Discounter am Scheideweg - GfK Panel Services Deutschland
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Eine Gemeinschaftsstudie von <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> und der Unternehmensberatung Accenture<br />
<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong><br />
Wie kaufen Kunden künftig ein?
<strong>GfK</strong> PANEL SERVICES DEUTSCHLAND<br />
Die <strong>GfK</strong> ist eines der größten Marktforschungs-<br />
unternehmen der Welt und beschäftigt rund<br />
9.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aus<br />
über 100 Ländern liefern 115 operative Unternehmen<br />
das Wissen zu Märkten und Branchen,<br />
das die Kunden aus Industrie, Handel, Medien<br />
und dem Dienstleistungsbereich für ihre Entscheidungen<br />
brauchen.<br />
<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> ist Teil des<br />
internationalen Haushaltspanel-Netzwerks<br />
Europanel, mit dem die <strong>GfK</strong> Gruppe und ihre<br />
Partnerinstitute in mittlerweile 27 europäischen<br />
Ländern Marktstrukturen und Markt-<br />
ACCENTURE DEUTSCHLAND GMBH<br />
Accenture ist ein weltweit tätiger Managementberatungs-,<br />
Technologie- und Outsourcing-Dienstleister.<br />
Als führender Business<br />
Innovation Partner unterstützt Accenture<br />
Unternehmen dabei, Innovationen umzusetzen,<br />
Geschäftsprozesse und -modelle zu optimieren<br />
und so Leistungsfähigkeit, Kundennutzen und<br />
Unternehmenswert zu steigern. Im Geschäftsjahr<br />
2006/07 erzielte das Unternehmen mit<br />
178.000 Mitarbeitern in 49 Ländern 19,7 Mrd.<br />
US-Dollar Umsatz. Bei Accenture in <strong>Deutschland</strong>,<br />
Österreich und der Schweiz arbeiten<br />
derzeit mehr als fünftausend Mitarbeiter.<br />
Die erfolgreichen Kundenbeziehungen von<br />
Accenture zeigen sich in langjährigen Partnerschaften:<br />
Mit 85 der Top 100 Kunden besteht<br />
die Zus<strong>am</strong>menarbeit bereits mehr als zehn<br />
Jahre. Weltweit arbeitet das Unternehmen mit<br />
den größten Industriekonzernen und Regierungsbehörden<br />
zus<strong>am</strong>men, darunter sind<br />
veränderungen sowie die Konsum- und Nachfragegewohnheiten<br />
der Verbraucher beobachten<br />
und analysieren. Kunden sind nahezu alle<br />
führenden Unternehmen der Markenartikelindustrie<br />
in Europa auf dem Sektor der Fast<br />
Moving Consumer Goods sowie der deutsche<br />
Lebensmitteleinzelhandel und andere Distributionskanäle<br />
für FMCG.<br />
Basis der kontinuierlichen Marktbeobachtung<br />
von <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> sind das 20.000er Haushaltspanel<br />
ConsumerScan, das 25.000er Individualpanel<br />
ConsumerScan sowie verschiedene<br />
Spezialpanels (z.B. Baby-, Blumen-<strong>Panel</strong> etc.).<br />
94 Unternehmen der Fortune Global 100 und<br />
mehr als zwei Drittel der Fortune Global 500.<br />
Umfangreiches Branchenwissen, profundes<br />
Know-how über die Geschäftsprozesse, internationale<br />
Te<strong>am</strong>s und hohe Umsetzungskompetenz<br />
zeichnen Accenture aus. So können<br />
stets die richtigen Mitarbeiter, Fähigkeiten und<br />
Technologien bereitgestellt werden, um die<br />
Leistung der Kunden zu optimieren.<br />
Die deutsche Retail-Industrie steht seit vie-<br />
len Jahren vor großen Herausforderungen:<br />
Anspruchsvolle Verbraucher, intensiver Wettbewerb,<br />
hohe Wachstumserwartungen und<br />
die Globalisierung machen den K<strong>am</strong>pf um den<br />
Kunden immer schwieriger. Im Handelsbereich<br />
unterstützt Accenture mit zukunftsweisenden<br />
Konzepten, Prozessen und Technologien Unternehmen<br />
dabei, High Performer zu werden, die<br />
ihre Kunden schneller, kostengünstiger und mit<br />
einem einzigartigen Erlebniswert bedienen.
VORWORT 2<br />
DISCOUNTER – EINE DEUTSCHE ERFOLGSGESCHICHTE 4<br />
Die <strong>Discounter</strong> sind das Erfolgsformat schlechthin der letzten Jahr-<br />
zehnte im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Ausgestattet mit<br />
diesem Sieger-Gen, haben sie sich auch im Ausland erfolgreich etabliert.<br />
Eine kurze Geschichte des langen Erfolgsweges von der ersten<br />
Aldi-Filiale bis heute…<br />
DISCOUNTER AM SCHEIDEWEG – IST DAS WACHSTUM ZU ENDE? 12<br />
Auch unter wirtschaftlich guten Rahmenbedingungen sind die <strong>Discounter</strong><br />
2007 in <strong>Deutschland</strong> weiter gewachsen. Doch bei genauerem<br />
Hinsehen zeigen sich erste Kratzer <strong>am</strong> Erfolgsmodell Discount, und<br />
das ausgerechnet im St<strong>am</strong>mland und vor allem bei Marktführer Aldi.<br />
Bisherige Wachstumsfaktoren und künftige Wachstumshemmnisse…<br />
PROGNOSE 2020 – GEWINNER UND VERLIERER 20<br />
Die deutsche Bevölkerung wird in den nächsten Jahren insges<strong>am</strong>t<br />
deutlich älter, die Zahl der Ruhestands-Haushalte steigt stetig an. Doch<br />
gerade in der konsumfreudigen und vergleichsweise wohlhabenden<br />
älteren Mittelschicht sind die <strong>Discounter</strong> relativ schwach. Wer gewinnt<br />
und wer verliert in diesem ‚Gesellschaftsspiel‘…<br />
ZUKÜNFTIGE WACHSTUMSTREIBER IN LEH UND DISCOUNT 30<br />
Alles dreht sich um die Konsumenten? Nein: Alles dreht sich um<br />
den (einzelnen) Kunden. Customer Centricity ist der Schlüssel zu der<br />
immer heftiger umworbenen Spezies des marken- und einkaufsstättentreuen<br />
Konsumenten: Wer hat die kreativsten Ideen, wer die überzeugendste<br />
Strategie? Und welche Anbieter gewinnen den Wettlauf<br />
um die besten Köpfe und Talente…<br />
Fazit 43<br />
Inhalt 1
2<br />
Vorwort<br />
Wolfgang Twardawa<br />
Division Manager<br />
<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong><br />
„Die <strong>Discounter</strong> haben die<br />
letzten zehn Jahre über<br />
das Handelsgeschehen<br />
in <strong>Deutschland</strong> nicht nur<br />
dominiert, sondern nach<br />
Belieben kontrolliert. Ihr<br />
einziges, von den Wettbe-<br />
werbern nicht zu kontern-<br />
des Argument war dabei<br />
der Preis. Jetzt haben sie<br />
sich an die Spitze der Preis-<br />
erhöhungen gesetzt und<br />
d<strong>am</strong>it dieses Argument zur<br />
Disposition gestellt. Auch<br />
wenn der Preisabstand zu<br />
den Vollsortimentern gleich<br />
bleibt, so ändert sich doch<br />
die Wahrnehmung durch<br />
die Verbraucher.“<br />
Erfolgs-Geschichte<br />
Lebensmittel sind in <strong>Deutschland</strong> während der<br />
letzten Monate massiv teurer geworden. Dennoch<br />
sind sie immer noch deutlich billiger als in<br />
den meisten anderen europäischen Ländern.<br />
Dies gilt erst recht, wenn man nicht die nominalen<br />
Preise betrachtet, sondern die relativen:<br />
Für ihre Ernährung müssen die deutschen<br />
Verbraucher heute nicht mal ein Siebtel ihres<br />
durchschnittlichen Einkommens aufwenden.<br />
Dies verdanken sie in erster Linie den Dis-<br />
countern, jener deutschen Sonderform des<br />
Verbrauchsgüterhandels, der so sehr ein<br />
Exportschlager ist, wie er andererseits großen<br />
ausländischen Handelsketten den Sprung nach<br />
<strong>Deutschland</strong> erschwert. Allerdings hat diese<br />
„protektionistische” Barriere nicht verhindert,<br />
dass der Wettbewerb in <strong>Deutschland</strong> selbst<br />
umso vehementer war und ist.<br />
So gab es 1970 in <strong>Deutschland</strong> noch gut<br />
165.000 LEH-Geschäfte, heute sind es gerade<br />
einmal rund 50.000. Auch die Gewichte unter<br />
den Vetriebsschienen haben sich verschoben.<br />
Gehörten 1970 noch fast alle Einkaufsstätten<br />
zur Gruppe des so genannten Traditionellen<br />
LEH, so ist dieser Geschäftstyp heute auf einen<br />
Anteil von gerade einmal rund 30 Prozent<br />
geschrumpft.<br />
Die <strong>Discounter</strong>, d<strong>am</strong>als mit knapp 2.000 Läden<br />
bzw. gut einem Prozent Marktanteil ein geradezu<br />
exotischer Vertriebskanal, verfügen heute<br />
über fast 20 Prozent aller LEH-Verkaufsstellen<br />
und sind mit einem Umsatzanteil von zus<strong>am</strong>men<br />
43 Prozent die dominierende Vertriebsschiene<br />
im deutschen Verbrauchsgüterhandel.<br />
Erfolgs-Faktoren<br />
Doch genau an diesem Punkt zeigen sich die<br />
ersten Kratzer in einer bislang eher makellosen<br />
Erfolgsbilanz. Die Zukunft der <strong>Discounter</strong><br />
in <strong>Deutschland</strong> lässt sich nicht mehr einfach<br />
durch Fortschreibung vergangener Zeitreihen<br />
prognostizieren. Sie stoßen vielmehr gerade<br />
wegen ihrer Erfolge zunehmend an Grenzen<br />
ihres nationalen Wachstums.<br />
u Zwar haben die <strong>Discounter</strong> insges<strong>am</strong>t trotz<br />
aller negativen Vorzeichen auch 2007 wieder<br />
einen Umsatzzuwachs von 3,5 Prozent erzielt<br />
und d<strong>am</strong>it ihren wertmäßigen Marktanteil<br />
weiter ausgebaut. Erstmalig musste jedoch Aldi<br />
einen Umsatzrückgang von 1,5 Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr hinnehmen. Darin erste<br />
Anzeichen für eine Schubumkehr zu sehen,<br />
wäre sicher verfehlt, aber es ist ein mehr als<br />
deutliches Zeichen dafür, dass auch für die<br />
<strong>Discounter</strong> die Früchte künftig höher hängen.<br />
u Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass<br />
„traditionelle“ Wachstumstreiber immer mehr<br />
an Kraft verlieren. So bringen Neueröffnungen<br />
den <strong>Discounter</strong>n nicht mehr den gewünschten<br />
Effekt; die Flächenproduktivität geht zurück.<br />
Zudem haben die <strong>Discounter</strong> durch ihre massive<br />
Flächenexpansion ihr Kundenpotenzial nahezu<br />
ausgeschöpft. Jeder Haushalt in <strong>Deutschland</strong><br />
kann im Durchschnitt innerhalb von zehn<br />
Minuten drei verschiedene <strong>Discounter</strong> mit dem<br />
Auto erreichen.<br />
u Hinzu kommt, dass die <strong>Discounter</strong> zunehmend<br />
ihre relative Alleinstellung bei den<br />
Handelsmarken verlieren. Alle Marktteilnehmer,<br />
nicht mehr nur die <strong>Discounter</strong>, bieten über<br />
ein wachsendes Eigenmarken-Sortiment gute<br />
Einstiegspreislagen, so dass eine Profilierung<br />
der <strong>Discounter</strong> allein über den Preis nicht mehr<br />
ausreicht. Zudem werben auch Super- und<br />
Hypermärkte in Zeitungsbeilagen und Wochenangeboten<br />
mit preisaggressiven Angeboten.
Erfolgs-Hindernisse<br />
Während die <strong>Discounter</strong> im Ausland weiter<br />
kräftig wachsen, haben sie in ihrem St<strong>am</strong>mland<br />
<strong>Deutschland</strong> mit nachlassender Nachfragedyn<strong>am</strong>ik,<br />
inneren Wachstumshemmnissen und<br />
aktiver wie aggressiver werdenden Wettbewerbern<br />
zu kämpfen.<br />
Nach einer jahrzehntelangen, einzigartigen<br />
Erfolgsgeschichte stehen die <strong>Discounter</strong> heute<br />
<strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong>. Können sie sich weiter auf ihre<br />
traditionellen Stärken und die Überzeugungskraft<br />
ihres Konzepts verlassen? Oder müssen<br />
sie selbst Fund<strong>am</strong>ente ihres Erfolgsmodells in<br />
Frage stellen, um ihren Anteil an der Nachfrage<br />
nach Fast Moving Consumer Goods in <strong>Deutschland</strong><br />
weiter zu steigern? – Es geht auch um die<br />
Frage: Wieviel ursprünglicher <strong>Discounter</strong> steckt<br />
noch in Aldi & Co, und was bringt der Weg<br />
„back to the roots“?<br />
Accenture und <strong>GfK</strong> haben die Erfolgsaussichten<br />
der <strong>Discounter</strong> in zwei Szenarien bewertet.<br />
Diese können nicht nur als zwei alternative<br />
Modelle für die <strong>Discounter</strong> gelesen werden,<br />
sondern genauso als Entwicklungsoptionen für<br />
die Vollsortimenter und den Fachhandel mit<br />
Gütern des täglichen Bedarfs. Welches Konzept<br />
gehört <strong>am</strong> Ende des nächsten Jahrzehnts zu<br />
den Gewinnern, wer zu den Verlierern?<br />
Für <strong>Discounter</strong> und Vollsortimenter ist nach<br />
dieser Analyse klar: Beide brauchen eine<br />
„Agenda 2020“. Denn nur eine schonungslose<br />
Analyse ihrer eigenen Chancen und Risiken<br />
sowie des Wettbewerbs, ein kraftvoller<br />
Kreativitätsschub und eine umfassende<br />
Innovationsoffensive können sie fit machen<br />
für die kommenden Herausforderungen.<br />
Dr. Gerhard Hausruckinger<br />
Dirk Dreisbach<br />
Wolfgang Twardawa<br />
Gerhard Hausruckinger<br />
Geschäftsführer<br />
Accenture GmbH<br />
„Sowohl für die <strong>Discounter</strong><br />
als auch für die Vollsorti-<br />
menter des LEH heißt das<br />
Schlüsselwort der Zukunft:<br />
Customer Centricity. D<strong>am</strong>it<br />
ist nicht die gute alte<br />
Kundenpflege gemeint,<br />
sondern die komplette<br />
Ausrichtung aller strategi-<br />
schen Überlegungen und<br />
praktischen Umsetzungen<br />
an den Wünschen<br />
und Bedürfnissen der<br />
einzelnen Kunden.“<br />
Dirk Dreisbach<br />
Senior Manager<br />
Accenture GmbH<br />
„Unser multivariables<br />
Prognosemodell entwirft<br />
für die <strong>Discounter</strong> zwei<br />
Szenarien: weiteres<br />
Wachstum oder Markt-<br />
anteilsverluste. Um die<br />
Wachstumskarte zu ziehen,<br />
müssen sie es schaffen,<br />
ihre im Durchschnitt jünge-<br />
re Klientel auch im Alter an<br />
sich zu binden. Das gelingt<br />
den <strong>Discounter</strong>n bislang<br />
noch nicht in ausreichen-<br />
dem Maße.“<br />
3
4<br />
<strong>Discounter</strong> – eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />
<strong>Discounter</strong> –<br />
eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />
e=mc 2 , Kraft = Masse x Geschwindigkeit,<br />
Tempo = Weg : Zeit – man muss die richtige<br />
Formel nicht erfinden, um sie erfolgreich<br />
anzuwenden. Die Erfolgsformel der Gebrüder<br />
Karl und Theo Albrecht lautet seit mehr als<br />
einem halben Jahrhundert: niedrigster Preis<br />
x größte Menge + höchste Effizienz = optimale<br />
Wertschöpfung. D<strong>am</strong>it haben sie einen der<br />
größten Einzelhandelskonzerne auf dem<br />
Globus geformt, die Handelslandschaft der<br />
weltweit drittgrößten Volkswirtschaft umgekrempelt<br />
und das Konsumverhalten von<br />
Millionen Verbrauchern geprägt. Sie sind<br />
Keimzelle, Wegbereiter und Motor einer<br />
bewundernswerten Erfolgsgeschichte. Und<br />
deshalb beginnt jede Story über die <strong>Discounter</strong><br />
unausweichlich mit Aldi.<br />
1946 übernehmen die Brüder Karl und Theo<br />
Albrecht den kleinen Lebensmittelladen von der<br />
Mutter, einen echten „Tante Emma-Laden”, gerade<br />
einmal so groß wie ein Wohnzimmer. Doch<br />
bald schon ziehen sie in einen größeren Laden<br />
um, und vier Jahre später bestehen bereits 13<br />
Geschäfte traditioneller Prägung. Als die Brüder<br />
1961 das Unternehmen aufteilen, erwirtschaften<br />
sie in 300 Läden rund 90 Mio. DM Umsatz. Theo<br />
Albrecht übernimmt den Norden, Karl den Süden.<br />
Der „Aldi-Äquator” verläuft vom Niederrhein<br />
quer durch Hessen bis zur d<strong>am</strong>aligen Zonengrenze.<br />
Schon jetzt zeigt sich aber, dass die<br />
Brüder Größeres im Sinn haben: Der Osten<br />
soll später einmal zu Aldi-Nord gehören; die<br />
strategische Landkarte von Aldi-Süd erstreckt<br />
sich unter anderem nach Österreich, wo die<br />
Filialen unter dem N<strong>am</strong>en Hofer firmieren. Der<br />
Süd-Aldi wird sich später um den angelsächsischen<br />
Raum kümmern, neben den USA (seit<br />
1976) also auch um die „Nordländer” England<br />
(1989) und Irland (1998); der Nord-Aldi nimmt<br />
zum Ausgleich Südeuropa ins Visier, beispielsweise<br />
Frankreich (1988) und Spanien (2002).<br />
40er Jahre 50er Jahre 60er Jahre 70er Jahre<br />
<strong>Discounter</strong> decken die<br />
Grundbedürfnisse der<br />
Menschen an Gütern des<br />
täglichen Bedarfs<br />
1946: Die Albrecht-Brüder<br />
nehmen ihre<br />
Geschäftstätigkeit auf<br />
Albrecht-Filiale 1958 in Essen<br />
1961: Trennung in<br />
Aldi-Nord/Aldi Süd<br />
1962: Eröffnung der ersten<br />
Aldi-Filiale<br />
nach heutigem Maßstab<br />
<strong>Discounter</strong> bieten sehr<br />
niedrige Preise auf Basis<br />
hoher Einkaufsvolumina und<br />
entsprechender Rabatte<br />
60er Jahre:<br />
Markteintritt Norma<br />
1968: Beginn der<br />
internationalen Expansion<br />
(Hofer in Österreich)<br />
1973: Lidl eröffnet erste Filiale &<br />
Gründung von Penny<br />
1972:<br />
Markteintritt<br />
Plus<br />
Standardisierte Filialen<br />
1974: Wegfall der „Preisbindung<br />
der zweiten Hand“<br />
1945: Kriegsende 1949: Gründung der<br />
1961: Mauerbau 1973: Ölkrise 1979: Ölkrise<br />
Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong><br />
1962: Kubakrise<br />
1948: Währungsreform<br />
1964 – 1974: Vietn<strong>am</strong>-Krieg
„Hochstapelei”<br />
– Die erste echte Aldi-Filiale<br />
In den 60er Jahren stehen jedoch zunächst<br />
andere Entscheidungen an. Erstes strategisches<br />
Opfer: die d<strong>am</strong>als im Handel übliche Rabattmarke.<br />
Statt den gesetzlich erlaubten Nachlass von<br />
drei Prozent in Märkchen zu vergüten, zieht Aldi<br />
den Rabatt gleich vom Preis ab. Das Sortiment<br />
wird radikal verkleinert, auf engstem Raum und<br />
unter Verzicht auf jegliche „atmosphärische”<br />
Ladengestaltung einfach an der Wand lang<br />
hochgestapelt. Man spart sich die teure Rekl<strong>am</strong>e<br />
und streicht alles, was hohe Kosten verursacht,<br />
aus dem Angebot, zum Beispiel Frischwaren.<br />
So eröffnet 1962 die erste Aldi-Filiale nach heutigem<br />
Maßstab. Der Firmenn<strong>am</strong>e Aldi steht für<br />
Albrecht Discount (engl. discount = Preisnachlass,<br />
Rabatt), und ein besseres Jahr hätte man<br />
sich für die Einführung des Discounthandels<br />
kaum aussuchen können.<br />
Der vom Wirtschaftswunder angeheizte<br />
Konsum droht die Konjunktur zu überhitzen.<br />
Die Preise steigen um durchschnittlich drei<br />
Prozent; das ist der stärkste Anstieg seit 1951.<br />
Das Bruttosozialprodukt wächst dagegen<br />
„nur” noch um real vier Prozent, nach acht im<br />
Jahr 1960. Dies alles veranlasst den d<strong>am</strong>aligen<br />
Wirtschaftsminister Ludwig Erhard zu seinem<br />
dr<strong>am</strong>atischen Maßhalte-Appell an Gewerkschaften,<br />
Arbeitgeber und Verbraucher. In<br />
Zeiten einer heraufziehenden Wirtschaftskrise<br />
sind die Billigangebote von Aldi ein fl<strong>am</strong>mendes<br />
Signal. Auch für die Wettbewerber.<br />
Während Aldi bereits mit der Expansion ins<br />
europäische Ausland beginnt, schwenken in<br />
<strong>Deutschland</strong> weitere Anbieter auf die Erfolgsspur<br />
Discount ein. 1972 eröffnet Tengelmann<br />
die ersten Plus-Filialen. Das Konzept entspricht<br />
dem Discount-Prinzip (eingeschränktes Sortiment,<br />
einfache Warenpräsentation), doch die<br />
Produktpalette ist größer und es gibt mehr<br />
Markenartikel im Angebot als bei Aldi.<br />
Gleiches gilt in eingeschränktem Maße für<br />
Penny (Rewe-Gruppe, Markteintritt 1973)<br />
und in etwas höherem Umfang für Netto<br />
(Edeka-Gruppe, Markteintritt 1984).<br />
80er Jahre 90er Jahre 2000 +<br />
Ausbau von Großflächen<br />
1984: Markteintritt<br />
Netto<br />
<strong>Discounter</strong> verbreitern ihre<br />
Sortimente, expandieren<br />
global und steigen ins<br />
Non-Food Geschäft ein<br />
1993: Beginn der Sortimentsausweitung<br />
auf Non-Food Artikel<br />
1998: Erster Aldi-PC<br />
im Angebot<br />
