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Die wunderbare Welt der Farbe …darum lieb ich alles, was so rot ist…

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| Design | Teil 6 | | <strong>Farbe</strong> Lila |<br />

Magie und<br />

Emanzipation<br />

Vom teuren Purpur über<br />

aristokratisches Mauve bis<br />

zum politischen Lila: Eine<br />

<strong>Farbe</strong> mit vielen Facetten, die<br />

einiges verän<strong>der</strong>t hat. So<br />

revolutionierte sie die<br />

Damenmode und half den<br />

Forschern bei <strong>der</strong> Entdeckung<br />

des TBC-Erregers und <strong>der</strong><br />

Erbsubstanz DNS. Lila ist<br />

außerdem die <strong>Farbe</strong> des<br />

Hinduismus und <strong>der</strong><br />

Frauenbewegung. <strong>Die</strong> <strong>Farbe</strong><br />

wirkt extravagant, feierl<strong>ich</strong>,<br />

sakral, fast ein bisschen<br />

magisch und versprüht noch<br />

dazu das gewisse Et<strong>was</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Gesch<strong>ich</strong>te <strong>der</strong> <strong>Farbe</strong> Lila<br />

Lila ist mit Weiß abgeschwächtes Violett,<br />

das wie<strong>der</strong>um im Idealfall zu gle<strong>ich</strong>en Teilen<br />

aus Rot und Blau besteht. Reines Violett<br />

ist die dunkelste Buntfarbe, und damit<br />

die Komplementärfarbe <strong>der</strong> hellsten<br />

Buntfarbe, dem reinen Gelb. Der Farbbere<strong>ich</strong><br />

<strong>der</strong> Violetttöne re<strong>ich</strong>t vom tiefen<br />

Blauviolett bis zum blassen Lila. <strong>Die</strong> Mystiker<br />

des mittelalterl<strong>ich</strong>en Abendlandes<br />

sahen in <strong>der</strong> Vermischung <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> des<br />

Körpers (<strong>rot</strong>) mit <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> des Geistes und<br />

des Himmels (blau) das Mysterium (violett).<br />

Auf den symbolischen Bil<strong>der</strong>n des<br />

Mittelalters trägt Christus während seiner<br />

Passion ein violettes Kleid, das die Vereinigung<br />

von Mensch und Gott zeigen <strong>so</strong>ll.<br />

<strong>Die</strong> Herstellung des reinen Blauvioletts<br />

war indes bis ins 19. Jahrhun<strong>der</strong>t sehr aufwendig<br />

und teuer, weil <strong>der</strong> Farbstoff aus<br />

Sekreten <strong>der</strong> Purpurschnecke gewonnen<br />

wurde. Reine Purpur-Farbtöne re<strong>ich</strong>en<br />

von violett über violett<strong>rot</strong>, karmesin<strong>rot</strong>,<br />

scharlach<strong>rot</strong>, karmin<strong>rot</strong> bis hin zum fast<br />

schwarzen Violett. Sie b<strong>lieb</strong>en über Jahrtausende<br />

den Re<strong>ich</strong>en und Mächtigen<br />

vorbehalten. So kleidet die katholische<br />

Kirche ihre Bediensteten traditionell gern<br />

in Violetttönen („Bischofslila“). In <strong>der</strong><br />

evangelischen Kirche ist Violett die allgemeine<br />

Kirchenfarbe. Beiden Religionsgemeinschaften<br />

gemeinsam ist Violett als<br />

die <strong>Farbe</strong> <strong>der</strong> Advents-, Buß- und Fastenzeit.<br />

Einen Quantensprung an Be<strong>lieb</strong>theit erlebte<br />

die <strong>Farbe</strong> ab dem Jahr 1856. Damals<br />

entdeckte <strong>der</strong> erst 18 jährige Schüler <strong>der</strong><br />

