br />

des Selbstbewusstseins und der Persönlichkeit<br />

des Einzelnen als wichtige Ziele genannt<br />

werden. Dabei steht das Lernen mit- und voneinander<br />

im Vordergrund, das ggf. sogar altersübergreifend<br />

erfolgt (z. B. übernehmen ältere Schüler<br />

Verantwortung für jüngere und nehmen eine<br />

Vorbildfunktion ein).<br />

Eine Unterscheidung der Gruppenangebote lässt<br />

sich auch dahingehend treffen, ob sie innerhalb<br />

der schulischen Strukturen (z. B. in Form von<br />

Klassentrainings oder Klassenprojekten) oder als<br />

freizeitpädagogische Angebote gestaltet werden<br />

(z. B. am Nachmittag oder am Wochenende).<br />

Durch Freizeitangebote erhalten Schüler aus<br />

sozial benachteiligten Familien und Kinder berufstätiger<br />

Eltern die Möglichkeit, an (interessanten)<br />

Aktivitäten teilzunehmen, die ihnen auf<br />

anderem Wege, z. B. aus finanziellen oder organisatorischen<br />

Gründen, verschlossen blieben.<br />

3. Offene Bereiche, Gestaltung des<br />

Schullebens<br />

Auch die Gestaltung eines Kontaktraums kann<br />

ein wichtiges Ziel darstellen. Hier werden klassen-<br />

und jahrgangsübergreifende Kontakte ermöglicht,<br />

neue Freundschaften entstehen und das<br />

Gefühl der Zugehörigkeit wird ermöglicht. Auf<br />

diesem Wege soll der „Verinselung“, die oftmals<br />

durch die Schulstruktur entsteht, entgegengewirkt<br />

werden.<br />

Zudem haben die Heranwachsenden über den<br />

offenen Bereich einen niedrigschwelligen Zugang<br />

zur Fachkraft der Schulsozialarbeit und die<br />

Möglichkeit einer lockeren Beziehungspflege.<br />

Die Kinder und Jugendlichen können sich so<br />

einen Eindruck von der Fachkraft machen, Vertrauen<br />

aufbauen und einen ersten Kontakt herstellen<br />

(vgl. Schumann et al. 2006).<br />

Gestaltungskriterien in der<br />

Schulsozialarbeit<br />

Prinzipiell stellen Freiwilligkeit und eine Inanspruchnahme<br />

der Angebote ohne Stigmatisierung<br />

wesentliche Gestaltungskriterien in der Schulsozialarbeit<br />

dar. Hieraus folgt, dass sich die Angebote<br />

an alle Schüler einer Schule richten sollten<br />

und nicht nur an diejenigen, die sich in schwierige<br />

Situationen oder Krisen befinden.<br />

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Auch die bereits angeführte Niedrigschwelligkeit<br />

kann als ein wichtiges Kriterium gelten. Dahinter<br />

verbirgt sich die Idee, einen einfachen Zugang zu<br />

den Angeboten zu schaffen, der ohne Bedingungen,<br />

ohne langwierige Vorabklärungen und ohne<br />

lange Wartezeiten möglich ist. Besonders für<br />

Heranwachsende in Krisensituationen kann dies<br />

für die Inanspruchnahme einer Beratung hilfreich<br />

und entlastend sein.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch eine Vertrauensbasis<br />

zwischen den Heranwachsenden und der<br />

Fachkraft von maßgeblicher Bedeutung. Damit<br />

eine vertrauensvolle Beziehung entstehen kann,<br />

sollte der Schulsozialarbeiter eine kontinuierliche<br />

und verlässliche Anlaufstelle darstellen. Dies<br />

wird ermöglicht, indem die Fachkraft möglichst<br />

täglich während der Schulzeiten in der Schule<br />

präsent ist und ihm eigene, für die Tätigkeit angemessene,<br />

Räumlichkeiten zur Verfügung stehen.<br />

Darüber hinaus sollte eine personelle Kontinuität<br />

der Fachkraft angestrebt werden. Hierzu<br />

trägt beispielsweise die Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses<br />

