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Produkt- und Handlungsorientierung in der betrieblichen ...

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<strong>Produkt</strong>- <strong>und</strong> <strong>Handlungsorientierung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung für Benachteiligte<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

<strong>Produkt</strong>- <strong>und</strong> <strong>Handlungsorientierung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung für Benachteiligte<br />

Zwischenbericht 2005 zum<br />

„Projekt 48 PLUS“<br />

März 2006<br />

Der vorliegende Zwischenbericht des Projekts 48 PLUS wurde von <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Begleitung auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> von den Projekten zur Verfügung<br />

gestellten Informationen erarbeitet.<br />

Autoren:<br />

Christoph Eckhardt,<br />

unter Mitarbeit von Anna Grandke,<br />

mit Beiträgen von Wolfgang Hesse, Hartmut Kle<strong>in</strong>ikel,<br />

Elke März <strong>und</strong> Kar<strong>in</strong> Woyta.<br />

qualiNETZ Beratung <strong>und</strong> Forschung GmbH<br />

Gallenkampstraße 20<br />

47051 Duisburg<br />

Tel.: 0203 / 28 75 88<br />

eMail: eckhardt@qual<strong>in</strong>etz.de<br />

2<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Inhaltsverzeichnis:<br />

1 48 PLUS: Zusätzliche Ausbildungsplätze <strong>in</strong><br />

Sozialunternehmen <strong>in</strong> Baden-Württemberg ...................... 5<br />

2 Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben – Entwicklungsgeschichte7<br />

3 Betriebsnahe Ausbildung (Soll-Ist-Vergleich)................. 19<br />

3.1 <strong>Produkt</strong>orientierung ...................................................... 21<br />

3.2 K<strong>und</strong>enorientierung ...................................................... 27<br />

3.3 <strong>Handlungsorientierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung..................... 28<br />

3.4 Prüfungsvorbereitung ................................................... 29<br />

3.5 Handlungsorientierte Ausbildung <strong>in</strong> Metallberufen – E<strong>in</strong><br />

Praxisbeispiel ............................................................... 33<br />

3.6 Betreuung <strong>der</strong> Azubis im Netzwerk 48 PLUS – e<strong>in</strong><br />

Praxisbericht................................................................. 39<br />

4 Netzwerkübergreifende Fortbildungen - Angebote für<br />

Auszubildende <strong>und</strong> Ausbildungspersonal ...................... 43<br />

4.1 Der Kompetenzansatz .................................................. 44<br />

4.2 Berufsschulbegleiten<strong>der</strong> Unterricht............................... 45<br />

4.3 Lernför<strong>der</strong>ung............................................................... 46<br />

4.4 Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zur Sozialkompetenz..................................... 47<br />

4.5 Lernen Lernen, Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g............................. 48<br />

4.6 Tra<strong>in</strong>-the-Tra<strong>in</strong>er-Sem<strong>in</strong>are .......................................... 48<br />

5 Angaben zu den Teilnehmenden...................................... 51<br />

6 F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Ausbildungskosten.............................. 57<br />

6.1 Kosten <strong>und</strong> Nutzen <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Berufsausbildung58<br />

6.2 Die Kostenstruktur im Netzwerk 48 PLUS .................... 63<br />

6.3 Übertragbarkeit <strong>in</strong> die Regelf<strong>in</strong>anzierung...................... 66<br />

Literaturverzeichnis .............................................................. 70<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Tabellen <strong>und</strong> Abbildungen........................ 72<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

4<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

1 48 PLUS: Zusätzliche Ausbildungsplätze <strong>in</strong><br />

Sozialunternehmen <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

Die betriebliche Ausbildung im "Dualen System" ist noch immer die<br />

beste Gr<strong>und</strong>lage auf dem Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gesicherte berufliche Zukunft.<br />

Dennoch sorgen <strong>der</strong> permanente Mangel an Lehrstellen, die fehlende<br />

Ausbildungsreife vieler Schulabgänger<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schulababgänger<br />

<strong>und</strong> die stetig wachsenden Anfor<strong>der</strong>ungen an die Auszubildenden<br />

dafür, dass immer mehr Jugendliche ke<strong>in</strong>en Zugang <strong>in</strong> den Ausbildungsmarkt<br />

f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> so durch die Maschen <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong><br />

Ausbildung fallen. Die Zahl <strong>der</strong> Ausbildungsabbrüche steigt. Die Auffang-<br />

<strong>und</strong> Übergangssysteme zur Berufsorientierung <strong>und</strong> Berufswahl<br />

s<strong>in</strong>d überlastet <strong>und</strong> können e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle För<strong>der</strong>ung nur begrenzt<br />

leisten.<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> haben sich zehn <strong>in</strong>novative Sozialunternehmen<br />

aus den Regionen Stuttgart, Ostwürttemberg, Neckar-Alb <strong>und</strong><br />

Bodensee-Oberschwaben zu e<strong>in</strong>em qualitativen Verb<strong>und</strong> betrieblicher<br />

Ausbildung zusammengeschlossen, <strong>der</strong> schwervermittelbaren<br />

Jugendlichen e<strong>in</strong>en eigenen <strong>und</strong> abgestuften Zugang <strong>in</strong> die betriebliche<br />

Ausbildung ermöglicht.<br />

„(Das Projekt) „48 PLUS“ steht für e<strong>in</strong> <strong>in</strong>novatives Projektkonzept,<br />

mit Hilfe dessen es GSI consult <strong>in</strong> Kooperation mit zehn<br />

weiteren Sozialunternehmen gelungen ist, 48 zusätzliche betriebliche<br />

Ausbildungsplätze für beson<strong>der</strong>s benachteiligte Jugendliche<br />

zu schaffen. Dem Projekt <strong>und</strong> dem dah<strong>in</strong>ter stehenden<br />

Netzwerk ist es gelungen, e<strong>in</strong>e Brücke zwischen außerbetrieblicher<br />

<strong>und</strong> betrieblicher Ausbildung zu schlagen. Ziel ist<br />

es, Jugendlichen mit schwierigen schulischen <strong>und</strong> sozialen<br />

Voraussetzungen e<strong>in</strong>en Zugang zu beruflichem Lernen zu<br />

verschaffen. Gleichzeitig stehen diesen Jugendlichen alle sozialen<br />

<strong>und</strong> pädagogischen Unterstützungsstrukturen <strong>der</strong> sozialen<br />

Unternehmen zur Verfügung“ 1 .<br />

1 Manfred Zach, Abteilungsleiter im M<strong>in</strong>isterium für Arbeit <strong>und</strong> Soziales des Landes Baden-<br />

Württemberg <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Rede anlässlich <strong>der</strong> Fachveranstaltung des Netzwerks 48 PLUS am<br />

10. November 2005 <strong>in</strong> Stuttgart.<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Der „Dritte Weg“ zwischen betrieblicher <strong>und</strong> außerbetrieblicher Ausbildung<br />

entsteht als e<strong>in</strong>e „Integrierte Ausbildung für Benachteiligte“<br />

mit den Komponenten<br />

Orientierungsphase,<br />

betriebliche Ausbildung <strong>in</strong> Sozialunternehmen,<br />

sozialpädagogische Betreuung,<br />

Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterricht,<br />

Vermittlungshilfen,<br />

<br />

Lernhilfen <strong>und</strong> Prüfungsvorbereitungssystemen aus e<strong>in</strong>er<br />

Hand im qualitativen Verb<strong>und</strong>.<br />

Sozialunternehmen s<strong>in</strong>d für diese Aufgabe beson<strong>der</strong>s geeignet. Sie<br />

haben die Infrastruktur, die Erfahrung mit dem Personenkreis <strong>und</strong> sie<br />

s<strong>in</strong>d anerkannte Partner <strong>der</strong> Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern <strong>und</strong><br />

Handwerkskammern. Weiterh<strong>in</strong> verfügen sie über e<strong>in</strong>e sozialpädagogische<br />

Begleitstruktur. Sie haben erfahrene <strong>und</strong> speziell geschulte<br />

Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong>. Die berufliche Qualifizierung <strong>und</strong> Integration<br />

von Jugendlichen mit För<strong>der</strong>bedarf <strong>und</strong> Erwachsenen gehören<br />

zu ihren Kernkompetenzen.<br />

Die Partner im Netzwerk 48 PLUS :<br />

AWO Heidenheim<br />

gBIG Jungnau<br />

GJB Stuttgart<br />

GIBA Rottenburg<br />

Integra Möggl<strong>in</strong>gen<br />

Pro labore Reutl<strong>in</strong>gen<br />

Ridaf Reutl<strong>in</strong>gen<br />

Staufen Arbeits- <strong>und</strong> Beschäftigung<br />

Göpp<strong>in</strong>gen<br />

Waldhaus Hildrizhausen<br />

Workstart Stuttgart<br />

GSI-consult Stuttgart<br />

6<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

2 Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben – Entwicklungsgeschichte<br />

Nach e<strong>in</strong>em Interview mit Hartmut Kle<strong>in</strong>ikel<br />

Die Beschäftigungsgesellschaften <strong>in</strong> Baden-Württemberg s<strong>in</strong>d vor<br />

mehr als zwanzig Jahren als soziale Unternehmen gegründet worden.<br />

Auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> des §72 BSHG wurde damals <strong>in</strong> den Städten<br />

nach Hilfen gesucht, um Obdachlose <strong>und</strong> langzeitarbeitslose<br />

Menschen nicht nur mit Wohnraum, son<strong>der</strong>n auch mit Arbeit zu versorgen.<br />

Die Städte Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim <strong>und</strong> Freiburg begannen<br />

relativ früh zusammen mit <strong>der</strong> Diakonie so genannte Neue<br />

Arbeiten zu gründen. Diese Initiative ist durch den §18 BSHG „Hilfe<br />

zur Arbeit“ verstärkt worden, <strong>der</strong> vorsah, für Langzeitarbeitslose <strong>und</strong><br />

Personen mit beson<strong>der</strong>en sozialen Schwierigkeiten Arbeitsplätze<br />

o<strong>der</strong> Arbeitsgelegenheiten zu schaffen, um sie perspektivisch wie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> Arbeit zu <strong>in</strong>tegrieren. Auf dem Land gab es Obdachlosenheime<br />

schon länger. Auch die Integration <strong>in</strong> Arbeit war dort bei großen Trägern<br />

üblich.<br />

Stuttgart war – mit vielen sozialen Projekten für Nichtsesshafte – <strong>der</strong><br />

Entwicklungsschwerpunkt für die Städte. Sehr schnell haben sich<br />

Strukturen entwickelt, die weit über das h<strong>in</strong>ausreichten, was im<br />

Rahmen von sozialen E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Nicht-Sesshaften Hilfe zu<br />

bewältigen war. Dies führte zur Gründung rechtlich eigenständiger<br />

Gesellschaften nach dem Vorbild <strong>der</strong> Neuen Arbeit.<br />

Der Europäische Sozialfonds ist schon sehr früh für die Integration<br />

von Langzeitarbeitslosen mit <strong>in</strong> Anspruch genommen worden. Analog<br />

dazu hat das Land För<strong>der</strong>programme aufgelegt, die dann aber<br />

von den Beschäftigungsträgern mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verknüpft werden mussten.<br />

Während <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n meist koord<strong>in</strong>ierte, aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

abgestimmte Programme geschaffen wurden, mussten die<br />

Träger <strong>in</strong> Baden-Württemberg F<strong>in</strong>anzierung <strong>und</strong> Co-F<strong>in</strong>anzierung<br />

aus verschiedenen Programmen selbst zusammen stellen. Das Landesprogramm,<br />

das dann etwa 10 Jahre später aufgelegt worden ist,<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

be<strong>in</strong>haltete zwei Teile, nämlich e<strong>in</strong>mal das Programm „Arbeit <strong>und</strong><br />

Zukunft für Langzeitarbeitslose“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong> zweites Programm „Geme<strong>in</strong>schaftsarbeiten<br />

für Jugendliche“. Beide Programme hatten e<strong>in</strong>e<br />

schnelle <strong>und</strong> möglichst erfolgreiche <strong>und</strong> nachhaltige Integration <strong>in</strong><br />

den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt zum Ziel. Als Beson<strong>der</strong>heit wurden <strong>in</strong><br />

dem Programm „Arbeit <strong>und</strong> Zukunft für Langzeitarbeitslose“ erstmalig<br />

auch Erfolgskomponenten e<strong>in</strong>gebaut. Wenn e<strong>in</strong>e Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative<br />

gut <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt vermittelt hat, wurden<br />

vorab gegebene Kredite z<strong>in</strong>sfrei gestellt bzw. <strong>in</strong> gewissem Umfang<br />

auch <strong>in</strong> nicht rückzahlbare Zuschüsse umgewandelt. Hier war also<br />

e<strong>in</strong> Anreiz gegeben, gut zu vermitteln.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Beson<strong>der</strong>heit bestand dar<strong>in</strong>, dass die Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen<br />

möglichst nahe am Markt agieren sollten. Das Landesprogramm<br />

sah u. a. e<strong>in</strong>e Erwirtschaftungsquote von 30-40 Prozent <strong>der</strong><br />

Gesamtkosten im Rahmen e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>nützigen wirtschaftlichen<br />

Zweckbetriebs vor. Diese beiden <strong>in</strong>novativen Ansätze ließen sich <strong>in</strong><br />

Baden-Württemberg auch nur deshalb verwirklichen, weil die Integration<br />

von Langzeitarbeitslosen auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> immer noch<br />

prosperierenden Wirtschaft <strong>und</strong> auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> relativ ger<strong>in</strong>gen<br />

Arbeitslosenzahlen im b<strong>und</strong>esweiten Vergleich eher e<strong>in</strong> untergeordnetes<br />

politisches Thema war. In an<strong>der</strong>en B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n<br />

wurde das Thema viel <strong>in</strong>tensiver diskutiert. Daher waren natürlich<br />

auch Empf<strong>in</strong>dlichkeiten bezogen auf Wettbewerbssituationen viel<br />

deutlicher vorhanden.<br />

Für Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen gab es also niemals e<strong>in</strong>e h<strong>und</strong>ertprozentige<br />

F<strong>in</strong>anzierung. Sie waren von vornhere<strong>in</strong> gezwungen, am<br />

Markt zu agieren. Sie haben Marktnischen gesucht, entsprechende<br />

Unternehmenskonzepte entwickelt <strong>und</strong> sich als Unternehmen am<br />

Markt etabliert, die zusätzlich zur wirtschaftlichen Tätigkeit auch soziale<br />

Ziele verfolgen. Sie s<strong>in</strong>d Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kammern <strong>und</strong> Innungen<br />

geworden <strong>und</strong> haben e<strong>in</strong>e enge Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Wirtschaftsunternehmen<br />

gesucht, da e<strong>in</strong>e Integration <strong>in</strong> den ersten Arbeitsmarkt<br />

nur über Marktnähe stattf<strong>in</strong>den kann. Die frühzeitige Zu-<br />

8<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

sammenarbeit (z. B. mit Betrieben des Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbaus)<br />

hat auch die Diskussion über die Wettbewerbsverzerrung des<br />

komplementären Arbeitsmarkts positiv gewendet.<br />

Die F<strong>in</strong>anzierung von Beschäftigungsprojekten setzte sich aus drei<br />

Komponenten zusammen:<br />

• Aus §18 BSHG Hilfen zur Arbeit gab es Fallpauschalen pro Monat<br />

<strong>und</strong> Person. Die Fallpauschalen waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gung<br />

meistens für e<strong>in</strong> Jahr abgeschlossen, oft aber mit e<strong>in</strong>er Verlängerungsoption<br />

versehen, so dass e<strong>in</strong>e gewisse Planungssicherheit<br />

gegeben war.<br />

• Aufstockend wurden ergänzende F<strong>in</strong>anzierungen aus Landesmitteln<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> dem Europäischen Sozialfonds beantragt. Die verschiedenen<br />

Programme waren meist nicht aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgestimmt.<br />

Es musste mit jedem Kostenträger neu verhandelt werden.<br />

• Schließlich wurden 30 bis 40 Prozent <strong>der</strong> Gesamtkosten durch<br />

Eigenmittel aus Erträgen für die jeweiligen Auftragsarbeiten beigesteuert.<br />

Die Personalkostenzuschüsse s<strong>in</strong>d immer als Ausgleich von M<strong>in</strong><strong>der</strong>leistungen<br />

des Personenkreises zu sehen, niemals im S<strong>in</strong>ne von<br />

subventionierter Arbeit, die auf dem Markt billiger verkauft werden<br />

kann. Wir haben immer darauf geachtet, dass Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen<br />

Marktpreise haben <strong>und</strong> sie auf ke<strong>in</strong>en Fall <strong>der</strong> Wettbewerbsverzerrung<br />

über dem subventionierten Preis bezichtigt werden können.<br />

Die Sozialpolitischen Ziele <strong>der</strong> damaligen Landesregierungen (unter<br />

Filb<strong>in</strong>ger, Späth <strong>und</strong> Teufel, CDU) waren rasche Integrationen von<br />

Langzeitarbeitslosen <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt. Sie folgten<br />

natürlich <strong>der</strong> Ideologie <strong>der</strong> Vollbeschäftigung, was <strong>in</strong> dieser prosperierenden<br />

Wirtschaftsregion zum<strong>in</strong>dest für damalige Zeiten realistische<br />

Perspektive waren (mit Ausnahmen von den Regionen Ostalb,<br />

Mannheim <strong>und</strong> Neckar-Odenwald-Kreis). Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen<br />

waren Transformatoren, die Personen, die <strong>in</strong> Transferleistungen<br />

standen, möglichst rasch <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt br<strong>in</strong>gen<br />

sollten. Es gab allerd<strong>in</strong>gs immer e<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong>bestand an Personen,<br />

vor allem aus dem Bereich <strong>der</strong> so genannten Nicht-Sesshaften bzw.<br />

<strong>der</strong> Personen mit beson<strong>der</strong>en sozialen Schwierigkeiten §72 BSHG,<br />

qualiNETZ GmbH 2006 9


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

<strong>der</strong> nicht so ohne weiteres zu <strong>in</strong>tegrieren war. Für diesen Personenkreis<br />

gab es schon immer die For<strong>der</strong>ung nach Dauerarbeitsplätzen.<br />

In Stuttgart hat man bei Personen nach §72 BSHG <strong>in</strong> vielen Fällen<br />

Dauerarbeitsplätze zugelassen, ohne dabei das Ziel <strong>der</strong> Integration<br />

<strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt (§18 BSHG) zu vernachlässigen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs muss man im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> kritisch reflektieren, dass für viele<br />

Beschäftigte e<strong>in</strong>e Integration <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt<br />

kaum realistisch war, so dass viele über Jahre h<strong>in</strong>weg <strong>in</strong> Beschäftigungsgesellschaften<br />

Arbeitsplätze erhielten.<br />

Wichtig für den Erfolg <strong>der</strong> sozialen Unternehmen war auch, dass <strong>in</strong><br />

den Geschäftsführungen Personen mit ökonomischen Qualifikationen<br />

tätig waren, Sozialarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Sozialarbeiter mit betriebswirtschaftlichen<br />

Zusatzqualifikationen o<strong>der</strong> gestandene Betriebswirte<br />

mit sozialpolitischem Engagement. Dadurch gelang es, bestimmte<br />

Tätigkeitsfel<strong>der</strong> im kommunalen o<strong>der</strong> ländlichen Raum für die Sozialunternehmen<br />

zu sichern. Die Führungspersönlichkeiten konnten<br />

die Balance zwischen sozialer Aufgabe <strong>und</strong> <strong>der</strong> betriebswirtschaftlichen<br />

Notwendigkeit des Erwirtschaftens von Erträgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

gut erreichen. Interessanterweise waren es häufiger die Anleiter<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Anleiter <strong>in</strong> den Unternehmen, die gerne mehr anwaltlich im<br />

S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es sozialpädagogischen E<strong>in</strong>satzes agiert hätten. Die sozialpädagogische<br />

Arbeit war <strong>in</strong> die produktive Arbeit <strong>in</strong> den Projekten<br />

<strong>in</strong>tegriert. Ihr anwaltschaftliches Engagement war eher zurückhaltend<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> die wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens e<strong>in</strong>geordnet.<br />

Die Sozialunternehmen <strong>in</strong> Baden-Württemberg haben immer beide<br />

Ziele verfolgt, die soziale Integration <strong>und</strong> die betriebswirtschaftlichen<br />

Erfolge im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Erwirtschaftung von möglichst hohen Kostendeckungsbeiträgen.<br />

Als soziale wirtschaftliche Zweckbetriebe durften<br />

sie allerd<strong>in</strong>gs die 50-Prozent-Marke nicht überschreiten, weil sonst<br />

die Geme<strong>in</strong>nützigkeit nicht mehr gewährleistet ist.<br />

Deshalb wurden die Langzeitarbeitslosen möglichst rasch <strong>in</strong> Arbeit<br />

vermittelt. In <strong>der</strong> Arbeit wurden die Kompetenzen weiter entwickelt<br />

<strong>und</strong> notwendige soziale Unterstützungsleistungen <strong>in</strong>tegriert. E<strong>in</strong>e<br />

10<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

ganz wesentliche Leistung <strong>der</strong> sozialen Unternehmen besteht dar<strong>in</strong>,<br />

die Langzeitarbeitslosen im Arbeitsalltag so weit zu br<strong>in</strong>gen, dass sie<br />

K<strong>und</strong>enaufträge (im gewerblich-technischen <strong>und</strong> handwerklichen<br />

Bereich ebenso wie im Dienstleistungsgewerbe) marktgerecht ausführen<br />

können. Die Teilleistungsfähigkeit von Langzeitarbeitslosen<br />

wurde hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Wertschöpfung umgewandelt, die am Markt bestehen<br />

kann. Dieser ganz wesentliche Ansatz <strong>der</strong> Sozialunternehmen<br />

<strong>in</strong> Baden-Württemberg gerät heute auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> von<br />

Hartz IV <strong>und</strong> ALG II zunehmend <strong>in</strong> Vergessenheit.<br />

Die Betreuungsrelation wurde bei <strong>der</strong> Bemessung <strong>der</strong> Fallpauschalen<br />

unterschiedlich gehandhabt. Teilweise wurden mit den Sozialhilfeträgern<br />

differenzierte Pauschalen entsprechend <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />

Fertigungsaufträge ausgehandelt. E<strong>in</strong> Sozialunternehmen, das<br />

ganze Häuser <strong>in</strong> Holzstän<strong>der</strong>bauweise fertigt, konnte so mit e<strong>in</strong>em<br />

günstigeren Betreuungsschlüssel (z. B. 1:5) arbeiten als e<strong>in</strong> Betrieb,<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen Halle Ölbrenner montiert hat (z. B. 1:24). Je mehr<br />

Fachkompetenz durch qualifizierte Anleiter vorhanden ist, umso<br />

mehr konnten die Sozialunternehmen am Markt agieren <strong>und</strong> Erträge<br />

erwirtschaften. Als Richtl<strong>in</strong>ie für die Ref<strong>in</strong>anzierung galt immer, dass<br />

die Kosten für den Anleiter/die Anleiter <strong>und</strong> 30 bis 40 Prozent <strong>der</strong><br />

sonstigen Kosten selbst erwirtschaftet werden müssen, was im<br />

Handwerk leichter gelang als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gastronomie o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hauswirtschaft.<br />

