Stellungnahme WeBiG des VSV - Verband der Schweizerischen ...
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Parlamentsdienste<br />
Sekretariat <strong>der</strong> Kommissionen für<br />
Wissenschaft, Bildung und Kultur<br />
Frau Eliane Baumann-Schmidt<br />
3003 Bern<br />
Bern, den 21. Juni 2013<br />
Bun<strong>des</strong>gesetz über die Weiterbildung (13.038 n); <strong>Stellungnahme</strong> <strong>des</strong> <strong>VSV</strong><br />
Sehr geehrter Herr Präsident<br />
sehr geehrte Nationalrätinnen und Nationalräte<br />
sehr geehrte Frau Baumann-Schmidt<br />
Der Vorstand <strong>des</strong> <strong>Verband</strong>s <strong>der</strong> schweizerischen Volkshochschulen <strong>VSV</strong> dankt Ihnen für die kurzfristig eingeräumte<br />
Möglichkeit, zum Entwurf <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzes über die Weiterbildung (<strong>WeBiG</strong>) Stellung zu nehmen.<br />
Wer sind wir<br />
Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>des</strong> <strong>VSV</strong> sind 94 grosse und kleine Volkshochschulen in allen Lan<strong>des</strong>teilen, an Zentrumsorten<br />
und in ländlichen Gebieten. Sie bilden ein die ganze Schweiz überspannen<strong>des</strong> Netz, das teils professionell, teils<br />
im Milizsystem Weiterbildung für Erwachsene in allen Lan<strong>des</strong>sprachen und fast allen Wissensbereichen anbietet:<br />
Jährlich 11‘000 Kurse mit 128‘000 Teilnehmenden und 1‘660‘000 Personenstunden, kostengünstig und<br />
nahe bei den Leuten. Als Dachverband bezweckt <strong>der</strong> <strong>VSV</strong>:<br />
- die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Erwachsenenbildung und ihre Integration in ein System lebenslangen Lernens;<br />
- die Entwicklung und Ausbreitung <strong>der</strong> Volkshochschulen und ihrer regionalen sowie kantonalen Organisationen;<br />
- die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zusammenarbeit unter seinen Mitglie<strong>der</strong>n;<br />
- die Unterstützung seiner Mitglie<strong>der</strong> in ihren Tätigkeiten;<br />
- die Vertretung <strong>der</strong> Interessen seiner Mitglie<strong>der</strong> auf nationaler wie internationaler Ebene und die Zusammenarbeit<br />
mit an<strong>der</strong>n Institutionen (vor allem mit dem SVEB, dem Forum Weiterbildung und <strong>der</strong><br />
Conférence romande de la formation continue und mit Volkshochschulorganisationen an<strong>der</strong>er europäischer<br />
Län<strong>der</strong>).<br />
Der <strong>VSV</strong> erhält Subventionen vom Bun<strong>des</strong>amt für Kultur im Rahmen <strong>der</strong> Bekämpfung <strong>des</strong> Illettrismus und vom<br />
SBFI aufgrund <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzes über die Unterstützung von Dachverbänden <strong>der</strong> Weiterbildung. Die Subventionen<br />
decken zusammengezählt rund einen Viertel <strong>des</strong> Betriebsaufwands.<br />
Eine Grundfrage<br />
Der <strong>VSV</strong> anerkennt, dass <strong>der</strong> Entwurf <strong>WeBiG</strong> nach dem Vernehmlassungsverfahren in wichtigen Punkten deutlich<br />
verbessert worden ist. Der Entwurf befriedigt als Rahmengesetz, welches das Minimum regelt. Dafür<br />
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danken wir. Dennoch erfüllt er unsere Erwartung in einem zentralen Punkt nicht: Er sagt nicht klipp und klar,<br />
dass Weiterbildung ein menschlichem Bedürfnis und eine gesellschaftlich-wirtschaftliche Notwendigkeit ist.<br />
Entsprechend wird Weiterbildung nicht inhaltlich, son<strong>der</strong>n lediglich systemisch definiert. Danach ist Weiterbildung<br />
einfach nicht formale Bildung (Artikel 3). „Anerkennung“ erhält Weiterbildung mit ihrer Anrechnung an<br />
die formale – die eigentlich wichtige – Bildung (Artikel 7). Wir bedauern dies. Weiterbildung ist ein eigener<br />
vierter Bereich <strong>des</strong> schweizerischen Bildungsraums, <strong>der</strong> als solcher ausdrücklich anerkannt werden muss. Dazu<br />
braucht es eine positive Umschreibung <strong>des</strong>sen, was Weiterbildung für die einzelnen Menschen bedeutet und<br />
wozu die Gesellschaft und die Wirtschaft Weiterbildung benötigen. Der <strong>VSV</strong> schlägt den folgenden neuen Artikel<br />
vor:<br />
Art. 2a (neu) Begriff <strong>der</strong> Weiterbildung<br />