1989: Fall der Mauer 2001: 11. September<br />
1991: Auflösung der Sowjetunion 2002: Euro-Einführung<br />
2005: Ausweitung des Online-<br />
Angebots, Handys, Foto<br />
2007: Aldi bietet<br />
Reisen von TUI an<br />
2003: Irak-Krieg<br />
Stichwort:<br />
Preisbindung der<br />
zweiten Hand<br />
Bis in die frühen 70er Jahre<br />
galt für Nahrungsmittel und<br />
Getränke die „Preisbindung<br />
der zweiten Hand“, die es<br />
dem Handel untersagte, seine<br />
Preise selbst festzulegen.<br />
Aldi wurde wegen seiner<br />
Discountangebote von der<br />
Markenartikelindustrie nicht<br />
beliefert. Deshalb war man<br />
gezwungen, eigene Marken,<br />
so genannte Handelsmarken,<br />
zu verkaufen. Als die<br />
gesetztliche Preisbindung<br />
1974 fiel, konnten die<br />
<strong>Discounter</strong> auch Hersteller-<br />
marken billig verkaufen. Dies<br />
war das Startsignal für den<br />
Markteintritt weiterer<br />
Discountanbieter wie Lidl,<br />
Penny und Plus.<br />
5
6<br />
<strong>Discounter</strong> – eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />
Relativ spät tritt der heute größte Konkurrent<br />
von Aldi in den Markt ein. Dieter Schwarz<br />
eröffnet 1973 den ersten Lidl-Markt. Das<br />
Sortiment ist von Beginn an untypisch breit für<br />
einen <strong>Discounter</strong>, doch ansonsten entspricht es<br />
den üblichen Kriterien.<br />
Der Schick des Einfachen<br />
– Aldi wird Kult<br />
Das Hauptargument für die Verbraucher, im<br />
Discount einzukaufen, ist der discount, der<br />
Rabatt, der sich in niedrigen Preisen und einem<br />
deutlichen Preisabstand zu den Vollsortimentern<br />
des Lebensmittelhandels ausdrückt. Er ist<br />
heute weit größer als die drei Prozent, die Karl<br />
und Theo Albrecht anfangs aus dem Verzicht<br />
auf die Rabattmarken herausschlagen.<br />
Ihre niedrigen Preise führen den <strong>Discounter</strong>n<br />
von Beginn an immer neue Kunden zu. Zwar<br />
lässt sich die Mittelschicht anfänglich noch vom<br />
Schmuddelimage der <strong>Discounter</strong> abhalten, aber<br />
je öfter und tiefer wirtschaftliche Krisen das<br />
Sicherheitsgefühl der gesellschaftlichen Mitte<br />
erschüttern, desto größer und nachhaltiger wird<br />
der Zustrom selbst besser situierter Kreise in den<br />
Discount. Lange bevor der hybride Konsument<br />
erfunden wird, kann man ihn gut gekleidet im<br />
Auto mit üppiger Motorisierung bei Aldi vorfahren<br />
sehen. Mit den Jahren wird es geradezu<br />
schick, Aldi-Kunde zu sein. Aldi wird Kult in<br />
gewissen Kreisen. Schließlich kann man, muss<br />
aber nicht dort einkaufen.<br />
Auch die <strong>Discounter</strong> selbst müssen einkaufen,<br />
und wie ihre Kunden, sind auch sie darauf aus,<br />
dies möglichst billig zu tun. Der Weg dahin<br />
führt über hohe Stückzahlen, die ihnen einen<br />
entsprechenden discount, einen hohen Nachlass,<br />
bei ihren Lieferanten sichert.<br />
In ihrem Standardsortiment führen die<br />
<strong>Discounter</strong> anfangs rund 250 verschiedene<br />
Artikel, heute sind es ca. 800 bis 1.000 und<br />
etwa 2.000 bei Lidl. Hinzu kommen rund<br />
100 Food-Saisonartikel, die für gewisse Zeit<br />
das klassische Sortiment ergänzen. Zu Beginn<br />
der neunziger Jahre bauen die <strong>Discounter</strong><br />
zudem neben dem ständigen Sortiment aus<br />
Lebensmitteln und Getränken ein Nonfood-<br />
Angebot auf. Aldi erzielt d<strong>am</strong>it zeitweise rund<br />
ein Fünftel seines ges<strong>am</strong>ten Umsatzes. Etwas<br />
mehr als 2.000 dieser Aktionsartikel bieten die<br />
<strong>Discounter</strong> übers Jahr verteilt für kurze Zeit<br />
an, die einen (Aldi, Lidl) mehr, andere weniger.<br />
Diese Angebote locken Kunden zu den Dis-<br />
countern, die sie ohne solche Offerten nur<br />
schwer erreichen würden. Wer hat nicht schon<br />
mal etwas für den Garten bei Aldi eingekauft,<br />
oder Utensilien für die Küche bei Lidl – auch<br />
ohne zusätzlich noch Lebensmittel in den<br />
Einkaufswagen zu packen. Als Aldi 1998<br />
erstmals einen PC anbietet, drängelt die<br />
Kundschaft bereits in der Nacht vor den Läden,<br />
um nur ja einen der begehrten Computer zu<br />
erwischen. Dabei kosten die Geräte sogar mehr<br />
als die günstigsten Fachhandelsangebote,<br />
bieten dafür aber hohe Leistung und opulente<br />
Ausstattung, inklusive Drei-Jahres-Garantie.<br />
Solche spektakulären Schnäppchen sorgen bei<br />
den Verbrauchern für hohe Aufmerks<strong>am</strong>keit.<br />
Das kommt auch dem Food-Segment zugute.<br />
So müssen die <strong>Discounter</strong> bis in die 90er Jahre
hinein kaum Geld für Werbung ausgeben. Vor<br />
allem aber bringt der Verzicht auf komfortable<br />
Ausstattung und Verschönerung der Läden<br />
immense Kostenvorteile gegenüber den<br />
Vollsortimentern. Sie können es sich leisten,<br />
weil die Verbraucher ihnen vieles durchgehen<br />
lassen, was sie ihrem „normalen” Lebensmittelhändler<br />
nie verzeihen würden. Kein Rewe,<br />
Edeka oder Tengelmann könnte sich eine so<br />
spartanische, ja, triste Einkaufsatmosphäre<br />
erlauben. Die Kunden würden in Scharen<br />
davonlaufen.<br />
Die <strong>Discounter</strong>, allen voran Aldi und Lidl, sind<br />
in hohem Maße standardisiert. Das gilt für<br />
die Sortimente, für die Platzierung, aber auch<br />
für die innere Organisationsstruktur. Egal in<br />
welche Filiale der Aldi-Kunde geht, er findet<br />
seine Standardprodukte stets zuverlässig vor;<br />
sie stehen überall <strong>am</strong> gleichen Platz und kosten<br />
immer dasselbe – und fast immer weniger<br />
als in den klassischen Geschäften des Lebensmitteleinzelhandels,<br />
jedenfalls soweit es die<br />
Regalpreise anbelangt. Auch die Produktqualität<br />
ist durchweg hoch. Fast regelmäßig tauchen<br />
<strong>Discounter</strong>produkte im oberen Segment<br />
einschlägiger Produkttests auf. Lieferanten,<br />
die nicht ebenfalls zuverlässig hohe Qualität<br />
liefern, droht die Auslistung.Die Verbraucher<br />
honorieren dies alles mit hoher Kundentreue.<br />
Immer wieder haben die <strong>Discounter</strong> ihr Preisniveau<br />
leicht erhöht, und zwar in der Regel<br />
dann, wenn es Wirtschaft und Verbrauchern<br />
gut geht. In schwierigeren Zeiten punkten sie<br />
dagegen mit konstant niedrigen Preisen und<br />
gewinnen dadurch laufend neue Kunden<br />
hinzu. So wachsen sie in guten wie in schlechten<br />
Zeiten. Und Aldi erweist sich immer wieder<br />
als Meister in diesem Metier, wie die ausgebuffte<br />
Strategie rund um die Euro-Bargeldeinführung<br />
zeigt. Aldi hatte die Vollsortimenter,<br />
aber auch die Konkurrenten in der eigenen<br />
Vertriebsschiene, d<strong>am</strong>als mit einer massiven<br />
Anzeigenk<strong>am</strong>pagne ausgekontert, in der man<br />
versprach, man werde keinen einzigen Artikel<br />
teurer verkaufen als vor der Euro-Einführung.<br />
„Klassische” Erfolgsfaktoren<br />
der <strong>Discounter</strong><br />
u Sortiment<br />
¡ Kleiner und überschaubarer<br />
Produktumfang im Standardsortiment;<br />
zunächst ca. 250 Artikel,<br />
heute 800 - 1.000<br />
¡ 2.000 - 2.500 Aktionsartikel pro Jahr;<br />
zeitlich begrenztes Angebot<br />
¡ Rund 100 Food-Saisonartikel<br />
pro Jahr (z.B. Apfelwein)<br />
Æ Ermöglicht niedrige Preise<br />
u Produktqualität<br />
¡ Hohe Qualitätsstandards<br />
¡ Gute Rankings bei Verbraucherorganisationen,<br />
beispielsweise<br />
Stiftung Warentest<br />
Æ Steigendes Verbrauchervertrauen<br />
u Verbraucherwahrnehmung<br />
¡ Geringe Komplexität für den<br />
Verbraucher<br />
¡ Hohe Kontinuität, vor allem<br />
bei Muss- bzw. Grundprodukten<br />
¡ Überall gleiche Artikel mit gleicher<br />
Platzierung zum gleichen Preis<br />
Æ Hohe Kundentreue durch Konstanz<br />
u Organisation<br />
¡ Hohe Standardisierung der Filialen<br />
in Ladenlayout und Warenangebot<br />
¡ Sehr schlanke und dezentrale<br />
Organisation<br />
¡ Ständige Optimierung selbst<br />
kleinster Details (z.B. Abläufe,<br />
Kundenlaufwege)<br />
Æ Ermöglicht effizientes Wachstum<br />
7
8<br />
<strong>Discounter</strong> – eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />
Aldi mit den meisten Filialen<br />
– aber die Konkurrenten holen auf<br />
Bereits bei der Teilung des bis dahin gemeins<strong>am</strong><br />
betriebenen Geschäfts im Jahr 1961,<br />
verfügten Karl und Theo Albrecht jeder über<br />
rund 150 Einzelhandelsfilialen. D<strong>am</strong>als, im Jahr<br />
des Mauerbaus, nahmen auch die Aldi-Brüder<br />
eine territoriale Teilung vor, die jedem einen<br />
etwa gleich großen Teil der Bundesrepublik zuwies.<br />
Niemand konnte zu dieser Zeit absehen,<br />
dass knapp 30 Jahre später einem von ihnen,<br />
nämlich Aldi-Nord, die ehemalige DDR zufallen<br />
würde: ein Gebiet mit rund 17 Mio. zusätzlichen<br />
Verbrauchern.<br />
Aldi-Nord hat seit dem Mauerfall die höhere<br />
Anzahl an Filialen unter den beiden Aldi-Unternehmen,<br />
die hier in der Folge aber immer<br />
zus<strong>am</strong>men betrachtet werden. Zwar werden<br />
die Unternehmen rechtlich, organisatorisch<br />
und betriebswirtschaftlich völlig selbständig<br />
geführt, aber nach wie vor gibt es eine<br />
Reihe gemeins<strong>am</strong>er Projekte, vor allem beim<br />
Einkauf.<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Filialen<br />
VÄ zum Vorjahr in %<br />
Aldi<br />
Lidl<br />
Plus<br />
Penny<br />
Netto<br />
Norma<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
Anzahl Filialen VÄ Vorjahr<br />
1.200<br />
1.200<br />
2.900<br />
2.900<br />
2.000<br />
4.200<br />
±0%<br />
+3,6%<br />
+3,6%<br />
±0%<br />
+9,1%<br />
±0%<br />
Mit seinen 4.200 Filialen stößt Aldi inzwischen<br />
aber an Grenzen. Was dies bedeutet, wird<br />
im folgenden Kapitel beleuchtet. Hier nur<br />
soviel: Das Filialnetz ist, vor allem in Westdeutschland,<br />
so dicht, dass es unwirtschaftlich<br />
wäre, weitere Filialen hineinzuweben.<br />
In Ostdeutschland ist die Geschäftsdichte<br />
von Aldi dünner, aber hier ist teils auch die<br />
Bevölkerungsdichte gering. Aldi hält sich also<br />
verständlicherweise mit weiteren Geschäftseröffnungen<br />
zurück.<br />
Anders Lidl, Plus und Netto. Die Verfolger<br />
haben im vergangenen Jahr zahlreiche neue<br />
Filialen eröffnet. Vor allem Netto hat prozentual<br />
gesehen kräftig zugelegt; der zur Edeka-<br />
Gruppe gehörende <strong>Discounter</strong> gehört mit<br />
jetzt 1.200 Filialen allerdings zu den kleineren<br />
Akteuren. Kaum anzunehmen ist, dass die<br />
derzeit noch 2.900 Plus-Filialen nach der noch<br />
nicht genehmigten Fusion mit Netto alle<br />
erhalten bleiben. Bleibt als hartnäckigster Aldi-<br />
Verfolger noch Lidl (2.900 Filialen), für den das<br />
Aufschließen zu Aldi höhere Priorität zu haben<br />
scheint als die Profitabilität einzelner Filialen.<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Umsatz<br />
VÄ zum Vorjahr in %<br />
Aldi<br />
Lidl<br />
Plus<br />
Penny<br />
Netto<br />
Norma<br />
Umsatz [Mrd. �] 1 VÄ Vorjahr 2<br />
3,7<br />
3,1<br />
6,7<br />
6,2<br />
1 FMCG inkl. Nonfood, 2 nur FMCG<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
13,3<br />
27,0<br />
-1,5%<br />
+9,9%<br />
±0%<br />
+1,6%<br />
+15,6%<br />
+3,3%
Aldi beim Umsatz weit voraus<br />
– aber Dämpfer im Jahr 2007<br />
Was den Umsatz betrifft, ist Aldi der Konkurrenz<br />
nach wie vor weit voraus. Aldi allein<br />
steuert in <strong>Deutschland</strong> 27 Mrd. Euro bzw. rund<br />
45 Prozent zum Ges<strong>am</strong>tumsatz der <strong>Discounter</strong><br />
bei. Der nächstplatzierte im Umsatzranking der<br />
<strong>Discounter</strong>, Lidl, kommt gerade einmal auf die<br />
Hälfte des Aldi-Umsatzes. Doch die Schwaben<br />
haben in den letzten beiden Jahren mächtig<br />
aufgeholt, und zwar einerseits aus eigener<br />
Kraft, andererseits aber auch, weil Aldi im ges<strong>am</strong>ten<br />
Jahr 2007 erkennbar schwächelte.<br />
Zwar ist Aldi weiterhin unangefochtener<br />
Marktführer, doch büßte das Unternehmen im<br />
Vergleich zu 2006 anderthalb Prozent seines<br />
Umsatzes ein. Schlechter ist nur die Bilanz von<br />
Plus; der Umsatz des <strong>Discounter</strong>s stagnierte,<br />
obwohl rund 100 Filialen neu hinzuk<strong>am</strong>en.<br />
Penny dagegen wuchs bei gleicher Filialzahl<br />
um 1,6 Prozent. Die Umsätze von Netto stiegen<br />
gegenüber dem Vorjahr gar um ein Siebtel,<br />
doch lag der Grund dafür vor allem in dem<br />
ebenfalls überproportionalen Filialwachstum.<br />
Der eigentliche Sieger des vergangenen<br />
Jahres heißt deshalb Lidl. Die Schwaben haben<br />
zahlreiche neue Filialen eröffnet bzw. vorhandene<br />
Geschäfte erweitert und sich dadurch<br />
Umsatz „erkauft“. Aber das beeindruckende<br />
Wertwachstum von rund zehn Prozent ist auch<br />
ein Resultat des im Vergleich zu Aldi ausgewogeneren<br />
Sortimentsmixes.<br />
So hat Lidl 2007 fast ein Viertel seines Umsatzes<br />
mit Herstellermarken verdient, Aldi dagegen<br />
gerade einmal knapp zwölf Prozent. Das<br />
Markensegment hat zudem fast doppelt so<br />
stark zum Wachstum von Lidl beigetragen<br />
(+22,6%) wie die Ges<strong>am</strong>theit des Angebots<br />
(+10,2%) dieses <strong>Discounter</strong>s. Während Lidl bei<br />
allen Sortimentsbestandteilen wuchs, konnte<br />
Aldi nur bei der Frische und mit seinen Mehrwert-Handelsmarken<br />
zulegen. Besonders bitter:<br />
In seinem Kernsegment, den Preiseinstiegs-<br />
Profil über Marke und Premium<br />
Käuferreichweiten in %<br />
16%<br />
exklusiv bei Aldi<br />
Umsatzanteile an FMCG Ges<strong>am</strong>t 2007 in %<br />
ALDI VÄ Wert 2007 : 2006 in % LIDL<br />
11,5<br />
9,7<br />
63,4<br />
15,4<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
- 2,2<br />
+ 2,3<br />
- 3,5<br />
+ 7,0<br />
+ 22,6<br />
+ 8,4<br />
+ 4,7<br />
+ 12,0<br />
FMCG ges<strong>am</strong>t - 1,3<br />
+ 10,2 FMCG ges<strong>am</strong>t<br />
Herstellermarke<br />
93%<br />
Käuferreichweite von<br />
Aldi und Lidl gemeins<strong>am</strong><br />
darunter…<br />
Preiseinstiegs-Handelsmarken<br />
70%<br />
bei Aldi und Lidl<br />
Handelsmarken (Anteil ca. 64%), büßte Aldi<br />
gegenüber dem Vorjahr 3,5 Prozent Umsatz ein.<br />
Das Markenangebot führt Lidl offenbar eine<br />
finanzstärkere Klientel zu als dem Konkurrenten<br />
Aldi. Dieser leidet überproportional<br />
unter den von ihm selbst forcierten Preiserhöhungen<br />
für Lebensmittel, weil seine Klientel<br />
sich stärker einschränken muss als die der anderen<br />
<strong>Discounter</strong>. Aus den Käuferreichweiten der<br />
beiden <strong>Discounter</strong> ergibt sich für Lidl zudem<br />
die bessere Ausgangsposition für die Zukunft,<br />
denn das „Exklusiv“-Segment von Lidl ist vom<br />
Profil her weitgehend identisch mit den<br />
Markenkäufern des schwäbischen <strong>Discounter</strong>s.<br />
exklusiv bei Lidl<br />
23,8<br />
12,2<br />
47,1<br />
16,9<br />
Mehrwert-Handelsmarken<br />
Frische (Obst, Gemüse, Kartoffeln,<br />
Fleisch, Geflügel)<br />
7%<br />
9
10<br />
<strong>Discounter</strong> – eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />
Très bon – Aldi mit der höchsten<br />
Bonsumme bei Food & Nonfood<br />
Trotz dieser Schwierigkeiten, hat Aldi auch<br />
2007 wieder mehr aus seinen einzelnen<br />
Kunden herausgeholt als die anderen <strong>Discounter</strong>.<br />
Auf den Aldi-Kassenbons steht im Durchschnitt<br />
die Summe von 22 Euro, das sind zwei<br />
Euro mehr als auf einem Lidl-Bon und sogar<br />
vier Euro mehr als im Durchschnitt aller<br />
<strong>Discounter</strong> (einschl. Aldi selbst). Der Unterschied<br />
zu Plus und Penny beträgt etwas mehr<br />
als 30 Prozent. Anders gesagt. Aldi-Kunden<br />
lassen bei jedem Einkauf ein Drittel mehr Geld<br />
im Laden als Plus- oder Penny-Kunden.<br />
Auch beim Aktionsgeschäft mit Nonfood<br />
ist Aldi erfolgreicher als die Wettbewerber<br />
innerhalb der Vertriebsschiene. Im Durchschnitt<br />
geben Aldi-Kunden für Nonfood pro<br />
Einkauf 4,60 Euro aus, Lidl-Kunden 1,20 Euro<br />
weniger (- 35%). Die anderen <strong>Discounter</strong><br />
liegen hier etwa auf gleicher Höhe; ihr<br />
Abstand gegenüber Aldi ist mit rund 45<br />
Prozent aber immens.<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: ø-Bon Ges<strong>am</strong>t<br />
Ges<strong>am</strong>teinkäufe bei <strong>Discounter</strong>n 1<br />
Aldi<br />
Lidl<br />
Netto<br />
Norma<br />
Plus<br />
Penny<br />
1 Bonbeträge<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
Bonsumme [�] ø 18 �<br />
15<br />
15<br />
16<br />
16<br />
22<br />
20<br />
Sicher gibt es eine ganze Reihe von Gründen<br />
für den höheren allgemeinen Durchschnittsbon<br />
bei Aldi. Ein Grund ist der relativ hohe Nonfood-Anteil<br />
an den Ges<strong>am</strong>teinkäufen, ein<br />
anderer die unterschiedliche Lage der Geschäfte.<br />
So wird Aldi mehr als andere <strong>Discounter</strong><br />
mit dem Auto angefahren, was es den<br />
Kunden ermöglicht, größere Mengen einzukaufen<br />
und bequem nach Hause zu bringen.<br />
Laut <strong>GfK</strong> gaben die Haushalte, die im ver-<br />
gangenen Jahr mit dem Pkw zu Aldi fuhren,<br />
gut 15 Prozent ihrer Ges<strong>am</strong>tausgaben für<br />
FMCG bei Aldi aus, die unmotorisierten<br />
Kunden dagegen nur 12 Prozent. Auch bei Lidl<br />
und Netto waren motorisierte Kunden<br />
überproportional vertreten, während bei<br />
anderen <strong>Discounter</strong>n relativ mehr Umsatz auf<br />
Kunden ohne Pkw entfiel. Penny und Plus<br />
findet man eben häufiger im Stadtzentrum,<br />
Aldi und Lidl dagegen öfter in Randlagen<br />
oder gleich auf der grünen Wiese.<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: ø-Bon Nonfood<br />
Nonfoodeinkäufe bei <strong>Discounter</strong>n 1<br />
Bonsumme Nonfood [�]<br />
4,6<br />
3,4<br />
-1,20 � = 35%<br />
2,6 2,6 2,5 2,5<br />
1 Differenz Bonbeträge ges<strong>am</strong>t vs. Bonbeträge FMCG<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan
Wir sind Aldi<br />
– Erfolgsformat Discount<br />
Das unten stehende Chart zeigt, wie rasant sich<br />
die <strong>Discounter</strong> in den letzten Jahren entwickelt<br />
haben. Die Euro-Bargeldeinführung im Januar<br />
2002 hat ihnen einen zusätzlichen Schub<br />
versetzt. Allein in diesem Jahr nahmen sie den<br />
übrigen LEH-Vertriebskanälen (inkl. Drogeriemärkte)<br />
mehr als drei Prozentpunkte ihres<br />
Marktanteils ab. Dies ging vor allem zu Lasten<br />
der kleinen und mittleren Supermärkte.<br />
Zur Jahrtausendwende k<strong>am</strong>en die Vollsorti-<br />
menter (Super- und Verbrauchermärkte) noch<br />
auf einen Marktanteil von über 60 Prozent <strong>am</strong><br />
LEH, heute sind es gerade noch 48 Prozent. Der<br />
Wertanteil der <strong>Discounter</strong> stieg parallel dazu<br />
von 32 Prozent im Jahr 2002 auf 43 Prozent im<br />
Jahr 2007, ein Plus von elf Prozentpunkten.<br />
Derzeit trennen die <strong>Discounter</strong> nur noch fünf<br />
Prozentpunkte von den Vollsortimentern, und<br />
wenn die Entwicklung so weitergeht, würde die<br />
Billigschiene bald an den Wettbewerbern<br />
vorbeiziehen.<br />
Doch wird es zwangsläufig dahin kommen?<br />
Gibt es vielleicht Anzeichen dafür, dass auch<br />
die <strong>Discounter</strong> das Gewicht der Größe zu<br />
spüren bekommen und langs<strong>am</strong> träger werden?<br />
Wo lauern Wachstumshindernisse und<br />
