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Discounter am Scheideweg - GfK Panel Services Deutschland

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Eine Gemeinschaftsstudie von <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> und der Unternehmensberatung Accenture<br />

<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong><br />

Wie kaufen Kunden künftig ein?


<strong>GfK</strong> PANEL SERVICES DEUTSCHLAND<br />

Die <strong>GfK</strong> ist eines der größten Marktforschungs-<br />

unternehmen der Welt und beschäftigt rund<br />

9.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aus<br />

über 100 Ländern liefern 115 operative Unternehmen<br />

das Wissen zu Märkten und Branchen,<br />

das die Kunden aus Industrie, Handel, Medien<br />

und dem Dienstleistungsbereich für ihre Entscheidungen<br />

brauchen.<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> <strong>Deutschland</strong> ist Teil des<br />

internationalen Haushaltspanel-Netzwerks<br />

Europanel, mit dem die <strong>GfK</strong> Gruppe und ihre<br />

Partnerinstitute in mittlerweile 27 europäischen<br />

Ländern Marktstrukturen und Markt-<br />

ACCENTURE DEUTSCHLAND GMBH<br />

Accenture ist ein weltweit tätiger Managementberatungs-,<br />

Technologie- und Outsourcing-Dienstleister.<br />

Als führender Business<br />

Innovation Partner unterstützt Accenture<br />

Unternehmen dabei, Innovationen umzusetzen,<br />

Geschäftsprozesse und -modelle zu optimieren<br />

und so Leistungsfähigkeit, Kundennutzen und<br />

Unternehmenswert zu steigern. Im Geschäftsjahr<br />

2006/07 erzielte das Unternehmen mit<br />

178.000 Mitarbeitern in 49 Ländern 19,7 Mrd.<br />

US-Dollar Umsatz. Bei Accenture in <strong>Deutschland</strong>,<br />

Österreich und der Schweiz arbeiten<br />

derzeit mehr als fünftausend Mitarbeiter.<br />

Die erfolgreichen Kundenbeziehungen von<br />

Accenture zeigen sich in langjährigen Partnerschaften:<br />

Mit 85 der Top 100 Kunden besteht<br />

die Zus<strong>am</strong>menarbeit bereits mehr als zehn<br />

Jahre. Weltweit arbeitet das Unternehmen mit<br />

den größten Industriekonzernen und Regierungsbehörden<br />

zus<strong>am</strong>men, darunter sind<br />

veränderungen sowie die Konsum- und Nachfragegewohnheiten<br />

der Verbraucher beobachten<br />

und analysieren. Kunden sind nahezu alle<br />

führenden Unternehmen der Markenartikelindustrie<br />

in Europa auf dem Sektor der Fast<br />

Moving Consumer Goods sowie der deutsche<br />

Lebensmitteleinzelhandel und andere Distributionskanäle<br />

für FMCG.<br />

Basis der kontinuierlichen Marktbeobachtung<br />

von <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> sind das 20.000er Haushaltspanel<br />

ConsumerScan, das 25.000er Individualpanel<br />

ConsumerScan sowie verschiedene<br />

Spezialpanels (z.B. Baby-, Blumen-<strong>Panel</strong> etc.).<br />

94 Unternehmen der Fortune Global 100 und<br />

mehr als zwei Drittel der Fortune Global 500.<br />

Umfangreiches Branchenwissen, profundes<br />

Know-how über die Geschäftsprozesse, internationale<br />

Te<strong>am</strong>s und hohe Umsetzungskompetenz<br />

zeichnen Accenture aus. So können<br />

stets die richtigen Mitarbeiter, Fähigkeiten und<br />

Technologien bereitgestellt werden, um die<br />

Leistung der Kunden zu optimieren.<br />

Die deutsche Retail-Industrie steht seit vie-<br />

len Jahren vor großen Herausforderungen:<br />

Anspruchsvolle Verbraucher, intensiver Wettbewerb,<br />

hohe Wachstumserwartungen und<br />

die Globalisierung machen den K<strong>am</strong>pf um den<br />

Kunden immer schwieriger. Im Handelsbereich<br />

unterstützt Accenture mit zukunftsweisenden<br />

Konzepten, Prozessen und Technologien Unternehmen<br />

dabei, High Performer zu werden, die<br />

ihre Kunden schneller, kostengünstiger und mit<br />

einem einzigartigen Erlebniswert bedienen.


VORWORT 2<br />

DISCOUNTER – EINE DEUTSCHE ERFOLGSGESCHICHTE 4<br />

Die <strong>Discounter</strong> sind das Erfolgsformat schlechthin der letzten Jahr-<br />

zehnte im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Ausgestattet mit<br />

diesem Sieger-Gen, haben sie sich auch im Ausland erfolgreich etabliert.<br />

Eine kurze Geschichte des langen Erfolgsweges von der ersten<br />

Aldi-Filiale bis heute…<br />

DISCOUNTER AM SCHEIDEWEG – IST DAS WACHSTUM ZU ENDE? 12<br />

Auch unter wirtschaftlich guten Rahmenbedingungen sind die <strong>Discounter</strong><br />

2007 in <strong>Deutschland</strong> weiter gewachsen. Doch bei genauerem<br />

Hinsehen zeigen sich erste Kratzer <strong>am</strong> Erfolgsmodell Discount, und<br />

das ausgerechnet im St<strong>am</strong>mland und vor allem bei Marktführer Aldi.<br />

Bisherige Wachstumsfaktoren und künftige Wachstumshemmnisse…<br />

PROGNOSE 2020 – GEWINNER UND VERLIERER 20<br />

Die deutsche Bevölkerung wird in den nächsten Jahren insges<strong>am</strong>t<br />

deutlich älter, die Zahl der Ruhestands-Haushalte steigt stetig an. Doch<br />

gerade in der konsumfreudigen und vergleichsweise wohlhabenden<br />

älteren Mittelschicht sind die <strong>Discounter</strong> relativ schwach. Wer gewinnt<br />

und wer verliert in diesem ‚Gesellschaftsspiel‘…<br />

ZUKÜNFTIGE WACHSTUMSTREIBER IN LEH UND DISCOUNT 30<br />

Alles dreht sich um die Konsumenten? Nein: Alles dreht sich um<br />

den (einzelnen) Kunden. Customer Centricity ist der Schlüssel zu der<br />

immer heftiger umworbenen Spezies des marken- und einkaufsstättentreuen<br />

Konsumenten: Wer hat die kreativsten Ideen, wer die überzeugendste<br />

Strategie? Und welche Anbieter gewinnen den Wettlauf<br />

um die besten Köpfe und Talente…<br />

Fazit 43<br />

Inhalt 1


2<br />

Vorwort<br />

Wolfgang Twardawa<br />

Division Manager<br />

<strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong><br />

„Die <strong>Discounter</strong> haben die<br />

letzten zehn Jahre über<br />

das Handelsgeschehen<br />

in <strong>Deutschland</strong> nicht nur<br />

dominiert, sondern nach<br />

Belieben kontrolliert. Ihr<br />

einziges, von den Wettbe-<br />

werbern nicht zu kontern-<br />

des Argument war dabei<br />

der Preis. Jetzt haben sie<br />

sich an die Spitze der Preis-<br />

erhöhungen gesetzt und<br />

d<strong>am</strong>it dieses Argument zur<br />

Disposition gestellt. Auch<br />

wenn der Preisabstand zu<br />

den Vollsortimentern gleich<br />

bleibt, so ändert sich doch<br />

die Wahrnehmung durch<br />

die Verbraucher.“<br />

Erfolgs-Geschichte<br />

Lebensmittel sind in <strong>Deutschland</strong> während der<br />

letzten Monate massiv teurer geworden. Dennoch<br />

sind sie immer noch deutlich billiger als in<br />

den meisten anderen europäischen Ländern.<br />

Dies gilt erst recht, wenn man nicht die nominalen<br />

Preise betrachtet, sondern die relativen:<br />

Für ihre Ernährung müssen die deutschen<br />

Verbraucher heute nicht mal ein Siebtel ihres<br />

durchschnittlichen Einkommens aufwenden.<br />

Dies verdanken sie in erster Linie den Dis-<br />

countern, jener deutschen Sonderform des<br />

Verbrauchsgüterhandels, der so sehr ein<br />

Exportschlager ist, wie er andererseits großen<br />

ausländischen Handelsketten den Sprung nach<br />

<strong>Deutschland</strong> erschwert. Allerdings hat diese<br />

„protektionistische” Barriere nicht verhindert,<br />

dass der Wettbewerb in <strong>Deutschland</strong> selbst<br />

umso vehementer war und ist.<br />

So gab es 1970 in <strong>Deutschland</strong> noch gut<br />

165.000 LEH-Geschäfte, heute sind es gerade<br />

einmal rund 50.000. Auch die Gewichte unter<br />

den Vetriebsschienen haben sich verschoben.<br />

Gehörten 1970 noch fast alle Einkaufsstätten<br />

zur Gruppe des so genannten Traditionellen<br />

LEH, so ist dieser Geschäftstyp heute auf einen<br />

Anteil von gerade einmal rund 30 Prozent<br />

geschrumpft.<br />

Die <strong>Discounter</strong>, d<strong>am</strong>als mit knapp 2.000 Läden<br />

bzw. gut einem Prozent Marktanteil ein geradezu<br />

exotischer Vertriebskanal, verfügen heute<br />

über fast 20 Prozent aller LEH-Verkaufsstellen<br />

und sind mit einem Umsatzanteil von zus<strong>am</strong>men<br />

43 Prozent die dominierende Vertriebsschiene<br />

im deutschen Verbrauchsgüterhandel.<br />

Erfolgs-Faktoren<br />

Doch genau an diesem Punkt zeigen sich die<br />

ersten Kratzer in einer bislang eher makellosen<br />

Erfolgsbilanz. Die Zukunft der <strong>Discounter</strong><br />

in <strong>Deutschland</strong> lässt sich nicht mehr einfach<br />

durch Fortschreibung vergangener Zeitreihen<br />

prognostizieren. Sie stoßen vielmehr gerade<br />

wegen ihrer Erfolge zunehmend an Grenzen<br />

ihres nationalen Wachstums.<br />

u Zwar haben die <strong>Discounter</strong> insges<strong>am</strong>t trotz<br />

aller negativen Vorzeichen auch 2007 wieder<br />

einen Umsatzzuwachs von 3,5 Prozent erzielt<br />

und d<strong>am</strong>it ihren wertmäßigen Marktanteil<br />

weiter ausgebaut. Erstmalig musste jedoch Aldi<br />

einen Umsatzrückgang von 1,5 Prozent gegenüber<br />

dem Vorjahr hinnehmen. Darin erste<br />

Anzeichen für eine Schubumkehr zu sehen,<br />

wäre sicher verfehlt, aber es ist ein mehr als<br />

deutliches Zeichen dafür, dass auch für die<br />

<strong>Discounter</strong> die Früchte künftig höher hängen.<br />

u Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass<br />

„traditionelle“ Wachstumstreiber immer mehr<br />

an Kraft verlieren. So bringen Neueröffnungen<br />

den <strong>Discounter</strong>n nicht mehr den gewünschten<br />

Effekt; die Flächenproduktivität geht zurück.<br />

Zudem haben die <strong>Discounter</strong> durch ihre massive<br />

Flächenexpansion ihr Kundenpotenzial nahezu<br />

ausgeschöpft. Jeder Haushalt in <strong>Deutschland</strong><br />

kann im Durchschnitt innerhalb von zehn<br />

Minuten drei verschiedene <strong>Discounter</strong> mit dem<br />

Auto erreichen.<br />

u Hinzu kommt, dass die <strong>Discounter</strong> zunehmend<br />

ihre relative Alleinstellung bei den<br />

Handelsmarken verlieren. Alle Marktteilnehmer,<br />

nicht mehr nur die <strong>Discounter</strong>, bieten über<br />

ein wachsendes Eigenmarken-Sortiment gute<br />

Einstiegspreislagen, so dass eine Profilierung<br />

der <strong>Discounter</strong> allein über den Preis nicht mehr<br />

ausreicht. Zudem werben auch Super- und<br />

Hypermärkte in Zeitungsbeilagen und Wochenangeboten<br />

mit preisaggressiven Angeboten.


Erfolgs-Hindernisse<br />

Während die <strong>Discounter</strong> im Ausland weiter<br />

kräftig wachsen, haben sie in ihrem St<strong>am</strong>mland<br />

<strong>Deutschland</strong> mit nachlassender Nachfragedyn<strong>am</strong>ik,<br />

inneren Wachstumshemmnissen und<br />

aktiver wie aggressiver werdenden Wettbewerbern<br />

zu kämpfen.<br />

Nach einer jahrzehntelangen, einzigartigen<br />

Erfolgsgeschichte stehen die <strong>Discounter</strong> heute<br />

<strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong>. Können sie sich weiter auf ihre<br />

traditionellen Stärken und die Überzeugungskraft<br />

ihres Konzepts verlassen? Oder müssen<br />

sie selbst Fund<strong>am</strong>ente ihres Erfolgsmodells in<br />

Frage stellen, um ihren Anteil an der Nachfrage<br />

nach Fast Moving Consumer Goods in <strong>Deutschland</strong><br />

weiter zu steigern? – Es geht auch um die<br />

Frage: Wieviel ursprünglicher <strong>Discounter</strong> steckt<br />

noch in Aldi & Co, und was bringt der Weg<br />

„back to the roots“?<br />

Accenture und <strong>GfK</strong> haben die Erfolgsaussichten<br />

der <strong>Discounter</strong> in zwei Szenarien bewertet.<br />

Diese können nicht nur als zwei alternative<br />

Modelle für die <strong>Discounter</strong> gelesen werden,<br />

sondern genauso als Entwicklungsoptionen für<br />

die Vollsortimenter und den Fachhandel mit<br />

Gütern des täglichen Bedarfs. Welches Konzept<br />

gehört <strong>am</strong> Ende des nächsten Jahrzehnts zu<br />

den Gewinnern, wer zu den Verlierern?<br />

Für <strong>Discounter</strong> und Vollsortimenter ist nach<br />

dieser Analyse klar: Beide brauchen eine<br />

„Agenda 2020“. Denn nur eine schonungslose<br />

Analyse ihrer eigenen Chancen und Risiken<br />

sowie des Wettbewerbs, ein kraftvoller<br />

Kreativitätsschub und eine umfassende<br />

Innovationsoffensive können sie fit machen<br />

für die kommenden Herausforderungen.<br />

Dr. Gerhard Hausruckinger<br />

Dirk Dreisbach<br />

Wolfgang Twardawa<br />

Gerhard Hausruckinger<br />

Geschäftsführer<br />

Accenture GmbH<br />

„Sowohl für die <strong>Discounter</strong><br />

als auch für die Vollsorti-<br />

menter des LEH heißt das<br />

Schlüsselwort der Zukunft:<br />

Customer Centricity. D<strong>am</strong>it<br />

ist nicht die gute alte<br />

Kundenpflege gemeint,<br />

sondern die komplette<br />

Ausrichtung aller strategi-<br />

schen Überlegungen und<br />

praktischen Umsetzungen<br />

an den Wünschen<br />

und Bedürfnissen der<br />

einzelnen Kunden.“<br />

Dirk Dreisbach<br />

Senior Manager<br />

Accenture GmbH<br />

„Unser multivariables<br />

Prognosemodell entwirft<br />

für die <strong>Discounter</strong> zwei<br />

Szenarien: weiteres<br />

Wachstum oder Markt-<br />

anteilsverluste. Um die<br />

Wachstumskarte zu ziehen,<br />

müssen sie es schaffen,<br />

ihre im Durchschnitt jünge-<br />

re Klientel auch im Alter an<br />

sich zu binden. Das gelingt<br />

den <strong>Discounter</strong>n bislang<br />

noch nicht in ausreichen-<br />

dem Maße.“<br />

3


4<br />

<strong>Discounter</strong> – eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />

<strong>Discounter</strong> –<br />

eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />

e=mc 2 , Kraft = Masse x Geschwindigkeit,<br />

Tempo = Weg : Zeit – man muss die richtige<br />

Formel nicht erfinden, um sie erfolgreich<br />

anzuwenden. Die Erfolgsformel der Gebrüder<br />

Karl und Theo Albrecht lautet seit mehr als<br />

einem halben Jahrhundert: niedrigster Preis<br />

x größte Menge + höchste Effizienz = optimale<br />

Wertschöpfung. D<strong>am</strong>it haben sie einen der<br />

größten Einzelhandelskonzerne auf dem<br />

Globus geformt, die Handelslandschaft der<br />

weltweit drittgrößten Volkswirtschaft umgekrempelt<br />

und das Konsumverhalten von<br />

Millionen Verbrauchern geprägt. Sie sind<br />

Keimzelle, Wegbereiter und Motor einer<br />

bewundernswerten Erfolgsgeschichte. Und<br />

deshalb beginnt jede Story über die <strong>Discounter</strong><br />

unausweichlich mit Aldi.<br />

1946 übernehmen die Brüder Karl und Theo<br />

Albrecht den kleinen Lebensmittelladen von der<br />

Mutter, einen echten „Tante Emma-Laden”, gerade<br />

einmal so groß wie ein Wohnzimmer. Doch<br />

bald schon ziehen sie in einen größeren Laden<br />

um, und vier Jahre später bestehen bereits 13<br />

Geschäfte traditioneller Prägung. Als die Brüder<br />

1961 das Unternehmen aufteilen, erwirtschaften<br />

sie in 300 Läden rund 90 Mio. DM Umsatz. Theo<br />

Albrecht übernimmt den Norden, Karl den Süden.<br />

Der „Aldi-Äquator” verläuft vom Niederrhein<br />

quer durch Hessen bis zur d<strong>am</strong>aligen Zonengrenze.<br />

Schon jetzt zeigt sich aber, dass die<br />

Brüder Größeres im Sinn haben: Der Osten<br />

soll später einmal zu Aldi-Nord gehören; die<br />

strategische Landkarte von Aldi-Süd erstreckt<br />

sich unter anderem nach Österreich, wo die<br />

Filialen unter dem N<strong>am</strong>en Hofer firmieren. Der<br />

Süd-Aldi wird sich später um den angelsächsischen<br />

Raum kümmern, neben den USA (seit<br />

1976) also auch um die „Nordländer” England<br />

(1989) und Irland (1998); der Nord-Aldi nimmt<br />

zum Ausgleich Südeuropa ins Visier, beispielsweise<br />

Frankreich (1988) und Spanien (2002).<br />

40er Jahre 50er Jahre 60er Jahre 70er Jahre<br />

<strong>Discounter</strong> decken die<br />

Grundbedürfnisse der<br />

Menschen an Gütern des<br />

täglichen Bedarfs<br />

1946: Die Albrecht-Brüder<br />

nehmen ihre<br />

Geschäftstätigkeit auf<br />

Albrecht-Filiale 1958 in Essen<br />

1961: Trennung in<br />

Aldi-Nord/Aldi Süd<br />

1962: Eröffnung der ersten<br />

Aldi-Filiale<br />

nach heutigem Maßstab<br />

<strong>Discounter</strong> bieten sehr<br />

niedrige Preise auf Basis<br />

hoher Einkaufsvolumina und<br />

entsprechender Rabatte<br />

60er Jahre:<br />

Markteintritt Norma<br />

1968: Beginn der<br />

internationalen Expansion<br />

(Hofer in Österreich)<br />

1973: Lidl eröffnet erste Filiale &<br />

Gründung von Penny<br />

1972:<br />

Markteintritt<br />

Plus<br />

Standardisierte Filialen<br />

1974: Wegfall der „Preisbindung<br />

der zweiten Hand“<br />

1945: Kriegsende 1949: Gründung der<br />

1961: Mauerbau 1973: Ölkrise 1979: Ölkrise<br />

Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong><br />

1962: Kubakrise<br />

1948: Währungsreform<br />

1964 – 1974: Vietn<strong>am</strong>-Krieg


„Hochstapelei”<br />

– Die erste echte Aldi-Filiale<br />

In den 60er Jahren stehen jedoch zunächst<br />

andere Entscheidungen an. Erstes strategisches<br />

Opfer: die d<strong>am</strong>als im Handel übliche Rabattmarke.<br />

Statt den gesetzlich erlaubten Nachlass von<br />

drei Prozent in Märkchen zu vergüten, zieht Aldi<br />

den Rabatt gleich vom Preis ab. Das Sortiment<br />

wird radikal verkleinert, auf engstem Raum und<br />

unter Verzicht auf jegliche „atmosphärische”<br />

Ladengestaltung einfach an der Wand lang<br />

hochgestapelt. Man spart sich die teure Rekl<strong>am</strong>e<br />

und streicht alles, was hohe Kosten verursacht,<br />

aus dem Angebot, zum Beispiel Frischwaren.<br />

So eröffnet 1962 die erste Aldi-Filiale nach heutigem<br />

Maßstab. Der Firmenn<strong>am</strong>e Aldi steht für<br />

Albrecht Discount (engl. discount = Preisnachlass,<br />

Rabatt), und ein besseres Jahr hätte man<br />

sich für die Einführung des Discounthandels<br />

kaum aussuchen können.<br />

Der vom Wirtschaftswunder angeheizte<br />

Konsum droht die Konjunktur zu überhitzen.<br />

Die Preise steigen um durchschnittlich drei<br />

Prozent; das ist der stärkste Anstieg seit 1951.<br />

Das Bruttosozialprodukt wächst dagegen<br />

„nur” noch um real vier Prozent, nach acht im<br />

Jahr 1960. Dies alles veranlasst den d<strong>am</strong>aligen<br />

Wirtschaftsminister Ludwig Erhard zu seinem<br />

dr<strong>am</strong>atischen Maßhalte-Appell an Gewerkschaften,<br />

Arbeitgeber und Verbraucher. In<br />

Zeiten einer heraufziehenden Wirtschaftskrise<br />

sind die Billigangebote von Aldi ein fl<strong>am</strong>mendes<br />

Signal. Auch für die Wettbewerber.<br />

Während Aldi bereits mit der Expansion ins<br />

europäische Ausland beginnt, schwenken in<br />

<strong>Deutschland</strong> weitere Anbieter auf die Erfolgsspur<br />

Discount ein. 1972 eröffnet Tengelmann<br />

die ersten Plus-Filialen. Das Konzept entspricht<br />

dem Discount-Prinzip (eingeschränktes Sortiment,<br />

einfache Warenpräsentation), doch die<br />

Produktpalette ist größer und es gibt mehr<br />

Markenartikel im Angebot als bei Aldi.<br />

Gleiches gilt in eingeschränktem Maße für<br />

Penny (Rewe-Gruppe, Markteintritt 1973)<br />

und in etwas höherem Umfang für Netto<br />

(Edeka-Gruppe, Markteintritt 1984).<br />

80er Jahre 90er Jahre 2000 +<br />

Ausbau von Großflächen<br />

1984: Markteintritt<br />

Netto<br />

<strong>Discounter</strong> verbreitern ihre<br />

Sortimente, expandieren<br />

global und steigen ins<br />

Non-Food Geschäft ein<br />

1993: Beginn der Sortimentsausweitung<br />

auf Non-Food Artikel<br />

1998: Erster Aldi-PC<br />

im Angebot<br />

1989: Fall der Mauer 2001: 11. September<br />

1991: Auflösung der Sowjetunion 2002: Euro-Einführung<br />

2005: Ausweitung des Online-<br />

Angebots, Handys, Foto<br />

2007: Aldi bietet<br />

Reisen von TUI an<br />

2003: Irak-Krieg<br />

Stichwort:<br />

Preisbindung der<br />

zweiten Hand<br />

Bis in die frühen 70er Jahre<br />

galt für Nahrungsmittel und<br />

Getränke die „Preisbindung<br />

der zweiten Hand“, die es<br />

dem Handel untersagte, seine<br />

Preise selbst festzulegen.<br />

Aldi wurde wegen seiner<br />

Discountangebote von der<br />

Markenartikelindustrie nicht<br />

beliefert. Deshalb war man<br />

gezwungen, eigene Marken,<br />

so genannte Handelsmarken,<br />

zu verkaufen. Als die<br />

gesetztliche Preisbindung<br />

1974 fiel, konnten die<br />

<strong>Discounter</strong> auch Hersteller-<br />

marken billig verkaufen. Dies<br />

war das Startsignal für den<br />

Markteintritt weiterer<br />

Discountanbieter wie Lidl,<br />

Penny und Plus.<br />

5


6<br />

<strong>Discounter</strong> – eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />

