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Der Datenschutz im Arbeitsverhältnis - Sunderdiek, Werth und ...

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Editorial Seite 2<br />

Leitartikel: <strong>Der</strong> <strong>Datenschutz</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Arbeitsverhältnis</strong> Seite 3<br />

Fazit Seite 8<br />

Aktuelle Rechtsprechung Seite 9<br />

SWP-Medientipp<br />

<strong>Der</strong> Staatsfeind Nr. 1 Seite 12


swp magazin 02<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

Joach<strong>im</strong> Piezynski / Jörg <strong>Werth</strong> / Stephen <strong>S<strong>und</strong>erdiek</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Datenschutz</strong> ist zurzeit in aller M<strong>und</strong>e. Überall<br />

in der Presse gibt es Berichte über Bestrebungen<br />

von Unternehmen, an mehr Daten über ihre K<strong>und</strong>en<br />

(z. B. neue AGB bei Facebook) oder über ihre Mitarbeiter<br />

(z. B. Kameraüberwachung bei Lidl) zu<br />

kommen.<br />

Da es <strong>im</strong>mer noch keine eigene Regelung zum<br />

Beschäftigtendatenschutz gibt, ist vielen Betriebsräten<br />

nicht klar, worin genau ihre Möglichkeiten <strong>und</strong><br />

Grenzen bei der Einhaltung des <strong>Datenschutz</strong>es<br />

bestehen. Dies kann dazu führen, dass Betriebsräte<br />

ihre Kompetenzen <strong>und</strong> Aufgaben <strong>im</strong> Rahmen des<br />

<strong>Datenschutz</strong>es falsch einschätzen.<br />

Die Folge ist häufig, dass in Betriebsvereinbarungen<br />

oft lediglich seitenlange Definitionen aus dem BDSG<br />

abgeschrieben werden, ohne dass dies inhaltlich<br />

irgendeinen Nutzen hat.<br />

Daneben sehen Betriebsräte vielfach ihre Aufgaben<br />

<strong>im</strong> Rahmen einer Betriebsvereinbarung nach § 87<br />

Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Einführung einer technischen<br />

Einrichtung zur Überwachung von Mitarbeitern<br />

allein darin, auf die Einhaltung des BDSG zu<br />

achten.<br />

Dies kann dann zu unangemessenen Ergebnissen<br />

für die Mitarbeiter führen.<br />

In dieser Ausgabe wollen wir daher Licht in den<br />

Dschungel des Arbeitnehmerdatenschutzrechtes in<br />

Deutschland bringen.<br />

Es grüßt Sie herzlich Ihr SWP-Team<br />

Stephen <strong>S<strong>und</strong>erdiek</strong> Jörg <strong>Werth</strong> Joach<strong>im</strong> Piezynski


swp magazin 03<br />

<strong>Der</strong> <strong>Datenschutz</strong> <strong>im</strong> <strong>Arbeitsverhältnis</strong><br />

Terminator: „Deine Bedenken sind irrational. Sie ist ein ges<strong>und</strong>es<br />

Weibchen <strong>im</strong> gebährfähigen Alter!“ Connor: „Dazu gehört aber schon<br />

einiges Andere!“ Terminator: „Meine Datenbanken umfassen nicht<br />

die Dynamik menschlicher Paarbindungen!“<br />

Einführung<br />

Terminator 3 – Rebellion der Maschinen<br />

Gegenwärtig existieren nur wenige spezifische gesetzliche<br />

Vorschriften zum Schutz der personenbezogenen Daten von<br />

Beschäftigten.<br />

Für zahlreiche Fragen der Praxis zum Beschäftigtendatenschutz<br />

bestehen keine speziellen gesetzlichen Regelungen. Teilweise ergibt<br />

sich der rechtliche Rahmen für den Beschäftigtendatenschutz aus verschiedenen<br />

allgemeinen Gesetzen wie dem B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetz <strong>und</strong><br />

dem Betriebsverfassungsgesetz.<br />

Daneben existiert eine Vielzahl an gerichtlichen Einzelfallentscheidungen, anhand<br />

derer wichtige Gr<strong>und</strong>sätze für den Beschäftigtendatenschutz entwickelt<br />

worden sind. Jedoch sind insbesondere die gerichtlichen Entscheidungen für<br />

die betroffenen Beschäftigten teilweise nur schwer zu erschließen.<br />

Aus diesen Gründen plant die B<strong>und</strong>esregierung bereits seit mehreren Jahren,<br />

in das B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetz einen eigenen Abschnitt über den Beschäftigtendatenschutz<br />

aufzunehmen.<br />

Durch klarere gesetzliche Regelungen soll die Rechtssicherheit für Arbeitgeber<br />

<strong>und</strong> Beschäftigte erhöht werden. So sollen einerseits die Beschäftigten<br />

vor der unrechtmäßigen Erhebung <strong>und</strong> Verwendung ihrer personenbezogenen<br />