wie sind sie zu bewerten? – Diesen Fragen wird<br />
im Folgenden nachgegangen.<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Steigender Umsatzanteil im Ges<strong>am</strong>tmarkt<br />
Wertmäßige Marktanteile der einzelnen LEH-Vertriebsschienen in %<br />
Ges<strong>am</strong>t [Mrd. �]<br />
[% von Ges<strong>am</strong>t] 1<br />
<strong>Discounter</strong><br />
Supermärkte<br />
(bis 1.499 m 2 )<br />
Verbrauchermärkte<br />
(ab 1.500 m 2 )<br />
Drogeriemärkte<br />
129,2 133,5 134,7 136,7 136,6 136,6 140,2 142,7<br />
32,1<br />
35,8 34,3<br />
33,7 36,8 38,4 39,7 40,9 42,5 43,2<br />
31,8 30,1 28,7 26,3 24,6 24,3<br />
24,6 24,3 23,6 23,6 23,6 24,6 24,4 24,0<br />
7,5 7,7 7,8 7,9 8,0 8,2 8,5 8,5<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2<br />
1 nach Handelspanelsystematik, Daten Food + Nonfood für <strong>Discounter</strong>, Supermärkte, Verbrauchermärkte (inkl. SB-Warenhäuser), Drogeriemärkte.<br />
Nicht enthalten sind: Fachhandel, Kauf- und Warenhäuser. 2 Kalkulation auf Basis <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Bonsumme FMCG<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
11
12<br />
<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> – Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />
<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> –<br />
Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />
Trotz einer lebhaften<br />
Konjunktur in den<br />
letzten beiden Jahren,<br />
hat sich das Konsumklima<br />
in <strong>Deutschland</strong><br />
kaum verbessert. Im Gegenteil: Höhere Belastungen,<br />
zum Beispiel für die Gesundheit und<br />
die Rente, für Energie und Dienstleistungen,<br />
haben nicht nur die „gefühlte Inflation“ angeheizt<br />
und den finanziellen Spielraum der Haushalte<br />
zunehmend eingeschränkt. Viele kaufen<br />
heute fast ausschließlich bei den <strong>Discounter</strong>n<br />
ein – nicht, weil sie dies unbedingt wollen, sondern<br />
weil sie gar nicht anders können.<br />
Gerade deshalb stehen die <strong>Discounter</strong> aber<br />
heute an einem <strong>Scheideweg</strong>: Ihr Kundenpotenzial<br />
ist nahezu ausgeschöpft und im einst<br />
lukrativen Nonfood-Bereich ist das Angebot,<br />
nicht zuletzt durch Wettbewerber wie Tchibo<br />
und die Fülle von Online-Anbietern, inflationär<br />
gewachsen. Dies alles zeigt: Die Hindernisse<br />
auf dem Wachstumspfad der <strong>Discounter</strong><br />
werden höher.<br />
Zu Beginn dieses Jahrzehnts hat die schleppende<br />
Konjunktur in <strong>Deutschland</strong> den <strong>Discounter</strong>n<br />
geholfen, ihre Marktposition auszubauen. Bei<br />
Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts von<br />
1,2 Prozent (2001) bis minus 0,2 Prozent (2003)<br />
wollte keine rechte Konsumstimmung bei den<br />
Verbrauchern aufkommen. Folglich schrumpften<br />
auch die Wachstumsraten des Lebensmitteleinzelhandels<br />
zus<strong>am</strong>men; zwischen 2003 und 2005<br />
gab es für den LEH überhaupt kein Wachstum.<br />
Dies gilt freilich nicht für alle Vertriebsschienen.<br />
Anders als die Vollsortimenter, die von 2000 bis<br />
heute rund 12 Prozentpunkte ihres wertmäßigen<br />
Marktanteils einbüßten, bauten die <strong>Discounter</strong><br />
ihren Anteil um ca. elf Prozentpunkte aus.<br />
Dennoch ist das Wachstum der <strong>Discounter</strong> in<br />
den letzten Jahren flacher geworden. Die<br />
Gründe dafür liegen auf der Nachfrage- wie<br />
auf der Angebotsseite. Es sind Trends und<br />
Entwicklungen, die sich in den kommenden<br />
Jahren als Wachstumshindernisse erweisen<br />
können, wenngleich nicht müssen.<br />
Perspektive 2020: Hindernisse auf dem <strong>Discounter</strong>-Wachstumspfad<br />
Mögliche Wachstumshindernisse auf Angebots- und Nachfrageseite<br />
Hindernisse auf der Nachfrageseite<br />
Eingeschränktes Nachfragepotenzial<br />
u Spürbar verlangs<strong>am</strong>tes Marktanteilswachstum<br />
im Lebensmittelbereich, dem Kerngeschäft der<br />
<strong>Discounter</strong><br />
u Rückläufige Marktentwicklung bei Nonfood-<br />
Aktionsartikeln seit 2005<br />
u<br />
Aldi 2007 erstmals mit Umsatzrückgang<br />
Veränderte Verbrauchereinstellungen<br />
u Rückläufige Preisorientierung – wachsende<br />
Qualitätsorientierung: Der Preis bleibt wichtig,<br />
tritt jedoch, vor allem bei den finanziell gut<br />
situierten Verbrauchersegmenten, weiter<br />
in den Hintergrund<br />
Quelle: gemäß <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
Hohe Marktdurchdringung<br />
u Filialwachstum verlangs<strong>am</strong>t sich. Attraktive<br />
Standorte immer schwieriger zu finden<br />
u<br />
u<br />
Hohe Filialdichte erreicht. Rückläufige<br />
Flächenproduktivität pro Filiale<br />
Hohe Bedarfsdeckung: 98% aller deutschen<br />
Haushalte kaufen bei <strong>Discounter</strong>n ein<br />
Verwässerung des Discountmodells<br />
u Die <strong>Discounter</strong> haben durch Erweiterung ihres<br />
Standardsortiments (z.B. Frische) und die<br />
Aufnahme von Aktionsartikeln ein immer<br />
breiteres Angebot aufgebaut<br />
u<br />
Die <strong>Discounter</strong> waren im Jahr 2007 erstmals<br />
Speerspitze bei Preiserhöhungen<br />
Hindernisse auf der Angebotsseite
Food & Getränke – erste<br />
Anzeichen von Sättigung<br />
Trotz der für die Billiganbieter günstigen wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen hat sich das<br />
Marktanteilswachstum (Wert) der <strong>Discounter</strong><br />
in ihrem Kernbereich, bei Nahrungsmitteln,<br />
Getränken und Drogeriewaren, in den letzten<br />
Jahren spürbar verlangs<strong>am</strong>t. Im Jahr der Euro-<br />
Bargeldeinführung betrug es hohe 3,5 Prozent;<br />
d<strong>am</strong>als düpierten die <strong>Discounter</strong> den übrigen<br />
LEH mit einer für sie beispiellosen Kommunikationsoffensive,<br />
in der sie versprachen: Bei uns<br />
wird kein einziger Artikel teurer.<br />
Das galt freilich nur für das Jahr der Wäh-<br />
rungsumstellung. In den Folgejahren sind die<br />
Durchschnittspreise bei den <strong>Discounter</strong>n ebenso<br />
gestiegen wie in anderen Vertriebsschienen,<br />
teils infolge von Sortimentsumstellungen (höherwertige<br />
Artikel), teils durch „echte” Preiserhöhungen.<br />
Parallel unternahmen die Vollsortimenter<br />
enorme Anstrengungen, das durch die<br />
(T)euro-Diskussion r<strong>am</strong>ponierte Image durch<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Gebremstes Wachstum bei FMCG<br />
Marktanteilsentwicklung FMCG 1 (ohne Nonfood)<br />
[% von Ges<strong>am</strong>t]<br />
27,6<br />
10,6<br />
5,6<br />
11,4<br />
+ 3,5<br />
31,1<br />
11,0<br />
6,6<br />
13,5<br />
+ 2,0<br />
33,1<br />
11,1<br />
Preisaktionen wieder zu verbessern – mit Erfolg.<br />
Zahlreiche Kunden, die zuvor zu den <strong>Discounter</strong>n<br />
abgewandert waren, kehrten zurück.<br />
Zwar wachsen die Food-Umsätze der <strong>Discounter</strong><br />
nach wie vor stärker als die der anderen Vertriebskanäle,<br />
aber eben nicht mehr so stark wie<br />
Anfang des Jahrzehnts. Dadurch gehen auch die<br />
wertmäßigen Marktanteilszugewinne in diesem<br />
Kernbereich zurück; im vergangenen Jahr lag<br />
das Wachstum bei weniger als einem Prozent.<br />
Die starke Expansion von Lidl hat zudem den<br />
Wettbewerb innerhalb der <strong>Discounter</strong>schiene<br />
verstärkt. Das bringt inzwischen selbst<br />
den Marktführer in Not. Aldi konnte seinen<br />
Marktanteil bei Food in den letzten Jahren<br />
nur marginal steigern und verlor 2007 erstmals<br />
Marktanteile an Lidl und die restlichen <strong>Discounter</strong>.<br />
Lidl dagegen wächst weiter nachhaltig,<br />
zunehmend zwar auf Kosten der anderen<br />
<strong>Discounter</strong>, aber wegen seines erfolgreichen<br />
Sortiments an (preislich) attraktiven Herstellermarken<br />
auch zu Lasten der Vollsortimenter.<br />
+ 0,7<br />
33,8<br />
11,8<br />
12,1<br />
7,6 7,5 8,5<br />
Restliche LEH <strong>Discounter</strong> VÄ vs. Vorjahr in %-Punkten<br />
35,4<br />
14,4 14,4 14,8 15,2 14,8<br />
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
1 FMCG-Daten ohne Nonfood nach <strong>GfK</strong> ConsumerScan. Enthalten sind <strong>Discounter</strong>, Supermärkte, Verbrauchermärkte, Drogeriemärkte, Fachhandel,<br />
SB-Warenhäuser, Kauf- und Warenhäuser. FMCG = Lebensmittel, Getränke und Drogeriewaren<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
+ 1,6<br />
+ 1,0<br />
36,4<br />
12,0<br />
9,2<br />
+ 0,8<br />
37,2<br />
12,4<br />
10,0<br />
13
14<br />
<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> – Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />
Nonfood – schwierige<br />
Marktbedingungen<br />
Mit dem Verkauf von Fernsehern, Computern,<br />
Gartengeräten und Haushaltswaren haben die<br />
<strong>Discounter</strong> in den letzten beiden Jahrzehnten<br />
gut verdient. Nonfood-Artikel waren sogar<br />
lange der entscheidende Wachstumsmotor für<br />
die Billiganbieter. Nonfood steuert noch heute<br />
rund 20 Prozent zum Ges<strong>am</strong>tumsatz von Aldi<br />
bei, doch das Geschäft mit der Aktionsware<br />
läuft nicht mehr so rund wie früher. Für Lidl ist<br />
das Segment nur scheinbar von geringerer Bedeutung.<br />
Der <strong>Discounter</strong> hat erst in den letzten<br />
Jahren Nonfood ins Sortiment genommen und<br />
sieht sich bereits nach kurzer Zeit mit enorm<br />
schwierigen Marktbedingungen konfrontiert.<br />
Die Inflation des Nonfood-Aktionsgeschäfts<br />
– nicht nur bei den <strong>Discounter</strong>n, sondern auch<br />
bei den Versendern wie zum Beispiel Tchibo<br />
– hat dazu geführt, dass die Ausstattung der<br />
Haushalte inzwischen so gut wie komplett ist<br />
und die Nachfrage nicht nur stagniert, sondern<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Rückläufige Marktbedeutung bei Nonfood<br />
Marktanteilsentwicklung Nonfood 1 LEH <strong>Discounter</strong><br />
[in % von Ges<strong>am</strong>t]<br />
2,7<br />
0,9<br />
1,8<br />
3,4<br />
1,1<br />
2,3<br />
3,5<br />
1,1<br />
2,4<br />
1 Elektro, Textil, Hartwaren, sonstige Aktionsware<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScope<br />
4,4<br />
1,3<br />
4,7<br />
0,8<br />
0,9<br />
teilweise zurückgeht. Für die <strong>Discounter</strong> wird<br />
es folglich immer schwerer, die „richtigen”<br />
Aktionsartikel zu finden, und immer öfter<br />
bleiben die Produkte im Laden liegen. Hinzu<br />
kommen hausgemachte Qualitätsprobleme.<br />
Die hohe Nachfrage der <strong>Discounter</strong> nach<br />
Aktionsware hat die Hersteller so sehr unter<br />
Druck gesetzt, dass zuletzt vermehrt Produktionsfehler<br />
auftraten. Das hat dem Image der<br />
<strong>Discounter</strong> geschadet, die zwar billig, aber<br />
nicht schlecht sein wollen.<br />
In Zahlen ausgedrückt: Der Anteil der Dis-<br />
counter <strong>am</strong> ges<strong>am</strong>ten Nonfood-Handel ist seit<br />
2005 um einen halben Prozentpunkt zurückgegangen;<br />
das entspricht einem Wertverlust<br />
von immerhin knapp 800 Mio. Euro. Auch die<br />
Erweiterung des Nonfood-Sortiments, der Verkauf<br />
von Mobiltelefonen und Telefonverträgen<br />
sowie Reisen, hat den Trend nicht drehen<br />
können. Nonfood ist als Wachstumssegment<br />
der <strong>Discounter</strong> offenbar ausgereizt.<br />
Restliche LEH <strong>Discounter</strong> VÄ vs. Vorjahr<br />
1,0<br />
0,7 0.8 0.8<br />
3,1 3,2 3,2 3,2 3,0<br />
1998 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
4,9<br />
5,0<br />
4,6<br />
0,9<br />
0,7<br />
4,6<br />
1,0<br />
0.7<br />
2,9
Geiz ist nicht mehr geil –<br />
Verbraucher suchen Qualität<br />
Geiz ist (nicht mehr) geil. Die Verbraucher, die<br />
sich lange von dem griffigen Slogan haben<br />
anstecken lassen, merken mehr und mehr, dass<br />
der Preis nicht das einzige Kriterium für einen<br />
geglückten Kauf darstellt, sondern ein Produkt<br />
auch etwas leisten, gut schmecken, lange<br />
halten – kurz: etwas taugen muss. Inzwischen<br />
ist sogar der Urheber von seinem Slogan abgerückt<br />
und versucht, seine Klientel mit etwas<br />
höherwertigen Argumenten zu locken.<br />
Reiz ist geil! – So könnte der neue Slogan lau-<br />
ten, auf den immer mehr Verbraucher fliegen.<br />
Obwohl immer noch eine größere Zahl von<br />
Konsumenten beim Einkauf eher auf den Preis<br />
achtet als auf die Qualität, gewinnt die Qualitätsorientierung<br />
wieder an Bedeutung.<br />
Der Vorrang für Qualität ist natürlich umso<br />
stärker, je besser die finanziellen Möglichkeiten<br />
der Verbraucher sind. In der Gruppe der<br />
gut situierten Haushalte (27% von Ges<strong>am</strong>t)<br />
gilt für 58 Prozent der Primat der Qualität; in<br />
der Gruppe der Haushalte, die sich fast nichts<br />
leisten können (25%) jedoch ist für drei Viertel<br />
der Preis das alles entscheidende Kriterium.<br />
Dies sind in erster Linie die St<strong>am</strong>mkunden der<br />
<strong>Discounter</strong>.<br />
Auf Markenebene sind die Unterschiede noch<br />
deutlicher. Unter den Käufern von Premiummarken,<br />
das sind knapp 20 Prozent der Verbraucher,<br />
liegt die Qualitätsorientierung bei<br />
75 Prozent. Im Gegensatz dazu achten mehr<br />
als 75% der Handelsmarkenkäufer (39% aller<br />
Verbraucher) primär auf den Preis. Während<br />
Premium-Käufer drei Viertel ihres Bedarfs in<br />
den Geschäften der Vollsortimenter decken,<br />
vornehmlich in Super- und Verbrauchermärkten,<br />
erwerben Handelsmarkenkäufer fast 60<br />
Prozent aller Güter des täglichen Bedarfs bei<br />
den <strong>Discounter</strong>n. Eine Verfestigung dieses<br />
Kaufverhaltens kann den <strong>Discounter</strong>n nicht<br />
gleichgültig sein.<br />
Rückkehr zur Qualität<br />
Veränderung der Verbrauchereinstellungen<br />
44<br />
56<br />
Qualitätsorientierung:<br />
„Ich achte beim Einkaufen<br />
vor allem auf Qualität“<br />
Preisorientierung:<br />
„Ich achte beim Einkaufen<br />
vor allem auf den Preis“<br />
[in % von Ges<strong>am</strong>t]<br />
41<br />
59<br />
44<br />
56<br />
In den letzten Jahren war es ihnen gelungen,<br />
vermehrt auch die finanziell besser ausgestatteten<br />
Haushalte in ihre Filialen zu locken,<br />
nicht zuletzt dank des höherwertigen Sortiments<br />
der <strong>Discounter</strong>. Daneben spielt auch<br />
bei diesen Haushalten Spars<strong>am</strong>keit eine<br />
gewisse Rolle. Nicht zu vergessen die psychologische<br />
Komponente: Wenn alle Geiz geil<br />
finden, dann kann man sich dem nicht völlig<br />
entziehen.<br />
Seit der Reiz den Geiz wieder zurückdrängt,<br />
verschieben sich vor allem die Einkaufskriterien<br />
dieser besser gestellten Haushalte. Sie<br />
könnten dem Discount auf längere Sicht wieder<br />
verloren gehen. Für die Vollsortimenter<br />
ist es jedenfalls eine lohnende Aufgabe, sich<br />
stärker um diese zahlungskräftige Kundschaft<br />
zu kümmern.<br />
46<br />
54<br />
Durchschnitt<br />
aller Haushalte, davon…<br />
2001 2003 2005 2006* 2007*<br />
47<br />
53<br />
können sich fast<br />
nichts mehr leisten<br />
25%<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> Trendsensor Konsum; * 2006 und 2007 <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
24<br />
76<br />
kommen im Großen<br />
und Ganzen zurecht<br />
48%<br />
50<br />
50<br />
können sich<br />
fast alles leisten<br />
27%<br />
63<br />
37<br />
15
16<br />
<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> – Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />
Nichts geht mehr?<br />
– Grenzen des Wachstums<br />
Wachstum, Wachstum und nochmal Wachstum<br />
– so lautet das Credo einer globalisierten Weltwirtschaft.<br />
Wer nicht wächst, wird geschluckt,<br />
und wer den einverleibten Brocken nicht verdauen<br />
kann, ist als nächster dran.<br />
Das Schauspiel ist so neu nicht auf der Bühne.<br />
Seit den frühen 1970er Jahren herrscht im Handel<br />
mit Gütern des täglichen Bedarfs ein reges<br />
Schlucken und Verdrängen. Zuerst verzehrten<br />
die „gefräßigen” Supermärkte den heimeligen<br />
Laden von Tante Emma, aber schon bald wurden<br />
sie ihrerseits von den größeren Verbrauchermärkten<br />
aus dem Markt gedrängt. Jahr für<br />
Jahr schlossen rund zweieinhalbtausend dieser<br />
kleineren Läden die Tür für immer, oder sie<br />
k<strong>am</strong>en in andere Hände. Nicht selten hat auch<br />
das die Agonie nur verlängert.<br />
Die <strong>Discounter</strong> haben diese Marktbereinigung<br />
zwar nicht aktiv, aber allein schon durch ihr<br />
schieres Wachstum gefördert. 1970 gab es<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Filialwachstum<br />
Entwicklung Verkaufsstellen <strong>Discounter</strong><br />
2005 – 2007 [in Tsd.]<br />
14,8<br />
4,1<br />
+ 2%<br />
15,1<br />
4,2<br />
15,4<br />
4,2<br />
10,7 10,9 11,2<br />
2005 2006 2007<br />
Aldi Sonstige <strong>Discounter</strong><br />
Quelle: Trade Dimensions<br />
+ 2%<br />
knapp 2.000 Discountgeschäfte, ein rundes<br />
Drittel davon gehörte Aldi. Bis heute ist die Anzahl<br />
der <strong>Discounter</strong>filialen in <strong>Deutschland</strong> auf<br />
rund 16.400 gestiegen, der Aldi-Anteil daran<br />
allerdings auf gut ein Viertel gesunken. Die<br />
anderen <strong>Discounter</strong> haben – zumindest was die<br />
Zahl der Filialen betrifft – gegenüber Aldi also<br />
mächtig aufgeholt.<br />
Mit dieser stürmischen Ausbreitung rücken<br />
nun aber auch für die <strong>Discounter</strong> die Grenzen<br />
des Wachstums näher. Aldi hat in <strong>Deutschland</strong><br />
zwischen 1998 und 2007 im Schnitt rund hundert<br />
neue Filialen pro Jahr eröffnet, und das,<br />
obwohl das Unternehmen bereits d<strong>am</strong>als über<br />
gut 3.000 Filialen verfügte und nahezu flächendeckend<br />
präsent war. Doch seit 2006 hat<br />
sich die Zahl der Aldi-Verkaufsstellen nur noch<br />
marginal verändert. Das Outlet-Wachstum des<br />
Vertriebskanals Discount insges<strong>am</strong>t wird aktuell<br />
ausschließlich von den anderen <strong>Discounter</strong>n<br />
getragen und hier vor allem von Lidl, der sich<br />
trotz ebenfalls hoher Filialdichte immer noch<br />
kräftig ausbreitet. Das Filialwachstum insges<strong>am</strong>t<br />
stagniert dagegen bei zwei Prozent.<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Ø jährliches<br />
Outletwachstum<br />
2003 – 2007 [in %]<br />
Lidl<br />
Plus<br />
Netto<br />
Norma<br />
Penny<br />
Aldi<br />
-1,6<br />
Quelle: Trade Dimensions<br />
1,2<br />
1,5<br />
2,1<br />
3,9<br />
4,9
Während Lidl noch überall in <strong>Deutschland</strong><br />
neue, zusätzliche Geschäfte eröffnet, beschränkt<br />
sich Aldi auf den Austausch alter<br />
gegen neue, kleinerer gegen größere Filialen.<br />
Das liegt auch daran, dass zumal die großen<br />
<strong>Discounter</strong> kaum noch attraktive Flächen<br />
finden, die sich mit der gewohnt hohen<br />
Wirtschaftlichkeit betreiben lassen. Selbst die<br />
Vergrößerung bestehender Outlets bringt oft<br />
nicht mehr viel zusätzliche Kundschaft und<br />
kaum noch wachsende Umsätze.<br />
Die Flächenproduktivität ist bei nahezu allen<br />
<strong>Discounter</strong>n in den letzten vier Jahren gesunken.<br />
Bei Aldi-Nord ging sie in diesem Zeitraum<br />
um fast 15 Prozent zurück; Lidl erlöste 2007<br />
rund zehn Prozent weniger pro Quadratmeter<br />
Fläche als noch 2003. Lediglich Penny konnte<br />