(Vollzeit- vs. Teilzeitbeschäftigung,<br />

befristet vs. unbefristet) bei.<br />

In Bezug auf die Kontinuität muss auch die Dauer<br />

der Kooperation als wesentliche Grundlage<br />

angeführt werden. In diesem Zusammenhang ist<br />

es maßgeblich, ob Schulsozialarbeit als zeitlich<br />

befristetes Projekt angelegt wird oder ob sie dauerhaft<br />

in der Schule verankert ist. Dieser Aspekt<br />

auch hinsichtlich der Einbindung der Fachkraft in<br />

das schulische System bedeutsam (vgl. Drilling<br />

2004).<br />

Die Bedeutung außerfamiliärer<br />

Bezugspersonen aus Sicht der<br />

Resilienzforschung<br />

Die Bedeutung außerfamiliärer Bezugspersonen<br />

wird auch durch die Resilienzforschung hervorgehoben.<br />

Resilienz bezeichnet die Widerstandskraft<br />

eines Menschen gegenüber belastenden<br />

Lebensumständen und Lebensereignissen. Die<br />

Resilienzforschung beschäftigt sich mit den Faktoren,<br />

die Menschen äußerst schwierige Situationen<br />

positiv überstehen lassen. Zu den Ressourcen<br />

im sozialen Umfeld zählen u. a. kompetente und<br />

fürsorgliche Erwachsene außerhalb der Familie,<br />

die Vertrauen fördern, Sicherheit vermitteln und<br />

als positive Rollenmodelle dienen. Lehrkräften,<br />

die Interesse an den Heranwachsenden zeigen<br />

und sie herausfordern, kommt dabei eine besondere<br />

Bedeutung zu. Sie dienen als positive Rollenmodelle,<br />

als Vertrauenspersonen und als<br />

Quelle sozialer Unterstützung außerhalb der<br />

Familie (Fingerle et al. 1999, Werner 1999). In<br />

diesem Zusammenhang können auch die Fachkräfte<br />

der Schulsozialarbeit einen wichtigen Beitrag<br />

zur Lebensbewältigung leisten. Schulsozialarbeiter<br />

sind konstante Bezugspersonen, die nicht<br />

Lehrpersonen (Beurteiler) sind oder zur Schulleitung<br />

gehören, mit denen man sich austauschen<br />

kann und die als Vorbilder zur Verfügung stehen.<br />

Die Resilienzforschung lenkt somit den Blick auf<br />

die Beziehungen, die im schulischen Rahmen<br />

zwischen Heranwachsenden und Erwachsenen<br />

existieren und macht auf deren besonderes Potenzial<br />

aufmerksam.<br />

Das System Schule im Zwiespalt<br />

Die angeführten Punkte verdeutlichen die besondere<br />

Herausforderung, die sich in der heutigen<br />

Zeit für die Schule und die Lehrkräfte ergibt: Sie<br />

sollen auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen<br />

und Entwicklungs- und Sozialisationsaufgaben<br />

übernehmen, ohne dabei den Unterricht (und<br />

somit die Wissensvermittlung) aus dem Blick zu<br />

verlieren. Allerdings sind die Lehrkräfte durch<br />

die Vorgaben des Lehrplans oftmals so stark<br />

eingebunden, dass sie den Anforderungen, die<br />

über die Wissensvermittlung hinausgehen, nicht<br />

adäquat nachkommen können. Auch die Möglichkeiten<br />

der Schulsozialarbeit, auf die jungen<br />

Menschen einzugehen und sie zu unterstützen,<br />

werden in der Regel durch die knappen personellen<br />

Ressourcen in diesem Bereich stark begrenzt.<br />

Faktisch existiert somit im schulischen Alltag nur<br />

wenig Raum für die (außerschulischen) Belange<br />

der Heranwachsenden. Wie beschrieben, müssen<br />

sich die jungen Menschen jedoch neben der Wissensaneignung<br />

mit zahlreichen entwicklungsbedingten<br />

Anforderungen auseinandersetzen. Häufig<br />

konkurrieren diese beiden Bereiche sehr stark<br />

miteinander. Besonders für Pflegekinder kann<br />

dieser Zwiespalt schwierig sein. Nicht selten<br />

kommen sie aus einem komplizierten Zwei-<br />

Familien-System und haben schwierige, oft dramatische<br />

und traumatisierende Lebenserfahrungen<br />

gemacht, die sie verarbeiten und bewältigen<br />

müssen und die sich auf die Persönlichkeitsentwicklung<br />

auswirken.<br />

Die besondere Situation von<br />

Pflegekindern in der Schule<br />

Aufgrund der gemachten Erfahrungen sind die<br />

Kinder und Jugendlichen, die äußerst belastende<br />

Situationen erleben und bewältigen mussten,<br />

beispielsweise in einigen Lebensbereichen für ihr<br />

Alter sehr weit entwickelt (z. B. Sorge für das<br />

tägliche Überleben übernehmen, Verantwortungsübernahme<br />

für jüngere Geschwister), während<br />

sie in anderen Bereichen Entwicklungsdefizite<br />

aufweisen. Diese Defizite werden häufig im<br />

schulischen Alltag deutlich und wirken sich auf<br />

die schulische Situation aus, sowohl auf den<br />

Leistungsbereich als auch den sozialen Bereich.<br />

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Die Interviewpartnerin Hanna berichtet im Rahmen<br />

