Produkt- und Handlungsorientierung in der betrieblichen ...
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<strong>Produkt</strong>- <strong>und</strong> <strong>Handlungsorientierung</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung für Benachteiligte<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
<strong>Produkt</strong>- <strong>und</strong> <strong>Handlungsorientierung</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung für Benachteiligte<br />
Zwischenbericht 2005 zum<br />
„Projekt 48 PLUS“<br />
März 2006<br />
Der vorliegende Zwischenbericht des Projekts 48 PLUS wurde von <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />
Begleitung auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> von den Projekten zur Verfügung<br />
gestellten Informationen erarbeitet.<br />
Autoren:<br />
Christoph Eckhardt,<br />
unter Mitarbeit von Anna Grandke,<br />
mit Beiträgen von Wolfgang Hesse, Hartmut Kle<strong>in</strong>ikel,<br />
Elke März <strong>und</strong> Kar<strong>in</strong> Woyta.<br />
qualiNETZ Beratung <strong>und</strong> Forschung GmbH<br />
Gallenkampstraße 20<br />
47051 Duisburg<br />
Tel.: 0203 / 28 75 88<br />
eMail: eckhardt@qual<strong>in</strong>etz.de<br />
2<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Inhaltsverzeichnis:<br />
1 48 PLUS: Zusätzliche Ausbildungsplätze <strong>in</strong><br />
Sozialunternehmen <strong>in</strong> Baden-Württemberg ...................... 5<br />
2 Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben – Entwicklungsgeschichte7<br />
3 Betriebsnahe Ausbildung (Soll-Ist-Vergleich)................. 19<br />
3.1 <strong>Produkt</strong>orientierung ...................................................... 21<br />
3.2 K<strong>und</strong>enorientierung ...................................................... 27<br />
3.3 <strong>Handlungsorientierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung..................... 28<br />
3.4 Prüfungsvorbereitung ................................................... 29<br />
3.5 Handlungsorientierte Ausbildung <strong>in</strong> Metallberufen – E<strong>in</strong><br />
Praxisbeispiel ............................................................... 33<br />
3.6 Betreuung <strong>der</strong> Azubis im Netzwerk 48 PLUS – e<strong>in</strong><br />
Praxisbericht................................................................. 39<br />
4 Netzwerkübergreifende Fortbildungen - Angebote für<br />
Auszubildende <strong>und</strong> Ausbildungspersonal ...................... 43<br />
4.1 Der Kompetenzansatz .................................................. 44<br />
4.2 Berufsschulbegleiten<strong>der</strong> Unterricht............................... 45<br />
4.3 Lernför<strong>der</strong>ung............................................................... 46<br />
4.4 Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zur Sozialkompetenz..................................... 47<br />
4.5 Lernen Lernen, Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g............................. 48<br />
4.6 Tra<strong>in</strong>-the-Tra<strong>in</strong>er-Sem<strong>in</strong>are .......................................... 48<br />
5 Angaben zu den Teilnehmenden...................................... 51<br />
6 F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Ausbildungskosten.............................. 57<br />
6.1 Kosten <strong>und</strong> Nutzen <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Berufsausbildung58<br />
6.2 Die Kostenstruktur im Netzwerk 48 PLUS .................... 63<br />
6.3 Übertragbarkeit <strong>in</strong> die Regelf<strong>in</strong>anzierung...................... 66<br />
Literaturverzeichnis .............................................................. 70<br />
Verzeichnis <strong>der</strong> Tabellen <strong>und</strong> Abbildungen........................ 72<br />
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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
1 48 PLUS: Zusätzliche Ausbildungsplätze <strong>in</strong><br />
Sozialunternehmen <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />
Die betriebliche Ausbildung im "Dualen System" ist noch immer die<br />
beste Gr<strong>und</strong>lage auf dem Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gesicherte berufliche Zukunft.<br />
Dennoch sorgen <strong>der</strong> permanente Mangel an Lehrstellen, die fehlende<br />
Ausbildungsreife vieler Schulabgänger<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schulababgänger<br />
<strong>und</strong> die stetig wachsenden Anfor<strong>der</strong>ungen an die Auszubildenden<br />
dafür, dass immer mehr Jugendliche ke<strong>in</strong>en Zugang <strong>in</strong> den Ausbildungsmarkt<br />
f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> so durch die Maschen <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong><br />
Ausbildung fallen. Die Zahl <strong>der</strong> Ausbildungsabbrüche steigt. Die Auffang-<br />
<strong>und</strong> Übergangssysteme zur Berufsorientierung <strong>und</strong> Berufswahl<br />
s<strong>in</strong>d überlastet <strong>und</strong> können e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle För<strong>der</strong>ung nur begrenzt<br />
leisten.<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> haben sich zehn <strong>in</strong>novative Sozialunternehmen<br />
aus den Regionen Stuttgart, Ostwürttemberg, Neckar-Alb <strong>und</strong><br />
Bodensee-Oberschwaben zu e<strong>in</strong>em qualitativen Verb<strong>und</strong> betrieblicher<br />
Ausbildung zusammengeschlossen, <strong>der</strong> schwervermittelbaren<br />
Jugendlichen e<strong>in</strong>en eigenen <strong>und</strong> abgestuften Zugang <strong>in</strong> die betriebliche<br />
Ausbildung ermöglicht.<br />
„(Das Projekt) „48 PLUS“ steht für e<strong>in</strong> <strong>in</strong>novatives Projektkonzept,<br />
mit Hilfe dessen es GSI consult <strong>in</strong> Kooperation mit zehn<br />
weiteren Sozialunternehmen gelungen ist, 48 zusätzliche betriebliche<br />
Ausbildungsplätze für beson<strong>der</strong>s benachteiligte Jugendliche<br />
zu schaffen. Dem Projekt <strong>und</strong> dem dah<strong>in</strong>ter stehenden<br />
Netzwerk ist es gelungen, e<strong>in</strong>e Brücke zwischen außerbetrieblicher<br />
<strong>und</strong> betrieblicher Ausbildung zu schlagen. Ziel ist<br />
es, Jugendlichen mit schwierigen schulischen <strong>und</strong> sozialen<br />
Voraussetzungen e<strong>in</strong>en Zugang zu beruflichem Lernen zu<br />
verschaffen. Gleichzeitig stehen diesen Jugendlichen alle sozialen<br />
<strong>und</strong> pädagogischen Unterstützungsstrukturen <strong>der</strong> sozialen<br />
Unternehmen zur Verfügung“ 1 .<br />
1 Manfred Zach, Abteilungsleiter im M<strong>in</strong>isterium für Arbeit <strong>und</strong> Soziales des Landes Baden-<br />
Württemberg <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Rede anlässlich <strong>der</strong> Fachveranstaltung des Netzwerks 48 PLUS am<br />
10. November 2005 <strong>in</strong> Stuttgart.<br />
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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Der „Dritte Weg“ zwischen betrieblicher <strong>und</strong> außerbetrieblicher Ausbildung<br />
entsteht als e<strong>in</strong>e „Integrierte Ausbildung für Benachteiligte“<br />
mit den Komponenten<br />
Orientierungsphase,<br />
betriebliche Ausbildung <strong>in</strong> Sozialunternehmen,<br />
sozialpädagogische Betreuung,<br />
Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterricht,<br />
Vermittlungshilfen,<br />
<br />
Lernhilfen <strong>und</strong> Prüfungsvorbereitungssystemen aus e<strong>in</strong>er<br />
Hand im qualitativen Verb<strong>und</strong>.<br />
Sozialunternehmen s<strong>in</strong>d für diese Aufgabe beson<strong>der</strong>s geeignet. Sie<br />
haben die Infrastruktur, die Erfahrung mit dem Personenkreis <strong>und</strong> sie<br />
s<strong>in</strong>d anerkannte Partner <strong>der</strong> Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern <strong>und</strong><br />
Handwerkskammern. Weiterh<strong>in</strong> verfügen sie über e<strong>in</strong>e sozialpädagogische<br />
Begleitstruktur. Sie haben erfahrene <strong>und</strong> speziell geschulte<br />
Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong>. Die berufliche Qualifizierung <strong>und</strong> Integration<br />
von Jugendlichen mit För<strong>der</strong>bedarf <strong>und</strong> Erwachsenen gehören<br />
zu ihren Kernkompetenzen.<br />
Die Partner im Netzwerk 48 PLUS :<br />
AWO Heidenheim<br />
gBIG Jungnau<br />
GJB Stuttgart<br />
GIBA Rottenburg<br />
Integra Möggl<strong>in</strong>gen<br />
Pro labore Reutl<strong>in</strong>gen<br />
Ridaf Reutl<strong>in</strong>gen<br />
Staufen Arbeits- <strong>und</strong> Beschäftigung<br />
Göpp<strong>in</strong>gen<br />
Waldhaus Hildrizhausen<br />
Workstart Stuttgart<br />
GSI-consult Stuttgart<br />
6<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
2 Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben – Entwicklungsgeschichte<br />
Nach e<strong>in</strong>em Interview mit Hartmut Kle<strong>in</strong>ikel<br />
Die Beschäftigungsgesellschaften <strong>in</strong> Baden-Württemberg s<strong>in</strong>d vor<br />
mehr als zwanzig Jahren als soziale Unternehmen gegründet worden.<br />
Auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> des §72 BSHG wurde damals <strong>in</strong> den Städten<br />
nach Hilfen gesucht, um Obdachlose <strong>und</strong> langzeitarbeitslose<br />
Menschen nicht nur mit Wohnraum, son<strong>der</strong>n auch mit Arbeit zu versorgen.<br />
Die Städte Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim <strong>und</strong> Freiburg begannen<br />
relativ früh zusammen mit <strong>der</strong> Diakonie so genannte Neue<br />
Arbeiten zu gründen. Diese Initiative ist durch den §18 BSHG „Hilfe<br />
zur Arbeit“ verstärkt worden, <strong>der</strong> vorsah, für Langzeitarbeitslose <strong>und</strong><br />
Personen mit beson<strong>der</strong>en sozialen Schwierigkeiten Arbeitsplätze<br />
o<strong>der</strong> Arbeitsgelegenheiten zu schaffen, um sie perspektivisch wie<strong>der</strong><br />
<strong>in</strong> Arbeit zu <strong>in</strong>tegrieren. Auf dem Land gab es Obdachlosenheime<br />
schon länger. Auch die Integration <strong>in</strong> Arbeit war dort bei großen Trägern<br />
üblich.<br />
Stuttgart war – mit vielen sozialen Projekten für Nichtsesshafte – <strong>der</strong><br />
Entwicklungsschwerpunkt für die Städte. Sehr schnell haben sich<br />
Strukturen entwickelt, die weit über das h<strong>in</strong>ausreichten, was im<br />
Rahmen von sozialen E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Nicht-Sesshaften Hilfe zu<br />
bewältigen war. Dies führte zur Gründung rechtlich eigenständiger<br />
Gesellschaften nach dem Vorbild <strong>der</strong> Neuen Arbeit.<br />
Der Europäische Sozialfonds ist schon sehr früh für die Integration<br />
von Langzeitarbeitslosen mit <strong>in</strong> Anspruch genommen worden. Analog<br />
dazu hat das Land För<strong>der</strong>programme aufgelegt, die dann aber<br />
von den Beschäftigungsträgern mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verknüpft werden mussten.<br />
Während <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n meist koord<strong>in</strong>ierte, aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
abgestimmte Programme geschaffen wurden, mussten die<br />
Träger <strong>in</strong> Baden-Württemberg F<strong>in</strong>anzierung <strong>und</strong> Co-F<strong>in</strong>anzierung<br />
aus verschiedenen Programmen selbst zusammen stellen. Das Landesprogramm,<br />
das dann etwa 10 Jahre später aufgelegt worden ist,<br />
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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
be<strong>in</strong>haltete zwei Teile, nämlich e<strong>in</strong>mal das Programm „Arbeit <strong>und</strong><br />
Zukunft für Langzeitarbeitslose“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong> zweites Programm „Geme<strong>in</strong>schaftsarbeiten<br />
für Jugendliche“. Beide Programme hatten e<strong>in</strong>e<br />
schnelle <strong>und</strong> möglichst erfolgreiche <strong>und</strong> nachhaltige Integration <strong>in</strong><br />
den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt zum Ziel. Als Beson<strong>der</strong>heit wurden <strong>in</strong><br />
dem Programm „Arbeit <strong>und</strong> Zukunft für Langzeitarbeitslose“ erstmalig<br />
auch Erfolgskomponenten e<strong>in</strong>gebaut. Wenn e<strong>in</strong>e Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative<br />
gut <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt vermittelt hat, wurden<br />
vorab gegebene Kredite z<strong>in</strong>sfrei gestellt bzw. <strong>in</strong> gewissem Umfang<br />
auch <strong>in</strong> nicht rückzahlbare Zuschüsse umgewandelt. Hier war also<br />
e<strong>in</strong> Anreiz gegeben, gut zu vermitteln.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Beson<strong>der</strong>heit bestand dar<strong>in</strong>, dass die Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen<br />
möglichst nahe am Markt agieren sollten. Das Landesprogramm<br />
sah u. a. e<strong>in</strong>e Erwirtschaftungsquote von 30-40 Prozent <strong>der</strong><br />
Gesamtkosten im Rahmen e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>nützigen wirtschaftlichen<br />
Zweckbetriebs vor. Diese beiden <strong>in</strong>novativen Ansätze ließen sich <strong>in</strong><br />
Baden-Württemberg auch nur deshalb verwirklichen, weil die Integration<br />
von Langzeitarbeitslosen auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> immer noch<br />
prosperierenden Wirtschaft <strong>und</strong> auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> relativ ger<strong>in</strong>gen<br />
Arbeitslosenzahlen im b<strong>und</strong>esweiten Vergleich eher e<strong>in</strong> untergeordnetes<br />
politisches Thema war. In an<strong>der</strong>en B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n<br />
wurde das Thema viel <strong>in</strong>tensiver diskutiert. Daher waren natürlich<br />
auch Empf<strong>in</strong>dlichkeiten bezogen auf Wettbewerbssituationen viel<br />
deutlicher vorhanden.<br />
Für Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen gab es also niemals e<strong>in</strong>e h<strong>und</strong>ertprozentige<br />
F<strong>in</strong>anzierung. Sie waren von vornhere<strong>in</strong> gezwungen, am<br />
Markt zu agieren. Sie haben Marktnischen gesucht, entsprechende<br />
Unternehmenskonzepte entwickelt <strong>und</strong> sich als Unternehmen am<br />
Markt etabliert, die zusätzlich zur wirtschaftlichen Tätigkeit auch soziale<br />
Ziele verfolgen. Sie s<strong>in</strong>d Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kammern <strong>und</strong> Innungen<br />
geworden <strong>und</strong> haben e<strong>in</strong>e enge Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Wirtschaftsunternehmen<br />
gesucht, da e<strong>in</strong>e Integration <strong>in</strong> den ersten Arbeitsmarkt<br />
nur über Marktnähe stattf<strong>in</strong>den kann. Die frühzeitige Zu-<br />
8<br />
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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
sammenarbeit (z. B. mit Betrieben des Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbaus)<br />
hat auch die Diskussion über die Wettbewerbsverzerrung des<br />
komplementären Arbeitsmarkts positiv gewendet.<br />
Die F<strong>in</strong>anzierung von Beschäftigungsprojekten setzte sich aus drei<br />
Komponenten zusammen:<br />
• Aus §18 BSHG Hilfen zur Arbeit gab es Fallpauschalen pro Monat<br />
<strong>und</strong> Person. Die Fallpauschalen waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gung<br />
meistens für e<strong>in</strong> Jahr abgeschlossen, oft aber mit e<strong>in</strong>er Verlängerungsoption<br />
versehen, so dass e<strong>in</strong>e gewisse Planungssicherheit<br />
gegeben war.<br />
• Aufstockend wurden ergänzende F<strong>in</strong>anzierungen aus Landesmitteln<br />
<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> dem Europäischen Sozialfonds beantragt. Die verschiedenen<br />
Programme waren meist nicht aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgestimmt.<br />
Es musste mit jedem Kostenträger neu verhandelt werden.<br />
• Schließlich wurden 30 bis 40 Prozent <strong>der</strong> Gesamtkosten durch<br />
Eigenmittel aus Erträgen für die jeweiligen Auftragsarbeiten beigesteuert.<br />
Die Personalkostenzuschüsse s<strong>in</strong>d immer als Ausgleich von M<strong>in</strong><strong>der</strong>leistungen<br />
des Personenkreises zu sehen, niemals im S<strong>in</strong>ne von<br />
subventionierter Arbeit, die auf dem Markt billiger verkauft werden<br />
kann. Wir haben immer darauf geachtet, dass Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen<br />
Marktpreise haben <strong>und</strong> sie auf ke<strong>in</strong>en Fall <strong>der</strong> Wettbewerbsverzerrung<br />
über dem subventionierten Preis bezichtigt werden können.<br />
Die Sozialpolitischen Ziele <strong>der</strong> damaligen Landesregierungen (unter<br />
Filb<strong>in</strong>ger, Späth <strong>und</strong> Teufel, CDU) waren rasche Integrationen von<br />
Langzeitarbeitslosen <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt. Sie folgten<br />
natürlich <strong>der</strong> Ideologie <strong>der</strong> Vollbeschäftigung, was <strong>in</strong> dieser prosperierenden<br />
Wirtschaftsregion zum<strong>in</strong>dest für damalige Zeiten realistische<br />
Perspektive waren (mit Ausnahmen von den Regionen Ostalb,<br />
Mannheim <strong>und</strong> Neckar-Odenwald-Kreis). Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen<br />
waren Transformatoren, die Personen, die <strong>in</strong> Transferleistungen<br />
standen, möglichst rasch <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt br<strong>in</strong>gen<br />
sollten. Es gab allerd<strong>in</strong>gs immer e<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong>bestand an Personen,<br />
vor allem aus dem Bereich <strong>der</strong> so genannten Nicht-Sesshaften bzw.<br />
<strong>der</strong> Personen mit beson<strong>der</strong>en sozialen Schwierigkeiten §72 BSHG,<br />
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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
<strong>der</strong> nicht so ohne weiteres zu <strong>in</strong>tegrieren war. Für diesen Personenkreis<br />
gab es schon immer die For<strong>der</strong>ung nach Dauerarbeitsplätzen.<br />
In Stuttgart hat man bei Personen nach §72 BSHG <strong>in</strong> vielen Fällen<br />
Dauerarbeitsplätze zugelassen, ohne dabei das Ziel <strong>der</strong> Integration<br />
<strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt (§18 BSHG) zu vernachlässigen.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs muss man im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> kritisch reflektieren, dass für viele<br />
Beschäftigte e<strong>in</strong>e Integration <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt<br />
kaum realistisch war, so dass viele über Jahre h<strong>in</strong>weg <strong>in</strong> Beschäftigungsgesellschaften<br />
Arbeitsplätze erhielten.<br />
Wichtig für den Erfolg <strong>der</strong> sozialen Unternehmen war auch, dass <strong>in</strong><br />
den Geschäftsführungen Personen mit ökonomischen Qualifikationen<br />
tätig waren, Sozialarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Sozialarbeiter mit betriebswirtschaftlichen<br />
Zusatzqualifikationen o<strong>der</strong> gestandene Betriebswirte<br />
mit sozialpolitischem Engagement. Dadurch gelang es, bestimmte<br />
Tätigkeitsfel<strong>der</strong> im kommunalen o<strong>der</strong> ländlichen Raum für die Sozialunternehmen<br />
zu sichern. Die Führungspersönlichkeiten konnten<br />
die Balance zwischen sozialer Aufgabe <strong>und</strong> <strong>der</strong> betriebswirtschaftlichen<br />
Notwendigkeit des Erwirtschaftens von Erträgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
gut erreichen. Interessanterweise waren es häufiger die Anleiter<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Anleiter <strong>in</strong> den Unternehmen, die gerne mehr anwaltlich im<br />
S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es sozialpädagogischen E<strong>in</strong>satzes agiert hätten. Die sozialpädagogische<br />
Arbeit war <strong>in</strong> die produktive Arbeit <strong>in</strong> den Projekten<br />
<strong>in</strong>tegriert. Ihr anwaltschaftliches Engagement war eher zurückhaltend<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> die wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens e<strong>in</strong>geordnet.<br />
Die Sozialunternehmen <strong>in</strong> Baden-Württemberg haben immer beide<br />
Ziele verfolgt, die soziale Integration <strong>und</strong> die betriebswirtschaftlichen<br />
Erfolge im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Erwirtschaftung von möglichst hohen Kostendeckungsbeiträgen.<br />
Als soziale wirtschaftliche Zweckbetriebe durften<br />
sie allerd<strong>in</strong>gs die 50-Prozent-Marke nicht überschreiten, weil sonst<br />
die Geme<strong>in</strong>nützigkeit nicht mehr gewährleistet ist.<br />
Deshalb wurden die Langzeitarbeitslosen möglichst rasch <strong>in</strong> Arbeit<br />
vermittelt. In <strong>der</strong> Arbeit wurden die Kompetenzen weiter entwickelt<br />
<strong>und</strong> notwendige soziale Unterstützungsleistungen <strong>in</strong>tegriert. E<strong>in</strong>e<br />
10<br />
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ganz wesentliche Leistung <strong>der</strong> sozialen Unternehmen besteht dar<strong>in</strong>,<br />
die Langzeitarbeitslosen im Arbeitsalltag so weit zu br<strong>in</strong>gen, dass sie<br />
K<strong>und</strong>enaufträge (im gewerblich-technischen <strong>und</strong> handwerklichen<br />
Bereich ebenso wie im Dienstleistungsgewerbe) marktgerecht ausführen<br />
können. Die Teilleistungsfähigkeit von Langzeitarbeitslosen<br />
wurde hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Wertschöpfung umgewandelt, die am Markt bestehen<br />
kann. Dieser ganz wesentliche Ansatz <strong>der</strong> Sozialunternehmen<br />
<strong>in</strong> Baden-Württemberg gerät heute auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> von<br />
Hartz IV <strong>und</strong> ALG II zunehmend <strong>in</strong> Vergessenheit.<br />