Relativ spät tritt der heute größte Konkurrent<br />

von Aldi in den Markt ein. Dieter Schwarz<br />

eröffnet 1973 den ersten Lidl-Markt. Das<br />

Sortiment ist von Beginn an untypisch breit für<br />

einen <strong>Discounter</strong>, doch ansonsten entspricht es<br />

den üblichen Kriterien.<br />

Der Schick des Einfachen<br />

– Aldi wird Kult<br />

Das Hauptargument für die Verbraucher, im<br />

Discount einzukaufen, ist der discount, der<br />

Rabatt, der sich in niedrigen Preisen und einem<br />

deutlichen Preisabstand zu den Vollsortimentern<br />

des Lebensmittelhandels ausdrückt. Er ist<br />

heute weit größer als die drei Prozent, die Karl<br />

und Theo Albrecht anfangs aus dem Verzicht<br />

auf die Rabattmarken herausschlagen.<br />

Ihre niedrigen Preise führen den <strong>Discounter</strong>n<br />

von Beginn an immer neue Kunden zu. Zwar<br />

lässt sich die Mittelschicht anfänglich noch vom<br />

Schmuddelimage der <strong>Discounter</strong> abhalten, aber<br />

je öfter und tiefer wirtschaftliche Krisen das<br />

Sicherheitsgefühl der gesellschaftlichen Mitte<br />

erschüttern, desto größer und nachhaltiger wird<br />

der Zustrom selbst besser situierter Kreise in den<br />

Discount. Lange bevor der hybride Konsument<br />

erfunden wird, kann man ihn gut gekleidet im<br />

Auto mit üppiger Motorisierung bei Aldi vorfahren<br />

sehen. Mit den Jahren wird es geradezu<br />

schick, Aldi-Kunde zu sein. Aldi wird Kult in<br />

gewissen Kreisen. Schließlich kann man, muss<br />

aber nicht dort einkaufen.<br />

Auch die <strong>Discounter</strong> selbst müssen einkaufen,<br />

und wie ihre Kunden, sind auch sie darauf aus,<br />

dies möglichst billig zu tun. Der Weg dahin<br />

führt über hohe Stückzahlen, die ihnen einen<br />

entsprechenden discount, einen hohen Nachlass,<br />

bei ihren Lieferanten sichert.<br />

In ihrem Standardsortiment führen die<br />

<strong>Discounter</strong> anfangs rund 250 verschiedene<br />

Artikel, heute sind es ca. 800 bis 1.000 und<br />

etwa 2.000 bei Lidl. Hinzu kommen rund<br />

100 Food-Saisonartikel, die für gewisse Zeit<br />

das klassische Sortiment ergänzen. Zu Beginn<br />

der neunziger Jahre bauen die <strong>Discounter</strong><br />

zudem neben dem ständigen Sortiment aus<br />

Lebensmitteln und Getränken ein Nonfood-<br />

Angebot auf. Aldi erzielt d<strong>am</strong>it zeitweise rund<br />

ein Fünftel seines ges<strong>am</strong>ten Umsatzes. Etwas<br />

mehr als 2.000 dieser Aktionsartikel bieten die<br />

<strong>Discounter</strong> übers Jahr verteilt für kurze Zeit<br />

an, die einen (Aldi, Lidl) mehr, andere weniger.<br />

Diese Angebote locken Kunden zu den Dis-<br />

countern, die sie ohne solche Offerten nur<br />

schwer erreichen würden. Wer hat nicht schon<br />

mal etwas für den Garten bei Aldi eingekauft,<br />

oder Utensilien für die Küche bei Lidl – auch<br />

ohne zusätzlich noch Lebensmittel in den<br />

Einkaufswagen zu packen. Als Aldi 1998<br />

erstmals einen PC anbietet, drängelt die<br />

Kundschaft bereits in der Nacht vor den Läden,<br />

um nur ja einen der begehrten Computer zu<br />

erwischen. Dabei kosten die Geräte sogar mehr<br />

als die günstigsten Fachhandelsangebote,<br />

bieten dafür aber hohe Leistung und opulente<br />

Ausstattung, inklusive Drei-Jahres-Garantie.<br />

Solche spektakulären Schnäppchen sorgen bei<br />

den Verbrauchern für hohe Aufmerks<strong>am</strong>keit.<br />

Das kommt auch dem Food-Segment zugute.<br />

So müssen die <strong>Discounter</strong> bis in die 90er Jahre


hinein kaum Geld für Werbung ausgeben. Vor<br />

allem aber bringt der Verzicht auf komfortable<br />

Ausstattung und Verschönerung der Läden<br />

immense Kostenvorteile gegenüber den<br />

Vollsortimentern. Sie können es sich leisten,<br />

weil die Verbraucher ihnen vieles durchgehen<br />

lassen, was sie ihrem „normalen” Lebensmittelhändler<br />

nie verzeihen würden. Kein Rewe,<br />

Edeka oder Tengelmann könnte sich eine so<br />

spartanische, ja, triste Einkaufsatmosphäre<br />

erlauben. Die Kunden würden in Scharen<br />

davonlaufen.<br />

Die <strong>Discounter</strong>, allen voran Aldi und Lidl, sind<br />

in hohem Maße standardisiert. Das gilt für<br />

die Sortimente, für die Platzierung, aber auch<br />

für die innere Organisationsstruktur. Egal in<br />

welche Filiale der Aldi-Kunde geht, er findet<br />

seine Standardprodukte stets zuverlässig vor;<br />

sie stehen überall <strong>am</strong> gleichen Platz und kosten<br />

immer dasselbe – und fast immer weniger<br />

als in den klassischen Geschäften des Lebensmitteleinzelhandels,<br />

jedenfalls soweit es die<br />

Regalpreise anbelangt. Auch die Produktqualität<br />

ist durchweg hoch. Fast regelmäßig tauchen<br />

<strong>Discounter</strong>produkte im oberen Segment<br />

einschlägiger Produkttests auf. Lieferanten,<br />

die nicht ebenfalls zuverlässig hohe Qualität<br />

liefern, droht die Auslistung.Die Verbraucher<br />

honorieren dies alles mit hoher Kundentreue.<br />

Immer wieder haben die <strong>Discounter</strong> ihr Preisniveau<br />

leicht erhöht, und zwar in der Regel<br />

dann, wenn es Wirtschaft und Verbrauchern<br />

gut geht. In schwierigeren Zeiten punkten sie<br />

dagegen mit konstant niedrigen Preisen und<br />

gewinnen dadurch laufend neue Kunden<br />

hinzu. So wachsen sie in guten wie in schlechten<br />

Zeiten. Und Aldi erweist sich immer wieder<br />

als Meister in diesem Metier, wie die ausgebuffte<br />

Strategie rund um die Euro-Bargeldeinführung<br />

zeigt. Aldi hatte die Vollsortimenter,<br />

aber auch die Konkurrenten in der eigenen<br />

Vertriebsschiene, d<strong>am</strong>als mit einer massiven<br />

Anzeigenk<strong>am</strong>pagne ausgekontert, in der man<br />

versprach, man werde keinen einzigen Artikel<br />

teurer verkaufen als vor der Euro-Einführung.<br />

„Klassische” Erfolgsfaktoren<br />

der <strong>Discounter</strong><br />

u Sortiment<br />

¡ Kleiner und überschaubarer<br />

Produktumfang im Standardsortiment;<br />

zunächst ca. 250 Artikel,<br />

heute 800 - 1.000<br />

¡ 2.000 - 2.500 Aktionsartikel pro Jahr;<br />

zeitlich begrenztes Angebot<br />

¡ Rund 100 Food-Saisonartikel<br />

pro Jahr (z.B. Apfelwein)<br />

Æ Ermöglicht niedrige Preise<br />

u Produktqualität<br />

¡ Hohe Qualitätsstandards<br />

¡ Gute Rankings bei Verbraucherorganisationen,<br />

beispielsweise<br />

Stiftung Warentest<br />

Æ Steigendes Verbrauchervertrauen<br />

u Verbraucherwahrnehmung<br />

¡ Geringe Komplexität für den<br />

Verbraucher<br />

¡ Hohe Kontinuität, vor allem<br />

bei Muss- bzw. Grundprodukten<br />

¡ Überall gleiche Artikel mit gleicher<br />

Platzierung zum gleichen Preis<br />

Æ Hohe Kundentreue durch Konstanz<br />

u Organisation<br />

¡ Hohe Standardisierung der Filialen<br />

in Ladenlayout und Warenangebot<br />

¡ Sehr schlanke und dezentrale<br />

Organisation<br />

¡ Ständige Optimierung selbst<br />

kleinster Details (z.B. Abläufe,<br />

Kundenlaufwege)<br />

Æ Ermöglicht effizientes Wachstum<br />

7


8<br />

<strong>Discounter</strong> – eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />

Aldi mit den meisten Filialen<br />

– aber die Konkurrenten holen auf<br />

Bereits bei der Teilung des bis dahin gemeins<strong>am</strong><br />

betriebenen Geschäfts im Jahr 1961,<br />

verfügten Karl und Theo Albrecht jeder über<br />

rund 150 Einzelhandelsfilialen. D<strong>am</strong>als, im Jahr<br />

des Mauerbaus, nahmen auch die Aldi-Brüder<br />

eine territoriale Teilung vor, die jedem einen<br />

etwa gleich großen Teil der Bundesrepublik zuwies.<br />

Niemand konnte zu dieser Zeit absehen,<br />

dass knapp 30 Jahre später einem von ihnen,<br />

nämlich Aldi-Nord, die ehemalige DDR zufallen<br />

würde: ein Gebiet mit rund 17 Mio. zusätzlichen<br />

Verbrauchern.<br />

Aldi-Nord hat seit dem Mauerfall die höhere<br />

Anzahl an Filialen unter den beiden Aldi-Unternehmen,<br />

die hier in der Folge aber immer<br />

zus<strong>am</strong>men betrachtet werden. Zwar werden<br />

die Unternehmen rechtlich, organisatorisch<br />

und betriebswirtschaftlich völlig selbständig<br />

geführt, aber nach wie vor gibt es eine<br />

Reihe gemeins<strong>am</strong>er Projekte, vor allem beim<br />

Einkauf.<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Filialen<br />

VÄ zum Vorjahr in %<br />

Aldi<br />

Lidl<br />

Plus<br />

Penny<br />

Netto<br />

Norma<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Anzahl Filialen VÄ Vorjahr<br />

1.200<br />

1.200<br />

2.900<br />

2.900<br />

2.000<br />

4.200<br />

±0%<br />

+3,6%<br />

+3,6%<br />

±0%<br />

+9,1%<br />

±0%<br />

Mit seinen 4.200 Filialen stößt Aldi inzwischen<br />

aber an Grenzen. Was dies bedeutet, wird<br />

im folgenden Kapitel beleuchtet. Hier nur<br />

soviel: Das Filialnetz ist, vor allem in Westdeutschland,<br />

so dicht, dass es unwirtschaftlich<br />

wäre, weitere Filialen hineinzuweben.<br />

In Ostdeutschland ist die Geschäftsdichte<br />

von Aldi dünner, aber hier ist teils auch die<br />

Bevölkerungsdichte gering. Aldi hält sich also<br />

verständlicherweise mit weiteren Geschäftseröffnungen<br />

zurück.<br />

Anders Lidl, Plus und Netto. Die Verfolger<br />

haben im vergangenen Jahr zahlreiche neue<br />

Filialen eröffnet. Vor allem Netto hat prozentual<br />

gesehen kräftig zugelegt; der zur Edeka-<br />

Gruppe gehörende <strong>Discounter</strong> gehört mit<br />

jetzt 1.200 Filialen allerdings zu den kleineren<br />

Akteuren. Kaum anzunehmen ist, dass die<br />

derzeit noch 2.900 Plus-Filialen nach der noch<br />

nicht genehmigten Fusion mit Netto alle<br />

erhalten bleiben. Bleibt als hartnäckigster Aldi-<br />

Verfolger noch Lidl (2.900 Filialen), für den das<br />

Aufschließen zu Aldi höhere Priorität zu haben<br />

scheint als die Profitabilität einzelner Filialen.<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Umsatz<br />

VÄ zum Vorjahr in %<br />

Aldi<br />

Lidl<br />

Plus<br />

Penny<br />

Netto<br />

Norma<br />

Umsatz [Mrd. �] 1 VÄ Vorjahr 2<br />

3,7<br />

3,1<br />

6,7<br />

6,2<br />

1 FMCG inkl. Nonfood, 2 nur FMCG<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

13,3<br />

27,0<br />

-1,5%<br />

+9,9%<br />

±0%<br />

+1,6%<br />

+15,6%<br />

+3,3%


Aldi beim Umsatz weit voraus<br />

– aber Dämpfer im Jahr 2007<br />

Was den Umsatz betrifft, ist Aldi der Konkurrenz<br />

nach wie vor weit voraus. Aldi allein<br />

steuert in <strong>Deutschland</strong> 27 Mrd. Euro bzw. rund<br />

45 Prozent zum Ges<strong>am</strong>tumsatz der <strong>Discounter</strong><br />

bei. Der nächstplatzierte im Umsatzranking der<br />

<strong>Discounter</strong>, Lidl, kommt gerade einmal auf die<br />

Hälfte des Aldi-Umsatzes. Doch die Schwaben<br />

haben in den letzten beiden Jahren mächtig<br />

aufgeholt, und zwar einerseits aus eigener<br />

Kraft, andererseits aber auch, weil Aldi im ges<strong>am</strong>ten<br />

Jahr 2007 erkennbar schwächelte.<br />

Zwar ist Aldi weiterhin unangefochtener<br />

Marktführer, doch büßte das Unternehmen im<br />

Vergleich zu 2006 anderthalb Prozent seines<br />

Umsatzes ein. Schlechter ist nur die Bilanz von<br />

Plus; der Umsatz des <strong>Discounter</strong>s stagnierte,<br />

obwohl rund 100 Filialen neu hinzuk<strong>am</strong>en.<br />

Penny dagegen wuchs bei gleicher Filialzahl<br />

um 1,6 Prozent. Die Umsätze von Netto stiegen<br />

gegenüber dem Vorjahr gar um ein Siebtel,<br />

doch lag der Grund dafür vor allem in dem<br />

ebenfalls überproportionalen Filialwachstum.<br />

Der eigentliche Sieger des vergangenen<br />

Jahres heißt deshalb Lidl. Die Schwaben haben<br />

zahlreiche neue Filialen eröffnet bzw. vorhandene<br />

Geschäfte erweitert und sich dadurch<br />

Umsatz „erkauft“. Aber das beeindruckende<br />

Wertwachstum von rund zehn Prozent ist auch<br />

ein Resultat des im Vergleich zu Aldi ausgewogeneren<br />

Sortimentsmixes.<br />

So hat Lidl 2007 fast ein Viertel seines Umsatzes<br />

mit Herstellermarken verdient, Aldi dagegen<br />

gerade einmal knapp zwölf Prozent. Das<br />

Markensegment hat zudem fast doppelt so<br />

stark zum Wachstum von Lidl beigetragen<br />

(+22,6%) wie die Ges<strong>am</strong>theit des Angebots<br />

(+10,2%) dieses <strong>Discounter</strong>s. Während Lidl bei<br />

allen Sortimentsbestandteilen wuchs, konnte<br />

Aldi nur bei der Frische und mit seinen Mehrwert-Handelsmarken<br />

zulegen. Besonders bitter:<br />

In seinem Kernsegment, den Preiseinstiegs-<br />

Profil über Marke und Premium<br />

Käuferreichweiten in %<br />

16%<br />

exklusiv bei Aldi<br />

Umsatzanteile an FMCG Ges<strong>am</strong>t 2007 in %<br />

ALDI VÄ Wert 2007 : 2006 in % LIDL<br />

11,5<br />

9,7<br />

63,4<br />

15,4<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

- 2,2<br />

+ 2,3<br />

- 3,5<br />

+ 7,0<br />

+ 22,6<br />

+ 8,4<br />

+ 4,7<br />

+ 12,0<br />

FMCG ges<strong>am</strong>t - 1,3<br />

+ 10,2 FMCG ges<strong>am</strong>t<br />

Herstellermarke<br />

93%<br />

Käuferreichweite von<br />

Aldi und Lidl gemeins<strong>am</strong><br />

darunter…<br />

Preiseinstiegs-Handelsmarken<br />

70%<br />

bei Aldi und Lidl<br />

Handelsmarken (Anteil ca. 64%), büßte Aldi<br />

gegenüber dem Vorjahr 3,5 Prozent Umsatz ein.<br />

Das Markenangebot führt Lidl offenbar eine<br />

finanzstärkere Klientel zu als dem Konkurrenten<br />

Aldi. Dieser leidet überproportional<br />

unter den von ihm selbst forcierten Preiserhöhungen<br />

für Lebensmittel, weil seine Klientel<br />

sich stärker einschränken muss als die der anderen<br />

<strong>Discounter</strong>. Aus den Käuferreichweiten der<br />

beiden <strong>Discounter</strong> ergibt sich für Lidl zudem<br />

die bessere Ausgangsposition für die Zukunft,<br />

denn das „Exklusiv“-Segment von Lidl ist vom<br />

Profil her weitgehend identisch mit den<br />

Markenkäufern des schwäbischen <strong>Discounter</strong>s.<br />

exklusiv bei Lidl<br />

23,8<br />

12,2<br />

47,1<br />

16,9<br />

Mehrwert-Handelsmarken<br />

Frische (Obst, Gemüse, Kartoffeln,<br />

Fleisch, Geflügel)<br />

7%<br />

9


10<br />

<strong>Discounter</strong> – eine deutsche Erfolgsgeschichte<br />

Très bon – Aldi mit der höchsten<br />

Bonsumme bei Food & Nonfood<br />

Trotz dieser Schwierigkeiten, hat Aldi auch<br />

2007 wieder mehr aus seinen einzelnen<br />

Kunden herausgeholt als die anderen <strong>Discounter</strong>.<br />

Auf den Aldi-Kassenbons steht im Durchschnitt<br />

die Summe von 22 Euro, das sind zwei<br />

Euro mehr als auf einem Lidl-Bon und sogar<br />

vier Euro mehr als im Durchschnitt aller<br />

<strong>Discounter</strong> (einschl. Aldi selbst). Der Unterschied<br />

zu Plus und Penny beträgt etwas mehr<br />

als 30 Prozent. Anders gesagt. Aldi-Kunden<br />

lassen bei jedem Einkauf ein Drittel mehr Geld<br />

im Laden als Plus- oder Penny-Kunden.<br />

Auch beim Aktionsgeschäft mit Nonfood<br />

ist Aldi erfolgreicher als die Wettbewerber<br />

innerhalb der Vertriebsschiene. Im Durchschnitt<br />

geben Aldi-Kunden für Nonfood pro<br />

Einkauf 4,60 Euro aus, Lidl-Kunden 1,20 Euro<br />

weniger (- 35%). Die anderen <strong>Discounter</strong><br />

liegen hier etwa auf gleicher Höhe; ihr<br />

Abstand gegenüber Aldi ist mit rund 45<br />

Prozent aber immens.<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: ø-Bon Ges<strong>am</strong>t<br />

Ges<strong>am</strong>teinkäufe bei <strong>Discounter</strong>n 1<br />

Aldi<br />

Lidl<br />

Netto<br />

Norma<br />

Plus<br />

Penny<br />

1 Bonbeträge<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Bonsumme [�] ø 18 �<br />

15<br />

15<br />

16<br />

16<br />

22<br />

20<br />

Sicher gibt es eine ganze Reihe von Gründen<br />

für den höheren allgemeinen Durchschnittsbon<br />

bei Aldi. Ein Grund ist der relativ hohe Nonfood-Anteil<br />

an den Ges<strong>am</strong>teinkäufen, ein<br />

anderer die unterschiedliche Lage der Geschäfte.<br />

So wird Aldi mehr als andere <strong>Discounter</strong><br />

mit dem Auto angefahren, was es den<br />

Kunden ermöglicht, größere Mengen einzukaufen<br />

und bequem nach Hause zu bringen.<br />

Laut <strong>GfK</strong> gaben die Haushalte, die im ver-<br />

gangenen Jahr mit dem Pkw zu Aldi fuhren,<br />

gut 15 Prozent ihrer Ges<strong>am</strong>tausgaben für<br />

FMCG bei Aldi aus, die unmotorisierten<br />

Kunden dagegen nur 12 Prozent. Auch bei Lidl<br />

und Netto waren motorisierte Kunden<br />

überproportional vertreten, während bei<br />

anderen <strong>Discounter</strong>n relativ mehr Umsatz auf<br />

Kunden ohne Pkw entfiel. Penny und Plus<br />

findet man eben häufiger im Stadtzentrum,<br />

Aldi und Lidl dagegen öfter in Randlagen<br />

oder gleich auf der grünen Wiese.<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: ø-Bon Nonfood<br />

Nonfoodeinkäufe bei <strong>Discounter</strong>n 1<br />

Bonsumme Nonfood [�]<br />

4,6<br />

3,4<br />

-1,20 � = 35%<br />

2,6 2,6 2,5 2,5<br />

1 Differenz Bonbeträge ges<strong>am</strong>t vs. Bonbeträge FMCG<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan


Wir sind Aldi<br />

– Erfolgsformat Discount<br />

Das unten stehende Chart zeigt, wie rasant sich<br />

die <strong>Discounter</strong> in den letzten Jahren entwickelt<br />

haben. Die Euro-Bargeldeinführung im Januar<br />

2002 hat ihnen einen zusätzlichen Schub<br />

versetzt. Allein in diesem Jahr nahmen sie den<br />

übrigen LEH-Vertriebskanälen (inkl. Drogeriemärkte)<br />

mehr als drei Prozentpunkte ihres<br />

Marktanteils ab. Dies ging vor allem zu Lasten<br />

der kleinen und mittleren Supermärkte.<br />

Zur Jahrtausendwende k<strong>am</strong>en die Vollsorti-<br />

menter (Super- und Verbrauchermärkte) noch<br />

auf einen Marktanteil von über 60 Prozent <strong>am</strong><br />

LEH, heute sind es gerade noch 48 Prozent. Der<br />

Wertanteil der <strong>Discounter</strong> stieg parallel dazu<br />

von 32 Prozent im Jahr 2002 auf 43 Prozent im<br />

Jahr 2007, ein Plus von elf Prozentpunkten.<br />

Derzeit trennen die <strong>Discounter</strong> nur noch fünf<br />

Prozentpunkte von den Vollsortimentern, und<br />

wenn die Entwicklung so weitergeht, würde die<br />

Billigschiene bald an den Wettbewerbern<br />

vorbeiziehen.<br />

Doch wird es zwangsläufig dahin kommen?<br />

Gibt es vielleicht Anzeichen dafür, dass auch<br />

die <strong>Discounter</strong> das Gewicht der Größe zu<br />

spüren bekommen und langs<strong>am</strong> träger werden?<br />

Wo lauern Wachstumshindernisse und<br />

wie sind sie zu bewerten? – Diesen Fragen wird<br />

im Folgenden nachgegangen.<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Steigender Umsatzanteil im Ges<strong>am</strong>tmarkt<br />

Wertmäßige Marktanteile der einzelnen LEH-Vertriebsschienen in %<br />

Ges<strong>am</strong>t [Mrd. �]<br />

[% von Ges<strong>am</strong>t] 1<br />

<strong>Discounter</strong><br />

Supermärkte<br />

(bis 1.499 m 2 )<br />

Verbrauchermärkte<br />

(ab 1.500 m 2 )<br />

Drogeriemärkte<br />

129,2 133,5 134,7 136,7 136,6 136,6 140,2 142,7<br />

32,1<br />

35,8 34,3<br />

33,7 36,8 38,4 39,7 40,9 42,5 43,2<br />

31,8 30,1 28,7 26,3 24,6 24,3<br />

24,6 24,3 23,6 23,6 23,6 24,6 24,4 24,0<br />

7,5 7,7 7,8 7,9 8,0 8,2 8,5 8,5<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2<br />

1 nach Handelspanelsystematik, Daten Food + Nonfood für <strong>Discounter</strong>, Supermärkte, Verbrauchermärkte (inkl. SB-Warenhäuser), Drogeriemärkte.<br />

Nicht enthalten sind: Fachhandel, Kauf- und Warenhäuser. 2 Kalkulation auf Basis <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Bonsumme FMCG<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

11


12<br />

<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> – Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />

<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> –<br />

Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />

Trotz einer lebhaften<br />

Konjunktur in den<br />

letzten beiden Jahren,<br />

hat sich das Konsumklima<br />

in <strong>Deutschland</strong><br />

kaum verbessert. Im Gegenteil: Höhere Belastungen,<br />

zum Beispiel für die Gesundheit und<br />

die Rente, für Energie und Dienstleistungen,<br />

haben nicht nur die „gefühlte Inflation“ angeheizt<br />

und den finanziellen Spielraum der Haushalte<br />

zunehmend eingeschränkt. Viele kaufen<br />

heute fast ausschließlich bei den <strong>Discounter</strong>n<br />

ein – nicht, weil sie dies unbedingt wollen, sondern<br />

weil sie gar nicht anders können.<br />

Gerade deshalb stehen die <strong>Discounter</strong> aber<br />

heute an einem <strong>Scheideweg</strong>: Ihr Kundenpotenzial<br />

ist nahezu ausgeschöpft und im einst<br />

lukrativen Nonfood-Bereich ist das Angebot,<br />

nicht zuletzt durch Wettbewerber wie Tchibo<br />

und die Fülle von Online-Anbietern, inflationär<br />

gewachsen. Dies alles zeigt: Die Hindernisse<br />

auf dem Wachstumspfad der <strong>Discounter</strong><br />

werden höher.<br />

Zu Beginn dieses Jahrzehnts hat die schleppende<br />

Konjunktur in <strong>Deutschland</strong> den <strong>Discounter</strong>n<br />

geholfen, ihre Marktposition auszubauen. Bei<br />

Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts von<br />

1,2 Prozent (2001) bis minus 0,2 Prozent (2003)<br />

wollte keine rechte Konsumstimmung bei den<br />

Verbrauchern aufkommen. Folglich schrumpften<br />

auch die Wachstumsraten des Lebensmitteleinzelhandels<br />

zus<strong>am</strong>men; zwischen 2003 und 2005<br />

gab es für den LEH überhaupt kein Wachstum.<br />

Dies gilt freilich nicht für alle Vertriebsschienen.<br />

Anders als die Vollsortimenter, die von 2000 bis<br />

heute rund 12 Prozentpunkte ihres wertmäßigen<br />

Marktanteils einbüßten, bauten die <strong>Discounter</strong><br />

ihren Anteil um ca. elf Prozentpunkte aus.<br />

Dennoch ist das Wachstum der <strong>Discounter</strong> in<br />

den letzten Jahren flacher geworden. Die<br />

Gründe dafür liegen auf der Nachfrage- wie<br />

auf der Angebotsseite. Es sind Trends und<br />

Entwicklungen, die sich in den kommenden<br />

Jahren als Wachstumshindernisse erweisen<br />

können, wenngleich nicht müssen.<br />

Perspektive 2020: Hindernisse auf dem <strong>Discounter</strong>-Wachstumspfad<br />

Mögliche Wachstumshindernisse auf Angebots- und Nachfrageseite<br />

Hindernisse auf der Nachfrageseite<br />

Eingeschränktes Nachfragepotenzial<br />

u Spürbar verlangs<strong>am</strong>tes Marktanteilswachstum<br />

im Lebensmittelbereich, dem Kerngeschäft der<br />

<strong>Discounter</strong><br />

u Rückläufige Marktentwicklung bei Nonfood-<br />

Aktionsartikeln seit 2005<br />

u<br />

Aldi 2007 erstmals mit Umsatzrückgang<br />

Veränderte Verbrauchereinstellungen<br />

u Rückläufige Preisorientierung – wachsende<br />

Qualitätsorientierung: Der Preis bleibt wichtig,<br />

tritt jedoch, vor allem bei den finanziell gut<br />

situierten Verbrauchersegmenten, weiter<br />

in den Hintergrund<br />

Quelle: gemäß <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Hohe Marktdurchdringung<br />

u Filialwachstum verlangs<strong>am</strong>t sich. Attraktive<br />

Standorte immer schwieriger zu finden<br />

u<br />

u<br />

Hohe Filialdichte erreicht. Rückläufige<br />

Flächenproduktivität pro Filiale<br />

Hohe Bedarfsdeckung: 98% aller deutschen<br />

Haushalte kaufen bei <strong>Discounter</strong>n ein<br />

Verwässerung des Discountmodells<br />

u Die <strong>Discounter</strong> haben durch Erweiterung ihres<br />

Standardsortiments (z.B. Frische) und die<br />

Aufnahme von Aktionsartikeln ein immer<br />

breiteres Angebot aufgebaut<br />

u<br />

Die <strong>Discounter</strong> waren im Jahr 2007 erstmals<br />

Speerspitze bei Preiserhöhungen<br />

Hindernisse auf der Angebotsseite


Food & Getränke – erste<br />

Anzeichen von Sättigung<br />

Trotz der für die Billiganbieter günstigen wirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen hat sich das<br />

Marktanteilswachstum (Wert) der <strong>Discounter</strong><br />

in ihrem Kernbereich, bei Nahrungsmitteln,<br />

Getränken und Drogeriewaren, in den letzten<br />

Jahren spürbar verlangs<strong>am</strong>t. Im Jahr der Euro-<br />

Bargeldeinführung betrug es hohe 3,5 Prozent;<br />

d<strong>am</strong>als düpierten die <strong>Discounter</strong> den übrigen<br />

LEH mit einer für sie beispiellosen Kommunikationsoffensive,<br />

in der sie versprachen: Bei uns<br />

wird kein einziger Artikel teurer.<br />

Das galt freilich nur für das Jahr der Wäh-<br />

rungsumstellung. In den Folgejahren sind die<br />

Durchschnittspreise bei den <strong>Discounter</strong>n ebenso<br />

gestiegen wie in anderen Vertriebsschienen,<br />

teils infolge von Sortimentsumstellungen (höherwertige<br />

Artikel), teils durch „echte” Preiserhöhungen.<br />

Parallel unternahmen die Vollsortimenter<br />

enorme Anstrengungen, das durch die<br />

(T)euro-Diskussion r<strong>am</strong>ponierte Image durch<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Gebremstes Wachstum bei FMCG<br />

Marktanteilsentwicklung FMCG 1 (ohne Nonfood)<br />

[% von Ges<strong>am</strong>t]<br />

27,6<br />

10,6<br />

5,6<br />

11,4<br />

+ 3,5<br />

31,1<br />

11,0<br />

6,6<br />

13,5<br />

+ 2,0<br />

33,1<br />

11,1<br />

Preisaktionen wieder zu verbessern – mit Erfolg.<br />

Zahlreiche Kunden, die zuvor zu den <strong>Discounter</strong>n<br />

abgewandert waren, kehrten zurück.<br />

Zwar wachsen die Food-Umsätze der <strong>Discounter</strong><br />

nach wie vor stärker als die der anderen Vertriebskanäle,<br />

aber eben nicht mehr so stark wie<br />

Anfang des Jahrzehnts. Dadurch gehen auch die<br />

wertmäßigen Marktanteilszugewinne in diesem<br />

Kernbereich zurück; im vergangenen Jahr lag<br />

das Wachstum bei weniger als einem Prozent.<br />

Die starke Expansion von Lidl hat zudem den<br />

Wettbewerb innerhalb der <strong>Discounter</strong>schiene<br />

verstärkt. Das bringt inzwischen selbst<br />

den Marktführer in Not. Aldi konnte seinen<br />

Marktanteil bei Food in den letzten Jahren<br />

nur marginal steigern und verlor 2007 erstmals<br />

Marktanteile an Lidl und die restlichen <strong>Discounter</strong>.<br />

Lidl dagegen wächst weiter nachhaltig,<br />

zunehmend zwar auf Kosten der anderen<br />

<strong>Discounter</strong>, aber wegen seines erfolgreichen<br />

Sortiments an (preislich) attraktiven Herstellermarken<br />

auch zu Lasten der Vollsortimenter.<br />

+ 0,7<br />

33,8<br />

11,8<br />

12,1<br />

7,6 7,5 8,5<br />

Restliche LEH <strong>Discounter</strong> VÄ vs. Vorjahr in %-Punkten<br />

35,4<br />

14,4 14,4 14,8 15,2 14,8<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

1 FMCG-Daten ohne Nonfood nach <strong>GfK</strong> ConsumerScan. Enthalten sind <strong>Discounter</strong>, Supermärkte, Verbrauchermärkte, Drogeriemärkte, Fachhandel,<br />

SB-Warenhäuser, Kauf- und Warenhäuser. FMCG = Lebensmittel, Getränke und Drogeriewaren<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

+ 1,6<br />

+ 1,0<br />

36,4<br />

12,0<br />

9,2<br />

+ 0,8<br />

37,2<br />

12,4<br />

10,0<br />

13


14<br />

<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> – Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />

Nonfood – schwierige<br />

Marktbedingungen<br />

Mit dem Verkauf von Fernsehern, Computern,<br />

Gartengeräten und Haushaltswaren haben die<br />

<strong>Discounter</strong> in den letzten beiden Jahrzehnten<br />

gut verdient. Nonfood-Artikel waren sogar<br />

lange der entscheidende Wachstumsmotor für<br />

die Billiganbieter. Nonfood steuert noch heute<br />

rund 20 Prozent zum Ges<strong>am</strong>tumsatz von Aldi<br />

bei, doch das Geschäft mit der Aktionsware<br />

läuft nicht mehr so rund wie früher. Für Lidl ist<br />

das Segment nur scheinbar von geringerer Bedeutung.<br />

Der <strong>Discounter</strong> hat erst in den letzten<br />

Jahren Nonfood ins Sortiment genommen und<br />

sieht sich bereits nach kurzer Zeit mit enorm<br />

schwierigen Marktbedingungen konfrontiert.<br />

Die Inflation des Nonfood-Aktionsgeschäfts<br />

– nicht nur bei den <strong>Discounter</strong>n, sondern auch<br />

bei den Versendern wie zum Beispiel Tchibo<br />

– hat dazu geführt, dass die Ausstattung der<br />

Haushalte inzwischen so gut wie komplett ist<br />

und die Nachfrage nicht nur stagniert, sondern<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Rückläufige Marktbedeutung bei Nonfood<br />

Marktanteilsentwicklung Nonfood 1 LEH <strong>Discounter</strong><br />

[in % von Ges<strong>am</strong>t]<br />

2,7<br />

0,9<br />

1,8<br />

3,4<br />

1,1<br />

2,3<br />

3,5<br />

1,1<br />

2,4<br />

1 Elektro, Textil, Hartwaren, sonstige Aktionsware<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScope<br />

4,4<br />

1,3<br />

4,7<br />

0,8<br />

0,9<br />

teilweise zurückgeht. Für die <strong>Discounter</strong> wird<br />

es folglich immer schwerer, die „richtigen”<br />

Aktionsartikel zu finden, und immer öfter<br />

bleiben die Produkte im Laden liegen. Hinzu<br />

kommen hausgemachte Qualitätsprobleme.<br />

Die hohe Nachfrage der <strong>Discounter</strong> nach<br />

Aktionsware hat die Hersteller so sehr unter<br />

Druck gesetzt, dass zuletzt vermehrt Produktionsfehler<br />

auftraten. Das hat dem Image der<br />

<strong>Discounter</strong> geschadet, die zwar billig, aber<br />

nicht schlecht sein wollen.<br />

In Zahlen ausgedrückt: Der Anteil der Dis-<br />

counter <strong>am</strong> ges<strong>am</strong>ten Nonfood-Handel ist seit<br />

2005 um einen halben Prozentpunkt zurückgegangen;<br />

das entspricht einem Wertverlust<br />

von immerhin knapp 800 Mio. Euro. Auch die<br />

Erweiterung des Nonfood-Sortiments, der Verkauf<br />

von Mobiltelefonen und Telefonverträgen<br />

sowie Reisen, hat den Trend nicht drehen<br />

können. Nonfood ist als Wachstumssegment<br />

der <strong>Discounter</strong> offenbar ausgereizt.<br />

Restliche LEH <strong>Discounter</strong> VÄ vs. Vorjahr<br />

1,0<br />

0,7 0.8 0.8<br />

3,1 3,2 3,2 3,2 3,0<br />

1998 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

4,9<br />

5,0<br />

4,6<br />

0,9<br />

0,7<br />

4,6<br />

1,0<br />

0.7<br />

2,9


Geiz ist nicht mehr geil –<br />

Verbraucher suchen Qualität<br />

Geiz ist (nicht mehr) geil. Die Verbraucher, die<br />

sich lange von dem griffigen Slogan haben<br />

anstecken lassen, merken mehr und mehr, dass<br />

der Preis nicht das einzige Kriterium für einen<br />

geglückten Kauf darstellt, sondern ein Produkt<br />

auch etwas leisten, gut schmecken, lange<br />

halten – kurz: etwas taugen muss. Inzwischen<br />

ist sogar der Urheber von seinem Slogan abgerückt<br />

und versucht, seine Klientel mit etwas<br />

höherwertigen Argumenten zu locken.<br />

Reiz ist geil! – So könnte der neue Slogan lau-<br />

ten, auf den immer mehr Verbraucher fliegen.<br />

Obwohl immer noch eine größere Zahl von<br />

Konsumenten beim Einkauf eher auf den Preis<br />

achtet als auf die Qualität, gewinnt die Qualitätsorientierung<br />

wieder an Bedeutung.<br />

Der Vorrang für Qualität ist natürlich umso<br />

stärker, je besser die finanziellen Möglichkeiten<br />

der Verbraucher sind. In der Gruppe der<br />

gut situierten Haushalte (27% von Ges<strong>am</strong>t)<br />

gilt für 58 Prozent der Primat der Qualität; in<br />

der Gruppe der Haushalte, die sich fast nichts<br />

leisten können (25%) jedoch ist für drei Viertel<br />

der Preis das alles entscheidende Kriterium.<br />

Dies sind in erster Linie die St<strong>am</strong>mkunden der<br />

<strong>Discounter</strong>.<br />

Auf Markenebene sind die Unterschiede noch<br />

deutlicher. Unter den Käufern von Premiummarken,<br />

das sind knapp 20 Prozent der Verbraucher,<br />

liegt die Qualitätsorientierung bei<br />

75 Prozent. Im Gegensatz dazu achten mehr<br />

als 75% der Handelsmarkenkäufer (39% aller<br />

Verbraucher) primär auf den Preis. Während<br />

Premium-Käufer drei Viertel ihres Bedarfs in<br />

den Geschäften der Vollsortimenter decken,<br />

vornehmlich in Super- und Verbrauchermärkten,<br />

erwerben Handelsmarkenkäufer fast 60<br />

Prozent aller Güter des täglichen Bedarfs bei<br />

den <strong>Discounter</strong>n. Eine Verfestigung dieses<br />

Kaufverhaltens kann den <strong>Discounter</strong>n nicht<br />

gleichgültig sein.<br />

Rückkehr zur Qualität<br />

Veränderung der Verbrauchereinstellungen<br />

44<br />

56<br />

Qualitätsorientierung:<br />

„Ich achte beim Einkaufen<br />

vor allem auf Qualität“<br />

Preisorientierung:<br />

„Ich achte beim Einkaufen<br />

vor allem auf den Preis“<br />

[in % von Ges<strong>am</strong>t]<br />

41<br />

59<br />

44<br />

56<br />

In den letzten Jahren war es ihnen gelungen,<br />

vermehrt auch die finanziell besser ausgestatteten<br />

Haushalte in ihre Filialen zu locken,<br />

nicht zuletzt dank des höherwertigen Sortiments<br />

der <strong>Discounter</strong>. Daneben spielt auch<br />

bei diesen Haushalten Spars<strong>am</strong>keit eine<br />

gewisse Rolle. Nicht zu vergessen die psychologische<br />

Komponente: Wenn alle Geiz geil<br />

finden, dann kann man sich dem nicht völlig<br />

entziehen.<br />

Seit der Reiz den Geiz wieder zurückdrängt,<br />

verschieben sich vor allem die Einkaufskriterien<br />

dieser besser gestellten Haushalte. Sie<br />

könnten dem Discount auf längere Sicht wieder<br />

verloren gehen. Für die Vollsortimenter<br />

ist es jedenfalls eine lohnende Aufgabe, sich<br />

stärker um diese zahlungskräftige Kundschaft<br />

zu kümmern.<br />

46<br />

54<br />

Durchschnitt<br />

aller Haushalte, davon…<br />

2001 2003 2005 2006* 2007*<br />

47<br />

53<br />

können sich fast<br />

nichts mehr leisten<br />

25%<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> Trendsensor Konsum; * 2006 und 2007 <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

24<br />

76<br />

kommen im Großen<br />

und Ganzen zurecht<br />

48%<br />

50<br />

50<br />

können sich<br />

fast alles leisten<br />

27%<br />

63<br />

37<br />

15


16<br />

<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> – Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />

Nichts geht mehr?<br />

– Grenzen des Wachstums<br />

Wachstum, Wachstum und nochmal Wachstum<br />

– so lautet das Credo einer globalisierten Weltwirtschaft.<br />

Wer nicht wächst, wird geschluckt,<br />

und wer den einverleibten Brocken nicht verdauen<br />

kann, ist als nächster dran.<br />

Das Schauspiel ist so neu nicht auf der Bühne.<br />

Seit den frühen 1970er Jahren herrscht im Handel<br />

mit Gütern des täglichen Bedarfs ein reges<br />

Schlucken und Verdrängen. Zuerst verzehrten<br />

die „gefräßigen” Supermärkte den heimeligen<br />

Laden von Tante Emma, aber schon bald wurden<br />

sie ihrerseits von den größeren Verbrauchermärkten<br />

aus dem Markt gedrängt. Jahr für<br />

Jahr schlossen rund zweieinhalbtausend dieser<br />

kleineren Läden die Tür für immer, oder sie<br />

k<strong>am</strong>en in andere Hände. Nicht selten hat auch<br />

das die Agonie nur verlängert.<br />

Die <strong>Discounter</strong> haben diese Marktbereinigung<br />

zwar nicht aktiv, aber allein schon durch ihr<br />

schieres Wachstum gefördert. 1970 gab es<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Filialwachstum<br />

Entwicklung Verkaufsstellen <strong>Discounter</strong><br />

2005 – 2007 [in Tsd.]<br />

14,8<br />

4,1<br />

+ 2%<br />

15,1<br />

4,2<br />

15,4<br />

4,2<br />

10,7 10,9 11,2<br />

2005 2006 2007<br />

Aldi Sonstige <strong>Discounter</strong><br />

Quelle: Trade Dimensions<br />

+ 2%<br />

knapp 2.000 Discountgeschäfte, ein rundes<br />

Drittel davon gehörte Aldi. Bis heute ist die Anzahl<br />

der <strong>Discounter</strong>filialen in <strong>Deutschland</strong> auf<br />

rund 16.400 gestiegen, der Aldi-Anteil daran<br />

allerdings auf gut ein Viertel gesunken. Die<br />

anderen <strong>Discounter</strong> haben – zumindest was die<br />

Zahl der Filialen betrifft – gegenüber Aldi also<br />

mächtig aufgeholt.<br />

Mit dieser stürmischen Ausbreitung rücken<br />

nun aber auch für die <strong>Discounter</strong> die Grenzen<br />

des Wachstums näher. Aldi hat in <strong>Deutschland</strong><br />

zwischen 1998 und 2007 im Schnitt rund hundert<br />

neue Filialen pro Jahr eröffnet, und das,<br />

obwohl das Unternehmen bereits d<strong>am</strong>als über<br />

gut 3.000 Filialen verfügte und nahezu flächendeckend<br />

präsent war. Doch seit 2006 hat<br />

sich die Zahl der Aldi-Verkaufsstellen nur noch<br />

marginal verändert. Das Outlet-Wachstum des<br />

Vertriebskanals Discount insges<strong>am</strong>t wird aktuell<br />

ausschließlich von den anderen <strong>Discounter</strong>n<br />

getragen und hier vor allem von Lidl, der sich<br />

trotz ebenfalls hoher Filialdichte immer noch<br />

kräftig ausbreitet. Das Filialwachstum insges<strong>am</strong>t<br />

stagniert dagegen bei zwei Prozent.<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Ø jährliches<br />

