Spielverhalten von Mädchen und Jungen ... - FRITZplan
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<strong>Spielverhalten</strong> <strong>von</strong> Mädchen <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />
Genderdifferenzierte Untersuchungen<br />
Einführung<br />
<strong>Spielverhalten</strong> <strong>von</strong> <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> Mädchen unterscheiden sich. Dieser Umstand wird in<br />
der Sozialforschung <strong>und</strong> auch in einigen empirischen Studien bspw. <strong>von</strong> Frau Prof. Dr.<br />
Grit Hottenträger schon länger untersucht <strong>und</strong> bestätigt sich immer wieder.<br />
Mit dem englischen Begriff Gender ist, im Gegensatz zum biologischen Geschlecht<br />
(engl. sex), das sogenannte „soziale“ oder „psychologische“ Geschlecht gemeint.<br />
Da es im Deutschen diesen Begriff nicht gibt, wird das englische Wort verwendet.<br />
Unter Gender versteht man die sozial <strong>und</strong> kulturell geprägte Geschlechterrolle.<br />
Gender Mainstreaming hat zum Ziel, die unterschiedlichen Perspektiven der sozialen<br />
Geschlechter (also beider Geschlechter) in Entscheidungen <strong>und</strong> auf allen<br />
gesellschaftlichen Ebenen zu etablieren. Im Amsterdamer Vertrag <strong>von</strong> 1997/1998<br />
wurde dieses Konzept zur Gleichstellung in der EU politisch verankert. Unter<br />
Berücksichtigung der Gender-Unterschiede soll eine Gleichstellung <strong>von</strong> Mann <strong>und</strong><br />
Frau erreicht werden.<br />
Anlässlich meines Vortrages in Ismaning 2009 sind nachfolgend Auszüge einiger<br />
Studien <strong>von</strong> Frau Prof. Dr. Hottenträger exemplarisch zusammengeführt. Diese<br />
Zusammenstellung erhebt weder den Anspruch einer wissenschaftlichen Arbeit, noch<br />
vermag sie mehr als einen Einblick in die Materie zu gewähren. Sie soll einen kleinen<br />
Überblick vermitteln <strong>und</strong> das Thema in seiner Wichtigkeit <strong>und</strong> Vielschichtigkeit<br />
insgesamt hervorheben – auf stadt- <strong>und</strong> grünplanerischer Ebene.<br />
Städtebauliche Aspekte:<br />
Am Pretest in Spabrücken 1 wird deutlich, dass die Mädchen einen geringeren<br />
Bewegungsradius bezogen auf die Gemeinde haben <strong>und</strong> insgesamt über wesentlich<br />
weniger Spielorte an sich verfügen (4 Orte v. Mädchen zu 12 Orte der <strong>Jungen</strong>). Die<br />
Zusammenfassung der Spielorte nach Geschlecht (aus der Schulhofstudie 2 ) bestätigt<br />
die unterschiedliche Raumaneignung. Mädchen geben als Spielorte mit 50% den<br />
Spielplatz <strong>und</strong> 40% das direkte Wohnumfeld an. Lediglich 15% nutzen städtische<br />
Freiflächen im Gegensatz zu 25% der <strong>Jungen</strong>. Für sie bieten mit 25% Nutzung die Ball<strong>und</strong><br />
Sportfelder eine wichtige Freifläche, die <strong>von</strong> Mädchen lediglich mit 2% genutzt<br />
werden.<br />
Im Rahmen der Aufstellung <strong>von</strong> Bebauungs-Plänen kommt der Kommune eine<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche <strong>und</strong> wichtige Bedeutung für die (gleichberechtigte) Nutzung <strong>von</strong><br />
Freiflächen durch Mädchen <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> zu. Die Spielangebote dürfen nicht in<br />