Aufträge gab es immer genug, aus ganz unterschiedlichen Gründen.<br />

Im Handwerk gab es damals <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hochzeit <strong>der</strong> Bauwirtschaft viele<br />

private Auftraggeber, die ihr eigenes Häuschen bauen <strong>und</strong> <strong>in</strong> gewisser<br />

Weise auch e<strong>in</strong>e soziale Tat vollbr<strong>in</strong>gen wollten. Diese Gruppe<br />

war allerd<strong>in</strong>gs eher e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit. Die meisten Auftraggeber wissen<br />

gar nicht, dass es sich bei dem Unternehmen um e<strong>in</strong>e Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative<br />

handelt. Erst im Laufe <strong>der</strong> Zeit wurde ihnen klar, mit<br />

welchem Personenkreis dort gearbeitet wird. Sie begegneten ihnen<br />

mit e<strong>in</strong>er gewissen Toleranz <strong>und</strong> Hochachtung: „Das ihr das h<strong>in</strong>kriegt<br />

f<strong>in</strong>de ich phantastisch“. Diese Toleranz ist aber nicht durch e<strong>in</strong>en<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

niedrigeren Preis erkauft worden. Das hat mit zu e<strong>in</strong>er Koexistenz mit<br />

Normalunternehmen beigetragen. Sie sahen sich nicht über e<strong>in</strong>en<br />

subventionierten Preis unterboten, son<strong>der</strong>n haben ganz im Gegenteil<br />

die Schwierigkeit geachtet, als normaler Handwerksbetrieb wirtschaftlich<br />

tätig zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus die soziale Tat <strong>der</strong> Integration<br />

von Langzeitarbeitslosen zu erbr<strong>in</strong>gen. Wo dies verstanden<br />

wurde, gibt es heute e<strong>in</strong>e sehr gute Kooperation. Sie geht so weit,<br />

dass Langzeitarbeitslose zur Bewältigung von Auftragsspitzen an<br />

an<strong>der</strong>e Unternehmen vermittelt werden o<strong>der</strong> dass man im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es<br />

Generalunternehmens bzw. e<strong>in</strong>er Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft geme<strong>in</strong>sam<br />

Baustellen o<strong>der</strong> Aufträge abwickelt.<br />

Als erfolgreiche Tätigkeitsbereiche für Sozialunternehmen haben<br />

sich, ähnlich wie bei den Werkstätten für beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Menschen, e<strong>in</strong>fache<br />

o<strong>der</strong> anspruchsvollere <strong>in</strong>dustrielle Montagetätigkeiten erwiesen,<br />

auch deshalb, weil sie auch für Menschen geeignet s<strong>in</strong>d, die<br />

nicht sehr selbstständig agieren können, wie dies bei Aufträgen mit<br />

direktem K<strong>und</strong>enkontakt erfor<strong>der</strong>lich ist. Hier wurde <strong>in</strong> leicht zu beaufsichtigenden<br />

Gruppen gearbeitet <strong>und</strong> es konnte e<strong>in</strong> gewisser<br />

Qualitätsgrad garantiert werden. So haben e<strong>in</strong>ige soziale Unternehmen<br />

lange z. B Ölbrenner zusammengebaut. An<strong>der</strong>e haben im Bereich<br />

<strong>der</strong> Elektronik Plat<strong>in</strong>enbestückungen vorgenommen, mit teilweise<br />

sehr hochwertigen <strong>und</strong> damals schon technisch sehr aufwendigen<br />

Masch<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Geräten <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit Großunternehmen<br />

hier <strong>in</strong> Stuttgart. Solche Aufträge werden heute aber kaum<br />

mehr <strong>in</strong> Deutschland gefertigt.<br />

Im Metallbereich haben sich e<strong>in</strong>ige Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen sehr gut<br />

etablieren können, allerd<strong>in</strong>gs immer nur dann, wenn sie neben e<strong>in</strong>fachen<br />

Arbeiten auch hochwertige Arbeiten angeboten haben, z. B.<br />

Restserien o<strong>der</strong> Kle<strong>in</strong>serien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion. Manches Sozialunternehmen<br />

wie zum Beispiel die GIBA <strong>in</strong> Rottenburg, ebenfalls Netzwerkpartner<br />

im Projekt 48 PLUS, hat mit se<strong>in</strong>em CNC-<br />

Masch<strong>in</strong>enpark e<strong>in</strong>en Qualitätsstandard, <strong>der</strong> mit jedem an<strong>der</strong>en klei-<br />

12<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

nen o<strong>der</strong> mittleren Unternehmen vergleichbar ist, obwohl diese Ergebnisse<br />

mit e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en Personenkreis erzielt werden.<br />

Um dies zu erreichen wird sehr viel <strong>in</strong> Ausbildung <strong>in</strong>vestiert. Ausbildung<br />

wurde umso wichtiger, wie sich viele kle<strong>in</strong>e Metall verarbeitende<br />

Betriebe aus <strong>der</strong> Ausbildung zurückgezogen haben, aus wirtschaftlichen<br />

Gründen o<strong>der</strong> weil sie aufgr<strong>und</strong> ihrer Spezialisierung<br />

nicht mehr die gesamte Breite des Berufsbildes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung<br />

realisieren können.<br />

Auch die Gastronomie ist e<strong>in</strong> lohnendes Arbeitsfeld für Sozialunternehmen.<br />

E<strong>in</strong>ige haben zunächst kle<strong>in</strong>ere Kant<strong>in</strong>en übernommen <strong>und</strong><br />

später den Mut bewiesen, eigene Gastronomiebetriebe zu eröffnen.<br />

In diesen Betrieben f<strong>in</strong>den Qualifizierungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hauswirtschaft <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gastronomie statt, allerd<strong>in</strong>gs meist nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Modulen,<br />

seltener <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er kompletten Erstausbildung.<br />

E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Arbeitsbereich ist <strong>der</strong> Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau,<br />

<strong>der</strong> sich traditionell schon immer gut eignet für diesen<br />

Personenkreis, weil er mit frischer Luft <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er gewissen Gestaltungsmöglichkeit<br />

sowie mit Gruppenarbeit verb<strong>und</strong>en ist. Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft haben sich <strong>in</strong> den letzten Jahren geeignete Betätigungsfel<strong>der</strong><br />

für Sozialunternehmen entwickelt. Viele Höfe werden<br />

aus Altersgründen aufgeben. Damit <strong>der</strong>en Streuobstwiesen, Äcker<br />

<strong>und</strong> Wiesen, die stark das Landschaftsbild prägen, erhalten bleiben,<br />

übernehmen Sozialunternehmen zunehmend Aufgaben <strong>der</strong> Landschaftspflege,<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>nützigen <strong>und</strong> zusätzlichen öffentlichen<br />

Interesse liegenden Ansatzes. E<strong>in</strong> Beispiel hierfür ist die<br />

Staufen Arbeits- <strong>und</strong> Beschäftigungsgesellschaft <strong>in</strong> Göpp<strong>in</strong>gen,<br />

ebenfalls e<strong>in</strong> engagierter Ausbildungsbetrieb im Netzwerk 48 PLUS.<br />

Das Bauhaupt- <strong>und</strong> Nebengewerbe ist ebenfalls e<strong>in</strong> sehr erfolgreich<br />

agieren<strong>der</strong> Arbeitsbereich von Sozialunternehmen. Obwohl Schre<strong>in</strong>ereibetriebe<br />

wirtschaftlich sehr schwer zu führen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en<br />

hohen Qualitätsstandard haben, waren sie schon immer e<strong>in</strong> wichtiges<br />

Arbeitsfeld von Sozialunternehmen. Erfolgreiche Schre<strong>in</strong>ereibe-<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

triebe erwirtschaften ihre Erträge im Innenausbau o<strong>der</strong> durch Serienproduktionen<br />

für Küchen- o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Möbelhersteller, weniger mit<br />

Eigenprodukten. Besser sieht es im Bau aus, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zimmerei o<strong>der</strong><br />

Bauschre<strong>in</strong>erei o<strong>der</strong> im Maler- <strong>und</strong> Lackiererhandwerk.<br />

In e<strong>in</strong>igen Bereichen, die früher erfolgreich gearbeitet haben, s<strong>in</strong>d<br />

Rückgänge zu verzeichnen. Die Polstereibetriebe hatten über lange<br />

Zeit eigentlich e<strong>in</strong> gutes Auskommen mit handwerklich sehr <strong>in</strong>teressanten<br />

<strong>und</strong> anspruchsvollen Tätigkeiten. Weil es heute billiger ist,<br />

neue Möbel zu kaufen <strong>und</strong> auch die wertvollen antiken Polstermöbel<br />

immer weniger werden, ist dieses Arbeitsfeld <strong>in</strong> den Sozialunternehmen<br />

<strong>in</strong>zwischen ausgestorben.<br />

Fahrradläden <strong>und</strong> -werkstätten waren <strong>in</strong> Baden-Württemberg lange<br />

Zeit e<strong>in</strong> traditionelles Betätigungsfeld von Sozialunternehmen. Gr<strong>und</strong><br />

ist die zunehmende Zentralisierung <strong>der</strong> Verkaufsmärkte, die kle<strong>in</strong>en<br />

Unternehmen kaum noch Spielräume am Markt lassen. E<strong>in</strong>ige haben<br />

Spezialfahrrä<strong>der</strong> hergestellt, Transportfahrrä<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Fahrrä<strong>der</strong> für<br />

beson<strong>der</strong>e Anlässe, die sich bisher auch gut vermarkten ließen, heute<br />

jedoch ebenfalls mit abnehmen<strong>der</strong> Tendenz. Zukunftsperspektiven<br />

haben die Fahrradparkhäuser an großen Bahnhöfen. In Heidelberg<br />

betreibt e<strong>in</strong>e große Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative e<strong>in</strong> Fahrradparkhaus mit<br />

Reparaturbetrieb <strong>und</strong> Fahrradladen. In Freiburg ist bei dem Neubau<br />

des Bahnhofes e<strong>in</strong>e Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative mitberücksichtigt worden,<br />

die zwischen den Gleisen an e<strong>in</strong>er Brücke unten e<strong>in</strong>en Fahrradladen<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte e<strong>in</strong> Cafe betreibt. Oben drauf gibt es noch e<strong>in</strong><br />

vom Allgeme<strong>in</strong>en deutschen Fahrradclub ADFC betriebenes Reisebüro.<br />

Diesen <strong>in</strong>tensiven Zusammenhang zwischen Tourismusför<strong>der</strong>ung,<br />

Strukturför<strong>der</strong>ung, Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> dieser Form <strong>der</strong><br />

Integration von Langzeitarbeitslosen war nicht e<strong>in</strong>fach auszubalancieren,<br />

weil es sehr viele divergierende <strong>und</strong> wi<strong>der</strong>streitende Interessenslagen<br />

gibt.<br />

E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für Sozialunternehmen ist das<br />

Agieren <strong>in</strong> regionalen Netzwerken, um <strong>Produkt</strong>ionsmittel untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

auszuleihen o<strong>der</strong> unmittelbar den Markt zu bearbeiten. H<strong>in</strong>zu<br />

14<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

kamen später auch <strong>der</strong> Austausch über gel<strong>in</strong>gende Integrationsmaßnahmen,<br />

Konzepte <strong>und</strong> Curricula. In vielen Städten ist genau diese<br />

Vernetzung von den Koord<strong>in</strong>atoren <strong>der</strong> Hilfe zur Arbeit massiv unterstützt<br />

worden.<br />

Neugründungen von Sozialunternehmen s<strong>in</strong>d heute schwieriger geworden,<br />

weil sich die politischen Ziele geän<strong>der</strong>t haben. Es geht vor<strong>der</strong>gründig<br />

nicht mehr um die Verbesserung von Arbeitsmarktchancen<br />

für den Personenkreis <strong>der</strong> Langzeitarbeitslosen, son<strong>der</strong>n um den<br />

Erhalt <strong>der</strong> Beschäftigungsfähigkeit. Im Zusammenhang mit Arbeitsgelegenheiten<br />

werden zudem die wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten<br />

für Sozialunternehmen enorm e<strong>in</strong>geschränkt, weil für die<br />

auszuführenden Arbeiten e<strong>in</strong>e hoher Grad an Geme<strong>in</strong>nützigkeit, Zusätzlichkeit<br />

<strong>und</strong> öffentliches Interesses nachzuweisen ist. Hier hat<br />

<strong>der</strong> Gesetzgeber durch die F<strong>in</strong>anzierungsform <strong>der</strong> Integration über<br />

Marktaktivitäten im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er normalen Arbeit E<strong>in</strong>halt geboten.<br />

Dies ist ganz e<strong>in</strong>deutig zu beklagen, aus dem e<strong>in</strong>fachen Gr<strong>und</strong>e, weil<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> Baden-Württemberg gelungene Ansatz, im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Sozialunternehmens<br />

auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite am Markt zu agieren <strong>und</strong> auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite e<strong>in</strong>en sozialpolitischen Auftrag wahrzunehmen, unter<br />

den neuen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen nur noch schwer aufrecht zu erhalten<br />

ist. Bessere Möglichkeiten bieten hierfür die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />

<strong>und</strong> die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsgelegenheiten.<br />

Deshalb können die Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen <strong>in</strong> <strong>der</strong> jetzigen<br />

Form auch weiter bestehen. Die 150 bis 200 Sozialunternehmen,<br />

mit denen wir <strong>in</strong> Kontakt stehen, können sich eigentlich alle gut<br />

über Wasser halten. Allerd<strong>in</strong>gs betreiben sie zwischenzeitlich nicht<br />

mehr das hochqualitative Integrationsgeschäft im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Marktnähe,<br />

son<strong>der</strong>n vielmehr Massengeschäfte <strong>in</strong> Form von Arbeitsgelegenheiten,<br />

die alle<strong>in</strong> dazu dienen, den Personenkreis <strong>in</strong> Bewegung<br />

zu halten. Dies ist zu beklagen, denn e<strong>in</strong>e Bewegung ohne Anschlussperspektive<br />

ist natürlich letztlich auch e<strong>in</strong>e Sackgasse.<br />

Auch Gebrauchtwarenmärkte haben Zukunft. Im Hohenlohekreis gibt<br />

es <strong>in</strong> Künzelsau e<strong>in</strong>en Gebrauchtmöbelmarkt im Industriegebiet, di-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 15


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

rekt gegenüber von Aldi <strong>und</strong> Lidl. Dieser Schnäppchenmarkt wird von<br />

ganz unterschiedlichen Personenkreisen frequentiert. Er wird von<br />

e<strong>in</strong>er kommunalen Beschäftigungsgesellschaft betrieben, die sich<br />

nicht als solche zu erkennen gibt. Als kreiseigene Gesellschaft hat<br />

sie e<strong>in</strong>e Abmachung mit <strong>der</strong> Abfallwirtschaft abgeschlossen, dass sie<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Sperrmüllabfuhr wie<strong>der</strong> verwertbares <strong>und</strong> wie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>stand setzbares Gut vorab abholen darf. Sie kann die Güter entwe<strong>der</strong><br />

recyclen, also zerlegt dem Verwertungskreislauf zuführen, o<strong>der</strong><br />

mit Unterstützung von Elektrofachbetrieben wie<strong>der</strong> reparieren <strong>und</strong><br />

dem Verkauf zuführen. Die Fachbetriebe erstellen das Zertifikat, das<br />

die Gewährleistungspflicht <strong>und</strong> die <strong>Produkt</strong>haftung regelt.<br />

Arbeitsfel<strong>der</strong> für Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen im Zusammenhang mit<br />

Arbeitsgelegenheiten, also geme<strong>in</strong>nützig <strong>und</strong> im öffentlichen Interesse,<br />

s<strong>in</strong>d die Bereiche Ges<strong>und</strong>heitswesen, Pflege, Nachbarschaftshilfe,<br />

haushaltsbezogene Dienstleistungen <strong>und</strong> Veranstaltungsservice.<br />

Letzterer reicht vom Cater<strong>in</strong>g über den Spüldienst bis zum Aufbau<br />

von Beschallungs- <strong>und</strong> Lichtanlagen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bestuhlung. In Zusammenarbeit<br />

mit den Kommunen kann aber an diesem Punkt natürlich<br />

auch e<strong>in</strong> gewisses E<strong>in</strong>sparpotenzial festgestellt werden. Arbeitsgelegenheiten<br />

sollten bei Jugendlichen aber nur kurzzeitig e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden. Die Jugendlichen müssen im Anschluss <strong>in</strong> Ausbildungsverhältnisse<br />

<strong>in</strong>tegriert o<strong>der</strong> <strong>in</strong> modularer Form berufsbegleitend zum<br />

Berufsabschluss weitergebildet werden.<br />

Interessante marktfähige Betätigungsfel<strong>der</strong> für Sozialunternehmen<br />

können <strong>in</strong> Zukunft Betreibermodelle se<strong>in</strong>, mit denen ganze Gebäude<br />

saniert, renoviert <strong>und</strong> später vermietet o<strong>der</strong> vermarktet werden. Neben<br />

<strong>der</strong> Sanierung von öffentlichen Gebäuden, Schulen <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten<br />

können auch das Hotel- <strong>und</strong> Gaststättengewerbe <strong>in</strong>teressante<br />

Entwicklungsperspektiven bieten. In Hamburg wird zum Beispiel <strong>der</strong><br />

Michel, das Wahrzeichen von Hamburg, von e<strong>in</strong>er Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative<br />

als Generalunternehmer saniert. Durch den E<strong>in</strong>satz von geför<strong>der</strong>ten<br />

Arbeitskräften im Rahmen zusätzlicher, im öffentlichen Interesse<br />

liegen<strong>der</strong> Arbeit wird e<strong>in</strong> Projekt realisiert, das so nicht o<strong>der</strong><br />

16<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

nicht zum jetzigen Zeitpunkt <strong>in</strong> Angriff genommen werden könnte,<br />

aber vielen an<strong>der</strong>en Betrieben zusätzliche Aufträge br<strong>in</strong>gt. Denn e<strong>in</strong>e<br />

Beschäftigungs<strong>in</strong>itiative kann e<strong>in</strong> solches Projekt alle<strong>in</strong>e nie bewältigen.<br />

Durch den E<strong>in</strong>satz von geför<strong>der</strong>ten Arbeitskräften – <strong>der</strong> Muskelhypothek<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>-Euro-Jobber – entstehen <strong>in</strong> erheblichem Maße zusätzliche<br />

Aufträge auch für das Handwerk. Allerd<strong>in</strong>gs ist es sehr<br />

schwierig, klar abzugrenzen, ob e<strong>in</strong>e Kommune tatsächlich ke<strong>in</strong> Geld<br />

für die Sanierung hat beziehungsweise zu diesem Zeitpunkt noch<br />

nicht aufbr<strong>in</strong>gen kann, o<strong>der</strong> ob solche Strategien eher <strong>der</strong> Kostene<strong>in</strong>sparung<br />

<strong>in</strong> öffentlichen Haushalten dienen. Aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen ganz<br />

bestimmten Sektoren, vor allem bei <strong>der</strong> Renovierung denkmalgeschützter<br />

Gebäude mit viel Handarbeit <strong>und</strong> E<strong>in</strong>beziehung zusätzlicher<br />

Gewerke, rechnet sich e<strong>in</strong>e solche Marktbearbeitung deutlich,<br />

auch wenn Beschäftigungs<strong>in</strong>itiativen auf <strong>der</strong> Basis von Arbeitsgelegenheiten<br />

nicht mit Marktpreisen operieren.<br />

Wir kommen immer mehr zu <strong>der</strong> Auffassung, wir müssen uns mit<br />

unseren Initiativen <strong>in</strong> das Geme<strong>in</strong>wesen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen. Sozialunternehmen<br />

dürfen nicht Billigunternehmen se<strong>in</strong>, die den kommunalen<br />

Bauhof verdrängen. Vielmehr ist <strong>der</strong> Bauhof e<strong>in</strong>e Kernzelle für den<br />

Eigenwirtschaftsbetrieb e<strong>in</strong>er Kommune. Aber es ist durchaus denkbar,<br />

dass Ergänzendes im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Entlastung <strong>der</strong> Kassen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Kommune über Sozialunternehmen <strong>und</strong> auch über subventionierte<br />

Arbeit angeboten wird, ohne dass Festangestellte des öffentlichen<br />

Dienstes verdrängt werden o<strong>der</strong> <strong>der</strong> freien Wirtschaft Aufträge verloren<br />

gehen. Arbeit ist genug vorhanden, sie muss eben nur organisiert<br />

werden <strong>und</strong> sie muss bezahlbar gemacht werden.<br />

E<strong>in</strong> klassisches Beispiel hierfür ist <strong>der</strong> ganze Bereich <strong>der</strong> Pflege ergänzenden<br />

Dienstleistungen. Unsere Gesellschaft wird immer älter.<br />

Hier tun sich neue Dienstleistungsfel<strong>der</strong> auf, die über die Pflegekasse<br />

alle<strong>in</strong>e nicht abzudecken s<strong>in</strong>d. Ältere Menschen, die im eigenen<br />

Hause leben, weil sie dort viel billiger leben als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Altenheim,<br />

brauchen über die Leistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung h<strong>in</strong>aus Ergänzungsleistungen,<br />

um weiterh<strong>in</strong> selbständig ihr eigenes Leben führen<br />

qualiNETZ GmbH 2006 17


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

zu können. Sie brauchen jemanden, <strong>der</strong> sich um Haus <strong>und</strong> Hof<br />

kümmert. Sie brauchen e<strong>in</strong>en „Kümmerer“, <strong>der</strong> verlässlich <strong>und</strong> bezahlbar<br />

ist. Das kann niemand se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> richtig viel Geld kostet, weil<br />

dies das Budget <strong>der</strong> alten Leute <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel übersteigen würde.<br />

O<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Beispiel, die Dienstleistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherungen<br />

reichen nicht <strong>in</strong> den Bereich <strong>der</strong> Kle<strong>in</strong>streparaturen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>.<br />

Für alte Menschen ist es oft unheimlich beschwerlich, sich die Birne<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lampe wechseln zu lassen. O<strong>der</strong> <strong>der</strong> Rollladen ist kaputt.<br />

Handwerker kommen oft gar nicht mehr für solche Kle<strong>in</strong>reparaturen.<br />

Auch im Bereich <strong>der</strong> Wäschepflege ist Bedarf für kostengünstige soziale<br />

Dienstleistungen. Wer das nicht mehr selbst machen kann,<br />

muss häufig se<strong>in</strong>e Bedürfnisse auf e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>ständige Versorgung<br />

zurückfahren, die letztlich dann aber nicht ihrem Lebensstil <strong>und</strong> ihrer<br />

Auffassung von Leben entsprechen. O<strong>der</strong> das Spazierengehen, das<br />

Vorlesen, das Gespräch mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, auch mal e<strong>in</strong> Spiel spielen, das<br />

s<strong>in</strong>d D<strong>in</strong>ge, die gesellschaftliche Arbeitsfel<strong>der</strong> jenseits <strong>der</strong> Erwerbsarbeit<br />

eröffnen <strong>und</strong> gut im Rahmen von Geme<strong>in</strong>wohlarbeit auf <strong>der</strong><br />