Outletwachstum<br />

2003 – 2007 [in %]<br />

Lidl<br />

Plus<br />

Netto<br />

Norma<br />

Penny<br />

Aldi<br />

-1,6<br />

Quelle: Trade Dimensions<br />

1,2<br />

1,5<br />

2,1<br />

3,9<br />

4,9


Während Lidl noch überall in <strong>Deutschland</strong><br />

neue, zusätzliche Geschäfte eröffnet, beschränkt<br />

sich Aldi auf den Austausch alter<br />

gegen neue, kleinerer gegen größere Filialen.<br />

Das liegt auch daran, dass zumal die großen<br />

<strong>Discounter</strong> kaum noch attraktive Flächen<br />

finden, die sich mit der gewohnt hohen<br />

Wirtschaftlichkeit betreiben lassen. Selbst die<br />

Vergrößerung bestehender Outlets bringt oft<br />

nicht mehr viel zusätzliche Kundschaft und<br />

kaum noch wachsende Umsätze.<br />

Die Flächenproduktivität ist bei nahezu allen<br />

<strong>Discounter</strong>n in den letzten vier Jahren gesunken.<br />

Bei Aldi-Nord ging sie in diesem Zeitraum<br />

um fast 15 Prozent zurück; Lidl erlöste 2007<br />

rund zehn Prozent weniger pro Quadratmeter<br />

Fläche als noch 2003. Lediglich Penny konnte<br />

den Umsatz pro Einheit steigern – durch das<br />

Schließen von Filialen!<br />

Fazit: Für die einst aggressiv expandierenden<br />

<strong>Discounter</strong> lohnt sich die Eröffnung neuer<br />

Filialen immer weniger.<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Flächenproduktivität<br />

Vergleich der Umsätze je m 2 in den Jahren 2003 und 2007<br />

[in � pro m 2 ] 2003 2007<br />

7.800<br />

6.650<br />

Quelle: Trade Dimensions<br />

4.102 4.050<br />

5.421<br />

4.880<br />

2.209<br />

<strong>Discounter</strong> als Nahversorger<br />

– Alle(s) erreicht?<br />

Die <strong>Discounter</strong> sind dort angekommen, wo sie<br />

immer hinwollten: 98 Prozent aller Haushalte<br />

in <strong>Deutschland</strong> kaufen mindestens einmal im<br />

Jahr bei einem <strong>Discounter</strong> ein. Die restlichen<br />

zwei Prozent können sie gut verschmerzen, zumal<br />

selbst das intensivste Werben diese harten<br />

Verweigerer nicht weich machen dürfte.<br />

Für die <strong>Discounter</strong>, vor allem aber für Aldi,<br />

könnte der Aufstieg deshalb bald zu Ende sein.<br />

Das Wachstum der Billiganbieter beruhte in<br />

der Vergangenheit nämlich nicht nur darauf,<br />

dass die Verbraucher zu ihnen k<strong>am</strong>en, sondern<br />

auch, dass sie selbst dahin gingen, wo die Verbraucher<br />

waren – jene Verbraucher, die sie bis<br />

dahin noch nicht erreichten.<br />

Heute ist es für jeden Haushalt in Deutsch-<br />

land nur noch ein Katzensprung zu einer<br />

<strong>Discounter</strong>filiale. Neun von zehn Haushalten<br />

erreichen innerhalb von nur zehn Minuten<br />

(mit dem Auto) mindestens einen <strong>Discounter</strong>,<br />

1.860<br />

2.265 2.125<br />

3.157 2.891 2.845 3.080<br />

17


18<br />

<strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> <strong>Scheideweg</strong> – Ist das Wachstum <strong>am</strong> Ende?<br />

Stichwort:<br />

Einkaufsstättenwechsel<br />

Nach Untersuchungen der<br />

<strong>GfK</strong> in ihrem Haushaltspa-<br />

nel ConsumerScan ändern<br />

jedes Jahr rund zehn Prozent<br />

aller Haushalte ihre bisherige<br />

Einkaufsstättenpräferenz für<br />

die <strong>Discounter</strong>. Das heißt: Ein<br />

Zehntel der sporadischen Dis-<br />

counterkäufer wird zu regel-<br />

mäßigen <strong>Discounter</strong>käufern,<br />

aber jeder zehnte bis dahin<br />

regelmäßige <strong>Discounter</strong>kunde<br />

kehrt Aldi & Co. als St<strong>am</strong>mkun-<br />

de den Rücken und kauft nur<br />

noch sporadisch im Discount<br />

ein. Für die Vollsortimenter<br />

heißt dies: Durch effizientere<br />

Kundenbindung der eigenen<br />

Klientel können diese Wande-<br />

rungsbilanz relativ einfach zu<br />

ihren Gunsten verändern.<br />

drei Viertel der Haushalte können in zehn<br />

Minuten drei verschiedene, ein Drittel sogar<br />

fünf verschiedene <strong>Discounter</strong> ansteuern. Im<br />

Durchschnitt erreicht jeder deutsche Haushalt<br />

3,5 verschiedene <strong>Discounter</strong> in höchstens zehn<br />

Minuten.<br />

Die flächendeckende Erreichbarkeit hilft<br />

vor allem den Haushalten, die aus wirtschaft-<br />

lichen Gründen einen relevanten Teil ihres<br />

Bedarfs an Fast Moving Consumer Goods bei<br />

den <strong>Discounter</strong>n einkaufen (müssen). Die<br />

Hälfte der Haushalte in <strong>Deutschland</strong> kauft<br />

regelmäßig bei den <strong>Discounter</strong>n ein. Diese<br />

Haushalte decken 65 Prozent ihres ges<strong>am</strong>ten<br />

Bedarfs an FMCG im Discount. Aber auch<br />

diejenigen Haushalte, die nur sporadisch bei<br />

den <strong>Discounter</strong>n einkaufen, erwerben dort<br />

immerhin ein Viertel ihres Bedarfs an Food,<br />

Getränken und Drogeriewaren.<br />

Für die Discountschiene ist das ein riesiger<br />

Erfolg. Sie haben sich innerhalb relativ kurzer<br />

Zeit von einem Nischenanbieter mit überschaubarem<br />

Sortiment zum Nahversorger entwickelt,<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Erreichbarkeit<br />

Erreichbarkeit mit dem Auto<br />

% der Haushalte, die innerhalb von 10 Minuten<br />

x verschiedene <strong>Discounter</strong> erreichen können<br />

ø 3,5 <strong>Discounter</strong> erreichbar für jeden HH in 10 Min.<br />

91,2<br />

83,9<br />

73,7<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

57,7<br />

32,8<br />

13,3<br />

1 2 3 4 5 mehr als 6<br />

der im Prinzip alle deutschen Haushalte erreicht<br />

und in der die Hälfte der Verbraucher<br />

heute das meiste von dem kauft, das sie zum<br />

Leben brauchen.<br />

Doch gerade darin liegt die Gefahr für die<br />

<strong>Discounter</strong>: Es gibt sowohl bei der Filialdichte<br />

als auch bei der Haushaltsausschöpfung kaum<br />

noch Spielraum. Die Erschließung komplett<br />

neuer Kundenschichten ist nicht mehr möglich;<br />

das Potenzial beschränkt sich im Prinzip auf<br />

jene 47 Prozent der Haushalte, die bislang nur<br />

einen vergleichsweise geringen Teil ihrer lebensnotwendigen<br />

Besorgungen beim <strong>Discounter</strong><br />

tätigen.<br />

Eine stärker auf diese Zielgruppe zugeschnitte-<br />

nes Angebot mit höherwertigen und teureren<br />

Produkten auf der einen Seite und mit Billigartikeln<br />

für die Kernklientel auf der anderen, ist<br />

unter einem Dach aber kaum zu machen. Die<br />

<strong>Discounter</strong> sind an einem Punkt angekommen,<br />

wo sie sich etwas Neues einfallen lassen müssen.<br />

Und dieses Neue muss mehr sein als nur<br />

oberflächliche Kosmetik.<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Bedarfsdeckung<br />

Einkaufsverhalten privater HH bei <strong>Discounter</strong>n<br />

[in % aller Haushalte]<br />

98 51<br />

HH die bei<br />

<strong>Discounter</strong>n<br />

kaufen<br />

Regelm.<br />

<strong>Discounter</strong>kauf<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

65%<br />

Bedarfsdeckung<br />

im Discount<br />

47<br />

Sporadischer<br />

<strong>Discounter</strong>kauf<br />

24%<br />

Bedarfsdeckung<br />

im Discount


Recht und billig –<br />

<strong>Discounter</strong> erhöhen Preise<br />

Hummer vom Feinkosthändler und Sch<strong>am</strong>pus<br />

von Aldi – so wird gerne der hybride Konsument<br />

beschrieben, ein gut betuchter Verbraucher,<br />

der Wert auf Qualität legt, aber zum<br />

fairen Preis. Aldi hat in den letzten Jahren<br />

zahlreiche Artikel für diese kaufkräftige Kundschaft<br />

ins Angebot aufgenommen und das Sortiment<br />

auch an anderer Stelle um so genannte<br />

Mehrwerthandelsmarken ergänzt.<br />

Dies hat die Kundenstruktur der <strong>Discounter</strong><br />

verändert. Sie erreichen mit ihrem FMCG-<br />

Angebot heute nicht mehr nur Verbraucher,<br />

die aufs Geld schauen müssen oder die sich<br />

den Einkauf an anderer Stelle überhaupt nicht<br />

leisten können, sondern auch ein Drittel der<br />

finanziell besser situierten Haushalte. Dadurch<br />

ist das durchschnittliche Preisniveau der<br />

<strong>Discounter</strong> schleichend gestiegen, freilich ohne<br />

dass die Preiseinstiegs-Handelsmarken für die<br />

„klassischen” <strong>Discounter</strong>kunden deshalb aus<br />

dem Sortiment verschwunden wären.<br />

LEH <strong>Discounter</strong> ‘07: Kundenstruktur<br />

Marktanteile nach Einkommenssituation der HH<br />

[in %] <strong>Discounter</strong> Drogeriemärkte<br />

Vollsortimenter Restliche*<br />

42<br />

4<br />

40<br />

14<br />

25 % können<br />

sich fast nichts<br />

mehr leisten<br />

37<br />

4<br />

41<br />

18<br />

48 % kommen<br />

im Großen und<br />

Ganzen zurecht<br />

* inkl. Handwerk und Direktvertrieb<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, FMCG ohne Frische<br />

32<br />

4<br />

42<br />

22<br />

27 % können<br />

sich fast<br />

alles leisten<br />

Preisindex FMCG 2007 (ohne Frische)<br />

Preisveränderung zum jeweiligen Vorjahresmonat in %<br />

02 03<br />

01 04 05 06 07 08 09 10 11 12 01<br />

2007 2008<br />

Vollsortimenter<br />

<strong>Discounter</strong><br />

3,9<br />

3,0<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan, Haushaltsindex Bezahlte Preise<br />

Seit Mai letzten Jahres sind die Durchschnittspreise<br />

bei den <strong>Discounter</strong> deutlich angestiegen,<br />

und zwar in jedem einzelnen Monat<br />

kräftiger als bei den Vollsortimentern. Nach<br />

der Milchpreisrunde, die Mitte 2007 einsetzte,<br />

sind die <strong>Discounter</strong>preise sogar regelrecht<br />

explodiert. Im November lagen sie um neun,<br />

im Dezember um fast zehn und im Januar 2008<br />

sogar um gut elf Prozent über den jeweiligen<br />

Preisniveaus des Vorjahres. D<strong>am</strong>it haben sich<br />

die <strong>Discounter</strong> zwar erstmals als Antreiber<br />

einer massiven Preiswelle erwiesen, aber dennoch<br />

bleibt der Preisabstand zu den anderen<br />

Anbietern gleich.<br />

Auf der anderen Seite haben die Vollsortimenter<br />

ihre lange vernachlässigten Eigenmarken aus-<br />

geweitet und ausdifferenziert. Sie führen heute<br />

deutlich mehr Handelsmarken auf <strong>Discounter</strong>niveau,<br />

bieten aber zum Beispiel auch eigene<br />

Bio-Labels mit ausgedehnten Produktranges an.<br />

Diese Entwicklungen sind aber nicht der<br />

alleinige Grund, warum auf die <strong>Discounter</strong><br />

schwierige Zeiten zukommen könnten. In den<br />

nächsten Jahren werden sich die F<strong>am</strong>ilien-<br />

Lebenswelten in <strong>Deutschland</strong> spürbar verändern.<br />

Und dies betrifft vor allem die klassischen<br />

Rekrutierungsfelder der <strong>Discounter</strong>.<br />

5,6<br />

7,7<br />

9,2<br />

9,9<br />

11,2<br />

19


20<br />

Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />

Lebenswelt wird größer<br />

Lebenswelt bleibt<br />

ähnlich groß<br />

Lebenswelt wird kleiner<br />

Prognose 2020<br />

– Gewinner und Verlierer<br />

<strong>Deutschland</strong> im Wandel: In der einst dominie-<br />

renden Industrie wird heute gerade noch ein<br />

Viertel des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet,<br />

im stetig wachsenden Dienstleistungssektor<br />

arbeiten bereits fast drei Viertel aller<br />

Beschäftigten. Auf die aktive Bevölkerung<br />

kommen in den nächsten Jahrzehnten höhere<br />

Belastungen zu: Finanzierten früher drei<br />

Erwerbstätige einen Rentner, so muss künftig<br />

ein Beschäftiger zwei Rentner versorgen.<br />

Die veränderten Lebens- und Arbeitsbedin-<br />

gungen schlagen sich in verändertem Konsumund<br />

Einkaufsverhalten nieder. Neue Lebensstile,<br />

dazu Zeit- und Budgetrestriktionen<br />

werden auch die Nachfrage der Verbraucher<br />

nach Gütern des täglichen Bedarfs verändern.<br />

Welche Absatzkanäle können davon profitieren,<br />

welche verlieren? Eine Prognose für das<br />

Jahr 2020 macht die verschiedenen Optionen<br />

deutlich.<br />

Veränderung der F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten<br />

Das multivariable Prognosemodell von Accenture<br />

und <strong>GfK</strong> basiert auf der Entwicklung der<br />

F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten. Das ist eine Segmentierung<br />

der deutschen Gesellschaft aufgrund<br />

individueller und F<strong>am</strong>ilien-Biografien. Viele<br />

hundert verhaltensrelevante Variablen sind in<br />

die Charakterisierung der 14 F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten<br />

eingegangen. Sie bestimmen überwiegend<br />

das Kauf-, Konsum- und Medienverhalten<br />

der Verbraucher.<br />

Die F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten verändern sich<br />

sowohl quantitativ als auch qualitativ. Wenn<br />

weniger Kinder geboren werden, dann zieht<br />

sich dieses Faktum im Laufe der Jahrzehnte<br />

durch alle Lebenswelten hindurch. Bis zum Jahr<br />

2020 werden die geburtenschwachen Jahrgänge<br />

(ab ca. 1970) zu einem zahlenmäßigen Rückgang<br />

vor allem in den Lebenswelten der F<strong>am</strong>ilie<br />

führen. Andererseits werden die Ruhestands-<br />

Lebenswelten durch das Eindringen der geburtenstarken<br />

Generation der 1960er Jahre größer.<br />

Ausbildung Berufsleben Ruhestand<br />

Studierende/<br />

Auszubildende<br />

(eigener Haushalt)<br />

Junge F<strong>am</strong>ilien,<br />

Mittelschicht,<br />

ggf. mit Kindern<br />

2007: 6% – 2020: 5%<br />

Aufsteiger,<br />

Singles,<br />

DINKS<br />

Junge F<strong>am</strong>ilien,<br />

Arbeiterschicht,<br />

ggf. mit Kindern<br />

2007: 7% – 2020: 6%<br />

Ältere F<strong>am</strong>ilien,<br />

Mittelschicht,<br />

ggf. k. Kindern (mehr)<br />

2007: 7% – 2020: 6%<br />

Berufstätige<br />

Alleinlebende<br />

2007: 3% – 2020: 3% 2007: 11% – 2020: 10% 2007: 7% – 2020: 7%<br />

Ältere F<strong>am</strong>ilien,<br />

Arbeiterschicht,<br />

ggf. k. Kindern (mehr)<br />

2007: 7% – 2020: 6%<br />

Arbeitslose/<br />

Working Poor<br />

2007: 8% – 2020: 8%<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien,<br />

Mittelschicht<br />

2007: 5% – 2020: 6%<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien,<br />

Arbeiterschicht<br />

2007: 4% – 2020: 4%<br />

Rentner-F<strong>am</strong>ilien,<br />

Mittelschicht<br />

2007: 11% – 2020: 13%<br />

Alleinstehende<br />

Ältere,<br />

Mittelschicht<br />

2007: 9% – 2020: 10%<br />

Alleinstehende<br />

Ältere,<br />

Arbeiterschicht<br />

2007: 6% – 2020: 7%<br />

Rentner-F<strong>am</strong>ilien,<br />

Arbeiterschicht<br />

2007: 9% – 2020: 10%<br />

%-Angaben = Anteil an allen deutschen Haushalten<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> <strong>Panel</strong> <strong>Services</strong> Consumer Research


Neben der demografischen Verschiebung<br />

wandeln sich die einzelnen Lebenswelten auch<br />

qualitativ. Derzeit sind die Zeitungen voll mit<br />

Beiträgen über die Studentengeneration der<br />

’68er. Das ist jetzt vierzig Jahre her, und diese<br />

Generation kommt so langs<strong>am</strong> ins Rentenalter.<br />

Mit ein bisschen Fantasie kann man sich leicht<br />

ausmalen, wie sich diese Rentner von den<br />

Rentnern aus der Kriegsgeneration unterscheiden,<br />

nicht nur in den gesellschaftlichen und<br />

politischen Einstellungen, sondern auch im<br />

Konsum- und Kaufverhalten.<br />

Ein weiterer Faktor, der den Konsum der „äl-<br />

teren” Lebenswelten in den kommenden Deka-<br />

den verändern wird, ist die Tatsache, dass diese<br />

Verbrauchergruppen über ein deutlich höheres<br />

Vermögen verfügen als derzeit. In den nächsten<br />

fünf Jahren werden nach Berechnungen<br />

der Dresdner Bank in <strong>Deutschland</strong> rund eine<br />

Billion Euro vererbt, in den fünf Jahren danach<br />

bereits 1,3 Billionen. – Was bedeutet dies alles<br />

für die künftige Entwicklung der <strong>Discounter</strong>?<br />

<strong>Discounter</strong>: Stark bei jungen F<strong>am</strong>ilien<br />

Das Einkaufsverhalten der jüngeren und der äl-<br />

teren Lebenswelten unterscheidet sich deutlich<br />

voneinander, und zwar relativ unabhängig vom<br />

Einkommen. Anders gesagt: Das biologische<br />

Alter zieht eine entscheidende Trennlinie bei<br />

der Auswahl der Einkaufsstätten.<br />

Die Bedeutung der <strong>Discounter</strong> als Einkaufsstät-<br />

te nimmt mit zunehmendem Lebensalter ab.<br />

Jüngere Menschen und F<strong>am</strong>ilien mit Kindern<br />

geben signifikant mehr Geld im Discount aus<br />

als Ältere. Den höchsten Ausgabenanteil<br />

erzielen die <strong>Discounter</strong> bei Studierenden und<br />

Auszubildenden, bei Arbeitslosen und Geringverdienern<br />

sowie bei jungen F<strong>am</strong>ilien aus der<br />

Arbeiterschicht. In diesen Lebenswelten ist das<br />

vergleichsweise geringe Einkommen entscheidend<br />

für den Einkauf im Discount. Wenn die<br />

Kinder aus dem Haus sind oder der Haushaltsvorstand<br />

in Rente ist, verlieren die <strong>Discounter</strong><br />

dagegen auch bei Arbeiterf<strong>am</strong>ilien spürbar an<br />

F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: Einkaufsverhalten im Lebensmittelhandel<br />

Ausgabenanteil für Fast Moving Consumer Goods nach Vertriebsschienen<br />

2007 [in %]<br />

43,2<br />

6,6<br />

5,7<br />

23,5<br />

15,4<br />

4,5<br />

Studier./<br />

Auszubild.<br />

36,9<br />

6,4<br />

9,4<br />

24,7<br />

14,5<br />

6,0<br />

Aufsteiger,<br />

Singles,<br />

DINKS<br />

<strong>Discounter</strong> Drogeriemärkte Fachhandel<br />

SB-Warenhäuser Supermärkte Verbrauchermärkte<br />

44,7 36,0 43,7 40,2 41,7 39,2 36,2 32,6 35,2 31,4 34,7 32,6<br />

4,9<br />

9,3<br />

22,4<br />

11,9<br />

4,4<br />

15,9 6,0<br />

8,2<br />

6,8<br />

10,4<br />

3,6<br />

11,8<br />

3,9<br />

15,3<br />

18,3 24,4 23,6 22,5 20,6<br />

16,0<br />

11,1 11,9 13,4 13,0<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan * AS = Arbeiterschicht; MS = Mittelschicht<br />

3,7<br />

15,5<br />

3,8 3,2<br />

3,4<br />

18,4 19,1 22,5<br />

4,4<br />

18,7<br />

4,8<br />

21,3<br />

21,0 20,6 18,1 18,3 14,3 11,8<br />

14,8 14,2 16,3 15,4<br />

4,9 7,1 5,0 5,5 5,6 6,0 6,7 7,4 6,2 6,5 6,1 6,1<br />

Arbeitslose,<br />

Working<br />

Poor<br />

Berufstät.<br />

Alleinlebende<br />

Junge<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS*<br />

Junge<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS*<br />

Ältere<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

Ältere<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

Rentner-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

Rentner-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

20,2<br />

Alleinstehende<br />

Ältere AS<br />

21,8<br />

Alleinstehende<br />

Ältere MS<br />

21


22<br />

Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />

Bedeutung, in erster Linie wohl deshalb, weil<br />

sich die finanzielle Situation mit dem Auszug<br />

der Kinder entspannt.<br />

Je älter die Verbraucher werden, desto seltener<br />

und desto weniger kaufen sie bei den <strong>Discounter</strong>n<br />

ein. Hier fehlt ihnen eine wichtige Komponente<br />

des Einkaufens im Alter: der soziale Kontakt.<br />

Bereits in den Empty-Nest-F<strong>am</strong>ilien nimmt<br />

die Bedeutung der <strong>Discounter</strong> als Einkaufsstätte<br />

deutlich ab, und er wird umso geringer, je älter<br />

die Verbraucher werden. Ältere Mittelschicht-<br />

F<strong>am</strong>ilien decken ihren Bedarf an FMCG zu weniger<br />

als einem Drittel bei den <strong>Discounter</strong>n.<br />

Umgekehrt werden die Vollsortimenter und<br />

der Fachhandel für die älteren F<strong>am</strong>ilienlebenswelten<br />

immer wichtiger. Einerseits können sie<br />

es sich eher leisten, im Fachhandel einzukaufen,<br />

andererseits fällt ihnen der Einkauf in den<br />

wohnortnahen Supermärkten leichter als in<br />

den Geschäften der <strong>Discounter</strong> <strong>am</strong> Stadtrand<br />

oder in den großen SB-Warenhäusern.<br />

F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: Einkaufsverhalten im Discount<br />

Ausgabenanteil für Fast Moving Consumer Goods bei verschiedenen <strong>Discounter</strong>n<br />