Daten geschützt werden, andererseits soll das Informationsinteresse<br />

des Arbeitgebers beachtet werden.<br />

Beides dient dazu, ein vertrauensvolles Arbeitskl<strong>im</strong>a zwischen Arbeitgebern<br />

<strong>und</strong> Beschäftigten am Arbeitsplatz zu unterstützen. Zwar hat die B<strong>und</strong>esregierung<br />

am 25.08.2010 einen Gesetzentwurf beschlossen <strong>und</strong> in den<br />

B<strong>und</strong>estag eingebracht. Seitdem läuft jedoch – nach Kritik an dem Entwurf<br />

von den unterschiedlichsten Seiten – das Gesetzgebungsverfahren. Es ist<br />

derzeit nicht absehbar, wann es tatsächlich zu der geplanten einheitlichen<br />

Regelung des Beschäftigtendatenschutzes kommen wird.<br />

Das BetrVG <strong>und</strong> der <strong>Datenschutz</strong><br />

a. Allgemeines<br />

<strong>Der</strong> <strong>Datenschutz</strong> an sich ist nicht Gegenstand<br />

der Mitbest<strong>im</strong>mung.<br />

Zum Einen wird der Begriff „<strong>Datenschutz</strong>“ <strong>im</strong> BetrVG <strong>und</strong> demnach<br />

auch bei den Mitbest<strong>im</strong>mungstatbeständen nirgendwo ausdrücklich<br />

erwähnt. Zum Anderen greift die Mitbest<strong>im</strong>mungspflicht des Betriebsrats<br />

nach dem Wortlaut des § 87 Abs. 1 BetrVG nur, soweit eine gesetzliche<br />

Regelung nicht besteht. Solche gesetzliche Regelungen bestehen jedoch<br />

zum <strong>Datenschutz</strong> unter anderem <strong>im</strong> B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetz (BDSG).<br />

Aus diesen Gründen hat der Betriebsrat gr<strong>und</strong>sätzlich zunächst keine zwingende<br />

Mitbest<strong>im</strong>mungspflicht bei der Einhaltung des <strong>Datenschutz</strong>es.<br />

b. Rechte des Betriebsrats als Kontrollorgan nach § 80 BetrVG<br />

Das BDSG ist ein Schutzgesetz <strong>im</strong> Sinne von § 80 Abs. 1 BetrVG. Deswegen<br />

hat der Betriebsrat seine Einhaltung zu überwachen <strong>und</strong> kann umfassende<br />

Informationsrechte <strong>im</strong> Bereich des <strong>Datenschutz</strong>es geltend machen.<br />

Fortsetzung auf nächster Seite »


swp magazin 04<br />

So kann der Betriebsrat z. B. folgende Sachverhalte kontrollieren:<br />

» ordnungsgemäße Bestellung des betrieblichen <strong>Datenschutz</strong>beauftragten<br />

» Existenz <strong>und</strong> Vollständigkeit des Verfahrensverzeichnisses nach<br />

§ 4g Abs. 2 Satz 1 BDSG<br />

» Wahrung der Zweckbindung von Daten<br />

» Existenz von Berechtigungskonzepten für Software (Datensparsamkeit)<br />

» ordnungsgemäße Abwicklung der Datenverarbeitung <strong>im</strong> Auftrag<br />

» Einhaltung der notwendigen organisatorischen <strong>und</strong> technischen<br />

Maßnahmen zum <strong>Datenschutz</strong> (§ 9 BDSG & Anlage)<br />

» Einhaltung der Löschfristen<br />

Zwar kann der Betriebsrat die Einhaltung von <strong>Datenschutz</strong>regelungen<br />

kontrollieren; er kann aber bei Verstößen nicht selbst aktiv werden. Er ist<br />

als Betriebsrat ja nicht in seinen Rechten eingeschränkt worden. Seine<br />

Möglichkeiten beschränken sich darauf, den Arbeitgeber anzusprechen<br />

<strong>und</strong> eine Verbesserung zu verlangen. <strong>Der</strong> Betriebsrat ist aber nicht berechtigt,<br />

die Einhaltung des BDSG über das Arbeitsgericht durchzusetzen.<br />

Natürlich können einzelne Mitglieder des Betriebsrats als persönlich<br />

Betroffene aktiv werden. Sie können den Rechtsweg beschreiten oder sich<br />

an die Aufsichtsbehörde wenden. Letzteres kann auch der Betriebsrat als<br />

Gremium tun. Allerdings muss er <strong>im</strong> Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit<br />

den Arbeitgeber vorher warnen <strong>und</strong> nachdrücklich auf Abhilfe<br />

dringen.<br />

c. Zwingende Mitbest<strong>im</strong>mung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG<br />

Dennoch gibt es Fälle, wo eine Mitbest<strong>im</strong>mung des Betriebsrats <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit dem <strong>Datenschutz</strong> in Frage kommt <strong>und</strong> unter Umständen<br />

sogar erzwungen werden kann.<br />

In allen Fällen, in denen die Tatbestandsmerkmale des § 87 Abs.<br />

1 Nr. 6 BetrVG erfüllt sind (es sich also um eine technische Einrichtung zur<br />

Überwachung des Verhaltens oder der Leistung von Arbeitnehmern handelt)<br />

gilt die uneingeschränkte Mitbest<strong>im</strong>mungspflicht durch den Betriebsrat.<br />