Die Betreuungsrelation wurde bei <strong>der</strong> Bemessung <strong>der</strong> Fallpauschalen<br />
unterschiedlich gehandhabt. Teilweise wurden mit den Sozialhilfeträgern<br />
differenzierte Pauschalen entsprechend <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />
Fertigungsaufträge ausgehandelt. E<strong>in</strong> Sozialunternehmen, das<br />
ganze Häuser <strong>in</strong> Holzstän<strong>der</strong>bauweise fertigt, konnte so mit e<strong>in</strong>em<br />
günstigeren Betreuungsschlüssel (z. B. 1:5) arbeiten als e<strong>in</strong> Betrieb,<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen Halle Ölbrenner montiert hat (z. B. 1:24). Je mehr<br />
Fachkompetenz durch qualifizierte Anleiter vorhanden ist, umso<br />
mehr konnten die Sozialunternehmen am Markt agieren <strong>und</strong> Erträge<br />
erwirtschaften. Als Richtl<strong>in</strong>ie für die Ref<strong>in</strong>anzierung galt immer, dass<br />
die Kosten für den Anleiter/die Anleiter <strong>und</strong> 30 bis 40 Prozent <strong>der</strong><br />
sonstigen Kosten selbst erwirtschaftet werden müssen, was im<br />
Handwerk leichter gelang als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gastronomie o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hauswirtschaft.<br />
Aufträge gab es immer genug, aus ganz unterschiedlichen Gründen.<br />
Im Handwerk gab es damals <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hochzeit <strong>der</strong> Bauwirtschaft viele<br />
private Auftraggeber, die ihr eigenes Häuschen bauen <strong>und</strong> <strong>in</strong> gewisser<br />
Weise auch e<strong>in</strong>e soziale Tat vollbr<strong>in</strong>gen wollten. Diese Gruppe<br />
war allerd<strong>in</strong>gs eher e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit. Die meisten Auftraggeber wissen<br />
gar nicht, dass es sich bei dem Unternehmen um e<strong>in</strong>e Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative<br />
handelt. Erst im Laufe <strong>der</strong> Zeit wurde ihnen klar, mit<br />
welchem Personenkreis dort gearbeitet wird. Sie begegneten ihnen<br />
mit e<strong>in</strong>er gewissen Toleranz <strong>und</strong> Hochachtung: „Das ihr das h<strong>in</strong>kriegt<br />
f<strong>in</strong>de ich phantastisch“. Diese Toleranz ist aber nicht durch e<strong>in</strong>en<br />
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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
niedrigeren Preis erkauft worden. Das hat mit zu e<strong>in</strong>er Koexistenz mit<br />
Normalunternehmen beigetragen. Sie sahen sich nicht über e<strong>in</strong>en<br />
subventionierten Preis unterboten, son<strong>der</strong>n haben ganz im Gegenteil<br />
die Schwierigkeit geachtet, als normaler Handwerksbetrieb wirtschaftlich<br />
tätig zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus die soziale Tat <strong>der</strong> Integration<br />
von Langzeitarbeitslosen zu erbr<strong>in</strong>gen. Wo dies verstanden<br />
wurde, gibt es heute e<strong>in</strong>e sehr gute Kooperation. Sie geht so weit,<br />
dass Langzeitarbeitslose zur Bewältigung von Auftragsspitzen an<br />
an<strong>der</strong>e Unternehmen vermittelt werden o<strong>der</strong> dass man im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es<br />
Generalunternehmens bzw. e<strong>in</strong>er Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft geme<strong>in</strong>sam<br />
Baustellen o<strong>der</strong> Aufträge abwickelt.<br />
Als erfolgreiche Tätigkeitsbereiche für Sozialunternehmen haben<br />
sich, ähnlich wie bei den Werkstätten für beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Menschen, e<strong>in</strong>fache<br />
o<strong>der</strong> anspruchsvollere <strong>in</strong>dustrielle Montagetätigkeiten erwiesen,<br />
auch deshalb, weil sie auch für Menschen geeignet s<strong>in</strong>d, die<br />
nicht sehr selbstständig agieren können, wie dies bei Aufträgen mit<br />
direktem K<strong>und</strong>enkontakt erfor<strong>der</strong>lich ist. Hier wurde <strong>in</strong> leicht zu beaufsichtigenden<br />
Gruppen gearbeitet <strong>und</strong> es konnte e<strong>in</strong> gewisser<br />
Qualitätsgrad garantiert werden. So haben e<strong>in</strong>ige soziale Unternehmen<br />
lange z. B Ölbrenner zusammengebaut. An<strong>der</strong>e haben im Bereich<br />
<strong>der</strong> Elektronik Plat<strong>in</strong>enbestückungen vorgenommen, mit teilweise<br />
sehr hochwertigen <strong>und</strong> damals schon technisch sehr aufwendigen<br />
Masch<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Geräten <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit Großunternehmen<br />
hier <strong>in</strong> Stuttgart. Solche Aufträge werden heute aber kaum<br />
mehr <strong>in</strong> Deutschland gefertigt.<br />
Im Metallbereich haben sich e<strong>in</strong>ige Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen sehr gut<br />
etablieren können, allerd<strong>in</strong>gs immer nur dann, wenn sie neben e<strong>in</strong>fachen<br />
Arbeiten auch hochwertige Arbeiten angeboten haben, z. B.<br />
Restserien o<strong>der</strong> Kle<strong>in</strong>serien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion. Manches Sozialunternehmen<br />
wie zum Beispiel die GIBA <strong>in</strong> Rottenburg, ebenfalls Netzwerkpartner<br />
im Projekt 48 PLUS, hat mit se<strong>in</strong>em CNC-<br />
Masch<strong>in</strong>enpark e<strong>in</strong>en Qualitätsstandard, <strong>der</strong> mit jedem an<strong>der</strong>en klei-<br />
12<br />
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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
nen o<strong>der</strong> mittleren Unternehmen vergleichbar ist, obwohl diese Ergebnisse<br />
mit e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en Personenkreis erzielt werden.<br />
Um dies zu erreichen wird sehr viel <strong>in</strong> Ausbildung <strong>in</strong>vestiert. Ausbildung<br />
wurde umso wichtiger, wie sich viele kle<strong>in</strong>e Metall verarbeitende<br />
Betriebe aus <strong>der</strong> Ausbildung zurückgezogen haben, aus wirtschaftlichen<br />
Gründen o<strong>der</strong> weil sie aufgr<strong>und</strong> ihrer Spezialisierung<br />
nicht mehr die gesamte Breite des Berufsbildes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung<br />
realisieren können.<br />
Auch die Gastronomie ist e<strong>in</strong> lohnendes Arbeitsfeld für Sozialunternehmen.<br />
E<strong>in</strong>ige haben zunächst kle<strong>in</strong>ere Kant<strong>in</strong>en übernommen <strong>und</strong><br />
später den Mut bewiesen, eigene Gastronomiebetriebe zu eröffnen.<br />
In diesen Betrieben f<strong>in</strong>den Qualifizierungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hauswirtschaft <strong>und</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gastronomie statt, allerd<strong>in</strong>gs meist nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Modulen,<br />
seltener <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er kompletten Erstausbildung.<br />
E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Arbeitsbereich ist <strong>der</strong> Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau,<br />
<strong>der</strong> sich traditionell schon immer gut eignet für diesen<br />
Personenkreis, weil er mit frischer Luft <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er gewissen Gestaltungsmöglichkeit<br />
sowie mit Gruppenarbeit verb<strong>und</strong>en ist. Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Landwirtschaft haben sich <strong>in</strong> den letzten Jahren geeignete Betätigungsfel<strong>der</strong><br />
für Sozialunternehmen entwickelt. Viele Höfe werden<br />
aus Altersgründen aufgeben. Damit <strong>der</strong>en Streuobstwiesen, Äcker<br />
<strong>und</strong> Wiesen, die stark das Landschaftsbild prägen, erhalten bleiben,<br />
übernehmen Sozialunternehmen zunehmend Aufgaben <strong>der</strong> Landschaftspflege,<br />
im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>nützigen <strong>und</strong> zusätzlichen öffentlichen<br />
Interesse liegenden Ansatzes. E<strong>in</strong> Beispiel hierfür ist die<br />
Staufen Arbeits- <strong>und</strong> Beschäftigungsgesellschaft <strong>in</strong> Göpp<strong>in</strong>gen,<br />
ebenfalls e<strong>in</strong> engagierter Ausbildungsbetrieb im Netzwerk 48 PLUS.<br />
Das Bauhaupt- <strong>und</strong> Nebengewerbe ist ebenfalls e<strong>in</strong> sehr erfolgreich<br />
agieren<strong>der</strong> Arbeitsbereich von Sozialunternehmen. Obwohl Schre<strong>in</strong>ereibetriebe<br />
wirtschaftlich sehr schwer zu führen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en<br />
hohen Qualitätsstandard haben, waren sie schon immer e<strong>in</strong> wichtiges<br />
Arbeitsfeld von Sozialunternehmen. Erfolgreiche Schre<strong>in</strong>ereibe-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 13
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
triebe erwirtschaften ihre Erträge im Innenausbau o<strong>der</strong> durch Serienproduktionen<br />
für Küchen- o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Möbelhersteller, weniger mit<br />
Eigenprodukten. Besser sieht es im Bau aus, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zimmerei o<strong>der</strong><br />
Bauschre<strong>in</strong>erei o<strong>der</strong> im Maler- <strong>und</strong> Lackiererhandwerk.<br />
In e<strong>in</strong>igen Bereichen, die früher erfolgreich gearbeitet haben, s<strong>in</strong>d<br />
Rückgänge zu verzeichnen. Die Polstereibetriebe hatten über lange<br />
Zeit eigentlich e<strong>in</strong> gutes Auskommen mit handwerklich sehr <strong>in</strong>teressanten<br />
<strong>und</strong> anspruchsvollen Tätigkeiten. Weil es heute billiger ist,<br />
neue Möbel zu kaufen <strong>und</strong> auch die wertvollen antiken Polstermöbel<br />
immer weniger werden, ist dieses Arbeitsfeld <strong>in</strong> den Sozialunternehmen<br />
<strong>in</strong>zwischen ausgestorben.<br />
Fahrradläden <strong>und</strong> -werkstätten waren <strong>in</strong> Baden-Württemberg lange<br />
Zeit e<strong>in</strong> traditionelles Betätigungsfeld von Sozialunternehmen. Gr<strong>und</strong><br />
ist die zunehmende Zentralisierung <strong>der</strong> Verkaufsmärkte, die kle<strong>in</strong>en<br />
Unternehmen kaum noch Spielräume am Markt lassen. E<strong>in</strong>ige haben<br />
Spezialfahrrä<strong>der</strong> hergestellt, Transportfahrrä<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Fahrrä<strong>der</strong> für<br />
beson<strong>der</strong>e Anlässe, die sich bisher auch gut vermarkten ließen, heute<br />
jedoch ebenfalls mit abnehmen<strong>der</strong> Tendenz. Zukunftsperspektiven<br />
haben die Fahrradparkhäuser an großen Bahnhöfen. In Heidelberg<br />
betreibt e<strong>in</strong>e große Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative e<strong>in</strong> Fahrradparkhaus mit<br />
Reparaturbetrieb <strong>und</strong> Fahrradladen. In Freiburg ist bei dem Neubau<br />
des Bahnhofes e<strong>in</strong>e Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative mitberücksichtigt worden,<br />
die zwischen den Gleisen an e<strong>in</strong>er Brücke unten e<strong>in</strong>en Fahrradladen<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte e<strong>in</strong> Cafe betreibt. Oben drauf gibt es noch e<strong>in</strong><br />
vom Allgeme<strong>in</strong>en deutschen Fahrradclub ADFC betriebenes Reisebüro.<br />
Diesen <strong>in</strong>tensiven Zusammenhang zwischen Tourismusför<strong>der</strong>ung,<br />
Strukturför<strong>der</strong>ung, Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> dieser Form <strong>der</strong><br />
Integration von Langzeitarbeitslosen war nicht e<strong>in</strong>fach auszubalancieren,<br />
weil es sehr viele divergierende <strong>und</strong> wi<strong>der</strong>streitende Interessenslagen<br />
gibt.<br />
E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für Sozialunternehmen ist das<br />
Agieren <strong>in</strong> regionalen Netzwerken, um <strong>Produkt</strong>ionsmittel untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
auszuleihen o<strong>der</strong> unmittelbar den Markt zu bearbeiten. H<strong>in</strong>zu<br />
14<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
kamen später auch <strong>der</strong> Austausch über gel<strong>in</strong>gende Integrationsmaßnahmen,<br />
Konzepte <strong>und</strong> Curricula. In vielen Städten ist genau diese<br />
Vernetzung von den Koord<strong>in</strong>atoren <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit massiv unterstützt<br />
worden.<br />
Neugründungen von Sozialunternehmen s<strong>in</strong>d heute schwieriger geworden,<br />
weil sich die politischen Ziele geän<strong>der</strong>t haben. Es geht vor<strong>der</strong>gründig<br />
nicht mehr um die Verbesserung von Arbeitsmarktchancen<br />
für den Personenkreis <strong>der</strong> Langzeitarbeitslosen, son<strong>der</strong>n um den<br />
Erhalt <strong>der</strong> Beschäftigungsfähigkeit. Im Zusammenhang mit Arbeitsgelegenheiten<br />
werden zudem die wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten<br />
für Sozialunternehmen enorm e<strong>in</strong>geschränkt, weil für die<br />
auszuführenden Arbeiten e<strong>in</strong>e hoher Grad an Geme<strong>in</strong>nützigkeit, Zusätzlichkeit<br />
<strong>und</strong> öffentliches Interesses nachzuweisen ist. Hier hat<br />
<strong>der</strong> Gesetzgeber durch die F<strong>in</strong>anzierungsform <strong>der</strong> Integration über<br />
Marktaktivitäten im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er normalen Arbeit E<strong>in</strong>halt geboten.<br />
Dies ist ganz e<strong>in</strong>deutig zu beklagen, aus dem e<strong>in</strong>fachen Gr<strong>und</strong>e, weil<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong> Baden-Württemberg gelungene Ansatz, im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Sozialunternehmens<br />
auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite am Markt zu agieren <strong>und</strong> auf <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Seite e<strong>in</strong>en sozialpolitischen Auftrag wahrzunehmen, unter<br />
den neuen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen nur noch schwer aufrecht zu erhalten<br />
ist. Bessere Möglichkeiten bieten hierfür die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
<strong>und</strong> die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsgelegenheiten.<br />
Deshalb können die Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen <strong>in</strong> <strong>der</strong> jetzigen<br />
Form auch weiter bestehen. Die 150 bis 200 Sozialunternehmen,<br />
mit denen wir <strong>in</strong> Kontakt stehen, können sich eigentlich alle gut<br />
über Wasser halten. Allerd<strong>in</strong>gs betreiben sie zwischenzeitlich nicht<br />
mehr das hochqualitative Integrationsgeschäft im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Marktnähe,<br />
son<strong>der</strong>n vielmehr Massengeschäfte <strong>in</strong> Form von Arbeitsgelegenheiten,<br />
die alle<strong>in</strong> dazu dienen, den Personenkreis <strong>in</strong> Bewegung<br />
zu halten. Dies ist zu beklagen, denn e<strong>in</strong>e Bewegung ohne Anschlussperspektive<br />
ist natürlich letztlich auch e<strong>in</strong>e Sackgasse.<br />
Auch Gebrauchtwarenmärkte haben Zukunft. Im Hohenlohekreis gibt<br />
es <strong>in</strong> Künzelsau e<strong>in</strong>en Gebrauchtmöbelmarkt im Industriegebiet, di-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 15
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
rekt gegenüber von Aldi <strong>und</strong> Lidl. Dieser Schnäppchenmarkt wird von<br />
ganz unterschiedlichen Personenkreisen frequentiert. Er wird von<br />
e<strong>in</strong>er kommunalen Beschäftigungsgesellschaft betrieben, die sich<br />
nicht als solche zu erkennen gibt. Als kreiseigene Gesellschaft hat<br />
sie e<strong>in</strong>e Abmachung mit <strong>der</strong> Abfallwirtschaft abgeschlossen, dass sie<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Sperrmüllabfuhr wie<strong>der</strong> verwertbares <strong>und</strong> wie<strong>der</strong><br />
<strong>in</strong>stand setzbares Gut vorab abholen darf. Sie kann die Güter entwe<strong>der</strong><br />
recyclen, also zerlegt dem Verwertungskreislauf zuführen, o<strong>der</strong><br />
mit Unterstützung von Elektrofachbetrieben wie<strong>der</strong> reparieren <strong>und</strong><br />
dem Verkauf zuführen. Die Fachbetriebe erstellen das Zertifikat, das<br />
die Gewährleistungspflicht <strong>und</strong> die <strong>Produkt</strong>haftung regelt.<br />
Arbeitsfel<strong>der</strong> für Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen im Zusammenhang mit<br />
Arbeitsgelegenheiten, also geme<strong>in</strong>nützig <strong>und</strong> im öffentlichen Interesse,<br />
s<strong>in</strong>d die Bereiche Ges<strong>und</strong>heitswesen, Pflege, Nachbarschaftshilfe,<br />
haushaltsbezogene Dienstleistungen <strong>und</strong> Veranstaltungsservice.<br />
Letzterer reicht vom Cater<strong>in</strong>g über den Spüldienst bis zum Aufbau<br />
von Beschallungs- <strong>und</strong> Lichtanlagen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bestuhlung. In Zusammenarbeit<br />
mit den Kommunen kann aber an diesem Punkt natürlich<br />
auch e<strong>in</strong> gewisses E<strong>in</strong>sparpotenzial festgestellt werden. Arbeitsgelegenheiten<br />
sollten bei Jugendlichen aber nur kurzzeitig e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden. Die Jugendlichen müssen im Anschluss <strong>in</strong> Ausbildungsverhältnisse<br />
<strong>in</strong>tegriert o<strong>der</strong> <strong>in</strong> modularer Form berufsbegleitend zum<br />
Berufsabschluss weitergebildet werden.<br />
Interessante marktfähige Betätigungsfel<strong>der</strong> für Sozialunternehmen<br />
können <strong>in</strong> Zukunft Betreibermodelle se<strong>in</strong>, mit denen ganze Gebäude<br />
saniert, renoviert <strong>und</strong> später vermietet o<strong>der</strong> vermarktet werden. Neben<br />
<strong>der</strong> Sanierung von öffentlichen Gebäuden, Schulen <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten<br />
können auch das Hotel- <strong>und</strong> Gaststättengewerbe <strong>in</strong>teressante<br />
Entwicklungsperspektiven bieten. In Hamburg wird zum Beispiel <strong>der</strong><br />
Michel, das Wahrzeichen von Hamburg, von e<strong>in</strong>er Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative<br />
als Generalunternehmer saniert. Durch den E<strong>in</strong>satz von geför<strong>der</strong>ten<br />
Arbeitskräften im Rahmen zusätzlicher, im öffentlichen Interesse<br />
liegen<strong>der</strong> Arbeit wird e<strong>in</strong> Projekt realisiert, das so nicht o<strong>der</strong><br />
16<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
nicht zum jetzigen Zeitpunkt <strong>in</strong> Angriff genommen werden könnte,<br />
aber vielen an<strong>der</strong>en Betrieben zusätzliche Aufträge br<strong>in</strong>gt. Denn e<strong>in</strong>e<br />
Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative kann e<strong>in</strong> solches Projekt alle<strong>in</strong>e nie bewältigen.<br />
Durch den E<strong>in</strong>satz von geför<strong>der</strong>ten Arbeitskräften – <strong>der</strong> Muskelhypothek<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>-Euro-Jobber – entstehen <strong>in</strong> erheblichem Maße zusätzliche<br />
Aufträge auch für das Handwerk. Allerd<strong>in</strong>gs ist es sehr<br />
schwierig, klar abzugrenzen, ob e<strong>in</strong>e Kommune tatsächlich ke<strong>in</strong> Geld<br />
für die Sanierung hat beziehungsweise zu diesem Zeitpunkt noch<br />
nicht aufbr<strong>in</strong>gen kann, o<strong>der</strong> ob solche Strategien eher <strong>der</strong> Kostene<strong>in</strong>sparung<br />
<strong>in</strong> öffentlichen Haushalten dienen. Aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen ganz<br />
bestimmten Sektoren, vor allem bei <strong>der</strong> Renovierung denkmalgeschützter<br />
Gebäude mit viel Handarbeit <strong>und</strong> E<strong>in</strong>beziehung zusätzlicher<br />
Gewerke, rechnet sich e<strong>in</strong>e solche Marktbearbeitung deutlich,<br />
auch wenn Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen auf <strong>der</strong> Basis von Arbeitsgelegenheiten<br />
nicht mit Marktpreisen operieren.<br />
Wir kommen immer mehr zu <strong>der</strong> Auffassung, wir müssen uns mit<br />
unseren Initiativen <strong>in</strong> das Geme<strong>in</strong>wesen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen. Sozialunternehmen<br />
dürfen nicht Billigunternehmen se<strong>in</strong>, die den kommunalen<br />
Bauhof verdrängen. Vielmehr ist <strong>der</strong> Bauhof e<strong>in</strong>e Kernzelle für den<br />
Eigenwirtschaftsbetrieb e<strong>in</strong>er Kommune. Aber es ist durchaus denkbar,<br />
dass Ergänzendes im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Entlastung <strong>der</strong> Kassen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Kommune über Sozialunternehmen <strong>und</strong> auch über subventionierte<br />
Arbeit angeboten wird, ohne dass Festangestellte des öffentlichen<br />
Dienstes verdrängt werden o<strong>der</strong> <strong>der</strong> freien Wirtschaft Aufträge verloren<br />
gehen. Arbeit ist genug vorhanden, sie muss eben nur organisiert<br />
werden <strong>und</strong> sie muss bezahlbar gemacht werden.<br />
E<strong>in</strong> klassisches Beispiel hierfür ist <strong>der</strong> ganze Bereich <strong>der</strong> Pflege ergänzenden<br />
Dienstleistungen. Unsere Gesellschaft wird immer älter.<br />
Hier tun sich neue Dienstleistungsfel<strong>der</strong> auf, die über die Pflegekasse<br />
alle<strong>in</strong>e nicht abzudecken s<strong>in</strong>d. Ältere Menschen, die im eigenen<br />
Hause leben, weil sie dort viel billiger leben als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Altenheim,<br />
brauchen über die Leistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung h<strong>in</strong>aus Ergänzungsleistungen,<br />
um weiterh<strong>in</strong> selbständig ihr eigenes Leben führen<br />
qualiNETZ GmbH 2006 17
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
zu können. Sie brauchen jemanden, <strong>der</strong> sich um Haus <strong>und</strong> Hof<br />