2007 [in %]<br />

43,3<br />

14,3<br />

12,7<br />

6,9<br />

5,1<br />

4,3<br />

Studier./<br />

Auszubild.<br />

36,8<br />

13,1<br />

10,7<br />

4,9<br />

4,1<br />

4,0<br />

Aufsteiger,<br />

Singles,<br />

DINKS<br />

Aldi: Vorsprung bei den Älteren<br />

Betrachtet man ausschließlich die <strong>Discounter</strong>,<br />

so hat Aldi in (fast) allen Lebenswelten die<br />

Nase vor Lidl. Dies gilt vor allem für die älteren<br />

Lebenswelten. Heutige Rentnerf<strong>am</strong>ilien sind<br />

mit Aldi groß geworden; noch bis in die siebziger<br />

Jahre hinein dominierte Aldi das Bild vom<br />

<strong>Discounter</strong> durch die deutlich höhere Zahl seiner<br />

Läden. Für viele Angehörige dieser Lebenswelten<br />

ist Aldi noch heute das Synonym für Discount<br />

– selbst dann, wenn sie bei Lidl einkaufen.<br />

Lidl ist erst in den letzten gut zehn Jahren so<br />

richtig in Fahrt gekommen und hat sich vor allem<br />

in den Jahrgängen eingeprägt, die nicht mit<br />

Aldi aufgewachsen sind. Zudem bietet Lidl mehr<br />

Herstellermarken an als Aldi und punktet oft<br />

mit niedrigeren Preisen. Bei den Arbeitslosen/<br />

Working Poor ist Lidl (unabhängig vom Alter)<br />

deshalb bereits führend. Basis dafür ist, dass Lidl<br />

inzwischen ebenfalls über die stattliche Zahl von<br />

mehr als 3.000 Filialen verfügt.<br />

Aldi Lidl Plus Penny Norma/Netto/Andere <strong>Discounter</strong> ges<strong>am</strong>t<br />

44,6 36,0 43,7 40,2 41,8 39,1 36,3 32,5 35,2 31,4 34,8 32,6<br />

13,2 16,1<br />

13,3<br />

5,4<br />

5,1<br />

7,6<br />

Arbeitslose,<br />

Working<br />

Poor<br />

13,2<br />

9,9<br />

4,5<br />

3,9<br />

4,5<br />

Berufstät.<br />

Alleinlebende<br />

13,6<br />

3,5<br />

4,1<br />

6,4<br />

Junge<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS*<br />

16,4<br />

12,5<br />

3,3<br />

3,6<br />

4,4<br />

Junge<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS*<br />

16,1<br />

12,1<br />

3,0<br />

4,4<br />

6,2<br />

Ältere<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan * AS = Arbeiterschicht; MS = Mittelschicht<br />

16,7<br />

13,5<br />

13,5<br />

15,1<br />

14,6<br />

14,5<br />

13,8<br />

10,7 10,2<br />

8,6<br />

8,5<br />

7,5<br />

7,2<br />

6,0<br />

3,3<br />

3,4<br />

5,0<br />

3,3<br />

3,7<br />

5,6<br />

3,0<br />

2,7<br />

4,7<br />

2,8<br />

3,3<br />

5,5<br />

2,2<br />

2,3<br />

4,8<br />

4,4<br />

3,6<br />

5,1<br />

3,5<br />

3,4<br />

5,9<br />

Ältere<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

Empty Nest<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

Rentner-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

Rentner-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

Alleinstehende<br />

Ältere AS<br />

Alleinstehende<br />

Ältere MS


Die übrigen <strong>Discounter</strong> kommen vor allem bei<br />

den jüngeren Zielgruppen sowie bei den Arbeitslosen/Working<br />

Poor auf höhere wertmäßige<br />

Marktanteile. Das könnte unter anderem<br />

daran liegen, dass diese <strong>Discounter</strong> im Gegensatz<br />

zu Aldi und Lidl zumeist in zentralen<br />

Lagen angesiedelt sind, die man leicht auch<br />

ohne Auto erreicht.<br />

In den Lebenswelten der Berufstätigen und der<br />

F<strong>am</strong>ilien sind die restlichen <strong>Discounter</strong> schwächer,<br />

bei den alleinstehenden Älteren dagegen<br />

stärker vertreten, als es ihrem durchschnittlichen<br />

Marktanteil entspricht. Ein Grund dafür<br />

könnte sein, dass diese <strong>Discounter</strong> zahlreiche<br />

Herstellermarken zu günstigen Preisen führen.<br />

Der Preis spielt in den mit Empty-Nestern<br />

beginnenden Lebenswelten bekanntlich nicht<br />

mehr eine so dominierende Rolle.<br />

Die alternde Gesellschaft<br />

– Herausforderung für den Discount<br />

Je älter die Verbraucher werden, desto geringer<br />

wird ihre Bedarfsdeckung über die <strong>Discounter</strong>.<br />

In den nächsten Jahren werden aber, wie<br />

zuvor gezeigt, gerade die älteren Lebenswelten<br />

zahlenmäßig größer. Dies führt zu einer Verschiebung<br />

des Konsum- und Einkaufsverhaltens<br />

zu Lasten der <strong>Discounter</strong> und zugunsten der<br />

Vollsortimenter und des Fachhandels.<br />

Gruppiert man die Lebenswelten einmal<br />

nicht nach Lebensphasen, sondern nach<br />

Einkaufspräferenzen im Discount, zeigt sich<br />

eine für die <strong>Discounter</strong> nicht gerade beruhigende<br />

Perspektive. Es fällt auf, dass diejenigen<br />

Lebenswelten, die heute weniger als<br />

35 Prozent ihres Bedarfs an FMCG über den<br />

Discount decken, in den vergangenen zwölf<br />

Jahren um zwei Prozentpunkte gewachsen<br />

sind. Dagegen ging die Zahl der Haushalte in<br />

den Lebenswelten, die mehr als 40 Prozent<br />

ihres FMCG-Bedarfs über den Discount<br />

decken, im gleichen Zeitraum um einen<br />

Prozentpunkt zurück.<br />

F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: <strong>Discounter</strong>basis bröckelt<br />

Anteile der Lebenswelten nach Bedarfsdeckung im Discount<br />

[in %] 1 Lebenswelten, welche 2007 mehr als 40% im Discount gekauft haben<br />

Lebenswelten, welche 2007 weniger als 35% im Discount gekauft haben<br />

Arbeitslose/Working Poor<br />

Junge F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Studier./Auszubildende<br />

Ältere F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Junge F<strong>am</strong>ilien MS<br />

Ältere F<strong>am</strong>ilien MS<br />

Aufsteiger, Singles, DINKS<br />

Empty-Nest F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Berufstätige Alleinlebende<br />

Rentner F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Alleinstehende Ältere AS<br />

Alleinstehende Ältere MS<br />

Empty Nest F<strong>am</strong>ilien MS<br />

Rentner-F<strong>am</strong>ilien MS<br />

1 Anteil an allen deutschen Haushalten<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Die skizzierte Entwicklung wird in den kommenden<br />

13 Jahren deutlich an Tempo gewinnen.<br />

Im Prognosejahr 2020 liegt die Zahl Haushalte<br />

in den Discount-affinen Lebenswelten<br />

nur noch bei 28 Prozent; die <strong>Discounter</strong>-fernen<br />

Lebenswelten nehmen dagegen zahlenmäßig<br />

um fünf Prozentpunkte auf insges<strong>am</strong>t<br />

45 Prozent zu.<br />

Die heutige Kernzielgruppe für die <strong>Discounter</strong><br />

wird also kleiner. Was bedeutet das nun für<br />

die Marktanteilsentwicklung der Nachfrage<br />

und der Verbraucherausgaben im LEH – und<br />

für die <strong>Discounter</strong> selbst?<br />

4,0<br />

9,0<br />

4,0<br />

7,0<br />

8,0<br />

8,0<br />

12,0<br />

5,0<br />

5,0<br />

9,0<br />

5,0<br />

7,0<br />

6,0<br />

11,0<br />

8,0<br />

32%<br />

7,0<br />

3,0<br />

31%<br />

6,0<br />

3,0<br />

28%<br />

7,0<br />

6,0<br />

6,0<br />

7,0<br />

5,0<br />

6,0<br />

10,0<br />

11,0<br />

4,0<br />

4,0<br />

7,0<br />

7,0<br />

10,0<br />

38%<br />

9,0<br />

6,0<br />

9,0<br />

5,0<br />

11,0<br />

40%<br />

8,0<br />

7,0<br />

10,0<br />

5,0<br />

13,0<br />

Jahr 1995 2007 2020<br />

45%<br />

23


24<br />

Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />

Schwerpunkte des Konsums – LEH<br />

profitiert vom Bevölkerungswandel<br />

Seit Jahren kämpfen Vollsortimenter und<br />

<strong>Discounter</strong> verbissen um die Gunst der Verbraucher.<br />

Dabei ist ihnen natürlich jeder Kunde<br />

willkommen, aber nicht jeder gibt gleich<br />

viel Geld in dem einen oder in den anderen<br />

Vertriebskanälen aus. Dabei wäre es für jeden<br />

Anbieter gut zu wissen, welche Verbrauchergruppe<br />

wieviel zum Umsatz des eigenen Vertriebskanals<br />

beiträgt. Denn dadurch ließen sich<br />

Sortimente, Aktionen und <strong>Services</strong> noch besser<br />

auf die Kunden abstimmen.<br />

Im Folgenden wird versucht zu bestimmen,<br />

welche Lebenswelten für den LEH insges<strong>am</strong>t<br />

und für die <strong>Discounter</strong> insbesondere von<br />

herausragender Bedeutung sind, und zwar für<br />

das Basisjahr 2007 sowie für das Prognosejahr<br />

2020. Dabei zeigt sich, dass den älteren Zielgruppen<br />

eine Schlüsselrolle zukommt.<br />

F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: Einkaufsverhalten im Lebensmittelhandel<br />

Ausgabenanteil für Fast Moving Consumer Goods im Lebensmitteleinzelhandel (inkl. Drogeriemarkt)<br />

[in %]<br />

2,8<br />

1,6<br />

Studier./<br />

Auszubild.<br />

10,9<br />

Aufsteiger,<br />

Singles,<br />

DINKS<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

7,2 7,5 6,6 7,0<br />

Arbeitslose,<br />

Working<br />

Poor<br />

Anteil der Lebenswelten an Ges<strong>am</strong>thaushalten 2007<br />

Ausgabenanteil an Ges<strong>am</strong>tausgaben für FMCG in LEH+DM 2007<br />

4,7<br />

Berufstät.<br />

Alleinlebende<br />

7,1 7,9<br />

Junge<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

5,4 6,3<br />

Junge<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

6,8<br />

8,7<br />

Ältere<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

7,2<br />

10,0<br />

Ältere<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

Der Beitrag der einzelnen Lebenswelten zu<br />

den Ges<strong>am</strong>tausgaben im LEH (inkl. <strong>Discounter</strong>)<br />

hängt einerseits von der absoluten Größe, also<br />

von der Zahl der Haushalte in der jeweiligen<br />

Lebenswelt ab, andererseits von den relativen<br />

Ausgaben der Haushalte im Verhältnis zur<br />

Grundges<strong>am</strong>theit einer Lebenswelt.<br />

Zum Beispiel: Aufsteiger / Singles / DINKS.<br />

Dabei handelt es sich um eine große Lebenswelt,<br />

mit einem Anteil von fast elf Prozent an<br />

allen Haushalten. Allerdings stehen die meisten<br />

Angehörigen dieser Lebenswelt noch ziemlich<br />

zu Beginn ihrer Berufslaufbahn mit entsprechend<br />

„entwicklungsfähigen” Einkommen.<br />

Auch sind die Bedürfnisse in dieser Zielgruppe<br />

sehr speziell: Man braucht viel Geld für die<br />

Freizeit, für Kleidung, für die Einrichtung und<br />

für „repräsentative” Dinge. Die Haushalte<br />

dieser Lebenswelt sind klein (z.B. Singles), und<br />

ein großer Teil der Ernährung findet außer<br />

Haus statt. Entsprechend gering ist in dieser<br />

Lebenswelt deshalb der relative Anteil der Aus-<br />

4,4 4,8 5,2<br />

Empty Nest<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

6,3<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

8,6<br />

10,1<br />

Rentner-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

11,7<br />

15,3<br />

Rentner-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

2007<br />

6,2<br />

4,1<br />

Alleinstehende<br />

Ältere AS<br />

9,2<br />

6,2<br />

Alleinstehende<br />

Ältere MS


gaben im LEH: Elf Prozent der Haushalte steuern<br />

gerade einmal gut sieben Prozent der Ausgaben<br />

bei. Eine ähnlich große Diskrepanz zwischen<br />

der Größe der Lebenswelt und den anteiligen<br />

Ausgaben im LEH findet man naturgemäß in<br />

allen „alleinstehenden“ Lebenswelten, seien die<br />

Haushalte nun berufstätig oder älter.<br />

Zum Beispiel: Rentnerf<strong>am</strong>ilien Mittelschicht.<br />

Diese Lebenswelt ist unwesentlich größer als<br />

die der Aufsteiger / Singles / DINKS, aber ihr<br />

Beitrag zu den Ges<strong>am</strong>tausgaben im LEH ist<br />

mehr als doppelt so hoch. Die Haushalte sind im<br />

Durchschnitt etwas größer als die genannten<br />

Referenzhaushalte, vor allem aber verfügen<br />

sie über deutlich mehr Geld, das sie immer<br />

bereitwilliger ausgeben. Dies gilt bis zu einem<br />

gewissen Grade auch für die Rentnerf<strong>am</strong>ilien<br />

der Arbeiterschicht; auch ihr Ausgabenanteil<br />

im LEH ist proportional größer als die Grundges<strong>am</strong>theit<br />

der Haushalte. Bei den Empty-Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien denkt dagegen so mancher noch mehr<br />

an Vorsorge denn an Konsum.<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

In den kommenden Jahren wird sich der<br />

Schwerpunkt der Konsumausgaben im LEH<br />

spürbar verlagern. Vor allem F<strong>am</strong>ilien werden<br />

weniger Geld für Güter des täglichen Bedarfs<br />

im LEH ausgeben, weil diese Lebenswelten<br />

zahlenmäßig kleiner werden. Bei den jungen<br />

F<strong>am</strong>ilien der Mittelschicht liegt der rechnerische<br />

Rückgang der Ausgabenanteile im LEH bei 1,1<br />

Prozentpunkten, bei den älteren Mittelschicht-<br />

F<strong>am</strong>ilien bei 1,4 Prozentpunkten.<br />

Dagegen werden die „älteren“ Lebenswelten<br />

zahlenmäßig größer. So wird es 2020 deutlich<br />

mehr Rentner-F<strong>am</strong>ilien der Mittelschicht geben<br />

als heute. Der Anteil dieser Lebenswelt an den<br />

FMCG-Ausgaben im LEH steigt allein dadurch<br />

um fast drei Prozentpunkte. Bei den Rentnerf<strong>am</strong>ilien<br />

der Arbeiterschicht fällt der Ausgabenanstieg<br />

flacher aus, da die Ausgaben dieser<br />

Lebenswelt im LEH relativ geringer sind.<br />

Was bedeutet dies nun für die Entwicklung der<br />

unterschiedlichen Einzelhandelsformate?<br />

F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten: Einkaufsverhalten im Lebensmittelhandel<br />

Ausgabenanteil für Fast Moving Consumer Goods im Lebensmitteleinzelhandel (inkl. Drogeriemarkt)<br />

[in %]<br />

1,6<br />

10,0<br />

6,5<br />

Anteil der Lebenswelten an Ges<strong>am</strong>thaushalten 2020<br />

Ausgabenanteil an Ges<strong>am</strong>tausgaben für FMCG in LEH+DM 2020<br />

± 0 - 0,7 ± 0 ± 0 - 1,1 - 1,0 - 1,2 - 1,4 ± 0 ± 0<br />

+ 1,1 + 2,7 + 0,7 + 0,7<br />

18,0<br />

3,0<br />

Studier./<br />

Auszubild.<br />

Aufsteiger,<br />

Singles,<br />

DINKS<br />

8,0<br />

6,6 7,0<br />

Arbeitslose,<br />

Working<br />

Poor<br />

4,7<br />

Berufstät.<br />

Alleinlebende<br />

6,0 6,8<br />

Junge<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

5,0 5,3<br />

Junge<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

6,0<br />

7,5<br />

Ältere<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

6,0<br />

8,6<br />

Ältere<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

4,0 4,8 5,0<br />

Empty Nest<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

6,3<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

10,0 11,2<br />

Rentner-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

AS<br />

13,0<br />

Rentner-<br />

F<strong>am</strong>ilien<br />

MS<br />

2020<br />

Veränderung in %-Punkten 2020 : 2007<br />

7,0<br />

4,8<br />

Alleinstehende<br />

Ältere AS<br />

10,0<br />

6,9<br />

Alleinstehende<br />

Ältere MS<br />

25


26<br />

Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />

Die typischen „<strong>Discounter</strong>-Lebenswelten” schrumpfen<br />

Entwicklung der Handelsformate in den einzelnen F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten 1<br />

<strong>Discounter</strong><br />

Entwicklung Lebenswelt 2020 vs. 2007 [%]<br />

Vollsortimenter profitieren von der alternden Gesellschaft<br />

Entwicklung Lebenswelt 2020 vs. 2007 [%]<br />

15<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

-10<br />

-15<br />

15<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

-10<br />

-15<br />

Alleinstehende<br />

Ältere MS<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien MS<br />

Berufstätige Alleinlebende<br />

Aufsteiger/Singles/DINKS<br />

unterproportional vertreten<br />

Entwicklung der Handelsformate in den einzelnen F<strong>am</strong>ilien-Lebenswelten 1<br />

LEH ohne Discount<br />

Stärke des Formats pro Lebenswelt [%] 2<br />

Arbeitslose/<br />

Working-Poor<br />

Alleinst. Ältere AS<br />

Rentner-F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Stud./Auszubildende<br />

Ältere F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Junge<br />

F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Ältere F<strong>am</strong>ilien MS<br />