Bei den Daten, die durch solche technischen Einrichtungen entstehen,<br />

handelt es sich meistens, jedoch nicht <strong>im</strong>mer um personenbezogene Daten<br />

i. S. d. § 3 Abs. 1 BDSG. Die Mitbest<strong>im</strong>mungspflicht durch den Betriebsrat<br />

besteht jedoch unabhängig davon, ob über den Umgang mit solchen Daten<br />

Vorschriften der <strong>Datenschutz</strong>gesetze bestehen.<br />

Beispiele für solche technische Einrichtungen, die nach § 87 Abs. 1 Nr.<br />

6 BetrVG mitbest<strong>im</strong>mungspflichtig sind <strong>und</strong> gleichzeitig personenbezogene<br />

Daten der Beschäftigten erfassen, speichern oder verarbeiten, sind<br />

» das E-Mail-System,<br />

» die Telefondatenerfassung in einer Telefonanlage,<br />

» die Arbeitszeiterfassung <strong>und</strong>/oder Zugangskontrolle,<br />

» das Ereignisprotokoll von Windows,<br />

» das Transaktionsprotokoll von SAP,<br />

» die Bearbeitungsvermerke in verschiedenen<br />

Programmen (z. B. der Vermerk, wer der Auslöser<br />

einer Bestellung oder wer der Bearbeiter eines<br />

Verkaufs in einem Warenwirtschaftssystem ist) <strong>und</strong><br />

» das Proxyserver-Protokoll.<br />

Ein erheblicher Teil der personenbezogenen Daten<br />

jedoch unterliegt dieser Mitbest<strong>im</strong>mung nicht, weil aus<br />

diesen Daten keine Rückschlüsse auf das Verhalten<br />

oder die Leistung von Arbeitnehmern getroffen<br />

werden (können).<br />

Fortsetzung auf nächster Seite »


swp magazin 05<br />

Das gilt z. B. für die Stammdaten der Person in der Personalverwaltung,<br />

z. B. dem Modul HR von SAP. Hier muss man stets prüfen, ob aus dem jeweiligen<br />

Datum <strong>im</strong> Einzelfall nicht doch Rückschlüsse auf das Verhalten oder<br />

die Leistung möglich sind, z. B. wenn die Information mit anderen Angaben<br />

verknüpft wird.<br />

Ebenso könnte es vorkommen, dass durch eine technische Einrichtung,<br />

die den Tatbestandsmerkmalen des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG entspricht,<br />

die also mitbest<strong>im</strong>mungspflichtig ist, Informationen entstehen, die keine<br />

personenbezogenen Daten i. S. d. § 3 Abs. 1 BDSG sind. Das ist aber aus<br />

Sicht des Betriebsrats kein Problem, weil er ja in jedem Fall ein Mitbest<strong>im</strong>mungsrecht<br />

hat. Z. B. könnte ein Nutzungsprotokoll vollständig anonymisiert<br />

werden, indem keine Informationen über die Benutzer festgehalten werden.<br />

Dann handelt es sich nicht um personenbezogene Daten i. S. d. § 3 Abs.<br />

1 BDSG, weil jeder direkte oder indirekte Bezug zu den Mitarbeitern fehlt.<br />

Gleichwohl handelt es sich um Angaben über das Verhalten „der Arbeitnehmer“<br />

i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, weswegen dem Betriebsrat auch für<br />

diese Daten ein zwingendes Mitbest<strong>im</strong>mungsrecht zusteht.<br />

Aus diesen Gründen wäre es <strong>im</strong> Ergebnis falsch, wenn sich die Regelungen<br />

einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nur<br />

auf die Daten beziehen würden, die unter den Geltungsbereich des BDSG<br />

fallen. Vielmehr sollte sich eine solche Betriebsvereinbarung auf sämtliche<br />

Daten beziehen, die eine Kontrolle der Belegschaft –ob anonym oder<br />

personenbezogen- ermöglicht.<br />

d. Freiwillige Betriebsvereinbarung, als Rechtsgr<strong>und</strong>lage für<br />

eine Nutzung personenbezogener Daten <strong>im</strong> Sinne von<br />

§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BDSG?<br />

» der Betroffene zugest<strong>im</strong>mt hat,<br />

» das B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetz es (z. B. in § 28 BDSG) erlaubt oder<br />

» eine andere Rechtsvorschrift es erlaubt oder anordnet.<br />

Da <strong>im</strong> Betrieb an den verschiedensten Stellen <strong>und</strong> zu den unterschiedlichsten<br />

Zwecken personenbezogene Daten der Arbeitnehmer erfasst, gespeichert,<br />

verarbeitet <strong>und</strong> genutzt werden, wird es dem Arbeitgeber kaum gelingen,<br />

für alle diese Fälle die Zust<strong>im</strong>mung aller Betroffenen einzuholen, denn<br />

die muss dokumentierbar <strong>und</strong> <strong>im</strong>mer auf den jeweiligen Zweck bezogen sein.<br />