kümmert. Sie brauchen e<strong>in</strong>en „Kümmerer“, <strong>der</strong> verlässlich <strong>und</strong> bezahlbar<br />
ist. Das kann niemand se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> richtig viel Geld kostet, weil<br />
dies das Budget <strong>der</strong> alten Leute <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel übersteigen würde.<br />
O<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Beispiel, die Dienstleistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherungen<br />
reichen nicht <strong>in</strong> den Bereich <strong>der</strong> Kle<strong>in</strong>streparaturen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>.<br />
Für alte Menschen ist es oft unheimlich beschwerlich, sich die Birne<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lampe wechseln zu lassen. O<strong>der</strong> <strong>der</strong> Rollladen ist kaputt.<br />
Handwerker kommen oft gar nicht mehr für solche Kle<strong>in</strong>reparaturen.<br />
Auch im Bereich <strong>der</strong> Wäschepflege ist Bedarf für kostengünstige soziale<br />
Dienstleistungen. Wer das nicht mehr selbst machen kann,<br />
muss häufig se<strong>in</strong>e Bedürfnisse auf e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>ständige Versorgung<br />
zurückfahren, die letztlich dann aber nicht ihrem Lebensstil <strong>und</strong> ihrer<br />
Auffassung von Leben entsprechen. O<strong>der</strong> das Spazierengehen, das<br />
Vorlesen, das Gespräch mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, auch mal e<strong>in</strong> Spiel spielen, das<br />
s<strong>in</strong>d D<strong>in</strong>ge, die gesellschaftliche Arbeitsfel<strong>der</strong> jenseits <strong>der</strong> Erwerbsarbeit<br />
eröffnen <strong>und</strong> gut im Rahmen von Geme<strong>in</strong>wohlarbeit auf <strong>der</strong><br />
Basis von Arbeitsgelegenheiten durchgeführt werden können.<br />
Wenn wir über heutige Chancen nachdenken, mehr Arbeit <strong>in</strong> diesem<br />
Sektor zu organisieren, dann sollte man dem Vorbild von Walter<br />
Riester folgen. Er sagt, denkt doch als soziale Wirtschaftsbetriebe<br />
nicht immer von euren bisherigen Ansätzen her, son<strong>der</strong>n fragt euch<br />
doch mal, was kann <strong>der</strong> Wettbewerbsarbeitsmarkt bezogen auf die<br />
vorhandene Arbeit tatsächlich leisten. Und was will er leisten. Und<br />
wenn <strong>der</strong> Wettbewerbsarbeitsmarkt unter dem Kartell von Gew<strong>in</strong>nmaximierung<br />
steht, dann müsst ihr euch fragen, welche Arbeiten s<strong>in</strong>d<br />
über den Wettbewerb nicht abzudecken. Und <strong>in</strong> genau diese Sektoren<br />
müsst ihr e<strong>in</strong>steigen.<br />
18<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
3 Betriebsnahe Ausbildung (Soll-Ist-Vergleich)<br />
Das Netzwerk 48 PLUS schafft nicht nur zusätzliche Ausbildungsplätze.<br />
Es wirkt vielmehr strukturbildend für die Berufsbildung <strong>in</strong>sgesamt.<br />
Künftig wird es <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen Qualifizierung Jugendlicher<br />
mit För<strong>der</strong>bedarf verstärkt darauf ankommen, den Lernort Betrieb<br />
e<strong>in</strong>zubeziehen <strong>und</strong> nach dem ersten Ausbildungsjahr Übergänge <strong>in</strong><br />
Betriebe zu organisieren. Das Netzwerk 48 PLUS geht noch e<strong>in</strong>en<br />
Schritt weiter: Die Ausbildung f<strong>in</strong>det von vornhere<strong>in</strong> betrieblich statt,<br />
ohne auf die Stärken <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung verzichten<br />
zu müssen.<br />
Der außerbetriebliche Ausbildung nach §241 SGB III haftet <strong>der</strong> Mangel<br />
an, dass sie wenig betriebsnah sei. Es fehlt die K<strong>und</strong>enorientierung,<br />
<strong>der</strong> Zeitdruck, die betriebliche Arbeitsorganisation <strong>und</strong> die betriebliche<br />
Kommunikationsstruktur. Dies führt zu erheblichen Motivations-<br />
<strong>und</strong> Diszipl<strong>in</strong>problemen, die wie<strong>der</strong>um Übergänge <strong>in</strong> Betriebe<br />
schwieriger machen, weil die Umgewöhnung schwer fällt. An<strong>der</strong>erseits<br />
ist dieser För<strong>der</strong>ansatz nach wie vor e<strong>in</strong> wichtiges Zwischenglied<br />
<strong>in</strong> die betriebliche Ausbildung, weil e<strong>in</strong>e Reihe von Jugendlichen<br />
auch nach e<strong>in</strong>er Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme<br />
noch Zeit benötigen, um Bildungsdefizite auszugleichen, methodische,<br />
soziale <strong>und</strong> personale Kompetenzen weiter zu entwickeln <strong>und</strong><br />
ihre persönliche Situation zu stabilisieren. Hier hat die außerbetriebliche<br />
Ausbildung klare Vorteile gegenüber <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kooperativen Ausbildung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendliche mit För<strong>der</strong>bedarf<br />
ihre berufspraktische Ausbildung <strong>in</strong> Betrieben absolvieren.<br />
Wesentliche Bestandteile des För<strong>der</strong>konzepts <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />
Berufsausbildung können <strong>in</strong> <strong>der</strong> kooperativen Ausbildung nicht aufrechterhalten<br />
werden: die <strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit im Ausbildungsteam,<br />
die sozialpädagogische Durchdr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Ausbildung bis h<strong>in</strong><br />
zur Mitgestaltung des <strong>betrieblichen</strong> Ausbildungsablaufes durch den<br />
Bildungsträger. Zudem ist die kooperative Ausbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form,<br />
dass <strong>der</strong> Betrieb den überwiegenden Teil <strong>der</strong> fachpraktischen Aus-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 19
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
bildung übernimmt, nur für e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Adressaten <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />
Ausbildung Erfolg versprechend, <strong>und</strong> zwar solchen, die<br />
bereits die im Betrieb erfor<strong>der</strong>lichen personalen <strong>und</strong> sozialen Gr<strong>und</strong>qualifikationen<br />
<strong>und</strong> Verhaltensweisen mitbr<strong>in</strong>gen, wie z. B. Zuverlässigkeit,<br />
Pünktlichkeit, Selbstständigkeit, Verb<strong>in</strong>dlichkeit im Umgang<br />
mit Kollegen <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en.<br />
„Vorteile für die Auszubildenden werden vor allem bezogen<br />
auf den Erwerb personaler <strong>und</strong> sozialer Kompetenzen <strong>und</strong> die<br />
persönliche Weiterentwicklung gesehen. H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> dafür sei<br />
die durch die betriebliche Ernstsituation bed<strong>in</strong>gte Selbstständigkeit,<br />
Übernahme von Verantwortung <strong>und</strong> sicherlich nicht<br />
zuletzt die erhöhte Motivation, die durch die Aussicht auf e<strong>in</strong>en<br />
möglichen <strong>betrieblichen</strong> Ausbildungs- o<strong>der</strong> Arbeitsplatz gegeben<br />
sei“ (Zimmermann 2004, 122-123).<br />
Der Vorzug <strong>der</strong> Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben besteht dar<strong>in</strong>, dass<br />
e<strong>in</strong>erseits alle konzeptionellen Bestandteile <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />
Ausbildung von Jugendlichen mit För<strong>der</strong>bedarf angewendet werden<br />
(Verzahnung von Berufsorientierung <strong>und</strong> Berufsvorbereitung mit <strong>der</strong><br />
anschließenden Ausbildung, Lernför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Lernbegleitung,<br />
handlungsorientierte Methoden, sozialpädagogische Begleitung).<br />
An<strong>der</strong>erseits s<strong>in</strong>d die Auszubildenden des Netzwerks 48 PLUS <strong>in</strong><br />
den <strong>betrieblichen</strong> Leistungsprozess <strong>in</strong>tegriert, so wie <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Betrieben<br />
auch. Dies eröffnet Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsmöglichkeiten, die<br />
<strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung fehlen. Das Lernen f<strong>in</strong>det im <strong>betrieblichen</strong><br />
Arbeitsalltag statt. Die Jugendlichen lernen von vornhere<strong>in</strong><br />
den Umgang mit K<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> zwar nicht im Rollenspiel o<strong>der</strong> <strong>in</strong> träger<strong>in</strong>ternen<br />
K<strong>und</strong>enbeziehungen (z. B. Verkaufskiosk), son<strong>der</strong>n <strong>in</strong><br />
realen <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufgaben. So entwickelt sich<br />
von vornhere<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Leistungs- <strong>und</strong> Qualitätsbewusstse<strong>in</strong>.<br />
20<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Sozialbetriebe arbeiten am Markt.<br />
Die Ausbildung<br />
f<strong>in</strong>det <strong>in</strong><br />
<strong>betrieblichen</strong><br />
Arbeits- <strong>und</strong><br />
Geschäftsprozessen<br />
statt.<br />
<strong>Produkt</strong>ivität <strong>und</strong><br />
Wirtschaftlichkeit<br />
gelten wie <strong>in</strong> jedem<br />
an<strong>der</strong>en Betrieb.<br />
Durch die genannten Merkmale ist die Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben<br />
auf jeden Fall <strong>der</strong> traditionellen außer<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung überlegen.<br />
Untersuchungen des B<strong>und</strong>es<strong>in</strong>stituts für Berufsbildung zur<br />
kooperativen Ausbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Benachteiligtenför<strong>der</strong>ung belegen,<br />
dass die Beteiligung <strong>der</strong> Auszubildenden an <strong>betrieblichen</strong> Arbeits<strong>und</strong><br />
Geschäftsprozessen, die E<strong>in</strong>beziehung <strong>in</strong> k<strong>und</strong>enorientierte Abläufe<br />
<strong>und</strong> vor allem die Herstellung von wertbeständigen <strong>Produkt</strong>en<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungen zu e<strong>in</strong>er erheblichen Steigerung von Motivation<br />
<strong>und</strong> Leistungsfähigkeit führen.<br />
3.1 <strong>Produkt</strong>orientierung<br />
Wieweit diese Zielsetzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis verwirklicht wird, zeigen die<br />
Ergebnisse e<strong>in</strong>er Erhebung bei den Netzwerkpartnern. Sie machten<br />
Angaben zu den Methoden <strong>der</strong> Ausbildung, zu den Anteilen an produktiven<br />
Tätigkeiten <strong>und</strong> zur K<strong>und</strong>enorientierung. Die Ergebnisse<br />
zeigen, dass die Vorzüge <strong>der</strong> Nähe zur <strong>Produkt</strong>ion im Projekt ebenso<br />
zu erfüllt werden wie die systematische Ausbildung <strong>und</strong> die pädagogische<br />
För<strong>der</strong>ung.<br />
qualiNETZ GmbH 2006 21
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Gesamtübersicht<br />
1. Ausbildungsjahr 2. Ausbildungsjahr 3./4. Ausbildungsjahr<br />
Sonstiges<br />
Gruppenarbeit zur För<strong>der</strong>ung von methodischen sozialen u.<br />
personalen Kompetenzen<br />
Weitgehend selbständige Bearbeitung von <strong>Produkt</strong>ions- u.<br />
Dienstleistungsaufträgen<br />
Mitwirkung an <strong>Produkt</strong>ions- u. Dienstleitungsaufträgen unter<br />
Anleitung<br />
Theoretischer Unterricht<br />
E<strong>in</strong>zelanleitung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis durch Ausbil<strong>der</strong><br />
Lehrgänge, Projekte zum Erwerb von Fähigkeiten <strong>und</strong> Kenntnissen<br />
0 5 10 15 20 25 30<br />
Prozentangabe<br />
66 Prozent <strong>der</strong> Ausbildungszeit entfallen auf die Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Produkt</strong>ikon: E<strong>in</strong>zelanleitungen durch die Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion (ca. 25 Prozent), auf die Mitwirkung bei <strong>der</strong><br />
Durchführung von <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen (25<br />
Prozent) <strong>und</strong> auf die eigenständige Auftragsausführung (16 Prozent).<br />
Die systematische Vermittlung von Fertigkeiten, Kenntnissen <strong>und</strong><br />
Fähigkeiten (25,43 Prozent) wird nicht vernachlässigt. Lehrgänge zur<br />
Vermittlung von Gr<strong>und</strong>qualifikationen <strong>und</strong> Fachtheorie haben jeweils<br />
Anteile von 11,21 Prozent <strong>und</strong> 15,91 Prozent.<br />
Diese Ergebnisse entsprechen <strong>in</strong> etwa den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung üblichen<br />
Zeiten. Im B<strong>und</strong>esdurchschnitt entfallen 25,8 Prozent <strong>der</strong> gesamten<br />
Ausbildungszeit auf Unterweisungs- <strong>und</strong> Übungszeiten im<br />
Betrieb (vgl. Beicht, Walden 2004,125). Die Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion<br />
auf dem Niveau von Tätigkeiten für An- <strong>und</strong> Ungelernte erreicht<br />
im B<strong>und</strong>esdurchschnitt 15,9 Prozent <strong>der</strong> gesamten Ausbildungszeit.<br />
Weitere 13,4 Prozent <strong>der</strong> gesamten Ausbildungszeit entfallen<br />
im B<strong>und</strong>esdurchschnitt auf Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion auf<br />
dem Niveau von Tätigkeiten von Fachkräften.<br />
In e<strong>in</strong>igen Berufen überwiegen im ersten Ausbildungsjahr Lehrgänge<br />
<strong>und</strong> Projekte zum Erwerb beruflicher Gr<strong>und</strong>fertigkeiten: Industriemechaniker/<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong> Modeschnei<strong>der</strong>/<strong>in</strong> mit 40 Prozent, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tischler-<br />
22<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Ausbildung (80 Prozent, Berufsgr<strong>und</strong>bildungsjahr an Berufsbildenden<br />
Schulen). Dies spricht für e<strong>in</strong>e solide berufliche Gr<strong>und</strong>qualifizierung.<br />
Dennoch wirken die Auszubildenden bereits im ersten Ausbildungsjahr<br />
an <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen mit. Der Anteil von<br />
22 Prozent <strong>der</strong> Ausbildungszeit im ersten Ausbildungsjahr steigert<br />
sich auf ca. 27 Prozent im dritten Ausbildungsjahr. E<strong>in</strong>e selbstständige<br />
Bearbeitung von <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen umfasst<br />
im ersten Ausbildungsjahr 7 Prozent <strong>und</strong> steigert sich auf 18<br />
Prozent im zweiten <strong>und</strong> 24 Prozent im dritten Ausbildungsjahr.<br />
Zwischen den Berufen gibt es allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>ige Schwankungen. Beson<strong>der</strong>s<br />
hohe Werte <strong>in</strong> Bezug auf Mitwirkung o<strong>der</strong> selbstständige<br />
Bearbeitung bei <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen gibt es im<br />
Malerhandwerk, im Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau <strong>und</strong> im Verkauf.<br />
Ebenfalls zur Beteiligung an produktiven Aufgaben s<strong>in</strong>d die zum Teil<br />
sehr hohen Anteile <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelanleitung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis durch Ausbil<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen<br />
h<strong>in</strong>zuzurechnen. Sie erreichen im ersten Ausbildungsjahr<br />
knapp 35 Prozent, verr<strong>in</strong>gern sich im zweiten Ausbildungsjahr auf 33<br />
Prozent <strong>und</strong> füllen im dritten Ausbildungsjahr nur noch 29 Prozent<br />
<strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildungszeit. Alle drei Ausbildungsformen zusammen,<br />
also E<strong>in</strong>zelanleitung im Arbeitsprozess, Mitwirkung an <strong>Produkt</strong>ions-<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen sowie eigenverantwortliche<br />
Bearbeitung von Aufträgen umfassen im zweiten <strong>und</strong> dritten Ausbildungsjahr<br />
80 bis 90 Prozent <strong>der</strong> Ausbildungszeit.<br />
Theorie hat im ersten Ausbildungsjahr e<strong>in</strong>en Anteil von 18 Prozent,<br />
<strong>der</strong> im zweiten Jahr auf 17,5 Prozent <strong>und</strong> im dritten Jahr auf 12 Prozent<br />
s<strong>in</strong>kt. Lehrgänge <strong>und</strong> Projekte zur Vermittlung von Ausbildungs<strong>in</strong>halten<br />
umfassen im ersten Jahr 15 Prozent <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildungszeit.<br />
Der Anteil nimmt auf 11 Prozent im zweiten <strong>und</strong> 7,5<br />
Prozent im dritten Ausbildungsjahr ab. In e<strong>in</strong>er Reihe von Ausbildungsberufen<br />
ist auch soziale Gruppenarbeit Bestandteil <strong>der</strong> Ausbildung.<br />
Sie hat <strong>in</strong>sgesamt aber nur e<strong>in</strong>en Anteil von 4 Prozent.<br />
E<strong>in</strong>ige Beispiele aus beständig ausgeführten <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong><br />
Dienstleistungsaufträgen belegen, wie die Auszubildenden <strong>in</strong> regulä-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 23
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
ren Aufträgen mit e<strong>in</strong>bezogen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> verantwortungsvolle Aufgaben<br />
im Unternehmen ausführen (vgl. Tabelle 1). Dass die Ausbildung<br />
sich auf hohem Niveau bewegt, zeigt die Übersicht <strong>der</strong> anspruchsvollen<br />
<strong>und</strong> komplexen <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge, die<br />
von den Auszubildenden ausgeführt werden (vgl. Tabelle 2)<br />
Die hohe Ausbildungsqualität wird auch dadurch deutlich, dass 60<br />
Prozent <strong>der</strong> Ausbildungsberufe zu 100 Prozent bei den jeweiligen<br />
Sozialbetrieben ausgebildet werden, ohne dass weitere externe Ausbildungsbestandteile<br />
genutzt werden müssen. Die übrigen 40 Prozent<br />
<strong>der</strong> Berufe werden zu 70 Prozent <strong>und</strong> mehr <strong>in</strong> den Sozialbetrieben<br />
ausgebildet. Es handelt sich dabei um die Berufe Bürokaufmann/frau,<br />
Gärtner/<strong>in</strong>, Industriemechaniker/<strong>in</strong>, Modeschnei<strong>der</strong>/<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
Verkäufer/<strong>in</strong>, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>zelne Bestandteile bei an<strong>der</strong>en Ausbildungspartnern<br />
durchgeführt werden.<br />
24<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Ausbildungsberuf<br />
Beständig ausgeführte <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge<br />
Industriemechaniker<br />
Maler u. Lackierer<br />
Bürokaufmann/-frau<br />
Schre<strong>in</strong>er<br />
Verkäufer<strong>in</strong><br />
Kauffrau für Bürokommunikation<br />
Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau<br />
AltenpflegerIn<br />
HauswirtschafterIn<br />
Kauffrau/-mann im<br />
E<strong>in</strong>zelhandel<br />
ZimmererIn<br />
Konventionelle Fertigung Bohren, Drehen, Fräsen, Schleifen<br />
CNC Bearbeitung Drehen, Fräsen<br />
Montagearbeiten<br />
Qualitätskontrolle<br />
Wände <strong>und</strong> Decken tapezieren <strong>und</strong> streichen<br />
Türen schleifen, spachteln <strong>und</strong> lackieren<br />
Elektrotechnische Bauteile (Motoren) säubern, schleifen u.<br />
lackieren<br />
Fenster schleifen <strong>und</strong> lackieren, Fassadenanstrich<br />
Bearbeitung von E<strong>in</strong>gangsrechnungen<br />
Maßnahme Kostenabrechnung Arbeitsgelegenheiten nach<br />
SGB II<br />
Zeiterfassung<br />
Telefon/ Empfang/ Bewirtung<br />
Kasse/ Auszahlung/ Abrechnung<br />
Postbearbeitung (Poste<strong>in</strong>gang/-ausgang)<br />
Überweisungen mit Überweisungsprogramm Profi Cash<br />
Mustervorlagen ausfüllen<br />
Standardbriefe schreiben<br />
Bestellungen jeglicher Art<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>es Gymnastikste<strong>in</strong>es für Serienfertigung<br />
Verbesserung des <strong>Produkt</strong>ionsablaufes für verschiedene<br />
<strong>Produkt</strong>e<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>er Gymnastikwand für Serienfertigung<br />
Erstellung von Mustern für die Freigabe von Serienprodukten<br />
Erstellung e<strong>in</strong>er Turnbank für Serienfertigung<br />
Verkaufstätigkeiten<br />
Ware bestellen/ Lagerhaltung<br />
Kasse/ Abrechnungen<br />
K<strong>und</strong>enpflege<br />
Hygiene/ Re<strong>in</strong>igung<br />
Ablegen, E<strong>in</strong>sortieren (Buchhaltungsbelege)<br />
Schriftverkehr mit <strong>und</strong> ohne Vorgabe<br />
Bestellungen Büromaterial<br />
Klei<strong>der</strong>magaz<strong>in</strong> verwalten, Klei<strong>der</strong>ausgabe <strong>und</strong> Bestellungen<br />
Telefondienst<br />
Belagsarbeiten (Terasse- <strong>und</strong> Wegebau)<br />
Handbefestigungen (z.B. Trockenmauern)<br />
Gartenpflege (Rasen mähen, Heckenschnitt) bei Privatk<strong>und</strong>schaft<br />
Gehölzschnitt <strong>und</strong> Baumfällarbeiten<br />
Arbeiten im öffentlichen Grün <strong>und</strong> Naturschutzaufträge<br />
Gr<strong>und</strong>pflege<br />
Behandlungspflege<br />
Aktivierung<br />
Angebote zum Erhalt <strong>und</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität<br />
Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />
Speisenzubereitung<br />
Service<br />
Arbeiten nach Hygienevorschriften<br />
Mitarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hausre<strong>in</strong>igung<br />
Mitarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> hauseigenen Wäscherei<br />
K<strong>und</strong>enberatung <strong>und</strong> Bedienung<br />
Überwachung <strong>der</strong> Kühltheken <strong>und</strong> Tiefkühltruhen<br />
Pflege <strong>und</strong> Umgang mit Obst <strong>und</strong> Gemüse<br />
Zubereitung <strong>der</strong> Backwaren<br />
Sortimentspflege<br />
Bau von Holzhäusern, <strong>in</strong> Holzrahmenbauweise<br />
Dachausbauten<br />
Altbausanierungen<br />
Tabelle 1: Beständig ausgeführte <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge<br />
qualiNETZ GmbH 2006 25
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Ausbildungsberuf anspruchsvoll u. komplexe <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge<br />
Industriemechaniker CNC Drehen <strong>und</strong> Fräsen<br />
Anfertigen e<strong>in</strong>es komplexen Teils mit 8 Arbeitsgängen<br />
Anfertigen e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Vorrichtung<br />
Anfertigen von schwierigen Bauteilen am Bearbeitungszentrum<br />