Basis von Arbeitsgelegenheiten durchgeführt werden können.<br />

Wenn wir über heutige Chancen nachdenken, mehr Arbeit <strong>in</strong> diesem<br />

Sektor zu organisieren, dann sollte man dem Vorbild von Walter<br />

Riester folgen. Er sagt, denkt doch als soziale Wirtschaftsbetriebe<br />

nicht immer von euren bisherigen Ansätzen her, son<strong>der</strong>n fragt euch<br />

doch mal, was kann <strong>der</strong> Wettbewerbsarbeitsmarkt bezogen auf die<br />

vorhandene Arbeit tatsächlich leisten. Und was will er leisten. Und<br />

wenn <strong>der</strong> Wettbewerbsarbeitsmarkt unter dem Kartell von Gew<strong>in</strong>nmaximierung<br />

steht, dann müsst ihr euch fragen, welche Arbeiten s<strong>in</strong>d<br />

über den Wettbewerb nicht abzudecken. Und <strong>in</strong> genau diese Sektoren<br />

müsst ihr e<strong>in</strong>steigen.<br />

18<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

3 Betriebsnahe Ausbildung (Soll-Ist-Vergleich)<br />

Das Netzwerk 48 PLUS schafft nicht nur zusätzliche Ausbildungsplätze.<br />

Es wirkt vielmehr strukturbildend für die Berufsbildung <strong>in</strong>sgesamt.<br />

Künftig wird es <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen Qualifizierung Jugendlicher<br />

mit För<strong>der</strong>bedarf verstärkt darauf ankommen, den Lernort Betrieb<br />

e<strong>in</strong>zubeziehen <strong>und</strong> nach dem ersten Ausbildungsjahr Übergänge <strong>in</strong><br />

Betriebe zu organisieren. Das Netzwerk 48 PLUS geht noch e<strong>in</strong>en<br />

Schritt weiter: Die Ausbildung f<strong>in</strong>det von vornhere<strong>in</strong> betrieblich statt,<br />

ohne auf die Stärken <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung verzichten<br />

zu müssen.<br />

Der außerbetriebliche Ausbildung nach §241 SGB III haftet <strong>der</strong> Mangel<br />

an, dass sie wenig betriebsnah sei. Es fehlt die K<strong>und</strong>enorientierung,<br />

<strong>der</strong> Zeitdruck, die betriebliche Arbeitsorganisation <strong>und</strong> die betriebliche<br />

Kommunikationsstruktur. Dies führt zu erheblichen Motivations-<br />

<strong>und</strong> Diszipl<strong>in</strong>problemen, die wie<strong>der</strong>um Übergänge <strong>in</strong> Betriebe<br />

schwieriger machen, weil die Umgewöhnung schwer fällt. An<strong>der</strong>erseits<br />

ist dieser För<strong>der</strong>ansatz nach wie vor e<strong>in</strong> wichtiges Zwischenglied<br />

<strong>in</strong> die betriebliche Ausbildung, weil e<strong>in</strong>e Reihe von Jugendlichen<br />

auch nach e<strong>in</strong>er Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme<br />

noch Zeit benötigen, um Bildungsdefizite auszugleichen, methodische,<br />

soziale <strong>und</strong> personale Kompetenzen weiter zu entwickeln <strong>und</strong><br />

ihre persönliche Situation zu stabilisieren. Hier hat die außerbetriebliche<br />

Ausbildung klare Vorteile gegenüber <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kooperativen Ausbildung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendliche mit För<strong>der</strong>bedarf<br />

ihre berufspraktische Ausbildung <strong>in</strong> Betrieben absolvieren.<br />

Wesentliche Bestandteile des För<strong>der</strong>konzepts <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />

Berufsausbildung können <strong>in</strong> <strong>der</strong> kooperativen Ausbildung nicht aufrechterhalten<br />

werden: die <strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit im Ausbildungsteam,<br />

die sozialpädagogische Durchdr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Ausbildung bis h<strong>in</strong><br />

zur Mitgestaltung des <strong>betrieblichen</strong> Ausbildungsablaufes durch den<br />

Bildungsträger. Zudem ist die kooperative Ausbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form,<br />

dass <strong>der</strong> Betrieb den überwiegenden Teil <strong>der</strong> fachpraktischen Aus-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 19


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

bildung übernimmt, nur für e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Adressaten <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />

Ausbildung Erfolg versprechend, <strong>und</strong> zwar solchen, die<br />

bereits die im Betrieb erfor<strong>der</strong>lichen personalen <strong>und</strong> sozialen Gr<strong>und</strong>qualifikationen<br />

<strong>und</strong> Verhaltensweisen mitbr<strong>in</strong>gen, wie z. B. Zuverlässigkeit,<br />

Pünktlichkeit, Selbstständigkeit, Verb<strong>in</strong>dlichkeit im Umgang<br />

mit Kollegen <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en.<br />

„Vorteile für die Auszubildenden werden vor allem bezogen<br />

auf den Erwerb personaler <strong>und</strong> sozialer Kompetenzen <strong>und</strong> die<br />

persönliche Weiterentwicklung gesehen. H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> dafür sei<br />

die durch die betriebliche Ernstsituation bed<strong>in</strong>gte Selbstständigkeit,<br />

Übernahme von Verantwortung <strong>und</strong> sicherlich nicht<br />

zuletzt die erhöhte Motivation, die durch die Aussicht auf e<strong>in</strong>en<br />

möglichen <strong>betrieblichen</strong> Ausbildungs- o<strong>der</strong> Arbeitsplatz gegeben<br />

sei“ (Zimmermann 2004, 122-123).<br />

Der Vorzug <strong>der</strong> Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben besteht dar<strong>in</strong>, dass<br />

e<strong>in</strong>erseits alle konzeptionellen Bestandteile <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />

Ausbildung von Jugendlichen mit För<strong>der</strong>bedarf angewendet werden<br />

(Verzahnung von Berufsorientierung <strong>und</strong> Berufsvorbereitung mit <strong>der</strong><br />

anschließenden Ausbildung, Lernför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Lernbegleitung,<br />

handlungsorientierte Methoden, sozialpädagogische Begleitung).<br />

An<strong>der</strong>erseits s<strong>in</strong>d die Auszubildenden des Netzwerks 48 PLUS <strong>in</strong><br />

den <strong>betrieblichen</strong> Leistungsprozess <strong>in</strong>tegriert, so wie <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Betrieben<br />

auch. Dies eröffnet Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsmöglichkeiten, die<br />

<strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung fehlen. Das Lernen f<strong>in</strong>det im <strong>betrieblichen</strong><br />

Arbeitsalltag statt. Die Jugendlichen lernen von vornhere<strong>in</strong><br />

den Umgang mit K<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> zwar nicht im Rollenspiel o<strong>der</strong> <strong>in</strong> träger<strong>in</strong>ternen<br />

K<strong>und</strong>enbeziehungen (z. B. Verkaufskiosk), son<strong>der</strong>n <strong>in</strong><br />

realen <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufgaben. So entwickelt sich<br />

von vornhere<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Leistungs- <strong>und</strong> Qualitätsbewusstse<strong>in</strong>.<br />

20<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Sozialbetriebe arbeiten am Markt.<br />

Die Ausbildung<br />

f<strong>in</strong>det <strong>in</strong><br />

<strong>betrieblichen</strong><br />

Arbeits- <strong>und</strong><br />

Geschäftsprozessen<br />

statt.<br />

<strong>Produkt</strong>ivität <strong>und</strong><br />

Wirtschaftlichkeit<br />

gelten wie <strong>in</strong> jedem<br />

an<strong>der</strong>en Betrieb.<br />

Durch die genannten Merkmale ist die Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben<br />

auf jeden Fall <strong>der</strong> traditionellen außer<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung überlegen.<br />

Untersuchungen des B<strong>und</strong>es<strong>in</strong>stituts für Berufsbildung zur<br />

kooperativen Ausbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Benachteiligtenför<strong>der</strong>ung belegen,<br />

dass die Beteiligung <strong>der</strong> Auszubildenden an <strong>betrieblichen</strong> Arbeits<strong>und</strong><br />

Geschäftsprozessen, die E<strong>in</strong>beziehung <strong>in</strong> k<strong>und</strong>enorientierte Abläufe<br />

<strong>und</strong> vor allem die Herstellung von wertbeständigen <strong>Produkt</strong>en<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen zu e<strong>in</strong>er erheblichen Steigerung von Motivation<br />

<strong>und</strong> Leistungsfähigkeit führen.<br />

3.1 <strong>Produkt</strong>orientierung<br />

Wieweit diese Zielsetzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis verwirklicht wird, zeigen die<br />

Ergebnisse e<strong>in</strong>er Erhebung bei den Netzwerkpartnern. Sie machten<br />

Angaben zu den Methoden <strong>der</strong> Ausbildung, zu den Anteilen an produktiven<br />

Tätigkeiten <strong>und</strong> zur K<strong>und</strong>enorientierung. Die Ergebnisse<br />

zeigen, dass die Vorzüge <strong>der</strong> Nähe zur <strong>Produkt</strong>ion im Projekt ebenso<br />

zu erfüllt werden wie die systematische Ausbildung <strong>und</strong> die pädagogische<br />

För<strong>der</strong>ung.<br />

qualiNETZ GmbH 2006 21


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Gesamtübersicht<br />

1. Ausbildungsjahr 2. Ausbildungsjahr 3./4. Ausbildungsjahr<br />

Sonstiges<br />

Gruppenarbeit zur För<strong>der</strong>ung von methodischen sozialen u.<br />

personalen Kompetenzen<br />

Weitgehend selbständige Bearbeitung von <strong>Produkt</strong>ions- u.<br />

Dienstleistungsaufträgen<br />

Mitwirkung an <strong>Produkt</strong>ions- u. Dienstleitungsaufträgen unter<br />

Anleitung<br />

Theoretischer Unterricht<br />

E<strong>in</strong>zelanleitung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis durch Ausbil<strong>der</strong><br />

Lehrgänge, Projekte zum Erwerb von Fähigkeiten <strong>und</strong> Kenntnissen<br />

0 5 10 15 20 25 30<br />

Prozentangabe<br />

66 Prozent <strong>der</strong> Ausbildungszeit entfallen auf die Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Produkt</strong>ikon: E<strong>in</strong>zelanleitungen durch die Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion (ca. 25 Prozent), auf die Mitwirkung bei <strong>der</strong><br />

Durchführung von <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen (25<br />

Prozent) <strong>und</strong> auf die eigenständige Auftragsausführung (16 Prozent).<br />

Die systematische Vermittlung von Fertigkeiten, Kenntnissen <strong>und</strong><br />

Fähigkeiten (25,43 Prozent) wird nicht vernachlässigt. Lehrgänge zur<br />

Vermittlung von Gr<strong>und</strong>qualifikationen <strong>und</strong> Fachtheorie haben jeweils<br />

Anteile von 11,21 Prozent <strong>und</strong> 15,91 Prozent.<br />

Diese Ergebnisse entsprechen <strong>in</strong> etwa den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung üblichen<br />

Zeiten. Im B<strong>und</strong>esdurchschnitt entfallen 25,8 Prozent <strong>der</strong> gesamten<br />

Ausbildungszeit auf Unterweisungs- <strong>und</strong> Übungszeiten im<br />

Betrieb (vgl. Beicht, Walden 2004,125). Die Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion<br />

auf dem Niveau von Tätigkeiten für An- <strong>und</strong> Ungelernte erreicht<br />

im B<strong>und</strong>esdurchschnitt 15,9 Prozent <strong>der</strong> gesamten Ausbildungszeit.<br />

Weitere 13,4 Prozent <strong>der</strong> gesamten Ausbildungszeit entfallen<br />

im B<strong>und</strong>esdurchschnitt auf Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion auf<br />

dem Niveau von Tätigkeiten von Fachkräften.<br />

In e<strong>in</strong>igen Berufen überwiegen im ersten Ausbildungsjahr Lehrgänge<br />

<strong>und</strong> Projekte zum Erwerb beruflicher Gr<strong>und</strong>fertigkeiten: Industriemechaniker/<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> Modeschnei<strong>der</strong>/<strong>in</strong> mit 40 Prozent, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tischler-<br />

22<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Ausbildung (80 Prozent, Berufsgr<strong>und</strong>bildungsjahr an Berufsbildenden<br />

Schulen). Dies spricht für e<strong>in</strong>e solide berufliche Gr<strong>und</strong>qualifizierung.<br />

Dennoch wirken die Auszubildenden bereits im ersten Ausbildungsjahr<br />

an <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen mit. Der Anteil von<br />

22 Prozent <strong>der</strong> Ausbildungszeit im ersten Ausbildungsjahr steigert<br />

sich auf ca. 27 Prozent im dritten Ausbildungsjahr. E<strong>in</strong>e selbstständige<br />

Bearbeitung von <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen umfasst<br />

im ersten Ausbildungsjahr 7 Prozent <strong>und</strong> steigert sich auf 18<br />

Prozent im zweiten <strong>und</strong> 24 Prozent im dritten Ausbildungsjahr.<br />

Zwischen den Berufen gibt es allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>ige Schwankungen. Beson<strong>der</strong>s<br />

hohe Werte <strong>in</strong> Bezug auf Mitwirkung o<strong>der</strong> selbstständige<br />

Bearbeitung bei <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen gibt es im<br />

Malerhandwerk, im Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau <strong>und</strong> im Verkauf.<br />

Ebenfalls zur Beteiligung an produktiven Aufgaben s<strong>in</strong>d die zum Teil<br />

sehr hohen Anteile <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelanleitung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis durch Ausbil<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen<br />

h<strong>in</strong>zuzurechnen. Sie erreichen im ersten Ausbildungsjahr<br />

knapp 35 Prozent, verr<strong>in</strong>gern sich im zweiten Ausbildungsjahr auf 33<br />

Prozent <strong>und</strong> füllen im dritten Ausbildungsjahr nur noch 29 Prozent<br />

<strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildungszeit. Alle drei Ausbildungsformen zusammen,<br />

also E<strong>in</strong>zelanleitung im Arbeitsprozess, Mitwirkung an <strong>Produkt</strong>ions-<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen sowie eigenverantwortliche<br />

Bearbeitung von Aufträgen umfassen im zweiten <strong>und</strong> dritten Ausbildungsjahr<br />

80 bis 90 Prozent <strong>der</strong> Ausbildungszeit.<br />

Theorie hat im ersten Ausbildungsjahr e<strong>in</strong>en Anteil von 18 Prozent,<br />

<strong>der</strong> im zweiten Jahr auf 17,5 Prozent <strong>und</strong> im dritten Jahr auf 12 Prozent<br />

s<strong>in</strong>kt. Lehrgänge <strong>und</strong> Projekte zur Vermittlung von Ausbildungs<strong>in</strong>halten<br />

umfassen im ersten Jahr 15 Prozent <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildungszeit.<br />

Der Anteil nimmt auf 11 Prozent im zweiten <strong>und</strong> 7,5<br />

Prozent im dritten Ausbildungsjahr ab. In e<strong>in</strong>er Reihe von Ausbildungsberufen<br />

ist auch soziale Gruppenarbeit Bestandteil <strong>der</strong> Ausbildung.<br />

Sie hat <strong>in</strong>sgesamt aber nur e<strong>in</strong>en Anteil von 4 Prozent.<br />

E<strong>in</strong>ige Beispiele aus beständig ausgeführten <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsaufträgen belegen, wie die Auszubildenden <strong>in</strong> regulä-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 23


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

ren Aufträgen mit e<strong>in</strong>bezogen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> verantwortungsvolle Aufgaben<br />

im Unternehmen ausführen (vgl. Tabelle 1). Dass die Ausbildung<br />

sich auf hohem Niveau bewegt, zeigt die Übersicht <strong>der</strong> anspruchsvollen<br />

<strong>und</strong> komplexen <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge, die<br />

von den Auszubildenden ausgeführt werden (vgl. Tabelle 2)<br />

Die hohe Ausbildungsqualität wird auch dadurch deutlich, dass 60<br />

Prozent <strong>der</strong> Ausbildungsberufe zu 100 Prozent bei den jeweiligen<br />

Sozialbetrieben ausgebildet werden, ohne dass weitere externe Ausbildungsbestandteile<br />

genutzt werden müssen. Die übrigen 40 Prozent<br />

<strong>der</strong> Berufe werden zu 70 Prozent <strong>und</strong> mehr <strong>in</strong> den Sozialbetrieben<br />

ausgebildet. Es handelt sich dabei um die Berufe Bürokaufmann/frau,<br />

Gärtner/<strong>in</strong>, Industriemechaniker/<strong>in</strong>, Modeschnei<strong>der</strong>/<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

Verkäufer/<strong>in</strong>, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>zelne Bestandteile bei an<strong>der</strong>en Ausbildungspartnern<br />

durchgeführt werden.<br />

24<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Ausbildungsberuf<br />

Beständig ausgeführte <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge<br />

Industriemechaniker<br />

Maler u. Lackierer<br />

Bürokaufmann/-frau<br />

Schre<strong>in</strong>er<br />

Verkäufer<strong>in</strong><br />

Kauffrau für Bürokommunikation<br />

Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau<br />

AltenpflegerIn<br />

HauswirtschafterIn<br />

Kauffrau/-mann im<br />

E<strong>in</strong>zelhandel<br />

ZimmererIn<br />

Konventionelle Fertigung Bohren, Drehen, Fräsen, Schleifen<br />

CNC Bearbeitung Drehen, Fräsen<br />

Montagearbeiten<br />

Qualitätskontrolle<br />

Wände <strong>und</strong> Decken tapezieren <strong>und</strong> streichen<br />

Türen schleifen, spachteln <strong>und</strong> lackieren<br />

Elektrotechnische Bauteile (Motoren) säubern, schleifen u.<br />

lackieren<br />

Fenster schleifen <strong>und</strong> lackieren, Fassadenanstrich<br />

Bearbeitung von E<strong>in</strong>gangsrechnungen<br />

Maßnahme Kostenabrechnung Arbeitsgelegenheiten nach<br />

SGB II<br />

Zeiterfassung<br />

Telefon/ Empfang/ Bewirtung<br />

Kasse/ Auszahlung/ Abrechnung<br />

Postbearbeitung (Poste<strong>in</strong>gang/-ausgang)<br />

Überweisungen mit Überweisungsprogramm Profi Cash<br />

Mustervorlagen ausfüllen<br />

Standardbriefe schreiben<br />

Bestellungen jeglicher Art<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>es Gymnastikste<strong>in</strong>es für Serienfertigung<br />

Verbesserung des <strong>Produkt</strong>ionsablaufes für verschiedene<br />

<strong>Produkt</strong>e<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>er Gymnastikwand für Serienfertigung<br />

Erstellung von Mustern für die Freigabe von Serienprodukten<br />

Erstellung e<strong>in</strong>er Turnbank für Serienfertigung<br />

Verkaufstätigkeiten<br />

Ware bestellen/ Lagerhaltung<br />

Kasse/ Abrechnungen<br />

K<strong>und</strong>enpflege<br />

Hygiene/ Re<strong>in</strong>igung<br />

Ablegen, E<strong>in</strong>sortieren (Buchhaltungsbelege)<br />

Schriftverkehr mit <strong>und</strong> ohne Vorgabe<br />

Bestellungen Büromaterial<br />

Klei<strong>der</strong>magaz<strong>in</strong> verwalten, Klei<strong>der</strong>ausgabe <strong>und</strong> Bestellungen<br />

Telefondienst<br />

Belagsarbeiten (Terasse- <strong>und</strong> Wegebau)<br />

Handbefestigungen (z.B. Trockenmauern)<br />

Gartenpflege (Rasen mähen, Heckenschnitt) bei Privatk<strong>und</strong>schaft<br />

Gehölzschnitt <strong>und</strong> Baumfällarbeiten<br />

Arbeiten im öffentlichen Grün <strong>und</strong> Naturschutzaufträge<br />

Gr<strong>und</strong>pflege<br />

Behandlungspflege<br />

Aktivierung<br />

Angebote zum Erhalt <strong>und</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />

Speisenzubereitung<br />

Service<br />

Arbeiten nach Hygienevorschriften<br />

Mitarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hausre<strong>in</strong>igung<br />

Mitarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> hauseigenen Wäscherei<br />

K<strong>und</strong>enberatung <strong>und</strong> Bedienung<br />

Überwachung <strong>der</strong> Kühltheken <strong>und</strong> Tiefkühltruhen<br />

Pflege <strong>und</strong> Umgang mit Obst <strong>und</strong> Gemüse<br />

Zubereitung <strong>der</strong> Backwaren<br />

Sortimentspflege<br />

Bau von Holzhäusern, <strong>in</strong> Holzrahmenbauweise<br />

Dachausbauten<br />

Altbausanierungen<br />

Tabelle 1: Beständig ausgeführte <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge<br />

qualiNETZ GmbH 2006 25


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Ausbildungsberuf anspruchsvoll u. komplexe <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge<br />

Industriemechaniker CNC Drehen <strong>und</strong> Fräsen<br />

Anfertigen e<strong>in</strong>es komplexen Teils mit 8 Arbeitsgängen<br />

Anfertigen e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Vorrichtung<br />

Anfertigen von schwierigen Bauteilen am Bearbeitungszentrum<br />

Qualitätskontrolle<br />

Maler u. Lackierer Teppichboden verlegen<br />

Fassaden verfugen <strong>und</strong> streichen<br />

Fensterrenovierung<br />

Untergr<strong>und</strong>vorbereitung <strong>und</strong> Lackierarbeiten<br />

Bürokaufmann/-frau Maßnahme Kostenabrechnung Arbeitsgelegenheiten mit<br />

Ausrechnung Fahrtkosten <strong>und</strong> Löhne<br />

Exceltabellen für Fuhrpark/ Versicherungen etc. mit Erhebungen<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Teilnehmerverträge <strong>in</strong> Serienbriefform mit<br />

Adress- <strong>und</strong> Datenverwaltung<br />

Bearbeitung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gang- u. Ausgangsrechnungen<br />

Vorbereitende Aufgaben für die Buchhaltung<br />

Korrekte Archivierung Personalakten/ Rechnungen/ Buchhaltung<br />

Kassenbuch, Portobuch, Materialverwaltungsbuch führen,<br />

teilweise ausbezahlen <strong>der</strong> Belege, Fahrtkosten etc.<br />

Schre<strong>in</strong>er Restauration von historischen Möbeln<br />

Herstellung e<strong>in</strong>es Wande<strong>in</strong>bauschranks (<strong>in</strong>tern)<br />

Herstellung e<strong>in</strong>er Designvitr<strong>in</strong>e, für Ausstellungszwecke<br />