<strong>Der</strong> Arbeitgeber wird sich also in den meisten Fällen, in denen er mit<br />

personenbezogenen Daten der Arbeitnehmer umgeht, auf den § 28 Abs. 1<br />

Nr. 1 oder Nr. 2 BDSG berufen, die das Speichern etc. dann erlauben, wenn<br />

es entweder dem Zweck eines Vertragsverhältnisses dient (Nr. 1), oder wenn<br />

der Arbeitgeber damit ein berechtigtes Interesse verfolgt (Nr. 2).<br />

Es ist aber nicht sicher, ob der Arbeitgeber damit <strong>im</strong>mer Recht<br />

hat. Das „berechtigte Interesse“ muss nämlich gut begründet sein<br />

<strong>und</strong> ggf. einer objektiven <strong>und</strong> kritischen Prüfung standhalten. Pure<br />

Neugier, die bloße Möglichkeit, dass eine Information irgendwann<br />

einmal interessant oder nützlich werden könnte oder der Wunsch,<br />

die Beschäftigten auch in ihren schlechten Eigenschaften genauestens<br />

zu kennen, sind z. B. keine hinreichenden Voraussetzungen, die<br />

es nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG erlauben, personenbezogene Daten<br />

zu erfassen, zu speichern, zu verarbeiten oder zu nutzen. Darüber hinaus<br />

muss das berechtigte Interesse des Arbeitgebers jeweils gegen die schutzwürdigen<br />

Interessen der Beschäftigten abgewogen werden.<br />

Fortsetzung auf nächster Seite »<br />

Nach § 4 BDSG ist es gr<strong>und</strong>sätzlich verboten, mit personenbezogenen<br />

Daten umzugehen. Dieses gr<strong>und</strong>sätzliche Verbot wird nach dieser<br />

Vorschrift nur aufgehoben, wenn


swp magazin 06<br />

<strong>Der</strong> Arbeitgeber bewegt sich also auf relativ dünnem Eis, wenn er mit Daten<br />

umgeht, <strong>und</strong> dies mit § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG begründet - ob die Zulässigkeit<br />

der Nutzung der Daten in jedem einzelnen Fall einer kritischen Überprüfung<br />

durch eine unabhängige Partei standhält, ist durchaus fraglich.<br />

Sollte sich jedoch herausstellen, dass der Arbeitgeber personenbezogene<br />

Daten gespeichert oder genutzt hat, ohne dies zu dürfen, so hat<br />

er eine Ordnungswidrigkeit begangen.<br />

Hier kann der Arbeitgeber auf die Idee kommen, mit dem Betriebsrat eine<br />

freiwillige Betriebsvereinbarung über die Nutzung der personenbezogenen<br />

Daten abzuschließen. Eine Betriebsvereinbarung ist nämlich auch<br />

eine Rechtsvorschrift <strong>im</strong> Sinne des § 4 BDSG, die es dem Arbeitgeber<br />

erlaubt, personenbezogene Daten zu speichern <strong>und</strong> damit zu arbeiten.<br />

Allerdings hilft dem Arbeitgeber der Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung<br />

kaum weiter. Zwar kann eine Betriebsvereinbarung eine<br />

„andere Rechtsvorschrift“ <strong>im</strong> Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 1 BDSG darstellen;<br />

allerdings dürfte es nach einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgericht<br />

Köln vom 28.06.2011 wohl der herrschenden Meinung entsprechen,<br />

dass Betriebsvereinbarungen den <strong>Datenschutz</strong> gegenüber dem BDSG nicht<br />

einschränken können. Damit sind sämtliche Regelungen in einer Betriebsvereinbarung,<br />

die den <strong>Datenschutz</strong> von Arbeitnehmern verschlechtern, unwirksam,<br />

wenn der Arbeitnehmer den Regelungen nicht selbst zugest<strong>im</strong>mt<br />

hat oder sich ein Recht zur Nutzung aus § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ergibt.<br />

e. Pflichten des Betriebsrates als Datenverarbeiter<br />

Als erstes ist hier das Datengehe<strong>im</strong>nis gemäß § 79 BetrVG<br />

zu nennen. <strong>Der</strong> Betriebsrat unterliegt diesem speziellen<br />

Datengehe<strong>im</strong>nis für alle Daten, die er in der Ausübung<br />

seines Amtes über die Beschäftigten erfährt.<br />

Aber auch das BDSG gilt für den Betriebsrat. Die Daten sind <strong>im</strong> Betriebsrat<br />

genauso zu schützen wie <strong>im</strong> Rest des Betriebs. Allerdings rechtfertigt der<br />

<strong>Datenschutz</strong> auch keine Gehe<strong>im</strong>niskrämerei <strong>im</strong> Gremium. Anspruch auf Information<br />

hat fast <strong>im</strong>mer der gesamte Betriebsrat <strong>und</strong> nicht ein einzelnes Mitglied.<br />