Qualitätskontrolle<br />
Maler u. Lackierer Teppichboden verlegen<br />
Fassaden verfugen <strong>und</strong> streichen<br />
Fensterrenovierung<br />
Untergr<strong>und</strong>vorbereitung <strong>und</strong> Lackierarbeiten<br />
Bürokaufmann/-frau Maßnahme Kostenabrechnung Arbeitsgelegenheiten mit<br />
Ausrechnung Fahrtkosten <strong>und</strong> Löhne<br />
Exceltabellen für Fuhrpark/ Versicherungen etc. mit Erhebungen<br />
Arbeits- <strong>und</strong> Teilnehmerverträge <strong>in</strong> Serienbriefform mit<br />
Adress- <strong>und</strong> Datenverwaltung<br />
Bearbeitung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gang- u. Ausgangsrechnungen<br />
Vorbereitende Aufgaben für die Buchhaltung<br />
Korrekte Archivierung Personalakten/ Rechnungen/ Buchhaltung<br />
Kassenbuch, Portobuch, Materialverwaltungsbuch führen,<br />
teilweise ausbezahlen <strong>der</strong> Belege, Fahrtkosten etc.<br />
Schre<strong>in</strong>er Restauration von historischen Möbeln<br />
Herstellung e<strong>in</strong>es Wande<strong>in</strong>bauschranks (<strong>in</strong>tern)<br />
Herstellung e<strong>in</strong>er Designvitr<strong>in</strong>e, für Ausstellungszwecke<br />
Projektarbeit: Herstellung e<strong>in</strong>es Flurmöbels<br />
Herstellung des Gesellenstückes<br />
Verkäufer<strong>in</strong> Verkaufstheke Käse (Hygiene/ Beratung)<br />
Fleischverkauf (<strong>in</strong>cl. Bestellung, Portionierung, Hygiene)<br />
Warenbestand (Erfassen, Bestellungen)<br />
Kauffrau für Bürokommunikation<br />
Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau<br />
AltenpflegerIn<br />
HauswirtschafterIn<br />
Kauffrau/-mann im<br />
E<strong>in</strong>zelhandel<br />
ZimmererIn<br />
<br />
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<br />
<br />
<br />
<br />
Kassenwesen<br />
eigenständiges Ablegen nach verschiedenen Kostenstellen<br />
Schriftverkehr ohne Diktat o<strong>der</strong> Aufschrieb<br />
Abrechnungen Kassenbuch<br />
Vorschusszahlungen<br />
Teile von Gehaltsabrechnungen, Buchhaltung<br />
Trockenmauerbau (Hangbefestigung) bei Privatk<strong>und</strong>schaft<br />
Trockenmauerbau mit Aufgang zur Terrasse Hofcafe<br />
Waldeckhof<br />
Gehölzschnitt (Sträucher/ Bäume)<br />
Baumfällarbeiten mit Motorsäge<br />
Belagsarbeiten<br />
Begleitung Schwerkranker <strong>und</strong> Sterben<strong>der</strong><br />
Ganzheitliche bewohnerorientierte Betreuung<br />
Umgang mit Demenzkranken<br />
Rehabilitative therapeutische Aktivitäten<br />
Ausrichtung von saisonalen Festlichkeiten<br />
Dienst im Café Treffpunkt<br />
term<strong>in</strong>gerechte Vorbereitung von Veranstaltungen<br />
E<strong>in</strong>haltung von Hygienevorschriften bei krankheitsbed<strong>in</strong>gten<br />
Son<strong>der</strong>fällen<br />
eigenständige Abwicklung <strong>der</strong> Wäscheversorgung<br />
jahreszeittypische Raumgestaltung<br />
Scannerkasse <strong>und</strong> Abrechnung<br />
Logistik-, Lager-, <strong>und</strong> Bestellwesen<br />
Betreuung des Zeitschriftenregals<br />
K<strong>und</strong>enbedienung an <strong>der</strong> Wurst- <strong>und</strong> Käsetheke<br />
Präsentkörbe vorbereiten<br />
Dachausbauten mit verschiedenen Neigungen<br />
Altbausanierungen unter Erhaltung Denkmalgeschützter<br />
Bestandteile<br />
Tabelle 2: anspruchsvolle <strong>und</strong> komplexe <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge<br />
26<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
3.2 K<strong>und</strong>enorientierung<br />
K<strong>und</strong>enorientierung bezieht sich <strong>in</strong> den meisten Berufen im Projekt<br />
48 PLUS auf K<strong>und</strong>enkontakte während <strong>der</strong> Durchführung von Aufträgen<br />
o<strong>der</strong> Dienstleistungen. Mit 39 Prozent <strong>der</strong> befragten Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> geben an, dass dies die überwiegende Form<br />
von K<strong>und</strong>enkontakt ist. Ebenso viele sagen, dass diese Form selten<br />
vorkommt. Wesentlich häufiger s<strong>in</strong>d die Beteiligung <strong>der</strong> Auszubildenden<br />
an <strong>der</strong> Ermittlung von K<strong>und</strong>enwünschen (50 Prozent geben an,<br />
dass dies häufiger geschieht, 11 Prozent überwiegend). Auch bei <strong>der</strong><br />
Arbeits- <strong>und</strong> Materialplanung s<strong>in</strong>d die Auszubildenden bei 45 Prozent<br />
<strong>der</strong> Auszubildenden häufiger <strong>und</strong> weiteren 28 Prozent überwiegend<br />
beteiligt. Die Mitwirkung im Verkauf <strong>und</strong> die Präsentation von Leistungsangeboten<br />
beim K<strong>und</strong>en kommt nur bei 17 Prozent <strong>der</strong> Befragten<br />
häufiger o<strong>der</strong> überwiegend vor (<strong>in</strong> den Verkaufsberufen), bei den<br />
übrigen seltener o<strong>der</strong> nie. Spezielle Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zur K<strong>und</strong>enorientierung<br />
werden nur im Ausnahmefall durchgeführt.<br />
fast nie selten häufiger überwiegend<br />
K<strong>und</strong>enkontakte während <strong>der</strong> Durchführung von Aufträgen/<br />
Dienstleistungen<br />
Mitwirkung im Verkauf<br />
<strong>Produkt</strong> <strong>und</strong> Dienstleistungsangebot an K<strong>und</strong>en präsentieren<br />
Arbeits-<strong>und</strong> Materialplanung<br />
K<strong>und</strong>enwünsche ermitteln<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass dort, wo berufliche<br />
Handlungssituationen im Kontakt mit K<strong>und</strong>en bestehen (E<strong>in</strong>zelhandel,<br />
Verkauf), die K<strong>und</strong>enorientierung auch e<strong>in</strong>e große Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Ausbildung spielt. In den meisten Berufen, die im Netzwerk 48 PLUS<br />
ausgebildet werden, ergeben die beruflichen Tätigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
weniger Gelegenheiten zum unmittelbaren K<strong>und</strong>enkontakt. Die K<strong>und</strong>enorientierung<br />
wird hier durch die Beteiligung an <strong>der</strong> Ermittlung von<br />
qualiNETZ GmbH 2006 27
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
K<strong>und</strong>enwünschen <strong>und</strong> durch die Berücksichtigung <strong>der</strong> Sichtweise<br />
des K<strong>und</strong>en bei <strong>der</strong> Arbeitsplanung erfüllt.<br />
3.3 <strong>Handlungsorientierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung<br />
Nach dem hohen Stellenwert <strong>der</strong> Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion überrascht<br />
es nicht, dass handlungs- <strong>und</strong> produktionsorientierte Ausbildungsmethoden<br />
überwiegen. 66,6 Prozent <strong>der</strong> befragten Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> setzen <strong>Produkt</strong>ionsaufgaben überwiegend e<strong>in</strong>,<br />
weitere 19,98 Prozent häufiger. Bei den meisten Ausbildenden geschieht<br />
dies <strong>in</strong> Form strukturierten Lernens (im Unterschied zur Beistelllehre),<br />
denn 53,28 Prozent <strong>der</strong> befragten Ausbil<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen gaben<br />
an, das Modell <strong>der</strong> vollständigen Handlung häufiger o<strong>der</strong> überwiegend<br />
zu berücksichtigen. 26,64 Prozent setzen die darauf beruhende<br />
Leittext-Methode häufiger <strong>und</strong> weitere 13,32 Prozent überwiegend<br />
e<strong>in</strong> (vgl. dazu auch das Praxisbeispiel <strong>in</strong> Kapitel 3.5). 53,28 Prozent<br />
<strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> verwenden Lehr- <strong>und</strong> Lernaufgaben<br />
häufiger o<strong>der</strong> überwiegend, also e<strong>in</strong>e strukturierte Heranführung<br />
an die zu bewältigenden Aufträge mit Hilfe von Fragen <strong>und</strong> Aufgaben<br />
sowie <strong>der</strong> Bearbeitung erfor<strong>der</strong>licher Informationen aus Fachliteratur<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Quellen. Auch Projekte werden von 46,62 Prozent <strong>der</strong><br />
Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> häufiger <strong>und</strong> von weiteren 26,64 Prozent<br />
überwiegend e<strong>in</strong>gesetzt. Das bedeutet, dass auch Ausbildungs<strong>in</strong>halte,<br />
die nicht im Rahmen <strong>der</strong> eigenen <strong>Produkt</strong>ion ausgebildet<br />
werden können, durch Projekte handlungsorientiert erarbeitet werden.<br />
Methoden, mit denen auch außerhalb <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion handlungsorientiert<br />
ausgebildet werden kann, haben angesichts <strong>der</strong> starken Ausrichtung<br />
auf die <strong>Produkt</strong>ion e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren Stellenwert. Dazu gehören<br />
Fallstudien, Rollen- <strong>und</strong> Planspiele, Simulationen <strong>und</strong> an Stationen<br />
lernen.<br />
Coach<strong>in</strong>g wird immerh<strong>in</strong> von 53,28 Prozent <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen häufiger<br />
o<strong>der</strong> überwiegend e<strong>in</strong>gesetzt, die übrigen setzen es seltener<br />
(26,64 Prozent) o<strong>der</strong> nie e<strong>in</strong> (13,32 Prozent). Die Rollenanfor<strong>der</strong>un-<br />
28<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
gen zwischen dem für die Auftragsdurchführung verantwortlichen<br />
Fachexperten, dem für die Weitergabe von Wissen <strong>und</strong> Können zuständigen<br />
Unterweisenden <strong>und</strong> dem Coach, <strong>der</strong> sich auf die Begleitung<br />
von Lernprozessen <strong>und</strong> die Stärkung von Selbstständigkeit <strong>und</strong><br />
Problemlösungsfähigkeit konzentriert, erfor<strong>der</strong>t im Alltagshandeln<br />
offenbar e<strong>in</strong>e Schwerpunktsetzung zugunsten <strong>der</strong> ersten beiden Rollen.<br />
3.4 Prüfungsvorbereitung<br />
Nachdem die ersten vier Auszubildenden bereits im Jahr 2005 ihre<br />
Abschlussprüfung abgelegt haben, werden im Sommer 2006 voraussichtlich<br />
neun Auszubildende ihre Abschlussprüfung machen, weitere<br />
17 im Sommer 2007. Für 5 Jugendliche ist die Abschlussprüfung im<br />
W<strong>in</strong>ter 2007/2008 <strong>und</strong> weitere 12 im Sommer 2008 geplant. Die letzten<br />
Prüfungen s<strong>in</strong>d für 3 Teilnehmer im W<strong>in</strong>ter 2008/2009 angedacht.<br />
Bei drei Auszubildenden erfolgte ke<strong>in</strong>e Angabe des Prüfungsterm<strong>in</strong>s.<br />
Welche Form <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung ist geplant? Alle Netzwerkpartner<br />
werden Prüfungsvorbereitung im eigenen Haus anbieten.<br />
Gesamtauswertung<br />
durch zusätzliche<br />
externe Leistungen<br />
durch ridaf<br />
alle Träger<br />
durch<br />
ausbildungsbegleitende<br />
im eigenen Haus<br />
0 20 40 60 80 100 120<br />
Prozentangabe<br />
In 78,9% <strong>der</strong> Ausbildungsberufe wird zusätzlich Prüfungsvorbereitung<br />
durch Ridaf <strong>in</strong> Anspruch genommen. Ausbildungsbegleitende<br />
Hilfen vor Ort werden von 21,04% genutzt, zum Teil <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation<br />
mit Ridaf (15,78 Prozent). Auf zusätzliche externe Leistungen an<strong>der</strong>er<br />
Bildungsträger greifen nur 36,82% zu, die Hälfte davon allerd<strong>in</strong>gs<br />
qualiNETZ GmbH 2006 29
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
ebenfalls <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit Ridaf. Bei e<strong>in</strong>em Träger werden alle vier<br />
Formen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> komb<strong>in</strong>iert.<br />
Die detaillierte Betrachtung <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitungskonzepte bei<br />
den Netzwerkpartnern zeigt, dass Bewährtes mit neuen Ideen verb<strong>und</strong>en<br />
wird. Die Durcharbeitung von „alten“ Prüfungen ist bei allen<br />
Standard. E<strong>in</strong>en großen Stellenwert hat auch die Vorbereitung auf<br />
die handlungsorientierten Teile <strong>der</strong> Prüfungen. Prüfungsrelevante<br />
praktische Arbeitsbereiche werden gezielt wie<strong>der</strong>holt <strong>und</strong> tra<strong>in</strong>iert,<br />
durch Projektarbeiten, Unternehmensdurchläufe <strong>und</strong> Lernhilfen. Das<br />
Lernen von- <strong>und</strong> mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> hat e<strong>in</strong>en großen Stellenwert. Vielfach<br />
werden die Auszubildenden durch das Ridaf-Sem<strong>in</strong>ar Lernen lernen<br />
für die Prüfungsvorbereitung fit gemacht. In „Mangelfächern“ erhalten<br />
die Auszubildenden zusätzliche För<strong>der</strong>ung.<br />
Im Folgenden werden e<strong>in</strong>ige beson<strong>der</strong>en Konzepte <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung<br />
von den entsprechenden Ausbildungsbereichen dargestellt.<br />
In <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung für die Berufe Industriemechaniker/<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Modeschnei<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen (GIBA) stehen die verbrauchten Abschlussprüfungen<br />
aus den letzten fünf Jahren zur Verfügung. Je<strong>der</strong><br />
Azubi führt m<strong>in</strong>destens drei dieser Prüfungen zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g durch.<br />
Vor <strong>der</strong> ersten Testprüfung erfolgt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gehende E<strong>in</strong>weisung. Sie<br />
wird ohne Zeitvorgaben durchgeführt. Testprüfungen zwei <strong>und</strong> drei<br />
werden unter realer Zeitvorgabe absolviert. Alle praktischen Prüfstücke<br />
werden mit den Azubis geme<strong>in</strong>sam ausgewertet <strong>und</strong> die Ergebnisse<br />
besprochen. Die Ergebnisse des theoretischen Prüfungsteils<br />
werden ebenfalls geme<strong>in</strong>sam ausgewertet . Die Azubis müssen als<br />
Hausaufgabe e<strong>in</strong>e Berichtigung ihrer Fehler anfertigen.<br />
Im Fachunterricht <strong>der</strong> Werkstatt wird ab Mitte 3. Ausbildungsjahr auf<br />
die theoretische Abschlussprüfung vorbereitet, <strong>in</strong>dem bestimmte immer<br />
wie<strong>der</strong> auftauchende Themen besprochen <strong>und</strong> geübt werden.<br />
Die Berufsschule macht im vierten Ausbildungsjahr das Gleiche.<br />
30<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Auch bei <strong>der</strong> Waldhaus gGmbH werden <strong>in</strong> den Ausbildungsberufen<br />
Zerspanungsmechaniker/<strong>in</strong> <strong>und</strong> Industriemechaniker/<strong>in</strong> theoretische<br />
<strong>und</strong> praktische Prüfungen mit alten Prüfungsaufgaben unter Prüfungsbed<strong>in</strong>gungen<br />
simuliert sowie prüfungsähnliche, <strong>in</strong> sich abgeschlossene<br />
Projekte im Bereich Drehen <strong>und</strong> Fräsen durchgeführt.<br />
Zusätzlich wird <strong>in</strong>tensiver Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterricht kurz vor <strong>der</strong><br />
Prüfung angeboten, gezielt auf den <strong>in</strong>dividuellen Bedarf <strong>der</strong> Auszubildenden<br />
abgestimmt.<br />
Die Prüfungsvorbereitung im Ausbildungsberuf Kauffrau für Bürokommunikation<br />
bei <strong>der</strong> Staufen gGmbH geschieht <strong>in</strong> Form fachlicher<br />
Unterweisung durch die Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>, im E<strong>in</strong>zelfall Sprachunterricht<br />
<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Mathematikunterricht. Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht das Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
Lernen <strong>der</strong> Auszubildenden: Auszubildende des dritten Ausbildungsjahres<br />
unterweisen die des ersten Ausbildungsjahres. Durch<br />
den hohen Wie<strong>der</strong>holungs- <strong>und</strong> Behaltenseffekt ist dies e<strong>in</strong>e sehr<br />
wirksame Form <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung. Darüber h<strong>in</strong>aus werden<br />
die angehenden Prüfungsteilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -teilnehmer durch e<strong>in</strong>en<br />
vor zwei Jahren im eigenen Betrieb ausgebildeten <strong>und</strong> übernommenen<br />
Kaufmann für Bürokommunikation unterwiesen.<br />
Im Ausbildungsberuf Verkäufer/<strong>in</strong> werden zusätzlich Unterweisungen<br />
<strong>und</strong> praktische Übungen zur Vorbereitung von K<strong>und</strong>engesprächen<br />
sowie zur Erarbeitung von Präsentationen anlässlich von Messen<br />
<strong>und</strong> Ausstellungen durchgeführt. Im Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau<br />
stehen Projektarbeiten außerhalb <strong>der</strong> täglichen Dienstleistungen<br />
beim K<strong>und</strong>en ( z. B. beson<strong>der</strong>e Aufgaben auf dem Waldeckhof wie<br />
Pflege Bauerngarten, Wegebau, Terassenanlage, Trockenmauerbau)<br />
im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Sie werden ergänzt durch fachliche E<strong>in</strong>zelunterweisungen<br />
durch den Ausbil<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form von Theorie-Praxis-<br />
Verknüpfungen (Pflanzen lernen am Objekt) sowie bei Bedarf E<strong>in</strong>zelunterricht<br />
<strong>in</strong> Schulfächern mit mangelnden Leistungen. Alle Auszubildenden<br />
nehmen zudem an dem Ridaf-Sem<strong>in</strong>ar „Lernen lernen“<br />
teil.<br />
qualiNETZ GmbH 2006 31
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Die angehenden Bürokaufleute bei Waldhaus gGmbH rotieren im<br />
Vorfeld <strong>der</strong> Prüfung durch unterschiedliche, prüfungsrelevante Unternehmensbereiche.<br />
Sie lösen zudem Prüfungsausgaben vergangener<br />
Jahre mit Unterstützung <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong>en hauseigenen Lehrer. Die fachpraktische Anleitung orientiert<br />
sich an realen Aufgaben. Zudem werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsschule Lerngruppen<br />
zur Prüfungsvorbereitung gebildet.<br />
Die gBIG Jungnau <strong>in</strong>itiiert zur Prüfungsvorbereitung im Beruf Tischler/<strong>in</strong><br />
Lerngruppen außerhalb <strong>der</strong> Arbeitszeit. Durch Arbeitsproben<br />
mit Zeitvorgabe geschieht e<strong>in</strong>e systematische Vorbereitung auf die<br />
praktische Prüfung. Weiterh<strong>in</strong> geschieht e<strong>in</strong>e Betreuung <strong>und</strong> fachliche<br />
Beratung bei <strong>der</strong> Planung <strong>und</strong> Fertigung <strong>der</strong> Gesellenstücke.<br />
Stützunterricht wird im Rahmen von ausbildungsbegleitenden Hilfen<br />
zusätzlich organisiert.<br />
Die beiden Maler-Azubis bei Integra s<strong>in</strong>d relativ leistungsstark. Auf<br />
eigenen Wunsch organisieren sie selbst die Prüfungsvorbereitung,<br />
können jedoch im Bedarfsfall je<strong>der</strong>zeit die Hilfestellung von Anleitern<br />
<strong>und</strong> sozial pädagogischen Begleitern <strong>in</strong> Anspruch nehmen.<br />
Der Stand <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung wird durch die Anleiter<strong>in</strong> regelmäßig<br />
abgefragt <strong>und</strong> stichprobenartig kontrolliert. Im Bedarfsfall ist<br />
auch Freistellung (begrenzt) organisierbar.<br />
„Pro labore“ stellt vor <strong>der</strong> Prüfung die Meister von <strong>der</strong> Arbeit frei, damit<br />
sie gezielt mit dem Auszubildenden üben können. Außerdem<br />
werden schon während <strong>der</strong> Ausbildung prüfungsrelevante Arbeiten<br />
erstellt. Der Praxisbezug steht dabei im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, so dass unsere<br />
Lehrl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> K<strong>und</strong>engespräche e<strong>in</strong>bezogen werden <strong>und</strong> direkte<br />
Rückmeldungen bekommen.“<br />
32<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
3.5 Handlungsorientierte Ausbildung <strong>in</strong> Metallberufen<br />
– E<strong>in</strong> Praxisbeispiel<br />
Wolfgang Hesse, GIBA gGmbH Rottenburg<br />
Die GIBA gGmbH (Gesellschaft für Integration, Beschäftigung <strong>und</strong><br />
Ausbildung gGmbH Rottenburg) ist e<strong>in</strong> Beschäftigungs- <strong>und</strong> Ausbildungsbetrieb<br />
<strong>in</strong> den Bereichen Metallbearbeitung <strong>und</strong> Textil. Angeboten<br />
werden Beschäftigungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsmaßnahmen für<br />
sozial benachteiligte Jugendliche <strong>und</strong> junge Erwachsene sowie für<br />
langzeitarbeitslose Menschen. GIBA ist von <strong>der</strong> IHK Reutl<strong>in</strong>gen<br />
als Ausbildungsbetrieb für die folgenden Berufe anerkannt: Industriemechaniker,<br />
Zerspanungsmechaniker, Fertigungsmechaniker,<br />
Fräser, Modenäher<strong>in</strong> <strong>und</strong> Modeschnei<strong>der</strong><strong>in</strong>. Im Projekt 48Plus bildet<br />
GIBA e<strong>in</strong>e Modeschnei<strong>der</strong><strong>in</strong> <strong>und</strong> 4 Industriemechaniker aus.<br />
Ziele <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung <strong>in</strong> Sozialunternehmen s<strong>in</strong>d u. a.<br />
die Vermittlung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten, Lernen<br />
Lernen sowie <strong>der</strong> Erwerb von sozialen Schlüsselkompetenzen.<br />
Die Umsetzung geschieht durch folgende Elemente <strong>der</strong> betriebsnahen<br />
Ausbildung <strong>in</strong> Sozialunternehmen:<br />
Projektarbeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> fachpraktischen Ausbildung,<br />
fachpraktischer Unterricht,<br />
Bearbeitung von K<strong>und</strong>enaufträgen,<br />
Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterricht,<br />
sozialpädagogische För<strong>der</strong>planung <strong>und</strong> Betreuung.<br />
3.5.1 Fachpraktische Ausbildung<br />
Jonny bearbeitet e<strong>in</strong> Werkstück aus dem Ausbildungsprojekt<br />
„Schraubstock“.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> fachpraktischen Ausbildung soll Jonny nicht nur die<br />
nötigen fachlichen Kenntnisse <strong>und</strong> Fertigkeiten erwerben, er soll<br />
qualiNETZ GmbH 2006 33
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
auch lernen selbstständig zu planen, sich Wissen zu beschaffen <strong>und</strong><br />
se<strong>in</strong>e Arbeitsergebnisse zu bewerten. Dies soll an e<strong>in</strong>em Beispiel<br />
aus dem Ausbildungsprojekt „Schraubstock“ verdeutlicht werden:<br />