des Projekts „Pflegekinderstimme“ als ehemaliges<br />

Pflegekind:<br />

Also ich muss für mich sagen, dass ich in der<br />

Schule ein ziemliche Außenseiter war. Also ich<br />

denke das im Nachhinein so dass ich ein Kind<br />

auch war in einem bestimmten Zeitraum zu Entwicklungsverzögerung<br />

und sehr vielen sozialen<br />

Unsicherheiten und Schwierigkeiten der Kontaktaufnahme,<br />

das hat mich zu einem großen<br />

Außenseiter in der Klasse gemacht.<br />

Hinzu kommt, dass Pflegekinder neben den alterstypischen<br />

Entwicklungsaufgaben zusätzliche,<br />

teilweise existenzielle, Belastungen sowie individuelle<br />

Entwicklungsaufgaben zu bewältigen<br />

haben und Dinge im Alltag meistern müssen, die<br />

für Gleichaltrige selbstverständlicher sind (Beziehungen<br />

eingehen, Grenzen erfahren und beachten,<br />

Werte erkennen, außerordentlich belastende<br />

Situationen verarbeiten, Integration etc.).<br />

Da diese zusätzlichen Problemlagen und Bewältigungsaspekte<br />

häufig sehr viel Energie fordern,<br />

ist es nicht verwunderlich, wenn die schulischen<br />

Anforderungen in bestimmten Phasen in den<br />

Hintergrund treten.<br />

Susi verdeutlicht dies in einem Zitat, in dem sie<br />

beschreibt, welche Herausforderungen sich für<br />

sie aus den Besuchskontakten mit ihrer leiblichen<br />

Mutter ergeben:<br />

Nach dem Treffen aber ich muss sagen, das hat<br />

mich damals wirklich so mitgenommen, dass ich<br />

dann auch in der Schule fast sitzengeblieben<br />

wäre und so. Dieses einfach Unzuverlässige. Und<br />

man fragt sich warum. Man will ihnen eine zweite<br />

Chance geben, sage ich mal, und sie nutzt sie<br />

aber nicht und nimmt sie nicht an und weiß nicht.<br />

Das kratzt schon wirklich am Selbstwertgefühl<br />

irgendwo ja.<br />

Auch können aufgrund der besonderen Belastungen<br />

Verhaltensauffälligkeiten hervortreten, die<br />

von den übrigen Mitgliedern in der Schule nicht<br />

eingeordnet werden können und als „schwierig“<br />

gelten, wie z. B. Aggressionen, Unruhe oder<br />

Verschlossenheit. Hier besteht die Gefahr, dass<br />

die Gründe und die Funktionen des auffälligen<br />

Verhaltens nicht erkannt und verstanden werden<br />

und ausschließlich die störenden Aspekte und<br />

Defizite in den Blick genommen werden. In diesen<br />

Situationen wird das Verhalten häufig schnell<br />

diagnostiziert und entsprechenden Krankheitsbildern<br />

(z. B. ADHS) zugeordnet. Dies kann wiederum<br />

bestimmte Sanktionen nach sich ziehen<br />

und sogar mit Medikationen verbunden sein. In<br />

diesen Fällen kommt es zu Maßnahmen, die sich<br />

auf das Verhalten beziehen, die eigentliche Problematik<br />

jedoch außer Acht lassen. Die Heranwachsenden<br />

fühlen sich in diesen Fällen oftmals<br />

unverstanden und entwickeln beispielsweise eine<br />

Abwehrhaltung.<br />

Zudem können sich die Reaktionen des Umfeldes<br />

auf die Selbstwahrnehmung der Heranwachsenden<br />

auswirken und zu Verunsicherungen führen.<br />

Tasmin beschreibt dies wie folgt:<br />

„Da hatte immer das Gefühl ich war immer so<br />

anders als man, und das wurde mir immer vermittelt.<br />

Also in der Schule war das oder, ja, in<br />

der Schule war das, ja, und mir wurde immer so<br />

vermittelt, dass ich was ganz anderes bin.“<br />

Insgesamt existieren im schulischen Rahmen<br />

wenig Kenntnisse über Pflegekinder, deren<br />

besondere Situation und spezifischen<br />

Belastungen.<br />

Andrea berichtet, dass lediglich auf der beruflichen<br />

Schule Informationen über Pflegekinder<br />

vorhanden waren. In der Sekundarstufe sei das<br />

nicht der Fall gewesen und die Lehrer dort<br />

„...haben es nicht verstanden. Also klar, jetzt die<br />

Lehrer, jetzt auf der Erzieherinnenschule klar,<br />

die konnten damit schon was anfangen, aber so<br />

vorher wusste ja keiner was das ist, was denn ein<br />

Pflegekind, wo was ist damit. Und dann hat ich<br />

aber oft aber auch keine Lust da viel drüber zu<br />

erzählen, habe einfach gesagt, ja dass ich nicht<br />

bei meinen richtigen Eltern groß geworden bin,<br />

dass ich einfach neue Eltern [habe] und damit<br />

war es gut also ich hab das nicht überall ausgebreitet.“<br />

Zudem wird in Andreas Bericht deutlich, dass sie<br />

über ihre besondere Rolle als Pflegekind nicht<br />

detaillierter erzählen möchte. Dies spiegelt sich<br />

in vielen Interviews mit ehemaligen Pflegekindern<br />

wider.<br />

Konsequenzen und Konflikte für<br />

Pflegeeltern<br />

Für die Pflegeeltern ergibt sich aus den beschriebenen<br />

Aspekten eine besondere Problematik.<br />

Zum einen erscheint es notwendig, den Lehrkräften<br />

einen Einblick in die Situation des Kindes<br />

oder Jugendlichen zu geben, sie dafür zu sensibilisieren<br />

und ihre Perspektive zu erweitern. Auf<br />

diesem Wege erhalten die Lehrkräfte die Möglichkeit,<br />

die Aussagen und Verhaltensweisen des<br />

Heranwachsenden (besser) einschätzen und angemessen(er)<br />

reagieren zu können. Professionelle,<br />

die die Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen<br />

verstehen und einordnen können, die<br />

bereit sind, sie zu unterstützen, können einen<br />

wichtigen Beitrag zur Entwicklung der jungen<br />

Menschen leisten. Hierfür ist eine offene Kommunikation<br />

erforderlich.<br />

Einer offenen Kommunikation steht jedoch oft<br />

die Angst der Pflegeeltern und des Pflegekindes<br />

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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