<strong>Der</strong> Betriebsrat ist Teil der verantwortlichen Stelle, also des Unternehmens.<br />

Eine Weitergabe von Daten an den Betriebsrat ist keine Übermittlung<br />

an Dritte, sondern so zu behandeln wie die Weitergabe von Daten zwischen<br />

einzelnen Abteilungen. Auch hier ist zu prüfen, ob die Weitergabe der Daten<br />

notwendig ist. Den Anspruch, Daten zu erheben, kann der Betriebsrat mit seinen<br />

Aufgaben aus dem BetrVG begründen. Zusammen mit § 32 BDSG ergibt<br />

sich so <strong>im</strong>mer dann eine Berechtigung, Daten zu erheben <strong>und</strong> zu verarbeiten,<br />

wenn der Betriebsrat diese Daten für seine Arbeit benötigt. Nicht mehr<br />

benötigte Daten sind zu löschen, sofern ihre Aufbewahrung be<strong>im</strong> Betriebsrat<br />

nicht gesetzlich vorgeschrieben ist.<br />

<strong>Der</strong> Betriebsrat darf keine Einsicht in Personalakten nehmen, er darf<br />

lediglich den ausreichenden organisatorischen <strong>und</strong> technischen Schutz der<br />

Akten überprüfen. Ausnahmen bestehen nur, wenn ein Beschäftigter den<br />

Betriebsrat damit beauftragt, in die Akte Einsicht zu nehmen (§ 83 Abs. 1<br />

BetrVG). Dann hat der einzelne Betriebsrat Stillschweigen über den Inhalt<br />

zu wahren. Dies gilt ausnahmsweise auch gegenüber anderen Mitgliedern<br />

des Betriebsrats.<br />

<strong>Der</strong> Betriebsrat darf Einsicht in die Bruttolohnlisten nehmen,<br />

wie sich aus § 80 Abs. 2 BetrVG ergibt. <strong>Der</strong> Verweis auf den<br />

Personalausschuss in dieser Vorschrift bedeutet nicht, dass<br />

dieses Recht nur in großen Betrieben besteht. In kleineren<br />

Betrieben können durch Beschluss des Betriebsrats einzelne<br />

Mitglieder (z.B. der Vorsitzende) mit der Einsichtnahme<br />

beauftragt werden. Das Einsichtsrecht gilt natürlich nur<br />

für Listen der Beschäftigten, die der Betriebsrat auch<br />

vertritt. Leitende Angestellte sind also ausgenommen.<br />

Fortsetzung auf nächster Seite »


swp magazin 07<br />

<strong>Der</strong> Betriebsrat sollte sich bei seiner Datenverarbeitung <strong>im</strong> Sinne des<br />

<strong>Datenschutz</strong>es möglichst vorbildlich verhalten. Ansonsten kommt er in Argumentationsnöte,<br />

falls er den Arbeitgeber in diesen Fragen angreift.<br />

f. Mitwirkung des Betriebsrats bei der Ernennung des betrieblichen<br />

<strong>Datenschutz</strong>beauftragten<br />

<strong>Der</strong> betriebliche <strong>Datenschutz</strong>beauftragte wird allein vom Arbeitgeber<br />

ernannt. <strong>Der</strong> Betriebsrat hat keinen direkten Einfluss auf seine Ernennung.<br />

Möchte der Arbeitgeber allerdings einen Arbeitnehmer des Betriebes<br />

zum betrieblichen <strong>Datenschutz</strong>beauftragten ernennen, handelt es sich um<br />

eine Versetzung <strong>im</strong> Sinne des § 99 BetrVG, zu der er vorher den Betriebsrat<br />

anhören muss. Fällt die Wahl auf einen externen <strong>Datenschutz</strong>beauftragten,<br />

der in den Betrieb eingegliedert werden soll, stellt dies eine Einstellung dar,<br />

die wiederum das Mitbest<strong>im</strong>mungsrecht nach § 99 BetrVG auslöst.<br />

<strong>Der</strong> Betriebsrat könnte z. B. die Zust<strong>im</strong>mung zu der Bestellung verweigern<br />

wegen Gesetzesverstoßes, wenn der zu Bestellende die erforderliche<br />

Fachk<strong>und</strong>e oder Zuverlässigkeit nicht besitzen sollte. Nach der Rechtsprechung<br />

des BAG handelt es sich bei § 4f Abs. 2 BDSG um ein Schutzgesetz<br />

<strong>im</strong> Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.<br />

g. Kontrolle des Betriebsrats durch den betrieblichen<br />

<strong>Datenschutz</strong>beauftragten?<br />

Eine direkte Kontrolle des Betriebsrats durch den betrieblichen<br />

<strong>Datenschutz</strong>beauftragten ist nach der Rechtsprechung des BAG<br />

nicht zulässig. Sollten Arbeitgeber oder betrieblicher <strong>Datenschutz</strong>beauftragter<br />