Jonny soll von e<strong>in</strong>em Werkstück e<strong>in</strong>en Absatz mit Hilfe e<strong>in</strong>es Metallkreissägeblattes<br />
auf <strong>der</strong> Fräsmasch<strong>in</strong>e abtrennen. Der Ausbil<strong>der</strong><br />
steht ihm während des ganzen Prozesses als Berater zur Seite.<br />
1. Handlungsschritt: Information. Jonny studiert die Werkstückzeichnung.<br />
Er versucht, sich das fertige Werkstück räumlich<br />
vorzustellen <strong>und</strong> prüft, ob er alle Zeichnungselemente<br />
kennt <strong>und</strong> versteht. Möglicherweise ist das Symbol für die<br />
Oberflächenbeschaffenheit nicht bekannt<br />
o<strong>der</strong> wurde vergessen. In diesem Fall wird er im offenen Lerncenter<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Nachschlagewerk die benötigte Information<br />
suchen.<br />
2. Handlungsschritt: Planen <strong>der</strong> Herstellung. Jetzt geht es<br />
um die Frage, welches Werkzeug auszuwählen ist <strong>und</strong> wie es<br />
<strong>in</strong> die Fräsmasch<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gespannt werden muss. Außerdem<br />
muss das Werkstück sicher auf <strong>der</strong> Fräsmasch<strong>in</strong>e aufgespannt<br />
werden. Im Tabellenbuch müssen die benötigten<br />
Schnittdaten recherchiert werden. Drehzahl <strong>und</strong> Vorschub sollen<br />
berechnet <strong>und</strong> e<strong>in</strong>gestellt werden. In dieser Übung ist <strong>der</strong><br />
Arbeitsplan vorgegeben. Er muss also nachvollzogen <strong>und</strong> verstanden<br />
werden.<br />
3. Handlungsschritt: Fertigung des Werkstücks: Das Sägeblatt<br />
wird <strong>in</strong> die Masch<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gespannt <strong>und</strong> auf das erfor<strong>der</strong>liche<br />
Maß 41 sowie auf die notwendige Schnitttiefe e<strong>in</strong>gestellt.<br />
Die Bearbeitung erfolgt hier mit Handvorschub, <strong>der</strong> Kühlschmierstoff<br />
muss e<strong>in</strong>geschaltet werden <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Schutzbrille<br />
ist dr<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>lich. Während <strong>der</strong> Bearbeitung muss Jonny<br />
konzentriert bei <strong>der</strong> Sache se<strong>in</strong>, um auf Störungen sofort<br />
reagieren zu können.<br />
34<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
4. Handlungsschritt: Prüfung des fertigen Werkstückes.<br />
Jonny muss messen, ob das Werkstück die erfor<strong>der</strong>liche Breite<br />
von 41 –0,3 mm hat. Hier muss er das richtige Prüfmittel<br />
auswählen <strong>und</strong> die Messung vornehmen. Außerdem muss er<br />
die Oberflächenbeschaffenheit mit Hilfe e<strong>in</strong>es Oberflächenvergleichsmusters<br />
prüfen. Jetzt beurteilt Jonny, ob das gemessene<br />
Maß dem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeichnung verlangten Maß entspricht<br />
<strong>und</strong> ob die Oberfläche die gefor<strong>der</strong>te Qualität hat. Da<br />
hier zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Ausbildung oft Unsicherheiten vorhanden<br />
s<strong>in</strong>d, kann <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong> beratend e<strong>in</strong>greifen.<br />
5. Reflexion <strong>und</strong> Lernzielkontrolle:Wenn das Werkstück korrekt<br />
gefertigt worden ist, bekommt Jonny die entsprechende<br />
Kenntnisprüfung <strong>und</strong> erarbeitet Fragen zum eben gefertigten<br />
Werkstück durch. Dabei stehen ihm alle Lern- <strong>und</strong> Hilfsmittel<br />
des offenen Lerncenters zur Verfügung. Zum Abschluss gehen<br />
Jonny <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong> die Fragen durch <strong>und</strong> prüfen die<br />
gegebenen Antworten. Sollten Fragen offen se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> sich<br />
Fehler e<strong>in</strong>geschlichen haben, so werden diese jetzt besprochen.<br />
Falls bei Jonny hier größere fachliche Defizite festgestellt<br />
werden, fließen diese <strong>in</strong> die weitere För<strong>der</strong>planung mit<br />
e<strong>in</strong> (z.B. vertiefen<strong>der</strong> Stützunterricht <strong>in</strong> Mathematik).<br />
6. Dokumentieren. Zum Abschluss <strong>der</strong> Ausbildungsarbeit<br />
wird diese von Jonny dokumentiert. Dafür steht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Werkstatt<br />
e<strong>in</strong> PC mit e<strong>in</strong>em von uns entwickelten Programm zur<br />
elektronischen Berichtsheftführung zur Verfügung. In dieses<br />
Programm gibt er se<strong>in</strong>en kurzen Arbeitsbericht e<strong>in</strong>. Am Ende<br />
<strong>der</strong> Arbeitswoche werden diese Berichte ausgedruckt <strong>und</strong> als<br />
Ausbildungsnachweis <strong>in</strong> das Berichtsheft e<strong>in</strong>geheftet.<br />
Der Erwerb <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten wird durch<br />
dieses Vorgehen auf den <strong>in</strong>dividuell vorhandenen Wissenstand des<br />
Teilnehmers <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Lernvermögen sowie se<strong>in</strong>e Sozialkompetenz<br />
abgestimmt. Gleichzeitig fließen die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />
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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Arbeitswelt <strong>in</strong> den För<strong>der</strong>prozess mit e<strong>in</strong>. Entscheidend s<strong>in</strong>d dabei<br />
die folgenden Punkte:<br />
Ansetzen am <strong>in</strong>dividuellen Wissensstand des Teilnehmers,<br />
<strong>in</strong>dividuell auf den Teilnehmer abgestimmter Wissenserwerb,<br />
<strong>der</strong> Teilnehmer ist beim Wissenserwerb immer als aktiv handelndes<br />
Subjekt gefor<strong>der</strong>t (<strong>Handlungsorientierung</strong>),<br />
gleichzeitige För<strong>der</strong>ung von praktischen, sprachlichen <strong>und</strong> <strong>in</strong>tellektuellen<br />
Fähigkeiten,<br />
das Erlernen e<strong>in</strong>es planmäßigen Vorgehens,<br />
selbstständiger Wissenserwerb <strong>und</strong> selbstständige Informationsbeschaffung,<br />
das Erlernen des ständigen Überprüfens <strong>der</strong> eigenen Tätigkeiten,<br />
das ständige Kommunizieren von Arbeits<strong>in</strong>halten,<br />
die Ausbil<strong>der</strong> nehmen die Rolle des Beraters <strong>und</strong> Begleiters e<strong>in</strong>.<br />
3.5.2 Fachpraktischer Unterricht<br />
Parallel zu den Ausbildungsprojekten <strong>und</strong> den Fertigungsarbeiten<br />
f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> wöchentlicher fachpraktischer Unterricht statt. Er dient<br />
<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie dem Erwerb neuer Kenntnisse, aber auch <strong>der</strong> Nachbereitung<br />
<strong>der</strong> fachlichen Praxis o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vorbereitung von Klassenarbeiten<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule. Der Unterricht f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Unterrichtsräumen statt,<br />
die <strong>in</strong> unmittelbarer Nähe zu den Werkstatträumen liegen. So kann<br />
das Gelernte durch unmittelbare praktische Umsetzung <strong>in</strong> Form von<br />
Demonstrationen <strong>und</strong> Übungen vertieft werden.<br />
E<strong>in</strong>e Vielfalt an Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmethoden z.B. Ausfüllen von Lückentexten,<br />
Erläuterungen von Grafiken, Referaten, Fachdiskussionen, Recherchen<br />
im Internet, Umgehen mit Werkzeugkatalogen spricht mehrere<br />
Lernkanäle (siehe Kapitel B.2.3.) an <strong>und</strong> sorgt dafür, dass auch<br />
Teilnehmer, die bisher wenig Lernerfahrung o<strong>der</strong> Lernschwierigkeiten<br />
haben, die für ihren Lerntyp geeignete Lernmethode erkennen<br />
<strong>und</strong> selbstständig e<strong>in</strong>setzen können.<br />
36<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Das strukturierte Selbstlernen soll den Auszubildenden zum<br />
selbstständigen Anwenden des neuen Wissens, zur Wissensvertiefung<br />
<strong>und</strong> zum Wissenserwerb befähigen. Im Anschluss an den fachpraktischen<br />
Unterricht bekommt je<strong>der</strong> Auszubildende als Hausaufgabe<br />
e<strong>in</strong>e Liste mit Fragen zum behandelten Stoff, o<strong>der</strong> auch zu<br />
Themen, die im Unterricht noch nicht behandelt wurden. Diese Fragen<br />
muss er zu Hause mit Hilfe <strong>der</strong> RKL-Unterlagen, des Fachk<strong>und</strong>ebuches<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Medien beantworten. Das strukturierte<br />
Selbstlernen wird ergänzt durch den E<strong>in</strong>satz von zum Teil selbstentwickelter<br />
Lern-Software (Messkurs Metalltechnik, Micro - Tra<strong>in</strong>er,<br />
Multiple - Choice Fragen, CNC-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gssoftware, Christiani-LUK<br />
Lernsoftware). In <strong>der</strong> Werkstatt stehen immer alle Tabellen, Fachbücher<br />
<strong>und</strong> Computerprogramme zur Verfügung. Wir halten die Auszubildenden<br />
dazu an, sich aus diesen Quellen selbst zu <strong>in</strong>formieren,<br />
wenn sie etwas nicht wissen.<br />
3.5.3 Reale K<strong>und</strong>enaufträge <strong>in</strong> <strong>der</strong> fachpraktischen Ausbildung<br />
Reale Fertigungsarbeiten haben e<strong>in</strong>en höheren Realitätscharakter<br />
als die Bearbeitung von Ausbildungsprojekten. Sie dienen <strong>der</strong> Vertiefung<br />
<strong>und</strong> dem Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g von Kenntnissen <strong>und</strong> Fertigkeiten <strong>und</strong> eröffnen<br />
auch zusätzliche Qualifizierungsmöglichkeiten. Hier kommen im<br />
Vergleich zur Projektarbeit folgende neue Anfor<strong>der</strong>ungen auf Jonny<br />
zu:<br />
er kommt mit Fragen <strong>der</strong> Material- <strong>und</strong> Werkzeugbeschaffung <strong>in</strong><br />
Berührung,<br />
er lernt e<strong>in</strong>e Vielfalt von Arbeitstechniken kennen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en<br />
Projektausbildung nicht geboten werden kann,<br />
er muss den Arbeitsablauf unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />
planen,<br />
den Arbeitsablauf nach Gesichtspunkten <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Qualität<br />
planen,<br />
qualiNETZ GmbH 2006 37
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
die erfor<strong>der</strong>lichen Werkzeuge auswählen <strong>und</strong> überprüfen,<br />
e<strong>in</strong>e vorgegebene Lieferzeit e<strong>in</strong>halten <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Arbeiten auf<br />
Term<strong>in</strong>e bezogen planen,<br />
das Arbeitsergebnis laufend überwachen <strong>und</strong> das Ergebnis<br />
selbst überprüfen, bewerten <strong>und</strong> dokumentieren,<br />
Korrekturen des Arbeitsablaufes nach wirtschaftlichen <strong>und</strong> qualitativen<br />
Gesichtspunkten durchführen.<br />
In diesem Prozess entstehen neben <strong>der</strong> vertieften Fachlichkeit zusätzlich<br />
Sicherheit, Selbstvertrauen <strong>und</strong> Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong>.<br />
Jonny weiß, dass er richtige Teile hergestellt hat, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>gebaut werden. Fertigungsarbeiten stellen aber auch höhere<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Konzentration, an des Durchhaltevermögen<br />
<strong>und</strong> an Ehrlichkeit <strong>und</strong> Selbstkritik. Zusätzlich muss Jonny oftmals<br />
auftretende Probleme kommunizieren <strong>und</strong> er muss <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit den Ausbil<strong>der</strong>n nach Lösungen suchen.<br />
38<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
3.6 Betreuung <strong>der</strong> Azubis im Netzwerk 48 PLUS – e<strong>in</strong><br />
Praxisbericht<br />
Kar<strong>in</strong> Woyta<br />
Die Staufen gGmbH Arbeits- <strong>und</strong> Beschäftigungsför<strong>der</strong>ung Göpp<strong>in</strong>gen<br />
(SAB) bietet im Rahmen von 48 PLUS <strong>der</strong>zeit acht Ausbildungsplätze<br />
<strong>in</strong> den Bereichen Büro, Landschaftsbau, Verkauf <strong>und</strong> Hauswirtschaft<br />
an. Unsere Auszubildenden kamen mit den verschiedensten<br />
H<strong>in</strong>tergründen zu uns. So haben wir z. B. e<strong>in</strong>e junge Frau aus<br />
Kasachstan mit schlechten Deutschkenntnissen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e junge Frau<br />
mit starken psychischen Problematiken, die deswegen die vorige<br />
Ausbildung abgebrochen hatte. E<strong>in</strong>en jungen Mann aus <strong>der</strong> Drogenszene,<br />
ebenfalls Ausbildungsabbrecher <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Jugendliche, die<br />
starke Defizite im sozialen Verhalten <strong>und</strong> im Lernbereich zeigen. Die<br />
meisten hatten deswegen e<strong>in</strong>en schlechten Zeugnisabschluss <strong>und</strong><br />
ke<strong>in</strong>e Möglichkeit wo an<strong>der</strong>s e<strong>in</strong>e Ausbildung zu beg<strong>in</strong>nen. Nach <strong>der</strong><br />
Orientierungsphase waren wir jedoch sicher, dass die Jugendlichen<br />
„nach menschlichem Ermessen“ <strong>und</strong> mit viel Unterstützung <strong>und</strong> Geduld<br />
e<strong>in</strong>e Ausbildung schaffen könnten. Im Laufe <strong>der</strong> Zeit wurde nun<br />
für jeden e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Unterstützungsprogramm zusammengestellt.<br />
Wie bei <strong>der</strong> SAB generell üblich – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>deststandard auch für<br />
die so genannten E<strong>in</strong>-Euro-Jobs wird mit jedem das reguläre Programm<br />
<strong>der</strong> Hilfeplanung durchlaufen – für die Azubis natürlich mit<br />
erheblich mehr Zeitaufwand. Die Hilfeplanung be<strong>in</strong>haltet erste Erfassungsbögen,<br />
aufgenommen im Erstgespräch. Hier s<strong>in</strong>d neben <strong>der</strong><br />
normalen Datenerhebung für uns Aussagen wichtig über Mobilität<br />
(Führersche<strong>in</strong>/Wohnort ), familiärer H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (alle<strong>in</strong> o<strong>der</strong> mit Familie/alle<strong>in</strong><br />
erziehend …), Krankheitsdaten ( körperliche, psychische<br />
Bee<strong>in</strong>trächtigungen, Suchterkrankungen soweit erkennbar) <strong>und</strong> natürlich<br />
Schulbildung <strong>und</strong> eventuell abgebrochene Ausbildungen. In<br />
Kooperation mit den Anleitern <strong>der</strong> Fachgebiete (Bewertungsbögen)<br />
<strong>und</strong> über Selbste<strong>in</strong>schätzungen <strong>der</strong> Teilnehmenden wird nach Fest-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 39
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
stellen des <strong>in</strong>dividuellen Unterstützungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsbedarfes<br />
<strong>der</strong> Hilfsplan erstellt. Dieser kann natürlich umso <strong>in</strong>dividueller <strong>und</strong><br />
ausführlicher se<strong>in</strong>, je länger die Personen bei uns s<strong>in</strong>d. Im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Hilfepläne werden auch die notwendigen Qualifizierungen festgelegt.<br />
Zum Standardprogramm bei <strong>der</strong> SAB gehört <strong>in</strong> jedem Fall e<strong>in</strong><br />
Bewerbungs- <strong>und</strong> Motivationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>und</strong> Deutschunterricht. Für unsere<br />
Jugendprojekte werden weiter reichende Inhalte organisiert, die<br />
auch viel allgeme<strong>in</strong>bildende, gesellschaftliche <strong>und</strong> politische Themen<br />
umfassen.<br />
Für unsere Azubis haben wir nun sehr <strong>in</strong>dividuelle Hilfen zusammengestellt<br />
<strong>und</strong> diese mit den Angeboten von Ridaf verknüpft. Es gibt<br />
Programme <strong>und</strong> Sem<strong>in</strong>are für alle, komplettiert mit <strong>in</strong>dividuellen Bauste<strong>in</strong>en.<br />
Fachliche Unterweisungen <strong>und</strong> soziales Lernen gehen oft<br />
<strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> über. Als Programm verb<strong>in</strong>dlich für alle s<strong>in</strong>d die Ridaf-<br />
Sem<strong>in</strong>are (vgl. Kapitel 4). Als Son<strong>der</strong>programm haben wir uns von<br />
Ridaf e<strong>in</strong>e Reihe Qualifizierungse<strong>in</strong>heiten zu den Themen „Lernen<br />
lernen – Wie lerne ich richtig <strong>und</strong> selbstständig“ <strong>in</strong>s Haus geholt.<br />
Als e<strong>in</strong> Qualifizierungsprojekt an<strong>der</strong>er Art entstand <strong>in</strong> 2004 unter <strong>der</strong><br />
Leitung unserer Qualifizierungsbeauftragten e<strong>in</strong>e Broschüre über<br />
unseren Biolandwirtschaftsbetrieb Waldeckhof. Die Broschüre soll<br />
e<strong>in</strong> breit gefächertes Informationsbüchle<strong>in</strong> für unsere K<strong>und</strong>schaft<br />
se<strong>in</strong>. Fachliche Infos recherchierten die Verkaufsazubis, bearbeitet<br />
<strong>und</strong> gestaltet wurde es von allen, bevorzugt natürlich vom Bürobereich.<br />
Entstanden ist e<strong>in</strong> durchaus ansehnliches Werk, auch zum<br />
Thema Teamarbeit. E<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Highlight war auch e<strong>in</strong> Tagessem<strong>in</strong>ar<br />
über Stil <strong>und</strong> Benimm – Knigge im Beruf. Die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> coacht<br />
normalerweise Manager, deshalb war dieses Sem<strong>in</strong>ar dann für<br />
unsere Azubis etwas ganz Beson<strong>der</strong>es. Diese für alle gedachten Unterweisungen<br />
werden nun <strong>in</strong>dividuell vervollständigt, im e<strong>in</strong>fachsten<br />
Fall mit Sprachunterricht o<strong>der</strong> etwas <strong>in</strong>tensiverer Nachhilfe im fachlichen<br />
Bereich.<br />
Aber so e<strong>in</strong>fach haben wir es eben doch nicht. Was tun, wenn die<br />
„Azub<strong>in</strong>e“ (unser liebevoller Ausdruck für weibliche Auszubildende) <strong>in</strong><br />
40<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
so genannter Subkultur versackt, immer wie<strong>der</strong> als Außenseiter<strong>in</strong><br />
auftritt (auch recht deutlich durch ihre Kleidung), sich permanent private<br />
Probleme aufhalst <strong>und</strong> deswegen immer wie<strong>der</strong> fehlt o<strong>der</strong> nicht<br />
konzentriert lernen kann. Bei zwei an<strong>der</strong>en herrscht ständiger „Zicken-Alarm“,<br />
flapsig gesagt für psychische Problematiken im Zusammenleben<br />
– <strong>der</strong> oft so ausartet, dass die e<strong>in</strong>e bis zu Selbstmorddrohungen<br />
schreitet o<strong>der</strong> sich selbst verletzt. Unser Gartenbauazubi<br />
ist vornehmlich clean von Drogen – nur nicht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Verhalten.<br />
Ständig abgebrannt <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e anpumpend, dauernd krank – immer<br />
mit Krankmeldung so dass er rechtlich nicht zu packen ist. Und dabei<br />
vom Typ „charmanter Südlän<strong>der</strong>“ davon überzeugt, uns Frauen jeden<br />
Blöds<strong>in</strong>n glaubhaft servieren zu können.<br />
In all diesen Fällen ist nun <strong>der</strong> Sozialdienst <strong>in</strong>tensivst gefor<strong>der</strong>t –<br />
weshalb wir die Azubis auch auf die Schultern mehrerer Sozialpädagog<strong>in</strong>nen<br />
o<strong>der</strong> Pädagogen verteilt haben. Wichtig ist hier klare Grenzen<br />
zu setzen, Verb<strong>in</strong>dlichkeiten e<strong>in</strong>zufor<strong>der</strong>n, Vere<strong>in</strong>barungen zu<br />
treffen, aber auch hilfreich zu unterstützen, Stärken zu för<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />
Achtung <strong>und</strong> Anerkennung zu zeigen. Und vor allem Zeit zum Zuhören<br />
mit zu br<strong>in</strong>gen! So wird nun unser junger Mann zum arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Dienst geschickt, Vorschuss erhält er nur nach Absprache.<br />
Die Schule gibt uns sofort Rückmeldung über Fehlzeiten. Gespräche<br />
mit se<strong>in</strong>er Suchtberater<strong>in</strong> wurden e<strong>in</strong>geleitet. Und vor allem weiß er,<br />
dass wir Vorgesetzten uns absprechen <strong>und</strong> uns gegenseitig <strong>in</strong>formieren,<br />
so dass er uns nicht untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ausspielen kann. Fürs Lernen<br />
wird festgelegt, was während <strong>der</strong> Arbeit mit den Ausbil<strong>der</strong>n etc.<br />
gelernt, was als Hausaufgabe erledigt wird, wer Sprache<strong>in</strong>zelunterricht<br />
erhält <strong>und</strong> wer noch zusätzlich an ausbildungsbegleitenden Hilfen<br />
(abH) teilnehmen soll.<br />
Fünf Auszubildende haben die erste Klasse geschafft, zwei nicht.<br />
Aber auch diese haben sich persönlich sehr positiv entwickelt. Trotz<br />
aller Schwierigkeiten <strong>und</strong> auch Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen war ihnen<br />
immer e<strong>in</strong>es wichtig – ihre Ausbildung zu absolvieren. Und solange<br />
wir diese Absicht glaubhaft <strong>und</strong> ernsthaft erkennen, werden wir das<br />
qualiNETZ GmbH 2006 41
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
uns Mögliche tun, um die jungen Leute zu unterstützen. Und sie s<strong>in</strong>d<br />
uns <strong>in</strong>zwischen doch recht ans Herz gewachsen <strong>und</strong> ihr Erfolg uns<br />
um ihretwillen wichtig.<br />
42<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
4 Netzwerkübergreifende Fortbildungen - Angebote<br />
für Auszubildende <strong>und</strong> Ausbildungspersonal<br />
Elke März<br />
Im mo<strong>der</strong>nen Berufsleben kommt es nicht alle<strong>in</strong> auf fachliche Kompetenzen<br />
an – berufsübergreifende Kompetenzen als Schlüssel für<br />
Berufstätigkeiten auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Berufen werden immer wichtiger.<br />
Die Berufsausbildung ist nach wie vor e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stiegsvoraussetzung,<br />
um fachlich qualifizierte Arbeitstätigkeiten ausführen zu können.<br />
Sie ist gleichzeitig auch e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en lebenslangen beruflichen<br />
Lernprozess. Die meisten Menschen arbeiten nicht mehr (ausschließlich)<br />
<strong>in</strong> ihrem erlernten Beruf. Sie haben sich im Laufe ihres<br />