-20<br />

Junge F<strong>am</strong>ilien MS<br />

-25<br />

-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25<br />

unterproportional<br />

Rentner-F<strong>am</strong>ilien MS<br />

Alleinstehnde Ältere AS<br />

Rentner-<br />

F<strong>am</strong>ilien MS<br />

Alleinstehende<br />

Ältere MS<br />

Empty Nest-F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien MS<br />

Berufstätige Alleinlebende<br />

Aufsteiger / Singles / DINKS<br />

Ältere F<strong>am</strong>ilien MS<br />

überproportional<br />

Stärke des Formats in der Lebenswelt [%] 2<br />

Umsatzanteil der Lebenswelt<br />

<strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tmarkt FMCG 2020<br />

Rentner-F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Empty Nest-<br />

F<strong>am</strong>ilien AS<br />

Stud./Auszubildende<br />

Arbeitslose/<br />

Working-Poor<br />

Ältere F<strong>am</strong>ilien AS<br />

-20<br />

Junge Junge<br />

-25<br />

F<strong>am</strong>ilien MS F<strong>am</strong>ilien AS<br />

-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25<br />

überproportional vertreten<br />

1 Berechnungen für FMCG auf Basis <strong>GfK</strong> ConsumerScan 2007 und Prognose 2020<br />

2 Umsatzanteil Lebenswelt im Format vs. Umsatzanteil Lebenswelt im Ges<strong>am</strong>tmarkt<br />

Umsatzanteil der Lebenswelt<br />

<strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tmarkt FMCG 2020<br />

1 Berechnungen für FMCG auf Basis <strong>GfK</strong> ConsumerScan 2007 und Prognose 2020<br />

2 Umsatzanteil Lebenswelt im Format vs. Umsatzanteil Lebenswelt im Ges<strong>am</strong>tmarkt<br />

Schwerpunkte des Konsums<br />

– Die Basis der <strong>Discounter</strong> schrumpft<br />

Jüngere und ältere F<strong>am</strong>ilien steuern heute<br />

deutlich mehr zum Umsatz der <strong>Discounter</strong> bei<br />

als es dem Anteil der Haushalte in der jeweiligen<br />

Lebenswelt eigentlich entspricht. Die<br />

Gründe dafür liegen auf der Hand: F<strong>am</strong>ilien<br />

mit Kindern haben einerseits überdurchschnittlich<br />

hohe Ausgaben für FMCG, müssen aber<br />

gerade deshalb das Geld zus<strong>am</strong>menhalten.<br />

Diese Lebenswelten haben überproportional<br />

zum stürmischen Wachstum der <strong>Discounter</strong> in<br />

den vergangenen Jahren beigetragen.<br />

Die Veränderung der Lebenswelten in ihrer<br />

quantitativen Zus<strong>am</strong>mensetzung bringt nun<br />

für die <strong>Discounter</strong> ein paar unerfreuliche Entwicklungen<br />

mit sich. Die F<strong>am</strong>ilienlebenswelten<br />

der jungen und älteren F<strong>am</strong>ilien – im oben<br />

stehenden Chart im vierten Quadranten (unten<br />

rechts) abgetragen – werden bis 2020 deutlich<br />

kleiner. D<strong>am</strong>it geht auch ihr Anteil an den<br />

Ges<strong>am</strong>tausgaben im LEH zurück. Die Billiganbieter,<br />

die heute von der Discountfixierung gerade<br />

dieser Lebenswelten überdurchschnittlich<br />

profitieren, sind von deren Rückgang ebenfalls<br />

überproportional betroffen. Sie büßen gegenüber<br />

2007 in den betreffenden Lebenswelten<br />

mehr als fünf Prozentpunkte ihres wertmäßigen<br />

Marktanteils ein.<br />

Zwar profitieren die <strong>Discounter</strong> künftig auch<br />

vom rein zahlenmäßigen Wachstum anderer<br />

Lebenswelten, aber lange nicht in dem Maße<br />

wie die Wettbewerber. Dies gilt speziell für<br />

die beiden Rentner-Lebenswelten. Was den<br />

Konsum und das Einkaufsverhalten betrifft,<br />

machen die aktiven und gut situierten Ruheständler<br />

in den kommenden Jahren den<br />

entscheidenden Unterschied aus.<br />

Die Rentner-F<strong>am</strong>ilien der Mittelschicht werden<br />

zum Ende des nächsten Jahrzehnts die dominierende<br />

Lebenswelt sein. Insges<strong>am</strong>t stellen<br />

die Lebenswelten jenseits des Arbeitslebens im<br />

Jahr 2020 bereits 40 Prozent aller Haushalte in


<strong>Deutschland</strong>. Diese Lebenswelten haben den<br />

Schwerpunkt ihres Einkaufsverhalten aber nicht<br />

im Discount, sondern bei den Vollsortimentern,<br />

wie das unten stehende Chart auf der gegenüberliegenden<br />

Seite veranschaulicht (zweiter<br />

Quadrant, oben rechts).<br />

Die mittleren, <strong>Discounter</strong>-affinen Jahrgän-<br />

ge verlieren aber nicht nur zahlenmäßig an<br />

Bedeutung. Anders als die Rentnerf<strong>am</strong>ilien,<br />

deren finanzielle Basis sich stetig verbessert,<br />

müssen sie, nicht zuletzt wegen steigender<br />

Aufwendungen für die Altersvorsorge, weiterhin<br />

mit einem knappen verfügbaren Einkommen<br />

kalkulieren.<br />

Die quantitativen und qualitativen Verän-<br />

derungen der Lebenswelten führen jedoch<br />

nicht nur zwischen den konkurrierenden<br />

Vertriebskanälen, sondern auch im Verhältnis<br />

der <strong>Discounter</strong> untereinander zu spürbaren<br />

Marktanteilsveränderungen. Weder Aldi noch<br />

Lidl sind in den wachsenden älteren Lebenswelten<br />

stark vertreten. Im direkten Vergleich<br />

ist Lidl aber noch etwas schwächer. Andererseits<br />

kaufen vor allem die Angehörigen der<br />

finanziell eher schwächeren Lebenswelten<br />

überproportional bei Lidl ein: junge und<br />

ältere F<strong>am</strong>ilien, Berufseinsteiger und Singles,<br />

Studierende und Auszubildende sowie Arbeitslose<br />

und Geringverdiener. Dadurch, dass<br />

Lidl hier seine Position ausbaut, während Aldi<br />

in den älteren Lebenswelten an Bedeutung<br />

verliert, könnte sich die Balance innerhalb der<br />

<strong>Discounter</strong>schiene weiter zugunsten von Lidl<br />

verschieben. Die Position von Aldi als Marktführer<br />

scheint langfristig gefährdet.<br />

Accenture und <strong>GfK</strong> haben die Perspektiven<br />

der unterschiedlichen LEH-Formate einerseits<br />

und die Aussichten einzelner <strong>Discounter</strong> in<br />

einem multivariable Prognosemodell berechnet.<br />

Es gibt Aufschluss darüber, wie sich<br />

Vollsortimenter und <strong>Discounter</strong>, Aldi und Lidl<br />

unter verschiedenen, realistischen Annahmen<br />

in den nächsten Jahren entwickeln werden.<br />

Multivariables Prognosemodell<br />

Um die Entwicklung im LEH und speziell<br />

bei den <strong>Discounter</strong>n vorherzusehen, hat<br />

Accenture auf Basis von <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

ein Multivariables Prognosemodell entwickelt.<br />

Durch die Verbindung mit soziodemografischen<br />

Daten kann das Modell die<br />

künftigen Marktanteile aller relevanten<br />

Akteure im deutschen LEH in verschiedenen<br />

Szenarien berechnen.<br />

Berücksichtigte Einflussfaktoren:<br />

u Soziodemographische Entwicklung<br />

¡ Anteilsmäßige Zus<strong>am</strong>mensetzung<br />

und Entwicklung der Haushalte in<br />

<strong>Deutschland</strong> nach Lebenswelten<br />

¡ Ausgabenanteile der Lebenswelten<br />

im deutschen LEH<br />

u Marktsituation im LEH<br />

¡ Marktanteile aller Formate im LEH<br />

in den verschiedenen Lebenswelten<br />

¡ Marktanteile der Akteure im LEH in<br />

den verschiedenen Lebenswelten<br />

Prognostizierte Ergebnisse:<br />

u Zukünftige Marktanteile aller wesent-<br />

lichen Akteure im deutschen LEH<br />

(<strong>Discounter</strong> und übriger LEH)<br />

Simulierte Szenarien:<br />

u Szenario 1: Unveränderte Einkaufs-<br />

stättenpräferenz der Lebenswelten<br />

¡ Veränderte soziodemographische<br />

Zus<strong>am</strong>mensetzung der Bevölkerung<br />

¡ Marktanteile der Formate und<br />

Handelsunternehmen in den<br />

Lebenswelten bleiben gleich<br />

u Szenario 2: <strong>Discounter</strong> binden F<strong>am</strong>ilien<br />

im Lebenszyklus<br />

¡ Veränderte soziodemographische<br />

Zus<strong>am</strong>mensetzung der Bevölkerung<br />

¡ <strong>Discounter</strong> binden F<strong>am</strong>ilien im<br />

Lebenszyklus und steigern so<br />

ihren Marktanteil bei den älteren<br />

Haushalten<br />

27


28<br />

Prognose 2020 – Gewinner und Verlierer<br />

Szenario 1:<br />

Verluste durch Bevölkerungswandel<br />

In diesem Szenario wird vorausgesetzt, dass die<br />

Einkaufsstättenpräferenzen der unterschiedlichen<br />

Lebenswelten künftig gleich bleiben,<br />

und dass sich somit die Umsatzanteile der<br />

Lebenswelten <strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tmarkt für FMCG<br />

durch die demografische Entwichlung quasi<br />

„naturgegeben“ verschieben.<br />

In diesem Fall kommen den <strong>Discounter</strong>n im<br />

Verlauf der nächsten Jahre relevante Anteile<br />

ihrer jetzigen Klientel abhanden. Der wertmäßige<br />

Marktanteil der <strong>Discounter</strong> bei Fast Moving<br />

Consumer Goods (ohne Nonfood) sinkt in<br />

diesem Szenario bis 2020 von derzeit 37,3 auf<br />

dann 36,6 Prozent. Das entspricht einem<br />

Marktanteilsverlust von 1,6 Prozent.<br />

Lidl trifft die Entwicklung <strong>am</strong> stärksten, weil der<br />

schwäbische <strong>Discounter</strong> in den älteren Lebenswelten<br />

<strong>am</strong> schwächsten ist. Aldi ist dagegen<br />

aufgrund seiner homogeneren Verbreitung in<br />

allen Lebenswelten nicht so stark betroffen.<br />

LEH <strong>Discounter</strong>: Szenario 1<br />

VÄ der Marktanteile (Wert) für FMCG bis 2020<br />

[in %]<br />

Aldi Lidl Plus<br />

Penny Andere<br />

37,2<br />

14,8<br />

10,0<br />

3,5<br />

3,6<br />

5,3<br />

-1,6<br />

-0,7<br />

-3,0<br />

-2,9<br />

-2,8<br />

0,0<br />

36,6<br />

14,7<br />

9,7<br />

3,4<br />

3,5<br />

5,3<br />

2007 VÄ in % 2020<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan 2007, Prognose 2020<br />

<strong>GfK</strong> Lebenswelten, Prognose 2020<br />

Szenario 2:<br />

Gewinne durch Verhaltensänderung<br />

In diesem Szenario wird davon ausgegangen,<br />

dass es den <strong>Discounter</strong>n gelingt, ihre jetzige<br />

Klientel auch künftig an sich zu binden. Dies<br />

führt dazu, dass sich die Einkaufspräferenzen<br />

innerhalb der einzelnen Lebenswelten verschieben.<br />

In diesem Fall profitieren die <strong>Discounter</strong> von<br />

ihrer relativen Stärke in den geburtenstarken<br />

Jahrgängen, die in den nächsten Jahren<br />

sukzessive ins Rentenalter kommen und den<br />

<strong>Discounter</strong>n treu bleiben. Die <strong>Discounter</strong><br />

wachsen demnach in den nächsten Jahren<br />

zwar langs<strong>am</strong>er, aber stetig. Ihr wertmäßiger<br />

Marktanteil an FMCG steigt bis 2020 um<br />

8,9 Prozent auf 40,5 Prozent.<br />

Lidl wäre in diesem Fall der große Gewinner,<br />

weil der <strong>Discounter</strong> bei F<strong>am</strong>ilien- und jüngeren<br />

Haushalten überdurchschnittlich vertreten ist.<br />

Aldi könnte aber dank seiner ausgeglichenen<br />

Kundenstruktur ebenfalls weiter wachsen.<br />

LEH <strong>Discounter</strong>: Szenario 2<br />

VÄ der Marktanteile (Wert) für FMCG bis 2020<br />

[in %]<br />

Aldi Lidl Plus<br />

Penny Andere<br />

37,2<br />

14,8<br />

10,0<br />

3,5<br />

3,6<br />

5,3<br />

+8,9<br />

+6,1<br />

+18,0<br />

+2,9<br />

+8,3<br />

+1,9<br />

40,5<br />

15,7<br />

11,8<br />

3,6<br />

3,9<br />

5,4<br />

2007 VÄ in % 2020<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan 2007, Prognose 2020<br />

<strong>GfK</strong> Lebenswelten, Prognose 2020


LEH <strong>Discounter</strong>: Modell 2020<br />

Marktanteile (Wert) der <strong>Discounter</strong> bei FMCG<br />

Marktanteile in % von FMCG ges<strong>am</strong>t 1<br />

Wachstum in %-Punkten des jeweiligen Basismarktanteils<br />

27,6<br />

+9,6<br />

37,2<br />

+3,3<br />

- 0,6<br />

40,5<br />

36,6<br />

2001 2007 2020<br />

Szenario 2:<br />

<strong>Discounter</strong><br />

binden<br />

F<strong>am</strong>ilien im<br />

Lebenszyklus<br />

Szenario 1:<br />

Unveränderte<br />

Einkaufsstättenpräferenzen<br />

der<br />

Lebenswelten<br />

1 Enthalten im Ges<strong>am</strong>tmarkt sind <strong>Discounter</strong>, Supermärkte,<br />

Verbrauchermärkte, Drogeriemärkte, Fachhandel,<br />

SB-Warenhäuser, Kauf- & Warenhäuser<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Auch in dem für die <strong>Discounter</strong> positiven Sze-<br />

nario 2 werden die hohen Wachstumsraten der<br />

vergangenen Jahre nicht mehr erreicht. Das<br />

durchschnittliche jährliche Wachstum der <strong>Discounter</strong><br />

liegt in diesem Modell bei 0,7 Prozent.<br />

In den Jahren 2001 bis 2007 waren sie noch um<br />

knapp sechs Prozent pro Jahr gewachsen. Der<br />

durchschnittliche jährliche Marktanteilsverlust<br />

von 0,1 Prozent, der sich im ersten Szenario<br />

ergibt, scheint zwar auf den ersten Blick nicht<br />

dr<strong>am</strong>atisch, wäre aber für die erfolgsverwöhnten<br />

<strong>Discounter</strong> ein herber Rückschlag.<br />

Beide Szenarien zeigen, dass die Zeiten für<br />

die <strong>Discounter</strong> härter werden. Einem deutlich<br />

abgeschwächten Wachstum steht im Extremfall<br />

sogar ein Abrutschen des wertmäßigen<br />

Marktanteils gegenüber. Das Potenzial der<br />

<strong>Discounter</strong> liegt aus heutiger Sicht bei gut 40<br />

Prozent Marktanteil im Jahr 2020, das Risiko ist<br />

dagegen ungleich höher. Denn ein Rückgang<br />

des Marktanteils um nur 0,6 Prozentpunkte,<br />

wie im Szenario 1 unterstellt, summiert sich bis<br />

zum Jahr 2020 zu einer Marktanteilslücke von<br />

rund vier Prozentpunkten. Und das entspricht<br />

bei einem angenommenen Wachstum des LEH<br />

von durchschnittlich zwei Prozent pro Jahr ei-<br />

ner Differenz von dann rund sieben Milliarden<br />

Euro. Das sind immerhin zwölf Prozent des<br />

heutigen Ges<strong>am</strong>tumsastzes der <strong>Discounter</strong>.<br />

Für die Vollsortimenter und den Fachhandel<br />

enthalten die beiden Szenarien reziproke<br />

Perspektiven: Im ersten Szenario gewinnen sie<br />

allein durch die quantitative Veränderung der<br />

Lebenswelten Marktanteile hinzu. Insbesondere<br />

der Fachhandel profitiert von der Zunahme<br />

der zahlungskräftigeren, konsumfreudigeren<br />

und qualitätsorientierteren Rentnerhaushalte<br />

der Mittelschicht. Im zweiten Szenario setzt sich<br />

dagegen der Bedeutungsverlust insbesondere<br />

von Super- und Verbrauchermärkten fort.<br />

Im folgenden Kapitel wird gezeigt, welche Mit-<br />

tel und Wege den Marktteilnehmern zu Gebote<br />

stehen, die Entwicklung der mengen- wie wertmäßigen<br />

Nachfrage nach Gütern des täglichen<br />

Bedarfs zu ihren Gunsten zu beeinflussen.<br />

Prognose 2020: Fazit<br />

u Infolge des demografischen Wandels, der<br />

eine Verschiebung der Ausgaben im LEH<br />

mit sich bringt, müssen die <strong>Discounter</strong><br />

d<strong>am</strong>it rechnen, in Zukunft Marktanteile<br />

an die Vollsortimenter des LEH und den<br />

Fachhandel zu verlieren.<br />

u Dies gilt insbesondere für die <strong>Discounter</strong>,<br />

die überdurchschnittlich stark auf die<br />

jüngeren Lebenswelten ausgerichtet sind,<br />

Lidl und Penny.<br />

u Sollte es den <strong>Discounter</strong>n jedoch gelingen,<br />

heutige Kunden beim Übertritt in<br />

ältere Lebenswelten an sich zu binden,<br />

können sie weiter wachsen.<br />

u Doch auch im für die <strong>Discounter</strong> positiven<br />

Szenario sind die Wachstumsraten<br />

deutlich geringer als in den letzten Jahren.<br />

29


30<br />

Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />

Zukünftige Wachstumstreiber<br />

in LEH & Discount<br />

Der Handel verfügt heute<br />

über eine enorme Fülle an<br />

Daten zur Kundenanalyse,<br />

die er unter anderem durch<br />

zahlreiche Loyalitätsprogr<strong>am</strong>me<br />

gewinnt. Er weiß,<br />

wann und wie seine Kunden<br />

einkaufen, was sie kaufen<br />

und wofür sie sich interessieren<br />

– und das bis auf die<br />

Ebene einzelner Geschäfte.<br />

Doch allzu selten nutzt der Handel diese<br />

Informationen bislang, um Sortimente und<br />

<strong>Services</strong> optimal auf spezielle Kundenbedürfnisse<br />

zuzuschneidern. Er handelt nach wie vor<br />

nach der Devise: ‚Wir bieten, was die Kunden<br />

haben wollen‘, statt sich zu fragen: Was<br />

möchten meine Kunden künftig haben?<br />

Welche Trends zeichnen sich künftig ab?<br />

Vorausdenken, Bedürfnisse wecken und<br />

maßgeschneiderte Angebote machen<br />

– das unterscheidet künftig exzellente<br />

Unternehmen von den „nur“ guten.<br />

Customer Centricity: Neue Wege zum Kunden<br />

Customer Centricity<br />

– Alles, was Kunden wollen…<br />

In Sachen Kundenmanagement kann der<br />

Handel mit Fast Moving Consumer Goods viel<br />

vom Online-Handel lernen. Top-Anbieter wie<br />

Amazon bedienen nicht nur Kundenwünsche,<br />

sondern leiten aus Ist-Daten künftige Kaufentscheidungen<br />

ab. Solche Unternehmen nutzen<br />

die persönlichen Kaufbiografien ihrer Kunden,<br />

um sie an das Unternehmen zu binden.<br />

Neben den individuellen wandeln sich aber auch<br />

die kollektiven Bedürfnisse der Konsumenten.<br />

Basis für deren künftige Neuorientierung sind<br />

auch die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.<br />

Sie werden nicht nur die Sortimentsplanung<br />

und das Marketing des Handels<br />

massiv beeinflussen, sondern ganze Geschäftsmodelle<br />

auf den Prüfstand bringen.<br />

Im Folgenden werden einige major trends<br />

Welche Trends bestimmen die Zukunft – und wie kann man sie nutzen?<br />

beschrieben, die in den nächsten zwei Dekaden<br />

den Konsum und das Einkaufsverhalten der Verbraucher<br />

verändern und bestimmen werden.<br />

Neuorientierungen der Konsumenten unter veränderten Rahmenbedingungen…<br />

Alternde<br />

Gesellschaft<br />

… erfordern neue Kundenstrategien und Innovationen …<br />

… Sortiments- und<br />

Service-Innovationen<br />

zum Beispiel:<br />

u Regionalität + Bio<br />

u Interaktion <strong>am</strong> POS<br />

Wandel<br />

der<br />

Arbeit<br />

Neue<br />

F<strong>am</strong>ilien-<br />

Modelle<br />

Polarisierung<br />

von reich<br />

und arm<br />

… Format- und Filial-<br />

Innovationen<br />

zum Beispiel:<br />

u Convenience-Formate<br />

u Rückkehr Harddiscount<br />

Urbanisierung<br />

und<br />

Verödung<br />

Berücksichtigung<br />

von<br />

Migranten<br />

… Marketing-<br />

Innovationen<br />

zum Beispiel:<br />

u Mass-Media to Me-Media<br />

u Neue Dialogformen<br />

… basierend auf operativer Exzellenz und effektivem Talentmanagement


Alternde Gesellschaft<br />

Die Altersstruktur der deutschen Gesellschaft<br />

wird sich in den kommenden zwei Jahrzehnten<br />

massiv verändern. Ab etwa 2010 dringen die<br />

geburtenstärkeren Sechzigerjahrgänge, deren<br />

Kulminationspunkt der Geburtsjahrgang 1964<br />

ist, sukzessive ins Rentenalter vor. Allein bis<br />

2020 steigt die Zahl der Rentnerhaushalte an<br />

den Ges<strong>am</strong>thaushalten auf vierzig Prozent. Fast<br />

25 Mio. Menschen werden dann älter als 60 Jahre<br />

sein; die Zahl der Frauen ist in dieser Gruppe<br />

um fast 2,5 Mio. größer als die der Männer.<br />

Die finanzielle Ausstattung dieser sogenann-<br />

ten Generation Silber wird parallel zu ihrem<br />

zahlenmäßigen Wachstum in den kommenden<br />

Jahren immer besser. Das liegt einerseits an<br />

Renten und Pensionen, die aufgrund der teils<br />

sprunghaften Lohnsteigerungen der Vergangenheit<br />

in Zukunft höher liegen als heute;<br />

daran ändert auch die „deckelnde” Rentenformel<br />

nichts. Schon heute verfügt die Generation<br />

Silber über eine ebenso starke Kaufkraft<br />

wie die „werbe-relevante” Zielgruppe der bis<br />

49-Jährigen.<br />

Das Geldvermögen der älteren Generation<br />

steigt nicht zuletzt auch dank immer höherer<br />

Erbschaften stetig an. Im Durchschnitt verfügen<br />

die Haushalte 60+ bereits heute über 32 Tsd.<br />

Euro Geldvermögen. Zudem wohnt mehr als die<br />

Hälfte der entsprechenden Haushalte im eigenen<br />

Haus bzw. in der eigenen Wohnung und<br />

muss folglich keine Miete zahlen.<br />

Der „Nachfolger“ der Generation Silber, die<br />

heutigen Best Ager, sind finanziell noch besser<br />

ausgestattet. Zwar werden sie mit Eintritt ins<br />

Rentenalter weniger verdienen als heute, ihr<br />

Vermögen ist aber schon jetzt doppelt so hoch<br />

wie das der aktuellen Generation Silber, und<br />

auch der Eigenheimanteil ist höher. So kommt<br />

den älteren Lebenswelten, vor allem der Generation<br />

Silber, nicht nur zahlenmäßig eine stark<br />

wachsende Bedeutung zu. Sie gehören auch zu<br />

den qualitäts- und genussorientierten Verbrauchern.<br />

Diese Anforderungen zu bedienen, ist<br />

bisher nicht gerade die Stärke der <strong>Discounter</strong>.<br />

u Ältere Konsumenten legen beim Einkauf<br />

von FMCG, wie generell, Wert auf Gesundheit,<br />

Sicherheit, Convenience und Qualität, aber<br />

auch auf sozialen Kontakt und Kommunikation.<br />

Der Preis spielt für sie nicht die dominierende<br />

Rolle.<br />

u Die Generation Silber geht deutlich öfter<br />

zum Einkaufen als selbst die größeren F<strong>am</strong>ilien<br />

mit Kindern. Zwei Drittel von ihnen liebt dabei<br />

die persönliche Einkaufsatmosphäre in Supermärkten.<br />

Zumal sie dort ein Sortiment vorfinden,<br />

das ihnen gefällt.<br />

u Die Zahl der Premiumkäufer ist in der<br />

Generation Silber deutlich höher als in den anderen<br />

Käufersegmenten; 65 Prozent von ihnen<br />

geben generell Herstellermarken den Vorzug.<br />

Die Handelsmarken-Käufer in diesem Segment<br />

rekrutieren sich nahezu ausschließlich aus der<br />

Gruppe der finanziell schwachen Haushalte.<br />

Einkaufsverhalten der<br />

„Generation Silber”<br />

Markenwahl der Generation Silber<br />

bei Gütern des täglichen Bedarfs<br />

Premiumkäufer<br />

Promotionkäufer<br />

15<br />

27<br />

14<br />

45<br />

Jüngere<br />

(bis 49 J.)<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

Markenkäufer<br />

Handelsmarkenkäufer<br />

20<br />

23<br />

16<br />

41<br />

Best Ager<br />

(50 – 59 J.)<br />

29<br />

26<br />

10<br />

35<br />

Generation<br />

Silver<br />

(60 J.+)<br />

31


32<br />

Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />

Wandel der Arbeit Neue F<strong>am</strong>ilienmodelle<br />

Zwar sind die Herren immer noch in der Mehr-<br />

heit, wenn Kabinette oder Vorstände zus<strong>am</strong>-<br />

menkommen, aber sie sind zumeist nicht mehr<br />

unter sich. Die Berufstätigkeit von Frauen hat in<br />

den letzten drei Jahrzehnten deutlich zugenommen.<br />

1974 waren in der alten Bundesrepublik<br />

nur ein gutes Drittel aller sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten Frauen, in den kommenden<br />

Jahren wird sich die Quote der 50-Prozent-<br />

Marke immer weiter annähern.<br />

Berufstätige Frauen (und Männer) kaufen an-<br />

ders ein als nicht berufstätige. Dies gilt für ihre<br />

Produkt-, aber auch für ihre Einkaufsstättenpräferenz.<br />

Convenience steht hier hoch im Kurs,<br />

dies zeigt der Erfolg des LEH mit seinen frischen<br />

Salaten und Snacks. Die <strong>Discounter</strong> hinken hier<br />

noch hinterher, sind aufgrund der Lage ihrer Filialen<br />

teils aber auch in der schlechteren Position.<br />

Weiterhin verschwimmen die Grenzen zwischen<br />

Haushalt und Beruf immer weiter und immer<br />

schneller. „Home Work“, Berufsarbeit zu Hause,<br />

macht die Verbraucher flexibler und verändert<br />

ihre Konsumbedürfnisse.<br />

Frauenerwerbstätigkeit<br />

Anteil der Frauen an allen Beschäftigten 1 in %<br />

1974 2<br />

37,5<br />

1980 2<br />

38,6<br />

1990 2<br />

41,0<br />

2000 2006<br />

44,1<br />

1 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen<br />

2 altes Bundesgebiet<br />

Quelle: Statistisches Bundes<strong>am</strong>t, Stat. Jahrbuch 2007<br />

45,3<br />

Kirche, Küche, Kinder – zum Dreiklang des<br />

traditionellen Frauenmodells hat sich ein<br />

Viertes hinzugesellt: Karriere. Eine Folge: Die<br />

Haushalte sind heute im Durchschnitt deulich<br />

kleiner, und sie bleiben länger Klein- und<br />

Kleinsthaushalte. Die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte<br />

war im Jahr 2005 um fast<br />

20 Prozentpunkte höher als 1970. Selbst gegenüber<br />

dem Jahr 2000 nahmen sie innerhalb von<br />

fünf Jahren um rund zwei Prozentpunkte zu.<br />

Zwar werden diese Haushalte künftig nicht<br />

mehr so stark wachsen, aber sie werden das<br />

Konsum- und Einkaufsverhalten in seiner Ges<strong>am</strong>theit<br />

deutlich verändern. Dazu trägt auch<br />

die wachsende Zahl der Patchwork-F<strong>am</strong>ilien<br />

bei, Single- oder Paarhaushalte mit (Scheidungs-)Kindern<br />

auf Zeit.<br />

Der starke Anstieg der älteren Bevölkerung,<br />

verbunden mit deutlich veränderten Einstellungen<br />

und Lebensentwürfen wird neue Formen<br />

des Zus<strong>am</strong>menlebens im Alter hervorbringen,<br />

von der Alters-Wohngemeinschaft bis hin<br />

zu großen Mehr-Generationen-Haushalten.<br />

Haushaltsgrößen<br />

Anteil der jeweiligen Haushaltsformate in %<br />

1970 1<br />

12,9<br />

15,2<br />

19,6<br />

27,1<br />

25,1<br />

1991 2<br />

13,5<br />

17,1<br />

30,8<br />

33,6<br />

5,0<br />

1995 2000 2005<br />

12,4<br />

15,8<br />

32,1<br />

34,9<br />

Privathaushalte mit 1 2 3 4 5+ Personen:<br />

1 altes Bundesgebiet, 2 <strong>Deutschland</strong> Ges<strong>am</strong>t<br />