Projektarbeit: Herstellung e<strong>in</strong>es Flurmöbels<br />

Herstellung des Gesellenstückes<br />

Verkäufer<strong>in</strong> Verkaufstheke Käse (Hygiene/ Beratung)<br />

Fleischverkauf (<strong>in</strong>cl. Bestellung, Portionierung, Hygiene)<br />

Warenbestand (Erfassen, Bestellungen)<br />

Kauffrau für Bürokommunikation<br />

Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau<br />

AltenpflegerIn<br />

HauswirtschafterIn<br />

Kauffrau/-mann im<br />

E<strong>in</strong>zelhandel<br />

ZimmererIn<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Kassenwesen<br />

eigenständiges Ablegen nach verschiedenen Kostenstellen<br />

Schriftverkehr ohne Diktat o<strong>der</strong> Aufschrieb<br />

Abrechnungen Kassenbuch<br />

Vorschusszahlungen<br />

Teile von Gehaltsabrechnungen, Buchhaltung<br />

Trockenmauerbau (Hangbefestigung) bei Privatk<strong>und</strong>schaft<br />

Trockenmauerbau mit Aufgang zur Terrasse Hofcafe<br />

Waldeckhof<br />

Gehölzschnitt (Sträucher/ Bäume)<br />

Baumfällarbeiten mit Motorsäge<br />

Belagsarbeiten<br />

Begleitung Schwerkranker <strong>und</strong> Sterben<strong>der</strong><br />

Ganzheitliche bewohnerorientierte Betreuung<br />

Umgang mit Demenzkranken<br />

Rehabilitative therapeutische Aktivitäten<br />

Ausrichtung von saisonalen Festlichkeiten<br />

Dienst im Café Treffpunkt<br />

term<strong>in</strong>gerechte Vorbereitung von Veranstaltungen<br />

E<strong>in</strong>haltung von Hygienevorschriften bei krankheitsbed<strong>in</strong>gten<br />

Son<strong>der</strong>fällen<br />

eigenständige Abwicklung <strong>der</strong> Wäscheversorgung<br />

jahreszeittypische Raumgestaltung<br />

Scannerkasse <strong>und</strong> Abrechnung<br />

Logistik-, Lager-, <strong>und</strong> Bestellwesen<br />

Betreuung des Zeitschriftenregals<br />

K<strong>und</strong>enbedienung an <strong>der</strong> Wurst- <strong>und</strong> Käsetheke<br />

Präsentkörbe vorbereiten<br />

Dachausbauten mit verschiedenen Neigungen<br />

Altbausanierungen unter Erhaltung Denkmalgeschützter<br />

Bestandteile<br />

Tabelle 2: anspruchsvolle <strong>und</strong> komplexe <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträge<br />

26<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

3.2 K<strong>und</strong>enorientierung<br />

K<strong>und</strong>enorientierung bezieht sich <strong>in</strong> den meisten Berufen im Projekt<br />

48 PLUS auf K<strong>und</strong>enkontakte während <strong>der</strong> Durchführung von Aufträgen<br />

o<strong>der</strong> Dienstleistungen. Mit 39 Prozent <strong>der</strong> befragten Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> geben an, dass dies die überwiegende Form<br />

von K<strong>und</strong>enkontakt ist. Ebenso viele sagen, dass diese Form selten<br />

vorkommt. Wesentlich häufiger s<strong>in</strong>d die Beteiligung <strong>der</strong> Auszubildenden<br />

an <strong>der</strong> Ermittlung von K<strong>und</strong>enwünschen (50 Prozent geben an,<br />

dass dies häufiger geschieht, 11 Prozent überwiegend). Auch bei <strong>der</strong><br />

Arbeits- <strong>und</strong> Materialplanung s<strong>in</strong>d die Auszubildenden bei 45 Prozent<br />

<strong>der</strong> Auszubildenden häufiger <strong>und</strong> weiteren 28 Prozent überwiegend<br />

beteiligt. Die Mitwirkung im Verkauf <strong>und</strong> die Präsentation von Leistungsangeboten<br />

beim K<strong>und</strong>en kommt nur bei 17 Prozent <strong>der</strong> Befragten<br />

häufiger o<strong>der</strong> überwiegend vor (<strong>in</strong> den Verkaufsberufen), bei den<br />

übrigen seltener o<strong>der</strong> nie. Spezielle Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zur K<strong>und</strong>enorientierung<br />

werden nur im Ausnahmefall durchgeführt.<br />

fast nie selten häufiger überwiegend<br />

K<strong>und</strong>enkontakte während <strong>der</strong> Durchführung von Aufträgen/<br />

Dienstleistungen<br />

Mitwirkung im Verkauf<br />

<strong>Produkt</strong> <strong>und</strong> Dienstleistungsangebot an K<strong>und</strong>en präsentieren<br />

Arbeits-<strong>und</strong> Materialplanung<br />

K<strong>und</strong>enwünsche ermitteln<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass dort, wo berufliche<br />

Handlungssituationen im Kontakt mit K<strong>und</strong>en bestehen (E<strong>in</strong>zelhandel,<br />

Verkauf), die K<strong>und</strong>enorientierung auch e<strong>in</strong>e große Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ausbildung spielt. In den meisten Berufen, die im Netzwerk 48 PLUS<br />

ausgebildet werden, ergeben die beruflichen Tätigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

weniger Gelegenheiten zum unmittelbaren K<strong>und</strong>enkontakt. Die K<strong>und</strong>enorientierung<br />

wird hier durch die Beteiligung an <strong>der</strong> Ermittlung von<br />

qualiNETZ GmbH 2006 27


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

K<strong>und</strong>enwünschen <strong>und</strong> durch die Berücksichtigung <strong>der</strong> Sichtweise<br />

des K<strong>und</strong>en bei <strong>der</strong> Arbeitsplanung erfüllt.<br />

3.3 <strong>Handlungsorientierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung<br />

Nach dem hohen Stellenwert <strong>der</strong> Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion überrascht<br />

es nicht, dass handlungs- <strong>und</strong> produktionsorientierte Ausbildungsmethoden<br />

überwiegen. 66,6 Prozent <strong>der</strong> befragten Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> setzen <strong>Produkt</strong>ionsaufgaben überwiegend e<strong>in</strong>,<br />

weitere 19,98 Prozent häufiger. Bei den meisten Ausbildenden geschieht<br />

dies <strong>in</strong> Form strukturierten Lernens (im Unterschied zur Beistelllehre),<br />

denn 53,28 Prozent <strong>der</strong> befragten Ausbil<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen gaben<br />

an, das Modell <strong>der</strong> vollständigen Handlung häufiger o<strong>der</strong> überwiegend<br />

zu berücksichtigen. 26,64 Prozent setzen die darauf beruhende<br />

Leittext-Methode häufiger <strong>und</strong> weitere 13,32 Prozent überwiegend<br />

e<strong>in</strong> (vgl. dazu auch das Praxisbeispiel <strong>in</strong> Kapitel 3.5). 53,28 Prozent<br />

<strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> verwenden Lehr- <strong>und</strong> Lernaufgaben<br />

häufiger o<strong>der</strong> überwiegend, also e<strong>in</strong>e strukturierte Heranführung<br />

an die zu bewältigenden Aufträge mit Hilfe von Fragen <strong>und</strong> Aufgaben<br />

sowie <strong>der</strong> Bearbeitung erfor<strong>der</strong>licher Informationen aus Fachliteratur<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Quellen. Auch Projekte werden von 46,62 Prozent <strong>der</strong><br />

Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> häufiger <strong>und</strong> von weiteren 26,64 Prozent<br />

überwiegend e<strong>in</strong>gesetzt. Das bedeutet, dass auch Ausbildungs<strong>in</strong>halte,<br />

die nicht im Rahmen <strong>der</strong> eigenen <strong>Produkt</strong>ion ausgebildet<br />

werden können, durch Projekte handlungsorientiert erarbeitet werden.<br />

Methoden, mit denen auch außerhalb <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion handlungsorientiert<br />

ausgebildet werden kann, haben angesichts <strong>der</strong> starken Ausrichtung<br />

auf die <strong>Produkt</strong>ion e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren Stellenwert. Dazu gehören<br />

Fallstudien, Rollen- <strong>und</strong> Planspiele, Simulationen <strong>und</strong> an Stationen<br />

lernen.<br />

Coach<strong>in</strong>g wird immerh<strong>in</strong> von 53,28 Prozent <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen häufiger<br />

o<strong>der</strong> überwiegend e<strong>in</strong>gesetzt, die übrigen setzen es seltener<br />

(26,64 Prozent) o<strong>der</strong> nie e<strong>in</strong> (13,32 Prozent). Die Rollenanfor<strong>der</strong>un-<br />

28<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

gen zwischen dem für die Auftragsdurchführung verantwortlichen<br />

Fachexperten, dem für die Weitergabe von Wissen <strong>und</strong> Können zuständigen<br />

Unterweisenden <strong>und</strong> dem Coach, <strong>der</strong> sich auf die Begleitung<br />

von Lernprozessen <strong>und</strong> die Stärkung von Selbstständigkeit <strong>und</strong><br />

Problemlösungsfähigkeit konzentriert, erfor<strong>der</strong>t im Alltagshandeln<br />

offenbar e<strong>in</strong>e Schwerpunktsetzung zugunsten <strong>der</strong> ersten beiden Rollen.<br />

3.4 Prüfungsvorbereitung<br />

Nachdem die ersten vier Auszubildenden bereits im Jahr 2005 ihre<br />

Abschlussprüfung abgelegt haben, werden im Sommer 2006 voraussichtlich<br />

neun Auszubildende ihre Abschlussprüfung machen, weitere<br />

17 im Sommer 2007. Für 5 Jugendliche ist die Abschlussprüfung im<br />

W<strong>in</strong>ter 2007/2008 <strong>und</strong> weitere 12 im Sommer 2008 geplant. Die letzten<br />

Prüfungen s<strong>in</strong>d für 3 Teilnehmer im W<strong>in</strong>ter 2008/2009 angedacht.<br />

Bei drei Auszubildenden erfolgte ke<strong>in</strong>e Angabe des Prüfungsterm<strong>in</strong>s.<br />

Welche Form <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung ist geplant? Alle Netzwerkpartner<br />

werden Prüfungsvorbereitung im eigenen Haus anbieten.<br />

Gesamtauswertung<br />

durch zusätzliche<br />

externe Leistungen<br />

durch ridaf<br />

alle Träger<br />

durch<br />

ausbildungsbegleitende<br />

im eigenen Haus<br />

0 20 40 60 80 100 120<br />

Prozentangabe<br />

In 78,9% <strong>der</strong> Ausbildungsberufe wird zusätzlich Prüfungsvorbereitung<br />

durch Ridaf <strong>in</strong> Anspruch genommen. Ausbildungsbegleitende<br />

Hilfen vor Ort werden von 21,04% genutzt, zum Teil <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation<br />

mit Ridaf (15,78 Prozent). Auf zusätzliche externe Leistungen an<strong>der</strong>er<br />

Bildungsträger greifen nur 36,82% zu, die Hälfte davon allerd<strong>in</strong>gs<br />

qualiNETZ GmbH 2006 29


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

ebenfalls <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit Ridaf. Bei e<strong>in</strong>em Träger werden alle vier<br />

Formen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> komb<strong>in</strong>iert.<br />

Die detaillierte Betrachtung <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitungskonzepte bei<br />

den Netzwerkpartnern zeigt, dass Bewährtes mit neuen Ideen verb<strong>und</strong>en<br />

wird. Die Durcharbeitung von „alten“ Prüfungen ist bei allen<br />

Standard. E<strong>in</strong>en großen Stellenwert hat auch die Vorbereitung auf<br />

die handlungsorientierten Teile <strong>der</strong> Prüfungen. Prüfungsrelevante<br />

praktische Arbeitsbereiche werden gezielt wie<strong>der</strong>holt <strong>und</strong> tra<strong>in</strong>iert,<br />

durch Projektarbeiten, Unternehmensdurchläufe <strong>und</strong> Lernhilfen. Das<br />

Lernen von- <strong>und</strong> mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> hat e<strong>in</strong>en großen Stellenwert. Vielfach<br />

werden die Auszubildenden durch das Ridaf-Sem<strong>in</strong>ar Lernen lernen<br />

für die Prüfungsvorbereitung fit gemacht. In „Mangelfächern“ erhalten<br />

die Auszubildenden zusätzliche För<strong>der</strong>ung.<br />

Im Folgenden werden e<strong>in</strong>ige beson<strong>der</strong>en Konzepte <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung<br />

von den entsprechenden Ausbildungsbereichen dargestellt.<br />

In <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung für die Berufe Industriemechaniker/<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Modeschnei<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen (GIBA) stehen die verbrauchten Abschlussprüfungen<br />

aus den letzten fünf Jahren zur Verfügung. Je<strong>der</strong><br />

Azubi führt m<strong>in</strong>destens drei dieser Prüfungen zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g durch.<br />

Vor <strong>der</strong> ersten Testprüfung erfolgt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gehende E<strong>in</strong>weisung. Sie<br />

wird ohne Zeitvorgaben durchgeführt. Testprüfungen zwei <strong>und</strong> drei<br />

werden unter realer Zeitvorgabe absolviert. Alle praktischen Prüfstücke<br />

werden mit den Azubis geme<strong>in</strong>sam ausgewertet <strong>und</strong> die Ergebnisse<br />

besprochen. Die Ergebnisse des theoretischen Prüfungsteils<br />

werden ebenfalls geme<strong>in</strong>sam ausgewertet . Die Azubis müssen als<br />

Hausaufgabe e<strong>in</strong>e Berichtigung ihrer Fehler anfertigen.<br />

Im Fachunterricht <strong>der</strong> Werkstatt wird ab Mitte 3. Ausbildungsjahr auf<br />

die theoretische Abschlussprüfung vorbereitet, <strong>in</strong>dem bestimmte immer<br />

wie<strong>der</strong> auftauchende Themen besprochen <strong>und</strong> geübt werden.<br />

Die Berufsschule macht im vierten Ausbildungsjahr das Gleiche.<br />

30<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Auch bei <strong>der</strong> Waldhaus gGmbH werden <strong>in</strong> den Ausbildungsberufen<br />

Zerspanungsmechaniker/<strong>in</strong> <strong>und</strong> Industriemechaniker/<strong>in</strong> theoretische<br />

<strong>und</strong> praktische Prüfungen mit alten Prüfungsaufgaben unter Prüfungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

simuliert sowie prüfungsähnliche, <strong>in</strong> sich abgeschlossene<br />

Projekte im Bereich Drehen <strong>und</strong> Fräsen durchgeführt.<br />

Zusätzlich wird <strong>in</strong>tensiver Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterricht kurz vor <strong>der</strong><br />

Prüfung angeboten, gezielt auf den <strong>in</strong>dividuellen Bedarf <strong>der</strong> Auszubildenden<br />

abgestimmt.<br />

Die Prüfungsvorbereitung im Ausbildungsberuf Kauffrau für Bürokommunikation<br />

bei <strong>der</strong> Staufen gGmbH geschieht <strong>in</strong> Form fachlicher<br />

Unterweisung durch die Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>, im E<strong>in</strong>zelfall Sprachunterricht<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Mathematikunterricht. Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht das Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

Lernen <strong>der</strong> Auszubildenden: Auszubildende des dritten Ausbildungsjahres<br />

unterweisen die des ersten Ausbildungsjahres. Durch<br />

den hohen Wie<strong>der</strong>holungs- <strong>und</strong> Behaltenseffekt ist dies e<strong>in</strong>e sehr<br />

wirksame Form <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung. Darüber h<strong>in</strong>aus werden<br />

die angehenden Prüfungsteilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -teilnehmer durch e<strong>in</strong>en<br />

vor zwei Jahren im eigenen Betrieb ausgebildeten <strong>und</strong> übernommenen<br />

Kaufmann für Bürokommunikation unterwiesen.<br />

Im Ausbildungsberuf Verkäufer/<strong>in</strong> werden zusätzlich Unterweisungen<br />

<strong>und</strong> praktische Übungen zur Vorbereitung von K<strong>und</strong>engesprächen<br />

sowie zur Erarbeitung von Präsentationen anlässlich von Messen<br />

<strong>und</strong> Ausstellungen durchgeführt. Im Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbau<br />

stehen Projektarbeiten außerhalb <strong>der</strong> täglichen Dienstleistungen<br />

beim K<strong>und</strong>en ( z. B. beson<strong>der</strong>e Aufgaben auf dem Waldeckhof wie<br />

Pflege Bauerngarten, Wegebau, Terassenanlage, Trockenmauerbau)<br />

im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Sie werden ergänzt durch fachliche E<strong>in</strong>zelunterweisungen<br />

durch den Ausbil<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form von Theorie-Praxis-<br />

Verknüpfungen (Pflanzen lernen am Objekt) sowie bei Bedarf E<strong>in</strong>zelunterricht<br />

<strong>in</strong> Schulfächern mit mangelnden Leistungen. Alle Auszubildenden<br />

nehmen zudem an dem Ridaf-Sem<strong>in</strong>ar „Lernen lernen“<br />

teil.<br />

qualiNETZ GmbH 2006 31


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Die angehenden Bürokaufleute bei Waldhaus gGmbH rotieren im<br />

Vorfeld <strong>der</strong> Prüfung durch unterschiedliche, prüfungsrelevante Unternehmensbereiche.<br />

Sie lösen zudem Prüfungsausgaben vergangener<br />

Jahre mit Unterstützung <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>en hauseigenen Lehrer. Die fachpraktische Anleitung orientiert<br />

sich an realen Aufgaben. Zudem werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsschule Lerngruppen<br />

zur Prüfungsvorbereitung gebildet.<br />

Die gBIG Jungnau <strong>in</strong>itiiert zur Prüfungsvorbereitung im Beruf Tischler/<strong>in</strong><br />

Lerngruppen außerhalb <strong>der</strong> Arbeitszeit. Durch Arbeitsproben<br />

mit Zeitvorgabe geschieht e<strong>in</strong>e systematische Vorbereitung auf die<br />

praktische Prüfung. Weiterh<strong>in</strong> geschieht e<strong>in</strong>e Betreuung <strong>und</strong> fachliche<br />

Beratung bei <strong>der</strong> Planung <strong>und</strong> Fertigung <strong>der</strong> Gesellenstücke.<br />

Stützunterricht wird im Rahmen von ausbildungsbegleitenden Hilfen<br />

zusätzlich organisiert.<br />

Die beiden Maler-Azubis bei Integra s<strong>in</strong>d relativ leistungsstark. Auf<br />

eigenen Wunsch organisieren sie selbst die Prüfungsvorbereitung,<br />

können jedoch im Bedarfsfall je<strong>der</strong>zeit die Hilfestellung von Anleitern<br />

<strong>und</strong> sozial pädagogischen Begleitern <strong>in</strong> Anspruch nehmen.<br />

Der Stand <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung wird durch die Anleiter<strong>in</strong> regelmäßig<br />

abgefragt <strong>und</strong> stichprobenartig kontrolliert. Im Bedarfsfall ist<br />

auch Freistellung (begrenzt) organisierbar.<br />

„Pro labore“ stellt vor <strong>der</strong> Prüfung die Meister von <strong>der</strong> Arbeit frei, damit<br />

sie gezielt mit dem Auszubildenden üben können. Außerdem<br />

werden schon während <strong>der</strong> Ausbildung prüfungsrelevante Arbeiten<br />

erstellt. Der Praxisbezug steht dabei im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, so dass unsere<br />

Lehrl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> K<strong>und</strong>engespräche e<strong>in</strong>bezogen werden <strong>und</strong> direkte<br />

Rückmeldungen bekommen.“<br />

32<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

3.5 Handlungsorientierte Ausbildung <strong>in</strong> Metallberufen<br />

– E<strong>in</strong> Praxisbeispiel<br />

Wolfgang Hesse, GIBA gGmbH Rottenburg<br />

Die GIBA gGmbH (Gesellschaft für Integration, Beschäftigung <strong>und</strong><br />

Ausbildung gGmbH Rottenburg) ist e<strong>in</strong> Beschäftigungs- <strong>und</strong> Ausbildungsbetrieb<br />

<strong>in</strong> den Bereichen Metallbearbeitung <strong>und</strong> Textil. Angeboten<br />

werden Beschäftigungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

sozial benachteiligte Jugendliche <strong>und</strong> junge Erwachsene sowie für<br />

langzeitarbeitslose Menschen. GIBA ist von <strong>der</strong> IHK Reutl<strong>in</strong>gen<br />

als Ausbildungsbetrieb für die folgenden Berufe anerkannt: Industriemechaniker,<br />

Zerspanungsmechaniker, Fertigungsmechaniker,<br />

Fräser, Modenäher<strong>in</strong> <strong>und</strong> Modeschnei<strong>der</strong><strong>in</strong>. Im Projekt 48Plus bildet<br />

GIBA e<strong>in</strong>e Modeschnei<strong>der</strong><strong>in</strong> <strong>und</strong> 4 Industriemechaniker aus.<br />

Ziele <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung <strong>in</strong> Sozialunternehmen s<strong>in</strong>d u. a.<br />

die Vermittlung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten, Lernen<br />

Lernen sowie <strong>der</strong> Erwerb von sozialen Schlüsselkompetenzen.<br />

Die Umsetzung geschieht durch folgende Elemente <strong>der</strong> betriebsnahen<br />

Ausbildung <strong>in</strong> Sozialunternehmen:<br />

Projektarbeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> fachpraktischen Ausbildung,<br />

fachpraktischer Unterricht,<br />

Bearbeitung von K<strong>und</strong>enaufträgen,<br />

Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterricht,<br />

sozialpädagogische För<strong>der</strong>planung <strong>und</strong> Betreuung.<br />

3.5.1 Fachpraktische Ausbildung<br />

Jonny bearbeitet e<strong>in</strong> Werkstück aus dem Ausbildungsprojekt<br />

„Schraubstock“.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> fachpraktischen Ausbildung soll Jonny nicht nur die<br />

nötigen fachlichen Kenntnisse <strong>und</strong> Fertigkeiten erwerben, er soll<br />

qualiNETZ GmbH 2006 33


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

auch lernen selbstständig zu planen, sich Wissen zu beschaffen <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>e Arbeitsergebnisse zu bewerten. Dies soll an e<strong>in</strong>em Beispiel<br />

aus dem Ausbildungsprojekt „Schraubstock“ verdeutlicht werden:<br />

Jonny soll von e<strong>in</strong>em Werkstück e<strong>in</strong>en Absatz mit Hilfe e<strong>in</strong>es Metallkreissägeblattes<br />

auf <strong>der</strong> Fräsmasch<strong>in</strong>e abtrennen. Der Ausbil<strong>der</strong><br />

steht ihm während des ganzen Prozesses als Berater zur Seite.<br />

1. Handlungsschritt: Information. Jonny studiert die Werkstückzeichnung.<br />

Er versucht, sich das fertige Werkstück räumlich<br />

vorzustellen <strong>und</strong> prüft, ob er alle Zeichnungselemente<br />

kennt <strong>und</strong> versteht. Möglicherweise ist das Symbol für die<br />

Oberflächenbeschaffenheit nicht bekannt<br />

o<strong>der</strong> wurde vergessen. In diesem Fall wird er im offenen Lerncenter<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Nachschlagewerk die benötigte Information<br />

suchen.<br />

2. Handlungsschritt: Planen <strong>der</strong> Herstellung. Jetzt geht es<br />

um die Frage, welches Werkzeug auszuwählen ist <strong>und</strong> wie es<br />

<strong>in</strong> die Fräsmasch<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gespannt werden muss. Außerdem<br />

muss das Werkstück sicher auf <strong>der</strong> Fräsmasch<strong>in</strong>e aufgespannt<br />

werden. Im Tabellenbuch müssen die benötigten<br />

Schnittdaten recherchiert werden. Drehzahl <strong>und</strong> Vorschub sollen<br />

berechnet <strong>und</strong> e<strong>in</strong>gestellt werden. In dieser Übung ist <strong>der</strong><br />