Berufslebens viele zusätzliche Kompetenzen angeeignet. Die Fähigkeit<br />
zu lebenslangem Lernen soll bereits während <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
erlernt werden.<br />
Im Netzwerk 48 PLUS bietet die ridaf Reutl<strong>in</strong>gen gGmbh (Reutl<strong>in</strong>ger<br />
Initiative deutsche <strong>und</strong> ausländische Familien) trägerübergreifende<br />
Lernangebote für Auszubildende <strong>und</strong> für Ausbildende an. Die Reutl<strong>in</strong>ger<br />
Initiative deutsche <strong>und</strong> ausländische Familien gGmbH setzt<br />
sich seit 1981 für die Verständigung zwischen ausländischen Mitbürger<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Mitbürgern <strong>und</strong> Deutschen e<strong>in</strong>. Sie hat als oberstes<br />
Ziel, die Lebenssituation <strong>der</strong> Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten sowie benachteiligter<br />
Deutscher zu verbessern.<br />
Die Auszubildenden im Netzwerk 48PLUS gehören zu den Jugendlichen,<br />
die <strong>in</strong> ihrer Berufsausbildung aufgr<strong>und</strong> schulischer o<strong>der</strong> sozialer<br />
Probleme e<strong>in</strong>e zusätzliche För<strong>der</strong>ung benötigen. Zu den Stärken<br />
<strong>der</strong> Sozialbetriebe gehört es, die Vorteile <strong>der</strong> Ausbildung <strong>in</strong> <strong>betrieblichen</strong><br />
Arbeitsprozessen mit e<strong>in</strong>em speziellen För<strong>der</strong>angebot für diese<br />
Zielgruppen zu vere<strong>in</strong>en. Die Sozialbetriebe führen die sozialpädagogische<br />
Begleitung selbst durch. Ihre Ausbildungsfachleute unter-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 43
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
stützen die Auszubildenden auch zu berufsfachlichen Fragestellungen<br />
aus dem Berufsschulunterricht.<br />
4.1 Der Kompetenzansatz<br />
Der Kompetenzansatz besagt, dass für nachhaltige Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsprozesse<br />
von vorhandenen Fähigkeiten <strong>und</strong> Stärken auszugehen<br />
ist. Dieser Ansatz ist bei unserem durchgeführten Stütz<strong>und</strong><br />
För<strong>der</strong>unterricht die maßgebliche Ausrichtung, die <strong>in</strong> sämtlichen<br />
Maßnahmen <strong>und</strong> auf Dauer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Art des alltäglichen Umgangs <strong>der</strong><br />
beteiligten Lehrkräfte mit den Auszubildenden zum Ausdruck kommen<br />
muss. Damit ist gesagt, dass die Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmer<br />
neben den professionellen auch e<strong>in</strong> Recht auf persönliche Standards<br />
<strong>in</strong> Form von aufrichtiger Wertschätzung, Offenheit, Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />
<strong>und</strong> Verb<strong>in</strong>dlichkeit haben. Diese Herangehensweise ist deshalb<br />
so wichtig, weil viele <strong>der</strong> <strong>in</strong> unserer Maßnahme bef<strong>in</strong>dlichen jungen<br />
Menschen bereits deutliche Merkmale e<strong>in</strong>er typischen Misserfolgskarriere<br />
aufweisen. Das Gefühl, nicht anerkannt zu werden, beruflich<br />
<strong>und</strong> schulisch zu scheitern o<strong>der</strong> Erwartungen nicht gerecht zu werden,<br />
drückt sich <strong>in</strong> Unsicherheit, niedrigem Selbstwertgefühl, aggressivem<br />
o<strong>der</strong> so genanntem abweichenden Verhalten aus. Wer<br />
sich selbst als defizitären Menschen empf<strong>in</strong>det, tut sich bei <strong>der</strong> Suche<br />
nach eigenen Ressourcen <strong>und</strong> Stärken schwer. Wichtig ist aber<br />
auch, dass nicht e<strong>in</strong>ige isolierte Eigenschaften perfektioniert werden<br />
<strong>und</strong> die Komplexität <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen des mo<strong>der</strong>nen Berufslebens<br />
aus dem Blick geraten. Es wäre niemand damit gedient, wenn beispielsweise<br />
trotz starker Steigerung im fachtheoretischen Bereich<br />
das Ausbildungsziel nicht erreicht wird, weil <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fachpraxis mangels<br />
Teamfähigkeit die erfor<strong>der</strong>lichen Leistungen nicht erbracht werden.<br />
Die angemessene Herangehensweise ist nun eben <strong>der</strong> Kompetenzansatz.<br />
Dieser besagt nämlich, dass je<strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Lebenslage<br />
über Stärken <strong>und</strong> Fähigkeiten verfügt, auch wenn diese<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Umstände nicht offen zu Tage treten. Und<br />
wenn diese beson<strong>der</strong>en Umstände e<strong>in</strong>e jugendliche Misserfolgskarriere<br />
s<strong>in</strong>d, so ist eben dort anzusetzen, d. h. es s<strong>in</strong>d Arrangements<br />
44<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
zu entwerfen, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> junge Mensch aus eigener Kraft Erfolge<br />
erzielen kann <strong>und</strong> die ihm dafür gebührende Anerkennung f<strong>in</strong>det.<br />
Das Gefühl aus eigener Kraft etwas geschafft zu haben, begünstigt<br />
die Motivation, dasselbe auch auf an<strong>der</strong>en Gebieten zu versuchen,<br />
d.h. sich auf die Suche nach eigenen Stärken <strong>und</strong> Fähigkeiten zu<br />
machen. Der Kompetenzansatz im Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterricht wird<br />
also verstanden als aufrichtige Wertschätzung <strong>der</strong> Person des Teilnehmenden,<br />
dessen zunehmende Selbstbestimmung dazu führen<br />
wird, dass er o<strong>der</strong> sie sich mit e<strong>in</strong>em erfolgreichen Berufsabschluss<br />
den komplexen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gegenwart stellen kann.<br />
4.2 Berufsschulbegleiten<strong>der</strong> Unterricht<br />
Der netzwerkübergreifende berufsschulbegleitende Unterricht <strong>in</strong> den<br />
Fächern Mathematik bzw. Fachrechnen, Deutsch für Auszubildende<br />
mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Englisch wird netzwerkübergreifend<br />
organisiert <strong>und</strong> an sechs Standorten durch Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen von<br />
ridaf durchgeführt, wenn hierfür ke<strong>in</strong>e eigenen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen o<strong>der</strong><br />
Mitarbeiter zur Verfügung stehen.<br />
Der Unterricht f<strong>in</strong>det an den e<strong>in</strong>zelnen Standorten <strong>der</strong> an dem Projekt<br />
48 PLUS beteiligten E<strong>in</strong>richtungen statt. In Kle<strong>in</strong>gruppen mit jeweils<br />
2 bis 8 Auszubildenden, die sich entwe<strong>der</strong> nach Ausbildungsberuf<br />
<strong>und</strong> Ausbildungsjahr zusammensetzen o<strong>der</strong> unabhängig davon<br />
bedarfsorientiert zusammenf<strong>in</strong>den (z.B. Deutsch für Auslän<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Auslän<strong>der</strong>), trifft man sich e<strong>in</strong>mal wöchentlich o<strong>der</strong> alle zwei Wochen.<br />
Je nach aktuellem För<strong>der</strong>bedarf beträgt <strong>der</strong> zeitliche Umfang zwischen<br />
2 <strong>und</strong> 4 Unterrichtsst<strong>und</strong>en pro Woche. Bei Bedarf können<br />
auch Prüfungsvorbereitungssem<strong>in</strong>are angeboten werden. Hier werden<br />
fachliche <strong>und</strong> allgeme<strong>in</strong>bildende Inhalte zielgruppen- <strong>und</strong> voraussetzungsgerecht<br />
aufbereitet <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lerngruppe erarbeitet.<br />
Lernför<strong>der</strong>ung erfolgt <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Hilfe bei <strong>der</strong> Aneignung,<br />
Speicherung <strong>und</strong> Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> vom jeweiligen Ausbildungsberuf<br />
gefor<strong>der</strong>ten fachtheoretischen Kenntnisse <strong>und</strong> <strong>der</strong> H<strong>in</strong>-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 45
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
führung zu <strong>und</strong> Anleitung bei <strong>der</strong> Beschäftigung mit allgeme<strong>in</strong>bildenden<br />
Themen <strong>in</strong> den Fächern Deutsch, Wirtschaftsk<strong>und</strong>e, Geme<strong>in</strong>schaftsk<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> Mathematik. Die Inhalte ergeben sich aus <strong>der</strong><br />
Ausbildungsordnung, dem Ausbildungsjahr <strong>und</strong> aktuellen Anlässen<br />
wie etwa e<strong>in</strong>er Klassenarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsschule.<br />
4.3 Lernför<strong>der</strong>ung<br />
Lernför<strong>der</strong>ung heißt hier, die Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmer bei<br />
<strong>der</strong> Erschließung neuer <strong>und</strong> gangbarer Wege zum Erwerb von Wissen<br />
<strong>und</strong> erweiterter Handlungsfähigkeit zu begleiten, sowie Anregung<br />
zu geben für den Auf- <strong>und</strong> Ausbau jener überfachlichen Kompetenzen,<br />
die zur selbstständigen Bewältigung <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gegenwart benötigt werden. Ergänzt wird dies<br />
alles durch Übungen zur Konzentration, zum Abbau von Stress, zu<br />
verschiedenen Arbeits- <strong>und</strong> Lerntechniken <strong>und</strong> zur Lernzeitgestaltung<br />
etc., um so den Lernenden die Möglichkeit zu geben, ihren eigenen<br />
Lerntyp zu entdecken <strong>und</strong> zu optimieren.<br />
Gleichberechtigt neben <strong>der</strong> <strong>in</strong>haltlichen steht die psycho-emotionale<br />
Vorbereitung auf die Prüfungssituation. Viele <strong>der</strong> Auszubildenden<br />
haben Prüfungsangst, auch wenn <strong>der</strong> Lernstoff ausreichend geübt<br />
wurde. Der Umgang mit bzw. <strong>der</strong> Abbau von Prüfungsängsten muss<br />
deshalb <strong>in</strong> den Mittelpunkt gerückt werden, wenn die Prüfung naht.<br />
Dies kann durch realitätsnahe Prüfungssimulation, durch die Anleitung<br />
beim Erstellen e<strong>in</strong>es Prüfungskalen<strong>der</strong>s zur Zeite<strong>in</strong>teilung bis<br />
zur Prüfung, aber auch durch regelmäßige Übungen zum Stressabbau,<br />
zum Erlangen e<strong>in</strong>er größeren Selbstsicherheit <strong>und</strong> zum Überw<strong>in</strong>den<br />
von „Black-outs“ geschehen.<br />
Ziele des Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterrichts s<strong>in</strong>d:<br />
Stärkung des Selbstwertgefühls,<br />
För<strong>der</strong>ung von Motivation,<br />
Bewusstmachung eigener Ressourcen,<br />
Anwendung angemessener Problemlösungsstrategien,<br />
46<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Vermittlung berufsbezogenen, fachlichen Wissens,<br />
Erkennen <strong>und</strong> Anwenden fachsprachlicher Strukturen,<br />
Umgang mit Texten, Lese- <strong>und</strong> Schreibtechniken,<br />
Übersichtliches Ordnen des Schulstoffes,<br />
Abbau von Stress <strong>und</strong> Prüfungsängsten,<br />
Auf- <strong>und</strong> Ausbau von Schlüsselqualifikationen,<br />
Ermittlung <strong>in</strong>nerer <strong>und</strong> äußerer E<strong>in</strong>flussfaktoren für das <strong>in</strong>dividuelle<br />
Lernen,<br />
Aufarbeitung von Lernschwierigkeiten,<br />
Abbau von Lernblockaden,<br />
Erlernen selbstständiger Wissensaneignung <strong>und</strong> Informationsverarbeitung,<br />
Entwicklung von Lern- <strong>und</strong> Arbeitsweisen,<br />
Anregungen zur s<strong>in</strong>nvollen Gestaltung des Arbeitsplatzes <strong>und</strong><br />
des Lernumfeldes,<br />
Zeitmanagement.<br />
4.4 Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zur Sozialkompetenz<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus führt ridaf Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zur Sozialkompetenz für alle<br />
Auszubildenden des Netzwerks durch. Sie bestehen aus fünf e<strong>in</strong>o<strong>der</strong><br />
zweitägigen Sem<strong>in</strong>aren zu den Themen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Kommunikation,<br />
Konfliktmanagement, Schlüsselqualifikationen, Erfolg im<br />
Team sowie Präsentationstechniken. Diese Themen s<strong>in</strong>d für alle<br />
Ausbildungsberufe relevant. Sie betreffen zugleich Kompetenzbereiche,<br />
<strong>in</strong> denen viele Jugendliche beson<strong>der</strong>s geför<strong>der</strong>t werden sollten.<br />
An den Sem<strong>in</strong>aren nehmen Jugendliche aus allen Standorten von 48<br />
PLUS teil. Das Zusammenkommen mit Auszubildenden an<strong>der</strong>er Sozialbetriebe<br />
<strong>und</strong> die Übernachtungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendherberge haben<br />
den Gruppenzusammenhalt gestärkt.<br />
Die Mitarbeit <strong>in</strong> den Sem<strong>in</strong>aren war sehr gut. Auch stillere Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Teilnehmer brachten sich im Laufe <strong>der</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs mehr<br />
qualiNETZ GmbH 2006 47
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
<strong>und</strong> mehr e<strong>in</strong>. Die Themen wurden mit großem Interesse entgegengenommen.<br />
Vor allem die hohen Praxisanteile fanden Zustimmung.<br />
4.5 Lernen Lernen, Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
Weitere Sem<strong>in</strong>arangebote gibt es zu den Themen Lernen lernen <strong>und</strong><br />
Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Diese s<strong>in</strong>d als Inhouse-Sem<strong>in</strong>are bei den 48<br />
PLUS Partnern gedacht (drei Mal e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>artag). Im Sem<strong>in</strong>ar „Lernen<br />
lernen“ werden folgende Themen bearbeitet:<br />
Lerntechniken,<br />
Wie lerne ich?<br />
Prüfungssituationen besser bewältigen,<br />
<br />
Lernen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>beziehung aller S<strong>in</strong>ne,<br />
M<strong>in</strong>dmap-Methode,<br />
Kurz- <strong>und</strong> Langzeitgedächtnis,<br />
Bra<strong>in</strong> Gym.<br />
Das Sem<strong>in</strong>ar Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g ist auf Anregung <strong>der</strong> Auszubildenden<br />
zustande gekommen <strong>und</strong> be<strong>in</strong>haltet die Erarbeitung kompletter<br />
Bewerbungsunterlagen für den angestrebten Übergang <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e<br />
Unternehmen während o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Ausbildung.<br />
4.6 Tra<strong>in</strong>-the-Tra<strong>in</strong>er-Sem<strong>in</strong>are<br />
Auch für die Ausbildungsmitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -mitarbeiter hat ridaf<br />
zwei aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> aufbauende Sem<strong>in</strong>artage zu Konfliktmanagement,<br />
Motivation <strong>und</strong> Fallberatungen durchgeführt. Die Sem<strong>in</strong>are hatten<br />
hohe Praxisrelevanz <strong>und</strong> waren <strong>in</strong>folgedessen sehr motivierend.<br />
25 Prozent <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d mit den Sem<strong>in</strong>aren<br />
sehr zufrieden, weitere 68,75 Prozent zufrieden. Die Hälfte <strong>der</strong> an<br />
den Sem<strong>in</strong>aren Teilnehmenden konnten die erarbeiteten Erkenntnisse<br />
oft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis e<strong>in</strong>setzen, weitere 12,5 Prozent sogar überwiegend.<br />
Kaum Praxisbezug wird von 37,5 Prozent <strong>der</strong> Fälle gesehen,<br />
wovon auch 6,25 Prozent mit den Sem<strong>in</strong>aren gar nicht zufrieden wa-<br />
48<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
ren. Es handelt sich hierbei um e<strong>in</strong>zelne Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmer.<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis werden zurzeit im Zusammenhang mit<br />
dem Aufbau e<strong>in</strong>es QM-Systems nach ISO 9000 e<strong>in</strong>geführt, weniger<br />
aufgr<strong>und</strong> punktueller Fortbildungen. Vor allem wurde geschätzt, dass<br />
die Sem<strong>in</strong>ar<strong>in</strong>halte die eigene Arbeit unterstützt. „Die wie<strong>der</strong>kehrende<br />
Reflexion von alltagsrelevanten Themen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung benachteiligter<br />
Jugendlicher hat me<strong>in</strong>e Arbeit eher unterstützt <strong>und</strong> effizienter<br />
gemacht als verän<strong>der</strong>t“. So wurden Störfaktoren menschlicher<br />
Kommunikation erkannt <strong>und</strong> beseitigt o<strong>der</strong> Formen professioneller<br />
Gesprächsführung angewandt. Dennoch konnten auch Verän<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> eigenen Arbeit aus den Sem<strong>in</strong>arergebnissen abgeleitet<br />
werden. „Ich habe regelmäßig bei Eltern-/Ausbil<strong>der</strong>abenden im Berufsschulzentrum<br />
teilgenommen, mit den Klassen- <strong>und</strong> Fachlehrern<br />
guten Kontakt gehalten. Weiterh<strong>in</strong> habe ich versucht, mit den Lehrern<br />
Defizite zu erkennen <strong>und</strong> für Abhilfe zu sorgen, <strong>in</strong> dem ich zusätzliches<br />
Lehrmaterial besorgt <strong>und</strong> vor Klassenarbeiten Lernhilfen<br />
gegeben habe“.<br />
Der Wunsch nach mehr Handlungssicherheit durch pädagogisches<br />
Wissen <strong>und</strong> Methoden ist deutlich erkennbar. Diese helfen bei <strong>der</strong><br />
Problem- <strong>und</strong> Konfliktbewältigung, aber auch zur Motivation <strong>und</strong> dem<br />
Gestalten von Lernen. Der Bedarf an pädagogischer Fortbildung für<br />
das Ausbildungspersonal ist sehr hoch. Dass die Fortbildungsreihe<br />
fortgesetzt <strong>und</strong> ausgeweitet werden sollten, zeigt auch die Liste weiterer<br />
Themenwünsche. Sie beziehen sich auf allgeme<strong>in</strong>es pädagogisches<br />
Know How für die Arbeitspraxis, Teamarbeit, Gen<strong>der</strong>aspekt im<br />
Handwerk, den Umgang mit schwierigen Auszubildenden, professionelle<br />
Krisen- <strong>und</strong> Konfliktbewältigung, mehr zum Thema Kommunikationstechniken,<br />
Lernmethoden <strong>und</strong> Lerntechniken für die Auszubildenden<br />
sowie Motivation für die Vermittlung von Allgeme<strong>in</strong>bildung:<br />
wie br<strong>in</strong>ge ich das <strong>in</strong>teressant den Azubis rüber? Wie kann ich den<br />
Lerneifer <strong>der</strong> Azubis wecken? Weiterh<strong>in</strong> werden Maßnahmen zur<br />
Belastungsreduktion vor Prüfungen <strong>der</strong> Auszubildenden, sowie<br />
qualiNETZ GmbH 2006 49
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Deutsch- <strong>und</strong> Grammatikkurse für die Auszubildenden für wichtig<br />
angesehen.<br />
50<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
5 Angaben zu den Teilnehmenden<br />
Zum Jahresende 2004 gab es im Netzwerk 48 PLUS 50 Ausbildungsverträge:<br />
Ausbildungsberufe<br />
m<br />
w<br />
Gesamt<br />
Altenpflege<br />
Büroberufe<br />
E<strong>in</strong>zelhandel (Verkauf)<br />
Gastronomie, Hauswirtschaft<br />
Gartenbau<br />
Metallberufe<br />
Maler/<strong>in</strong><br />
Tischler/<strong>in</strong><br />
1<br />
3<br />
0<br />
2<br />
3<br />
7<br />
3<br />
9<br />
3<br />
8<br />
3<br />
2<br />
0<br />
0<br />
2<br />
4<br />
4<br />
11<br />
3<br />
4<br />
3<br />
7<br />
5<br />
13<br />
E<strong>in</strong> Jahr später, zum Stichtag 31.12.2005 befanden sich 53 Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Teilnehmer im Projekt. Davon s<strong>in</strong>d 27 männlich <strong>und</strong> 26<br />
weiblich. Die Anzahl <strong>der</strong> Auszubildenden verteilt sich auf die Träger<br />
wie folgt:<br />
Träger Gesamt männlich weiblich<br />
Integra 4 2 2<br />
Gbig Jungnau 7 3 4<br />
Waldhaus 6 6 0<br />
Gjb Stuttgart 9 3 6<br />
Staufen 8 2 6<br />
Giba 5 4 1<br />
Pro labore 4 3 1<br />
AWO 10 4 6<br />
Tabelle 3: Verteilung <strong>der</strong> Ausbildungsplätze im Jahr 2005 auf die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Netzwerkpartner<br />
qualiNETZ GmbH 2006 51
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Träger<br />
prolabore<br />
AWO<br />
Integra<br />
gbig Jungnau<br />
Waldhaus<br />
gjb Stuttgart<br />
Staufen<br />
Giba<br />
weiblich<br />
männlich<br />
0 2 4 6 8 10 12<br />
Anzahl <strong>der</strong> Teilnehmer<br />
Die Anzahl <strong>der</strong> 53 Auszubildenden verteilt sich auf folgende Berufe<br />
<strong>und</strong> Ausbildungsjahre:<br />
1.Ausbildungsjahr 2.Ausbildungsjahr 3.Ausbildungsjahr 4.Ausbildungsjahr<br />
Ausbildungsberufe<br />
ZimmererIn<br />
Fachfrau für Bürokommunikation<br />
Verkäufer<strong>in</strong><br />
AltenpflegerIn<br />
Modeschnei<strong>der</strong>In<br />
Gartenbaufachwerker<br />
Hauswirtschafter<strong>in</strong><br />
Kaufmann/frau für Bürokommunikation<br />
Gärtner<br />
Hauswirtschaftliche Helfer<strong>in</strong><br />
Beikoch<br />
Industriemechaniker<br />
Zerspanungsmechaniker<br />
TischlerIn<br />
Maler<br />
Bürokaufmann/frau<br />
0 2 4 6 8 10 12<br />
Anzahl <strong>der</strong> Teilnehmer<br />
Elf Auszubildende s<strong>in</strong>d neu <strong>in</strong>s erste Ausbildungsjahr aufgenommen<br />
worden. Die meisten Auszubildenden (31) s<strong>in</strong>d im zweiten Ausbildungsjahr.<br />
Zehn s<strong>in</strong>d bereits im dritten o<strong>der</strong> vierten Ausbildungsjahr.<br />
Bei e<strong>in</strong>em Auszubildenden wurde ke<strong>in</strong> Beruf angegeben.<br />
52<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> ursprünglich (zu Ausbildungsbeg<strong>in</strong>n) angestrebten<br />
Berufe hat es <strong>in</strong> drei Fällen gegeben:<br />
1. E<strong>in</strong> Wechsel erfolgte vom Beruf Gärtner/<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Beruf Gartenbaufachwerker/<strong>in</strong>,<br />
aufgr<strong>und</strong> zu schlechter schulischer Leistungen.<br />
2. In dem an<strong>der</strong>en Fall wurde aufgr<strong>und</strong> sehr guter Leistungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Ausbildung zum Industriemechaniker gewechselt.<br />
3. In e<strong>in</strong>em weiteren Fall wurde die begonnene zweijährige Ausbildung<br />
zur Verkäufer<strong>in</strong> aufgr<strong>und</strong> des großen Interesses <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
dreijährige Ausbildung zur Kauffrau im E<strong>in</strong>zelhandel umgewandelt.<br />
Vier männliche Auszubildende haben bereits ihre Abschlussprüfung<br />
absolviert.<br />
Träger Berufsbezeichnung Beschäftigung Praktikum<br />