Quelle: Statistisches Bundes<strong>am</strong>t, Stat. Jahrbuch 2007<br />

4,7<br />

11,5<br />

14,7<br />

33,4<br />

36,1<br />

4,4<br />

10,8<br />

14,0<br />

33,9<br />

37,5<br />

3,9


Wachsende Polarisierung<br />

Die sozialen Unterschiede in <strong>Deutschland</strong><br />

nehmen zu, mit einschneidenden Folgen für<br />

die Sozialkassen, für das Steuersystem, für die<br />

öffentlichen Haushalte. Vor allem aber für die<br />

betroffenen Privathaushalte.<br />

Schon heute sagen in <strong>Deutschland</strong> 25 Prozent<br />

aller Haushalte von sich, dass sie mit dem ihnen<br />

zur Verfügung stehenden Geld (aus Einkommen<br />

und/oder Transferleistungen) vorne und<br />

hinten nicht auskommen. Diese Haushaltsgruppe<br />

ist in den letzten Jahren stetig gewachsen,<br />

und zwar gespeist aus der Mitte der Gesellschaft,<br />

also den Haushalten, die finanziell<br />

(noch) im Großen und Ganzen zurecht kommen.<br />

Seit die Preise für Lebensmittel ab Mitte des<br />

vergangenen Jahres teils deutlich steigen,<br />

haben vor allem die finanziell schwächeren<br />

Haushalte, aber auch die besser verdienenden<br />

ihre Mengennachfrage mehr oder weniger<br />

reduziert, und das nicht nur in den Warengruppen,<br />

in denen die Preise besonders stark<br />

gestiegen sind. Schon die tatsächliche Inflation<br />

ist laut Statistischem Bundes<strong>am</strong>t in einzelnen<br />

Konsumbereichen (Kraftstoffe, Heizöl,<br />

Lebensmittel, insb. Milch und Milchprodukte)<br />

beträchtlich, die „gefühlte” noch viel stärker.<br />

Laut Prognose von <strong>GfK</strong> und Accenture wird sie<br />

noch weiter zunehmen.<br />

Das gilt auch für die Polarisierung der Sorti-<br />

mente im Bereich der Fast Moving Consumer<br />

Goods. Bereits in den letzten Jahren waren<br />

die wertmäßigen Marktanteile von Premiumund<br />

Handelsmarken stetig gestiegen, während<br />

die Marken aus der zweiten und dritten<br />

Reihe massiv an Boden verloren. Die soziale<br />

Polarisierung wird auch die Markenpräferenzen<br />

und d<strong>am</strong>it die Verteilung von Herstellermarken<br />

und Private Labels im Lebensmittelhandel<br />

verändern. Die komplette Range der<br />

Artikel, vom Top- bis zum Preiseinstiegsprodukt,<br />

wird davon betroffen sein.<br />

Soziale Polarisierung<br />

Anteil der jeweiligen Haushaltsgruppe in %<br />

Haushalte…<br />

…die sich<br />

fast nichts<br />

leisten können<br />

u<br />

u<br />

Haushaltsverteilung<br />

<strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

…die im Großen<br />

und Ganzen<br />

zurecht kommen<br />

26 47<br />

23 47<br />

Ausgabenverteilung FMCG<br />

Urbanisierung und Verödung<br />

…die sich<br />

fast alles<br />

leisten können<br />

Polarisierung ist auch ein Trend im Wettbewerb<br />

zwischen Stadt und Land. Die Menschen zieht<br />

es mehr und mehr in die Städte, der Arbeit<br />

hinterher. Vor allem im Osten veröden dagegen<br />

ganze Landstriche. Aber auch traditionelle<br />

Industriehochburgen wie das Ruhrgebiet und<br />

das Sachsendreieck zwischen Dresden, Leipzig<br />

und Magdeburg sind davon betroffen.<br />

Während der LEH in strukturschwachen Ge-<br />

bieten durch die Abwanderung Kundschaft<br />

verliert, kommt es in den Metropolregionen<br />

zum scharfen Wettbewerb um attraktive und<br />

bezahlbare Standorte. Spürbare Verschiebungen<br />

in den einzelnen Filialnetzen dürften<br />

die Folge sein.<br />

In den Ballungsgebieten verändern sich zudem<br />

die Nachfrage- und Einkaufsgewohnheiten. So<br />

verlangt die urbane Kundschaft zunehmend<br />

nach bedürfnisgerechten Öffnungszeiten rund<br />

um die Uhr (24/7), nach speziellen Convenience-Stores<br />

oder Zusatzleistungen wie Fax-/<br />

Kopierservice, Postdiensten oder Lottoservice.<br />

27<br />

30<br />

33


34<br />

Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />

Ausländische Lebenswelten<br />

Altersgruppen<br />

[in % aller Bürger in <strong>Deutschland</strong>] Deutsche<br />

Ausländer<br />

5<br />

Quelle: <strong>GfK</strong><br />

8<br />

16<br />

27<br />

Migranten stellen einen großen Teil unserer Ge-<br />

sellschaft. 7,3 Mio. Menschen in unserem Land<br />

sind Ausländer, hinzu kommen rund acht Mio.<br />

Deutsche mit Migrationshintergrund. Das sind<br />

15 Mio. Verbraucher, von denen viele allerdings<br />

noch das meiste, was sie zum Leben brauchen,<br />

in ihrem „Heimatland” einkaufen: in kleinen<br />

türkischen, griechischen, asiatischen Lebensmittelläden,<br />

die zugleich als „Treffpunkt” dienen.<br />

20<br />

25<br />

bis 24 J. 24 – 34 J. 35 – 44 J. 45 – 54 J. 55 – 64 J. > 65 J.<br />

Ausländische Lebenswelten<br />

Hohe Affinität zu Werbung und Technik<br />

Zustimmung<br />

[in % aller Haushalte]<br />

Werbung<br />

„Werbung in Zeitung/<br />

Zeitschrift finde ich<br />

nützlich.”<br />

Quelle: <strong>GfK</strong><br />

52<br />

33 30<br />

Internet<br />

„Ich surfe gerne<br />

im Internet.”<br />

Berücksichtigung von Migranten<br />

48<br />

17<br />

Deutsche<br />

Ausländer<br />

24<br />

18<br />

Neuprodukte<br />

„Ich probiere gerne<br />

neue Produkte.”<br />

62<br />

82<br />

11<br />

24<br />

4<br />

Technik<br />

Besitzstand Handy<br />

76<br />

90<br />

Gerade die türkisch-stämmige Bevölkerung<br />

ist eine kaufkräftige Zielgruppe. Hier schlummern<br />

unausgeschöpfte Potenziale für den LEH.<br />

Allerdings gilt es, die speziellen Gewohnheiten<br />

dieser Klientel zu berücksichtigen. Gezieltes<br />

Ethno-Marketing könnte ein Ansatz sein, kurz:<br />

eine „deutsche Strategie in fremder Sprache“.<br />

Chancen im geografisch engen Umfeld<br />

Migranten leben „konzentriert”, vor allem in<br />

Städten, und selbst hier vorzugsweise in speziellen<br />

Bezirken. Der Ausländeranteil an der<br />

Ges<strong>am</strong>tbevölkerung beträgt 8,8 Prozent; in<br />

Frankfurt liegt er bei rund 27, in München bei<br />

ca. 23 Prozent. Aber selbst innerhalb dieser<br />

Städte ist die Streuung enorm. So gibt es Gebiete<br />

mit gerade einmal einem Prozent und andere<br />

mit mehr als 35 Prozent Ausländeranteil.<br />

Ausländer pflegen, selbst wenn sie schon lange<br />

in <strong>Deutschland</strong> leben, ihre eigene Kultur in<br />

F<strong>am</strong>ilien und sozialen Zirkeln. Dazu gehört auch<br />

der kleine Lebensmittelladen, der nicht nur Geschäft,<br />

sondern auch Treffpunkt ist. Hier Fuß zu<br />

fassen, ist eine Herausforderung für den LEH.<br />

Junge Haushalte, große Haushalte<br />

Die ausländischen Haushalte im <strong>GfK</strong>-<strong>Panel</strong> sind<br />

deutlich jünger und größer als die deutschen.<br />

Vor allem in den berufstätigen Altersklassen<br />

gibt es überproportional viele junge Ausländerhaushalte.<br />

In über der Hälfte aller türkischen<br />

Haushalte in <strong>Deutschland</strong> leben vier<br />

Personen und mehr – mit überproportional<br />

hoher, wenngleich spezieller Nachfrage.<br />

Aufgeschlossen und werbeaffin<br />

Ausländerhaushalte sind offener für Werbung<br />

als ihre deutschen Pendants. Dies betrifft<br />

sowohl Print- als auch Online-Werbung.<br />

Entgegen der landläufigen Meinung sind sie<br />

durchaus innovations- und probierfreudig.<br />

82 Prozent „probieren gerne neue Produkte<br />

aus”; in deutschen Haushalten liegt die Quote<br />

4 u.m.-Personen-HH<br />

nur bei 62 Prozent. Ein zielgerichtetes, aktives<br />

Marketing hilft, Potenziale in dieser Zielgruppe<br />

zu erschließen.


Was kann der Handel tun?<br />

– Umfassende Innovations-Offensive<br />

Um künftig Wachstum zu generieren, müssen<br />

die <strong>Discounter</strong>, aber nicht nur sie, die Kunden<br />

noch stärker ins Zentrum ihres Angebots und<br />

ihres Handelns rücken. Es entstehen immer<br />

mehr und immer deutlicher abgegrenzte<br />

Interessengruppen, die mit einem allgemeinen<br />

und gleichmachenden Marketing kaum noch<br />

erreichbar sein werden.<br />

Differenzierung ist ein Gebot der Zukunft: in<br />

den Sortimenten, in der Kundenansprache, in<br />

der Warenpräsentation und im Service. So wollen<br />

junge, gebildete, dyn<strong>am</strong>ische Zielgruppen<br />

ein Höchstmaß an Eigenständigkeit und Entscheidungsfreiheit<br />

(vor dem Regal, aber auch<br />

zwischen Shop und Internet), während ältere<br />

Zielgruppen weniger Komplexität, dafür aber<br />

mehr Service <strong>am</strong> Point of Sale erwarten.<br />

Sortiments- und Service-<br />

Innovationen<br />

Convenience und Wellness<br />

Convenience, Wellness und Genuss , das sind<br />

die Trends der letzten Jahre in den FMCG-<br />

Sortimenten. Sie werden dies – flankiert von<br />

anderen, zeit- und zeitgeistbezogenen Trends –<br />

auch in den nächsten Jahren bleiben.<br />

Zwischen 2002 und 2007 sind die Ausgaben für<br />

FMCG insges<strong>am</strong>t um lediglich sechs Prozentpunkte<br />

gestiegen. Für Convenience-Produkte<br />

wendeten die Verbraucher dagegen 34 Prozent<br />

mehr auf. Auch die <strong>Discounter</strong> haben diesen<br />

Trends erkannt und bieten seit einigen Jahren<br />

Tiefkühlkost sowie Frischeprodukte an. Dennoch<br />

sind beide Sortimente nach wie vor eher<br />

eine Domäne der Vollsortimenter.<br />

Ähnliches gilt für den Bereich Gesundheit/<br />

Wellness. Alle <strong>Discounter</strong> haben inzwischen<br />

Wachstumsmärkte: Convenience / Wellness / Enjoyment<br />

Index: Ausgaben 2002 = 100<br />

Convenience<br />

Gesundheit/Wellness<br />

Genuss<br />

FMCG ges<strong>am</strong>t<br />

Quelle: <strong>GfK</strong> ConsumerScan<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

100<br />

110<br />

106<br />

102<br />

104<br />

120<br />

112<br />

108<br />

102 102<br />

ein eigenes Label für Drogerieprodukte wie<br />

beispielsweise Cremes. Und das Segment „Bio”<br />

wird vor allem von den <strong>Discounter</strong>n forciert.<br />

Wachstumssegmente sind auch functional<br />

food und functional drinks, also Produkte mit<br />

Zusatznutzen. Sie punkten unter anderem mit<br />

Vit<strong>am</strong>in- und anderen Nährstoffzugaben. Populäre<br />

Beispiele sind Red Bull, Bionade und Yakult.<br />

Regional und biologisch<br />

In Zeiten der Globalisierung gewinnt die Region<br />

an Bedeutung, unter anderem wegen der<br />

Klima-Implikationen. In den meisten Lebenswelten<br />

gibt es bereits heute eine beachtliche<br />

Zielgruppe für regional und biologisch erzeugte<br />

Produkte. Zwar bieten auch die <strong>Discounter</strong><br />

zahlreiche Bio-Eigenmarken an, aber die<br />

Kombination mit „regional” ist eher selten.<br />

Welche Bedeutung die Themen Klima und<br />

Umwelt (und d<strong>am</strong>it auch Regionalität) für die<br />

Verbraucher haben, zeigt eine <strong>GfK</strong>-Studie von<br />

2007. Darin rangiert der Vorsatz, künftig mehr<br />

regionale Produkte zu kaufen, auf einem der<br />

vorderen Plätze.<br />

131<br />

118<br />

113<br />

139<br />

123<br />

116<br />

105<br />

134<br />

125<br />

115<br />

106<br />

35


36<br />

Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />

Wachstum der Eigenmarken<br />

Handels- oder Eigenmarken sind in <strong>Deutschland</strong><br />

derzeit noch eine Domäne der <strong>Discounter</strong>,<br />

sie verkaufen 80 Prozent aller Eigenmarken in<br />

<strong>Deutschland</strong>. Die Sortimente von Aldi bestehen<br />

fast ausschließlich aus Eigenmarken.<br />

Das ist zum Beispiel in England ganz anders;<br />

dort gehören Handelsmarken zum Standardsortiment<br />

des Lebensmittelhandels. Folge: In<br />

Großbritannien wird bei 82 Prozent aller Shoppingtrips<br />

auch zumindest eine Handelsmarke<br />

gekauft. In <strong>Deutschland</strong> liegt der Anteil der<br />

Einkäufe, bei denen eine Eigenmarke des Handels<br />

gekauft wird, dagegen nur bei 55 Prozent.<br />

Doch auch hier ist der Erfolg der Handelsmarken<br />

beeindruckend. Sie sind quasi Huckepack auf<br />

der Erfolgswelle der <strong>Discounter</strong> zum wertmäßig<br />

größten Markensegment aufgestiegen. Ihr Anteil<br />

<strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tangebot des LEH beträgt derzeit<br />