den Umsatz pro Einheit steigern – durch das<br />
Schließen von Filialen!<br />
Fazit: Für die einst aggressiv expandierenden<br />
<strong>Discounter</strong> lohnt sich die Eröffnung neuer<br />
Filialen immer weniger.<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Flächenproduktivität<br />
Vergleich der Umsätze je m 2 in den Jahren 2003 und 2007<br />
[in � pro m 2 ] 2003 2007<br />
7.800<br />
6.650<br />
Quelle: Trade Dimensions<br />
4.102 4.050<br />
5.421<br />
4.880<br />
2.209<br />
<strong>Discounter</strong> als Nahversorger<br />
– Alle(s) erreicht?<br />
Die <strong>Discounter</strong> sind dort angekommen, wo sie<br />
immer hinwollten: 98 Prozent aller Haushalte<br />
in <strong>Deutschland</strong> kaufen mindestens einmal im<br />
Jahr bei einem <strong>Discounter</strong> ein. Die restlichen<br />
zwei Prozent können sie gut verschmerzen, zumal<br />
selbst das intensivste Werben diese harten<br />
Verweigerer nicht weich machen dürfte.<br />
Für die <strong>Discounter</strong>, vor allem aber für Aldi,<br />
könnte der Aufstieg deshalb bald zu Ende sein.<br />
Das Wachstum der Billiganbieter beruhte in<br />
der Vergangenheit nämlich nicht nur darauf,<br />
dass die Verbraucher zu ihnen k<strong>am</strong>en, sondern<br />
auch, dass sie selbst dahin gingen, wo die Verbraucher<br />
waren – jene Verbraucher, die sie bis<br />
dahin noch nicht erreichten.<br />
Heute ist es für jeden Haushalt in Deutsch-<br />
land nur noch ein Katzensprung zu einer<br />
<strong>Discounter</strong>filiale. Neun von zehn Haushalten<br />
erreichen innerhalb von nur zehn Minuten<br />
(mit dem Auto) mindestens einen <strong>Discounter</strong>,<br />
1.860<br />
2.265 2.125<br />
3.157 2.891 2.845 3.080<br />
17
18<br />
<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> – Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />
Stichwort:<br />
Einkaufsstättenwechsel<br />
Nach Untersuchungen der<br />
<strong>GfK</strong> in ihrem Haushaltspa-<br />
nel ConsumerScan ändern<br />
jedes Jahr rund zehn Prozent<br />
aller Haushalte ihre bisherige<br />
Einkaufsstättenpräferenz für<br />
die <strong>Discounter</strong>. Das heißt: Ein<br />
Zehntel der sporadischen Dis-<br />
counterkäufer wird zu regel-<br />
mäßigen <strong>Discounter</strong>käufern,<br />
aber jeder zehnte bis dahin<br />
regelmäßige <strong>Discounter</strong>kunde<br />
kehrt Aldi & Co. als St<strong>am</strong>mkun-<br />
de den Rücken und kauft nur<br />
noch sporadisch im Discount<br />
ein. Für die Vollsortimenter<br />
heißt dies: Durch effizientere<br />
Kundenbindung der eigenen<br />
Klientel können diese Wande-<br />
rungsbilanz relativ einfach zu<br />
ihren Gunsten verändern.<br />
drei Viertel der Haushalte können in zehn<br />
Minuten drei verschiedene, ein Drittel sogar<br />
fünf verschiedene <strong>Discounter</strong> ansteuern. Im<br />
Durchschnitt erreicht jeder deutsche Haushalt<br />
3,5 verschiedene <strong>Discounter</strong> in höchstens zehn<br />
Minuten.<br />
Die flächendeckende Erreichbarkeit hilft<br />
vor allem den Haushalten, die aus wirtschaft-<br />
lichen Gründen einen relevanten Teil ihres<br />
Bedarfs an Fast Moving Consumer Goods bei<br />
den <strong>Discounter</strong>n einkaufen (müssen). Die<br />
Hälfte der Haushalte in <strong>Deutschland</strong> kauft<br />
regelmäßig bei den <strong>Discounter</strong>n ein. Diese<br />
Haushalte decken 65 Prozent ihres ges<strong>am</strong>ten<br />
Bedarfs an FMCG im Discount. Aber auch<br />
diejenigen Haushalte, die nur sporadisch bei<br />
den <strong>Discounter</strong>n einkaufen, erwerben dort<br />
immerhin ein Viertel ihres Bedarfs an Food,<br />
Getränken und Drogeriewaren.<br />
Für die Discountschiene ist das ein riesiger<br />
Erfolg. Sie haben sich innerhalb relativ kurzer<br />
Zeit von einem Nischenanbieter mit überschaubarem<br />
Sortiment zum Nahversorger entwickelt,<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Erreichbarkeit<br />
Erreichbarkeit mit dem Auto<br />
% der Haushalte, die innerhalb von 10 Minuten<br />
x verschiedene <strong>Discounter</strong> erreichen können<br />
ø 3,5 <strong>Discounter</strong> erreichbar für jeden HH in 10 Min.<br />
91,2<br />
83,9<br />
73,7<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
57,7<br />
32,8<br />
13,3<br />
1 2 3 4 5 mehr als 6<br />
der im Prinzip alle deutschen Haushalte erreicht<br />
und in der die Hälfte der Verbraucher<br />
heute das meiste von dem kauft, das sie zum<br />
Leben brauchen.<br />
Doch gerade darin liegt die Gefahr für die<br />
<strong>Discounter</strong>: Es gibt sowohl bei der Filialdichte<br />
als auch bei der Haushaltsausschöpfung kaum<br />
noch Spielraum. Die Erschließung komplett<br />
neuer Kundenschichten ist nicht mehr möglich;<br />
das Potenzial beschränkt sich im Prinzip auf<br />
jene 47 Prozent der Haushalte, die bislang nur<br />
einen vergleichsweise geringen Teil ihrer lebensnotwendigen<br />
Besorgungen beim <strong>Discounter</strong><br />
tätigen.<br />
Eine stärker auf diese Zielgruppe zugeschnitte-<br />
nes Angebot mit höherwertigen und teureren<br />
Produkten auf der einen Seite und mit Billigartikeln<br />
für die Kernklientel auf der anderen, ist<br />
unter einem Dach aber kaum zu machen. Die<br />
<strong>Discounter</strong> sind an einem Punkt angekommen,<br />
wo sie sich etwas Neues einfallen lassen müssen.<br />
Und dieses Neue muss mehr sein als nur<br />
oberflächliche Kosmetik.<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Bedarfsdeckung<br />
Einkaufsverhalten privater HH bei <strong>Discounter</strong>n<br />
[in % aller Haushalte]<br />
98 51<br />
HH die bei<br />
<strong>Discounter</strong>n<br />
kaufen<br />
Regelm.<br />
<strong>Discounter</strong>kauf<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
65%<br />
Bedarfsdeckung<br />
im Discount<br />
47<br />
Sporadischer<br />
<strong>Discounter</strong>kauf<br />
24%<br />
Bedarfsdeckung<br />
im Discount
Recht und billig –<br />
<strong>Discounter</strong> erhöhen Preise<br />
Hummer vom Feinkosthändler und Sch<strong>am</strong>pus<br />
von Aldi – so wird gerne der hybride Konsument<br />
beschrieben, ein gut betuchter Verbraucher,<br />
der Wert auf Qualität legt, aber zum<br />
fairen Preis. Aldi hat in den letzten Jahren<br />
zahlreiche Artikel für diese kaufkräftige Kundschaft<br />
ins Angebot aufgenommen und das Sortiment<br />
auch an anderer Stelle um so genannte<br />
Mehrwerthandelsmarken ergänzt.<br />
Dies hat die Kundenstruktur der <strong>Discounter</strong><br />
verändert. Sie erreichen mit ihrem FMCG-<br />
Angebot heute nicht mehr nur Verbraucher,<br />
die aufs Geld schauen müssen oder die sich<br />
den Einkauf an anderer Stelle überhaupt nicht<br />
leisten können, sondern auch ein Drittel der<br />
finanziell besser situierten Haushalte. Dadurch<br />
ist das durchschnittliche Preisniveau der<br />
<strong>Discounter</strong> schleichend gestiegen, freilich ohne<br />
dass die Preiseinstiegs-Handelsmarken für die<br />
„klassischen” <strong>Discounter</strong>kunden deshalb aus<br />
dem Sortiment verschwunden wären.<br />
LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Kundenstruktur<br />
Marktanteile nach Einkommenssituation der HH<br />
[in %] <strong>Discounter</strong> Drogeriemärkte<br />
Vollsortimenter Restliche*<br />
42<br />
4<br />
40<br />
14<br />
25 % können<br />
sich fast nichts<br />
mehr leisten<br />
37<br />
4<br />
41<br />
18<br />
48 % kommen<br />
im Großen und<br />
Ganzen zurecht<br />
* inkl. Handwerk und Direktvertrieb<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, FMCG ohne Frische<br />
32<br />
4<br />
42<br />
22<br />
27 % können<br />
sich fast<br />
alles leisten<br />
Preisindex FMCG 2007 (ohne Frische)<br />
Preisveränderung zum jeweiligen Vorjahresmonat in %<br />
02 03<br />
01 04 05 06 07 08 09 10 11 12 01<br />
2007 2008<br />
Vollsortimenter<br />
<strong>Discounter</strong><br />
3,9<br />
3,0<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Haushaltsindex Bezahlte Preise<br />
Seit Mai letzten Jahres sind die Durchschnittspreise<br />
bei den <strong>Discounter</strong> deutlich angestiegen,<br />
und zwar in jedem einzelnen Monat<br />
kräftiger als bei den Vollsortimentern. Nach<br />
der Milchpreisrunde, die Mitte 2007 einsetzte,<br />
sind die <strong>Discounter</strong>preise sogar regelrecht<br />
explodiert. Im November lagen sie um neun,<br />
im Dezember um fast zehn und im Januar 2008<br />
sogar um gut elf Prozent über den jeweiligen<br />
Preisniveaus des Vorjahres. D<strong>am</strong>it haben sich<br />
die <strong>Discounter</strong> zwar erstmals als Antreiber<br />
einer massiven Preiswelle erwiesen, aber dennoch<br />
bleibt der Preisabstand zu den anderen<br />
Anbietern gleich.<br />
Auf der anderen Seite haben die Vollsortimenter<br />
ihre lange vernachlässigten Eigenmarken aus-<br />
geweitet und ausdifferenziert. Sie führen heute<br />
deutlich mehr Handelsmarken auf <strong>Discounter</strong>niveau,<br />
bieten aber zum Beispiel auch eigene<br />
Bio-Labels mit ausgedehnten Produktranges an.<br />
Diese Entwicklungen sind aber nicht der<br />
alleinige Grund, warum auf die <strong>Discounter</strong><br />
schwierige Zeiten zukommen könnten. In den<br />
nächsten Jahren werden sich die F<strong>am</strong>ilien-<br />
Lebenswelten in <strong>Deutschland</strong> spürbar verändern.<br />
Und dies betrifft vor allem die klassischen<br />
Rekrutierungsfelder der <strong>Discounter</strong>.<br />
5,6<br />
7,7<br />
9,2<br />
9,9<br />
11,2<br />
19
20<br />
Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />
Lebenswelt wird größer<br />
Lebenswelt bleibt<br />
ähnlich groß<br />
Lebenswelt wird kleiner<br />
Prognose 2020<br />
– Gewinner und Verlierer<br />
<strong>Deutschland</strong> im Wandel: In der einst dominie-<br />
renden Industrie wird heute gerade noch ein<br />
Viertel des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet,<br />
im stetig wachsenden Dienstleistungssektor<br />
arbeiten bereits fast drei Viertel aller<br />
Beschäftigten. Auf die aktive Bevölkerung<br />
kommen in den nächsten Jahrzehnten höhere<br />
Belastungen zu: Finanzierten früher drei<br />
Erwerbstätige einen Rentner, so muss künftig<br />
ein Beschäftiger zwei Rentner versorgen.<br />
Die veränderten Lebens- und Arbeitsbedin-<br />
gungen schlagen sich in verändertem Konsumund<br />
Einkaufsverhalten nieder. Neue Lebensstile,<br />
dazu Zeit- und Budgetrestriktionen<br />
werden auch die Nachfrage der Verbraucher<br />
nach Gütern des täglichen Bedarfs verändern.<br />
Welche Absatzkanäle können davon profitieren,<br />
welche verlieren? Eine Prognose für das<br />
Jahr 2020 macht die verschiedenen Optionen<br />
deutlich.<br />
Veränderung der F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten<br />
Das multivariable Prognosemodell von Accenture<br />
und <strong>GfK</strong> basiert auf der Entwicklung der<br />
F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten. Das ist eine Segmentierung<br />
der deutschen Gesellschaft aufgrund<br />
individueller und F<strong>am</strong>ilien-Biografien. Viele<br />
hundert verhaltensrelevante Variablen sind in<br />
die Charakterisierung der 14 F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten<br />
eingegangen. Sie bestimmen überwiegend<br />
das Kauf-, Konsum- und Medienverhalten<br />
der Verbraucher.<br />
Die F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten verändern sich<br />
sowohl quantitativ als auch qualitativ. Wenn<br />
weniger Kinder geboren werden, dann zieht<br />
sich dieses Faktum im Laufe der Jahrzehnte<br />
durch alle Lebenswelten hindurch. Bis zum Jahr<br />
2020 werden die geburtenschwachen Jahrgänge<br />
(ab ca. 1970) zu einem zahlenmäßigen Rückgang<br />
vor allem in den Lebenswelten der F<strong>am</strong>ilie<br />
führen. Andererseits werden die Ruhestands-<br />
Lebenswelten durch das Eindringen der geburtenstarken<br />
Generation der 1960er Jahre größer.<br />
Ausbildung Berufsleben Ruhestand<br />
Studierende/<br />
Auszubildende<br />
(eigener Haushalt)<br />
Junge F<strong>am</strong>ilien,<br />
Mittelschicht,<br />
ggf. mit Kindern<br />
2007: 6% – 2020: 5%<br />
Aufsteiger,<br />
Singles,<br />
DINKS<br />
Junge F<strong>am</strong>ilien,<br />
Arbeiterschicht,<br />
ggf. mit Kindern<br />
2007: 7% – 2020: 6%<br />
Ältere F<strong>am</strong>ilien,<br />
Mittelschicht,<br />
ggf. k. Kindern (mehr)<br />
2007: 7% – 2020: 6%<br />
Berufstätige<br />
Alleinlebende<br />
2007: 3% – 2020: 3% 2007: 11% – 2020: 10% 2007: 7% – 2020: 7%<br />
Ältere F<strong>am</strong>ilien,<br />
Arbeiterschicht,<br />
ggf. k. Kindern (mehr)<br />
2007: 7% – 2020: 6%<br />
Arbeitslose/<br />
Working Poor<br />
2007: 8% – 2020: 8%<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien,<br />
Mittelschicht<br />
2007: 5% – 2020: 6%<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien,<br />
Arbeiterschicht<br />
2007: 4% – 2020: 4%<br />
Rentner-F<strong>am</strong>ilien,<br />
Mittelschicht<br />
2007: 11% – 2020: 13%<br />
Alleinstehende<br />
Ältere,<br />
Mittelschicht<br />
2007: 9% – 2020: 10%<br />
Alleinstehende<br />
Ältere,<br />
Arbeiterschicht<br />
2007: 6% – 2020: 7%<br />
Rentner-F<strong>am</strong>ilien,<br />
Arbeiterschicht<br />
2007: 9% – 2020: 10%<br />
%-Angaben = Anteil an allen deutschen Haushalten<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> Consumer Research
Neben der demografischen Verschiebung<br />
wandeln sich die einzelnen Lebenswelten auch<br />
qualitativ. Derzeit sind die Zeitungen voll mit<br />
Beiträgen über die Studentengeneration der<br />
’68er. Das ist jetzt vierzig Jahre her, und diese<br />
Generation kommt so langs<strong>am</strong> ins Rentenalter.<br />
Mit ein bisschen Fantasie kann man sich leicht<br />
ausmalen, wie sich diese Rentner von den<br />
Rentnern aus der Kriegsgeneration unterscheiden,<br />
nicht nur in den gesellschaftlichen und<br />
politischen Einstellungen, sondern auch im<br />
Konsum- und Kaufverhalten.<br />
Ein weiterer Faktor, der den Konsum der „äl-<br />
teren” Lebenswelten in den kommenden Deka-<br />
den verändern wird, ist die Tatsache, dass diese<br />
Verbrauchergruppen über ein deutlich höheres<br />
Vermögen verfügen als derzeit. In den nächsten<br />
fünf Jahren werden nach Berechnungen<br />
der Dresdner Bank in <strong>Deutschland</strong> rund eine<br />
Billion Euro vererbt, in den fünf Jahren danach<br />
bereits 1,3 Billionen. – Was bedeutet dies alles<br />
für die künftige Entwicklung der <strong>Discounter</strong>?<br />
<strong>Discounter</strong>: Stark bei jungen F<strong>am</strong>ilien<br />
Das Einkaufsverhalten der jüngeren und der äl-<br />
teren Lebenswelten unterscheidet sich deutlich<br />
voneinander, und zwar relativ unabhängig vom<br />
Einkommen. Anders gesagt: Das biologische<br />
Alter zieht eine entscheidende Trennlinie bei<br />
der Auswahl der Einkaufsstätten.<br />
Die Bedeutung der <strong>Discounter</strong> als Einkaufsstät-<br />
te nimmt mit zunehmendem Lebensalter ab.<br />
Jüngere Menschen und F<strong>am</strong>ilien mit Kindern<br />
geben signifikant mehr Geld im Discount aus<br />
als Ältere. Den höchsten Ausgabenanteil<br />
erzielen die <strong>Discounter</strong> bei Studierenden und<br />
Auszubildenden, bei Arbeitslosen und Geringverdienern<br />
sowie bei jungen F<strong>am</strong>ilien aus der<br />
Arbeiterschicht. In diesen Lebenswelten ist das<br />
vergleichsweise geringe Einkommen entscheidend<br />
für den Einkauf im Discount. Wenn die<br />
Kinder aus dem Haus sind oder der Haushaltsvorstand<br />
in Rente ist, verlieren die <strong>Discounter</strong><br />
dagegen auch bei Arbeiterf<strong>am</strong>ilien spürbar an<br />
F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: Einkaufsverhalten im Lebensmittelhandel<br />
Ausgabenanteil für Fast Moving Consumer Goods nach Vertriebsschienen<br />
2007 [in %]<br />
43,2<br />
6,6<br />
5,7<br />
23,5<br />
15,4<br />
4,5<br />
Studier./<br />
Auszubild.<br />
36,9<br />
6,4<br />
9,4<br />
24,7<br />
14,5<br />
6,0<br />
Aufsteiger,<br />
Singles,<br />
DINKS<br />
<strong>Discounter</strong> Drogeriemärkte Fachhandel<br />
SB-Warenhäuser Supermärkte Verbrauchermärkte<br />
44,7 36,0 43,7 40,2 41,7 39,2 36,2 32,6 35,2 31,4 34,7 32,6<br />
4,9<br />
9,3<br />
22,4<br />
11,9<br />
4,4<br />
15,9 6,0<br />
8,2<br />
6,8<br />
10,4<br />
3,6<br />
11,8<br />
3,9<br />
15,3<br />
18,3 24,4 23,6 22,5 20,6<br />
16,0<br />
11,1 11,9 13,4 13,0<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan * AS = Arbeiterschicht; MS = Mittelschicht<br />
3,7<br />
15,5<br />
3,8 3,2<br />
3,4<br />
18,4 19,1 22,5<br />
4,4<br />
18,7<br />
4,8<br />
21,3<br />
21,0 20,6 18,1 18,3 14,3 11,8<br />
14,8 14,2 16,3 15,4<br />
4,9 7,1 5,0 5,5 5,6 6,0 6,7 7,4 6,2 6,5 6,1 6,1<br />
Arbeitslose,<br />
Working<br />
Poor<br />
Berufstät.<br />
Alleinlebende<br />
Junge<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS*<br />
Junge<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS*<br />
Ältere<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
Ältere<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
Rentner-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
Rentner-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
20,2<br />
Alleinstehende<br />
Ältere AS<br />
21,8<br />
Alleinstehende<br />
Ältere MS<br />
21
22<br />
Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />
Bedeutung, in erster Linie wohl deshalb, weil<br />
sich die finanzielle Situation mit dem Auszug<br />
der Kinder entspannt.<br />
Je älter die Verbraucher werden, desto seltener<br />
und desto weniger kaufen sie bei den <strong>Discounter</strong>n<br />
ein. Hier fehlt ihnen eine wichtige Komponente<br />
des Einkaufens im Alter: der soziale Kontakt.<br />
Bereits in den Empty-Nest-F<strong>am</strong>ilien nimmt<br />
die Bedeutung der <strong>Discounter</strong> als Einkaufsstätte<br />
deutlich ab, und er wird umso geringer, je älter<br />
die Verbraucher werden. Ältere Mittelschicht-<br />
F<strong>am</strong>ilien decken ihren Bedarf an FMCG zu weniger<br />
als einem Drittel bei den <strong>Discounter</strong>n.<br />
Umgekehrt werden die Vollsortimenter und<br />
der Fachhandel für die älteren F<strong>am</strong>ilienlebenswelten<br />
immer wichtiger. Einerseits können sie<br />
es sich eher leisten, im Fachhandel einzukaufen,<br />
andererseits fällt ihnen der Einkauf in den<br />
wohnortnahen Supermärkten leichter als in<br />
den Geschäften der <strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> Stadtrand<br />
oder in den großen SB-Warenhäusern.<br />
F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: Einkaufsverhalten im Discount<br />
Ausgabenanteil für Fast Moving Consumer Goods bei verschiedenen <strong>Discounter</strong>n<br />
2007 [in %]<br />
43,3<br />
14,3<br />
12,7<br />
6,9<br />
5,1<br />
4,3<br />
Studier./<br />
Auszubild.<br />
36,8<br />
13,1<br />
10,7<br />
4,9<br />
4,1<br />
4,0<br />
Aufsteiger,<br />
Singles,<br />
DINKS<br />
Aldi: Vorsprung bei den Älteren<br />
Betrachtet man ausschließlich die <strong>Discounter</strong>,<br />
so hat Aldi in (fast) allen Lebenswelten die<br />
Nase vor Lidl. Dies gilt vor allem für die älteren<br />
Lebenswelten. Heutige Rentnerf<strong>am</strong>ilien sind<br />
mit Aldi groß geworden; noch bis in die siebziger<br />
Jahre hinein dominierte Aldi das Bild vom<br />
