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Gießener Universitätsblätter - Gießener Hochschulgesellschaft e.V.

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Medien religiöser Kommunikation und ihre<br />

differenzierten Aussagemöglichkeiten.<br />

Das Votivwesen spielt nicht nur in der griechischen<br />

Religion eine zentrale Rolle: Man beschenkt<br />

die Gottheiten, um sie wohlgesonnen<br />

zu stimmen oder um sich für eine erwiesene<br />

Wohltat zu bedanken. Neben der Darbringung<br />

von ephemeren Opfern versuchen die Weihenden,<br />

mit der Stiftung eines Votivs aus einem<br />

unvergänglichen Material ihrer Gabe langfristigen<br />

Bestand zu sichern. Jedes Votiv ist damit<br />

von seiner Funktion her sowohl Mittel zur rituellen<br />

Aktion als auch Verweis auf eine solche.<br />

Durch den Akt des Schenkens stellt es eine<br />

Beziehung her zwischen denjenigen, die die<br />

Gaben darbringen, und denjenigen, die sie<br />

erhalten. Das Votiv dient der Kommunikation<br />

zwischen Mensch und Gottheit, dokumentiert<br />

sie aber auch gleichzeitig durch seine bloße<br />

Exis tenz. Inschriften können diesen dokumentarischen<br />

Wert noch zusätzlich erhöhen. Die<br />

Besonderheit der Weihreliefs besteht darin,<br />

dass die meisten von ihnen aber nicht nur<br />

Medien, sondern auch Bilder einer solchen<br />

rituellen Aktion bzw. Kommunikation sind.<br />

Allerdings lassen sich diese Bilder von Ritualen<br />

nicht zur Illustration von Ritualen benutzen.<br />

Die zahlreichen Weihreliefs zeigen in ganz wörtlichem<br />

Sinne die Gottesvorstellung ihrer Stifter.<br />

Diese wählen nicht nur ein bestimmtes Götterbild<br />

zur Darstellung aus, sie stellen es auch<br />

konkret vor sich: Menschen und Gottheiten<br />

sind in der Darstellung vereint – wenn auch als<br />

ungleiche Partner – und treten in Beziehung zueinander.<br />

Dieser Typus der Weihreliefs, bei<br />

denen sich Menschen in ehrfürchtiger Haltung<br />

ihrem göttlichen Gegenüber nähern, ist der<br />

geläufigste. Anders als etwa beim neuzeitlichen<br />

Stifterbild gestaltet man das Verhältnis von Gott<br />

und Mensch als Interaktion unter Anwesenden;<br />

man steht einander direkt gegen über, befindet<br />

sich in einer Bildebene, reagiert zum Teil aufeinander.<br />

Gezeigt wird die Grundsituation religiöser<br />

Kontaktaufnahme und damit ein Ritual:<br />

Menschen treten vor Gottheiten, verehren diese<br />

durch Gesten und bringen Gaben dar. Verschiedene<br />

Aspekte der Kulthandlung wie das Herbeibringen<br />

der Tiere und Gaben, die Vorbereitung<br />

des Opfers und das Verhalten der Adoranten,<br />

werden festgehalten.<br />

Geradezu als Paradebeispiel hierfür kann ein<br />

Votiv für die Jagdgöttin Artemis aus der Zeit um<br />

300 v. Chr. im Museum von Lamia gelten (Abb.<br />

1 und 2). Der Göttin, die am rechten Bildrand<br />

Abb. 2: Weihrelief, Umzeichnung. Nach U. Sinn, Einführung in die Klassische Archäologie (2000), Abbildung 12<br />

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