rund 38 Prozent; der mengenmäßige Anteil ist<br />

natürlich viel größer. Der überproportionale<br />

Anstieg der Mehrwert-Handelsmarken, die<br />

preislich über den Preiseinstiegs-Handelsmarken<br />

Erfolgsfaktor Eigenmarken<br />

Eigenmarken im europäischen Vergleich<br />

Anteil an Einkaufstrips, bei denen auch mindestens<br />

ein Eigenmarken-Produkt gekauft wurde [in %]<br />

GB<br />

F<br />

CH<br />

D<br />

ES<br />

FIN<br />

Quelle: Accenture, 2006<br />

I<br />

26<br />

34<br />

55<br />

54<br />

73<br />

70<br />

82<br />

positioniert sind, zeigt zudem, dass das Konzept<br />

dehnbar und noch lange nicht ausgereizt ist.<br />

Die Bedeutung der Handelsmarken wird hierzulande<br />

in den nächsten Jahren weiter zunehmen,<br />

und zwar unabhängig vom Wachstum der<br />

<strong>Discounter</strong>. 2010 werden im Bereich der FMCG<br />

voraussichtlich 85 Mrd. Euro mit Handelsmarken<br />

umgesetzt. Das ist mehr als die Hälfte des<br />

ges<strong>am</strong>ten LEH-Umsatzes. Davon entfällt ein<br />

größerer Teil als heute auf die Vollsortimenter,<br />

die mit Eigenmarken ihre Sortimente preislich<br />

weiter aufspreizen und an die Bedürfnisse unterschiedlicher<br />

Kundengruppen anpassen.<br />

Ziel des Handels ist es, dass die Handelsmarken<br />

selbst als „Marke“ wahrgenommen werden;<br />

so soll mit der neuen Rewe sogar ein ganzes<br />

Handelsunternehmen zur Marke aufgebaut<br />

werden. Über seine Handelsmarken erlangt<br />

der Handel zudem Kenntnisse über die Kostenstrukturen<br />

auch der Herstellermarken. Diese<br />

Transparenz über die Kosten führt zu einem<br />

enormen Machtzuwachs des Handels bei den<br />

Einkaufsverhandlungen mit der Industrie.<br />

Private Labels als Wachstumstreiber<br />

Voraussichtliches Wachstum bis 2010<br />

[in Mrd. �, Wachstumsrate in %]<br />

2005 2010<br />

D<br />

F<br />

CH<br />

GB<br />

Emerging<br />

Markets<br />

7<br />

13<br />

16<br />

64<br />

59<br />

72<br />

27<br />

+27%<br />

+322%<br />

+32%<br />

+44%<br />

Quelle: Institute of grocery distribution, 2006<br />

+26%<br />

85<br />

85<br />

91


Format- und Filial-<br />

Innovationen<br />

Ursache für den Wandel der Geschäftsformate<br />

des Handels sind die veränderten Lebens- und<br />

Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher. In<br />

den städtischen Ballungszentren ist dieser<br />

Wandel schon weiter als auf dem Land, und im<br />

Ausland ist er weiter vorangeschritten als in<br />

<strong>Deutschland</strong>. Der Blick über die Grenzen zeigt,<br />

was auf Handel und Verbraucher hierzulande<br />

zukommt.<br />

… zum Beispiel: Premium Stores<br />

Für den wohlhabenderen Teil der Gesellschaft<br />

wird es in wachsendem Maße Premium-Stores<br />

geben. Diese Shops unterscheiden sich von<br />

den gängigen Feinkostgeschäften durch ein<br />

breiteres Sortiment, wie heute schon bei den<br />

süddeutschen Anbietern Dallmayr und Käfer. Sie<br />

ziehen Kaufkraft aus dem LEH ab, es sei denn,<br />

die großen Einzelhändler treten selbst als Betreiber<br />

solcher Premium Stores auf.<br />

… zum Beispiel: Convenience Shops<br />

In diesem „Laden um die Ecke“ steht die<br />

Bequemlichkeit des Einkaufens im Vordergrund,<br />

mit Öffnungszeiten rund um die Uhr an sieben<br />

Tagen der Woche. Kunden dieser Convenience<br />

Shops erwarten kein umfassendes, dafür aber<br />

ein wechselndes Sortiment, mit speziellen<br />

Angeboten zum Frühstück, Salaten und Snacks<br />

zu Mittag und Ready-to-eat-Produkten <strong>am</strong><br />

Abend. Solche Convenience-Shops betreibt die<br />

<strong>am</strong>erikanisch-japanische 7-Eleven-Kette in rund<br />

20 Ländern weltweit äußerst erfolgreich, in<br />

Europa vor allem in Skandinavien.<br />

… zum Beispiel: Harddiscount<br />

Als Reaktion auf die wachsenden finanziellen<br />

Schwierigkeiten zahlreicher Haushalte könnte es<br />

zu einer Rückkehr des Harddiscounts kommen,<br />

der ein Basisspektrum an Artikeln für solche<br />

Zielgruppen anbietet, denen selbst die heutigen<br />

<strong>Discounter</strong> zu teuer geworden sind. Dieser neue<br />

Harddiscount zeichnet sich aus durch absolute<br />

Best-Preis-Fixierung, ein Basissortiment<br />

(ca. 400 - 600 Artikel) mit dem Allernötigsten,<br />

100 Prozent Eigenmarkenanteil, den Verzicht<br />

auf jegliche Ladengestaltung, Warenpräsentation<br />

ausschließlich in Transport- und Umverpackungen<br />

(Shelf-Ready-Packaging) und den<br />

Verzicht auf jeglichen Service.<br />

Die Frage ist natürlich, wie Aldi und Lidl auf ein<br />

solches Konzept reagieren. Sie werden kaum<br />

selbst die Betreiber sein, weil sie sich dadurch<br />

in ihren bestehenden Läden den Ruf als Preisführer<br />

untergraben. Andererseits besitzen die<br />

beiden führenden <strong>Discounter</strong> so große Einkaufsund<br />

Marktmacht, dass sie einem Konzept unterhalb<br />

des bestehenden Discounts das (Über-)<br />

Leben sehr schwer machen können.<br />

Das „back to the roots“ des Discounts ist jedenfalls<br />

eine der spannendsten Fragen (ob, wie,<br />

wer?) der künftigen LEH-Entwicklung.<br />

37


38<br />

Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />

Marketing-<br />

Innovationen<br />

Im Zuge der gesellschaftlichen und technolo-<br />

gischen Veränderungen wandeln sich auch die<br />

Kauf- und Konsumgewohnheiten mit bislang<br />

nicht gekannter Dyn<strong>am</strong>ik. Erst wenige Jahre ist<br />

es her, dass Amazon und eBay das Einkaufsverhalten<br />

der Deutschen revolutionierten. 3,2,1 …<br />

meins! gilt mittlerweile für fast alle frei handelbaren<br />

Waren und Dienstleistungen. In einigen<br />

Branchen – z.B. der Reiseindustrie – hat das<br />

Internet gar zu einer Verdrängung des bis dato<br />

dominierenden Stationärhandels geführt.<br />

Auch bei der Informationsbeschaffung gehen<br />

die Verbraucher neue Wege: Sind höherwertige<br />

Anschaffungen geplant, suchen Kunden nicht<br />

mehr den Fachhandel auf, um sich zu informieren,<br />

vielmehr „besuchen“ sie einschlägige Foren<br />

und führen Preisvergleiche auf Suchmaschinen<br />

wie geizhals.de oder ciao.de durch.<br />

Der Siegeszug des Internet und die weitere<br />

Ausbreitung der Mobilfunktechnologien werden<br />

zunehmend auch das Marketing im<br />

Lebensmittelhandel und d<strong>am</strong>it auch im<br />

Discount verändern. Einige, für die nähere<br />

Zukunft sehr nachhaltige Entwicklungen sind<br />

nachfolgend dargestellt.<br />

u Von Mass Media zu Me Media<br />

Zur Kundenansprache werden bislang im LEH<br />

fast ausschließlich Formen des „Massenmarketing“<br />

verwendet. Fernsehspots, Wurfsendungen<br />

und Beilagen richten sich bei Rewe<br />

& Co. nicht an einen bestimmten, fest eingegrenzten<br />

Kundenkreis, sondern an ein möglichst<br />

breites Spektrum von potentiellen Konsumenten.<br />

Auf den Discountbereich übertragen,<br />

kann man auch vereinfacht sagen: Wenn Aldi<br />

informiert, dann nicht den einzelnen Konsumenten<br />

- sondern ganz <strong>Deutschland</strong>!<br />

Die Ära der „klassischen Kommunikationsund<br />

Werbemedien“ steht jedoch vor ihrem<br />

Ende. Mit Ausnahme von „Wetten dass….?“<br />

und sportlichen Großereignissen gelingt es<br />

nur noch wenigen Formaten „jung“ und „alt“<br />

sowie „arm“ und „reich“ vor dem Bildschirm zu<br />

vereinen. Die Mediennutzung wird zunehmend<br />

fragmentierter; die Grenzen zwischen Internet<br />

und Fernsehen verschwimmen. Mit dem Handy<br />

ist zudem ein weiterer Kommunikationskanal<br />

hinzugekommen, dem auch hinsichtlich der<br />

Mediennutzung eine immer größere Bedeutung<br />

zukommt.<br />

Bereits jetzt beklagen die Marketingabtei-<br />

lungen der großen Handelsunternehmen, dass<br />

die bewährten Formen der Kundenansprache<br />

nicht mehr die gewünschte Wirkung erzielen.<br />

Eine hohe Anzahl gesendeter Spots, sei es im<br />

Radio oder im TV, garantiert nicht mehr ablesbar<br />

höhere Filialumsätze in den Folgetagen.<br />

In den Printmedien sorgen eine Überflutung<br />

an Beilagen und eine geringere „Leseintensität“<br />

der Konsumenten für eine Zunahme der<br />

gefürchteten „Streuverluste“.<br />

Neue Formen des Kundendialogs<br />

Traditional<br />

Media goes<br />

interactive<br />

7<br />

8<br />

Virtual<br />

Advertising<br />

Quelle: <strong>GfK</strong><br />

Mobile<br />

Marketing<br />

Viral<br />

Marketing<br />

6<br />

1 2<br />

3<br />

PoS<br />

Interaction<br />

Ambient<br />

Media<br />

5<br />

4<br />

Web 2.0/3D<br />

TV moving<br />

online


Mit der Weiterentwicklung der aktuellen<br />

Technologien wird es jedoch in zunehmendem<br />

Maße möglich sein, Kunden direkter anzusprechen<br />

und d<strong>am</strong>it Streuverluste zu vermeiden.<br />

Auf Basis vorhandener Kundendaten wer-<br />

den Werbebotschaften für die jeweiligen<br />

Zielgruppen „maßgeschneidert“. So werden<br />

Schnäppchenjäger mit den aktuellen Angeboten;<br />

Weinliebhaber mit den Testergebnissen<br />

des geführten Riesling- oder Spätburgundersortiments<br />

versorgt. Dass Kunden dabei<br />

persönlich mit ihrem N<strong>am</strong>en angesprochen<br />

werden, braucht nicht mehr explizit hervorgehoben<br />

zu werden.<br />

Der Übergang von Mass- zu Me-Media wird<br />

aber nicht nur das wer und was, sondern in<br />

erster Linie auch das wann, wo und wie verändern.<br />

Man kann sich gut vorstellen, welche<br />

Vorteile sich bieten, wenn Hausfrauen vormittags<br />

einen „Vorschlags-Einkaufszettel“ über<br />

ihr Handy erhalten oder an Berufstätige noch<br />

kurz vor Arbeitsschluss und der Fahrt nach<br />

Hause ein Newsletter mit neuesten Angeboten<br />

per Mail versendet wird.<br />

Bereits jetzt ist es zudem möglich, den geografischen<br />

Standort registrierter Handynutzer<br />

zu bestimmen: Nähern sich diese Kunden einer<br />

Filiale, werden ausgewählte Angebote per<br />

SMS verschickt – Routenführung inklusive!<br />

u Multi-Channel Retailing<br />

Die neuesten Technologien erreichen ihren<br />

maximalen Wirkungsgrad jedoch nur dann,<br />

wenn sie in ein Multi-Channel Konzept eingebettet<br />

sind. Denn das Informationsverhalten<br />

der Kunden ist heute schon mehrgleisig:<br />

Durch die Fernsehwerbung oder Printmedien<br />

aufmerks<strong>am</strong> geworden, genügt ein Blick ins<br />

Internet, um sich noch fehlende Informationen<br />

zu beschaffen. Dennoch werden die<br />

einzelnen Kanäle im LEH viel zu häufig noch<br />

unabhängig voneinander „optimiert“.<br />

So bieten die Homepages der großen Handelskonzerne<br />

heute zwar schon einen grafisch<br />

ansprechenden Auftritt und eine Reihe sinnvoller<br />

Funktionalitäten, die Vernetzung des<br />

Internets mit den weiteren Kommunikations-,<br />

vor allem aber mit den Absatzkanälen steckt<br />

jedoch noch in den Kinderschuhen.<br />

Im Rahmen des Multi Channels wird sich das<br />

Zus<strong>am</strong>menspiel von Printmedien, Internet,<br />

TV und Radio, Handy und letztendlich den<br />

Filialen immer weiter verbessern. Bald wird es<br />

für Kunden möglich sein, einen in einer Zeitungsbeilage<br />

beworbenen Artikel per „Click<br />

and Reserve“-Funktionalität auf der Internetseite<br />

zu reservieren und <strong>am</strong> darauf folgenden<br />

Tag – nachdem die Verfügbarkeit per SMS<br />

oder durch den Anruf über ein Call Center<br />

bestätigt wurde – in der für ihn nächsten<br />

Filiale abzuholen. Ein Anstehen noch weit<br />

vor Ladenöffnung, um beispielsweise einen<br />

der begehrten Aldi PCs zu bekommen, würde<br />

dann entfallen.<br />

39


40<br />

Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />

Operative Exzellenz<br />

und Talentmanagement<br />

Mit dem Einsatz von Scannerkassen bei Aldi<br />

ist eine der letzten Bastionen im K<strong>am</strong>pf gegen<br />

eine zunehmende Technisierung des Handels<br />

gefallen. Nach jahrelangem Wettstreit mussten<br />

sich „die schnellsten Finger <strong>Deutschland</strong>s“<br />

an den Kassen von Albrechts <strong>Discounter</strong>kette<br />

den Scannersystemen geschlagen geben. Zu<br />

häufig erwiesen sich die neuen Techniken<br />

bei Testkäufen als schneller, genauer und<br />

d<strong>am</strong>it letztendlich auch als wirtschaftlicher.<br />

Die Glaubensfrage „Mensch oder Maschine“<br />

war d<strong>am</strong>it auch im Lebensmitteleinzelhandel<br />

entschieden.<br />

Beim Einsatz neuer Technologien ist der Han-<br />

del anderswo aber teils deutlich weiter als in<br />

<strong>Deutschland</strong>, wie Studien und Projekte von<br />

Accenture weltweit belegen. So differenzieren<br />

sich erfolgreiche Unternehmen im internationalen<br />

Lebensmittelhandel, wie z.B. Tesco und<br />

Wal-Mart, zunehmend durch ihren analytischen<br />

Vorsprung im Vergleich zum Wettbewerb.<br />

Der Einsatz modernster Technologien ermöglicht<br />

es ihnen, ihre profitabelsten Kunden<br />

zu identifizieren, Produktinnovationen gezielt<br />

zu entwickeln, ihre Supply-Chain effizient zu<br />

steuern, Preise quantitativ zu optimieren und<br />

zentrale wirtschaftliche Erfolgstreiber gezielt<br />

zu steuern.<br />

u Tesco gelingt es beispielsweise durch die<br />

Nutzung von Kundendaten bei K<strong>am</strong>pagnen<br />

eine zehnmal höhere Reaktionsrate zu erzielen<br />

als der Branchendurchschnitt.<br />

u Das Data-Warehouse von Wal-Mart integriert<br />

Daten aus sämtlichen Bereichen entlang<br />

der ges<strong>am</strong>ten Handelsprozesskette in einer einheitlichen<br />

Plattform, die umfassende Analysen<br />

von Zus<strong>am</strong>menhängen erlaubt. Wissen wird hier<br />

zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil.<br />

u Eine High Performance Retailing Studie von<br />

Accenture in den USA zeigt, dass 65 Prozent der<br />

erfolgreichen Handelsunternehmen über umfassende<br />

analytische Hilfsmittel zur Entscheidungsunterstützung<br />

verfügen, während weniger<br />

erfolgreiche Händler solche Instrumente nur zu<br />

23 Prozent einsetzen.<br />

Ein Instrument, das wohl alle großen Einzel-<br />

handelsfilialisten gerne nutzen würden, und<br />

das sich seit Jahren im fortschreitenden Prozess<br />

der Erprobung befindet, ist die Radiotechnologie<br />

zur Steuerung eines ganzen Bündels von<br />

Einzelhandelsprozessen, kurz: RFID. Als nächstes<br />

könnte dann die Einführung biometrischer Verfahren<br />

den Einzelhandel revolutionieren.


u RFID – das neue Zauberwort<br />

RFID ist das neue Zauberwort, wenn es derzeit<br />

um Innovationen in der Einzelhandelslogistik<br />

geht. Und tatsächlich lassen sich mit Einsatz<br />

von RFID Technologien erhebliche Verbesserungspotentiale<br />

in der Steuerung des Warenflusses<br />

erzielen. Planmengen können detaillierter<br />

festgelegt und Anlieferungstermine<br />

genauer bestimmt werden; Lagerhaltung<br />

und Warenverräumung werden effizienter.<br />

Durch eine exaktere Bestandsführung können<br />

zudem Überbestände und somit Abschriften<br />

vermindert werden. Erhebliche Erleichterungen<br />

ergeben sich auch bei Inventur und<br />

Preisauszeichnung.<br />

RFID wird aber auch zu einem Wandel der<br />

Einkaufsprozesse in den Filialen führen.<br />

„Mitdenkende Einkaufswagen“ ermöglichen<br />

es den Kunden, voreingestellte Einkaufszettel<br />

abzurufen. Scannersysteme geben jederzeit<br />

einen Überblick über die zus<strong>am</strong>mengestellten<br />

Waren. Zur Bezahlung ist nur noch das Passieren<br />

einer Schranke mit dem vollbeladenen<br />

Einkaufswagen nötig. Ja, selbst „sprechende<br />

Einkaufsassistenten“, die auf aktuelle Angebote<br />

an dem Regal hinwiesen, an dem sich<br />

der Kunde gerade befindet, sind längst keine<br />

Utopie mehr.<br />

Für den Discountbereich sind die Einsatzfelder<br />

von RFID derzeit noch begrenzt. Zu schlank<br />

sind die Logistikstrukturen und zu übersichtlich<br />

die Artikelanzahl. Logistisch aufholen<br />

werden jedoch Supermarktketten und Verbrauchermärkte<br />

mit ihren vielschichtigen und<br />

umfangreichen Sortimenten. Voraussetzung<br />

dafür ist jedoch, dass die Kosten für den<br />

Einsatz von RFID weiter sinken und die noch<br />

bestehenden Systemunsicherheiten beseitigt<br />

werden.<br />

u Biometrie – bezahlen per Fingerabdruck<br />

Wer häufiger in die Vereinigten Staaten reist,<br />

kennt die Prozedur: Neben den üblichen<br />

Einreiseformalitäten müssen USA-Reisende<br />

die Erfassung der Fingerabdrücke und einen<br />

Scan der Gesichtskonturen über sich ergehen<br />

lassen. Mit dieser Erfassung der biometrischen<br />

Daten erhofft sich die <strong>am</strong>erikanische Regierung<br />

eine schnellere Erkennung und Ermittlung<br />

terrorverdächtiger Personen.<br />

Biometrische Verfah-<br />

ren werden zukünf-<br />

tig jedoch nicht nur<br />

bei der Einreise und<br />

der Personenfahndung<br />

eingesetzt,<br />

auch im Lebensmitteleinzelhandel<br />

bietet sich eine Reihe<br />

von pragmatischen<br />

Einsatzfeldern.<br />

In Verbindung mit<br />

neuen Kassensystemen<br />

wird in nicht<br />

allzu ferner Zukunft<br />

die Bezahlung per<br />

Fingerabdruck Realität.<br />

Displays und<br />

In-Store Monitore<br />

erkennen Geschlecht,<br />

Alter und ethnische<br />

Herkunft der Kunden<br />

und wechseln zielgruppengerecht<br />

ihre<br />

Werbebotschaften.<br />

Geben Kunden<br />

ihr Einverständnis – z.B. im Rahmen eines<br />

Loyalitätsprogr<strong>am</strong>ms – so werden sie künftig<br />

bereits bei Betreten des Ladens per Videoerfassung<br />

erkannt und durch einen Mitarbeitet<br />

persönlich begrüßt – und dies nicht nur in<br />

ihrer „St<strong>am</strong>mfiliale“!<br />

41


42<br />

Zukünftige Wachstumstreiber in LEH & Discount<br />

u Wanted: Der Handelsmanager der Zukunft<br />

Eine typische Karriere im LEH beginnt im<br />

Regelfall <strong>am</strong> Point of Sale. Hat man sich innerhalb<br />

einer Filiale bzw. eines Marktes bewährt,<br />

folgt als nächster Schritt die Übernahme eines<br />

Bezirks oder der Wechsel in eine Zentralfunktion.<br />

Der Primat der „Erfahrung an der Kundenfront“<br />

gilt ohne Ausnahme und so finden<br />

sich auch Hochschulabsolventen nach mehreren<br />

Jahren akademischer Ausbildung als<br />

zukünftige Bereichsleiter bei Aldi oder Lidl<br />

beim Verräumen von Milchkartons oder beim<br />

Kassieren an der Kasse wieder.<br />

Nicht wenige der heute erfolgreichen Handels-<br />

manager haben ihre Karriere gar als Lehrling<br />

in einem Handelsunternehmen begonnen und<br />

sind dann Stufe für Stufe die Erfolgsleiter emporgestiegen.<br />

Pragmatismus, hohe Einsatzbereitschaft<br />

und ein „gutes Bauchgefühl“ für das,<br />

was Kunden wünschen, waren die Garanten<br />

für ein schnelles Weiterkommen. Gelang dann<br />

noch die Verknüpfung dieser Attribute mit der<br />

Fähigkeit, Mitarbeiter zu führen, stand einer<br />

steilen Karriere nichts mehr im Wege.<br />

Im Zuge der dyn<strong>am</strong>ischen Veränderungen<br />

werden die Anforderungen an die Handelsmanager<br />

jedoch zunehmend komplexer. In<br />

Zeiten schnell wechselnder Sortimente, knapper<br />

Margen und geringer Kostenspielräume<br />

rücken analytische Fähigkeiten immer mehr<br />

in den Vordergrund. Bei Vollsortimentern<br />

müssen Marktleiter die Verfügbarkeit von bis<br />

zu 80.000 Artikeln sicherstellen, den Einsatz<br />

von externen Dienstleistern steuern und mehrere<br />

hundert Mitarbeiter während Öffnungszeiten<br />

von 08:00 Uhr bis 22:00 Uhr koordinieren.<br />

Ohne technische Unterstützung und ein<br />

tiefes Systemverständnis sind diese Aufgaben<br />

nicht mehr zu bewältigen.<br />

Die Technisierung – aber speziell auch die<br />

immer schneller fortschreitende Internatio-<br />

nalisierung – hinterlassen deutliche Spuren<br />

hinsichtlich der Qualifizierung zukünftiger<br />

Führungskräfte. Zwar erwarten Aldi und Lidl<br />

von ihrem Managementnachwuchs auch weiterhin<br />

primär einen guten Universitätsabschluss<br />

und die Bereitschaft, Personalverantwortung<br />

zu übernehmen, Fremdsprachen-Zertifikate,<br />

Praktika im Ausland und hohe analytische<br />

Fähigkeiten werden jedoch mit immer<br />

größerem Wohlwollen betrachtet.<br />

Mit Blick auf die Wachstumsraten außerhalb<br />

der deutschen Grenzen wird der Trend zu<br />

Internationalisierung und Technisierung in<br />

den nächsten Jahren weiter zunehmen. Schon<br />

jetzt zeichnet sich dies bei den beiden großen<br />

Discountketten ab: strebt man bei Aldi oder<br />

Lidl eine attraktive Zentralfunktion oder den<br />

Posten eines Prokuristen in einer der Regionalgesellschaften<br />

an, ist ein vorheriger Einsatz im<br />

Ausland nahezu Pflicht.<br />

Fraglich bleibt d<strong>am</strong>it schließlich auch, wie<br />

lange „deutsch“ noch die Sprache der <strong>Discounter</strong><br />

bleiben wird. Derzeit berichten bei Aldi die<br />

meist noch deutschen Länderverantwortlichen<br />

in ihrer Muttersprache an den Verwaltungsrat.<br />

Bei anderen großen Händlern wurde der<br />

„switch“ zu Englisch schon vollzogen. Gut<br />

vorstellbar, dass sich auch <strong>Discounter</strong> von ihren<br />

Traditionen als klassische Einzelhändler lösen<br />

und sich mehr und mehr als multinationale<br />

Konzerne verstehen. Spätestens dann hat die<br />

„Wachablösung“ in den Führungsspitzen und<br />

d<strong>am</strong>it die Suche nach den besten Köpfen bzw.<br />

der „War for Talent“ im LEH begonnen.


Fazit: Die Zukunft des Handels<br />

in <strong>Deutschland</strong><br />

Der Verbrauchsgüterhandel in <strong>Deutschland</strong><br />

unterscheidet sich von dem anderer europäischer<br />

Länder vor allem durch die Marktmacht<br />

der <strong>Discounter</strong>. Sie bewirkt, dass sich die großen<br />

europäischen Handelskonzerne wie Carrefour<br />

oder Tesco bislang hier nicht engagieren<br />

und selbst der <strong>am</strong>erikanische Handelsriese Wal-<br />

Mart, größter Lebensmittelfilialist der Welt,<br />

nach ein paar erfolglosen Jahren die Segel<br />

streichen musste. – <strong>Deutschland</strong>, das Land der<br />

wehrhaften „Gallier”, denen die Zauberformel<br />

„einfach-billig-massenhaft” übernatürliche<br />

Kräfte im globalen Wettbewerb verleiht?<br />

Einfach, in Sortiment und Präsentation, sind<br />

die <strong>Discounter</strong> immer noch, und dank des stürmischen<br />

Wachstums der letzten Jahre können<br />

Sie beim Einkauf jetzt noch mehr Masse in die<br />

Waagschale werfen. Aber billig sind sie nicht<br />

mehr. Selbst der gleichbleibend große Abstand<br />

zu den anderen Formaten des LEH kann nicht<br />

verschleiern, dass sich die <strong>Discounter</strong> derzeit als<br />

die größten Nutznießer einer von den Erzeugern<br />

angestoßenen Preisoffensive in Stellung<br />

bringen.<br />

Sie reagieren d<strong>am</strong>it auf Wachstumsrestrikti-<br />

onen, die der stürmische Aufstieg zwangs-<br />

läufig mit sich gebracht hat. Und so werden<br />

die Karten im deutschen LEH in den nächsten<br />

Jahren neu gemischt. Mit <strong>am</strong> Tisch sitzen<br />

dabei auch Player, die, weil neu in der Runde,<br />

schwer einzuschätzen sind: ausgebuffte Profis<br />

aus dem Ausland, kreative Akteure mit neuen<br />

Ideen und Strategien sowie im Hintergrund das<br />

Publikum, die Verbraucher, der sprichwörtliche<br />

„zwölfte Mann“, der, wie im Fußball, schon so<br />

manches Spiel entschieden hat.<br />

So lassen sich die entscheidenden Wegscheiden<br />

für die unterschiedlichen Handelsformate in<br />

etwa so skizzieren:<br />

Für die <strong>Discounter</strong> gilt: Das scheinbar unbegrenzte<br />

Wachstum auf Basis der „klassischen“<br />

Erfolgsfaktoren hat seinen Zenit erreicht. Dichte<br />

und Profitabilität des Filialnetzes erscheinen<br />

ebenso ausgereizt wie die bekannt großen<br />

Einkaufsvolumina mit den entsprechenden Rabatten.<br />

Jetzt sind ganz neue Ansätze gefragt,<br />

um nicht <strong>am</strong> Ende ähnlichen komplexitätsbedingten<br />

Problemen gegenüberzustehen wie<br />

die „normalen“ Supermärkte mit ihren Vollsortimenten.<br />

Kurz: Die <strong>Discounter</strong> müssen sich<br />

neu erfinden, sonst erfinden <strong>am</strong> Ende andere<br />

den „neuen“ <strong>Discounter</strong>!<br />

Die klassischen Einzelhandelsgeschäfte pro-<br />

fitieren in den nächsten Jahren von der wach-<br />

senden Schar älterer Verbraucher. Doch diese<br />

Verbraucher sind anspruchsvoller, qualitäts- und<br />

serviceorientierter als die älteren Kunden von<br />

heute. Der Handel muss, wie auch die Hersteller,<br />

die neue Generation Silber ins Zentrum<br />

eines eigenständigen Marketings stellen, mit<br />

entsprechenden Sortimenten, Marken und<br />

<strong>Services</strong>. Es ist anzunehmen, dass die <strong>Discounter</strong><br />

die zahlungskräftige Kundschaft nicht einfach<br />

ziehen lassen und sich mit der jungen und der<br />

finanzschwachen Klientel begnügen. Der K<strong>am</strong>pf<br />

ums Geld der Generation Silber hat gerade erst<br />

begonnen!<br />

Wenn die Kunden „leben“ wollen, kann der<br />

Handel nicht schlafen. Neue Arbeits- und<br />

Lebensbedingungen bringen neue Wünsche<br />

und Bedürfnisse hervor, auch und gerade beim<br />

Einkaufen. Neue Handelsformate offerieren<br />

rund um die Uhr ihr bedarfsgerechtes Angebot,<br />

vom Frühstücksbuffet bis zum nächtlichen<br />

Snack. Wer wird diese Formate betreiben? Die<br />

<strong>Discounter</strong> wohl kaum, der deutsche Einzelhandel<br />

vielleicht, ganz sicher aber die smarten<br />

und flexiblen Händler aus den Nachbarländern.<br />

Wenn der Handel nicht wachs<strong>am</strong> ist, wird er<br />

von den Eindringlingen überrumpelt!<br />

Fazit<br />

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