<strong>Discounter</strong> durch die deutlich höhere Zahl seiner<br />
Läden. Für viele Angehörige dieser Lebenswelten<br />
ist Aldi noch heute das Synonym für Discount<br />
– selbst dann, wenn sie bei Lidl einkaufen.<br />
Lidl ist erst in den letzten gut zehn Jahren so<br />
richtig in Fahrt gekommen und hat sich vor allem<br />
in den Jahrgängen eingeprägt, die nicht mit<br />
Aldi aufgewachsen sind. Zudem bietet Lidl mehr<br />
Herstellermarken an als Aldi und punktet oft<br />
mit niedrigeren Preisen. Bei den Arbeitslosen/<br />
Working Poor ist Lidl (unabhängig vom Alter)<br />
deshalb bereits führend. Basis dafür ist, dass Lidl<br />
inzwischen ebenfalls über die stattliche Zahl von<br />
mehr als 3.000 Filialen verfügt.<br />
Aldi Lidl Plus Penny Norma/Netto/Andere <strong>Discounter</strong> ges<strong>am</strong>t<br />
44,6 36,0 43,7 40,2 41,8 39,1 36,3 32,5 35,2 31,4 34,8 32,6<br />
13,2 16,1<br />
13,3<br />
5,4<br />
5,1<br />
7,6<br />
Arbeitslose,<br />
Working<br />
Poor<br />
13,2<br />
9,9<br />
4,5<br />
3,9<br />
4,5<br />
Berufstät.<br />
Alleinlebende<br />
13,6<br />
3,5<br />
4,1<br />
6,4<br />
Junge<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS*<br />
16,4<br />
12,5<br />
3,3<br />
3,6<br />
4,4<br />
Junge<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS*<br />
16,1<br />
12,1<br />
3,0<br />
4,4<br />
6,2<br />
Ältere<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan * AS = Arbeiterschicht; MS = Mittelschicht<br />
16,7<br />
13,5<br />
13,5<br />
15,1<br />
14,6<br />
14,5<br />
13,8<br />
10,7 10,2<br />
8,6<br />
8,5<br />
7,5<br />
7,2<br />
6,0<br />
3,3<br />
3,4<br />
5,0<br />
3,3<br />
3,7<br />
5,6<br />
3,0<br />
2,7<br />
4,7<br />
2,8<br />
3,3<br />
5,5<br />
2,2<br />
2,3<br />
4,8<br />
4,4<br />
3,6<br />
5,1<br />
3,5<br />
3,4<br />
5,9<br />
Ältere<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
Empty Nest<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
Rentner-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
Rentner-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
Alleinstehende<br />
Ältere AS<br />
Alleinstehende<br />
Ältere MS
Die übrigen <strong>Discounter</strong> kommen vor allem bei<br />
den jüngeren Zielgruppen sowie bei den Arbeitslosen/Working<br />
Poor auf höhere wertmäßige<br />
Marktanteile. Das könnte unter anderem<br />
daran liegen, dass diese <strong>Discounter</strong> im Gegensatz<br />
zu Aldi und Lidl zumeist in zentralen<br />
Lagen angesiedelt sind, die man leicht auch<br />
ohne Auto erreicht.<br />
In den Lebenswelten der Berufstätigen und der<br />
F<strong>am</strong>ilien sind die restlichen <strong>Discounter</strong> schwächer,<br />
bei den alleinstehenden Älteren dagegen<br />
stärker vertreten, als es ihrem durchschnittlichen<br />
Marktanteil entspricht. Ein Grund dafür<br />
könnte sein, dass diese <strong>Discounter</strong> zahlreiche<br />
Herstellermarken zu günstigen Preisen führen.<br />
Der Preis spielt in den mit Empty-Nestern<br />
beginnenden Lebenswelten bekanntlich nicht<br />
mehr eine so dominierende Rolle.<br />
Die alternde Gesellschaft<br />
– Herausforderung für den Discount<br />
Je älter die Verbraucher werden, desto geringer<br />
wird ihre Bedarfsdeckung über die <strong>Discounter</strong>.<br />
In den nächsten Jahren werden aber, wie<br />
zuvor gezeigt, gerade die älteren Lebenswelten<br />
zahlenmäßig größer. Dies führt zu einer Verschiebung<br />
des Konsum- und Einkaufsverhaltens<br />
zu Lasten der <strong>Discounter</strong> und zugunsten der<br />
Vollsortimenter und des Fachhandels.<br />
Gruppiert man die Lebenswelten einmal<br />
nicht nach Lebensphasen, sondern nach<br />
Einkaufspräferenzen im Discount, zeigt sich<br />
eine für die <strong>Discounter</strong> nicht gerade beruhigende<br />
Perspektive. Es fällt auf, dass diejenigen<br />
Lebenswelten, die heute weniger als<br />
35 Prozent ihres Bedarfs an FMCG über den<br />
Discount decken, in den vergangenen zwölf<br />
Jahren um zwei Prozentpunkte gewachsen<br />
sind. Dagegen ging die Zahl der Haushalte in<br />
den Lebenswelten, die mehr als 40 Prozent<br />
ihres FMCG-Bedarfs über den Discount<br />
decken, im gleichen Zeitraum um einen<br />
Prozentpunkt zurück.<br />
F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: <strong>Discounter</strong>basis bröckelt<br />
Anteile der Lebenswelten nach Bedarfsdeckung im Discount<br />
[in %] 1 Lebenswelten, welche 2007 mehr als 40% im Discount gekauft haben<br />
Lebenswelten, welche 2007 weniger als 35% im Discount gekauft haben<br />
Arbeitslose/Working Poor<br />
Junge F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Studier./Auszubildende<br />
Ältere F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Junge F<strong>am</strong>ilien MS<br />
Ältere F<strong>am</strong>ilien MS<br />
Aufsteiger, Singles, DINKS<br />
Empty-Nest F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Berufstätige Alleinlebende<br />
Rentner F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Alleinstehende Ältere AS<br />
Alleinstehende Ältere MS<br />
Empty Nest F<strong>am</strong>ilien MS<br />
Rentner-F<strong>am</strong>ilien MS<br />
1 Anteil an allen deutschen Haushalten<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
Die skizzierte Entwicklung wird in den kommenden<br />
13 Jahren deutlich an Tempo gewinnen.<br />
Im Prognosejahr 2020 liegt die Zahl Haushalte<br />
in den Discount-affinen Lebenswelten<br />
nur noch bei 28 Prozent; die <strong>Discounter</strong>-fernen<br />
Lebenswelten nehmen dagegen zahlenmäßig<br />
um fünf Prozentpunkte auf insges<strong>am</strong>t<br />
45 Prozent zu.<br />
Die heutige Kernzielgruppe für die <strong>Discounter</strong><br />
wird also kleiner. Was bedeutet das nun für<br />
die Marktanteilsentwicklung der Nachfrage<br />
und der Verbraucherausgaben im LEH – und<br />
für die <strong>Discounter</strong> selbst?<br />
4,0<br />
9,0<br />
4,0<br />
7,0<br />
8,0<br />
8,0<br />
12,0<br />
5,0<br />
5,0<br />
9,0<br />
5,0<br />
7,0<br />
6,0<br />
11,0<br />
8,0<br />
32%<br />
7,0<br />
3,0<br />
31%<br />
6,0<br />
3,0<br />
28%<br />
7,0<br />
6,0<br />
6,0<br />
7,0<br />
5,0<br />
6,0<br />
10,0<br />
11,0<br />
4,0<br />
4,0<br />
7,0<br />
7,0<br />
10,0<br />
38%<br />
9,0<br />
6,0<br />
9,0<br />
5,0<br />
11,0<br />
40%<br />
8,0<br />
7,0<br />
10,0<br />
5,0<br />
13,0<br />
Jahr 1995 2007 2020<br />
45%<br />
23
24<br />
Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />
Schwerpunkte des Konsums – LEH<br />
profitiert vom Bevölkerungswandel<br />
Seit Jahren kämpfen Vollsortimenter und<br />
<strong>Discounter</strong> verbissen um die Gunst der Verbraucher.<br />
Dabei ist ihnen natürlich jeder Kunde<br />
willkommen, aber nicht jeder gibt gleich<br />
viel Geld in dem einen oder in den anderen<br />
Vertriebskanälen aus. Dabei wäre es für jeden<br />
Anbieter gut zu wissen, welche Verbrauchergruppe<br />
wieviel zum Umsatz des eigenen Vertriebskanals<br />
beiträgt. Denn dadurch ließen sich<br />
Sortimente, Aktionen und <strong>Services</strong> noch besser<br />
auf die Kunden abstimmen.<br />
Im Folgenden wird versucht zu bestimmen,<br />
welche Lebenswelten für den LEH insges<strong>am</strong>t<br />
und für die <strong>Discounter</strong> insbesondere von<br />
herausragender Bedeutung sind, und zwar für<br />
das Basisjahr 2007 sowie für das Prognosejahr<br />
2020. Dabei zeigt sich, dass den älteren Zielgruppen<br />
eine Schlüsselrolle zukommt.<br />
F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: Einkaufsverhalten im Lebensmittelhandel<br />
Ausgabenanteil für Fast Moving Consumer Goods im Lebensmitteleinzelhandel (inkl. Drogeriemarkt)<br />
[in %]<br />
2,8<br />
1,6<br />
Studier./<br />
Auszubild.<br />
10,9<br />
Aufsteiger,<br />
Singles,<br />
DINKS<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
7,2 7,5 6,6 7,0<br />
Arbeitslose,<br />
Working<br />
Poor<br />
Anteil der Lebenswelten an Ges<strong>am</strong>thaushalten 2007<br />
Ausgabenanteil an Ges<strong>am</strong>tausgaben für FMCG in LEH+DM 2007<br />
4,7<br />
Berufstät.<br />
Alleinlebende<br />
7,1 7,9<br />
Junge<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
5,4 6,3<br />
Junge<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
6,8<br />
8,7<br />
Ältere<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
7,2<br />
10,0<br />
Ältere<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
Der Beitrag der einzelnen Lebenswelten zu<br />
den Ges<strong>am</strong>tausgaben im LEH (inkl. <strong>Discounter</strong>)<br />
hängt einerseits von der absoluten Größe, also<br />
von der Zahl der Haushalte in der jeweiligen<br />
Lebenswelt ab, andererseits von den relativen<br />
Ausgaben der Haushalte im Verhältnis zur<br />
Grundges<strong>am</strong>theit einer Lebenswelt.<br />
Zum Beispiel: Aufsteiger / Singles / DINKS.<br />
Dabei handelt es sich um eine große Lebenswelt,<br />
mit einem Anteil von fast elf Prozent an<br />
allen Haushalten. Allerdings stehen die meisten<br />
Angehörigen dieser Lebenswelt noch ziemlich<br />
zu Beginn ihrer Berufslaufbahn mit entsprechend<br />
„entwicklungsfähigen” Einkommen.<br />
Auch sind die Bedürfnisse in dieser Zielgruppe<br />
sehr speziell: Man braucht viel Geld für die<br />
Freizeit, für Kleidung, für die Einrichtung und<br />
für „repräsentative” Dinge. Die Haushalte<br />
dieser Lebenswelt sind klein (z.B. Singles), und<br />
ein großer Teil der Ernährung findet außer<br />
Haus statt. Entsprechend gering ist in dieser<br />
Lebenswelt deshalb der relative Anteil der Aus-<br />
4,4 4,8 5,2<br />
Empty Nest<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
6,3<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
8,6<br />
10,1<br />
Rentner-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
11,7<br />
15,3<br />
Rentner-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
2007<br />
6,2<br />
4,1<br />
Alleinstehende<br />
Ältere AS<br />
9,2<br />
6,2<br />
Alleinstehende<br />
Ältere MS
gaben im LEH: Elf Prozent der Haushalte steuern<br />
gerade einmal gut sieben Prozent der Ausgaben<br />
bei. Eine ähnlich große Diskrepanz zwischen<br />
der Größe der Lebenswelt und den anteiligen<br />
Ausgaben im LEH findet man naturgemäß in<br />
allen „alleinstehenden“ Lebenswelten, seien die<br />
Haushalte nun berufstätig oder älter.<br />
Zum Beispiel: Rentnerf<strong>am</strong>ilien Mittelschicht.<br />
Diese Lebenswelt ist unwesentlich größer als<br />
die der Aufsteiger / Singles / DINKS, aber ihr<br />
Beitrag zu den Ges<strong>am</strong>tausgaben im LEH ist<br />
mehr als doppelt so hoch. Die Haushalte sind im<br />
Durchschnitt etwas größer als die genannten<br />
Referenzhaushalte, vor allem aber verfügen<br />
sie über deutlich mehr Geld, das sie immer<br />
bereitwilliger ausgeben. Dies gilt bis zu einem<br />
gewissen Grade auch für die Rentnerf<strong>am</strong>ilien<br />
der Arbeiterschicht; auch ihr Ausgabenanteil<br />
im LEH ist proportional größer als die Grundges<strong>am</strong>theit<br />
der Haushalte. Bei den Empty-Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien denkt dagegen so mancher noch mehr<br />
an Vorsorge denn an Konsum.<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
In den kommenden Jahren wird sich der<br />
Schwerpunkt der Konsumausgaben im LEH<br />
spürbar verlagern. Vor allem F<strong>am</strong>ilien werden<br />
weniger Geld für Güter des täglichen Bedarfs<br />
im LEH ausgeben, weil diese Lebenswelten<br />
zahlenmäßig kleiner werden. Bei den jungen<br />
F<strong>am</strong>ilien der Mittelschicht liegt der rechnerische<br />
Rückgang der Ausgabenanteile im LEH bei 1,1<br />
Prozentpunkten, bei den älteren Mittelschicht-<br />
F<strong>am</strong>ilien bei 1,4 Prozentpunkten.<br />
Dagegen werden die „älteren“ Lebenswelten<br />
zahlenmäßig größer. So wird es 2020 deutlich<br />
mehr Rentner-F<strong>am</strong>ilien der Mittelschicht geben<br />
als heute. Der Anteil dieser Lebenswelt an den<br />
FMCG-Ausgaben im LEH steigt allein dadurch<br />
um fast drei Prozentpunkte. Bei den Rentnerf<strong>am</strong>ilien<br />
der Arbeiterschicht fällt der Ausgabenanstieg<br />
flacher aus, da die Ausgaben dieser<br />
Lebenswelt im LEH relativ geringer sind.<br />
Was bedeutet dies nun für die Entwicklung der<br />
unterschiedlichen Einzelhandelsformate?<br />
F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: Einkaufsverhalten im Lebensmittelhandel<br />
Ausgabenanteil für Fast Moving Consumer Goods im Lebensmitteleinzelhandel (inkl. Drogeriemarkt)<br />
[in %]<br />
1,6<br />
10,0<br />
6,5<br />
Anteil der Lebenswelten an Ges<strong>am</strong>thaushalten 2020<br />
Ausgabenanteil an Ges<strong>am</strong>tausgaben für FMCG in LEH+DM 2020<br />
± 0 - 0,7 ± 0 ± 0 - 1,1 - 1,0 - 1,2 - 1,4 ± 0 ± 0<br />
+ 1,1 + 2,7 + 0,7 + 0,7<br />
18,0<br />
3,0<br />
Studier./<br />
Auszubild.<br />
Aufsteiger,<br />
Singles,<br />
DINKS<br />
8,0<br />
6,6 7,0<br />
Arbeitslose,<br />
Working<br />
Poor<br />
4,7<br />
Berufstät.<br />
Alleinlebende<br />
6,0 6,8<br />
Junge<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
5,0 5,3<br />
Junge<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
6,0<br />
7,5<br />
Ältere<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
6,0<br />
8,6<br />
Ältere<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
4,0 4,8 5,0<br />
Empty Nest<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
6,3<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
10,0 11,2<br />
Rentner-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
AS<br />
13,0<br />
Rentner-<br />
F<strong>am</strong>ilien<br />
MS<br />
2020<br />
Veränderung in %-Punkten 2020 : 2007<br />
7,0<br />
4,8<br />
Alleinstehende<br />
Ältere AS<br />
10,0<br />
6,9<br />
Alleinstehende<br />
Ältere MS<br />
25
26<br />
Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />
Die typischen „<strong>Discounter</strong>-Lebenswelten” schrumpfen<br />
Entwicklung der Handelsformate in den einzelnen F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten 1<br />
<strong>Discounter</strong><br />
Entwicklung Lebenswelt 2020 vs. 2007 [%]<br />
Vollsortimenter profitieren von der alternden Gesellschaft<br />
Entwicklung Lebenswelt 2020 vs. 2007 [%]<br />
15<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
15<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
Alleinstehende<br />
Ältere MS<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien MS<br />
Berufstätige Alleinlebende<br />
Aufsteiger/Singles/DINKS<br />
unterproportional vertreten<br />
Entwicklung der Handelsformate in den einzelnen F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten 1<br />
LEH ohne Discount<br />
Stärke des Formats pro Lebenswelt [%] 2<br />
Arbeitslose/<br />
Working-Poor<br />
Alleinst. Ältere AS<br />
Rentner-F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Stud./Auszubildende<br />
Ältere F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Junge<br />
F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Ältere F<strong>am</strong>ilien MS<br />
-20<br />
Junge F<strong>am</strong>ilien MS<br />
-25<br />
-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25<br />
unterproportional<br />
Rentner-F<strong>am</strong>ilien MS<br />
Alleinstehnde Ältere AS<br />
Rentner-<br />
F<strong>am</strong>ilien MS<br />
Alleinstehende<br />
Ältere MS<br />
Empty Nest-F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien MS<br />
Berufstätige Alleinlebende<br />
Aufsteiger / Singles / DINKS<br />
Ältere F<strong>am</strong>ilien MS<br />
überproportional<br />
Stärke des Formats in der Lebenswelt [%] 2<br />
Umsatzanteil der Lebenswelt<br />
<strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tmarkt FMCG 2020<br />
Rentner-F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Empty Nest-<br />
F<strong>am</strong>ilien AS<br />
Stud./Auszubildende<br />
Arbeitslose/<br />
Working-Poor<br />
Ältere F<strong>am</strong>ilien AS<br />
-20<br />
Junge Junge<br />
-25<br />
F<strong>am</strong>ilien MS F<strong>am</strong>ilien AS<br />
-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25<br />
überproportional vertreten<br />
1 Berechnungen für FMCG auf Basis <strong>GfK</strong> ConsumerScan 2007 und Prognose 2020<br />
2 Umsatzanteil Lebenswelt im Format vs. Umsatzanteil Lebenswelt im Ges<strong>am</strong>tmarkt<br />
Umsatzanteil der Lebenswelt<br />
<strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tmarkt FMCG 2020<br />
1 Berechnungen für FMCG auf Basis <strong>GfK</strong> ConsumerScan 2007 und Prognose 2020<br />
2 Umsatzanteil Lebenswelt im Format vs. Umsatzanteil Lebenswelt im Ges<strong>am</strong>tmarkt<br />
Schwerpunkte des Konsums<br />
– Die Basis der <strong>Discounter</strong> schrumpft<br />
Jüngere und ältere F<strong>am</strong>ilien steuern heute<br />
deutlich mehr zum Umsatz der <strong>Discounter</strong> bei<br />
als es dem Anteil der Haushalte in der jeweiligen<br />
Lebenswelt eigentlich entspricht. Die<br />
Gründe dafür liegen auf der Hand: F<strong>am</strong>ilien<br />
mit Kindern haben einerseits überdurchschnittlich<br />
hohe Ausgaben für FMCG, müssen aber<br />
gerade deshalb das Geld zus<strong>am</strong>menhalten.<br />
Diese Lebenswelten haben überproportional<br />
zum stürmischen Wachstum der <strong>Discounter</strong> in<br />
den vergangenen Jahren beigetragen.<br />
Die Veränderung der Lebenswelten in ihrer<br />
quantitativen Zus<strong>am</strong>mensetzung bringt nun<br />
für die <strong>Discounter</strong> ein paar unerfreuliche Entwicklungen<br />
mit sich. Die F<strong>am</strong>ilienlebenswelten<br />
der jungen und älteren F<strong>am</strong>ilien – im oben<br />
stehenden Chart im vierten Quadranten (unten<br />
rechts) abgetragen – werden bis 2020 deutlich<br />
kleiner. D<strong>am</strong>it geht auch ihr Anteil an den<br />
Ges<strong>am</strong>tausgaben im LEH zurück. Die Billiganbieter,<br />
die heute von der Discountfixierung gerade<br />
dieser Lebenswelten überdurchschnittlich<br />
profitieren, sind von deren Rückgang ebenfalls<br />
überproportional betroffen. Sie büßen gegenüber<br />
2007 in den betreffenden Lebenswelten<br />
mehr als fünf Prozentpunkte ihres wertmäßigen<br />
Marktanteils ein.<br />
Zwar profitieren die <strong>Discounter</strong> künftig auch<br />
vom rein zahlenmäßigen Wachstum anderer<br />
Lebenswelten, aber lange nicht in dem Maße<br />
wie die Wettbewerber. Dies gilt speziell für<br />
die beiden Rentner-Lebenswelten. Was den<br />
Konsum und das Einkaufsverhalten betrifft,<br />
machen die aktiven und gut situierten Ruheständler<br />
in den kommenden Jahren den<br />
entscheidenden Unterschied aus.<br />
Die Rentner-F<strong>am</strong>ilien der Mittelschicht werden<br />
zum Ende des nächsten Jahrzehnts die dominierende<br />
Lebenswelt sein. Insges<strong>am</strong>t stellen<br />
die Lebenswelten jenseits des Arbeitslebens im<br />
Jahr 2020 bereits 40 Prozent aller Haushalte in
<strong>Deutschland</strong>. Diese Lebenswelten haben den<br />
Schwerpunkt ihres Einkaufsverhalten aber nicht<br />
im Discount, sondern bei den Vollsortimentern,<br />
wie das unten stehende Chart auf der gegenüberliegenden<br />
Seite veranschaulicht (zweiter<br />
Quadrant, oben rechts).<br />
Die mittleren, <strong>Discounter</strong>-affinen Jahrgän-<br />
ge verlieren aber nicht nur zahlenmäßig an<br />
Bedeutung. Anders als die Rentnerf<strong>am</strong>ilien,<br />
deren finanzielle Basis sich stetig verbessert,<br />
