Nachhaltig Bauen Kanton Zürich 3/2012 - Gerber Media
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Editorial<br />
Die Energiefrage<br />
im engen und weiten Fokus<br />
Am 6. Oktober <strong>2012</strong> erhielt Regensdorf das<br />
Energiestadt-Label – als 300. Schweizer Gemeinde!<br />
Dass dieser Meilenstein im <strong>Kanton</strong><br />
Zürich erreicht wurde, mag ein Zufall sein.<br />
Eine Ehre ist es allemal. Der <strong>Kanton</strong> Zürich ist<br />
ein gutes Pflaster für die Ideen, die vom Programm<br />
Energiestadt verfolgt werden. Es zielt<br />
auf Massnahmen, die von den konkreten Gegebenheiten<br />
ausgehen, und die sind in jeder<br />
Gemeinde anders. Es gibt keine vorgefertigten<br />
Lösungen, keine gross angelegten Radikalkuren.<br />
Stattdessen werden die kleinen Schritte<br />
gewürdigt, die gut koordinierten Einzelmassnahmen.<br />
Das «Energieproblem» zeigt sich hier<br />
als etwas, das nicht nur mit energetischen<br />
Massnahmen im engeren Sinne zu lösen ist,<br />
sondern im Rahmen einer Gesamtbetrachtung,<br />
die auch raum- und verkehrsplanerische<br />
Einflussfaktoren mit einschliesst. Vor allem<br />
beruht das Programm aber auf Freiwilligkeit<br />
und dem überall vorhandenen Interesse an<br />
Lebensqualität, Standortvorteilen und finanziellen<br />
Einsparungen.<br />
Schauplatz des Programms Energiestadt sind<br />
die Gemeinden, wobei sich der Fokus derzeit<br />
auf die Regionen ausweitet. Man könnte ihn<br />
noch viel weiter öffnen, denn was im kommunalen<br />
Rahmen gilt, gilt auch im globalen:<br />
Das Energiethema durchdringt praktisch alle<br />
menschlichen Lebensbereiche. Die Sorge um<br />
die schwindenden Ressourcen hat ihren Einfluss<br />
auf die Weltpolitik längst bewiesen.<br />
Und wenn eine Atomkatastrophe in Japan in<br />
der Lage ist, die Energiepolitik der Schweiz<br />
grundlegend umzustellen, dann zeigt sich<br />
eindrücklich, wie machtvoll der globale Fokus<br />
inzwischen geworden ist. So richtig es ist,<br />
die Katastrophe von Fukushima nicht als ein<br />
weit entferntes Lokalereignis abzutun, das<br />
uns nichts angeht, so falsch ist es aber, die<br />
Kernkraft nun zum absolut Bösen zu erklären,<br />
von dem sich alles andere als das Gute<br />
abhebt. Energieerzeugung und -verbrauch sind<br />
nie «gut», und die viel beschworene technologische<br />
Entwicklung wird zwar Verbesserungen,<br />
nie aber Heil und Erlösung bringen.<br />
Wir werden immer zur Abwägung gezwungen<br />
sein, welche negativen Effekte unserer Zivilisation<br />
wir in Kauf nehmen wollen und welche<br />
nicht. Wenn in der Zürcher <strong>Kanton</strong>sverfassung<br />
steht, der <strong>Kanton</strong> habe «für eine ausreichende,<br />
umweltschonende, wirtschaftliche und sichere<br />
Energieversorgung» zu sorgen, dann klingt<br />
das so klar wie positiv, aber es sind darin auch<br />
Zielkonflikte angelegt. Eine wirtschaftliche<br />
Energieversorgung ist nicht unbedingt umweltschonend,<br />
und die sicherste Technologie<br />
generiert nicht zwingend eine ausreichende<br />
Menge an Energie. Welche Rolle der Klimaschutz<br />
spielt, wenn die Atomkraft wegfällt, ist<br />
eine ebenso heikle Frage wie die, wie wir unser<br />
Wirtschaftswachstum sicherstellen wollen,<br />
wenn die Energiepreise steigen. Wächst gleichzeitig<br />
noch die Bevölkerung – und das tut sie<br />
im <strong>Kanton</strong> Zürich unübersehbar –, dann wirkt<br />
manche Vision einer energetisch genügsamen<br />
Gesellschaft schnell einmal blauäugig.<br />
Der <strong>Kanton</strong> befindet sich zwischen den Gemeinden<br />
und dem Bund in einer Scharnierfunktion<br />
und damit im Spannungsfeld von<br />
grosser Politik und lokalem Handeln. Er befindet<br />
sich dort, wo das eine ins andere übersetzt<br />
wird. Eine Stadt wie Regensdorf gibt sich<br />
so als «Schweiz im Kleinen» zu erkennen, die<br />
nicht den grossen Wurf sucht, dafür aber einfallsreich<br />
und innovativ Lösungen erarbeitet,<br />
unterstützt vom Knowhow in den Betrieben<br />
und einem allgemein hohen Bildungsniveau.<br />
Hier ist die Handschrift des <strong>Kanton</strong>s ebenso<br />
erkennbar wie etwa in seinen Massnahmen<br />
zur Energieförderung. Es mag eine «kleine<br />
Politik» sein, die hier getrieben wird, aber sie<br />
ist höchst erfolgreich. Es ist nicht das geringste<br />
Verdienst des Labels Energiestadt, dass es<br />
ab und zu einen Teil der Aufmerksamkeit, die<br />
sonst der grossen Politik zuteil wird, auf diesen<br />
Erfolg abzweigt.<br />
Markus Kägi, Regierungspräsident<br />
Baudirektor <strong>Kanton</strong> Zürich<br />
<strong>Nachhaltig</strong> <strong>Bauen</strong> | 3 | <strong>2012</strong> 3