Unregelmäßigkeiten be<strong>im</strong> Betriebsrat in <strong>Datenschutz</strong>fragen<br />

vermuten, haben sie die Möglichkeit, sich an die zuständige<br />

Aufsichtsbehörde zu wenden. Diese führt dann eine entsprechende<br />

Kontrolle durch.<br />

Wenn der Arbeitgeber aus den vorgenannten Gründen den Betriebsrat<br />

nach § 99 BetrVG zu beteiligen hat, hat der Betriebsrat zu prüfen, ob ihm<br />

Zust<strong>im</strong>mungsverweigerungsgründe gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG gegen<br />

diese Maßnahme zustehen.


swp magazin 08<br />

Fazit<br />

Die Rolle des Betriebsrats <strong>im</strong> <strong>Datenschutz</strong> ist äußerst vielfältig. Einerseits<br />

kontrolliert er das <strong>Datenschutz</strong>verhalten des Arbeitgebers, andererseits<br />

ist er selbst in der Rolle des Datenverarbeiters <strong>und</strong> sollte sich streng<br />

an die gesetzlichen Regelungen halten.<br />

Bei dem Abschluss von Betriebsvereinbarungen stellen sich dem<br />

Betriebsrat eine Vielzahl von komplizierten Abgrenzungsfragen<br />

zwischen der Reichweite des BDSG <strong>und</strong> den Aufgaben des<br />

Betriebsrates aus dem BetrVG. Wenn Ihr Betriebsrat bei<br />

der Formulierung oder den Verhandlungen über eine<br />

Betriebsvereinbarung mit Berührungspunkten zum<br />

<strong>Datenschutz</strong> Beratung benötigt, steht Ihnen das<br />

SWP-Team mit den Erfahrungen aus über 100<br />

Verhandlungen über Betriebsvereinbarungen<br />

hierfür gern zur Verfügung.


swp magazin 09<br />

Aktuelle Rechtsprechung<br />

a. Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom<br />

28.06.2011, Az. 12 TaBV 1/11<br />

<strong>Der</strong> Betriebsrat hat einen Anspruch auf Herausgabe<br />

der Zeitnachweislisten der Mitarbeiter des Betriebes<br />

nach § 80 Abs. 2 BetrVG.<br />

Danach ist der Betriebsrat zur Durchführung<br />

seiner Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz<br />

rechtzeitig <strong>und</strong> umfassend<br />

vom Arbeitgeber zu unterrichten <strong>und</strong> ihm sind<br />

auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner<br />

Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung<br />

zu stellen. Zu den Aufgaben des Betriebsrats<br />

<strong>im</strong> Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG<br />

gehören auch die allgemeinen Aufgaben<br />

nach dem Katalog des § 80 Abs. 1 BetrVG.<br />

Diese Aufgaben sind vom Vorliegen<br />

besonderer Mitwirkungs- oder Mitbest<strong>im</strong>mungsrechte<br />

unabhängig. Eine Aufgabe<br />

des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1<br />

BetrVG, zu deren Durchführung er die hier<br />

gewünschte Unterrichtung bedarf, besteht<br />

jedenfalls nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG<br />

in der Verpflichtung darüber zu wachen,<br />

dass die zu Gunsten der Arbeitnehmer<br />

geltenden Gesetze <strong>und</strong> Betriebsvereinbarungen<br />

angewendet werden.<br />

Daher ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat Auskunft<br />

über die exakten Arbeitszeiten der Belegschaft zu geben, soweit<br />

dessen Überwachungsaufgaben nach § 80 BetrVG dies erfordert.<br />

Im vorliegenden Fall hat der Betriebsrat nach § 80 Abs. 1<br />

Nr. 1 BetrVG die<br />

» Einhaltung der Arbeitszeitregelung nach dem Arbeitszeitgesetz,<br />

hier insbesondere § 3 des Arbeitszeitgesetzes, sowie<br />

» nach der Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit <strong>und</strong><br />

» der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Zeiterfassung<br />

zu überwachen. Dazu ist die Übergabe der Zeitnachweislisten<br />

erforderlich. <strong>Der</strong> Betriebsrat muss nachvollziehen, ob die Höchstarbeitszeit<br />

sowie die weiteren Regelungen der Betriebsvereinbarungen<br />

zur Rahmen-, Kern- <strong>und</strong> Sollarbeitszeit insbesondere<br />

auch für Teilzeitbeschäftigte sowie die Handhabung des Gleitzeitkontos<br />

hinsichtlich Guthaben <strong>und</strong> Ausgleich eingehalten werden.<br />

<strong>Der</strong> Betriebsrat muss auch überprüfen können, ob die Höchstgrenze<br />

des Zeitguthabens gemäß § 5 der Betriebsvereinbarung<br />

eingehalten wird, was nur anhand der individuellen Arbeitszeit<br />

ermittelt werden kann, sowie ob <strong>und</strong> wie Freizeitausgleich erfolgt<br />

ist. Schließlich obliegt ihm auch die Überwachung des Jugendarbeitsschutzgesetzes<br />