müssen sie, nicht zuletzt wegen steigender<br />
Aufwendungen für die Altersvorsorge, weiterhin<br />
mit einem knappen verfügbaren Einkommen<br />
kalkulieren.<br />
Die quantitativen und qualitativen Verän-<br />
derungen der Lebenswelten führen jedoch<br />
nicht nur zwischen den konkurrierenden<br />
Vertriebskanälen, sondern auch im Verhältnis<br />
der <strong>Discounter</strong> untereinander zu spürbaren<br />
Marktanteilsveränderungen. Weder Aldi noch<br />
Lidl sind in den wachsenden älteren Lebenswelten<br />
stark vertreten. Im direkten Vergleich<br />
ist Lidl aber noch etwas schwächer. Andererseits<br />
kaufen vor allem die Angehörigen der<br />
finanziell eher schwächeren Lebenswelten<br />
überproportional bei Lidl ein: junge und<br />
ältere F<strong>am</strong>ilien, Berufseinsteiger und Singles,<br />
Studierende und Auszubildende sowie Arbeitslose<br />
und Geringverdiener. Dadurch, dass<br />
Lidl hier seine Position ausbaut, während Aldi<br />
in den älteren Lebenswelten an Bedeutung<br />
verliert, könnte sich die Balance innerhalb der<br />
<strong>Discounter</strong>schiene weiter zugunsten von Lidl<br />
verschieben. Die Position von Aldi als Marktführer<br />
scheint langfristig gefährdet.<br />
Accenture und <strong>GfK</strong> haben die Perspektiven<br />
der unterschiedlichen LEH-Formate einerseits<br />
und die Aussichten einzelner <strong>Discounter</strong> in<br />
einem multivariable Prognosemodell berechnet.<br />
Es gibt Aufschluss darüber, wie sich<br />
Vollsortimenter und <strong>Discounter</strong>, Aldi und Lidl<br />
unter verschiedenen, realistischen Annahmen<br />
in den nächsten Jahren entwickeln werden.<br />
Multivariables Prognosemodell<br />
Um die Entwicklung im LEH und speziell<br />
bei den <strong>Discounter</strong>n vorherzusehen, hat<br />
Accenture auf Basis von <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
ein Multivariables Prognosemodell entwickelt.<br />
Durch die Verbindung mit soziodemografischen<br />
Daten kann das Modell die<br />
künftigen Marktanteile aller relevanten<br />
Akteure im deutschen LEH in verschiedenen<br />
Szenarien berechnen.<br />
Berücksichtigte Einflussfaktoren:<br />
u Soziodemographische Entwicklung<br />
¡ Anteilsmäßige Zus<strong>am</strong>mensetzung<br />
und Entwicklung der Haushalte in<br />
<strong>Deutschland</strong> nach Lebenswelten<br />
¡ Ausgabenanteile der Lebenswelten<br />
im deutschen LEH<br />
u Marktsituation im LEH<br />
¡ Marktanteile aller Formate im LEH<br />
in den verschiedenen Lebenswelten<br />
¡ Marktanteile der Akteure im LEH in<br />
den verschiedenen Lebenswelten<br />
Prognostizierte Ergebnisse:<br />
u Zukünftige Marktanteile aller wesent-<br />
lichen Akteure im deutschen LEH<br />
(<strong>Discounter</strong> und übriger LEH)<br />
Simulierte Szenarien:<br />
u Szenario 1: Unveränderte Einkaufs-<br />
stättenpräferenz der Lebenswelten<br />
¡ Veränderte soziodemographische<br />
Zus<strong>am</strong>mensetzung der Bevölkerung<br />
¡ Marktanteile der Formate und<br />
Handelsunternehmen in den<br />
Lebenswelten bleiben gleich<br />
u Szenario 2: <strong>Discounter</strong> binden F<strong>am</strong>ilien<br />
im Lebenszyklus<br />
¡ Veränderte soziodemographische<br />
Zus<strong>am</strong>mensetzung der Bevölkerung<br />
¡ <strong>Discounter</strong> binden F<strong>am</strong>ilien im<br />
Lebenszyklus und steigern so<br />
ihren Marktanteil bei den älteren<br />
Haushalten<br />
27
28<br />
Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />
Szenario 1:<br />
Verluste durch Bevölkerungswandel<br />
In diesem Szenario wird vorausgesetzt, dass die<br />
Einkaufsstättenpräferenzen der unterschiedlichen<br />
Lebenswelten künftig gleich bleiben,<br />
und dass sich somit die Umsatzanteile der<br />
Lebenswelten <strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tmarkt für FMCG<br />
durch die demografische Entwichlung quasi<br />
„naturgegeben“ verschieben.<br />
In diesem Fall kommen den <strong>Discounter</strong>n im<br />
Verlauf der nächsten Jahre relevante Anteile<br />
ihrer jetzigen Klientel abhanden. Der wertmäßige<br />
Marktanteil der <strong>Discounter</strong> bei Fast Moving<br />
Consumer Goods (ohne Nonfood) sinkt in<br />
diesem Szenario bis 2020 von derzeit 37,3 auf<br />
dann 36,6 Prozent. Das entspricht einem<br />
Marktanteilsverlust von 1,6 Prozent.<br />
Lidl trifft die Entwicklung <strong>am</strong> stärksten, weil der<br />
schwäbische <strong>Discounter</strong> in den älteren Lebenswelten<br />
<strong>am</strong> schwächsten ist. Aldi ist dagegen<br />
aufgrund seiner homogeneren Verbreitung in<br />
allen Lebenswelten nicht so stark betroffen.<br />
LEH <strong>Discounter</strong>: Szenario 1<br />
VÄ der Marktanteile (Wert) für FMCG bis 2020<br />
[in %]<br />
Aldi Lidl Plus<br />
Penny Andere<br />
37,2<br />
14,8<br />
10,0<br />
3,5<br />
3,6<br />
5,3<br />
-1,6<br />
-0,7<br />
-3,0<br />
-2,9<br />
-2,8<br />
0,0<br />
36,6<br />
14,7<br />
9,7<br />
3,4<br />
3,5<br />
5,3<br />
2007 VÄ in % 2020<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan 2007, Prognose 2020<br />
<strong>GfK</strong> Lebenswelten, Prognose 2020<br />
Szenario 2:<br />
Gewinne durch Verhaltensänderung<br />
In diesem Szenario wird davon ausgegangen,<br />
dass es den <strong>Discounter</strong>n gelingt, ihre jetzige<br />
Klientel auch künftig an sich zu binden. Dies<br />
führt dazu, dass sich die Einkaufspräferenzen<br />
innerhalb der einzelnen Lebenswelten verschieben.<br />
In diesem Fall profitieren die <strong>Discounter</strong> von<br />
ihrer relativen Stärke in den geburtenstarken<br />
Jahrgängen, die in den nächsten Jahren<br />
sukzessive ins Rentenalter kommen und den<br />
<strong>Discounter</strong>n treu bleiben. Die <strong>Discounter</strong><br />
wachsen demnach in den nächsten Jahren<br />
zwar langs<strong>am</strong>er, aber stetig. Ihr wertmäßiger<br />
Marktanteil an FMCG steigt bis 2020 um<br />
8,9 Prozent auf 40,5 Prozent.<br />
Lidl wäre in diesem Fall der große Gewinner,<br />
weil der <strong>Discounter</strong> bei F<strong>am</strong>ilien- und jüngeren<br />
Haushalten überdurchschnittlich vertreten ist.<br />
Aldi könnte aber dank seiner ausgeglichenen<br />
Kundenstruktur ebenfalls weiter wachsen.<br />
LEH <strong>Discounter</strong>: Szenario 2<br />
VÄ der Marktanteile (Wert) für FMCG bis 2020<br />
[in %]<br />
Aldi Lidl Plus<br />
Penny Andere<br />
37,2<br />
14,8<br />
10,0<br />
3,5<br />
3,6<br />
5,3<br />
+8,9<br />
+6,1<br />
+18,0<br />
+2,9<br />
+8,3<br />
+1,9<br />
40,5<br />
15,7<br />
11,8<br />
3,6<br />
3,9<br />
5,4<br />
2007 VÄ in % 2020<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan 2007, Prognose 2020<br />
<strong>GfK</strong> Lebenswelten, Prognose 2020
LEH <strong>Discounter</strong>: Modell 2020<br />
Marktanteile (Wert) der <strong>Discounter</strong> bei FMCG<br />
Marktanteile in % von FMCG ges<strong>am</strong>t 1<br />
Wachstum in %-Punkten des jeweiligen Basismarktanteils<br />
27,6<br />
+9,6<br />
37,2<br />
+3,3<br />
- 0,6<br />
40,5<br />
36,6<br />
2001 2007 2020<br />
Szenario 2:<br />
<strong>Discounter</strong><br />
binden<br />
F<strong>am</strong>ilien im<br />
Lebenszyklus<br />
Szenario 1:<br />
Unveränderte<br />
Einkaufsstättenpräferenzen<br />
der<br />
Lebenswelten<br />
1 Enthalten im Ges<strong>am</strong>tmarkt sind <strong>Discounter</strong>, Supermärkte,<br />
Verbrauchermärkte, Drogeriemärkte, Fachhandel,<br />
SB-Warenhäuser, Kauf- & Warenhäuser<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
Auch in dem für die <strong>Discounter</strong> positiven Sze-<br />
nario 2 werden die hohen Wachstumsraten der<br />
vergangenen Jahre nicht mehr erreicht. Das<br />
durchschnittliche jährliche Wachstum der <strong>Discounter</strong><br />
liegt in diesem Modell bei 0,7 Prozent.<br />
In den Jahren 2001 bis 2007 waren sie noch um<br />
knapp sechs Prozent pro Jahr gewachsen. Der<br />
durchschnittliche jährliche Marktanteilsverlust<br />
von 0,1 Prozent, der sich im ersten Szenario<br />
ergibt, scheint zwar auf den ersten Blick nicht<br />
dr<strong>am</strong>atisch, wäre aber für die erfolgsverwöhnten<br />
<strong>Discounter</strong> ein herber Rückschlag.<br />
Beide Szenarien zeigen, dass die Zeiten für<br />
die <strong>Discounter</strong> härter werden. Einem deutlich<br />
abgeschwächten Wachstum steht im Extremfall<br />
sogar ein Abrutschen des wertmäßigen<br />
Marktanteils gegenüber. Das Potenzial der<br />
<strong>Discounter</strong> liegt aus heutiger Sicht bei gut 40<br />
Prozent Marktanteil im Jahr 2020, das Risiko ist<br />
dagegen ungleich höher. Denn ein Rückgang<br />
des Marktanteils um nur 0,6 Prozentpunkte,<br />
wie im Szenario 1 unterstellt, summiert sich bis<br />
zum Jahr 2020 zu einer Marktanteilslücke von<br />
rund vier Prozentpunkten. Und das entspricht<br />
bei einem angenommenen Wachstum des LEH<br />
von durchschnittlich zwei Prozent pro Jahr ei-<br />
ner Differenz von dann rund sieben Milliarden<br />
Euro. Das sind immerhin zwölf Prozent des<br />
heutigen Ges<strong>am</strong>tumsastzes der <strong>Discounter</strong>.<br />
Für die Vollsortimenter und den Fachhandel<br />
enthalten die beiden Szenarien reziproke<br />
Perspektiven: Im ersten Szenario gewinnen sie<br />
allein durch die quantitative Veränderung der<br />
Lebenswelten Marktanteile hinzu. Insbesondere<br />
der Fachhandel profitiert von der Zunahme<br />
der zahlungskräftigeren, konsumfreudigeren<br />
und qualitätsorientierteren Rentnerhaushalte<br />
der Mittelschicht. Im zweiten Szenario setzt sich<br />
dagegen der Bedeutungsverlust insbesondere<br />
von Super- und Verbrauchermärkten fort.<br />
Im folgenden Kapitel wird gezeigt, welche Mit-<br />
tel und Wege den Marktteilnehmern zu Gebote<br />
stehen, die Entwicklung der mengen- wie wertmäßigen<br />
Nachfrage nach Gütern des täglichen<br />
Bedarfs zu ihren Gunsten zu beeinflussen.<br />
Prognose 2020: Fazit<br />
u Infolge des demografischen Wandels, der<br />
eine Verschiebung der Ausgaben im LEH<br />
mit sich bringt, müssen die <strong>Discounter</strong><br />
d<strong>am</strong>it rechnen, in Zukunft Marktanteile<br />
an die Vollsortimenter des LEH und den<br />
Fachhandel zu verlieren.<br />
u Dies gilt insbesondere für die <strong>Discounter</strong>,<br />
die überdurchschnittlich stark auf die<br />
jüngeren Lebenswelten ausgerichtet sind,<br />
Lidl und Penny.<br />
u Sollte es den <strong>Discounter</strong>n jedoch gelingen,<br />
heutige Kunden beim Übertritt in<br />
ältere Lebenswelten an sich zu binden,<br />
können sie weiter wachsen.<br />
u Doch auch im für die <strong>Discounter</strong> positiven<br />
Szenario sind die Wachstumsraten<br />
deutlich geringer als in den letzten Jahren.<br />
29
30<br />
Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />
Zukünftige Wachstumstreiber<br />
in LEH & Discount<br />
Der Handel verfügt heute<br />
über eine enorme Fülle an<br />
Daten zur Kundenanalyse,<br />
die er unter anderem durch<br />
zahlreiche Loyalitätsprogr<strong>am</strong>me<br />
gewinnt. Er weiß,<br />
wann und wie seine Kunden<br />
einkaufen, was sie kaufen<br />
und wofür sie sich interessieren<br />
– und das bis auf die<br />
Ebene einzelner Geschäfte.<br />
Doch allzu selten nutzt der Handel diese<br />
Informationen bislang, um Sortimente und<br />
<strong>Services</strong> optimal auf spezielle Kundenbedürfnisse<br />
zuzuschneidern. Er handelt nach wie vor<br />
nach der Devise: ‚Wir bieten, was die Kunden<br />
haben wollen‘, statt sich zu fragen: Was<br />
möchten meine Kunden künftig haben?<br />
Welche Trends zeichnen sich künftig ab?<br />
Vorausdenken, Bedürfnisse wecken und<br />
maßgeschneiderte Angebote machen<br />
– das unterscheidet künftig exzellente<br />
Unternehmen von den „nur“ guten.<br />
Customer Centricity: Neue Wege zum Kunden<br />
Customer Centricity<br />
– Alles, was Kunden wollen…<br />
In Sachen Kundenmanagement kann der<br />
Handel mit Fast Moving Consumer Goods viel<br />
vom Online-Handel lernen. Top-Anbieter wie<br />
Amazon bedienen nicht nur Kundenwünsche,<br />
sondern leiten aus Ist-Daten künftige Kaufentscheidungen<br />
ab. Solche Unternehmen nutzen<br />
die persönlichen Kaufbiografien ihrer Kunden,<br />
um sie an das Unternehmen zu binden.<br />
Neben den individuellen wandeln sich aber auch<br />
die kollektiven Bedürfnisse der Konsumenten.<br />
Basis für deren künftige Neuorientierung sind<br />
auch die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.<br />
Sie werden nicht nur die Sortimentsplanung<br />
und das Marketing des Handels<br />
massiv beeinflussen, sondern ganze Geschäftsmodelle<br />
auf den Prüfstand bringen.<br />
Im Folgenden werden einige major trends<br />
Welche Trends bestimmen die Zukunft – und wie kann man sie nutzen?<br />
beschrieben, die in den nächsten zwei Dekaden<br />
den Konsum und das Einkaufsverhalten der Verbraucher<br />
verändern und bestimmen werden.<br />
Neuorientierungen der Konsumenten unter veränderten Rahmenbedingungen…<br />
Alternde<br />
Gesellschaft<br />
… erfordern neue Kundenstrategien und Innovationen …<br />
… Sortiments- und<br />
Service-Innovationen<br />
zum Beispiel:<br />
u Regionalität + Bio<br />
u Interaktion <strong>am</strong> POS<br />
Wandel<br />
der<br />
Arbeit<br />
Neue<br />
F<strong>am</strong>ilien-<br />
Modelle<br />
Polarisierung<br />
von reich<br />
und arm<br />
… Format- und Filial-<br />
Innovationen<br />
zum Beispiel:<br />
u Convenience-Formate<br />
u Rückkehr Harddiscount<br />
Urbanisierung<br />
und<br />
Verödung<br />
Berücksichtigung<br />
von<br />
Migranten<br />
… Marketing-<br />
Innovationen<br />
zum Beispiel:<br />
u Mass-Media to Me-Media<br />
u Neue Dialogformen<br />
… basierend auf operativer Exzellenz und effektivem Talentmanagement
Alternde Gesellschaft<br />
Die Altersstruktur der deutschen Gesellschaft<br />
wird sich in den kommenden zwei Jahrzehnten<br />
massiv verändern. Ab etwa 2010 dringen die<br />
geburtenstärkeren Sechzigerjahrgänge, deren<br />
Kulminationspunkt der Geburtsjahrgang 1964<br />
ist, sukzessive ins Rentenalter vor. Allein bis<br />
2020 steigt die Zahl der Rentnerhaushalte an<br />
den Ges<strong>am</strong>thaushalten auf vierzig Prozent. Fast<br />
25 Mio. Menschen werden dann älter als 60 Jahre<br />
sein; die Zahl der Frauen ist in dieser Gruppe<br />
um fast 2,5 Mio. größer als die der Männer.<br />
Die finanzielle Ausstattung dieser sogenann-<br />
ten Generation Silber wird parallel zu ihrem<br />
zahlenmäßigen Wachstum in den kommenden<br />
Jahren immer besser. Das liegt einerseits an<br />
Renten und Pensionen, die aufgrund der teils<br />
sprunghaften Lohnsteigerungen der Vergangenheit<br />
in Zukunft höher liegen als heute;<br />
daran ändert auch die „deckelnde” Rentenformel<br />
nichts. Schon heute verfügt die Generation<br />
Silber über eine ebenso starke Kaufkraft<br />
wie die „werbe-relevante” Zielgruppe der bis<br />
49-Jährigen.<br />
Das Geldvermögen der älteren Generation<br />
steigt nicht zuletzt auch dank immer höherer<br />
Erbschaften stetig an. Im Durchschnitt verfügen<br />
die Haushalte 60+ bereits heute über 32 Tsd.<br />
Euro Geldvermögen. Zudem wohnt mehr als die<br />
Hälfte der entsprechenden Haushalte im eigenen<br />
Haus bzw. in der eigenen Wohnung und<br />
muss folglich keine Miete zahlen.<br />
Der „Nachfolger“ der Generation Silber, die<br />
heutigen Best Ager, sind finanziell noch besser<br />
ausgestattet. Zwar werden sie mit Eintritt ins<br />
Rentenalter weniger verdienen als heute, ihr<br />
Vermögen ist aber schon jetzt doppelt so hoch<br />
wie das der aktuellen Generation Silber, und<br />
auch der Eigenheimanteil ist höher. So kommt<br />
den älteren Lebenswelten, vor allem der Generation<br />
Silber, nicht nur zahlenmäßig eine stark<br />
wachsende Bedeutung zu. Sie gehören auch zu<br />
den qualitäts- und genussorientierten Verbrauchern.<br />
Diese Anforderungen zu bedienen, ist<br />
bisher nicht gerade die Stärke der <strong>Discounter</strong>.<br />
u Ältere Konsumenten legen beim Einkauf<br />
von FMCG, wie generell, Wert auf Gesundheit,<br />
Sicherheit, Convenience und Qualität, aber<br />
auch auf sozialen Kontakt und Kommunikation.<br />
Der Preis spielt für sie nicht die dominierende<br />
Rolle.<br />
u Die Generation Silber geht deutlich öfter<br />
zum Einkaufen als selbst die größeren F<strong>am</strong>ilien<br />
mit Kindern. Zwei Drittel von ihnen liebt dabei<br />
die persönliche Einkaufsatmosphäre in Supermärkten.<br />
Zumal sie dort ein Sortiment vorfinden,<br />
das ihnen gefällt.<br />
u Die Zahl der Premiumkäufer ist in der<br />
Generation Silber deutlich höher als in den anderen<br />
Käufersegmenten; 65 Prozent von ihnen<br />
geben generell Herstellermarken den Vorzug.<br />
Die Handelsmarken-Käufer in diesem Segment<br />
rekrutieren sich nahezu ausschließlich aus der<br />
Gruppe der finanziell schwachen Haushalte.<br />
Einkaufsverhalten der<br />
„Generation Silber”<br />
Markenwahl der Generation Silber<br />
bei Gütern des täglichen Bedarfs<br />
Premiumkäufer<br />
Promotionkäufer<br />
15<br />
27<br />
14<br />
45<br />
Jüngere<br />
(bis 49 J.)<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
Markenkäufer<br />
Handelsmarkenkäufer<br />
20<br />
23<br />
16<br />
41<br />
Best Ager<br />
(50 – 59 J.)<br />
29<br />
26<br />
10<br />
35<br />
Generation<br />
Silver<br />
(60 J.+)<br />
31
32<br />
Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />
Wandel der Arbeit Neue F<strong>am</strong>ilienmodelle<br />
Zwar sind die Herren immer noch in der Mehr-<br />
heit, wenn Kabinette oder Vorstände zus<strong>am</strong>-<br />
menkommen, aber sie sind zumeist nicht mehr<br />
unter sich. Die Berufstätigkeit von Frauen hat in<br />
den letzten drei Jahrzehnten deutlich zugenommen.<br />
1974 waren in der alten Bundesrepublik<br />
nur ein gutes Drittel aller sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten Frauen, in den kommenden<br />
Jahren wird sich die Quote der 50-Prozent-<br />
Marke immer weiter annähern.<br />
Berufstätige Frauen (und Männer) kaufen an-<br />
ders ein als nicht berufstätige. Dies gilt für ihre<br />
Produkt-, aber auch für ihre Einkaufsstättenpräferenz.<br />
Convenience steht hier hoch im Kurs,<br />
dies zeigt der Erfolg des LEH mit seinen frischen<br />
Salaten und Snacks. Die <strong>Discounter</strong> hinken hier<br />
noch hinterher, sind aufgrund der Lage ihrer Filialen<br />
teils aber auch in der schlechteren Position.<br />
Weiterhin verschwimmen die Grenzen zwischen<br />
Haushalt und Beruf immer weiter und immer<br />
schneller. „Home Work“, Berufsarbeit zu Hause,<br />
macht die Verbraucher flexibler und verändert<br />
ihre Konsumbedürfnisse.<br />
Frauenerwerbstätigkeit<br />
Anteil der Frauen an allen Beschäftigten 1 in %<br />
1974 2<br />
37,5<br />
1980 2<br />
38,6<br />
1990 2<br />
41,0<br />
2000 2006<br />
44,1<br />
1 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen<br />
2 altes Bundesgebiet<br />
Quelle: Statistisches Bundes<strong>am</strong>t, Stat. Jahrbuch 2007<br />
45,3<br />
Kirche, Küche, Kinder – zum Dreiklang des<br />
traditionellen Frauenmodells hat sich ein<br />
Viertes hinzugesellt: Karriere. Eine Folge: Die<br />
Haushalte sind heute im Durchschnitt deulich<br />
kleiner, und sie bleiben länger Klein- und<br />
Kleinsthaushalte. Die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte<br />
