27.11.2014 Aufrufe

Z12 Die Frage nach dem Fundament

Welche Werte prägen unsere Gesellschaft und worauf sind diese gegründet? Vollversion 60 Seiten

Welche Werte prägen unsere Gesellschaft und worauf sind diese gegründet?
Vollversion 60 Seiten

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Medien & Gesellschaft<br />

Herr Pfarrer Schlecht<br />

erklärt im Laufe der<br />

Sendung, was er alles<br />

nicht glaubt und wozu<br />

er sich nicht von Gott<br />

berufen fühlt<br />

Man preise Jesus wie bei<br />

einer TV-Werbung an: „Mit<br />

dieser Flasche Wein wirst<br />

du glücklich!“ – meint<br />

Pfarrer Schlecht<br />

Deutschland“. <strong>Die</strong> <strong>nach</strong>folgende Sendung brachte<br />

„Sterben für Allah – deutsche Gotteskrieger“.<br />

Was wollte der öffentlich-rechtliche Sender den<br />

Zuschauern damit wohl sagen? Auf die vielen aufgebrachten<br />

Protestschreiben wurde nur lapidar<br />

geantwortet, davon habe man nichts gewusst, es<br />

sei nur ein ungünstiger Zufall gewesen.<br />

Wer heute an die Bibel als das Wort Gottes<br />

glaubt, ist extrem konservativ. <strong>Die</strong> Doku signalisiert,<br />

das sei gefährlich und deshalb abzulehnen.<br />

Das ist nicht der erste Versuch, den uneingeschränkten<br />

Glauben an die Bibel als radikal<br />

abzustempeln und in der Nähe islamistischer Gotteskrieger<br />

anzusiedeln. Warum das? <strong>Die</strong> Autorinnen<br />

haben sich wahrscheinlich noch nicht mit den<br />

Unterschieden der Inhalte von Bibel und Koran<br />

auseinandergesetzt.<br />

Moderation: „Jesus, angepriesen wie ein Allheilmittel.<br />

<strong>Die</strong> dabei sind, glauben das – andere<br />

sehen das kritisch.“ Wieder diese Unterstreichungen<br />

in der Betonung. Das war durchaus keine neutrale<br />

Feststellung. <strong>Die</strong>, die das glauben, werden<br />

durch den gesetzten Akzent ins Abseits gestellt, zu<br />

Sonderlingen gemacht. <strong>Die</strong> das kritisch sehen, die<br />

sind die Guten. Zumindest gut für das, was die Autorinnen<br />

mit der Sendung vermitteln wollen.<br />

„Sie glauben an die Unfehlbarkeit der Bibel. Viele<br />

sehen Jesus als Retter, der heute noch Wunder,<br />

wie Heilungen, vollbringt. <strong>Die</strong>, die Jesus ablehnen,<br />

seien verdammt und sollten errettet, also missioniert<br />

werden.“<br />

Foto: © ARD-Schreenshot<br />

Dass Errettung notwendig sein könnte, ist ein<br />

Anstoß. Das passt nicht eine Welt, in der alles<br />

gleich gültig – also gleichgültig – sein sollte. So<br />

eine Aussage konfrontiert den Pluralismus, der<br />

so leben will, wie es einem gerade gefällt. Ist diese<br />

Doku nicht auch ein subtiler Aufschrei einer<br />

verlorenen Gesellschaft: Ich will nicht verdammt<br />

sein! Aber so ein Schrei wäre uncool, also würgt<br />

man ihn lieber gleich ab.<br />

„An die Bibel als Wort Gottes zu glauben –<br />

das tut man nicht, nicht mehr heute in einer<br />

aufgeklärten Welt.“ Unausgesprochen wird das<br />

in <strong>dem</strong> Beitrag immer wieder unterstrichen. Das<br />

trifft die breite Stimmung in einer weitgehend<br />

von Gott losgelösten Gesellschaft. So eine Doku<br />

will im Kontrast zu <strong>dem</strong> unterdrückten Aufschrei<br />

beruhigen und beteuern, dass man an <strong>dem</strong> Zustand<br />

der Menschen nichts ändern müsse – Gottlosigkeit<br />

sei schließlich Mainstream. Könnte<br />

man nur die paar Stimmen, die noch von Verdammnis<br />

und Errettung reden, zum Schweigen<br />

bringen, wäre doch alles in bester Ordnung.<br />

Der Krankenhausseelsorger Pfarrer Joachim<br />

Schlecht kommt immer wieder zu Wort. Vermutlich<br />

halten die Autorinnen ihn deshalb für kompetent,<br />

weil er sich im Klinikum Bad Cannstatt seelisch<br />

kranker Menschen annimmt. Darunter seien auch<br />

solche, die mit <strong>dem</strong> „Produkt“ Jesus, wie man sich<br />

hier ausdrückt, nicht glücklich geworden seien.<br />

„Das erinnert mich an Manager-Seminare,<br />

eher an die schlechteren. Wie man eingeschworen<br />

wird, wie man sein Produkt am besten an den<br />

Mann bringt. Wie alle mit diesem Produkt glücklich<br />

sein werden und nur mit diesem. Wie bei einer<br />

TV-Werbung: ›Mit dieser Flasche Wein wirst<br />

du glücklich sein‹,“ so Schlecht.<br />

Später sagt er: „Da haben die Charismatiker<br />

so richtig die Nase vorne. <strong>Die</strong> sind laut, die sind<br />

auffällig und sie berichten jedenfalls von ihren Erfolgserlebnissen,<br />

von Heilungen. <strong>Die</strong> verstehen<br />

es, am Markt präsent zu sein, von uns allen am<br />

besten. Wenn ich mich da auch als Marktplayer<br />

sehe ...“ Also Herr Pfarrer, sind das nun die<br />

schlechten Manager-Seminare oder sind die die<br />

Besseren am Markt? Was jetzt?<br />

42<br />

Z für Zukunft

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!