gegenüber. Wie reagieren die Lehrkräfte auf die<br />

Informationen? Sind sie in der Lage, mit dem<br />

Wissen angemessen umzugehen oder führt genau<br />

dieses Wissen zu einer Ausgrenzung und zu<br />

Vorurteilen? Zudem gilt es, die Wünsche des<br />

Kindes angemessen zu berücksichtigen. Wie soll<br />

verfahren werden, wenn das Kind nicht über die<br />

besondere Situation sprechen will?<br />

Die Pflegeeltern (und auch die Pflegekinder)<br />

müssen die schwierige Entscheidung treffen,<br />

welche Informationen sie an die Schule weitergeben.<br />

Dabei gilt: So viele Informationen wie<br />

nötig, um die Schule ausreichend zu informieren,<br />

jedoch nicht mehr als notwendig, um die Privatsphäre<br />

des Kindes zu schützen. Auch sollten<br />

Lehrkräfte frühzeitig eingebunden werden und<br />

nicht erst im Falle einer akuten Krise. Den Pflegeeltern<br />

fällt diesbezüglich die Einschätzung des<br />

richtigen Zeitpunkts und des angemessenen Umfangs<br />

oftmals sehr schwer, da der Umgang mit<br />

den weitergegebenen Informationen stark von<br />

den jeweils handelnden Lehrerpersönlichkeiten<br />

und -kompetenzen abhängt.<br />

In Workshops, die mit Pflegeeltern durchgeführt<br />

wurden, herrschte Konsens darüber, dass Eltern<br />

und Lehrkräfte in einem Team zusammenarbeiten<br />

und ein gemeinsames Ziel im Blick haben<br />

müssen. Wünschenswert ist die Entwicklung<br />

einer wohlwollenden Kooperation, die das Wohl<br />

des Kindes im Blick hat.<br />

Abschließende Betrachtung<br />

Der vorliegende Bericht soll sowohl über das<br />

Arbeitsfeld der Schulsozialarbeit und dessen<br />

Bedeutung informieren als auch für die Situation<br />

von Pflegekindern in der Schule sensibilisieren.<br />

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Institution<br />

Schule für alle Kinder eine kontinuierliche<br />

Erfahrung bietet. Dies kann besonders für Kinder<br />

und Jugendlichen aus problematischen Familiensituationen<br />

zu einer positiven Gegenerfahrung<br />

werden. Darüber hinaus haben alle Schüler Bedürfnisse,<br />

die weit über den schulischen Bereich<br />

hinausgehen, jedoch in die Schule transportiert<br />

und dort in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem<br />

Umfang zum Thema werden. Bei<br />

der Bewältigung dieser Bedürfnisse benötigen<br />

die Heranwachsenden Unterstützung durch Erwachsene,<br />

die ihnen mit einer wohlwollenden<br />

Grundhaltung, Interesse und Verständnis für die<br />

individuelle Situationen und Lebenslage begegnen.<br />

Auch dies scheint besonders für Heranwachsende,<br />

die in anderen Lebenskontexten eine<br />

entgegengesetzte Mitteilung erhalten, bedeutsam<br />

zu sein.<br />

Allerdings bleibt in der Schule aufgrund der stark<br />

vorgegebenen Strukturen wenig Raum, um auf<br />

die individuellen Bedürfnisse der Schüler zu<br />

reagieren. An dieser Stelle können Schulsozialarbeiter<br />

eine wichtige Funktion einnehmen.<br />

Schulsozialarbeiter stehen neben den Lehrern als<br />

Vertrauenspersonen zur Verfügung. Sie nehmen<br />

dabei in der Schule eine besondere Rolle ein, die<br />

zum einen in der Profession der Sozialen Arbeit<br />

und deren Anbindung an die Jugendhilfe begründet<br />

liegt und die sich zum anderen ausdrücklich<br />

von der Selektionsfunktion der Schule abgrenzt.<br />

Dabei berücksichtigen die Fachkräfte sowohl die<br />

schulischen als auch die außerschulischen Belange<br />

der jungen Menschen und stehen ihnen unterstützend<br />

zur Seite.<br />

Besonders für Pflegekinder kann dies bedeutsam<br />

sein. Ihre besonderen Erfahrungen und die häufig<br />

daraus resultierenden Belastungen machen es<br />

notwendig, dass das System Schule Kenntnisse<br />

über die Pflegekinderhilfe erhält und sich auch<br />

für diesen Bereich der Jugendhilfe öffnet. Wie<br />

bereits dargestellt wurde, arbeiten die Beteiligten<br />

im Idealfall als Team zusammen, das die verschiedenen<br />

Anforderungen und Belange zu koordinieren<br />

versucht und dabei die Entwicklung und<br />

das Wohl des Kindes entsprechend berücksichtigt.<br />

Über allen institutionellen Fragen darf das Wichtigste<br />

jedoch nicht aus dem Blick geraten: Ziel<br />

aller Beteiligten muss sein, den Heranwachsenden<br />

so zu unterstützen, dass ein von positiven<br />

Erfahrungen geprägter Schulverlauf und – noch<br />

weit darüber hinaus – eine positive Gesamtentwicklung<br />

ermöglicht wird.<br />

Literaturangaben<br />

Drilling, Matthias (2004): Schulsozialarbeit. Antworten auf veränderte Lebenswelten. 3. Auflage. Bern: Haupt.<br />

Fingerle, Michael; Freitag, Andreas; Julius, Henri (1999): Ergebnisse der Resilienzforschung und ihre Implikationen für die<br />

(heil)pädagogische Gestaltung von schulischen Lern- und Lebenswelten. Zeitschrift für Heilpädagogik 1999, 50 (6), S. 302-<br />

309.<br />

PAN Pflege- und Adoptivfamilien NRW e.V. (Hrsg.) (2011). Pflegekinderstimme. Arbeitshilfe zur Qualifizierung von Pflegefamilien.<br />

Düsseldorf.<br />

Schumann, Michael; Sack, Anja; Schumann, Till (2006): Schulsozialarbeit im Urteil der Nutzer: Evaluation der Ziel, Leistungen<br />

und Wirkungen am Beispiel der Ernst-Reuter-Schule II. Weinheim/München: Juventa.<br />

Schwendemann, Wilhelm; Krauseneck, Stefan (2001). Modelle der Schulsozialarbeit. Münster: LIT Verlag.<br />

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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Thiersch, Hans (1992): Lebensweltorientierte Soziale Arbeit. Aufgabe der Praxis im sozialen Wandel. Weinheim: Juventa.<br />

Werner, Emmy E. (1999): Entwicklung zwischen Risiko und Resilienz. In: Opp, Günther; Fingerle, Michael; Freitag, Andreas<br />

(Hrsg.) (1999):Was Kinder stärkt: Erziehung zwischen Risiko und Resilienz. München: Ernst Reinhard Verlag, S. 25-36.<br />

Sabine Wehn ist Schulsozialarbeiterin und Mitglied der Forschungsgruppe Pflegekinder der Universität<br />

Siegen – weitere Infos: www.uni-siegen.de/pflegekinder-forschung/<br />

Was ist „Elterliche Sorge“?<br />

Per Geburt haben alle verheirateten Eltern und<br />

alle allein stehenden volljährigen Mütter die<br />

Elterliche Sorge für ihr Kind. Die elterliche Sorge<br />

umfasst die Sorge um die Person des Kindes<br />

und das Vermögen des Kindes. Im Bürgerlichen<br />

Gesetzbuch wird die Elterliche Sorge im § 1626<br />

beschrieben:<br />

§ 1626 Elterliche Sorge, Grundsätze<br />

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht,<br />

für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche<br />

Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge<br />

für die Person des Kindes (Personensorge) und<br />

das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).<br />

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen<br />

die Eltern die wachsende Fähigkeit und das<br />

wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem<br />

verantwortungsbewusstem Handeln. Sie<br />

besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen<br />

Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der<br />

elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.<br />

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der<br />

Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für<br />

den Umgang mit anderen Personen, zu denen das<br />

Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung<br />

für seine Entwicklung förderlich ist.<br />

§ 1626a Elterliche Sorge nicht miteinander<br />

verheirateter Eltern; Sorgeerklärungen<br />

(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes<br />

nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die<br />

elterliche Sorge dann gemeinsam zu, wenn sie<br />

1. erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen<br />

wollen (Sorgeerklärungen), oder<br />

2. einander heiraten.<br />

(2) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Paragrafen<br />

für unvereinbar erklärt mit dem Artikel 6<br />

des Grundgesetzes. Zukünftig ist also eine Veränderung<br />

notwendig, in der der nicht mit der<br />

Mutter verheiratete Vater des Kindes ebenfalls<br />

ein Recht auf die Elterliche Sorge erhält.<br />

§ 1627 Ausübung der elterlichen Sorge<br />

Die Eltern haben die elterliche Sorge in eigener<br />

Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen<br />

zum Wohl des Kindes auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten<br />

müssen sie versuchen,<br />

sich zu einigen.<br />

§ 1628 Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten<br />

der Eltern<br />

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit<br />

oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten<br />

der elterlichen Sorge, deren Regelung<br />

für das Kind von erheblicher Bedeutung ist,<br />

nicht einigen, so kann das Familiengericht auf<br />

Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem<br />

Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit<br />

Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden<br />

werden.<br />

§ 1629 Vertretung des Kindes<br />

(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung<br />

des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich;<br />

ist eine Willenserklärung gegenüber<br />

dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe<br />

gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt<br />

das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge<br />

allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach<br />

§ 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist<br />

jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen<br />

vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes<br />

notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich<br />

zu unterrichten.<br />

(2) Der Vater und die Mutter können das Kind<br />

insoweit nicht vertreten, als nach § 1795 ein<br />

Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen<br />

ist. Steht die elterliche Sorge für ein<br />

Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil,<br />

in dessen Obhut sich das Kind befindet,<br />

Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen<br />

Elternteil geltend machen. Das Familiengericht<br />

kann dem Vater und der Mutter nach<br />

§ 1796 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht<br />

für die Feststellung der Vaterschaft.<br />

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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind<br />