Randlagen verlegt werden oder uneinsichtige Restflächen sein. Sie bedürfen sozialer<br />
Kontrolle <strong>und</strong> sicheren Wegeverbindungen, sollen sie auch <strong>von</strong> Mädchen<br />
angenommen <strong>und</strong> genutzt werden.<br />
Spielplatzgestaltung - Raumstruktur <strong>und</strong> Verdrängung<br />
Das im Vortrag gezeigte Beispiel aus der Schulhofstudie² (Comeniusschule)<br />
verdeutlicht exemplarisch den Unterschied in der Raumnutzung. Das Anbieten <strong>von</strong><br />
Spiel- <strong>und</strong> Sitzbereichen in den Randlagen einer Fläche erschwert für Mädchen die<br />
„Eroberung“ der verbleibenden Frei-Flächen. Bieten diese auf Gr<strong>und</strong> ihrer Struktur ein<br />
1 Aus: Hottenträger, Zur Umsetzung <strong>von</strong> Gender Mainstreaming im Partizipationsprojekt<br />
Zukunfts(t)räume in Rheinland-Pfalz, 2003<br />
2 Aus: Hottenträger, Geschlechterdifferenzierte Nutzung <strong>von</strong> Schulhöfen am Nachmittag, 2005<br />
<strong>FRITZplan</strong><br />
Dipl.-Ing. FH Simone Fritz<br />
Freie Landschaftsarchitektin AKRP Seite 1
<strong>Spielverhalten</strong> <strong>von</strong> Mädchen <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />
Genderdifferenzierte Untersuchungen<br />
ideales Ballspielfeld, so werden die Freiflächen hauptsächlich <strong>von</strong> <strong>Jungen</strong> genutzt.<br />
Für die Mädchen bleiben die Randbereiche „übrig“.<br />
Das Beispiel der Schlossberg-Schule spiegelt das Gegenteil wider. Werden die<br />
Flächen ausdifferenziert gestaltet <strong>und</strong> nicht als großen Freiflächen offen gelassen,<br />
beschäftigen sich auch mehr <strong>Jungen</strong> mit anderen Spielen. Hier ergeben die<br />
Nutzungskartierungen Spielspuren <strong>von</strong> Mädchen <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> in allen Bereichen des<br />
Hofes, im Gegensatz zu anderen Untersuchungen, in denen Mädchen in gewissen<br />
Bereichen gar nicht anzutreffen sind.<br />
Ein weiterer Aspekt kommt noch hinzu: So kann man an der Eichendorff-Schule gut<br />
ablesen, dass nett gestaltete Spielbereiche nicht <strong>von</strong> beiden Geschlechtern genutzt<br />
werden, wenn die räumliche Beziehung nicht stimmt. Liegt der schöne Spielbereich<br />
in enger Beziehung zum Bolzplatz <strong>und</strong> ist dieser dann noch wenig einsichtig, durch<br />
hohe Hecken <strong>und</strong> schmale Zugänge zurückgesetzt, finden wir dort trotz Schaukel<br />
<strong>und</strong> Hängematte keine Mädchen mehr. Das Fehlen <strong>von</strong> Sicherheit (oder dem Gefühl<br />
da<strong>von</strong>) <strong>und</strong> sozialer Kontrolle führt zum Rückzug <strong>von</strong> Mädchen.<br />
Verdrängungsprozesse stehen im engen Zusammenhang mit ungünstigen<br />
räumlichen Beziehungen.<br />
Mädchen spielen durchaus gerne Tischtennis oder nutzen diese Fläche als Bühne.<br />
Sind sie jedoch räumlich hinter dem Bolzplatz angeordnet, so finden wir kaum<br />
Mädchen dort. Flade 3 hat bereits 1998 Kartierungen durchgeführt, die dies<br />
anschaulich verdeutlichen. Die Mädchen ziehen sich auf die<br />
Kleinkinderspielbereiche zurück <strong>und</strong> trauen sich nicht durch „Feindgebiet“zu den TT-<br />
Platten zu gehen. Die <strong>Jungen</strong> verteilen sich über den ganzen Platz, während die<br />
