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<strong>Magazin</strong> <strong>Magazin</strong><br />
Schäfer und Schaf,<br />
Hund und Banshee(p)<br />
Deutschlands<br />
schrägster<br />
Schäfer<br />
Von Kai Wessel<br />
Hoch im Norden, an der<br />
Küste, dort findet man sie<br />
noch: Ursprüngliche, naturverbundene<br />
und grundehrliche<br />
Menschen. Das Herz am<br />
rechten Fleck, friesich-herb<br />
zuweilen. Zu diesen manchmal<br />
etwas schrägen Typen<br />
gehört auch Harro Steen aus<br />
dem kleinen Nordseenest<br />
Lieth (bei Husum).<br />
Und wie die Menschen in seiner<br />
Nachbarschaft legt er Wert<br />
darauf, Dithmarscher genannt<br />
zu werden. „Wir sind keine<br />
Friesen!“ Von Beruf ist Harro<br />
Schäfer. Wie sein Vater, sein<br />
Großvater, sein Urgroßvater<br />
und sein Bruder natürlich<br />
auch. Alles Schaf oder was?<br />
Nicht ganz. Seit drei Jahren<br />
fährt Familienvater Harro (45)<br />
ein Quad. Ein besonderes<br />
Quad. Harro fährt Banshee.<br />
Hängt man ein „p“ an das<br />
Yamaha Kultmodell, fällt erst<br />
auf, wie gut die Ban-(sheep=<br />
Schaf) zu ihm passt. Harros<br />
Herde besteht aus etwa 500<br />
Tieren. Sie leben auf den 300<br />
Hektar des Speicherkoogs, direkt<br />
hinterm Nordsee-Deich.<br />
Insgesamt zählt Schleswig-<br />
Holstein rund 224.000 Schafe.<br />
„Seit ich die Banshee fahre,<br />
fällt es mir viel leichter, verstreute<br />
Tiere wieder einzufangen<br />
und zur Gruppe zurück zu<br />
führen. In Notfällen kann ich<br />
außerdem viel schneller Hilfe<br />
zu den Tieren bringen. Außer-<br />
dem muss ein wachsamer<br />
Schäfer<br />
jeden Tag<br />
das Geländekontrollieren“,<br />
sagt<br />
Harro. „Was<br />
gibt es denn für<br />
Notfälle?“, wollen wir<br />
vom Schäfer wissen. Der<br />
Fachmann mit Guinness-<br />
Buch-Eintrag als Schafscherer<br />
klärt uns auf: „Nun, eigentlich<br />
stehen Schafe um halb fünf<br />
morgens auf, fressen den ganzen<br />
Tag, und schlafen dann<br />
wieder. Aber manchmal<br />
rutscht ein voll gefressenes<br />
Schaf im Schlaf auf den Rükken.<br />
Und dann geht es Schafen<br />
wie Käfern. Von alleine<br />
kommen sie nicht wieder auf<br />
die Beine. Wenn der Schäfer<br />
da keine Hilfestellung gibt,<br />
kann das böse enden.“ Geballtes<br />
Fachwissen – drei Jahre<br />
lang währt die Ausbildung zum<br />
Schäfer auf einer speziellen<br />
Schule in Lüttchenbüttel bei<br />
Plön. Von Lüttchenbüttel wussten<br />
wir bislang nicht einmal,<br />
dass es existiert.<br />
Gut bekannt war uns dagegen<br />
<strong>Magazin</strong> <strong>Magazin</strong><br />
das raue Küstenklima.<br />
Das hatten wir nämlich<br />
in diesem Sommer<br />
auch zu Hause. Den<br />
Speicherkoog, auf<br />
dem Harros Schafe weiden,<br />
hat das miese Wetter wie<br />
schon in manch anderen Jahren<br />
in eine Sumpflandschaft<br />
verwandelt: „Mit dem Jeep hatten<br />
wir früher unsere Schwierigkeiten,<br />
vorwärts zu kommen.<br />
Außerdem gibt es hier<br />
auch zugewachsene und erst<br />
spät erkennbare Gräben, in<br />
denen wir schon einen Geländewagen<br />
verloren haben. Du<br />
brauchst hier einfach was Robustes.“<br />
Eben die Banshee.<br />
Natürlich lässt sich Harro eine<br />
kleine Demonstration der speziellen<br />
Banshee-Fähigkeiten<br />
nicht nehmen. „Sie ist extrem<br />
5<br />
spritzig, ein<br />
Zweitakter eben.“<br />
Im durchnässten Gelände<br />
legt der erfahrene<br />
Motocross-Pilot<br />
ein paar buchstäblich<br />
extrem spritzige Drifts hin. Aus<br />
einer Senke heraus hebt Harro<br />
zum Sprung ab, landet sicher.<br />
„Macht einfach irre Spaß, aber<br />
man sollte die Banshee schon<br />
gut kennen, und unbedingt immer<br />
mit Helm fahren“, sagt er.<br />
Mensch Harro, du hast gerade<br />
vergessen, Deinen eigenen<br />
Helm aufzusetzen. Harro ist<br />
verlegen: „Das passiert mir nur<br />
ganz selten, denn anfangs habe<br />
ich mich selbst schon mal<br />
auf die Nase gelegt.“ Nun gut,<br />
die matschige Landschaft hätte<br />
einen Sturz möglicherweise<br />
glimpflich enden lassen.