in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a<br />

Abs. 2* nicht vertreten.<br />

(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet,<br />

so kann ein Elternteil, solange die Eltern<br />

getrennt leben oder eine Ehesache zwischen<br />

ihnen anhängig ist, Unterhaltsansprüche des<br />

Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen<br />

Namen geltend machen. Eine von einem<br />

Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und<br />

ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher<br />

Vergleich wirken auch für und gegen das<br />

Kind.<br />

*1598a BGB beinhaltet den „Anspruch auf Einwilligung<br />

in eine genetische Untersuchung zur<br />

Klärung der leiblichen Abstammung“. Im Absatz<br />

2 heißt es dort:<br />

Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das<br />

Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung<br />

zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme<br />

anzuordnen.<br />

§ 1630 Elterliche Sorge bei Pflegerbestellung<br />

oder Familienpflege<br />

(1) Die elterliche Sorge erstreckt sich nicht auf<br />

Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger<br />

bestellt ist.<br />

(2) Steht die Personensorge oder die Vermögenssorge<br />

einem Pfleger zu, so entscheidet das Familiengericht,<br />

falls sich die Eltern und der Pfleger<br />

in einer Angelegenheit nicht einigen können, die<br />

sowohl die Person als auch das Vermögen des<br />

Kindes betrifft.<br />

(3) Geben die Eltern das Kind für längere Zeit in<br />

Familienpflege, so kann das Familiengericht auf<br />

Antrag der Eltern oder der Pflegeperson Angelegenheiten<br />

der elterlichen Sorge auf die Pflegeperson<br />

übertragen. Für die Übertragung auf<br />

Antrag der Pflegeperson ist die Zustimmung der<br />

Eltern erforderlich. Im Umfang der Übertragung<br />

hat die Pflegeperson die Rechte und Pflichten<br />

eines Pflegers.<br />

Auf die Bedeutung des Absatzes 3 dieses Paragrafen<br />

komme ich nachfolgend zu sprechen.<br />

Personensorge<br />

Die Sorge um die Person des Kindes heißt Personensorge,<br />

die Sorge um das Vermögen des<br />

Kindes heißt Vermögenssorge.<br />

§ 1631 Inhalt und Grenzen der Personensorge<br />

(1) Die Personensorge umfasst insbesondere die<br />

Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu<br />

erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt<br />

zu bestimmen.<br />

(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung.<br />

Körperliche Bestrafungen, seelische<br />

Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen<br />

sind unzulässig.<br />

(3) Das Familiengericht hat die Eltern auf Antrag<br />

bei der Ausübung der Personensorge in<br />

geeigneten Fällen zu unterstützen.<br />

Im Rahmen der Personensorge gibt es nachfolgende<br />

Bereiche, die für das Kind zu regeln und<br />

zu entscheiden sind:<br />

Aufenthaltsbestimmung (wo lebt das Kind)<br />

Grundlegende Entscheidungen zu Kindergarten-<br />

Schul- und Ausbildungsfragen (welchen<br />

Kindergarten, welche Schule, welche Schulform,<br />

Lehrstelle)<br />

Religiöse Erziehung und die Entscheidung<br />

über die religiöse Zugehörigkeit<br />

Medizinische Fragen (Arztbesuche, Operationen,<br />

medizinische Behandlungen)<br />

Freizeit<br />

Erziehung des Kindes<br />

Umgang<br />

Taschengeldregelung<br />

Rechtsgeschäfte des alltäglichen Lebens (z.B.<br />

Kind wird zum Einkaufen geschickt)<br />

Recht auf Antragstellung öffentlicher Hilfen<br />

(z.B. Hilfe zur Erziehung beim Jugendamt)<br />

Rechtsvertretung des Kindes:<br />

sämtliche Rechtserklärungen im Namen des<br />

Kindes oder in Vertretung des Kindes z.B.<br />

Kinderausweis, Zustimmung zur Adoption,<br />

Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung;<br />

ausländerrechtliche Sachen; Aufenthaltsgenehmigung,<br />

Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen<br />

Beteiligung in Gerichtsverfahren des jugendlichen<br />

Kindes, dazu gehören die Genehmigungen<br />

der Aussage bzw. evtl. Anzeigen des<br />

Kindes / Jugendlichen<br />

Alltagsregelungen in allen oben erwähnten<br />

Bereichen<br />

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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Vermögenssorge<br />