<strong>und</strong> des Mutterschutzgesetzes. Insbesondere<br />

auch diese gesetzlichen Vorschriften können genau wie § 3<br />

des Arbeitszeitgesetzes nur individuell für jeden Arbeitnehmer<br />

überprüft werden. <strong>Der</strong> Nachweis ist damit für die Aufgabenerfüllung<br />

durch den Betriebsrat <strong>im</strong> vorliegenden Fall erforderlich.<br />

Fortsetzung auf nächster Seite »


swp magazin 10<br />

Dem steht nicht das B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetz entgegen. Dabei regelt<br />

§ 4 Abs. 1 BDSG, dass die Erhebung, Verarbeitung <strong>und</strong> Nutzung personenbezogener<br />

Daten nur zulässig ist, soweit dieses Gesetz oder eine andere<br />

Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt<br />

hat. Vorliegend ist nach Auffassung der Kammer gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1<br />

BDSG davon auszugehen, dass die Nutzung der Daten für die Durchführung<br />

des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist, so dass die Weitergabe<br />

der Daten an den Betriebsrat nach § 4 Abs. 1 BDSG durch Rechtsvorschrift<br />

erlaubt ist. Damit ist eine Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer nicht<br />

einzuholen.<br />

b. BAG, Beschluss vom 07.02.2012, Az. 1 ABR 46/10<br />

<strong>Der</strong> Betriebsrat kann verlangen, dass ihm der Arbeitgeber die Arbeitnehmer<br />

benennt, welche nach § 84 Abs. 2 SGB IX die Voraussetzungen<br />

für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements erfüllen.<br />

c. Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 14.04.2011,<br />

Az. 15 Sa 125/11<br />

Videoüberwachung am Arbeitsplatz in Bereichen ohne eigentlichen<br />

Publikumsverkehr lässt sich mit § 6b BDSG nicht legit<strong>im</strong>ieren.<br />

Gemäß § 6 b Abs. 1 BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher<br />

Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) nur<br />

zulässig, soweit sie zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, zur Wahrnehmung<br />

des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen<br />

für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist <strong>und</strong> keine Anhaltspunkte<br />

bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.<br />

Fortsetzung auf nächster Seite »<br />

Die Benennung der Arbeitnehmer ist zur Durchführung der sich aus<br />

§ 80 Abs 1 Nr. 1 BetrVG, § 84 Abs. 2 S. 7 SGB IX ergebenden Überwachungsaufgabe<br />

erforderlich.<br />

<strong>Der</strong> Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Namen der Arbeitnehmer mit<br />

Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen <strong>im</strong> Jahreszeitraum<br />

auch dann mitteilen, wenn diese der Weitergabe nicht zugest<strong>im</strong>mt haben.<br />

Die Überwachungsaufgabe des Betriebsrat nach § 80 Abs 1 Nr. 1 BetrVG<br />

ist nicht von einer vorherigen Einwilligung der von der Vorschrift begünstigten<br />

Arbeitnehmer abhängig. Eine solche Einschränkung folgt auch nicht<br />

aus § 84 Abs. 2 SGB 9.<br />

<strong>Der</strong> Übermittlung der Namen stehen auch keine datenschutzrechtlichen<br />

Gründe entgegen. Das Erheben von Daten über die krankheitsbedingten<br />

Fehlzeiten durch den Arbeitgeber <strong>und</strong> ihre Übermittlung an<br />

den Betriebsrat ist auch bei fehlender Zust<strong>im</strong>mung der betroffenen<br />

Arbeitnehmer nach § 28 Abs 6 Nr. 3 BDSG 1990 zulässig.


swp magazin 11<br />

Zwar ist der Begriff des öffentlich zugänglichen<br />

Raums weit zu fassen, meint andererseits jedoch nicht<br />

Arbeitsplätze, die sich in nicht öffentlichen Bereichen<br />

befinden. An sich zugänglich sind nur solche Räume,<br />

die ihrem Zweck nach dazu best<strong>im</strong>mt sind, von einer<br />

unbest<strong>im</strong>mten Zahl oder nach nur allgemeinen Merkmalen<br />

best<strong>im</strong>mten Personen betreten zu werden, etwa Bahnsteige,<br />

Ausstellungsräume eines Museums, Verkaufsräume, Schalterhallen.<br />

Nicht öffentlich zugänglich sind demgegenüber Räume,<br />

die nur von einem best<strong>im</strong>mten oder best<strong>im</strong>mbaren Personenkreis<br />

betreten werden dürfen. Videoüberwachung am Arbeitsplatz<br />

in Bereichen ohne eigentlichen Publikumsverkehr<br />

lässt sich daher mit § 6 b BDSG nicht legit<strong>im</strong>ieren.<br />

So liegt der Fall hier. <strong>Der</strong> Bereich der Lager- <strong>und</strong><br />