Arbeitsplan vorgegeben. Er muss also nachvollzogen <strong>und</strong> verstanden<br />

werden.<br />

3. Handlungsschritt: Fertigung des Werkstücks: Das Sägeblatt<br />

wird <strong>in</strong> die Masch<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gespannt <strong>und</strong> auf das erfor<strong>der</strong>liche<br />

Maß 41 sowie auf die notwendige Schnitttiefe e<strong>in</strong>gestellt.<br />

Die Bearbeitung erfolgt hier mit Handvorschub, <strong>der</strong> Kühlschmierstoff<br />

muss e<strong>in</strong>geschaltet werden <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Schutzbrille<br />

ist dr<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>lich. Während <strong>der</strong> Bearbeitung muss Jonny<br />

konzentriert bei <strong>der</strong> Sache se<strong>in</strong>, um auf Störungen sofort<br />

reagieren zu können.<br />

34<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

4. Handlungsschritt: Prüfung des fertigen Werkstückes.<br />

Jonny muss messen, ob das Werkstück die erfor<strong>der</strong>liche Breite<br />

von 41 –0,3 mm hat. Hier muss er das richtige Prüfmittel<br />

auswählen <strong>und</strong> die Messung vornehmen. Außerdem muss er<br />

die Oberflächenbeschaffenheit mit Hilfe e<strong>in</strong>es Oberflächenvergleichsmusters<br />

prüfen. Jetzt beurteilt Jonny, ob das gemessene<br />

Maß dem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeichnung verlangten Maß entspricht<br />

<strong>und</strong> ob die Oberfläche die gefor<strong>der</strong>te Qualität hat. Da<br />

hier zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Ausbildung oft Unsicherheiten vorhanden<br />

s<strong>in</strong>d, kann <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong> beratend e<strong>in</strong>greifen.<br />

5. Reflexion <strong>und</strong> Lernzielkontrolle:Wenn das Werkstück korrekt<br />

gefertigt worden ist, bekommt Jonny die entsprechende<br />

Kenntnisprüfung <strong>und</strong> erarbeitet Fragen zum eben gefertigten<br />

Werkstück durch. Dabei stehen ihm alle Lern- <strong>und</strong> Hilfsmittel<br />

des offenen Lerncenters zur Verfügung. Zum Abschluss gehen<br />

Jonny <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong> die Fragen durch <strong>und</strong> prüfen die<br />

gegebenen Antworten. Sollten Fragen offen se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> sich<br />

Fehler e<strong>in</strong>geschlichen haben, so werden diese jetzt besprochen.<br />

Falls bei Jonny hier größere fachliche Defizite festgestellt<br />

werden, fließen diese <strong>in</strong> die weitere För<strong>der</strong>planung mit<br />

e<strong>in</strong> (z.B. vertiefen<strong>der</strong> Stützunterricht <strong>in</strong> Mathematik).<br />

6. Dokumentieren. Zum Abschluss <strong>der</strong> Ausbildungsarbeit<br />

wird diese von Jonny dokumentiert. Dafür steht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Werkstatt<br />

e<strong>in</strong> PC mit e<strong>in</strong>em von uns entwickelten Programm zur<br />

elektronischen Berichtsheftführung zur Verfügung. In dieses<br />

Programm gibt er se<strong>in</strong>en kurzen Arbeitsbericht e<strong>in</strong>. Am Ende<br />

<strong>der</strong> Arbeitswoche werden diese Berichte ausgedruckt <strong>und</strong> als<br />

Ausbildungsnachweis <strong>in</strong> das Berichtsheft e<strong>in</strong>geheftet.<br />

Der Erwerb <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten wird durch<br />

dieses Vorgehen auf den <strong>in</strong>dividuell vorhandenen Wissenstand des<br />

Teilnehmers <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Lernvermögen sowie se<strong>in</strong>e Sozialkompetenz<br />

abgestimmt. Gleichzeitig fließen die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />

qualiNETZ GmbH 2006 35


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Arbeitswelt <strong>in</strong> den För<strong>der</strong>prozess mit e<strong>in</strong>. Entscheidend s<strong>in</strong>d dabei<br />

die folgenden Punkte:<br />

Ansetzen am <strong>in</strong>dividuellen Wissensstand des Teilnehmers,<br />

<strong>in</strong>dividuell auf den Teilnehmer abgestimmter Wissenserwerb,<br />

<strong>der</strong> Teilnehmer ist beim Wissenserwerb immer als aktiv handelndes<br />

Subjekt gefor<strong>der</strong>t (<strong>Handlungsorientierung</strong>),<br />

gleichzeitige För<strong>der</strong>ung von praktischen, sprachlichen <strong>und</strong> <strong>in</strong>tellektuellen<br />

Fähigkeiten,<br />

das Erlernen e<strong>in</strong>es planmäßigen Vorgehens,<br />

selbstständiger Wissenserwerb <strong>und</strong> selbstständige Informationsbeschaffung,<br />

das Erlernen des ständigen Überprüfens <strong>der</strong> eigenen Tätigkeiten,<br />

das ständige Kommunizieren von Arbeits<strong>in</strong>halten,<br />

die Ausbil<strong>der</strong> nehmen die Rolle des Beraters <strong>und</strong> Begleiters e<strong>in</strong>.<br />

3.5.2 Fachpraktischer Unterricht<br />

Parallel zu den Ausbildungsprojekten <strong>und</strong> den Fertigungsarbeiten<br />

f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> wöchentlicher fachpraktischer Unterricht statt. Er dient<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie dem Erwerb neuer Kenntnisse, aber auch <strong>der</strong> Nachbereitung<br />

<strong>der</strong> fachlichen Praxis o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vorbereitung von Klassenarbeiten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule. Der Unterricht f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Unterrichtsräumen statt,<br />

die <strong>in</strong> unmittelbarer Nähe zu den Werkstatträumen liegen. So kann<br />

das Gelernte durch unmittelbare praktische Umsetzung <strong>in</strong> Form von<br />

Demonstrationen <strong>und</strong> Übungen vertieft werden.<br />

E<strong>in</strong>e Vielfalt an Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmethoden z.B. Ausfüllen von Lückentexten,<br />

Erläuterungen von Grafiken, Referaten, Fachdiskussionen, Recherchen<br />

im Internet, Umgehen mit Werkzeugkatalogen spricht mehrere<br />

Lernkanäle (siehe Kapitel B.2.3.) an <strong>und</strong> sorgt dafür, dass auch<br />

Teilnehmer, die bisher wenig Lernerfahrung o<strong>der</strong> Lernschwierigkeiten<br />

haben, die für ihren Lerntyp geeignete Lernmethode erkennen<br />

<strong>und</strong> selbstständig e<strong>in</strong>setzen können.<br />

36<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Das strukturierte Selbstlernen soll den Auszubildenden zum<br />

selbstständigen Anwenden des neuen Wissens, zur Wissensvertiefung<br />

<strong>und</strong> zum Wissenserwerb befähigen. Im Anschluss an den fachpraktischen<br />

Unterricht bekommt je<strong>der</strong> Auszubildende als Hausaufgabe<br />

e<strong>in</strong>e Liste mit Fragen zum behandelten Stoff, o<strong>der</strong> auch zu<br />

Themen, die im Unterricht noch nicht behandelt wurden. Diese Fragen<br />

muss er zu Hause mit Hilfe <strong>der</strong> RKL-Unterlagen, des Fachk<strong>und</strong>ebuches<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Medien beantworten. Das strukturierte<br />

Selbstlernen wird ergänzt durch den E<strong>in</strong>satz von zum Teil selbstentwickelter<br />

Lern-Software (Messkurs Metalltechnik, Micro - Tra<strong>in</strong>er,<br />

Multiple - Choice Fragen, CNC-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gssoftware, Christiani-LUK<br />

Lernsoftware). In <strong>der</strong> Werkstatt stehen immer alle Tabellen, Fachbücher<br />

<strong>und</strong> Computerprogramme zur Verfügung. Wir halten die Auszubildenden<br />

dazu an, sich aus diesen Quellen selbst zu <strong>in</strong>formieren,<br />

wenn sie etwas nicht wissen.<br />

3.5.3 Reale K<strong>und</strong>enaufträge <strong>in</strong> <strong>der</strong> fachpraktischen Ausbildung<br />

Reale Fertigungsarbeiten haben e<strong>in</strong>en höheren Realitätscharakter<br />

als die Bearbeitung von Ausbildungsprojekten. Sie dienen <strong>der</strong> Vertiefung<br />

<strong>und</strong> dem Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g von Kenntnissen <strong>und</strong> Fertigkeiten <strong>und</strong> eröffnen<br />

auch zusätzliche Qualifizierungsmöglichkeiten. Hier kommen im<br />

Vergleich zur Projektarbeit folgende neue Anfor<strong>der</strong>ungen auf Jonny<br />

zu:<br />

er kommt mit Fragen <strong>der</strong> Material- <strong>und</strong> Werkzeugbeschaffung <strong>in</strong><br />

Berührung,<br />

er lernt e<strong>in</strong>e Vielfalt von Arbeitstechniken kennen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en<br />

Projektausbildung nicht geboten werden kann,<br />

er muss den Arbeitsablauf unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />

planen,<br />

den Arbeitsablauf nach Gesichtspunkten <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Qualität<br />

planen,<br />

qualiNETZ GmbH 2006 37


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

die erfor<strong>der</strong>lichen Werkzeuge auswählen <strong>und</strong> überprüfen,<br />

e<strong>in</strong>e vorgegebene Lieferzeit e<strong>in</strong>halten <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Arbeiten auf<br />

Term<strong>in</strong>e bezogen planen,<br />

das Arbeitsergebnis laufend überwachen <strong>und</strong> das Ergebnis<br />

selbst überprüfen, bewerten <strong>und</strong> dokumentieren,<br />

Korrekturen des Arbeitsablaufes nach wirtschaftlichen <strong>und</strong> qualitativen<br />

Gesichtspunkten durchführen.<br />

In diesem Prozess entstehen neben <strong>der</strong> vertieften Fachlichkeit zusätzlich<br />

Sicherheit, Selbstvertrauen <strong>und</strong> Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong>.<br />

Jonny weiß, dass er richtige Teile hergestellt hat, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>gebaut werden. Fertigungsarbeiten stellen aber auch höhere<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an die Konzentration, an des Durchhaltevermögen<br />

<strong>und</strong> an Ehrlichkeit <strong>und</strong> Selbstkritik. Zusätzlich muss Jonny oftmals<br />

auftretende Probleme kommunizieren <strong>und</strong> er muss <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit den Ausbil<strong>der</strong>n nach Lösungen suchen.<br />

38<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

3.6 Betreuung <strong>der</strong> Azubis im Netzwerk 48 PLUS – e<strong>in</strong><br />

Praxisbericht<br />

Kar<strong>in</strong> Woyta<br />

Die Staufen gGmbH Arbeits- <strong>und</strong> Beschäftigungsför<strong>der</strong>ung Göpp<strong>in</strong>gen<br />

(SAB) bietet im Rahmen von 48 PLUS <strong>der</strong>zeit acht Ausbildungsplätze<br />

<strong>in</strong> den Bereichen Büro, Landschaftsbau, Verkauf <strong>und</strong> Hauswirtschaft<br />

an. Unsere Auszubildenden kamen mit den verschiedensten<br />

H<strong>in</strong>tergründen zu uns. So haben wir z. B. e<strong>in</strong>e junge Frau aus<br />

Kasachstan mit schlechten Deutschkenntnissen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e junge Frau<br />

mit starken psychischen Problematiken, die deswegen die vorige<br />

Ausbildung abgebrochen hatte. E<strong>in</strong>en jungen Mann aus <strong>der</strong> Drogenszene,<br />

ebenfalls Ausbildungsabbrecher <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Jugendliche, die<br />

starke Defizite im sozialen Verhalten <strong>und</strong> im Lernbereich zeigen. Die<br />

meisten hatten deswegen e<strong>in</strong>en schlechten Zeugnisabschluss <strong>und</strong><br />

ke<strong>in</strong>e Möglichkeit wo an<strong>der</strong>s e<strong>in</strong>e Ausbildung zu beg<strong>in</strong>nen. Nach <strong>der</strong><br />

Orientierungsphase waren wir jedoch sicher, dass die Jugendlichen<br />

„nach menschlichem Ermessen“ <strong>und</strong> mit viel Unterstützung <strong>und</strong> Geduld<br />

e<strong>in</strong>e Ausbildung schaffen könnten. Im Laufe <strong>der</strong> Zeit wurde nun<br />

für jeden e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Unterstützungsprogramm zusammengestellt.<br />

Wie bei <strong>der</strong> SAB generell üblich – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>deststandard auch für<br />

die so genannten E<strong>in</strong>-Euro-Jobs wird mit jedem das reguläre Programm<br />

<strong>der</strong> Hilfeplanung durchlaufen – für die Azubis natürlich mit<br />

erheblich mehr Zeitaufwand. Die Hilfeplanung be<strong>in</strong>haltet erste Erfassungsbögen,<br />

aufgenommen im Erstgespräch. Hier s<strong>in</strong>d neben <strong>der</strong><br />

normalen Datenerhebung für uns Aussagen wichtig über Mobilität<br />

(Führersche<strong>in</strong>/Wohnort ), familiärer H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (alle<strong>in</strong> o<strong>der</strong> mit Familie/alle<strong>in</strong><br />

erziehend …), Krankheitsdaten ( körperliche, psychische<br />

Bee<strong>in</strong>trächtigungen, Suchterkrankungen soweit erkennbar) <strong>und</strong> natürlich<br />

Schulbildung <strong>und</strong> eventuell abgebrochene Ausbildungen. In<br />

Kooperation mit den Anleitern <strong>der</strong> Fachgebiete (Bewertungsbögen)<br />

<strong>und</strong> über Selbste<strong>in</strong>schätzungen <strong>der</strong> Teilnehmenden wird nach Fest-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 39


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

stellen des <strong>in</strong>dividuellen Unterstützungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsbedarfes<br />

<strong>der</strong> Hilfsplan erstellt. Dieser kann natürlich umso <strong>in</strong>dividueller <strong>und</strong><br />

ausführlicher se<strong>in</strong>, je länger die Personen bei uns s<strong>in</strong>d. Im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Hilfepläne werden auch die notwendigen Qualifizierungen festgelegt.<br />

Zum Standardprogramm bei <strong>der</strong> SAB gehört <strong>in</strong> jedem Fall e<strong>in</strong><br />

Bewerbungs- <strong>und</strong> Motivationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>und</strong> Deutschunterricht. Für unsere<br />

Jugendprojekte werden weiter reichende Inhalte organisiert, die<br />

auch viel allgeme<strong>in</strong>bildende, gesellschaftliche <strong>und</strong> politische Themen<br />

umfassen.<br />

Für unsere Azubis haben wir nun sehr <strong>in</strong>dividuelle Hilfen zusammengestellt<br />

<strong>und</strong> diese mit den Angeboten von Ridaf verknüpft. Es gibt<br />

Programme <strong>und</strong> Sem<strong>in</strong>are für alle, komplettiert mit <strong>in</strong>dividuellen Bauste<strong>in</strong>en.<br />

Fachliche Unterweisungen <strong>und</strong> soziales Lernen gehen oft<br />

<strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> über. Als Programm verb<strong>in</strong>dlich für alle s<strong>in</strong>d die Ridaf-<br />

Sem<strong>in</strong>are (vgl. Kapitel 4). Als Son<strong>der</strong>programm haben wir uns von<br />

Ridaf e<strong>in</strong>e Reihe Qualifizierungse<strong>in</strong>heiten zu den Themen „Lernen<br />

lernen – Wie lerne ich richtig <strong>und</strong> selbstständig“ <strong>in</strong>s Haus geholt.<br />

Als e<strong>in</strong> Qualifizierungsprojekt an<strong>der</strong>er Art entstand <strong>in</strong> 2004 unter <strong>der</strong><br />

Leitung unserer Qualifizierungsbeauftragten e<strong>in</strong>e Broschüre über<br />

unseren Biolandwirtschaftsbetrieb Waldeckhof. Die Broschüre soll<br />

e<strong>in</strong> breit gefächertes Informationsbüchle<strong>in</strong> für unsere K<strong>und</strong>schaft<br />

se<strong>in</strong>. Fachliche Infos recherchierten die Verkaufsazubis, bearbeitet<br />

<strong>und</strong> gestaltet wurde es von allen, bevorzugt natürlich vom Bürobereich.<br />

Entstanden ist e<strong>in</strong> durchaus ansehnliches Werk, auch zum<br />

Thema Teamarbeit. E<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Highlight war auch e<strong>in</strong> Tagessem<strong>in</strong>ar<br />

über Stil <strong>und</strong> Benimm – Knigge im Beruf. Die Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> coacht<br />

normalerweise Manager, deshalb war dieses Sem<strong>in</strong>ar dann für<br />

unsere Azubis etwas ganz Beson<strong>der</strong>es. Diese für alle gedachten Unterweisungen<br />

werden nun <strong>in</strong>dividuell vervollständigt, im e<strong>in</strong>fachsten<br />

Fall mit Sprachunterricht o<strong>der</strong> etwas <strong>in</strong>tensiverer Nachhilfe im fachlichen<br />

Bereich.<br />

Aber so e<strong>in</strong>fach haben wir es eben doch nicht. Was tun, wenn die<br />

„Azub<strong>in</strong>e“ (unser liebevoller Ausdruck für weibliche Auszubildende) <strong>in</strong><br />

40<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

so genannter Subkultur versackt, immer wie<strong>der</strong> als Außenseiter<strong>in</strong><br />

auftritt (auch recht deutlich durch ihre Kleidung), sich permanent private<br />

Probleme aufhalst <strong>und</strong> deswegen immer wie<strong>der</strong> fehlt o<strong>der</strong> nicht<br />

konzentriert lernen kann. Bei zwei an<strong>der</strong>en herrscht ständiger „Zicken-Alarm“,<br />

flapsig gesagt für psychische Problematiken im Zusammenleben<br />

– <strong>der</strong> oft so ausartet, dass die e<strong>in</strong>e bis zu Selbstmorddrohungen<br />

schreitet o<strong>der</strong> sich selbst verletzt. Unser Gartenbauazubi<br />

ist vornehmlich clean von Drogen – nur nicht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Verhalten.<br />

Ständig abgebrannt <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e anpumpend, dauernd krank – immer<br />

mit Krankmeldung so dass er rechtlich nicht zu packen ist. Und dabei<br />

vom Typ „charmanter Südlän<strong>der</strong>“ davon überzeugt, uns Frauen jeden<br />

Blöds<strong>in</strong>n glaubhaft servieren zu können.<br />

In all diesen Fällen ist nun <strong>der</strong> Sozialdienst <strong>in</strong>tensivst gefor<strong>der</strong>t –<br />

weshalb wir die Azubis auch auf die Schultern mehrerer Sozialpädagog<strong>in</strong>nen<br />

o<strong>der</strong> Pädagogen verteilt haben. Wichtig ist hier klare Grenzen<br />

zu setzen, Verb<strong>in</strong>dlichkeiten e<strong>in</strong>zufor<strong>der</strong>n, Vere<strong>in</strong>barungen zu<br />

treffen, aber auch hilfreich zu unterstützen, Stärken zu för<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />

Achtung <strong>und</strong> Anerkennung zu zeigen. Und vor allem Zeit zum Zuhören<br />

mit zu br<strong>in</strong>gen! So wird nun unser junger Mann zum arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen<br />

Dienst geschickt, Vorschuss erhält er nur nach Absprache.<br />

Die Schule gibt uns sofort Rückmeldung über Fehlzeiten. Gespräche<br />

mit se<strong>in</strong>er Suchtberater<strong>in</strong> wurden e<strong>in</strong>geleitet. Und vor allem weiß er,<br />

dass wir Vorgesetzten uns absprechen <strong>und</strong> uns gegenseitig <strong>in</strong>formieren,<br />

so dass er uns nicht untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ausspielen kann. Fürs Lernen<br />

wird festgelegt, was während <strong>der</strong> Arbeit mit den Ausbil<strong>der</strong>n etc.<br />

gelernt, was als Hausaufgabe erledigt wird, wer Sprache<strong>in</strong>zelunterricht<br />

erhält <strong>und</strong> wer noch zusätzlich an ausbildungsbegleitenden Hilfen<br />

(abH) teilnehmen soll.<br />

Fünf Auszubildende haben die erste Klasse geschafft, zwei nicht.<br />

Aber auch diese haben sich persönlich sehr positiv entwickelt. Trotz<br />

aller Schwierigkeiten <strong>und</strong> auch Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen war ihnen<br />

immer e<strong>in</strong>es wichtig – ihre Ausbildung zu absolvieren. Und solange<br />

wir diese Absicht glaubhaft <strong>und</strong> ernsthaft erkennen, werden wir das<br />

qualiNETZ GmbH 2006 41


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

uns Mögliche tun, um die jungen Leute zu unterstützen. Und sie s<strong>in</strong>d<br />

uns <strong>in</strong>zwischen doch recht ans Herz gewachsen <strong>und</strong> ihr Erfolg uns<br />

um ihretwillen wichtig.<br />

42<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

4 Netzwerkübergreifende Fortbildungen - Angebote<br />

für Auszubildende <strong>und</strong> Ausbildungspersonal<br />

Elke März<br />

Im mo<strong>der</strong>nen Berufsleben kommt es nicht alle<strong>in</strong> auf fachliche Kompetenzen<br />

an – berufsübergreifende Kompetenzen als Schlüssel für<br />

Berufstätigkeiten auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Berufen werden immer wichtiger.<br />

Die Berufsausbildung ist nach wie vor e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stiegsvoraussetzung,<br />

um fachlich qualifizierte Arbeitstätigkeiten ausführen zu können.<br />

Sie ist gleichzeitig auch e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en lebenslangen beruflichen<br />

Lernprozess. Die meisten Menschen arbeiten nicht mehr (ausschließlich)<br />

<strong>in</strong> ihrem erlernten Beruf. Sie haben sich im Laufe ihres<br />

Berufslebens viele zusätzliche Kompetenzen angeeignet. Die Fähigkeit<br />

zu lebenslangem Lernen soll bereits während <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

erlernt werden.<br />

Im Netzwerk 48 PLUS bietet die ridaf Reutl<strong>in</strong>gen gGmbh (Reutl<strong>in</strong>ger<br />

Initiative deutsche <strong>und</strong> ausländische Familien) trägerübergreifende<br />

Lernangebote für Auszubildende <strong>und</strong> für Ausbildende an. Die Reutl<strong>in</strong>ger<br />