Im Rahmen der Vermögenssorge regelt und entscheidet<br />

der Sorgeberechtigte alle geldlichen Angelegenheiten<br />

(Vermögen, Versicherungsauszahlungen,<br />

Rentenansprüche, Schulden, Erbschaften etc.)<br />

und vertritt das Kind in diesen Angelegenheit juristisch.<br />

Hierzu gibt es Ausnahmen, die im § 1638 BGB benannt<br />

werden:<br />

§ 1638 Beschränkung der Vermögenssorge<br />

(1) Die Vermögenssorge erstreckt sich nicht auf das<br />

Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt<br />

oder welches ihm unter Lebenden unentgeltlich<br />

zugewendet wird, wenn der Erblasser durch<br />

letztwillige Verfügung, der Zuwendende bei der<br />

Zuwendung bestimmt hat, dass die Eltern das Vermögen<br />

nicht verwalten sollen.<br />

(2) Was das Kind auf Grund eines zu einem solchen<br />

Vermögen gehörenden Rechts oder als Ersatz für die<br />

Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu<br />

dem Vermögen gehörenden Gegenstands oder durch<br />

ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vermögen<br />

bezieht, können die Eltern gleichfalls nicht verwalten.<br />

(3) Ist durch letztwillige Verfügung oder bei der<br />

Zuwendung bestimmt, dass ein Elternteil das Vermögen<br />

nicht verwalten soll, so verwaltet es der andere<br />

Elternteil. Insoweit vertritt dieser das Kind.<br />

Weiterhin gibt es im BGB ergänzende Paragrafen,<br />

die Grenzen und Möglichkeiten der Vermögenssorge<br />

definieren und Gefährdung des Kindesvermögens<br />

abwehren.<br />

§ 1680 Tod eines Elternteils oder Entziehung des<br />

Sorgerechts<br />

(1) Stand die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam<br />

zu und ist ein Elternteil gestorben, so steht die elterliche<br />

Sorge dem überlebenden Elternteil zu.<br />

(2) Ist ein Elternteil, dem die elterliche Sorge gemäß<br />

§ 1671 oder § 1672 Abs. 1 allein zustand, gestorben,<br />

so hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem<br />

überlebenden Elternteil zu übertragen, wenn dies<br />

dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Stand die<br />

elterliche Sorge der Mutter gemäß § 1626a Abs. 2<br />

allein zu, so hat das Familiengericht die elterliche<br />

Sorge dem Vater zu übertragen, wenn dies dem<br />

Wohl des Kindes dient.<br />

(3) Absatz 1 und Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend,<br />

soweit einem Elternteil, dem die elterliche<br />

Sorge gemeinsam mit dem anderen Elternteil oder<br />

gemäß § 1626a Abs. 2 allein zustand, die elterliche<br />

Sorge entzogen wird.<br />

Interessantes<br />

Empfehlungen zur Ausgestaltung der<br />

Rolle der Kinderschutzfachkraft<br />

Das Institut für soziale Arbeit e. V./Deutscher Kinderschutzbund<br />

Landesverband<br />

NRW/Bildungsakademie BiS hat ‚Zehn Empfehlungen<br />

zur Ausgestaltung der Rolle der Kinderschutzfachkraft<br />

nach den §§ 8a Abs. 4, 8b Abs. 1 SGB<br />

VIII und § 4 KKG‘ herausgegeben.<br />

Sie können die Empfehlungen hier<br />

herunterladen:<br />

www.isa-muenster.de/aktuelles/<br />

zehn-empfehlungen-zur-ausgestaltung-derrolle-der-kinderschutzfachkraft.html<br />

Pflegegeld für Pflegestufen 0 bis 3<br />

Ab dem 1. Januar <strong>2013</strong> erhalten Menschen mit erheblich<br />

eingeschränkter Alltagskompetenz, die ohne<br />

Pflegestufe (Pflegestufe 0) sind, monatlich ein Pflegegeld<br />

von 120 Euro oder Pflegesachleistungen von<br />

bis zu 225 Euro. Pflegebedürftige in Pflegestufe I<br />

erhalten 305 Euro Pflegegeld oder Pflegesachleistungen<br />

von bis zu 665 Euro. Pflegebedürftige in<br />

Pflegestufe II bekommen 525 Euro Pflegegeld oder<br />

Pflegesachleistungen von bis zu 1.250 Euro.<br />

Stellungnahme des PFAD<br />

Bundesverbandes<br />

Stellungnahme des PFAD Bundesverbandes der<br />

Pflege- und Adoptivfamilien e.V. zum Referentenentwurf<br />

eines Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung<br />

in der Kinder- und Jugendhilfe (KJVVG-E)<br />

und Entwurf der Ersten Änderungsverordnung zur<br />

Kostenbeitragsverordnung.<br />

Stellungnahme des PFAD Bundesverbandes der<br />

Pflege- und Adoptivfamilien e.V. zum Referentenentwurf<br />

eines Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung<br />

in der Kinder- und Jugendhilfe (KJVVG-E)<br />

und Entwurf der Ersten Änderungsverordnung zur<br />

Kostenbeitragsverordnung<br />

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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Im vorliegenden Entwurf sind Regelungen enthalten,<br />