Gbig Jungnau Schre<strong>in</strong>er Meisterausbildung -<br />
Waldhaus Industriemechaniker Arbeitslos, unklare<br />
Perspektive<br />
-<br />
Waldhaus Industriemechaniker Arbeitslos, Aufnahme<br />
<strong>in</strong> Arbeitsverhältnis<br />
vorgesehen<br />
6 Wochen während<br />
<strong>der</strong> Ausbildung<br />
Pro labore Maler Der Lehrl<strong>in</strong>g ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
erlernten Ausbildungsberuf<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
an<strong>der</strong>em Unternehmen<br />
tätig.<br />
E<strong>in</strong> ehemaliger Schre<strong>in</strong>erlehrl<strong>in</strong>g ist übernommen worden <strong>und</strong> bef<strong>in</strong>det<br />
sich nun <strong>in</strong> <strong>der</strong> Meisterausbildung. Die beiden Industriemechaniker<br />
s<strong>in</strong>d arbeitslos gemeldet. Bei dem e<strong>in</strong>em ist die Perspektive noch<br />
unklar. Der Jugendliche erhält <strong>in</strong>tensive Unterstützung bei <strong>der</strong> Arbeitssuche,<br />
Internetrecherche <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g im/<strong>in</strong>nerhalb<br />
des Haus/es. Nach Aussage des Ausbildungsbetriebes besteht<br />
für den Jugendlichen e<strong>in</strong>e sehr gute Prognose, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> nächs-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 53
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
ten drei Monate e<strong>in</strong>en Arbeitsvertrag zu bekommen. Die Übernahme<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Arbeitsverhältnis ist bisher gescheitert, da <strong>der</strong> Jugendliche die<br />
Ausbildung als sehr anstrengend empfand <strong>und</strong> aktuell e<strong>in</strong>e „Pause“<br />
brauchte.<br />
Bei dem an<strong>der</strong>en Industriemechaniker ist die Aufnahme e<strong>in</strong>es Arbeitsverhältnisses<br />
zwar vorgesehen, jedoch steht <strong>der</strong> genaue Zeitpunkt<br />
noch nicht fest. Mit Hilfe e<strong>in</strong>es sechswöchigen Praktikums<br />
konnte e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Kontakt zu e<strong>in</strong>em Betrieb aufgebaut werden.<br />
Zusätzlich fand e<strong>in</strong> Coach<strong>in</strong>g mit dem Jugendlichen <strong>und</strong> den zuständigen<br />
Personen im Übernahmebetrieb statt. Der geplante Vertragsabschluss<br />
mit dem entsprechenden Betrieb musste verschoben werden,<br />
da <strong>der</strong> zuständige Abteilungsleiter zurzeit überlastet ist <strong>und</strong> die<br />
E<strong>in</strong>arbeitung des Jugendlichen nicht gewährleistet wäre.<br />
Von den 49 noch im Projekt verbleibenden Teilnehmern <strong>und</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />
(vier haben die Abschlussprüfung bereits absolviert)<br />
werden 9 Auszubildende ihre Abschlussprüfung voraussichtlich im<br />
Sommer 2006 machen. 17 weitere Teilnehmer im Sommer 2007. Für<br />
5 Jugendliche ist die Abschlussprüfung im W<strong>in</strong>ter 2007/2008 geplant.<br />
Im Sommer 2008 werden 12 weitere Prüfungen stattf<strong>in</strong>den. Die letzten<br />
Prüfungen s<strong>in</strong>d für 3 Teilnehmer im W<strong>in</strong>ter 2008/2009 angedacht.<br />
Bei drei Auszubildenden erfolgte ke<strong>in</strong>e Angabe des Prüfungsterm<strong>in</strong>s.<br />
Träger<br />
Sommer<br />
2006<br />
Sommer<br />
2007<br />
W<strong>in</strong>ter<br />
2007/08<br />
Sommer<br />
2008<br />
W<strong>in</strong>ter<br />
2008/09<br />
Integra 2 1 1<br />
Gbig<br />
Jungnau<br />
2 3 1<br />
Waldhaus 1 3<br />
Pro labore 1 1 1<br />
Gjb Stuttgart 5 3<br />
Staufen 2 4<br />
AWO 1 3 6<br />
Giba 5<br />
Gesamt 9 17 5 12 3<br />
Tabelle 4: Verteilung <strong>der</strong> Abschlussprüfungen auf die Prüfungsjahre<br />
54<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Nach Schätzungen <strong>der</strong> Träger werden von 49 Auszubildenden nur<br />
zwei die Abschlussprüfungen voraussichtlich nicht bestehen. Weitere<br />
sechs haben die Chance, die Prüfung knapp zu bestehen (Note 4).<br />
Die übrigen 36 werden die Abschlussprüfungen bestehen. Vier von<br />
ihnen haben die Chance, die Ausbildung sogar mit gutem Erfolg (Note<br />
1) abzuschließen, weitere zwölf mit <strong>der</strong> Note 2, soweit dies im Vorfeld<br />
prognostizierbar ist. (Von 5 Teilnehmern gibt es ke<strong>in</strong>e Angaben)<br />
H<strong>in</strong>sichtlich des Ausbildungserfolges gibt es ke<strong>in</strong>e prägnanten Unterschiede<br />
zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Trägern. Die vier Erwartungen <strong>der</strong><br />
Note sehr gut wie auch die sechs Erwartungen des knapp Bestehens<br />
verteilen sich jeweils auf fünf verschiedene Träger. Die zwölf <strong>in</strong> Aussicht<br />
stehenden Noten zwei werden bei sechs Trägern erwartet, jeweils<br />
e<strong>in</strong>- bis dreimal.<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
gutem Erfolg gut bestehen bestehen knapp<br />
bestehen<br />
warsche<strong>in</strong>lich<br />
nicht<br />
bestehen<br />
Teilnehmende<br />
Grafik 1: Erwartete Ergebnisse bei den Abschlussprüfungen<br />
qualiNETZ GmbH 2006 55
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Im Laufe <strong>der</strong> Zeit ist es zu e<strong>in</strong>er ganzen Reihe von Ausbildungsabbrüchen<br />
gekommen wie die folgende Tabelle zeigt:<br />
Ausbildungsberuf<br />
Vorzeitig ausgeschieden<br />
Begründung<br />
Maler <strong>und</strong> Lackierer Vom Träger gekündigt Häufige Fehlzeiten ohne Entschuldigung;<br />
Abmahnungen blieben ohne Wirkung<br />
Maler <strong>und</strong> Lackierer Selbst gekündigt Private Beziehungsprobleme, die zu Wohnungsverlust<br />
<strong>und</strong> zum Abbruch <strong>der</strong> Ausbildung<br />
führten.<br />
Gärtner/ GaLa Bau Selbst gekündigt Ohne Angabe von Gründen<br />
Bürokauffrau im Handwerk<br />
Vom Träger gekündigt<br />
Probezeitkündigung wegen zu hoher Fehlzeiten<br />
Tischler Selbst gekündigt Azubi hat nach ½ Jahr Ausbildung wegen<br />
schulischer Überfor<strong>der</strong>ung selbst gekündigt,<br />
will lieber Geld am Fließband verdienen (!!!).<br />
Hat sich nicht zur Vernunft bewegen lassen.<br />
Tischler Selbst gekündigt Ohne Angabe von Gründen<br />
Bürokauffrau Selbst gekündigt Überfor<strong>der</strong>ung mit persönlicher Situation, da<br />
psychisch krank<br />
Hauswirtschafer<strong>in</strong> Selbst gekündigt Ohne Angabe von Gründen<br />
Mit 16 Prozent liegt die Quote <strong>der</strong> vorzeitig aufgelösten Ausbildungsverträge<br />
im Projekt 48 PLUS deutlich unter dem Durchschnitt. In Baden-Württemberg<br />
wurden im Jahr 2003 19,4 Prozent <strong>der</strong> abgeschlossenen<br />
Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Im B<strong>und</strong>esdurchschnitt<br />
waren es 21,9 Prozent (BMBF Berufsbildungsbericht 2005,<br />
106).<br />
56<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
6 F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Ausbildungskosten<br />
Das Ausbildungskonzept des Netzwerks 48 PLUS vere<strong>in</strong>igt die Vorzüge<br />
<strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung (starke Ausrichtung auf produktive<br />
Arbeit bei gleichzeitig hohem Anteil an <strong>in</strong>dividueller Anleitung) mit <strong>der</strong><br />
sozialpädagogisch orientierten Berufsausbildung <strong>in</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />
E<strong>in</strong>richtungen (<strong>in</strong>dividuelle Lernför<strong>der</strong>ung, berufsschulbegleitenden<br />
Unterricht, ausbildungsbegleitende Hilfen, sozialpädagogische<br />
Begleitung).<br />
Im Unterschied zu Bildungsträgern, die (nur) außerbetrieblich ausbilden,<br />
hat 48 PLUS den unschlagbaren Vorteil, dass die Ausbildung zu<br />
e<strong>in</strong>em sehr hohen Anteil im Rahmen von <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen<br />
stattf<strong>in</strong>det, verb<strong>und</strong>en mit e<strong>in</strong>er sehr <strong>in</strong>tensiven<br />
fachlichen Anleitung durch die Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong>. Der<br />
Personalschlüssel von 1:8 entspricht den Vorgaben <strong>der</strong> zuständigen<br />
Stellen für die betriebliche Ausbildung <strong>und</strong> ist damit günstiger als <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>in</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> E<strong>in</strong>richtungen. Diese<br />
Ausrichtung hat entscheidende Auswirkungen auf die Motivation <strong>der</strong><br />
Jugendlichen. Die sichtbaren Ergebnisse tragen zur positiven Entwicklung<br />
von Selbstbewusstse<strong>in</strong>, von Engagement <strong>und</strong> Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong><br />
bei. Es entsteht e<strong>in</strong>e hohe B<strong>in</strong>dung an den Betrieb.<br />
Die Auszubildenden bef<strong>in</strong>den sich nicht <strong>in</strong> Son<strong>der</strong>ausbildungsgruppen<br />
bei e<strong>in</strong>em Bildungsträger, son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d betrieblich e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en.<br />
K<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> Leistungsorientierung bestimmen von Beg<strong>in</strong>n<br />
an die E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> das Verhalten <strong>der</strong> Auszubildenden. Brüche<br />
zwischen dem relativ geschützten Lernen beim Bildungsträger <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> harten Realität des <strong>betrieblichen</strong> Alltages, wie sie häufig während<br />
Praktika o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Übergangsphasen zu beobachten s<strong>in</strong>d, f<strong>in</strong>den hier<br />
nicht statt.<br />
Gleichwohl müssen die Auszubildenden nicht auf die Vorzüge verzichten,<br />
die <strong>in</strong> <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung üblich s<strong>in</strong>d, die <strong>in</strong><br />
den Betrieben gar nicht o<strong>der</strong> nur teilweise geleistet werden können:<br />
die systematische Vermittlung berufsfachlicher Fertigkeiten, Kennt-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 57
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
nisse <strong>und</strong> Fähigkeiten e<strong>in</strong>schließlich Theorieunterricht, die <strong>in</strong>dividuelle<br />
Lernför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> die sozialpädagogische Begleitung.<br />
6.1 Kosten <strong>und</strong> Nutzen <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Berufsausbildung<br />
Die hohe Qualität <strong>der</strong> Ausbildung kostet entsprechend mehr als <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung. Das B<strong>und</strong>es<strong>in</strong>stitut für Berufsbildung<br />
hat zuletzt <strong>in</strong> den Jahren 1999 bis 2002 e<strong>in</strong>e Untersuchung <strong>der</strong> Kosten<br />
<strong>und</strong> des Nutzens <strong>der</strong> Berufsausbildung durchgeführt (Beicht,<br />
Walden, Herget 2004). Im B<strong>und</strong>esdurchschnitt aller Berufe wurden<br />
durchschnittliche Gesamtkosten für die Berufsausbildung <strong>in</strong> Höhe<br />
von 16.435 Euro ermittelt. In den westdeutschen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n betrugen<br />
die Kosten 17.491 Euro pro Auszubildenden <strong>und</strong> Jahr. Sie<br />
setzen sich zu 50 Prozent aus den Personalkosten für die Auszubildenden,<br />
zu 36 Prozent aus Kosten für das überwiegend nebenberufliche<br />
Ausbildungspersonal, zu 3 Prozent aus Anlage- <strong>und</strong> Sachkosten<br />
sowie 11 Prozent aus sonstigen Kosten zusammen (Beicht u. a.<br />
2004, 40).<br />
Abbildung 1: Struktur <strong>der</strong> Bruttokosten <strong>in</strong>sgesamt sowie <strong>in</strong> West- <strong>und</strong> Ostdeutschland<br />
(Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 40)<br />
58<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Personalkosten <strong>der</strong> Auszubildenden s<strong>in</strong>d Ausbildungsvergütungen,<br />
gesetzliche Sozialleistungen <strong>und</strong> tarifliche/freiwillige Sozialleistungen.<br />
Personalkosten <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d die Kosten für haupt- <strong>und</strong><br />
nebenberufliches Ausbildungspersonal sowie für externe Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong>. Die Anlage- <strong>und</strong> Sachkosten betreffen die Arbeitsplatzausstattung<br />
(Werkzeuge, Übungsmaterial), Lehrwerkstatt<br />
<strong>und</strong> <strong>betrieblichen</strong> Unterricht. Unter sonstige Kosten fallen Lehr- <strong>und</strong><br />
Lernmaterialien, Kammergebühren, Berufs- <strong>und</strong> Schutzkleidung, externe<br />
Ausbildung <strong>und</strong> Ausbildungsverwaltung (vgl. Beicht u. a. 2004,<br />
22).<br />
Abbildung 2: Struktur <strong>der</strong> Bruttokosten nach Ausbildungsbereichen (Vollkosten)<br />
(Beicht u.a. 2004, 49)<br />
Betrachtet man die genannten Durchschnittswerte nach Ausbildungsbereichen,<br />
s<strong>in</strong>d die Bruttokosten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Industrie mit 17.750<br />
Euro pro Ausbildenden <strong>und</strong> Jahr höher als <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esdurchschnitt,<br />
während die Kosten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Landwirtschaft mit 15.020 <strong>und</strong> im Handwerk<br />
mit 14.395 Euro pro Auszubildenden <strong>und</strong> Jahr niedriger ausfallen<br />
(vgl. Beicht u. a. 2003, 45). Die Bruttokosten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Betrieben mit<br />
Lehrwerkstatt um etwa 3.000 Euro (Handwerk) bis 4.400 Euro (In-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 59
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
dustrie <strong>und</strong> Handel) höher als <strong>in</strong> Betrieben ohne Lehrwerkstatt. Bei<br />
den Nettokosten (abzüglich <strong>der</strong> Erträge) ist die Differenz noch größer.<br />
Betriebe mit Lehrwerkstatt geben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Industrie <strong>und</strong> im Handel<br />
Netto 7.400 Euro mehr aus, im Handwerk 5.000 Euro mehr als Betriebe<br />
ohne Lehrwerkstatt. Der Mehraufwand bezieht sich vor allem<br />
auf die Anlage- <strong>und</strong> Sachkosten <strong>und</strong> (ger<strong>in</strong>gfügig) auf das Ausbildungspersonal<br />
<strong>und</strong> die höheren Ausbildungsvergütungen <strong>in</strong> Betrieben<br />
mit Lehrwerkstatt. Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d die von den Auszubildenden<br />
erwirtschafteten Erträge um die Hälfte höher als <strong>in</strong> Betrieben<br />
ohne Lehrwerkstatt (vgl. Beicht 2004, 66).<br />
Abbildung 3: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong> Betrieben mit <strong>und</strong><br />
ohne Lehrwerkstattausbildung (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 66)<br />
Von den durchschnittlichen Gesamtkosten pro Auszubildenden <strong>und</strong><br />
Jahr <strong>in</strong> Höhe von 16.435 Euro werden durchschnittlich 7.730 Euro <strong>in</strong><br />
Form von Erträgen durch die Auszubildenden erwirtschaftet. Die Nettokosten<br />
betragen mit 8.705 Euro etwas mehr als die Hälfte <strong>der</strong> Gesamtkosten<br />
(53 Prozent). Diese Anteile verän<strong>der</strong>n sich aber im Laufe<br />
<strong>der</strong> Ausbildung. Im ersten Ausbildungsjahr ist <strong>der</strong> Aufwand für Unterweisungen<br />
durch das Ausbildungspersonal relativ hoch. Er nimmt<br />
im zweiten <strong>und</strong> dritten Ausbildungsjahr mehr <strong>und</strong> mehr ab. Gleichzei-<br />
60<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
tig steigen die Ausbildungsvergütungen. Die Nettokosten <strong>der</strong> Ausbildung<br />
machen im ersten Ausbildungsjahr noch 68 Prozent <strong>der</strong> Ausbildungskosten<br />
aus. Sie s<strong>in</strong>ken im zweiten Ausbildungsjahr auf 55 Prozent<br />
<strong>und</strong> im dritten Ausbildungsjahr auf 34 Prozent (Beicht 2004, 76).<br />
Abbildung 4: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong>sgesamt nach Ausbildungsjahren<br />
(Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 76)<br />
Bei den Erträgen gibt es Schwankungen zwischen Industrie <strong>und</strong><br />
Handwerk sowie zwischen gewerblich-technischen <strong>und</strong> kaufmännischen<br />
Ausbildungsberufen. Die Erträge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den kaufmännischen<br />
Berufen größer als <strong>in</strong> den gewerblich-technischen Berufen. Auch bei<br />
den Kosten gibt es Schwankungen. Die Ausbildungsvergütungen<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den gewerblich-technischen Berufen niedriger als <strong>in</strong> den<br />
kaufmännischen <strong>und</strong> erreichen dem entsprechend e<strong>in</strong>en niedrigeren<br />
Anteil an den Gesamtkosten. In den gewerblich-technischen Berufen<br />
s<strong>in</strong>d die Kosten für das Ausbildungspersonal niedriger, dafür s<strong>in</strong>d die<br />
Anlage- <strong>und</strong> Sachkosten etwas höher.<br />
qualiNETZ GmbH 2006 61
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Abbildung 5: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong>sgesamt nach gewerblich-technischen<br />
<strong>und</strong> kaufmännisch-verwaltenden Berufen (Vollkosten)<br />
(Beicht u.a. 2004, 78)<br />
Selbstverständlich gibt es auch erhebliche Unterschiede zwischen<br />
verschiedenen Berufen. Die Kosten für den Beruf Industriemechaniker/<strong>in</strong><br />
liegen mit Brutto 21.728 Euro <strong>und</strong> Netto 14.803 Euro wesentlich<br />
über dem Durchschnitt von 16.435 Euro Brutto <strong>und</strong> 8.705 Euro<br />
Netto, <strong>der</strong> <strong>in</strong> etwa <strong>der</strong> Kostenstruktur für den Beruf Kaufmann/Kauffrau<br />
im E<strong>in</strong>zelhandel entspricht. Im Handwerk verursachen<br />
Bürokaufleute überdurchschnittliche Kosten (Brutto 18.372 Euro,<br />
Netto 7.401 Euro), während Landwirte <strong>und</strong> Gärtner<strong>in</strong>nen mit ca.<br />
15.000 Euro Brutto <strong>und</strong> ca. 6.300 Euro Netto leicht unter dem Durchschnitt<br />
liegen (Beicht 2004, 88-90).<br />
62<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Abbildung 6: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong> sechs ausgewählten<br />
Berufen des Handwerks (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 88)<br />
6.2 Die Kostenstruktur im Netzwerk 48 PLUS<br />
Die jährlichen Kosten pro Auszubildenden ersche<strong>in</strong>en auf den ersten<br />
Blick im Netzwerk 48 PLUS relativ hoch, wenn man Kostensätze <strong>der</strong><br />
B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit als Vergleich zugr<strong>und</strong>e legt. Auch gegenüber<br />
den eben beschriebenen durchschnittlichen <strong>betrieblichen</strong> Kostensätzen<br />
werden Steigerungen erreicht, selbst wenn man die modellversuchsbed<strong>in</strong>gten<br />
Mehraufwendungen herausrechnet.<br />
Die Erklärungen s<strong>in</strong>d relativ e<strong>in</strong>fach:<br />
Im B<strong>und</strong>esdurchschnitt betragen die Ausbildungskosten 16.435 Euro<br />
Brutto <strong>und</strong> 8.705 Euro Netto (bei e<strong>in</strong>em jährlichen Ertrag von 7.730<br />
Euro). Diese Vergleichszahlen können nicht e<strong>in</strong>s zu e<strong>in</strong>s auf das F<strong>in</strong>anzierungskonzept<br />
des Netzwerks 48 PLUS übertragen werden.<br />
Sie liegen <strong>in</strong> den westlichen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Industrie- <strong>und</strong> Handel<br />
bei 18.979 Euro <strong>und</strong> im Handwerk bei 15.281 Euro.<br />
Im Netzwerk 48 PLUS s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dustrielle Metallberufe sowie Büroberufe,<br />
jeweils mit überdurchschnittlichen Kosten zahlenmäßig stark vertreten.<br />
Die meisten Berufe liegen <strong>in</strong> ihrer Kostenstruktur im Durch-<br />
qualiNETZ GmbH 2006 63
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
schnitt. Unterdurchschnittliche Kosten fallen nur <strong>in</strong> wenigen Berufen<br />
an.<br />
Für die meisten Ausbildungsberufe im Netzwerk 48 PLUS gibt es<br />
eigene Lehrwerkstätten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den <strong>in</strong>dustriellen Metallberufen<br />
mit mo<strong>der</strong>nster CNC-Ausstattung. Die Bruttokosten liegen hier<br />
bei durchschnittlich 21.549 Euro wesentlich über dem Durchschnitt.<br />
Die Kosten für Lehrpersonal s<strong>in</strong>d im Netzwerk 48 PLUS überdurchschnittlich.<br />
Neben Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong>n (im betriebsüblichen<br />
Schlüssel 1:8) werden sozialpädagogische Fachkräfte e<strong>in</strong>gesetzt<br />
(vgl. Kapitel 3.6). Darüber h<strong>in</strong>aus wird zusätzlicher Betriebs<strong>und</strong><br />
För<strong>der</strong>unterricht (Fachsprache, Mathematik) sowie berufsschulbegleiten<strong>der</strong><br />
Unterricht durch ridaf durchgeführt. Die Kosten für Ausbildungs-<br />
<strong>und</strong> Betreuungspersonal betragen im Netzwerk 48 PLUS<br />
47 Prozent <strong>der</strong> Gesamtkosten, während sie im B<strong>und</strong>esdurchschnitt<br />
nur 36 Prozent erreichen.<br />
Gleichwohl wird tarifliche Ausbildungsvergütung gezahlt. Bei e<strong>in</strong>er<br />
<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung versteht sich dies von selbst. Im Kostenvergleich<br />
mit an<strong>der</strong>en För<strong>der</strong><strong>in</strong>strumenten, etwa <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>in</strong><br />
außer<strong>betrieblichen</strong> E<strong>in</strong>richtungen nach §214 SGB III, muss dies jedoch<br />
beson<strong>der</strong>s betont werden. Dort werden die Ausbildungsvergütungen<br />
faktisch auf die Höhe <strong>der</strong> Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung<br />
abgesenkt, was auf e<strong>in</strong>e betriebliche Ausbildung mit hohem<br />
produktivem Anteil nicht übertragbar ist.<br />
Die Erträge <strong>der</strong> Auszubildenden erreichen mit kalkulatorischen 3.500<br />
Euro jährlich weniger als die Hälfte des b<strong>und</strong>esweiten Durchschnitts.<br />
Sie liegen bei etwa zwei Dritteln <strong>der</strong> Erträge von Betrieben mit Lehrwerkstatt.<br />
Zu diesem Zeitpunkt kann noch nicht ermittelt werden, wie<br />
sich die Ertragssituation im Dreijahresdurchschnitt tatsächlich entwickeln<br />