Kommissionierräume, in dem die Kameras 13 <strong>und</strong> 14<br />

aufgehängt sind, ist zum einen dadurch gekennzeichnet,<br />

dass er von außen durch einladende Fahrer/Spediteure<br />

angefahren – hier erfolgt eine Kontrolle ersichtlich durch<br />

die Kameras 15 <strong>und</strong> 16 – zum anderen jedenfalls nicht<br />

wie die Verkaufsräume eines Kaufhauses unkontrolliert von<br />

betriebsfremden Personen betreten wird. Großhandelsk<strong>und</strong>en<br />

wird der Zutritt vielmehr üblicherweise nur unter<br />

best<strong>im</strong>mten durch das Großhandelsunternehmen<br />

definierten Voraussetzungen gewährt, so dass insoweit<br />

ein von der Beklagten kontrollierbares Betreten des gesamten<br />

Großhandelsbereichs sichergestellt werden kann.<br />

K<strong>und</strong>en der Beklagten dürften sich demgegenüber allenfalls<br />

unbefugt in den Lagerräumen aufhalten. Somit scheidet die<br />

Annahme eines öffentlich zugänglichen Raumes aus.<br />

Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass die Erstreckung<br />

der Überwachung auf weitere Bereiche ihres Betriebsgeländes sowohl<br />

geeignet als auch erforderlich ist. Erklärter Zweck der Videoüberwachung<br />

ist nach Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung die Vermeidung <strong>und</strong> Aufklärung<br />

von Diebstählen <strong>und</strong> Unterschlagungen. Ausdrücklich soll der Betrieb der<br />

Überwachungsanlage nicht dem Zweck der Leistungs- <strong>und</strong> Verhaltenskontrolle<br />

der Arbeitnehmer dienen (Ziff. 2 der Betriebsvereinbarung). Das berechtigte<br />

Interesse der Beklagten ergibt sich ohne weiteres aus Art. 14 Abs.<br />

1 GG. Zudem hat die Beklagte ein rechtlich schützenswertes Interesse an<br />

der Aufklärung <strong>und</strong> präventiven Verhinderung von Vermögensstraftaten in<br />

ihren Betriebsräumen.<br />

cc) Gleichwohl hält die in der Betriebsvereinbarung geregelte Videoüberwachung<br />

einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand, da sie nicht<br />

angemessen (verhältnismäßig <strong>im</strong> engeren Sinne) ist.<br />

Durch die Videoüberwachung wird in erheblicher Weise in die allgemeinen<br />

Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer eingegriffen. Zwar dient die<br />

Videoüberwachung gem. Ziff. 2 S. 1 der Betriebsvereinbarung nicht dem<br />

Zwecke der Leistungs- <strong>und</strong> Verhaltenskontrolle der Arbeitnehmer. Auch<br />

ist in Ziff. 3 S. 1 der Betriebsvereinbarung eine laufende Kontrolle am<br />

Bildschirm der Überwachungsanlage unzulässig. Doch ist die Videoüberwachung<br />

nach dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung nicht abhängig vom<br />

Vorliegen eines konkreten Verdachts <strong>und</strong> insbesondere auch nicht zeitlich<br />

beschränkt. Dies hat zur Folge, dass die bei der Beklagten beschäftigten<br />

Arbeitnehmer <strong>im</strong>mer damit rechnen müssen, dass gerade eine Situation<br />

vorliegt, in der sie gefilmt werden. Dies bedeutet einen permanenten Überwachungs-<br />

<strong>und</strong> Anpassungsdruck. Hiermit können einhergehen Einschüchterungseffekte,<br />

die zu Beeinträchtigungen bei der Ausübung von Gr<strong>und</strong>rechten<br />

führen.


swp magazin 12<br />

SWP Medientipp:<br />

<strong>Der</strong> Staatsfeind Nr. 1<br />

(Originaltitel: Enemy of the State)<br />

US-amerikanischer Actionthriller von Regisseur Tony Scott aus<br />

dem Jahre 1998 mit Will Smith, Gene Hackman <strong>und</strong> Jon Voight<br />

in den Hauptrollen.<br />

Robert Clayton Dean (Will Smith), ein junger Staranwalt in Washington<br />

D.C., gerät ahnungslos in den Besitz eines Videos, das einen Top-Beamten<br />

(Jon Voight) des mächtigen US-Gehe<strong>im</strong>dienstes NSA mit einem Politischen<br />

Mord in Verbindung bringt. Ohne Motive oder Hintergründe zu kennen,<br />

gerät der Jurist plötzlich ins Visier skrupelloser NSA-Agenten, die mit allen<br />

Mitteln modernster High-Tech-Überwachung sein Leben zerstören. Dean<br />

verliert seinen Job, seine Frau <strong>und</strong> seinen guten Ruf: Seine gesamte Identität!<br />

Ganz auf sich allein gestellt <strong>und</strong> ins Bodenlose stürzend, flüchtet er<br />

vor seinen Gegnern. Bis ihm der <strong>im</strong> Untergr<strong>und</strong> arbeitende Überwachungsexperte<br />

BRILL (Gene Hackman) die Augen öffnet. Erst widerwillig, dann<br />

aber entschlossen startet dieser mit Dean einen Gegenangriff, der in einem<br />

furiosen Showdown endet.


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Ausgabe 31, Jahr: 2012<br />

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