die Auswirkungen für Kinder in Pflegefamilien haben.<br />

Der PFAD Bundesverband begrüßt, dass ehrenamtliches<br />

Engagement von jungen Menschen nicht<br />

mehr als erstattungspflichtiger Betrag angerechnet<br />

werden muss. Gleichzeitig bitten wir, den Entwurf<br />

im Punkt 10 b noch einmal zu überarbeiten. Durch<br />

die bisherige Formulierung wird die Anrechnungsfreiheit<br />

ausschließlich „für ehrenamtliche Tätigkeit“<br />

oder „eine Tätigkeit im sozialen oder kulturellen<br />

Bereich“ beschränkt. Nicht alle jugendlichen Pflegekinder<br />

sind mit ihren sozialen und emotionalen<br />

Kompetenzen in der Lage als Übungsleiter oder<br />

Anleiter im kulturellen Bereich tätig zu werden.<br />

Kleinere Aufträge, die zwar marktwirtschaftlich<br />

angebunden sind, aber eher als Taschengeldgröße<br />

anzusehen sind, sollten hier ebenfalls Berücksichtigung<br />

finden.<br />

Diese kleinen wirtschaftlichen Aufträge bieten jungen<br />

Menschen, die in den Hilfen zur Erziehung leben,<br />

die Möglichkeit, Ausdauer, Selbstdisziplin und<br />

Zuverlässigkeit zu erwerben. Die Aneignung dieser<br />

sozial erwünschten Kompetenzen wird durch kleinere<br />

finanzielle Anreize – Arbeitsentgelt – motiviert.<br />

Dabei bewegen sich diese finanziellen Anreize in<br />

einer Größenordnung, die ein alterstypisches Taschengeld<br />

nicht übersteigt.<br />

Die Neuerungen in der Kinder- und Jugendhilfestatistik<br />

sind unseres Erachtens für den Bereich der<br />

Vollzeitpflege unausgereift. Nach wie vor ist eine<br />

Unterscheidung von befristeten Unterbringungen -<br />

„zeitlich befristete Erziehungshilfe“ - zu Dauerpflegeverhältnissen<br />

– „auf Dauer angelegte Lebensform“<br />

– wie sie im § 33 SGB VIII unterschieden werden<br />

nicht enthalten.<br />

Es ist uns durchaus bewusst, dass Hilfeperspektiven<br />

sich ändern können. Aus diesem Grund empfehlen<br />

wir die Kinder-und Jugendhilfestatistik um einen<br />

Bereich zu erweitern, der die nach § 36 geplante<br />

Perspektive als „zeitlich befristete Erziehungshilfe“<br />

oder „auf Dauer angelegte Lebensform“ mit erfasst.<br />

Über diese Erhebungspflicht können mehrere Bereiche<br />

zuverlässiger abgebildet werden, als dies bisher<br />

der Fall war und gleichzeitig in die Hilfeplanung das<br />

Element von „permanency planning“ erfasst werden.<br />

Die Veränderungen in der Statistik bezüglich Adoption<br />

sind begrüßenswert. Nach wie vor gibt es aber<br />

auch danach noch keine Aussagen über Adoptionen,<br />

die im Ausland vollzogen wurden und in Deutschland<br />

lediglich anerkannt werden sollen.<br />

Ein sehr wichtiger Regelungsbereich, der in zwölf<br />

Monaten ausläuft, ist weiterhin offen. Kinder mit<br />

geistigen und/oder körperlichen Behinderungen<br />

haben auch ein Recht, in einer Familie aufwachsen<br />

zu können.<br />

4,4 Millionen Euro für ehemalige<br />

Heimkinder<br />

Fast 800 ehemalige Heimkinder aus Nordrhein-<br />

Westfalen haben im letzten Jahr Entschädigungen in<br />

Höhe von insgesamt gut 4,3 Millionen Euro erhalten.<br />

Auch der Landschaftverband Westfalen-Lippe<br />

zahlte die Wiedergutmachung.<br />

Anfang 2012 richteten die Landschaftsverbände<br />

Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) Anlauf-<br />

und Beratungsstellen für Menschen ein, die<br />

zwischen 1949 und 1975 unter Missständen in Kinder-<br />

und Jugendheimen gelitten hatten. Bei der Wiedergutmachung<br />

handelt es sich zum einen um Sachleistungen<br />

wie Therapien oder Rollstühle, und zum<br />

anderen um Rentenersatzzahlungen, weil Kinder und<br />

Jugendliche für ihre Arbeit keinen Lohn bekommen<br />

hatten.<br />

Der Landschaftsverband Rheinland gab im ersten<br />

Jahr seiner Anlaufstelle rund 1,2 Millionen Euro für<br />

Rentenersatzleistungen und rund 300.000 Euro für<br />

Sachleistungen aus. Bei dem Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe betrug der Anteil der Rentenersatzleistungen<br />

2,5 Millionen Euro und die Höhe der<br />

Sachleistungen 335.000 Euro.<br />

Die beiden Verbände sind nur zwei regionale Stellen,<br />

die 2012 in den westdeutschen Bundesländern<br />

und Berlin zur Entschädigung von ehemaligen<br />

Heimkindern eingerichtet worden sind. Das Gesamtvolumen<br />

des Fonds „Heimerziehung West“<br />

umfasst 120 Millionen Euro.<br />

Quelle: die Glocke-online<br />

www.die-glocke.de (Der Link in dieser PDF-Datei<br />

oder auf unserer <strong>Online</strong>-Version führt direkt zur<br />

gewünschten Unterseite – ist aber zu lang, um hier<br />

gedruckt zu werden.)<br />

Buchtipps<br />

Empfehlungen zur Umsetzung der Neuregelungen des Vormundschaftsrechts<br />

Von Dorette Nickel, Eigenverlag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V.<br />

Inhalte der Empfehlungen:<br />

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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

1. Aufgaben und Verantwortung des Vormundes<br />

Persönliche Gewährleistung der Pflege und Erziehung<br />

Persönlicher Kontakt<br />

Anhörung zur Auswahl<br />

Dokumentationsanforderungen und Bericht<br />

2. Rollenklärung in der "Verantwortungsgemeinschaft"<br />

Aufgabenabgrenzung und Zusammenwirken mit Eltern und Pflegeeltern sowie anderen Erziehungspersonen<br />

Rollenklarheit im Verhältnis Amtsvormund zu dem Sozialen Dienst - Aufgabenabgrenzung und Kooperation<br />

Kooperation mit dem Pflegekinderdienst<br />

Aufgaben von Leitung<br />

Koopertation mit den Rechtspfleger/innen sowie mit den Familienrichter/innen<br />

3. Organisatiorische und konzeptionelle Umsetzung<br />

Fallzahlbeschränkung<br />

verschiedene Formen der Vormundschaft<br />

4. Persönliche Eignung, Qualifikation, Qualifizierung und Selbstverständnis des Vormunds<br />

Persönliche Eignung<br />

Anforderungen an die Qualitikation und Qualifizierung von Vormündern<br />

5. Fazit und Ausblick<br />

www.moses-online.de/node/16886<br />

Professionell helfen: Was das ist und wie<br />

man das lernt -<br />

Die Aktualität einer vergessenen Tradition<br />

Sozialer Arbeit<br />

Von Burkhard Müller, Verlag Münstermann<br />

Kann soziale Arbeit selbst ihren eigenen Kompetenzberich<br />

definieren und dabei bleiben, ein Bereich,<br />

in dem sich Kenntnis und Urteilsvermögen vom<br />

Beitrag anderer Professionen unterscheidet und in<br />

dem Praktiker kraft ihrer Ausbildung tun können,<br />

das ohne diese nicht getan werden kann?<br />

Auf diese Frage entwickelten Virginia Robinson und<br />

Jessie Taft vor 70 Jahren eine Theorie und Praxis der<br />

Professionalisierung Sozialer Arbeit, die heute aktueller<br />

denn je ist. Burkhard Müller stellt Schlüsseltexte<br />

dieses Ansatzes vor und arbeitet in seinen Aufsätzen<br />

und Kommentaren dessen Aktualität für die<br />

heutige Arbeit heraus.<br />

www.moses-online.de/node/15698<br />

Überraschungen inklusive - was man mit<br />

Pflegekindern alles erleben kann<br />

Von Regina Groot Bramel, Verlag Münstermann<br />

Die Autorin schildert gut 20Jahre Leben mit Pflegekindern.<br />

Sie macht in dieser Zeit eine Ausbildung<br />

zur Sozialpädagogin und Reitherapeutin. Mit ihrem<br />

Mann und ihren vier leiblichen Kindern lebt sie auf<br />

einem großen Grundstück mit Pferden, Schafen und<br />

anderen Tieren. Während die ersten Kinder 1990<br />

ungeplant aufgrund des Todes einer Freundin von<br />

den Pflegeeltern aufgenommen werden und nach<br />

einigen Jahren zum Vater zurückgingen, kommen<br />

die nächsten 5 Kinder zwischen 1996 und 2003<br />

schon im Rahmen einer Erziehungsstelle in die Familie.<br />

Die Autorin setzt sich mit fachlichen Anforderungen<br />

auseinander, beschreibt eigene Lösungswege und<br />

betrachtet diese kritisch auch mal mit den Augen<br />

anderer Pflegeeltern.<br />

Das Buch schildert das Leben der Familie und hierin<br />

besonders die Überzeugungen, Erfahrungen und<br />

Empfindungen der Pflegemutter in einem humorvollen<br />

gut lesbaren Stil.<br />

www.moses-online.de/node/15697<br />

Übergriffe unter Jugendlichen<br />

In der Reihe Elternwissen, der kompetenten Schriftenreihe<br />

für Eltern, die von der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft<br />