wird. Jedoch sei darauf verwiesen, dass die Adressaten des<br />
Netzwerks 48 PLUS ausschließlich Jugendliche mit För<strong>der</strong>bedarf <strong>in</strong><br />
den unterschiedlichsten Bereichen s<strong>in</strong>d. Zusätzlicher Sprach- <strong>und</strong><br />
För<strong>der</strong>unterricht geht immer zu Lasten <strong>der</strong> produktiven Zeit. Zudem<br />
64<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
führen Lern- o<strong>der</strong> Sprachschwierigkeiten zu e<strong>in</strong>em erhöhten Zeitaufwand<br />
bei <strong>der</strong> Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung <strong>der</strong> Lern- <strong>und</strong> Arbeitsaufgaben<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Arbeitsaufträge. Dadurch wird <strong>der</strong> Zeitaufwand<br />
für die Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion nicht verr<strong>in</strong>gert. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
s<strong>in</strong>kt die <strong>Produkt</strong>ivität im Vergleich zu Auszubildenden <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
freien Wirtschaft.<br />
Für das F<strong>in</strong>anzierungskonzept von 48 PLUS bedeutet dies zusammenfassend:<br />
Die Bruttokosten <strong>der</strong> Ausbildung liegen über dem o. g. B<strong>und</strong>esdurchschnitt.<br />
Die Erwirtschaftung von Erträgen ist ger<strong>in</strong>ger als im Durchschnitt.<br />
Der Aufwand für beson<strong>der</strong>e För<strong>der</strong>ung ist wesentlich höher.<br />
Für den Transfer <strong>in</strong> die Regelf<strong>in</strong>anzierung wird daher von e<strong>in</strong>em F<strong>in</strong>anzierungsbedarf<br />
von 15.000 Euro pro Jahr ausgegangen. Die Bruttoausbildungskosten<br />
e<strong>in</strong>schließlich Erträge betragen demnach<br />
18.500 Euro. Das entspricht etwa dem B<strong>und</strong>esdurchschnitt <strong>der</strong> Ausbildungskosten<br />
<strong>in</strong> Industrie- <strong>und</strong> Handel, liegt aber noch unter dem<br />
Durchschnitt <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Metallberufe <strong>und</strong> berücksichtigt den<br />
Mehrbedarf für die <strong>in</strong>tensivere För<strong>der</strong>ung noch nicht. An<strong>der</strong>erseits<br />
liegen die Durchschnittskosten <strong>in</strong> den meisten bisher im Netzwerk<br />
48 PLUS ausgebildeten Berufe unter diesem Durchschnitt, so dass<br />
e<strong>in</strong> gewisser, wenngleich auch nicht kostendecken<strong>der</strong> Spielraum zur<br />
F<strong>in</strong>anzierung des Mehrbedarfs für die <strong>in</strong>tensive För<strong>der</strong>ung gegeben<br />
ist.<br />
Etwa die Hälfte <strong>der</strong> För<strong>der</strong>summe wird für die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> ortsüblichen<br />
<strong>und</strong> tariflichen Ausbildungsvergütung verwendet. Die an<strong>der</strong>e<br />
Hälfte s<strong>in</strong>d Personalkosten, Sachkosten, Investitionskosten <strong>und</strong><br />
sonstige Kosten für Lehrmaterialien. Dieser Betrag von ca. 650 Euro<br />
pro Ausbildungsmonat liegt <strong>in</strong> dem Rahmen, <strong>in</strong> dem die B<strong>und</strong>esagentur<br />
für Arbeit auch die Lehrgangskosten für die Berufsvorbereitung<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Qualifizierungsangebote kalkuliert.<br />
qualiNETZ GmbH 2006 65
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
6.3 Übertragbarkeit <strong>in</strong> die Regelf<strong>in</strong>anzierung<br />
Der konzeptionelle Ansatz <strong>der</strong> Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben erfüllt<br />
die Voraussetzungen für die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Berufsausbildung nach<br />
§241 SGB III. H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Betriebsnähe <strong>der</strong> Ausbildung geht er<br />
allerd<strong>in</strong>gs weit über die üblichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />
Ausbildung h<strong>in</strong>aus.<br />
Sozialbetriebe können sich also ganz regulär an <strong>der</strong> Ausschreibung<br />
von außerbetrieblicher Berufsausbildung nach §241 SGB III beteiligen.<br />
Da es sich um zusätzliche Ausbildungsplätze handelt <strong>und</strong> die<br />
berufliche Qualifizierung <strong>und</strong> Integration <strong>in</strong> den Gesellschafterverträgen<br />
<strong>der</strong> Sozialunternehmen als Unternehmenszweck beschrieben<br />
ist, erfüllen sie – trotz ihrer Beteiligung am Markt – die Voraussetzungen<br />
von Bildungsdienstleistern. Sie unterliegen mit Erträgen von<br />
unter 50 Prozent <strong>der</strong> Gesamtkosten <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>nützigkeit. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
gibt es zwei H<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsfaktoren, die bei <strong>der</strong> Bewerbung zu beachten<br />
s<strong>in</strong>d: Mit dem Kostensatz von 650 Euro pro Monat liegen sie zwar im<br />
F<strong>in</strong>anzierungsrahmen für dieses För<strong>der</strong><strong>in</strong>strument, laufen aber Gefahr,<br />
gegen Niedrigpreisangebote nicht konkurrieren zu können, es<br />
sei denn, es gel<strong>in</strong>gt im Angebot, die höhere Qualität durch e<strong>in</strong>en verbesserten<br />
Ausbil<strong>der</strong>schlüssel im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Ausbildung<br />
im Arbeitsprozess entsprechend herauszustellen. Weiterh<strong>in</strong> ist zu<br />
beachten, dass die Zahlung e<strong>in</strong>er regulären Ausbildungsvergütung<br />
<strong>und</strong> die zur Ref<strong>in</strong>anzierung zu erwirtschaftenden Erträge im Gesamtf<strong>in</strong>anzierungsplan<br />
mit ausgewiesen werden müssen. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
erwirtschaftete Erträge m<strong>in</strong><strong>der</strong>n die Zuwendung.<br />
E<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Anwendungsgebiet ist die F<strong>in</strong>anzierung von Ausbildung<br />
im Rahmen des Sozialgesetzbuches II (SGB II). Für unter<br />
25jährige ist dar<strong>in</strong> die Verpflichtung enthalten, sie unverzüglich <strong>in</strong><br />
Ausbildung, Arbeit o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Arbeitsgelegenheit zu vermitteln (SGB II<br />
§ 3 Abs. 2). In den Empfehlungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit zur<br />
Umsetzung des SGB II „Wege <strong>in</strong> Arbeit <strong>und</strong> Beruf – Acht-Punkte-<br />
Plan zur Integration von jungen Menschen (Kurzfassung)“ steht die<br />
Vermittlung <strong>in</strong> Ausbildung auf Platz 2 <strong>der</strong> Prioritätenliste – nach <strong>der</strong><br />
66<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
<strong>in</strong>tensiven Betreuung <strong>und</strong> Vermittlung durch das Fallmanagement.<br />
Unter dem Motto Vorfahrt für Ausbildung! heißt es:<br />
„E<strong>in</strong> Berufsabschluss schützt (oft) vor Arbeitslosigkeit.<br />
Für gr<strong>und</strong>sätzlich bildungsfähige <strong>und</strong> bildungswillige Jugendliche<br />
ohne Berufsabschluss soll die Möglichkeit geschaffen<br />
werden, e<strong>in</strong>en Berufsabschluss zu erwerben. Jugendliche, die<br />
durch Schulmüdigkeit o<strong>der</strong> ungünstige familiäre <strong>und</strong> soziale<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen nicht über optimale Schulabschlüsse<br />
verfügen, werden durch spezielle <strong>und</strong> flankierende Maßnahmen<br />
unterstützt“ (BA 2004, 19).<br />
Weitere E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungsleistungen wie berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen<br />
<strong>und</strong> EQJ (E<strong>in</strong>stiegsqualifizierung Jugendlicher),<br />
Qualifizierungsmaßnahmen, Aufnahme e<strong>in</strong>er Arbeitstätigkeit <strong>und</strong> Arbeitsgelegenheiten<br />
werden – <strong>in</strong> dieser Reihenfolge – auf die Plätze<br />
drei bis sechs <strong>der</strong> Prioritätenliste verwiesen.<br />
Viele SGB II-Leistungsträger haben die Notwendigkeit <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung<br />
von Berufsausbildung für unter 25-jährige SGB II-K<strong>und</strong>en erkannt.<br />
Die Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben bietet ihnen nicht nur die<br />
Leistungsmerkmale <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>in</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> E<strong>in</strong>richtungen<br />
(BaE) nach §241 SGB III, die nach §16 Abs. 1 SGB II<br />
auch für unter 25-jährige Bezieher/<strong>in</strong>nen von Arbeitslosengeld II angeboten<br />
werden kann. Darüber h<strong>in</strong>aus bietet sie auch die Vorteile<br />
e<strong>in</strong>er systematischen Ausbildung unter <strong>betrieblichen</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen.<br />
Die sich daraus ergebenden zusätzlichen Leistungsmerkmale<br />
(im Vergleich zu §241 SGB III) können ergänzend <strong>in</strong> den jeweiligen<br />
Ausschreibungen berücksichtigt werden, so dass damit unter<br />
Umständen deutlich bessere f<strong>in</strong>anzielle Spielräume im Vergleich zur<br />
SGB III BaE ermöglicht werden können. Darüber h<strong>in</strong>aus bietet §16<br />
Abs. 2 die Möglichkeit, weitere Leistungen zu erbr<strong>in</strong>gen. Dieser Paragraf<br />
wird von den Leistungsträgern zum Teil sehr extensiv ausgenutzt,<br />
um für die jeweiligen Zielgruppen regional passfähige Konzepte<br />
umsetzen zu können. §17 SGB II regelt, dass die Agenturen für<br />
qualiNETZ GmbH 2006 67
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Arbeit bzw. die Leistungsträger nach SGB II E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungsleistungen<br />
nicht neu schaffen sollen, soweit geeignete E<strong>in</strong>richtungen <strong>und</strong><br />
Dienste Dritter vorhanden s<strong>in</strong>d, ausgebaut o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Kürze geschaffen<br />
werden können. Hier wird ausdrücklich auf die Zusammenarbeit mit<br />
den Trägern <strong>der</strong> freien Wohlfahrtspflege verwiesen. Soweit für solche<br />
Leistungen Dritter ke<strong>in</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen im SGB III geregelt s<strong>in</strong>d,<br />
kann die Vergütung über Leistungsvere<strong>in</strong>barungen geregelt werden.<br />
Im Vergleich zu direkten Ausbildungszuschüssen an Betriebe bietet<br />
die F<strong>in</strong>anzierung von Berufsausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben den Vorteil,<br />
dass zusätzliche Lernför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> sozialpädagogische Begleitung<br />
mit gewährleistet wird. Dies rechtfertigt auch den erhöhten För<strong>der</strong>betrag<br />
im Vergleich zu subventionierter Ausbildung. Manche SGB<br />
II-Leistungsträger übernehmen die <strong>in</strong> vielen B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Landesprogrammen<br />
(z. B. starregio) üblichen Verfahrensweisen, Zuschüsse<br />
zur Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen zu gewähren.<br />
Trotz zum Teil sehr präziser Def<strong>in</strong>itionen des Kriteriums Zusätzlichkeit<br />
bergen sie doch die Gefahr, von Mitnahmeeffekte auszunutzen.<br />
Ausbildungspauschalen von 8.000 Euro o<strong>der</strong> 5.000 Euro würden im<br />
Westen am ehesten die Betriebe nutzen, die ohneh<strong>in</strong> <strong>in</strong> den nächsten<br />
drei Jahren e<strong>in</strong>e Ausweitung ihrer Ausbildungsplätze beabsichtigen.<br />
Ehemals ausbildende, <strong>der</strong>zeit nicht ausbildende Betriebe lassen<br />
sich mit e<strong>in</strong>em f<strong>in</strong>anziellen Bonus ohneh<strong>in</strong> nicht überzeugen. Wesentlich<br />
wichtigere E<strong>in</strong>flussfaktoren zur Erhöhung <strong>der</strong> Ausbildungsbereitschaft<br />
s<strong>in</strong>d die Verbesserung <strong>der</strong> schulischen Voraussetzungen<br />
<strong>der</strong> Bewerber<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bewerber, ausbildungsbegleitende Hilfen für<br />
Betriebe <strong>und</strong> Auszubildende <strong>und</strong> mehr Flexibilität bei <strong>der</strong> Umsetzung<br />
<strong>der</strong> Ausbildungsordnungen. Erst danach kommen f<strong>in</strong>anzielle Anreize<br />
wie Wegfall <strong>der</strong> Kammergebühren für die Ausbildung o<strong>der</strong> Pauschalbeträge<br />
(Troltsch, Krekel 2006, 14-15).<br />
Generell mag gegen e<strong>in</strong>e stärkere Beteiligung des Staates an <strong>der</strong><br />
F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Berufsausbildung e<strong>in</strong>gewendet werden können,<br />
dass hierfür <strong>in</strong> aller erster L<strong>in</strong>ie die Unternehmen verantwortlich s<strong>in</strong>d.<br />
Fakt ist aber, dass bereits jetzt erhebliche staatliche Mittel <strong>in</strong> berufs-<br />
68<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
qualifizierende Maßnahmen fließen, die zur Kompensation mangeln<strong>der</strong><br />
Berufsreife dienen, dennoch aber <strong>in</strong> vielen Fällen nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Ausbildung e<strong>in</strong>münden. Das Institut <strong>der</strong> deutschen Wirtschaft beziffert<br />
die direkten Kosten nachschulischer Qualifizierung auf 3.365 Milionen<br />
Euro im Jahre 2004, f<strong>in</strong>anziert durch die B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>, die<br />
B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit, Ausbildungsbetriebe <strong>und</strong> die B<strong>und</strong>esregierung<br />
(Kle<strong>in</strong> 2005,15). Dieses Geld ist <strong>in</strong> vielen Fällen s<strong>in</strong>nvoller <strong>in</strong> die<br />
Berufsausbildung für Jugendliche mit schlechten Startchancen <strong>in</strong>vestiert.<br />
Aus SGB II-Mitteln f<strong>in</strong>anzierte Ausbildungskosten <strong>in</strong> Höhe von<br />
45.000 Euro <strong>in</strong> drei Jahren amortisieren sich mehrfach. Die Chance,<br />
nach e<strong>in</strong>er abgeschlossenen Berufsausbildung e<strong>in</strong>e Arbeitsstelle zu<br />
bekommen, ist wesentlich größer als ohne Abschluss. Unterbliebe<br />
diese Ausbildungs<strong>in</strong>vestition, wäre für viele e<strong>in</strong>e mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
lebenslange Alimentierung die Folge. E<strong>in</strong>en monatlichen Bedarf von<br />
1.574 Euro für e<strong>in</strong> arbeitsloses Ehepaar mit zwei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n angenommen,<br />
beg<strong>in</strong>nt sich die Investition für den SGB II-Leistungsträger bereits<br />
nach zwei Jahren Berufstätigkeit nach dem Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung<br />
zu amortisieren. Für den Modellfall s<strong>in</strong>d Regelleistungen <strong>in</strong><br />
Höhe von 311 Euro während <strong>der</strong> Ausbildung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e spätere Familiengründung<br />
angenommen worden. Noch nicht berücksichtigt s<strong>in</strong>d<br />
Steuern <strong>und</strong> Sozialversicherungsbeiträge, die während <strong>der</strong> Berufstätigkeit<br />
zusätzlich <strong>in</strong> die Staats- <strong>und</strong> Sozialkassen fließen.<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> ist e<strong>in</strong>e Ausweitung <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen För<strong>der</strong>ung<br />
von Ausbildungsplätzen <strong>in</strong> Sozialunternehmen e<strong>in</strong>e durchaus<br />
lohnenswerte Investition.<br />
qualiNETZ GmbH 2006 69
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Literaturverzeichnis<br />
Bauer, H./ Brater, M./ Büchele, U./ Dahlem, H./ Maurus, A./ Munz, C.:<br />
Beiträge zu Arbeit – Lernen – Persönlichkeitsentwicklung. Lernen im<br />
Arbeitsalltag. Wie sich <strong>in</strong>formelle Lernprozesse organisieren lassen.<br />
Bielefeld 2004.<br />
Bellmann, L./ Degen, U./ Hartung, S.: Mehr Transparenz auf <strong>der</strong> Angebotsseite<br />
des Ausbildungsmarktes. Erfassung von betrieblicher<br />
Berufsausbildung im IAB-Betriebspanel. In: Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft<br />
<strong>und</strong> Praxis 34. Jahrgang, Heft 3/2005, S. 14-18.<br />
Beicht, U./ Walden, G./ Herget, H.: Kosten <strong>und</strong> Nutzen <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong><br />
Berufsausbildung <strong>in</strong> Deutschland. Berichte zur beruflichen Bildung,<br />
Heft 264. Bonn 2004.<br />
B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit (Hrsg.): Kompendium Aktive Arbeitsmarktpolitik<br />
nach dem SGB II. 1.Aufl. Stand September 2004.<br />
B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium für Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF) (Hrsg.): Berufliche<br />
Qualifizierung Jugendlicher mit beson<strong>der</strong>em För<strong>der</strong>bedarf –<br />
Benachteiligtenför<strong>der</strong>ung -. Bonn, Berl<strong>in</strong> 2005.<br />
B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium für Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF): Berufsbildungsbericht<br />
2005. Bonn/Berl<strong>in</strong> 2005.<br />
Ebel<strong>in</strong>g, U.(Hrsg.)/ Gronwald, D./ Stuber, F.: Lern- <strong>und</strong> Arbeitsaufgaben<br />
als didaktisch-methodisches Konzept. Arbeitsbezogene Lernprozesse<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> gewerblich technischen Ausbildung. Bielefeld 2001. (Berufsbildung,<br />
Arbeit <strong>und</strong> Innovation; Bd. 7).<br />
Eberhard, V./ Krewerth, A./ Ulrich, J.: „Man muss geradezu perfekt<br />
se<strong>in</strong>, um e<strong>in</strong>e Ausbildungsstelle zu bekommen“ Die Situation aus<br />
Sicht <strong>der</strong> Lehrstellenbewerber. In: Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong><br />
Praxis 34. Jahrgang, Heft 3/2005, S. 10-13.<br />
Eckert, Manfred: Entwicklungstrends <strong>in</strong> <strong>der</strong> Benachteiligtenför<strong>der</strong>ung<br />
– Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>und</strong> tendenzen aus kritischer berufspädagogischer<br />
70<br />
qualiNETZ GmbH 2006
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Sicht. In: Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis 35. Jahrgang,<br />
Heft 1/2006, S. 19-23.<br />
Eckhardt, Christoph: Langzeitarbeitslose junge Erwachsene qualifizieren<br />
– unter den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des SGB II. In: (Hrsg.) Institut<br />
für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Sozialpolitik GmbG/ Bildungswerk<br />
<strong>der</strong> Hessischen Wirtschaft e.V.: Qualifizierungspotenzial<br />
nutzen – wettbewerbsfähig <strong>in</strong> die Zukunft. Gießen, Hamburg, Frankfurt<br />
2005.<br />
Eckhardt, Christoph (u.a.): Stellwerk – Integrationsprojekt für ausbildungslose<br />
junge Sozialhilfemepfänger/<strong>in</strong>nen. Bielefeld 2005.<br />
Kle<strong>in</strong>, Helmut E.: Direkte Kosten mangeln<strong>der</strong> Ausbildungsreife <strong>in</strong><br />
Deutschland. In: IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen<br />
Wirtschaftforschung aus dem Institut <strong>der</strong> deutschen Wirtschaft Köln<br />
32. Jahrgang, Heft 4/2005.<br />
Seyfried, Brigitte: Jugendliche mit schlechteren Startchancen: Betriebe<br />
als Anbieter von Berufsausbildungsvorbereitung. In: Berufsbildung<br />
<strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis 34. Jahrgang, Heft 3/2005, S. 36-38.<br />
Troltsch, K./ Krekel, E.: Zwischen Skylla <strong>und</strong> Charybdis. Möglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Grenzen e<strong>in</strong>er Erhöhung betrieblicher Ausbildungskapazitäten.<br />
In: Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis 35. Jahrgang, Heft<br />
1/2006, S. 12-17.<br />
Zimmermann, Hildegard (Hrsg.): Kooperative Berufsausbildung <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Benachteiligtenför<strong>der</strong>ung. E<strong>in</strong> Ansatz zur Verzahnung außerbetrieblicher<br />
<strong>und</strong> betrieblicher Berufsausbildung. Berichte zur beruflichen<br />
Bildung, Heft 266. Bonn 2004<br />
qualiNETZ GmbH 2006 71
Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />
Verzeichnis <strong>der</strong> Tabellen <strong>und</strong> Abbildungen<br />
Abbildung 1: Struktur <strong>der</strong> Bruttokosten <strong>in</strong>sgesamt sowie <strong>in</strong> West- <strong>und</strong><br />
Ostdeutschland (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 40)..................58<br />
Abbildung 2: Struktur <strong>der</strong> Bruttokosten nach Ausbildungsbereichen<br />
(Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 49) ...........................................59<br />
Abbildung 3: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong> Betrieben mit<br />
<strong>und</strong> ohne Lehrwerkstattausbildung (Vollkosten) (Beicht u.a.<br />
2004, 66) ..................................................................................60<br />
Abbildung 4: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong>sgesamt nach<br />
Ausbildungsjahren (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 76).............61<br />
Abbildung 5: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong>sgesamt nach<br />
gewerblich-technischen <strong>und</strong> kaufmännisch-verwaltenden<br />
Berufen (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 78)..............................62<br />
Abbildung 6: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong> sechs<br />
ausgewählten Berufen des Handwerks (Vollkosten) (Beicht u.a.<br />
2004, 88) ..................................................................................63<br />
Tabelle 1: Beständig ausgeführte <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong><br />
Dienstleistungsaufträge ............................................................25<br />
Tabelle 2: anspruchsvolle <strong>und</strong> komplexe <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong><br />
Dienstleistungsaufträge ............................................................26<br />
Tabelle 3: Verteilung <strong>der</strong> Ausbildungsplätze im Jahr 2005 auf die<br />
e<strong>in</strong>zelnen Netzwerkpartner.......................................................51<br />
Tabelle 4: Verteilung <strong>der</strong> Abschlussprüfungen auf die Prüfungsjahre<br />
.................................................................................................54<br />
72<br />
qualiNETZ GmbH 2006