Mädchen sich in dem dargestellten Beispiel in erster Linie auf den Spielgeräten <strong>und</strong><br />
kaum in den übrigen Freiflächen aufhalten.<br />
Spielpräferenzen<br />
Die Studie in Frankfurt am Main zu den dortigen Waldparken 4 diente im Rahmen des<br />
Vortrages als Einblick über Spielpräferenzen. Die Parkanlagen (insgesamt 7, zw. 3-8ha<br />
Fläche)befinden sich in der Regel außerhalb, sind eingezäunt, sind sozial gut<br />
kontrolliert <strong>und</strong> werden intensiv <strong>und</strong> gut genutzt. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann man festhalten,<br />
je mehr Wald <strong>und</strong> weniger offene Flächen, desto geringer der Frauenanteil. Es gibt<br />
Wasserspielplätze, Liegewiesen, Grillplätze, Kleinspielfelder <strong>und</strong> Rasenfelder (Frisbee,<br />
Federball). Die Tischtennisanlage in Schwanheim wird <strong>von</strong> beiden Geschlechtern gut<br />
genutzt, da sie auf Gr<strong>und</strong> ihrer Lage im Raum offen <strong>und</strong> hell ist <strong>und</strong> vor allem<br />
windgeschützt ist.<br />
Gerätespielplätze werden <strong>von</strong> Mädchen bis hin zu den jungen Frauen genutzt.<br />
Männliche Teenager finden sich keine mehr dort. Bei den Wasserspielanlagen treffen<br />
wir <strong>Jungen</strong> bis ins Alter <strong>von</strong> ca. 12 an, während selbst 18-jährige Mädchen dort noch<br />
„matschen“. Die Nutzung der Ballspielanlagen, Skat- <strong>und</strong> BMX-Anlagen sowie<br />
Basketball-Felder erfolgt lediglich <strong>von</strong> männlichen Parkbesucher, da jedoch bis hin zu<br />
den 50-Jährigen. Einige wenige Mädchen <strong>und</strong> Frauen trifft man hier lediglich<br />
3 Aus: Antje Flade, Der neue Spielplatz, 1989<br />
4 Aus: Hottenträger, Kölsch, Nutzungsuntersuchung <strong>von</strong> Waldspielparken in Ffm. unter Berücksichtigung<br />
<strong>von</strong> Altersgruppen <strong>und</strong> Gender, 2006<br />
<strong>FRITZplan</strong><br />
Dipl.-Ing. FH Simone Fritz<br />
Freie Landschaftsarchitektin AKRP Seite 2
<strong>Spielverhalten</strong> <strong>von</strong> Mädchen <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />
Genderdifferenzierte Untersuchungen<br />
beobachtend <strong>und</strong> kommunizierend in den Randbereichen oder in geringem Maße<br />
auf den Beachvolleyball-Feldern <strong>und</strong> beim Tischtennis an. Die Minigolfanlagen <strong>und</strong><br />
die Grillplätze werden hingegen generations- <strong>und</strong> geschlechterübergreifend sehr gut<br />
angenommen.<br />
Es zeigen sich hier altbekannte Nutzungsmuster. Wobei man am Beispiel Tischtennis in<br />
Schwanheim erkennen kann, dass sich bei guter räumlicher Zuordnung die<br />
Nutzergruppen <strong>und</strong> eingefahrenen Nutzerverteilung verschieben kann.<br />
Fazit<br />
Mädchen sind im öffentlichen Raum weniger anzutreffen als <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> stellenweise<br />
gar nicht vertreten. Dafür gibt es viele Gründe, die natürlich nicht nur mit der<br />
Freiflächengestaltung zu erklären oder zu beeinflussen sind.<br />
<strong>Jungen</strong> haben „eigene Flächen“ – <strong>und</strong> das auch ohne spezielle Ausweisung,<br />
sozusagen durch den Gebrauch.<br />