Initiative deutsche <strong>und</strong> ausländische Familien gGmbH setzt<br />

sich seit 1981 für die Verständigung zwischen ausländischen Mitbürger<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Mitbürgern <strong>und</strong> Deutschen e<strong>in</strong>. Sie hat als oberstes<br />

Ziel, die Lebenssituation <strong>der</strong> Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten sowie benachteiligter<br />

Deutscher zu verbessern.<br />

Die Auszubildenden im Netzwerk 48PLUS gehören zu den Jugendlichen,<br />

die <strong>in</strong> ihrer Berufsausbildung aufgr<strong>und</strong> schulischer o<strong>der</strong> sozialer<br />

Probleme e<strong>in</strong>e zusätzliche För<strong>der</strong>ung benötigen. Zu den Stärken<br />

<strong>der</strong> Sozialbetriebe gehört es, die Vorteile <strong>der</strong> Ausbildung <strong>in</strong> <strong>betrieblichen</strong><br />

Arbeitsprozessen mit e<strong>in</strong>em speziellen För<strong>der</strong>angebot für diese<br />

Zielgruppen zu vere<strong>in</strong>en. Die Sozialbetriebe führen die sozialpädagogische<br />

Begleitung selbst durch. Ihre Ausbildungsfachleute unter-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 43


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

stützen die Auszubildenden auch zu berufsfachlichen Fragestellungen<br />

aus dem Berufsschulunterricht.<br />

4.1 Der Kompetenzansatz<br />

Der Kompetenzansatz besagt, dass für nachhaltige Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsprozesse<br />

von vorhandenen Fähigkeiten <strong>und</strong> Stärken auszugehen<br />

ist. Dieser Ansatz ist bei unserem durchgeführten Stütz<strong>und</strong><br />

För<strong>der</strong>unterricht die maßgebliche Ausrichtung, die <strong>in</strong> sämtlichen<br />

Maßnahmen <strong>und</strong> auf Dauer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Art des alltäglichen Umgangs <strong>der</strong><br />

beteiligten Lehrkräfte mit den Auszubildenden zum Ausdruck kommen<br />

muss. Damit ist gesagt, dass die Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmer<br />

neben den professionellen auch e<strong>in</strong> Recht auf persönliche Standards<br />

<strong>in</strong> Form von aufrichtiger Wertschätzung, Offenheit, Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />

<strong>und</strong> Verb<strong>in</strong>dlichkeit haben. Diese Herangehensweise ist deshalb<br />

so wichtig, weil viele <strong>der</strong> <strong>in</strong> unserer Maßnahme bef<strong>in</strong>dlichen jungen<br />

Menschen bereits deutliche Merkmale e<strong>in</strong>er typischen Misserfolgskarriere<br />

aufweisen. Das Gefühl, nicht anerkannt zu werden, beruflich<br />

<strong>und</strong> schulisch zu scheitern o<strong>der</strong> Erwartungen nicht gerecht zu werden,<br />

drückt sich <strong>in</strong> Unsicherheit, niedrigem Selbstwertgefühl, aggressivem<br />

o<strong>der</strong> so genanntem abweichenden Verhalten aus. Wer<br />

sich selbst als defizitären Menschen empf<strong>in</strong>det, tut sich bei <strong>der</strong> Suche<br />

nach eigenen Ressourcen <strong>und</strong> Stärken schwer. Wichtig ist aber<br />

auch, dass nicht e<strong>in</strong>ige isolierte Eigenschaften perfektioniert werden<br />

<strong>und</strong> die Komplexität <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen des mo<strong>der</strong>nen Berufslebens<br />

aus dem Blick geraten. Es wäre niemand damit gedient, wenn beispielsweise<br />

trotz starker Steigerung im fachtheoretischen Bereich<br />

das Ausbildungsziel nicht erreicht wird, weil <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fachpraxis mangels<br />

Teamfähigkeit die erfor<strong>der</strong>lichen Leistungen nicht erbracht werden.<br />

Die angemessene Herangehensweise ist nun eben <strong>der</strong> Kompetenzansatz.<br />

Dieser besagt nämlich, dass je<strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Lebenslage<br />

über Stärken <strong>und</strong> Fähigkeiten verfügt, auch wenn diese<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Umstände nicht offen zu Tage treten. Und<br />

wenn diese beson<strong>der</strong>en Umstände e<strong>in</strong>e jugendliche Misserfolgskarriere<br />

s<strong>in</strong>d, so ist eben dort anzusetzen, d. h. es s<strong>in</strong>d Arrangements<br />

44<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

zu entwerfen, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> junge Mensch aus eigener Kraft Erfolge<br />

erzielen kann <strong>und</strong> die ihm dafür gebührende Anerkennung f<strong>in</strong>det.<br />

Das Gefühl aus eigener Kraft etwas geschafft zu haben, begünstigt<br />

die Motivation, dasselbe auch auf an<strong>der</strong>en Gebieten zu versuchen,<br />

d.h. sich auf die Suche nach eigenen Stärken <strong>und</strong> Fähigkeiten zu<br />

machen. Der Kompetenzansatz im Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterricht wird<br />

also verstanden als aufrichtige Wertschätzung <strong>der</strong> Person des Teilnehmenden,<br />

dessen zunehmende Selbstbestimmung dazu führen<br />

wird, dass er o<strong>der</strong> sie sich mit e<strong>in</strong>em erfolgreichen Berufsabschluss<br />

den komplexen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gegenwart stellen kann.<br />

4.2 Berufsschulbegleiten<strong>der</strong> Unterricht<br />

Der netzwerkübergreifende berufsschulbegleitende Unterricht <strong>in</strong> den<br />

Fächern Mathematik bzw. Fachrechnen, Deutsch für Auszubildende<br />

mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Englisch wird netzwerkübergreifend<br />

organisiert <strong>und</strong> an sechs Standorten durch Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen von<br />

ridaf durchgeführt, wenn hierfür ke<strong>in</strong>e eigenen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen o<strong>der</strong><br />

Mitarbeiter zur Verfügung stehen.<br />

Der Unterricht f<strong>in</strong>det an den e<strong>in</strong>zelnen Standorten <strong>der</strong> an dem Projekt<br />

48 PLUS beteiligten E<strong>in</strong>richtungen statt. In Kle<strong>in</strong>gruppen mit jeweils<br />

2 bis 8 Auszubildenden, die sich entwe<strong>der</strong> nach Ausbildungsberuf<br />

<strong>und</strong> Ausbildungsjahr zusammensetzen o<strong>der</strong> unabhängig davon<br />

bedarfsorientiert zusammenf<strong>in</strong>den (z.B. Deutsch für Auslän<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Auslän<strong>der</strong>), trifft man sich e<strong>in</strong>mal wöchentlich o<strong>der</strong> alle zwei Wochen.<br />

Je nach aktuellem För<strong>der</strong>bedarf beträgt <strong>der</strong> zeitliche Umfang zwischen<br />

2 <strong>und</strong> 4 Unterrichtsst<strong>und</strong>en pro Woche. Bei Bedarf können<br />

auch Prüfungsvorbereitungssem<strong>in</strong>are angeboten werden. Hier werden<br />

fachliche <strong>und</strong> allgeme<strong>in</strong>bildende Inhalte zielgruppen- <strong>und</strong> voraussetzungsgerecht<br />

aufbereitet <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lerngruppe erarbeitet.<br />

Lernför<strong>der</strong>ung erfolgt <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Hilfe bei <strong>der</strong> Aneignung,<br />

Speicherung <strong>und</strong> Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> vom jeweiligen Ausbildungsberuf<br />

gefor<strong>der</strong>ten fachtheoretischen Kenntnisse <strong>und</strong> <strong>der</strong> H<strong>in</strong>-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 45


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

führung zu <strong>und</strong> Anleitung bei <strong>der</strong> Beschäftigung mit allgeme<strong>in</strong>bildenden<br />

Themen <strong>in</strong> den Fächern Deutsch, Wirtschaftsk<strong>und</strong>e, Geme<strong>in</strong>schaftsk<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> Mathematik. Die Inhalte ergeben sich aus <strong>der</strong><br />

Ausbildungsordnung, dem Ausbildungsjahr <strong>und</strong> aktuellen Anlässen<br />

wie etwa e<strong>in</strong>er Klassenarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsschule.<br />

4.3 Lernför<strong>der</strong>ung<br />

Lernför<strong>der</strong>ung heißt hier, die Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmer bei<br />

<strong>der</strong> Erschließung neuer <strong>und</strong> gangbarer Wege zum Erwerb von Wissen<br />

<strong>und</strong> erweiterter Handlungsfähigkeit zu begleiten, sowie Anregung<br />

zu geben für den Auf- <strong>und</strong> Ausbau jener überfachlichen Kompetenzen,<br />

die zur selbstständigen Bewältigung <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gegenwart benötigt werden. Ergänzt wird dies<br />

alles durch Übungen zur Konzentration, zum Abbau von Stress, zu<br />

verschiedenen Arbeits- <strong>und</strong> Lerntechniken <strong>und</strong> zur Lernzeitgestaltung<br />

etc., um so den Lernenden die Möglichkeit zu geben, ihren eigenen<br />

Lerntyp zu entdecken <strong>und</strong> zu optimieren.<br />

Gleichberechtigt neben <strong>der</strong> <strong>in</strong>haltlichen steht die psycho-emotionale<br />

Vorbereitung auf die Prüfungssituation. Viele <strong>der</strong> Auszubildenden<br />

haben Prüfungsangst, auch wenn <strong>der</strong> Lernstoff ausreichend geübt<br />

wurde. Der Umgang mit bzw. <strong>der</strong> Abbau von Prüfungsängsten muss<br />

deshalb <strong>in</strong> den Mittelpunkt gerückt werden, wenn die Prüfung naht.<br />

Dies kann durch realitätsnahe Prüfungssimulation, durch die Anleitung<br />

beim Erstellen e<strong>in</strong>es Prüfungskalen<strong>der</strong>s zur Zeite<strong>in</strong>teilung bis<br />

zur Prüfung, aber auch durch regelmäßige Übungen zum Stressabbau,<br />

zum Erlangen e<strong>in</strong>er größeren Selbstsicherheit <strong>und</strong> zum Überw<strong>in</strong>den<br />

von „Black-outs“ geschehen.<br />

Ziele des Stütz- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>unterrichts s<strong>in</strong>d:<br />

Stärkung des Selbstwertgefühls,<br />

För<strong>der</strong>ung von Motivation,<br />

Bewusstmachung eigener Ressourcen,<br />

Anwendung angemessener Problemlösungsstrategien,<br />

46<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Vermittlung berufsbezogenen, fachlichen Wissens,<br />

Erkennen <strong>und</strong> Anwenden fachsprachlicher Strukturen,<br />

Umgang mit Texten, Lese- <strong>und</strong> Schreibtechniken,<br />

Übersichtliches Ordnen des Schulstoffes,<br />

Abbau von Stress <strong>und</strong> Prüfungsängsten,<br />

Auf- <strong>und</strong> Ausbau von Schlüsselqualifikationen,<br />

Ermittlung <strong>in</strong>nerer <strong>und</strong> äußerer E<strong>in</strong>flussfaktoren für das <strong>in</strong>dividuelle<br />

Lernen,<br />

Aufarbeitung von Lernschwierigkeiten,<br />

Abbau von Lernblockaden,<br />

Erlernen selbstständiger Wissensaneignung <strong>und</strong> Informationsverarbeitung,<br />

Entwicklung von Lern- <strong>und</strong> Arbeitsweisen,<br />

Anregungen zur s<strong>in</strong>nvollen Gestaltung des Arbeitsplatzes <strong>und</strong><br />

des Lernumfeldes,<br />

Zeitmanagement.<br />

4.4 Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zur Sozialkompetenz<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus führt ridaf Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zur Sozialkompetenz für alle<br />

Auszubildenden des Netzwerks durch. Sie bestehen aus fünf e<strong>in</strong>o<strong>der</strong><br />

zweitägigen Sem<strong>in</strong>aren zu den Themen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Kommunikation,<br />

Konfliktmanagement, Schlüsselqualifikationen, Erfolg im<br />

Team sowie Präsentationstechniken. Diese Themen s<strong>in</strong>d für alle<br />

Ausbildungsberufe relevant. Sie betreffen zugleich Kompetenzbereiche,<br />

<strong>in</strong> denen viele Jugendliche beson<strong>der</strong>s geför<strong>der</strong>t werden sollten.<br />

An den Sem<strong>in</strong>aren nehmen Jugendliche aus allen Standorten von 48<br />

PLUS teil. Das Zusammenkommen mit Auszubildenden an<strong>der</strong>er Sozialbetriebe<br />

<strong>und</strong> die Übernachtungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendherberge haben<br />

den Gruppenzusammenhalt gestärkt.<br />

Die Mitarbeit <strong>in</strong> den Sem<strong>in</strong>aren war sehr gut. Auch stillere Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Teilnehmer brachten sich im Laufe <strong>der</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs mehr<br />

qualiNETZ GmbH 2006 47


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

<strong>und</strong> mehr e<strong>in</strong>. Die Themen wurden mit großem Interesse entgegengenommen.<br />

Vor allem die hohen Praxisanteile fanden Zustimmung.<br />

4.5 Lernen Lernen, Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

Weitere Sem<strong>in</strong>arangebote gibt es zu den Themen Lernen lernen <strong>und</strong><br />

Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Diese s<strong>in</strong>d als Inhouse-Sem<strong>in</strong>are bei den 48<br />

PLUS Partnern gedacht (drei Mal e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>artag). Im Sem<strong>in</strong>ar „Lernen<br />

lernen“ werden folgende Themen bearbeitet:<br />

Lerntechniken,<br />

Wie lerne ich?<br />

Prüfungssituationen besser bewältigen,<br />

<br />

Lernen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>beziehung aller S<strong>in</strong>ne,<br />

M<strong>in</strong>dmap-Methode,<br />

Kurz- <strong>und</strong> Langzeitgedächtnis,<br />

Bra<strong>in</strong> Gym.<br />

Das Sem<strong>in</strong>ar Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g ist auf Anregung <strong>der</strong> Auszubildenden<br />

zustande gekommen <strong>und</strong> be<strong>in</strong>haltet die Erarbeitung kompletter<br />

Bewerbungsunterlagen für den angestrebten Übergang <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Unternehmen während o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Ausbildung.<br />

4.6 Tra<strong>in</strong>-the-Tra<strong>in</strong>er-Sem<strong>in</strong>are<br />

Auch für die Ausbildungsmitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -mitarbeiter hat ridaf<br />

zwei aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> aufbauende Sem<strong>in</strong>artage zu Konfliktmanagement,<br />

Motivation <strong>und</strong> Fallberatungen durchgeführt. Die Sem<strong>in</strong>are hatten<br />

hohe Praxisrelevanz <strong>und</strong> waren <strong>in</strong>folgedessen sehr motivierend.<br />

25 Prozent <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d mit den Sem<strong>in</strong>aren<br />

sehr zufrieden, weitere 68,75 Prozent zufrieden. Die Hälfte <strong>der</strong> an<br />

den Sem<strong>in</strong>aren Teilnehmenden konnten die erarbeiteten Erkenntnisse<br />

oft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis e<strong>in</strong>setzen, weitere 12,5 Prozent sogar überwiegend.<br />

Kaum Praxisbezug wird von 37,5 Prozent <strong>der</strong> Fälle gesehen,<br />

wovon auch 6,25 Prozent mit den Sem<strong>in</strong>aren gar nicht zufrieden wa-<br />

48<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

ren. Es handelt sich hierbei um e<strong>in</strong>zelne Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmer.<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis werden zurzeit im Zusammenhang mit<br />

dem Aufbau e<strong>in</strong>es QM-Systems nach ISO 9000 e<strong>in</strong>geführt, weniger<br />

aufgr<strong>und</strong> punktueller Fortbildungen. Vor allem wurde geschätzt, dass<br />

die Sem<strong>in</strong>ar<strong>in</strong>halte die eigene Arbeit unterstützt. „Die wie<strong>der</strong>kehrende<br />

Reflexion von alltagsrelevanten Themen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung benachteiligter<br />

Jugendlicher hat me<strong>in</strong>e Arbeit eher unterstützt <strong>und</strong> effizienter<br />

gemacht als verän<strong>der</strong>t“. So wurden Störfaktoren menschlicher<br />

Kommunikation erkannt <strong>und</strong> beseitigt o<strong>der</strong> Formen professioneller<br />

Gesprächsführung angewandt. Dennoch konnten auch Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> eigenen Arbeit aus den Sem<strong>in</strong>arergebnissen abgeleitet<br />

werden. „Ich habe regelmäßig bei Eltern-/Ausbil<strong>der</strong>abenden im Berufsschulzentrum<br />

teilgenommen, mit den Klassen- <strong>und</strong> Fachlehrern<br />

guten Kontakt gehalten. Weiterh<strong>in</strong> habe ich versucht, mit den Lehrern<br />

Defizite zu erkennen <strong>und</strong> für Abhilfe zu sorgen, <strong>in</strong> dem ich zusätzliches<br />

Lehrmaterial besorgt <strong>und</strong> vor Klassenarbeiten Lernhilfen<br />

gegeben habe“.<br />

Der Wunsch nach mehr Handlungssicherheit durch pädagogisches<br />

Wissen <strong>und</strong> Methoden ist deutlich erkennbar. Diese helfen bei <strong>der</strong><br />

Problem- <strong>und</strong> Konfliktbewältigung, aber auch zur Motivation <strong>und</strong> dem<br />

Gestalten von Lernen. Der Bedarf an pädagogischer Fortbildung für<br />

das Ausbildungspersonal ist sehr hoch. Dass die Fortbildungsreihe<br />

fortgesetzt <strong>und</strong> ausgeweitet werden sollten, zeigt auch die Liste weiterer<br />

Themenwünsche. Sie beziehen sich auf allgeme<strong>in</strong>es pädagogisches<br />

Know How für die Arbeitspraxis, Teamarbeit, Gen<strong>der</strong>aspekt im<br />

Handwerk, den Umgang mit schwierigen Auszubildenden, professionelle<br />

Krisen- <strong>und</strong> Konfliktbewältigung, mehr zum Thema Kommunikationstechniken,<br />

Lernmethoden <strong>und</strong> Lerntechniken für die Auszubildenden<br />

sowie Motivation für die Vermittlung von Allgeme<strong>in</strong>bildung:<br />

wie br<strong>in</strong>ge ich das <strong>in</strong>teressant den Azubis rüber? Wie kann ich den<br />

Lerneifer <strong>der</strong> Azubis wecken? Weiterh<strong>in</strong> werden Maßnahmen zur<br />

Belastungsreduktion vor Prüfungen <strong>der</strong> Auszubildenden, sowie<br />

qualiNETZ GmbH 2006 49


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Deutsch- <strong>und</strong> Grammatikkurse für die Auszubildenden für wichtig<br />

angesehen.<br />

50<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

5 Angaben zu den Teilnehmenden<br />

Zum Jahresende 2004 gab es im Netzwerk 48 PLUS 50 Ausbildungsverträge:<br />

Ausbildungsberufe<br />

m<br />

w<br />

Gesamt<br />

Altenpflege<br />

Büroberufe<br />

E<strong>in</strong>zelhandel (Verkauf)<br />

Gastronomie, Hauswirtschaft<br />

Gartenbau<br />

Metallberufe<br />

Maler/<strong>in</strong><br />

Tischler/<strong>in</strong><br />

1<br />

3<br />

0<br />

2<br />

3<br />

7<br />

3<br />

9<br />

3<br />

8<br />

3<br />

2<br />

0<br />

0<br />

2<br />

4<br />

4<br />

11<br />

3<br />

4<br />

3<br />

7<br />

5<br />

13<br />

E<strong>in</strong> Jahr später, zum Stichtag 31.12.2005 befanden sich 53 Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Teilnehmer im Projekt. Davon s<strong>in</strong>d 27 männlich <strong>und</strong> 26<br />

weiblich. Die Anzahl <strong>der</strong> Auszubildenden verteilt sich auf die Träger<br />

wie folgt:<br />

Träger Gesamt männlich weiblich<br />

Integra 4 2 2<br />

Gbig Jungnau 7 3 4<br />

Waldhaus 6 6 0<br />

Gjb Stuttgart 9 3 6<br />

Staufen 8 2 6<br />

Giba 5 4 1<br />

Pro labore 4 3 1<br />

AWO 10 4 6<br />

Tabelle 3: Verteilung <strong>der</strong> Ausbildungsplätze im Jahr 2005 auf die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Netzwerkpartner<br />

qualiNETZ GmbH 2006 51


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Träger<br />

prolabore<br />

AWO<br />

Integra<br />

gbig Jungnau<br />

Waldhaus<br />

gjb Stuttgart<br />

Staufen<br />

Giba<br />

weiblich<br />

männlich<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

Anzahl <strong>der</strong> Teilnehmer<br />

Die Anzahl <strong>der</strong> 53 Auszubildenden verteilt sich auf folgende Berufe<br />

<strong>und</strong> Ausbildungsjahre:<br />

1.Ausbildungsjahr 2.Ausbildungsjahr 3.Ausbildungsjahr 4.Ausbildungsjahr<br />

Ausbildungsberufe<br />

ZimmererIn<br />

Fachfrau für Bürokommunikation<br />

Verkäufer<strong>in</strong><br />

AltenpflegerIn<br />

Modeschnei<strong>der</strong>In<br />

Gartenbaufachwerker<br />

Hauswirtschafter<strong>in</strong><br />

Kaufmann/frau für Bürokommunikation<br />

Gärtner<br />

Hauswirtschaftliche Helfer<strong>in</strong><br />

Beikoch<br />

Industriemechaniker<br />

Zerspanungsmechaniker<br />

TischlerIn<br />

Maler<br />

Bürokaufmann/frau<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

Anzahl <strong>der</strong> Teilnehmer<br />

Elf Auszubildende s<strong>in</strong>d neu <strong>in</strong>s erste Ausbildungsjahr aufgenommen<br />

worden. Die meisten Auszubildenden (31) s<strong>in</strong>d im zweiten Ausbildungsjahr.<br />

Zehn s<strong>in</strong>d bereits im dritten o<strong>der</strong> vierten Ausbildungsjahr.<br />

Bei e<strong>in</strong>em Auszubildenden wurde ke<strong>in</strong> Beruf angegeben.<br />

52<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> ursprünglich (zu Ausbildungsbeg<strong>in</strong>n) angestrebten<br />

Berufe hat es <strong>in</strong> drei Fällen gegeben:<br />

1. E<strong>in</strong> Wechsel erfolgte vom Beruf Gärtner/<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Beruf Gartenbaufachwerker/<strong>in</strong>,<br />

aufgr<strong>und</strong> zu schlechter schulischer Leistungen.<br />

2. In dem an<strong>der</strong>en Fall wurde aufgr<strong>und</strong> sehr guter Leistungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Ausbildung zum Industriemechaniker gewechselt.<br />

3. In e<strong>in</strong>em weiteren Fall wurde die begonnene zweijährige Ausbildung<br />

zur Verkäufer<strong>in</strong> aufgr<strong>und</strong> des großen Interesses <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

dreijährige Ausbildung zur Kauffrau im E<strong>in</strong>zelhandel umgewandelt.<br />