Kinder- und Jugendschutz<br />

NW e.V. herausgegeben wird, ist eine neue Veröffentlichung<br />

erschienen: Übergriffe unter Jugendlichen.<br />

Sexuelle Übergriffe unter Jugendlichen sind nichts<br />

Neues und leider auch keine Seltenheit. Viele Mädchen,<br />

aber auch Jungen, erleben „blöde Anmache“,<br />

ungewollte Berührungen, erpresste oder sogar gewaltsam<br />

erzwungene sexuelle Handlungen durch<br />

Gleichaltrige.<br />

Väter und Mütter können einen wesentlichen Beitrag<br />

dazu leisten, sexuellen Grenzverletzungen unter<br />

Jugendlichen vorzubeugen. Sie sind für Jugendliche<br />

auch heute noch – trotz Internet, Fernsehen und dem<br />

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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Einfluss der Gleichaltrigen – die wichtigste Informationsquelle,<br />

wenn es um Fragen der Sexualität geht.<br />

Welche Botschaften Eltern ihren Kindern vermitteln<br />

können, um ihnen den Zugang zu einer selbstbestimmten<br />

und Grenzen achtenden Sexualität zu ermöglichen,<br />

und wie sie reagieren können, wenn ihr<br />

Sohn oder ihre Tochter von sexuellen Übergriffen<br />

berichtet, wird in dieser Broschüre vorgestellt.<br />

Die Reihe Elternwissen entstand vor sechs Jahren<br />

auf Anregung der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft<br />

Kinder- und Jugendschutz NW e.V. Sie<br />

richtet sich konkret und praktisch an Eltern und<br />

bereitet jeweils ein Schwerpunktthema aus dem<br />

Bereich des Kinder- und Jugendschutzes auf. Die<br />

Broschüren eignen sich auch als Begleitmaterial für<br />

Elternseminare und Elternabende.<br />

www.moses-online.de/node/16839<br />

30 Mutmach-Geschichten<br />

Von Luisa Hartmann, Verlag an der Ruhr<br />

Vorlesegeschichten für Lehrer an Grundschulen und<br />

Kinder von 5–10 Jahren, Klasse 1–4 +++ „Das würde<br />

ich jetzt gern tun … aber ich trau’ mich nicht!“<br />

So hat sich fast jeder schon einmal gefühlt. Nur<br />

Mut! Mit diesen 30 realistischen und fantasievollen<br />

Geschichten lernen Kinder an gleichaltrigen Vorbildern,<br />

ihre Ängste zu bewältigen. Die Mutmach-<br />

Geschichten erzählen von lebensnahen Situationen,<br />

in denen Kinder sich ein Herz fassen und über sich<br />

hinauswachsen. Da geht es um den Mut, Gefühle zu<br />

zeigen, den Mut, seine Meinung zu sagen oder den<br />

Mut, für jemanden einzustehen. Das stärkt das<br />

Selbstvertrauen.<br />

www.moses-online.de/node/16918<br />

Selbsthilfe bei Angst im Kindes- und<br />

Jugendalter - Ein Ratgeber für Kinder,<br />

Jugendliche, Eltern und Erzieher<br />

zu behandeln sind, kommt nur ein Drittel der Betroffenen<br />

in Therapie. Dieses Buch ist für diejenigen<br />

Kinder, Jugendlichen und Eltern geschrieben, die<br />

keine Therapie wünschen oder die eine psychotherapeutische<br />

Behandlung ihrer Angststörung gründlich<br />

vorbereiten möchten. Was Sie als Eltern oder Erzieher<br />

über Angststörungen wissen sollten ist Gegenstand<br />

des ersten Teils des Buches. Verschiedene<br />

Angstdiagnosen sowie Methoden zur Angstbewältigung<br />

werden vorgestellt. Zahlreiche Beispiele veranschaulichen<br />

die entstehenden und aufrechterhaltenden<br />

Bedingungen der Angst. Der zweite Teil des<br />

Buches wendet sich direkt an ängstliche Kinder und<br />

Jugendliche im Alter von 10 bis 16. In verständlicher<br />

Sprache wird erläutert, was unter einer Angststörung<br />

zu verstehen ist und welche Möglichkeiten<br />

der Selbsthilfe es beim Abbau von phobischen und<br />

panischen Ängsten gibt.<br />

www.moses-online.de/node/16919<br />

Miekes genialer Anti-Schüchternheitsplan<br />

Von Birgit Ebbert, Arena Verlag<br />

Die Hauptfigur des Buches ist die 11jährige Mieke.<br />

Sie besucht ein Musikgymnasium und ist eine talentierte<br />

Marimbafon-Spielerin. Doch sie hat Angst,<br />

sich im Unterricht zu melden, obwohl sie so oft die<br />

richtigen Antworten kennt. Sie muss lernen, sich am<br />

Unterricht mehr zu beteiligen, sonst muss sie die<br />

Schule verlassen. So entwickelt sie mir ihrer Freundin<br />

und zufälligen Helfern den genialen Anti-<br />

Schüchternheitsplan, durch den es ihr gelingt, ihre<br />

Angst zu überwinden und in der Schule bleiben zu<br />

dürfen. Das Buch ist in der Ich-Form aus der Sicht<br />

von Mieke geschrieben und kann Kindern Mut machen,<br />

Probleme anzugehen und zu erfahren: Ich<br />

kann das und schaffe das.<br />

www.moses-online.de/node/16897<br />

Von Sigrum Schmidt-Traub, Verlag Hofgrefe<br />

Göttingen<br />

Bei Kindern und Jugendlichen treten Ängste sehr<br />

häufig auf. Obwohl Angststörungen inzwischen gut<br />

20


<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Impressum und Kontakt<br />

Dieses PDF-<strong>Magazin</strong> ist eine Ergänzung zu unserer Webseite www.moses-online.de<br />

Die nächste <strong>Ausgabe</strong> erscheint Anfang März <strong>2013</strong>.<br />

Gerne publizieren wir auf www.moses-online.de oder im <strong>Magazin</strong> Ihre<br />

Fachartikel oder Erfahrungsberichte.<br />

Ebenso beantworten wir gerne Ihre Fragen und Anmerkungen oder nehmen<br />

Themenwünsche für das <strong>Magazin</strong>, unsere Themenhefte oder das Internetangebot<br />

entgegen.<br />

Bitte wenden Sie sich dafür an die Redaktion.<br />

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