Wollen wir durch planerische Maßnahmen mehr Stadträume auch für Mädchen<br />
zugänglich machen, so sind Faktoren wie Sicherheit <strong>und</strong> soziale Kontrolle neben<br />
Gestaltung mit hoher Aufenthaltsqualität in Planungsüberlegungen mit<br />
einzubeziehen. Verdrängungsprozesse erschweren die Raumaneignung ebenso.<br />
Für Mädchen sind der Spielplatz mit 30-50% Mädchenanteil <strong>und</strong> Schulhöfe mit 60%<br />
Nutzung wichtige (bereits genutzte) Freiflächen. Wenn sich die Gestaltqualität auf<br />
Spielplätzen <strong>und</strong> Schulhöfen verbessert, kann die Nutzung gesteigert werden.<br />
Wichtige Einflußfaktoren darauf sind die Lage in der Stadt, das Gefühl <strong>von</strong> Sicherheit<br />
(räumlich <strong>und</strong> sozial), Überschaubarkeit <strong>und</strong> räumliche Differenzierung in der<br />
Ausgestaltung. Potentielle Gefahren oder Verdrängungsprozesse stören oder<br />
verhindern die Raumaneignung <strong>von</strong> Mädchen.<br />
Auch trägt das Angebot attraktiver Spiel- <strong>und</strong> Aufenthaltsorte (Schaukel,<br />
Schwunggeräte, Klettern <strong>und</strong> Balancieren, Nischen, Sitzen <strong>und</strong> Kommunizieren) <strong>und</strong><br />
„schöner“ Plätze maßgeblich zur Nutzung bei.<br />
Um gewisse Spiel- oder Sportarten für Mädchen zugänglicher zu machen, gibt es in<br />
Wien bspw. eigene Mädchenplätze. Alte Rollenmuster können leichter überw<strong>und</strong>en<br />
werden. Dies wird unterstützt <strong>und</strong> gefördert, wenn diese Flächen betreut werden.<br />
Erst das Wissen um die unterschiedlichen Lebensweisen, Rollenmuster <strong>und</strong> auch<br />
Bedürfnisse eröffnet durch konsequentes Umsetzen der Erkenntnisse daraus neue<br />
Wege für eine Gleichberechtigung beider Geschlechter.<br />
Ich hoffe, diese Zusammenstellung konnte Ihnen einen Einblick bieten, welchen<br />
Einfluss die Lage <strong>und</strong> Gestaltung öffentlicher Flächen auf die Nutzergruppen hat.<br />
Sind bestimmte Voraussetzungen berücksichtigt, kann dies die Nutzung <strong>von</strong><br />
Mädchen <strong>und</strong> Frauen fördern – andernfalls jedoch be- oder verhindern.<br />
Im Anhang befinden sich in Übersichtsform einige hilfreiche Thesen (Anforderungen<br />
an die Planung, differenziert nach Geschlecht <strong>und</strong> Alter), entwickelt <strong>von</strong> Frau Prof.<br />
Dr. Grit Hottenträger aus Ihren wissenschaftlichen Studien.<br />
Simone Fritz im März 2009<br />
<strong>FRITZplan</strong><br />
Dipl.-Ing. FH Simone Fritz<br />
Freie Landschaftsarchitektin AKRP Seite 3
<strong>Spielverhalten</strong> <strong>von</strong> Mädchen <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />
Genderdifferenzierte Untersuchungen<br />
Anhang<br />
<strong>FRITZplan</strong><br />
Dipl.-Ing. FH Simone Fritz<br />
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<strong>Spielverhalten</strong> <strong>von</strong> Mädchen <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong><br />
Genderdifferenzierte Untersuchungen<br />
Von: Prof. Dr. Grit Hottenträger<br />
<strong>FRITZplan</strong><br />
Dipl.-Ing. FH Simone Fritz<br />
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Genderdifferenzierte Untersuchungen<br />
Von: Prof. Dr. Grit Hottenträger<br />
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