City of London School William Perkin bei<br />

dem Versuch künstl<strong>ich</strong>es Chinin gegen<br />

Avantgarde: In <strong>der</strong> Zeit nach <strong>der</strong><br />

Entdeckung des Mauve-Farbstoffs waren<br />

Klei<strong>der</strong> in Violetttönen <strong>der</strong> letzte Schrei.<br />

Hier ein mit original Perkin-Mauvein eingefärbtes<br />

Kleid aus dem Jahr 1862.<br />

Malaria zu entwickeln, dass bei <strong>der</strong> Oxidation<br />

von aus Steinkohleteer gewonnenem<br />

Anilin ein purpurvioletter Farbstoff<br />

entsteht, den er Mauvein, bzw. Anilinpurpur<br />

nannte. <strong>Die</strong> Herstellung in seiner eigenen<br />

Fabrik machte den Chemiker re<strong>ich</strong>.<br />

Mauve war <strong>der</strong> erste industriell hergestellte<br />

Farbstoff, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Modewelt<br />

weltweit Furore machte. N<strong>ich</strong>t allein, dass<br />

s<strong>ich</strong> <strong>der</strong> Farbstoff in be<strong>lieb</strong>igen Mengen<br />

herstellen ließ – er war auch von gle<strong>ich</strong><br />

bleiben<strong>der</strong> Färbekraft und bestechen<strong>der</strong><br />

<strong>Farbe</strong>chtheit. Zuvor wurden die Farbmoden<br />

weniger vom Geschmack bestimmt<br />

als von <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> Rohstoffe, die den<br />

Färbern zur Herstellung <strong>der</strong> Naturfarben<br />

zur Verfügung standen. Mauve jedoch war<br />

<strong>der</strong> intensivste Farbstoff, den die Färber je<br />

gesehen hatten. Ein Kilo <strong>Farbe</strong> konnte<br />

400 Kilo Baumwolle färben. Als dann<br />

Queen Victoria am 27.10.1889 in Athen<br />

bei <strong>der</strong> Hochzeit ihrer Tochter Sophie mit<br />

Prinz Konstantin von Griechenland, dem<br />

späteren König Konstantin I., Mauve trug<br />

und s<strong>ich</strong> auch die französische Kaiserin<br />

Eugenie in dieser <strong>Farbe</strong> zeigte, gab es<br />

endgültig kein Halten mehr. Ein wahres<br />

Mauve-Fieber brach aus, das auch nach<br />

Deutschland übergriff, hier nannte man<br />

die <strong>Farbe</strong> Anilinviolett. Doch <strong>der</strong> Boom<br />

dauerte nur 10 Jahre und erlebte im Jugendstil<br />

um die Jahrhun<strong>der</strong>twende seine<br />

letzte Blüte. Perkin hatte indes das Ende<br />

des Mauve-Fiebers vorausgeahnt und<br />

rechtzeitig weitere Entwicklungen aus<br />

dem Steinkohleteer forciert. Inzwischen<br />

konnte man auch die Stoffe, die aus dem<br />

Steinkohleteer gewonnen werden, aufbrechen<br />

und z. B. Kumarin, den ersten<br />

künstl<strong>ich</strong>en Duftstoff herstellen, mit dem<br />

man Seifen, Waschmitteln, Lebensmitteln<br />

und Tabak parfümieren kann.<br />

Bereits 1860 wurden erstmals Körperzellen<br />

lila gefärbt, um Gewebeproben unter<br />

dem Mikroskop besser analysieren zu<br />

können. Der Berliner Chemiker Robert<br />

Koch entdeckte <strong>so</strong> den Tuberkulose-Bazillus.<br />

<strong>Die</strong> Forscher fanden weiterhin heraus,<br />

dass die Anilinfarbe Methylenblau s<strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t nur zur Diagnose eignet, <strong>so</strong>n<strong>der</strong>n<br />

selbst therapeutische Eigenschaften<br />

| 18 | PRINT & PRODUKTION 11/2004 |

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