Vier männliche Auszubildende haben bereits ihre Abschlussprüfung<br />

absolviert.<br />

Träger Berufsbezeichnung Beschäftigung Praktikum<br />

Gbig Jungnau Schre<strong>in</strong>er Meisterausbildung -<br />

Waldhaus Industriemechaniker Arbeitslos, unklare<br />

Perspektive<br />

-<br />

Waldhaus Industriemechaniker Arbeitslos, Aufnahme<br />

<strong>in</strong> Arbeitsverhältnis<br />

vorgesehen<br />

6 Wochen während<br />

<strong>der</strong> Ausbildung<br />

Pro labore Maler Der Lehrl<strong>in</strong>g ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

erlernten Ausbildungsberuf<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

an<strong>der</strong>em Unternehmen<br />

tätig.<br />

E<strong>in</strong> ehemaliger Schre<strong>in</strong>erlehrl<strong>in</strong>g ist übernommen worden <strong>und</strong> bef<strong>in</strong>det<br />

sich nun <strong>in</strong> <strong>der</strong> Meisterausbildung. Die beiden Industriemechaniker<br />

s<strong>in</strong>d arbeitslos gemeldet. Bei dem e<strong>in</strong>em ist die Perspektive noch<br />

unklar. Der Jugendliche erhält <strong>in</strong>tensive Unterstützung bei <strong>der</strong> Arbeitssuche,<br />

Internetrecherche <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Bewerbungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g im/<strong>in</strong>nerhalb<br />

des Haus/es. Nach Aussage des Ausbildungsbetriebes besteht<br />

für den Jugendlichen e<strong>in</strong>e sehr gute Prognose, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> nächs-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 53


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

ten drei Monate e<strong>in</strong>en Arbeitsvertrag zu bekommen. Die Übernahme<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Arbeitsverhältnis ist bisher gescheitert, da <strong>der</strong> Jugendliche die<br />

Ausbildung als sehr anstrengend empfand <strong>und</strong> aktuell e<strong>in</strong>e „Pause“<br />

brauchte.<br />

Bei dem an<strong>der</strong>en Industriemechaniker ist die Aufnahme e<strong>in</strong>es Arbeitsverhältnisses<br />

zwar vorgesehen, jedoch steht <strong>der</strong> genaue Zeitpunkt<br />

noch nicht fest. Mit Hilfe e<strong>in</strong>es sechswöchigen Praktikums<br />

konnte e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Kontakt zu e<strong>in</strong>em Betrieb aufgebaut werden.<br />

Zusätzlich fand e<strong>in</strong> Coach<strong>in</strong>g mit dem Jugendlichen <strong>und</strong> den zuständigen<br />

Personen im Übernahmebetrieb statt. Der geplante Vertragsabschluss<br />

mit dem entsprechenden Betrieb musste verschoben werden,<br />

da <strong>der</strong> zuständige Abteilungsleiter zurzeit überlastet ist <strong>und</strong> die<br />

E<strong>in</strong>arbeitung des Jugendlichen nicht gewährleistet wäre.<br />

Von den 49 noch im Projekt verbleibenden Teilnehmern <strong>und</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />

(vier haben die Abschlussprüfung bereits absolviert)<br />

werden 9 Auszubildende ihre Abschlussprüfung voraussichtlich im<br />

Sommer 2006 machen. 17 weitere Teilnehmer im Sommer 2007. Für<br />

5 Jugendliche ist die Abschlussprüfung im W<strong>in</strong>ter 2007/2008 geplant.<br />

Im Sommer 2008 werden 12 weitere Prüfungen stattf<strong>in</strong>den. Die letzten<br />

Prüfungen s<strong>in</strong>d für 3 Teilnehmer im W<strong>in</strong>ter 2008/2009 angedacht.<br />

Bei drei Auszubildenden erfolgte ke<strong>in</strong>e Angabe des Prüfungsterm<strong>in</strong>s.<br />

Träger<br />

Sommer<br />

2006<br />

Sommer<br />

2007<br />

W<strong>in</strong>ter<br />

2007/08<br />

Sommer<br />

2008<br />

W<strong>in</strong>ter<br />

2008/09<br />

Integra 2 1 1<br />

Gbig<br />

Jungnau<br />

2 3 1<br />

Waldhaus 1 3<br />

Pro labore 1 1 1<br />

Gjb Stuttgart 5 3<br />

Staufen 2 4<br />

AWO 1 3 6<br />

Giba 5<br />

Gesamt 9 17 5 12 3<br />

Tabelle 4: Verteilung <strong>der</strong> Abschlussprüfungen auf die Prüfungsjahre<br />

54<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Nach Schätzungen <strong>der</strong> Träger werden von 49 Auszubildenden nur<br />

zwei die Abschlussprüfungen voraussichtlich nicht bestehen. Weitere<br />

sechs haben die Chance, die Prüfung knapp zu bestehen (Note 4).<br />

Die übrigen 36 werden die Abschlussprüfungen bestehen. Vier von<br />

ihnen haben die Chance, die Ausbildung sogar mit gutem Erfolg (Note<br />

1) abzuschließen, weitere zwölf mit <strong>der</strong> Note 2, soweit dies im Vorfeld<br />

prognostizierbar ist. (Von 5 Teilnehmern gibt es ke<strong>in</strong>e Angaben)<br />

H<strong>in</strong>sichtlich des Ausbildungserfolges gibt es ke<strong>in</strong>e prägnanten Unterschiede<br />

zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Trägern. Die vier Erwartungen <strong>der</strong><br />

Note sehr gut wie auch die sechs Erwartungen des knapp Bestehens<br />

verteilen sich jeweils auf fünf verschiedene Träger. Die zwölf <strong>in</strong> Aussicht<br />

stehenden Noten zwei werden bei sechs Trägern erwartet, jeweils<br />

e<strong>in</strong>- bis dreimal.<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

gutem Erfolg gut bestehen bestehen knapp<br />

bestehen<br />

warsche<strong>in</strong>lich<br />

nicht<br />

bestehen<br />

Teilnehmende<br />

Grafik 1: Erwartete Ergebnisse bei den Abschlussprüfungen<br />

qualiNETZ GmbH 2006 55


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Im Laufe <strong>der</strong> Zeit ist es zu e<strong>in</strong>er ganzen Reihe von Ausbildungsabbrüchen<br />

gekommen wie die folgende Tabelle zeigt:<br />

Ausbildungsberuf<br />

Vorzeitig ausgeschieden<br />

Begründung<br />

Maler <strong>und</strong> Lackierer Vom Träger gekündigt Häufige Fehlzeiten ohne Entschuldigung;<br />

Abmahnungen blieben ohne Wirkung<br />

Maler <strong>und</strong> Lackierer Selbst gekündigt Private Beziehungsprobleme, die zu Wohnungsverlust<br />

<strong>und</strong> zum Abbruch <strong>der</strong> Ausbildung<br />

führten.<br />

Gärtner/ GaLa Bau Selbst gekündigt Ohne Angabe von Gründen<br />

Bürokauffrau im Handwerk<br />

Vom Träger gekündigt<br />

Probezeitkündigung wegen zu hoher Fehlzeiten<br />

Tischler Selbst gekündigt Azubi hat nach ½ Jahr Ausbildung wegen<br />

schulischer Überfor<strong>der</strong>ung selbst gekündigt,<br />

will lieber Geld am Fließband verdienen (!!!).<br />

Hat sich nicht zur Vernunft bewegen lassen.<br />

Tischler Selbst gekündigt Ohne Angabe von Gründen<br />

Bürokauffrau Selbst gekündigt Überfor<strong>der</strong>ung mit persönlicher Situation, da<br />

psychisch krank<br />

Hauswirtschafer<strong>in</strong> Selbst gekündigt Ohne Angabe von Gründen<br />

Mit 16 Prozent liegt die Quote <strong>der</strong> vorzeitig aufgelösten Ausbildungsverträge<br />

im Projekt 48 PLUS deutlich unter dem Durchschnitt. In Baden-Württemberg<br />

wurden im Jahr 2003 19,4 Prozent <strong>der</strong> abgeschlossenen<br />

Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Im B<strong>und</strong>esdurchschnitt<br />

waren es 21,9 Prozent (BMBF Berufsbildungsbericht 2005,<br />

106).<br />

56<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

6 F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Ausbildungskosten<br />

Das Ausbildungskonzept des Netzwerks 48 PLUS vere<strong>in</strong>igt die Vorzüge<br />

<strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung (starke Ausrichtung auf produktive<br />

Arbeit bei gleichzeitig hohem Anteil an <strong>in</strong>dividueller Anleitung) mit <strong>der</strong><br />

sozialpädagogisch orientierten Berufsausbildung <strong>in</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />

E<strong>in</strong>richtungen (<strong>in</strong>dividuelle Lernför<strong>der</strong>ung, berufsschulbegleitenden<br />

Unterricht, ausbildungsbegleitende Hilfen, sozialpädagogische<br />

Begleitung).<br />

Im Unterschied zu Bildungsträgern, die (nur) außerbetrieblich ausbilden,<br />

hat 48 PLUS den unschlagbaren Vorteil, dass die Ausbildung zu<br />

e<strong>in</strong>em sehr hohen Anteil im Rahmen von <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong> Dienstleistungsaufträgen<br />

stattf<strong>in</strong>det, verb<strong>und</strong>en mit e<strong>in</strong>er sehr <strong>in</strong>tensiven<br />

fachlichen Anleitung durch die Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong>. Der<br />

Personalschlüssel von 1:8 entspricht den Vorgaben <strong>der</strong> zuständigen<br />

Stellen für die betriebliche Ausbildung <strong>und</strong> ist damit günstiger als <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>in</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> E<strong>in</strong>richtungen. Diese<br />

Ausrichtung hat entscheidende Auswirkungen auf die Motivation <strong>der</strong><br />

Jugendlichen. Die sichtbaren Ergebnisse tragen zur positiven Entwicklung<br />

von Selbstbewusstse<strong>in</strong>, von Engagement <strong>und</strong> Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong><br />

bei. Es entsteht e<strong>in</strong>e hohe B<strong>in</strong>dung an den Betrieb.<br />

Die Auszubildenden bef<strong>in</strong>den sich nicht <strong>in</strong> Son<strong>der</strong>ausbildungsgruppen<br />

bei e<strong>in</strong>em Bildungsträger, son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d betrieblich e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en.<br />

K<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> Leistungsorientierung bestimmen von Beg<strong>in</strong>n<br />

an die E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> das Verhalten <strong>der</strong> Auszubildenden. Brüche<br />

zwischen dem relativ geschützten Lernen beim Bildungsträger <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> harten Realität des <strong>betrieblichen</strong> Alltages, wie sie häufig während<br />

Praktika o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Übergangsphasen zu beobachten s<strong>in</strong>d, f<strong>in</strong>den hier<br />

nicht statt.<br />

Gleichwohl müssen die Auszubildenden nicht auf die Vorzüge verzichten,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung üblich s<strong>in</strong>d, die <strong>in</strong><br />

den Betrieben gar nicht o<strong>der</strong> nur teilweise geleistet werden können:<br />

die systematische Vermittlung berufsfachlicher Fertigkeiten, Kennt-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 57


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

nisse <strong>und</strong> Fähigkeiten e<strong>in</strong>schließlich Theorieunterricht, die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Lernför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> die sozialpädagogische Begleitung.<br />

6.1 Kosten <strong>und</strong> Nutzen <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Berufsausbildung<br />

Die hohe Qualität <strong>der</strong> Ausbildung kostet entsprechend mehr als <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Ausbildung. Das B<strong>und</strong>es<strong>in</strong>stitut für Berufsbildung<br />

hat zuletzt <strong>in</strong> den Jahren 1999 bis 2002 e<strong>in</strong>e Untersuchung <strong>der</strong> Kosten<br />

<strong>und</strong> des Nutzens <strong>der</strong> Berufsausbildung durchgeführt (Beicht,<br />

Walden, Herget 2004). Im B<strong>und</strong>esdurchschnitt aller Berufe wurden<br />

durchschnittliche Gesamtkosten für die Berufsausbildung <strong>in</strong> Höhe<br />

von 16.435 Euro ermittelt. In den westdeutschen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n betrugen<br />

die Kosten 17.491 Euro pro Auszubildenden <strong>und</strong> Jahr. Sie<br />

setzen sich zu 50 Prozent aus den Personalkosten für die Auszubildenden,<br />

zu 36 Prozent aus Kosten für das überwiegend nebenberufliche<br />

Ausbildungspersonal, zu 3 Prozent aus Anlage- <strong>und</strong> Sachkosten<br />

sowie 11 Prozent aus sonstigen Kosten zusammen (Beicht u. a.<br />

2004, 40).<br />

Abbildung 1: Struktur <strong>der</strong> Bruttokosten <strong>in</strong>sgesamt sowie <strong>in</strong> West- <strong>und</strong> Ostdeutschland<br />

(Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 40)<br />

58<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Personalkosten <strong>der</strong> Auszubildenden s<strong>in</strong>d Ausbildungsvergütungen,<br />

gesetzliche Sozialleistungen <strong>und</strong> tarifliche/freiwillige Sozialleistungen.<br />

Personalkosten <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d die Kosten für haupt- <strong>und</strong><br />

nebenberufliches Ausbildungspersonal sowie für externe Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong>. Die Anlage- <strong>und</strong> Sachkosten betreffen die Arbeitsplatzausstattung<br />

(Werkzeuge, Übungsmaterial), Lehrwerkstatt<br />

<strong>und</strong> <strong>betrieblichen</strong> Unterricht. Unter sonstige Kosten fallen Lehr- <strong>und</strong><br />

Lernmaterialien, Kammergebühren, Berufs- <strong>und</strong> Schutzkleidung, externe<br />

Ausbildung <strong>und</strong> Ausbildungsverwaltung (vgl. Beicht u. a. 2004,<br />

22).<br />

Abbildung 2: Struktur <strong>der</strong> Bruttokosten nach Ausbildungsbereichen (Vollkosten)<br />

(Beicht u.a. 2004, 49)<br />

Betrachtet man die genannten Durchschnittswerte nach Ausbildungsbereichen,<br />

s<strong>in</strong>d die Bruttokosten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Industrie mit 17.750<br />

Euro pro Ausbildenden <strong>und</strong> Jahr höher als <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esdurchschnitt,<br />

während die Kosten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Landwirtschaft mit 15.020 <strong>und</strong> im Handwerk<br />

mit 14.395 Euro pro Auszubildenden <strong>und</strong> Jahr niedriger ausfallen<br />

(vgl. Beicht u. a. 2003, 45). Die Bruttokosten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Betrieben mit<br />

Lehrwerkstatt um etwa 3.000 Euro (Handwerk) bis 4.400 Euro (In-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 59


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

dustrie <strong>und</strong> Handel) höher als <strong>in</strong> Betrieben ohne Lehrwerkstatt. Bei<br />

den Nettokosten (abzüglich <strong>der</strong> Erträge) ist die Differenz noch größer.<br />

Betriebe mit Lehrwerkstatt geben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Industrie <strong>und</strong> im Handel<br />

Netto 7.400 Euro mehr aus, im Handwerk 5.000 Euro mehr als Betriebe<br />

ohne Lehrwerkstatt. Der Mehraufwand bezieht sich vor allem<br />

auf die Anlage- <strong>und</strong> Sachkosten <strong>und</strong> (ger<strong>in</strong>gfügig) auf das Ausbildungspersonal<br />

<strong>und</strong> die höheren Ausbildungsvergütungen <strong>in</strong> Betrieben<br />

mit Lehrwerkstatt. Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d die von den Auszubildenden<br />

erwirtschafteten Erträge um die Hälfte höher als <strong>in</strong> Betrieben<br />

ohne Lehrwerkstatt (vgl. Beicht 2004, 66).<br />

Abbildung 3: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong> Betrieben mit <strong>und</strong><br />

ohne Lehrwerkstattausbildung (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 66)<br />

Von den durchschnittlichen Gesamtkosten pro Auszubildenden <strong>und</strong><br />

Jahr <strong>in</strong> Höhe von 16.435 Euro werden durchschnittlich 7.730 Euro <strong>in</strong><br />

Form von Erträgen durch die Auszubildenden erwirtschaftet. Die Nettokosten<br />

betragen mit 8.705 Euro etwas mehr als die Hälfte <strong>der</strong> Gesamtkosten<br />

(53 Prozent). Diese Anteile verän<strong>der</strong>n sich aber im Laufe<br />

<strong>der</strong> Ausbildung. Im ersten Ausbildungsjahr ist <strong>der</strong> Aufwand für Unterweisungen<br />

durch das Ausbildungspersonal relativ hoch. Er nimmt<br />

im zweiten <strong>und</strong> dritten Ausbildungsjahr mehr <strong>und</strong> mehr ab. Gleichzei-<br />

60<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

tig steigen die Ausbildungsvergütungen. Die Nettokosten <strong>der</strong> Ausbildung<br />

machen im ersten Ausbildungsjahr noch 68 Prozent <strong>der</strong> Ausbildungskosten<br />

aus. Sie s<strong>in</strong>ken im zweiten Ausbildungsjahr auf 55 Prozent<br />

<strong>und</strong> im dritten Ausbildungsjahr auf 34 Prozent (Beicht 2004, 76).<br />

Abbildung 4: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong>sgesamt nach Ausbildungsjahren<br />

(Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 76)<br />

Bei den Erträgen gibt es Schwankungen zwischen Industrie <strong>und</strong><br />

Handwerk sowie zwischen gewerblich-technischen <strong>und</strong> kaufmännischen<br />

Ausbildungsberufen. Die Erträge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den kaufmännischen<br />

Berufen größer als <strong>in</strong> den gewerblich-technischen Berufen. Auch bei<br />

den Kosten gibt es Schwankungen. Die Ausbildungsvergütungen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den gewerblich-technischen Berufen niedriger als <strong>in</strong> den<br />

kaufmännischen <strong>und</strong> erreichen dem entsprechend e<strong>in</strong>en niedrigeren<br />

Anteil an den Gesamtkosten. In den gewerblich-technischen Berufen<br />

s<strong>in</strong>d die Kosten für das Ausbildungspersonal niedriger, dafür s<strong>in</strong>d die<br />

Anlage- <strong>und</strong> Sachkosten etwas höher.<br />

qualiNETZ GmbH 2006 61


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Abbildung 5: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong>sgesamt nach gewerblich-technischen<br />

<strong>und</strong> kaufmännisch-verwaltenden Berufen (Vollkosten)<br />

(Beicht u.a. 2004, 78)<br />

Selbstverständlich gibt es auch erhebliche Unterschiede zwischen<br />

verschiedenen Berufen. Die Kosten für den Beruf Industriemechaniker/<strong>in</strong><br />

liegen mit Brutto 21.728 Euro <strong>und</strong> Netto 14.803 Euro wesentlich<br />

über dem Durchschnitt von 16.435 Euro Brutto <strong>und</strong> 8.705 Euro<br />

Netto, <strong>der</strong> <strong>in</strong> etwa <strong>der</strong> Kostenstruktur für den Beruf Kaufmann/Kauffrau<br />

im E<strong>in</strong>zelhandel entspricht. Im Handwerk verursachen<br />

Bürokaufleute überdurchschnittliche Kosten (Brutto 18.372 Euro,<br />

Netto 7.401 Euro), während Landwirte <strong>und</strong> Gärtner<strong>in</strong>nen mit ca.<br />

15.000 Euro Brutto <strong>und</strong> ca. 6.300 Euro Netto leicht unter dem Durchschnitt<br />

liegen (Beicht 2004, 88-90).<br />

62<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Abbildung 6: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong> sechs ausgewählten<br />

Berufen des Handwerks (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 88)<br />

6.2 Die Kostenstruktur im Netzwerk 48 PLUS<br />

Die jährlichen Kosten pro Auszubildenden ersche<strong>in</strong>en auf den ersten<br />

Blick im Netzwerk 48 PLUS relativ hoch, wenn man Kostensätze <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit als Vergleich zugr<strong>und</strong>e legt. Auch gegenüber<br />

den eben beschriebenen durchschnittlichen <strong>betrieblichen</strong> Kostensätzen<br />

werden Steigerungen erreicht, selbst wenn man die modellversuchsbed<strong>in</strong>gten<br />

Mehraufwendungen herausrechnet.<br />

Die Erklärungen s<strong>in</strong>d relativ e<strong>in</strong>fach:<br />

Im B<strong>und</strong>esdurchschnitt betragen die Ausbildungskosten 16.435 Euro<br />

Brutto <strong>und</strong> 8.705 Euro Netto (bei e<strong>in</strong>em jährlichen Ertrag von 7.730<br />

Euro). Diese Vergleichszahlen können nicht e<strong>in</strong>s zu e<strong>in</strong>s auf das F<strong>in</strong>anzierungskonzept<br />

des Netzwerks 48 PLUS übertragen werden.<br />

Sie liegen <strong>in</strong> den westlichen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Industrie- <strong>und</strong> Handel<br />

bei 18.979 Euro <strong>und</strong> im Handwerk bei 15.281 Euro.<br />

Im Netzwerk 48 PLUS s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dustrielle Metallberufe sowie Büroberufe,<br />

jeweils mit überdurchschnittlichen Kosten zahlenmäßig stark vertreten.<br />

Die meisten Berufe liegen <strong>in</strong> ihrer Kostenstruktur im Durch-<br />

qualiNETZ GmbH 2006 63


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

schnitt. Unterdurchschnittliche Kosten fallen nur <strong>in</strong> wenigen Berufen<br />

an.<br />

Für die meisten Ausbildungsberufe im Netzwerk 48 PLUS gibt es<br />

eigene Lehrwerkstätten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den <strong>in</strong>dustriellen Metallberufen<br />

mit mo<strong>der</strong>nster CNC-Ausstattung. Die Bruttokosten liegen hier<br />

bei durchschnittlich 21.549 Euro wesentlich über dem Durchschnitt.<br />

Die Kosten für Lehrpersonal s<strong>in</strong>d im Netzwerk 48 PLUS überdurchschnittlich.<br />

Neben Ausbil<strong>der</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausbil<strong>der</strong>n (im betriebsüblichen<br />

Schlüssel 1:8) werden sozialpädagogische Fachkräfte e<strong>in</strong>gesetzt<br />

(vgl. Kapitel 3.6). Darüber h<strong>in</strong>aus wird zusätzlicher Betriebs<strong>und</strong><br />

För<strong>der</strong>unterricht (Fachsprache, Mathematik) sowie berufsschulbegleiten<strong>der</strong><br />

Unterricht durch ridaf durchgeführt. Die Kosten für Ausbildungs-<br />

<strong>und</strong> Betreuungspersonal betragen im Netzwerk 48 PLUS<br />

47 Prozent <strong>der</strong> Gesamtkosten, während sie im B<strong>und</strong>esdurchschnitt<br />

nur 36 Prozent erreichen.<br />

Gleichwohl wird tarifliche Ausbildungsvergütung gezahlt. Bei e<strong>in</strong>er<br />