war im Jahr 2005 um fast<br />
20 Prozentpunkte höher als 1970. Selbst gegenüber<br />
dem Jahr 2000 nahmen sie innerhalb von<br />
fünf Jahren um rund zwei Prozentpunkte zu.<br />
Zwar werden diese Haushalte künftig nicht<br />
mehr so stark wachsen, aber sie werden das<br />
Konsum- und Einkaufsverhalten in seiner Ges<strong>am</strong>theit<br />
deutlich verändern. Dazu trägt auch<br />
die wachsende Zahl der Patchwork-F<strong>am</strong>ilien<br />
bei, Single- oder Paarhaushalte mit (Scheidungs-)Kindern<br />
auf Zeit.<br />
Der starke Anstieg der älteren Bevölkerung,<br />
verbunden mit deutlich veränderten Einstellungen<br />
und Lebensentwürfen wird neue Formen<br />
des Zus<strong>am</strong>menlebens im Alter hervorbringen,<br />
von der Alters-Wohngemeinschaft bis hin<br />
zu großen Mehr-Generationen-Haushalten.<br />
Haushaltsgrößen<br />
Anteil der jeweiligen Haushaltsformate in %<br />
1970 1<br />
12,9<br />
15,2<br />
19,6<br />
27,1<br />
25,1<br />
1991 2<br />
13,5<br />
17,1<br />
30,8<br />
33,6<br />
5,0<br />
1995 2000 2005<br />
12,4<br />
15,8<br />
32,1<br />
34,9<br />
Privathaushalte mit 1 2 3 4 5+ Personen:<br />
1 altes Bundesgebiet, 2 <strong>Deutschland</strong> Ges<strong>am</strong>t<br />
Quelle: Statistisches Bundes<strong>am</strong>t, Stat. Jahrbuch 2007<br />
4,7<br />
11,5<br />
14,7<br />
33,4<br />
36,1<br />
4,4<br />
10,8<br />
14,0<br />
33,9<br />
37,5<br />
3,9
Wachsende Polarisierung<br />
Die sozialen Unterschiede in <strong>Deutschland</strong><br />
nehmen zu, mit einschneidenden Folgen für<br />
die Sozialkassen, für das Steuersystem, für die<br />
öffentlichen Haushalte. Vor allem aber für die<br />
betroffenen Privathaushalte.<br />
Schon heute sagen in <strong>Deutschland</strong> 25 Prozent<br />
aller Haushalte von sich, dass sie mit dem ihnen<br />
zur Verfügung stehenden Geld (aus Einkommen<br />
und/oder Transferleistungen) vorne und<br />
hinten nicht auskommen. Diese Haushaltsgruppe<br />
ist in den letzten Jahren stetig gewachsen,<br />
und zwar gespeist aus der Mitte der Gesellschaft,<br />
also den Haushalten, die finanziell<br />
(noch) im Großen und Ganzen zurecht kommen.<br />
Seit die Preise für Lebensmittel ab Mitte des<br />
vergangenen Jahres teils deutlich steigen,<br />
haben vor allem die finanziell schwächeren<br />
Haushalte, aber auch die besser verdienenden<br />
ihre Mengennachfrage mehr oder weniger<br />
reduziert, und das nicht nur in den Warengruppen,<br />
in denen die Preise besonders stark<br />
gestiegen sind. Schon die tatsächliche Inflation<br />
ist laut Statistischem Bundes<strong>am</strong>t in einzelnen<br />
Konsumbereichen (Kraftstoffe, Heizöl,<br />
Lebensmittel, insb. Milch und Milchprodukte)<br />
beträchtlich, die „gefühlte” noch viel stärker.<br />
Laut Prognose von <strong>GfK</strong> und Accenture wird sie<br />
noch weiter zunehmen.<br />
Das gilt auch für die Polarisierung der Sorti-<br />
mente im Bereich der Fast Moving Consumer<br />
Goods. Bereits in den letzten Jahren waren<br />
die wertmäßigen Marktanteile von Premiumund<br />
Handelsmarken stetig gestiegen, während<br />
die Marken aus der zweiten und dritten<br />
Reihe massiv an Boden verloren. Die soziale<br />
Polarisierung wird auch die Markenpräferenzen<br />
und d<strong>am</strong>it die Verteilung von Herstellermarken<br />
und Private Labels im Lebensmittelhandel<br />
verändern. Die komplette Range der<br />
Artikel, vom Top- bis zum Preiseinstiegsprodukt,<br />
wird davon betroffen sein.<br />
Soziale Polarisierung<br />
Anteil der jeweiligen Haushaltsgruppe in %<br />
Haushalte…<br />
…die sich<br />
fast nichts<br />
leisten können<br />
u<br />
u<br />
Haushaltsverteilung<br />
<strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
…die im Großen<br />
und Ganzen<br />
zurecht kommen<br />
26 47<br />
23 47<br />
Ausgabenverteilung FMCG<br />
Urbanisierung und Verödung<br />
…die sich<br />
fast alles<br />
leisten können<br />
Polarisierung ist auch ein Trend im Wettbewerb<br />
zwischen Stadt und Land. Die Menschen zieht<br />
es mehr und mehr in die Städte, der Arbeit<br />
hinterher. Vor allem im Osten veröden dagegen<br />
ganze Landstriche. Aber auch traditionelle<br />
Industriehochburgen wie das Ruhrgebiet und<br />
das Sachsendreieck zwischen Dresden, Leipzig<br />
und Magdeburg sind davon betroffen.<br />
Während der LEH in strukturschwachen Ge-<br />
bieten durch die Abwanderung Kundschaft<br />
verliert, kommt es in den Metropolregionen<br />
zum scharfen Wettbewerb um attraktive und<br />
bezahlbare Standorte. Spürbare Verschiebungen<br />
in den einzelnen Filialnetzen dürften<br />
die Folge sein.<br />
In den Ballungsgebieten verändern sich zudem<br />
die Nachfrage- und Einkaufsgewohnheiten. So<br />
verlangt die urbane Kundschaft zunehmend<br />
nach bedürfnisgerechten Öffnungszeiten rund<br />
um die Uhr (24/7), nach speziellen Convenience-Stores<br />
oder Zusatzleistungen wie Fax-/<br />
Kopierservice, Postdiensten oder Lottoservice.<br />
27<br />
30<br />
33
34<br />
Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />
Ausländische Lebenswelten<br />
Altersgruppen<br />
[in % aller Bürger in <strong>Deutschland</strong>] Deutsche<br />
Ausländer<br />
5<br />
Quelle: <strong>GfK</strong><br />
8<br />
16<br />
27<br />
Migranten stellen einen großen Teil unserer Ge-<br />
sellschaft. 7,3 Mio. Menschen in unserem Land<br />
sind Ausländer, hinzu kommen rund acht Mio.<br />
Deutsche mit Migrationshintergrund. Das sind<br />
15 Mio. Verbraucher, von denen viele allerdings<br />
noch das meiste, was sie zum Leben brauchen,<br />
in ihrem „Heimatland” einkaufen: in kleinen<br />
türkischen, griechischen, asiatischen Lebensmittelläden,<br />
die zugleich als „Treffpunkt” dienen.<br />
20<br />
25<br />
bis 24 J. 24 – 34 J. 35 – 44 J. 45 – 54 J. 55 – 64 J. > 65 J.<br />
Ausländische Lebenswelten<br />
Hohe Affinität zu Werbung und Technik<br />
Zustimmung<br />
[in % aller Haushalte]<br />
Werbung<br />
„Werbung in Zeitung/<br />
Zeitschrift finde ich<br />
nützlich.”<br />
Quelle: <strong>GfK</strong><br />
52<br />
33 30<br />
Internet<br />
„Ich surfe gerne<br />
im Internet.”<br />
Berücksichtigung von Migranten<br />
48<br />
17<br />
Deutsche<br />
Ausländer<br />
24<br />
18<br />
Neuprodukte<br />
„Ich probiere gerne<br />
neue Produkte.”<br />
62<br />
82<br />
11<br />
24<br />
4<br />
Technik<br />
Besitzstand Handy<br />
76<br />
90<br />
Gerade die türkisch-stämmige Bevölkerung<br />
ist eine kaufkräftige Zielgruppe. Hier schlummern<br />
unausgeschöpfte Potenziale für den LEH.<br />
Allerdings gilt es, die speziellen Gewohnheiten<br />
dieser Klientel zu berücksichtigen. Gezieltes<br />
Ethno-Marketing könnte ein Ansatz sein, kurz:<br />
eine „deutsche Strategie in fremder Sprache“.<br />
Chancen im geografisch engen Umfeld<br />
Migranten leben „konzentriert”, vor allem in<br />
Städten, und selbst hier vorzugsweise in speziellen<br />
Bezirken. Der Ausländeranteil an der<br />
Ges<strong>am</strong>tbevölkerung beträgt 8,8 Prozent; in<br />
Frankfurt liegt er bei rund 27, in München bei<br />
ca. 23 Prozent. Aber selbst innerhalb dieser<br />
Städte ist die Streuung enorm. So gibt es Gebiete<br />
mit gerade einmal einem Prozent und andere<br />
mit mehr als 35 Prozent Ausländeranteil.<br />
Ausländer pflegen, selbst wenn sie schon lange<br />
in <strong>Deutschland</strong> leben, ihre eigene Kultur in<br />
F<strong>am</strong>ilien und sozialen Zirkeln. Dazu gehört auch<br />
der kleine Lebensmittelladen, der nicht nur Geschäft,<br />
sondern auch Treffpunkt ist. Hier Fuß zu<br />
fassen, ist eine Herausforderung für den LEH.<br />
Junge Haushalte, große Haushalte<br />
Die ausländischen Haushalte im <strong>GfK</strong>-<strong>Panel</strong> sind<br />
deutlich jünger und größer als die deutschen.<br />
Vor allem in den berufstätigen Altersklassen<br />
gibt es überproportional viele junge Ausländerhaushalte.<br />
In über der Hälfte aller türkischen<br />
Haushalte in <strong>Deutschland</strong> leben vier<br />
Personen und mehr – mit überproportional<br />
hoher, wenngleich spezieller Nachfrage.<br />
Aufgeschlossen und werbeaffin<br />
Ausländerhaushalte sind offener für Werbung<br />
als ihre deutschen Pendants. Dies betrifft<br />
sowohl Print- als auch Online-Werbung.<br />
Entgegen der landläufigen Meinung sind sie<br />
durchaus innovations- und probierfreudig.<br />
82 Prozent „probieren gerne neue Produkte<br />
aus”; in deutschen Haushalten liegt die Quote<br />
4 u.m.-Personen-HH<br />
nur bei 62 Prozent. Ein zielgerichtetes, aktives<br />
Marketing hilft, Potenziale in dieser Zielgruppe<br />
zu erschließen.
Was kann der Handel tun?<br />
– Umfassende Innovations-Offensive<br />
Um künftig Wachstum zu generieren, müssen<br />
die <strong>Discounter</strong>, aber nicht nur sie, die Kunden<br />
noch stärker ins Zentrum ihres Angebots und<br />
ihres Handelns rücken. Es entstehen immer<br />
mehr und immer deutlicher abgegrenzte<br />
Interessengruppen, die mit einem allgemeinen<br />
und gleichmachenden Marketing kaum noch<br />
erreichbar sein werden.<br />
Differenzierung ist ein Gebot der Zukunft: in<br />
den Sortimenten, in der Kundenansprache, in<br />
der Warenpräsentation und im Service. So wollen<br />
junge, gebildete, dyn<strong>am</strong>ische Zielgruppen<br />
ein Höchstmaß an Eigenständigkeit und Entscheidungsfreiheit<br />
(vor dem Regal, aber auch<br />
zwischen Shop und Internet), während ältere<br />
Zielgruppen weniger Komplexität, dafür aber<br />
mehr Service <strong>am</strong> Point of Sale erwarten.<br />
Sortiments- und Service-<br />
Innovationen<br />
Convenience und Wellness<br />
Convenience, Wellness und Genuss , das sind<br />
die Trends der letzten Jahre in den FMCG-<br />
Sortimenten. Sie werden dies – flankiert von<br />
anderen, zeit- und zeitgeistbezogenen Trends –<br />
auch in den nächsten Jahren bleiben.<br />
Zwischen 2002 und 2007 sind die Ausgaben für<br />
FMCG insges<strong>am</strong>t um lediglich sechs Prozentpunkte<br />
gestiegen. Für Convenience-Produkte<br />
wendeten die Verbraucher dagegen 34 Prozent<br />
mehr auf. Auch die <strong>Discounter</strong> haben diesen<br />
Trends erkannt und bieten seit einigen Jahren<br />
Tiefkühlkost sowie Frischeprodukte an. Dennoch<br />
sind beide Sortimente nach wie vor eher<br />
eine Domäne der Vollsortimenter.<br />
Ähnliches gilt für den Bereich Gesundheit/<br />
Wellness. Alle <strong>Discounter</strong> haben inzwischen<br />
Wachstumsmärkte: Convenience / Wellness / Enjoyment<br />
Index: Ausgaben 2002 = 100<br />
Convenience<br />
Gesundheit/Wellness<br />
Genuss<br />
FMCG ges<strong>am</strong>t<br />
Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />
2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
100<br />
110<br />
106<br />
102<br />
104<br />
120<br />
112<br />
108<br />
102 102<br />
ein eigenes Label für Drogerieprodukte wie<br />
beispielsweise Cremes. Und das Segment „Bio”<br />
wird vor allem von den <strong>Discounter</strong>n forciert.<br />
Wachstumssegmente sind auch functional<br />
food und functional drinks, also Produkte mit<br />
Zusatznutzen. Sie punkten unter anderem mit<br />
Vit<strong>am</strong>in- und anderen Nährstoffzugaben. Populäre<br />
Beispiele sind Red Bull, Bionade und Yakult.<br />
Regional und biologisch<br />
In Zeiten der Globalisierung gewinnt die Region<br />
an Bedeutung, unter anderem wegen der<br />
Klima-Implikationen. In den meisten Lebenswelten<br />
gibt es bereits heute eine beachtliche<br />
Zielgruppe für regional und biologisch erzeugte<br />
Produkte. Zwar bieten auch die <strong>Discounter</strong><br />
zahlreiche Bio-Eigenmarken an, aber die<br />
Kombination mit „regional” ist eher selten.<br />
Welche Bedeutung die Themen Klima und<br />
Umwelt (und d<strong>am</strong>it auch Regionalität) für die<br />
Verbraucher haben, zeigt eine <strong>GfK</strong>-Studie von<br />
2007. Darin rangiert der Vorsatz, künftig mehr<br />
regionale Produkte zu kaufen, auf einem der<br />
vorderen Plätze.<br />
131<br />
118<br />
113<br />
139<br />
123<br />
116<br />
105<br />
134<br />
125<br />
115<br />
106<br />
35
36<br />
Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />
Wachstum der Eigenmarken<br />
Handels- oder Eigenmarken sind in <strong>Deutschland</strong><br />
derzeit noch eine Domäne der <strong>Discounter</strong>,<br />
sie verkaufen 80 Prozent aller Eigenmarken in<br />
<strong>Deutschland</strong>. Die Sortimente von Aldi bestehen<br />
fast ausschließlich aus Eigenmarken.<br />
Das ist zum Beispiel in England ganz anders;<br />
dort gehören Handelsmarken zum Standardsortiment<br />
des Lebensmittelhandels. Folge: In<br />
Großbritannien wird bei 82 Prozent aller Shoppingtrips<br />
auch zumindest eine Handelsmarke<br />
gekauft. In <strong>Deutschland</strong> liegt der Anteil der<br />
Einkäufe, bei denen eine Eigenmarke des Handels<br />
gekauft wird, dagegen nur bei 55 Prozent.<br />
Doch auch hier ist der Erfolg der Handelsmarken<br />
beeindruckend. Sie sind quasi Huckepack auf<br />
der Erfolgswelle der <strong>Discounter</strong> zum wertmäßig<br />
größten Markensegment aufgestiegen. Ihr Anteil<br />
<strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tangebot des LEH beträgt derzeit<br />
rund 38 Prozent; der mengenmäßige Anteil ist<br />
natürlich viel größer. Der überproportionale<br />
Anstieg der Mehrwert-Handelsmarken, die<br />
preislich über den Preiseinstiegs-Handelsmarken<br />
Erfolgsfaktor Eigenmarken<br />
Eigenmarken im europäischen Vergleich<br />
Anteil an Einkaufstrips, bei denen auch mindestens<br />
ein Eigenmarken-Produkt gekauft wurde [in %]<br />
GB<br />
F<br />
CH<br />
D<br />
ES<br />
FIN<br />
Quelle: Accenture, 2006<br />
I<br />
26<br />
34<br />
55<br />
54<br />
73<br />
70<br />
82<br />
positioniert sind, zeigt zudem, dass das Konzept<br />
dehnbar und noch lange nicht ausgereizt ist.<br />
Die Bedeutung der Handelsmarken wird hierzulande<br />
in den nächsten Jahren weiter zunehmen,<br />
und zwar unabhängig vom Wachstum der<br />
<strong>Discounter</strong>. 2010 werden im Bereich der FMCG<br />
voraussichtlich 85 Mrd. Euro mit Handelsmarken<br />
umgesetzt. Das ist mehr als die Hälfte des<br />
ges<strong>am</strong>ten LEH-Umsatzes. Davon entfällt ein<br />
größerer Teil als heute auf die Vollsortimenter,<br />
die mit Eigenmarken ihre Sortimente preislich<br />
weiter aufspreizen und an die Bedürfnisse unterschiedlicher<br />
Kundengruppen anpassen.<br />
Ziel des Handels ist es, dass die Handelsmarken<br />
selbst als „Marke“ wahrgenommen werden;<br />
so soll mit der neuen Rewe sogar ein ganzes<br />
Handelsunternehmen zur Marke aufgebaut<br />
werden. Über seine Handelsmarken erlangt<br />
der Handel zudem Kenntnisse über die Kostenstrukturen<br />
auch der Herstellermarken. Diese<br />
Transparenz über die Kosten führt zu einem<br />
enormen Machtzuwachs des Handels bei den<br />
Einkaufsverhandlungen mit der Industrie.<br />
Private Labels als Wachstumstreiber<br />
Voraussichtliches Wachstum bis 2010<br />
[in Mrd. �, Wachstumsrate in %]<br />
2005 2010<br />
D<br />
F<br />
CH<br />
GB<br />
Emerging<br />
Markets<br />
7<br />
13<br />
16<br />
64<br />
59<br />
72<br />
27<br />
+27%<br />
+322%<br />
+32%<br />
+44%<br />
Quelle: Institute of grocery distribution, 2006<br />
+26%<br />
85<br />
85<br />
91
Format- und Filial-<br />
Innovationen<br />
Ursache für den Wandel der Geschäftsformate<br />
des Handels sind die veränderten Lebens- und<br />
Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher. In<br />
den städtischen Ballungszentren ist dieser<br />
Wandel schon weiter als auf dem Land, und im<br />
Ausland ist er weiter vorangeschritten als in<br />
<strong>Deutschland</strong>. Der Blick über die Grenzen zeigt,<br />
was auf Handel und Verbraucher hierzulande<br />
zukommt.<br />
… zum Beispiel: Premium Stores<br />
Für den wohlhabenderen Teil der Gesellschaft<br />
wird es in wachsendem Maße Premium-Stores<br />
geben. Diese Shops unterscheiden sich von<br />
den gängigen Feinkostgeschäften durch ein<br />
breiteres Sortiment, wie heute schon bei den<br />
süddeutschen Anbietern Dallmayr und Käfer. Sie<br />
ziehen Kaufkraft aus dem LEH ab, es sei denn,<br />
die großen Einzelhändler treten selbst als Betreiber<br />
solcher Premium Stores auf.<br />
… zum Beispiel: Convenience Shops<br />
In diesem „Laden um die Ecke“ steht die<br />
Bequemlichkeit des Einkaufens im Vordergrund,<br />
mit Öffnungszeiten rund um die Uhr an sieben<br />
Tagen der Woche. Kunden dieser Convenience<br />
Shops erwarten kein umfassendes, dafür aber<br />
ein wechselndes Sortiment, mit speziellen<br />
Angeboten zum Frühstück, Salaten und Snacks<br />
zu Mittag und Ready-to-eat-Produkten <strong>am</strong><br />
Abend. Solche Convenience-Shops betreibt die<br />
<strong>am</strong>erikanisch-japanische 7-Eleven-Kette in rund<br />
20 Ländern weltweit äußerst erfolgreich, in<br />
Europa vor allem in Skandinavien.<br />
… zum Beispiel: Harddiscount<br />
Als Reaktion auf die wachsenden finanziellen<br />
Schwierigkeiten zahlreicher Haushalte könnte es<br />
zu einer Rückkehr des Harddiscounts kommen,<br />
der ein Basisspektrum an Artikeln für solche<br />
Zielgruppen anbietet, denen selbst die heutigen<br />
<strong>Discounter</strong> zu teuer geworden sind. Dieser neue<br />
Harddiscount zeichnet sich aus durch absolute<br />
Best-Preis-Fixierung, ein Basissortiment<br />
(ca. 400 - 600 Artikel) mit dem Allernötigsten,<br />
100 Prozent Eigenmarkenanteil, den Verzicht<br />
auf jegliche Ladengestaltung, Warenpräsentation<br />
ausschließlich in Transport- und Umverpackungen<br />
(Shelf-Ready-Packaging) und den<br />
Verzicht auf jeglichen Service.<br />
Die Frage ist natürlich, wie Aldi und Lidl auf ein<br />
solches Konzept reagieren. Sie werden kaum<br />
selbst die Betreiber sein, weil sie sich dadurch<br />
in ihren bestehenden Läden den Ruf als Preisführer<br />
untergraben. Andererseits besitzen die<br />
beiden führenden <strong>Discounter</strong> so große Einkaufsund<br />
Marktmacht, dass sie einem Konzept unterhalb<br />
des bestehenden Discounts das (Über-)<br />
Leben sehr schwer machen können.<br />
Das „back to the roots“ des Discounts ist jedenfalls<br />
eine der spannendsten Fragen (ob, wie,<br />
wer?) der künftigen LEH-Entwicklung.<br />
37
38<br />
Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />
Marketing-<br />
Innovationen<br />
Im Zuge der gesellschaftlichen und technolo-<br />
gischen Veränderungen wandeln sich auch die<br />
Kauf- und Konsumgewohnheiten mit bislang<br />
nicht gekannter Dyn<strong>am</strong>ik. Erst wenige Jahre ist<br />
es her, dass Amazon und eBay das Einkaufsverhalten<br />
der Deutschen revolutionierten. 3,2,1 …<br />
meins! gilt mittlerweile für fast alle frei handelbaren<br />
Waren und Dienstleistungen. In einigen<br />
Branchen – z.B. der Reiseindustrie – hat das<br />
Internet gar zu einer Verdrängung des bis dato<br />
dominierenden Stationärhandels geführt.<br />
Auch bei der Informationsbeschaffung gehen<br />
die Verbraucher neue Wege: Sind höherwertige<br />
Anschaffungen geplant, suchen Kunden nicht<br />
mehr den Fachhandel auf, um sich zu informieren,<br />
vielmehr „besuchen“ sie einschlägige Foren<br />
und führen Preisvergleiche auf Suchmaschinen<br />
wie geizhals.de oder ciao.de durch.<br />
Der Siegeszug des Internet und die weitere<br />
Ausbreitung der Mobilfunktechnologien werden<br />
zunehmend auch das Marketing im<br />
Lebensmittelhandel und d<strong>am</strong>it auch im<br />
Discount verändern. Einige, für die nähere<br />
Zukunft sehr nachhaltige Entwicklungen sind<br />
nachfolgend dargestellt.<br />
u Von Mass Media zu Me Media<br />
Zur Kundenansprache werden bislang im LEH<br />
fast ausschließlich Formen des „Massenmarketing“<br />
verwendet. Fernsehspots, Wurfsendungen<br />
und Beilagen richten sich bei Rewe<br />
& Co. nicht an einen bestimmten, fest eingegrenzten<br />
Kundenkreis, sondern an ein möglichst<br />
breites Spektrum von potentiellen Konsumenten.<br />
Auf den Discountbereich übertragen,<br />
kann man auch vereinfacht sagen: Wenn Aldi<br />
informiert, dann nicht den einzelnen Konsumenten<br />
- sondern ganz <strong>Deutschland</strong>!<br />
Die Ära der „klassischen Kommunikationsund<br />
Werbemedien“ steht jedoch vor ihrem<br />
Ende. Mit Ausnahme von „Wetten dass….?“<br />
und sportlichen Großereignissen gelingt es<br />
nur noch wenigen Formaten „jung“ und „alt“<br />
sowie „arm“ und „reich“ vor dem Bildschirm zu<br />
vereinen. Die Mediennutzung wird zunehmend<br />
fragmentierter; die Grenzen zwischen Internet<br />
und Fernsehen verschwimmen. Mit dem Handy<br />
ist zudem ein weiterer Kommunikationskanal<br />
hinzugekommen, dem auch hinsichtlich der<br />
Mediennutzung eine immer größere Bedeutung<br />
zukommt.<br />
Bereits jetzt beklagen die Marketingabtei-<br />
lungen der großen Handelsunternehmen, dass<br />
die bewährten Formen der Kundenansprache<br />
nicht mehr die gewünschte Wirkung erzielen.<br />
Eine hohe Anzahl gesendeter Spots, sei es im<br />
Radio oder im TV, garantiert nicht mehr ablesbar<br />
höhere Filialumsätze in den Folgetagen.<br />
In den Printmedien sorgen eine Überflutung<br />
an Beilagen und eine geringere „Leseintensität“<br />
der Konsumenten für eine Zunahme der<br />
gefürchteten „Streuverluste“.<br />
Neue Formen des Kundendialogs<br />
Traditional<br />
Media goes<br />
interactive<br />
7<br />
8<br />
Virtual<br />
Advertising<br />
Quelle: <strong>GfK</strong><br />
Mobile<br />
Marketing<br />
Viral<br />
Marketing<br />
6<br />
1 2<br />
3<br />
PoS<br />
Interaction<br />
Ambient<br />
Media<br />
5<br />
4<br />
Web 2.0/3D<br />
TV moving<br />
online
Mit der Weiterentwicklung der aktuellen<br />
Technologien wird es jedoch in zunehmendem<br />
Maße möglich sein, Kunden direkter anzusprechen<br />
und d<strong>am</strong>it Streuverluste zu vermeiden.<br />
Auf Basis vorhandener Kundendaten wer-<br />
den Werbebotschaften für die jeweiligen<br />
Zielgruppen „maßgeschneidert“. So werden<br />
Schnäppchenjäger mit den aktuellen Angeboten;<br />
Weinliebhaber mit den Testergebnissen<br />
des geführten Riesling- oder Spätburgundersortiments<br />
versorgt. Dass Kunden dabei<br />
persönlich mit ihrem N<strong>am</strong>en angesprochen<br />
werden, braucht nicht mehr explizit hervorgehoben<br />
zu werden.<br />
Der Übergang von Mass- zu Me-Media wird<br />
aber nicht nur das wer und was, sondern in<br />
erster Linie auch das wann, wo und wie verändern.<br />
Man kann sich gut vorstellen, welche<br />
Vorteile sich bieten, wenn Hausfrauen vormittags<br />
einen „Vorschlags-Einkaufszettel“ über<br />
ihr Handy erhalten oder an Berufstätige noch<br />
kurz vor Arbeitsschluss und der Fahrt nach<br />
Hause ein Newsletter mit neuesten Angeboten<br />
per Mail versendet wird.<br />
Bereits jetzt ist es zudem möglich, den geografischen<br />
Standort registrierter Handynutzer<br />
zu bestimmen: Nähern sich diese Kunden einer<br />
Filiale, werden ausgewählte Angebote per<br />
SMS verschickt – Routenführung inklusive!<br />
u Multi-Channel Retailing<br />
Die neuesten Technologien erreichen ihren<br />
maximalen Wirkungsgrad jedoch nur dann,<br />
wenn sie in ein Multi-Channel Konzept eingebettet<br />
sind. Denn das Informationsverhalten<br />
der Kunden ist heute schon mehrgleisig:<br />
Durch die Fernsehwerbung oder Printmedien<br />
aufmerks<strong>am</strong> geworden, genügt ein Blick ins<br />
Internet, um sich noch fehlende Informationen<br />
zu beschaffen. Dennoch werden die<br />
einzelnen Kanäle im LEH viel zu häufig noch<br />
unabhängig voneinander „optimiert“.<br />
So bieten die Homepages der großen Handelskonzerne<br />
heute zwar schon einen grafisch<br />
ansprechenden Auftritt und eine Reihe sinnvoller<br />
Funktionalitäten, die Vernetzung des<br />
Internets mit den weiteren Kommunikations-,<br />
vor allem aber mit den Absatzkanälen steckt<br />
jedoch noch in den Kinderschuhen.<br />
Im Rahmen des Multi Channels wird sich das<br />
Zus<strong>am</strong>menspiel von Printmedien, Internet,<br />
TV und Radio, Handy und letztendlich den<br />
Filialen immer weiter verbessern. Bald wird es<br />
für Kunden möglich sein, einen in einer Zeitungsbeilage<br />
beworbenen Artikel per „Click<br />
and Reserve“-Funktionalität auf der Internetseite<br />
zu reservieren und <strong>am</strong> darauf folgenden<br />
Tag – nachdem die Verfügbarkeit per SMS<br />
oder durch den Anruf über ein Call Center<br />
bestätigt wurde – in der für ihn nächsten<br />
Filiale abzuholen. Ein Anstehen noch weit<br />
vor Ladenöffnung, um beispielsweise einen<br />
der begehrten Aldi PCs zu bekommen, würde<br />
dann entfallen.<br />
39
40<br />
Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />
Operative Exzellenz<br />
und Talentmanagement<br />
Mit dem Einsatz von Scannerkassen bei Aldi<br />
ist eine der letzten Bastionen im K<strong>am</strong>pf gegen<br />
eine zunehmende Technisierung des Handels<br />
gefallen. Nach jahrelangem Wettstreit mussten<br />
sich „die schnellsten Finger <strong>Deutschland</strong>s“<br />
an den Kassen von Albrechts <strong>Discounter</strong>kette<br />
den Scannersystemen geschlagen geben. Zu<br />
häufig erwiesen sich die neuen Techniken<br />
bei Testkäufen als schneller, genauer und<br />
d<strong>am</strong>it letztendlich auch als wirtschaftlicher.<br />
Die Glaubensfrage „Mensch oder Maschine“<br />
war d<strong>am</strong>it auch im Lebensmitteleinzelhandel<br />
entschieden.<br />
Beim Einsatz neuer Technologien ist der Han-<br />
del anderswo aber teils deutlich weiter als in<br />
<strong>Deutschland</strong>, wie Studien und Projekte von<br />
Accenture weltweit belegen. So differenzieren<br />
sich erfolgreiche Unternehmen im internationalen<br />
Lebensmittelhandel, wie z.B. Tesco und<br />
Wal-Mart, zunehmend durch ihren analytischen<br />
Vorsprung im Vergleich zum Wettbewerb.<br />
Der Einsatz modernster Technologien ermöglicht<br />
es ihnen, ihre profitabelsten Kunden<br />
zu identifizieren, Produktinnovationen gezielt<br />
zu entwickeln, ihre Supply-Chain effizient zu<br />
steuern, Preise quantitativ zu optimieren und<br />
zentrale wirtschaftliche Erfolgstreiber gezielt<br />
zu steuern.<br />
u Tesco gelingt es beispielsweise durch die<br />
Nutzung von Kundendaten bei K<strong>am</strong>pagnen<br />
eine zehnmal höhere Reaktionsrate zu erzielen<br />
als der Branchendurchschnitt.<br />
u Das Data-Warehouse von Wal-Mart integriert<br />
Daten aus sämtlichen Bereichen entlang<br />
der ges<strong>am</strong>ten Handelsprozesskette in einer einheitlichen<br />
Plattform, die umfassende Analysen<br />
von Zus<strong>am</strong>menhängen erlaubt. Wissen wird hier<br />
zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil.<br />
u Eine High Performance Retailing Studie von<br />
Accenture in den USA zeigt, dass 65 Prozent der<br />
erfolgreichen Handelsunternehmen über umfassende<br />
analytische Hilfsmittel zur Entscheidungsunterstützung<br />
verfügen, während weniger<br />
erfolgreiche Händler solche Instrumente nur zu<br />
23 Prozent einsetzen.<br />
Ein Instrument, das wohl alle großen Einzel-<br />
handelsfilialisten gerne nutzen würden, und<br />
das sich seit Jahren im fortschreitenden Prozess<br />
der Erprobung befindet, ist die Radiotechnologie<br />
zur Steuerung eines ganzen Bündels von<br />
Einzelhandelsprozessen, kurz: RFID. Als nächstes<br />
könnte dann die Einführung biometrischer Verfahren<br />
den Einzelhandel revolutionieren.
u RFID – das neue Zauberwort<br />
RFID ist das neue Zauberwort, wenn es derzeit<br />
um Innovationen in der Einzelhandelslogistik<br />
geht. Und tatsächlich lassen sich mit Einsatz<br />
von RFID Technologien erhebliche Verbesserungspotentiale<br />
in der Steuerung des Warenflusses<br />
erzielen. Planmengen können detaillierter<br />
festgelegt und Anlieferungstermine<br />
genauer bestimmt werden; Lagerhaltung<br />
und Warenverräumung werden effizienter.<br />
Durch eine exaktere Bestandsführung können<br />
zudem Überbestände und somit Abschriften<br />
vermindert werden. Erhebliche Erleichterungen<br />
ergeben sich auch bei Inventur und<br />
Preisauszeichnung.<br />
RFID wird aber auch zu einem Wandel der<br />
Einkaufsprozesse in den Filialen führen.<br />
„Mitdenkende Einkaufswagen“ ermöglichen<br />
es den Kunden, voreingestellte Einkaufszettel<br />
abzurufen. Scannersysteme geben jederzeit<br />
einen Überblick über die zus<strong>am</strong>mengestellten<br />
Waren. Zur Bezahlung ist nur noch das Passieren<br />
einer Schranke mit dem vollbeladenen<br />
Einkaufswagen nötig. Ja, selbst „sprechende<br />
Einkaufsassistenten“, die auf aktuelle Angebote<br />
an dem Regal hinwiesen, an dem sich<br />
der Kunde gerade befindet, sind längst keine<br />
Utopie mehr.<br />
Für den Discountbereich sind die Einsatzfelder<br />
von RFID derzeit noch begrenzt. Zu schlank<br />
sind die Logistikstrukturen und zu übersichtlich<br />
die Artikelanzahl. Logistisch aufholen<br />
werden jedoch Supermarktketten und Verbrauchermärkte<br />
mit ihren vielschichtigen und<br />
umfangreichen Sortimenten. Voraussetzung<br />
dafür ist jedoch, dass die Kosten für den<br />
Einsatz von RFID weiter sinken und die noch<br />
bestehenden Systemunsicherheiten beseitigt<br />
werden.<br />
u Biometrie – bezahlen per Fingerabdruck<br />
Wer häufiger in die Vereinigten Staaten reist,<br />
kennt die Prozedur: Neben den üblichen<br />
Einreiseformalitäten müssen USA-Reisende<br />
die Erfassung der Fingerabdrücke und einen<br />
Scan der Gesichtskonturen über sich ergehen<br />
lassen. Mit dieser Erfassung der biometrischen<br />
Daten erhofft sich die <strong>am</strong>erikanische Regierung<br />
eine schnellere Erkennung und Ermittlung<br />
terrorverdächtiger Personen.<br />
Biometrische Verfah-<br />
ren werden zukünf-<br />
tig jedoch nicht nur<br />
bei der Einreise und<br />
der Personenfahndung<br />
eingesetzt,<br />
auch im Lebensmitteleinzelhandel<br />
bietet sich eine Reihe<br />
von pragmatischen<br />
Einsatzfeldern.<br />
In Verbindung mit<br />
neuen Kassensystemen<br />
wird in nicht<br />
allzu ferner Zukunft<br />
die Bezahlung per<br />
Fingerabdruck Realität.<br />
Displays und<br />
In-Store Monitore<br />
erkennen Geschlecht,<br />
Alter und ethnische<br />
Herkunft der Kunden<br />
und wechseln zielgruppengerecht<br />
ihre<br />
Werbebotschaften.<br />
Geben Kunden<br />
ihr Einverständnis – z.B. im Rahmen eines<br />
Loyalitätsprogr<strong>am</strong>ms – so werden sie künftig<br />
bereits bei Betreten des Ladens per Videoerfassung<br />
erkannt und durch einen Mitarbeitet<br />
persönlich begrüßt – und dies nicht nur in<br />
ihrer „St<strong>am</strong>mfiliale“!<br />
41
42<br />
Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />
u Wanted: Der Handelsmanager der Zukunft<br />
Eine typische Karriere im LEH beginnt im<br />
Regelfall <strong>am</strong> Point of Sale. Hat man sich innerhalb<br />
einer Filiale bzw. eines Marktes bewährt,<br />
folgt als nächster Schritt die Übernahme eines<br />
Bezirks oder der Wechsel in eine Zentralfunktion.<br />
Der Primat der „Erfahrung an der Kundenfront“<br />
gilt ohne Ausnahme und so finden<br />
sich auch Hochschulabsolventen nach mehreren<br />
Jahren akademischer Ausbildung als<br />
zukünftige Bereichsleiter bei Aldi oder Lidl<br />
beim Verräumen von Milchkartons oder beim<br />
Kassieren an der Kasse wieder.<br />
Nicht wenige der heute erfolgreichen Handels-<br />
manager haben ihre Karriere gar als Lehrling<br />
in einem Handelsunternehmen begonnen und<br />
sind dann Stufe für Stufe die Erfolgsleiter emporgestiegen.<br />
Pragmatismus, hohe Einsatzbereitschaft<br />
und ein „gutes Bauchgefühl“ für das,<br />
was Kunden wünschen, waren die Garanten<br />
für ein schnelles Weiterkommen. Gelang dann<br />
noch die Verknüpfung dieser Attribute mit der<br />
Fähigkeit, Mitarbeiter zu führen, stand einer<br />
steilen Karriere nichts mehr im Wege.<br />
Im Zuge der dyn<strong>am</strong>ischen Veränderungen<br />
werden die Anforderungen an die Handelsmanager<br />
jedoch zunehmend komplexer. In<br />
Zeiten schnell wechselnder Sortimente, knapper<br />
Margen und geringer Kostenspielräume<br />
rücken analytische Fähigkeiten immer mehr<br />
in den Vordergrund. Bei Vollsortimentern<br />
müssen Marktleiter die Verfügbarkeit von bis<br />
zu 80.000 Artikeln sicherstellen, den Einsatz<br />
von externen Dienstleistern steuern und mehrere<br />
hundert Mitarbeiter während Öffnungszeiten<br />
von 08:00 Uhr bis 22:00 Uhr koordinieren.<br />
Ohne technische Unterstützung und ein<br />
tiefes Systemverständnis sind diese Aufgaben<br />
nicht mehr zu bewältigen.<br />
Die Technisierung – aber speziell auch die<br />
immer schneller fortschreitende Internatio-<br />
nalisierung – hinterlassen deutliche Spuren<br />
hinsichtlich der Qualifizierung zukünftiger<br />
Führungskräfte. Zwar erwarten Aldi und Lidl<br />
von ihrem Managementnachwuchs auch weiterhin<br />
primär einen guten Universitätsabschluss<br />
und die Bereitschaft, Personalverantwortung<br />
zu übernehmen, Fremdsprachen-Zertifikate,<br />
Praktika im Ausland und hohe analytische<br />
Fähigkeiten werden jedoch mit immer<br />
größerem Wohlwollen betrachtet.<br />
Mit Blick auf die Wachstumsraten außerhalb<br />
der deutschen Grenzen wird der Trend zu<br />
Internationalisierung und Technisierung in<br />
den nächsten Jahren weiter zunehmen. Schon<br />
jetzt zeichnet sich dies bei den beiden großen<br />
Discountketten ab: strebt man bei Aldi oder<br />
Lidl eine attraktive Zentralfunktion oder den<br />
Posten eines Prokuristen in einer der Regionalgesellschaften<br />
an, ist ein vorheriger Einsatz im<br />
Ausland nahezu Pflicht.<br />
Fraglich bleibt d<strong>am</strong>it schließlich auch, wie<br />
lange „deutsch“ noch die Sprache der <strong>Discounter</strong><br />
bleiben wird. Derzeit berichten bei Aldi die<br />
meist noch deutschen Länderverantwortlichen<br />
in ihrer Muttersprache an den Verwaltungsrat.<br />
Bei anderen großen Händlern wurde der<br />
„switch“ zu Englisch schon vollzogen. Gut<br />
vorstellbar, dass sich auch <strong>Discounter</strong> von ihren<br />
Traditionen als klassische Einzelhändler lösen<br />
und sich mehr und mehr als multinationale<br />
Konzerne verstehen. Spätestens dann hat die<br />
„Wachablösung“ in den Führungsspitzen und<br />
d<strong>am</strong>it die Suche nach den besten Köpfen bzw.<br />
der „War for Talent“ im LEH begonnen.
Fazit: Die Zukunft des Handels<br />
in <strong>Deutschland</strong><br />
Der Verbrauchsgüterhandel in <strong>Deutschland</strong><br />
unterscheidet sich von dem anderer europäischer<br />
Länder vor allem durch die Marktmacht<br />
der <strong>Discounter</strong>. Sie bewirkt, dass sich die großen<br />
europäischen Handelskonzerne wie Carrefour<br />
oder Tesco bislang hier nicht engagieren<br />
und selbst der <strong>am</strong>erikanische Handelsriese Wal-<br />
Mart, größter Lebensmittelfilialist der Welt,<br />
nach ein paar erfolglosen Jahren die Segel<br />
streichen musste. – <strong>Deutschland</strong>, das Land der<br />
wehrhaften „Gallier”, denen die Zauberformel<br />
„einfach-billig-massenhaft” übernatürliche<br />
Kräfte im globalen Wettbewerb verleiht?<br />
Einfach, in Sortiment und Präsentation, sind<br />
die <strong>Discounter</strong> immer noch, und dank des stürmischen<br />
Wachstums der letzten Jahre können<br />
Sie beim Einkauf jetzt noch mehr Masse in die<br />
Waagschale werfen. Aber billig sind sie nicht<br />
mehr. Selbst der gleichbleibend große Abstand<br />
zu den anderen Formaten des LEH kann nicht<br />
verschleiern, dass sich die <strong>Discounter</strong> derzeit als<br />
die größten Nutznießer einer von den Erzeugern<br />
angestoßenen Preisoffensive in Stellung<br />
bringen.<br />
Sie reagieren d<strong>am</strong>it auf Wachstumsrestrikti-<br />
onen, die der stürmische Aufstieg zwangs-<br />
läufig mit sich gebracht hat. Und so werden<br />
die Karten im deutschen LEH in den nächsten<br />
Jahren neu gemischt. Mit <strong>am</strong> Tisch sitzen<br />
dabei auch Player, die, weil neu in der Runde,<br />
schwer einzuschätzen sind: ausgebuffte Profis<br />
aus dem Ausland, kreative Akteure mit neuen<br />
Ideen und Strategien sowie im Hintergrund das<br />
Publikum, die Verbraucher, der sprichwörtliche<br />
„zwölfte Mann“, der, wie im Fußball, schon so<br />
manches Spiel entschieden hat.<br />
So lassen sich die entscheidenden Wegscheiden<br />
für die unterschiedlichen Handelsformate in<br />
etwa so skizzieren:<br />
Für die <strong>Discounter</strong> gilt: Das scheinbar unbegrenzte<br />
Wachstum auf Basis der „klassischen“<br />
Erfolgsfaktoren hat seinen Zenit erreicht. Dichte<br />
und Profitabilität des Filialnetzes erscheinen<br />
ebenso ausgereizt wie die bekannt großen<br />
Einkaufsvolumina mit den entsprechenden Rabatten.<br />
Jetzt sind ganz neue Ansätze gefragt,<br />
um nicht <strong>am</strong> Ende ähnlichen komplexitätsbedingten<br />
Problemen gegenüberzustehen wie<br />
die „normalen“ Supermärkte mit ihren Vollsortimenten.<br />
Kurz: Die <strong>Discounter</strong> müssen sich<br />
neu erfinden, sonst erfinden <strong>am</strong> Ende andere<br />
den „neuen“ <strong>Discounter</strong>!<br />
Die klassischen Einzelhandelsgeschäfte pro-<br />
fitieren in den nächsten Jahren von der wach-<br />
senden Schar älterer Verbraucher. Doch diese<br />
Verbraucher sind anspruchsvoller, qualitäts- und<br />
serviceorientierter als die älteren Kunden von<br />
heute. Der Handel muss, wie auch die Hersteller,<br />
die neue Generation Silber ins Zentrum<br />
eines eigenständigen Marketings stellen, mit<br />
entsprechenden Sortimenten, Marken und<br />
<strong>Services</strong>. Es ist anzunehmen, dass die <strong>Discounter</strong><br />
die zahlungskräftige Kundschaft nicht einfach<br />
ziehen lassen und sich mit der jungen und der<br />
finanzschwachen Klientel begnügen. Der K<strong>am</strong>pf<br />
ums Geld der Generation Silber hat gerade erst<br />
begonnen!<br />
Wenn die Kunden „leben“ wollen, kann der<br />
Handel nicht schlafen. Neue Arbeits- und<br />
Lebensbedingungen bringen neue Wünsche<br />
und Bedürfnisse hervor, auch und gerade beim<br />
Einkaufen. Neue Handelsformate offerieren<br />
rund um die Uhr ihr bedarfsgerechtes Angebot,<br />
vom Frühstücksbuffet bis zum nächtlichen<br />
Snack. Wer wird diese Formate betreiben? Die<br />
<strong>Discounter</strong> wohl kaum, der deutsche Einzelhandel<br />
vielleicht, ganz sicher aber die smarten<br />
und flexiblen Händler aus den Nachbarländern.<br />
Wenn der Handel nicht wachs<strong>am</strong> ist, wird er<br />
von den Eindringlingen überrumpelt!<br />
Fazit<br />
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