<strong>betrieblichen</strong> Ausbildung versteht sich dies von selbst. Im Kostenvergleich<br />

mit an<strong>der</strong>en För<strong>der</strong><strong>in</strong>strumenten, etwa <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>in</strong><br />

außer<strong>betrieblichen</strong> E<strong>in</strong>richtungen nach §214 SGB III, muss dies jedoch<br />

beson<strong>der</strong>s betont werden. Dort werden die Ausbildungsvergütungen<br />

faktisch auf die Höhe <strong>der</strong> Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung<br />

abgesenkt, was auf e<strong>in</strong>e betriebliche Ausbildung mit hohem<br />

produktivem Anteil nicht übertragbar ist.<br />

Die Erträge <strong>der</strong> Auszubildenden erreichen mit kalkulatorischen 3.500<br />

Euro jährlich weniger als die Hälfte des b<strong>und</strong>esweiten Durchschnitts.<br />

Sie liegen bei etwa zwei Dritteln <strong>der</strong> Erträge von Betrieben mit Lehrwerkstatt.<br />

Zu diesem Zeitpunkt kann noch nicht ermittelt werden, wie<br />

sich die Ertragssituation im Dreijahresdurchschnitt tatsächlich entwickeln<br />

wird. Jedoch sei darauf verwiesen, dass die Adressaten des<br />

Netzwerks 48 PLUS ausschließlich Jugendliche mit För<strong>der</strong>bedarf <strong>in</strong><br />

den unterschiedlichsten Bereichen s<strong>in</strong>d. Zusätzlicher Sprach- <strong>und</strong><br />

För<strong>der</strong>unterricht geht immer zu Lasten <strong>der</strong> produktiven Zeit. Zudem<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

führen Lern- o<strong>der</strong> Sprachschwierigkeiten zu e<strong>in</strong>em erhöhten Zeitaufwand<br />

bei <strong>der</strong> Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung <strong>der</strong> Lern- <strong>und</strong> Arbeitsaufgaben<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Arbeitsaufträge. Dadurch wird <strong>der</strong> Zeitaufwand<br />

für die Mitwirkung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Produkt</strong>ion nicht verr<strong>in</strong>gert. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

s<strong>in</strong>kt die <strong>Produkt</strong>ivität im Vergleich zu Auszubildenden <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

freien Wirtschaft.<br />

Für das F<strong>in</strong>anzierungskonzept von 48 PLUS bedeutet dies zusammenfassend:<br />

Die Bruttokosten <strong>der</strong> Ausbildung liegen über dem o. g. B<strong>und</strong>esdurchschnitt.<br />

Die Erwirtschaftung von Erträgen ist ger<strong>in</strong>ger als im Durchschnitt.<br />

Der Aufwand für beson<strong>der</strong>e För<strong>der</strong>ung ist wesentlich höher.<br />

Für den Transfer <strong>in</strong> die Regelf<strong>in</strong>anzierung wird daher von e<strong>in</strong>em F<strong>in</strong>anzierungsbedarf<br />

von 15.000 Euro pro Jahr ausgegangen. Die Bruttoausbildungskosten<br />

e<strong>in</strong>schließlich Erträge betragen demnach<br />

18.500 Euro. Das entspricht etwa dem B<strong>und</strong>esdurchschnitt <strong>der</strong> Ausbildungskosten<br />

<strong>in</strong> Industrie- <strong>und</strong> Handel, liegt aber noch unter dem<br />

Durchschnitt <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Metallberufe <strong>und</strong> berücksichtigt den<br />

Mehrbedarf für die <strong>in</strong>tensivere För<strong>der</strong>ung noch nicht. An<strong>der</strong>erseits<br />

liegen die Durchschnittskosten <strong>in</strong> den meisten bisher im Netzwerk<br />

48 PLUS ausgebildeten Berufe unter diesem Durchschnitt, so dass<br />

e<strong>in</strong> gewisser, wenngleich auch nicht kostendecken<strong>der</strong> Spielraum zur<br />

F<strong>in</strong>anzierung des Mehrbedarfs für die <strong>in</strong>tensive För<strong>der</strong>ung gegeben<br />

ist.<br />

Etwa die Hälfte <strong>der</strong> För<strong>der</strong>summe wird für die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> ortsüblichen<br />

<strong>und</strong> tariflichen Ausbildungsvergütung verwendet. Die an<strong>der</strong>e<br />

Hälfte s<strong>in</strong>d Personalkosten, Sachkosten, Investitionskosten <strong>und</strong><br />

sonstige Kosten für Lehrmaterialien. Dieser Betrag von ca. 650 Euro<br />

pro Ausbildungsmonat liegt <strong>in</strong> dem Rahmen, <strong>in</strong> dem die B<strong>und</strong>esagentur<br />

für Arbeit auch die Lehrgangskosten für die Berufsvorbereitung<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Qualifizierungsangebote kalkuliert.<br />

qualiNETZ GmbH 2006 65


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

6.3 Übertragbarkeit <strong>in</strong> die Regelf<strong>in</strong>anzierung<br />

Der konzeptionelle Ansatz <strong>der</strong> Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben erfüllt<br />

die Voraussetzungen für die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Berufsausbildung nach<br />

§241 SGB III. H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Betriebsnähe <strong>der</strong> Ausbildung geht er<br />

allerd<strong>in</strong>gs weit über die üblichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> außer<strong>betrieblichen</strong><br />

Ausbildung h<strong>in</strong>aus.<br />

Sozialbetriebe können sich also ganz regulär an <strong>der</strong> Ausschreibung<br />

von außerbetrieblicher Berufsausbildung nach §241 SGB III beteiligen.<br />

Da es sich um zusätzliche Ausbildungsplätze handelt <strong>und</strong> die<br />

berufliche Qualifizierung <strong>und</strong> Integration <strong>in</strong> den Gesellschafterverträgen<br />

<strong>der</strong> Sozialunternehmen als Unternehmenszweck beschrieben<br />

ist, erfüllen sie – trotz ihrer Beteiligung am Markt – die Voraussetzungen<br />

von Bildungsdienstleistern. Sie unterliegen mit Erträgen von<br />

unter 50 Prozent <strong>der</strong> Gesamtkosten <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>nützigkeit. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

gibt es zwei H<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsfaktoren, die bei <strong>der</strong> Bewerbung zu beachten<br />

s<strong>in</strong>d: Mit dem Kostensatz von 650 Euro pro Monat liegen sie zwar im<br />

F<strong>in</strong>anzierungsrahmen für dieses För<strong>der</strong><strong>in</strong>strument, laufen aber Gefahr,<br />

gegen Niedrigpreisangebote nicht konkurrieren zu können, es<br />

sei denn, es gel<strong>in</strong>gt im Angebot, die höhere Qualität durch e<strong>in</strong>en verbesserten<br />

Ausbil<strong>der</strong>schlüssel im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Ausbildung<br />

im Arbeitsprozess entsprechend herauszustellen. Weiterh<strong>in</strong> ist zu<br />

beachten, dass die Zahlung e<strong>in</strong>er regulären Ausbildungsvergütung<br />

<strong>und</strong> die zur Ref<strong>in</strong>anzierung zu erwirtschaftenden Erträge im Gesamtf<strong>in</strong>anzierungsplan<br />

mit ausgewiesen werden müssen. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

erwirtschaftete Erträge m<strong>in</strong><strong>der</strong>n die Zuwendung.<br />

E<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Anwendungsgebiet ist die F<strong>in</strong>anzierung von Ausbildung<br />

im Rahmen des Sozialgesetzbuches II (SGB II). Für unter<br />

25jährige ist dar<strong>in</strong> die Verpflichtung enthalten, sie unverzüglich <strong>in</strong><br />

Ausbildung, Arbeit o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Arbeitsgelegenheit zu vermitteln (SGB II<br />

§ 3 Abs. 2). In den Empfehlungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit zur<br />

Umsetzung des SGB II „Wege <strong>in</strong> Arbeit <strong>und</strong> Beruf – Acht-Punkte-<br />

Plan zur Integration von jungen Menschen (Kurzfassung)“ steht die<br />

Vermittlung <strong>in</strong> Ausbildung auf Platz 2 <strong>der</strong> Prioritätenliste – nach <strong>der</strong><br />

66<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

<strong>in</strong>tensiven Betreuung <strong>und</strong> Vermittlung durch das Fallmanagement.<br />

Unter dem Motto Vorfahrt für Ausbildung! heißt es:<br />

„E<strong>in</strong> Berufsabschluss schützt (oft) vor Arbeitslosigkeit.<br />

Für gr<strong>und</strong>sätzlich bildungsfähige <strong>und</strong> bildungswillige Jugendliche<br />

ohne Berufsabschluss soll die Möglichkeit geschaffen<br />

werden, e<strong>in</strong>en Berufsabschluss zu erwerben. Jugendliche, die<br />

durch Schulmüdigkeit o<strong>der</strong> ungünstige familiäre <strong>und</strong> soziale<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen nicht über optimale Schulabschlüsse<br />

verfügen, werden durch spezielle <strong>und</strong> flankierende Maßnahmen<br />

unterstützt“ (BA 2004, 19).<br />

Weitere E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungsleistungen wie berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen<br />

<strong>und</strong> EQJ (E<strong>in</strong>stiegsqualifizierung Jugendlicher),<br />

Qualifizierungsmaßnahmen, Aufnahme e<strong>in</strong>er Arbeitstätigkeit <strong>und</strong> Arbeitsgelegenheiten<br />

werden – <strong>in</strong> dieser Reihenfolge – auf die Plätze<br />

drei bis sechs <strong>der</strong> Prioritätenliste verwiesen.<br />

Viele SGB II-Leistungsträger haben die Notwendigkeit <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung<br />

von Berufsausbildung für unter 25-jährige SGB II-K<strong>und</strong>en erkannt.<br />

Die Ausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben bietet ihnen nicht nur die<br />

Leistungsmerkmale <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>in</strong> außer<strong>betrieblichen</strong> E<strong>in</strong>richtungen<br />

(BaE) nach §241 SGB III, die nach §16 Abs. 1 SGB II<br />

auch für unter 25-jährige Bezieher/<strong>in</strong>nen von Arbeitslosengeld II angeboten<br />

werden kann. Darüber h<strong>in</strong>aus bietet sie auch die Vorteile<br />

e<strong>in</strong>er systematischen Ausbildung unter <strong>betrieblichen</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen.<br />

Die sich daraus ergebenden zusätzlichen Leistungsmerkmale<br />

(im Vergleich zu §241 SGB III) können ergänzend <strong>in</strong> den jeweiligen<br />

Ausschreibungen berücksichtigt werden, so dass damit unter<br />

Umständen deutlich bessere f<strong>in</strong>anzielle Spielräume im Vergleich zur<br />

SGB III BaE ermöglicht werden können. Darüber h<strong>in</strong>aus bietet §16<br />

Abs. 2 die Möglichkeit, weitere Leistungen zu erbr<strong>in</strong>gen. Dieser Paragraf<br />

wird von den Leistungsträgern zum Teil sehr extensiv ausgenutzt,<br />

um für die jeweiligen Zielgruppen regional passfähige Konzepte<br />

umsetzen zu können. §17 SGB II regelt, dass die Agenturen für<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Arbeit bzw. die Leistungsträger nach SGB II E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungsleistungen<br />

nicht neu schaffen sollen, soweit geeignete E<strong>in</strong>richtungen <strong>und</strong><br />

Dienste Dritter vorhanden s<strong>in</strong>d, ausgebaut o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Kürze geschaffen<br />

werden können. Hier wird ausdrücklich auf die Zusammenarbeit mit<br />

den Trägern <strong>der</strong> freien Wohlfahrtspflege verwiesen. Soweit für solche<br />

Leistungen Dritter ke<strong>in</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen im SGB III geregelt s<strong>in</strong>d,<br />

kann die Vergütung über Leistungsvere<strong>in</strong>barungen geregelt werden.<br />

Im Vergleich zu direkten Ausbildungszuschüssen an Betriebe bietet<br />

die F<strong>in</strong>anzierung von Berufsausbildung <strong>in</strong> Sozialbetrieben den Vorteil,<br />

dass zusätzliche Lernför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> sozialpädagogische Begleitung<br />

mit gewährleistet wird. Dies rechtfertigt auch den erhöhten För<strong>der</strong>betrag<br />

im Vergleich zu subventionierter Ausbildung. Manche SGB<br />

II-Leistungsträger übernehmen die <strong>in</strong> vielen B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Landesprogrammen<br />

(z. B. starregio) üblichen Verfahrensweisen, Zuschüsse<br />

zur Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen zu gewähren.<br />

Trotz zum Teil sehr präziser Def<strong>in</strong>itionen des Kriteriums Zusätzlichkeit<br />

bergen sie doch die Gefahr, von Mitnahmeeffekte auszunutzen.<br />

Ausbildungspauschalen von 8.000 Euro o<strong>der</strong> 5.000 Euro würden im<br />

Westen am ehesten die Betriebe nutzen, die ohneh<strong>in</strong> <strong>in</strong> den nächsten<br />

drei Jahren e<strong>in</strong>e Ausweitung ihrer Ausbildungsplätze beabsichtigen.<br />

Ehemals ausbildende, <strong>der</strong>zeit nicht ausbildende Betriebe lassen<br />

sich mit e<strong>in</strong>em f<strong>in</strong>anziellen Bonus ohneh<strong>in</strong> nicht überzeugen. Wesentlich<br />

wichtigere E<strong>in</strong>flussfaktoren zur Erhöhung <strong>der</strong> Ausbildungsbereitschaft<br />

s<strong>in</strong>d die Verbesserung <strong>der</strong> schulischen Voraussetzungen<br />

<strong>der</strong> Bewerber<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bewerber, ausbildungsbegleitende Hilfen für<br />

Betriebe <strong>und</strong> Auszubildende <strong>und</strong> mehr Flexibilität bei <strong>der</strong> Umsetzung<br />

<strong>der</strong> Ausbildungsordnungen. Erst danach kommen f<strong>in</strong>anzielle Anreize<br />

wie Wegfall <strong>der</strong> Kammergebühren für die Ausbildung o<strong>der</strong> Pauschalbeträge<br />

(Troltsch, Krekel 2006, 14-15).<br />

Generell mag gegen e<strong>in</strong>e stärkere Beteiligung des Staates an <strong>der</strong><br />

F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Berufsausbildung e<strong>in</strong>gewendet werden können,<br />

dass hierfür <strong>in</strong> aller erster L<strong>in</strong>ie die Unternehmen verantwortlich s<strong>in</strong>d.<br />

Fakt ist aber, dass bereits jetzt erhebliche staatliche Mittel <strong>in</strong> berufs-<br />

68<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

qualifizierende Maßnahmen fließen, die zur Kompensation mangeln<strong>der</strong><br />

Berufsreife dienen, dennoch aber <strong>in</strong> vielen Fällen nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Ausbildung e<strong>in</strong>münden. Das Institut <strong>der</strong> deutschen Wirtschaft beziffert<br />

die direkten Kosten nachschulischer Qualifizierung auf 3.365 Milionen<br />

Euro im Jahre 2004, f<strong>in</strong>anziert durch die B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>, die<br />

B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit, Ausbildungsbetriebe <strong>und</strong> die B<strong>und</strong>esregierung<br />

(Kle<strong>in</strong> 2005,15). Dieses Geld ist <strong>in</strong> vielen Fällen s<strong>in</strong>nvoller <strong>in</strong> die<br />

Berufsausbildung für Jugendliche mit schlechten Startchancen <strong>in</strong>vestiert.<br />

Aus SGB II-Mitteln f<strong>in</strong>anzierte Ausbildungskosten <strong>in</strong> Höhe von<br />

45.000 Euro <strong>in</strong> drei Jahren amortisieren sich mehrfach. Die Chance,<br />

nach e<strong>in</strong>er abgeschlossenen Berufsausbildung e<strong>in</strong>e Arbeitsstelle zu<br />

bekommen, ist wesentlich größer als ohne Abschluss. Unterbliebe<br />

diese Ausbildungs<strong>in</strong>vestition, wäre für viele e<strong>in</strong>e mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

lebenslange Alimentierung die Folge. E<strong>in</strong>en monatlichen Bedarf von<br />

1.574 Euro für e<strong>in</strong> arbeitsloses Ehepaar mit zwei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n angenommen,<br />

beg<strong>in</strong>nt sich die Investition für den SGB II-Leistungsträger bereits<br />

nach zwei Jahren Berufstätigkeit nach dem Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung<br />

zu amortisieren. Für den Modellfall s<strong>in</strong>d Regelleistungen <strong>in</strong><br />

Höhe von 311 Euro während <strong>der</strong> Ausbildung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e spätere Familiengründung<br />

angenommen worden. Noch nicht berücksichtigt s<strong>in</strong>d<br />

Steuern <strong>und</strong> Sozialversicherungsbeiträge, die während <strong>der</strong> Berufstätigkeit<br />

zusätzlich <strong>in</strong> die Staats- <strong>und</strong> Sozialkassen fließen.<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> ist e<strong>in</strong>e Ausweitung <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen För<strong>der</strong>ung<br />

von Ausbildungsplätzen <strong>in</strong> Sozialunternehmen e<strong>in</strong>e durchaus<br />

lohnenswerte Investition.<br />

qualiNETZ GmbH 2006 69


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Literaturverzeichnis<br />

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Arbeitsalltag. Wie sich <strong>in</strong>formelle Lernprozesse organisieren lassen.<br />

Bielefeld 2004.<br />

Bellmann, L./ Degen, U./ Hartung, S.: Mehr Transparenz auf <strong>der</strong> Angebotsseite<br />

des Ausbildungsmarktes. Erfassung von betrieblicher<br />

Berufsausbildung im IAB-Betriebspanel. In: Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> Praxis 34. Jahrgang, Heft 3/2005, S. 14-18.<br />

Beicht, U./ Walden, G./ Herget, H.: Kosten <strong>und</strong> Nutzen <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong><br />

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Heft 264. Bonn 2004.<br />

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nach dem SGB II. 1.Aufl. Stand September 2004.<br />

B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium für Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF) (Hrsg.): Berufliche<br />

Qualifizierung Jugendlicher mit beson<strong>der</strong>em För<strong>der</strong>bedarf –<br />

Benachteiligtenför<strong>der</strong>ung -. Bonn, Berl<strong>in</strong> 2005.<br />

B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium für Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF): Berufsbildungsbericht<br />

2005. Bonn/Berl<strong>in</strong> 2005.<br />

Ebel<strong>in</strong>g, U.(Hrsg.)/ Gronwald, D./ Stuber, F.: Lern- <strong>und</strong> Arbeitsaufgaben<br />

als didaktisch-methodisches Konzept. Arbeitsbezogene Lernprozesse<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> gewerblich technischen Ausbildung. Bielefeld 2001. (Berufsbildung,<br />

Arbeit <strong>und</strong> Innovation; Bd. 7).<br />

Eberhard, V./ Krewerth, A./ Ulrich, J.: „Man muss geradezu perfekt<br />

se<strong>in</strong>, um e<strong>in</strong>e Ausbildungsstelle zu bekommen“ Die Situation aus<br />

Sicht <strong>der</strong> Lehrstellenbewerber. In: Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong><br />

Praxis 34. Jahrgang, Heft 3/2005, S. 10-13.<br />

Eckert, Manfred: Entwicklungstrends <strong>in</strong> <strong>der</strong> Benachteiligtenför<strong>der</strong>ung<br />

– Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>und</strong> tendenzen aus kritischer berufspädagogischer<br />

70<br />

qualiNETZ GmbH 2006


Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Sicht. In: Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis 35. Jahrgang,<br />

Heft 1/2006, S. 19-23.<br />

Eckhardt, Christoph: Langzeitarbeitslose junge Erwachsene qualifizieren<br />

– unter den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des SGB II. In: (Hrsg.) Institut<br />

für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Sozialpolitik GmbG/ Bildungswerk<br />

<strong>der</strong> Hessischen Wirtschaft e.V.: Qualifizierungspotenzial<br />

nutzen – wettbewerbsfähig <strong>in</strong> die Zukunft. Gießen, Hamburg, Frankfurt<br />

2005.<br />

Eckhardt, Christoph (u.a.): Stellwerk – Integrationsprojekt für ausbildungslose<br />

junge Sozialhilfemepfänger/<strong>in</strong>nen. Bielefeld 2005.<br />

Kle<strong>in</strong>, Helmut E.: Direkte Kosten mangeln<strong>der</strong> Ausbildungsreife <strong>in</strong><br />

Deutschland. In: IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen<br />

Wirtschaftforschung aus dem Institut <strong>der</strong> deutschen Wirtschaft Köln<br />

32. Jahrgang, Heft 4/2005.<br />

Seyfried, Brigitte: Jugendliche mit schlechteren Startchancen: Betriebe<br />

als Anbieter von Berufsausbildungsvorbereitung. In: Berufsbildung<br />

<strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis 34. Jahrgang, Heft 3/2005, S. 36-38.<br />

Troltsch, K./ Krekel, E.: Zwischen Skylla <strong>und</strong> Charybdis. Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Grenzen e<strong>in</strong>er Erhöhung betrieblicher Ausbildungskapazitäten.<br />

In: Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis 35. Jahrgang, Heft<br />

1/2006, S. 12-17.<br />

Zimmermann, Hildegard (Hrsg.): Kooperative Berufsausbildung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Benachteiligtenför<strong>der</strong>ung. E<strong>in</strong> Ansatz zur Verzahnung außerbetrieblicher<br />

<strong>und</strong> betrieblicher Berufsausbildung. Berichte zur beruflichen<br />

Bildung, Heft 266. Bonn 2004<br />

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Zwischenbericht „48 PLUS“ 2005<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Tabellen <strong>und</strong> Abbildungen<br />

Abbildung 1: Struktur <strong>der</strong> Bruttokosten <strong>in</strong>sgesamt sowie <strong>in</strong> West- <strong>und</strong><br />

Ostdeutschland (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 40)..................58<br />

Abbildung 2: Struktur <strong>der</strong> Bruttokosten nach Ausbildungsbereichen<br />

(Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 49) ...........................................59<br />

Abbildung 3: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong> Betrieben mit<br />

<strong>und</strong> ohne Lehrwerkstattausbildung (Vollkosten) (Beicht u.a.<br />

2004, 66) ..................................................................................60<br />

Abbildung 4: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong>sgesamt nach<br />

Ausbildungsjahren (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 76).............61<br />

Abbildung 5: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong>sgesamt nach<br />

gewerblich-technischen <strong>und</strong> kaufmännisch-verwaltenden<br />

Berufen (Vollkosten) (Beicht u.a. 2004, 78)..............................62<br />

Abbildung 6: Bruttokosten, Erträge <strong>und</strong> Nettokosten <strong>in</strong> sechs<br />

ausgewählten Berufen des Handwerks (Vollkosten) (Beicht u.a.<br />

2004, 88) ..................................................................................63<br />

Tabelle 1: Beständig ausgeführte <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsaufträge ............................................................25<br />

Tabelle 2: anspruchsvolle <strong>und</strong> komplexe <strong>Produkt</strong>ions- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsaufträge ............................................................26<br />

Tabelle 3: Verteilung <strong>der</strong> Ausbildungsplätze im Jahr 2005 auf die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Netzwerkpartner.......................................................51<br />

Tabelle 4: Verteilung <strong>der</strong> Abschlussprüfungen auf die Prüfungsjahre<br />

.................................................................................................54<br />

72<br />

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