(1) Weiterbildung ist jede zur Selbsterhaltung o<strong>der</strong> zur Selbstentfaltung praktizierte Bildung ausserhalb<br />
<strong>der</strong> formalen Bildung; sie umfasst auch informelle Bildung. In Ergänzung <strong>der</strong> Volksschule, <strong>der</strong> Sekundarstufe<br />
II und <strong>der</strong> Tertiärstufe ist die Weiterbildung ein Bereich <strong>des</strong> Bildungsraums Schweiz.<br />
(2) Abschlüsse in Weiterbildung können staatlich anerkannt werden.<br />
Art. 3 Begriffe<br />
Wie Entwurf, ohne Buchstabe a.<br />
Auf diese Weise kann <strong>der</strong> Staat Weiterbildungsabschlüsse anerkennen, die auf nichtformalen Bildungsgängen<br />
beruhen. Dies ist heute z.B. bei den Höheren Fachprüfungen <strong>der</strong> Fall. Ähnliches könnte sich künftig auch bei<br />
den telc-Zertifikaten für Sprachen ergeben (diese sind in vielen Län<strong>der</strong>n bereits staatlich anerkannt, obwohl die<br />
zugehörigen Kurse nicht zur formalen Bildung gehören). Unser Vorschlag ermöglicht es, <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />
Weiterbildung zu folgen und nach Bedarf <strong>der</strong>en Abschlüsse zu validieren, ohne dass sie im Sinne von Artikel 7<br />
<strong>des</strong> Entwurfs an die formale Bildung angerechnet werden müssen, die es möglicherweise gar nicht gibt.<br />
Im Übrigen: Ein positiver Gesamteindruck <strong>des</strong> <strong>WeBiG</strong><br />
Abgesehen von <strong>der</strong> aufgeworfenen Grundfrage beurteilt <strong>der</strong> <strong>VSV</strong> den Entwurf <strong>WeBiG</strong> überwiegend positiv. In<br />
Stichworten:<br />
- Der Entwurf ist knapp und klar gehalten und löst den Auftrag von Artikel 64a BV ein.<br />
- Alles in allem ist es gelungen, die fünf grossen Anfor<strong>der</strong>ungen an das <strong>WeBiG</strong> – das Bildungssystem zu<br />
vervollständigen, Ziele für das Handeln <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> und <strong>der</strong> Kantone zu setzen, den Wildwuchs <strong>der</strong><br />
spezialgesetzlichen Weiterbildungstatbestände einzuhagen, Grundsätze für die Weiterbildung aufzustellen<br />
sowie Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener zu regeln – unter ein gesetzliches<br />
Dach zu bringen.<br />
- Der neue För<strong>der</strong>tatbestand <strong>des</strong> Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener ist überzeugend<br />
geregelt.<br />
- Dass im Rahmen <strong>der</strong> Weiterbildung und ebenso in informeller Bildung erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
an die formale Bildung angerechnet werden sollen (validation <strong>des</strong> aquis) ist sehr zu begrüssen<br />
(Artikel 7).<br />
- Die Grundlage für Finanzhilfen an Organisationen <strong>der</strong> Weiterbildung – darunter <strong>der</strong> <strong>VSV</strong> – entspricht<br />
<strong>der</strong>en Unterstützungsbedarf und –legitimation (Artikel 12).<br />
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Verbesserungsbedarf in einzelnen Punkten<br />
Unter Beschränkung auf das Wesentliche sieht <strong>der</strong> <strong>VSV</strong> Verbesserungsbedarf bei 3 Bestimmungen:<br />
Artikel 4, Ziele<br />
Unter den Zielen fehlt die Sicherstellung verlässlicher Information über die Vielfalt <strong>der</strong> Weiterbildungsangebote,<br />
ihrer Qualität, ihrer Kosten und letztlich ihres Nutzens. Es geht darum, den Dschungel zu durchforsten und<br />
Konsumenten von Weiterbildung Orientierungshilfe zu bieten und Transparenz in einem umkämpften Markt<br />
herzustellen. Der Mangel an Transparenz gehört zu den wichtigsten Problemen <strong>des</strong> Weiterbildungsbereichs.<br />
Die aktuelle Situation ist für die Teilnehmenden an Weiterbildungen undurchschaubar: Sie haben keinerlei<br />
Anhaltspunkt für die Beurteilung, was ein privater Weiterbildungsabschluss wert ist und wo er an formale Bildung<br />
angerechnet werden kann. Hier muss das <strong>WeBiG</strong> eine Lösung Lösungen bringen, indem es für Transparenz<br />
sorgt. Entsprechend schlägt <strong>der</strong> <strong>VSV</strong> vor, Artikel 4 durch einen Buchstaben c (neu) wie folgt zu ergänzen:<br />
Art. 4 Ziele<br />
Der Bund verfolgt in <strong>der</strong> Weiterbildung gemeinsam mit den Kantonen die folgenden Ziele:<br />
c. (neu) „für Transparenz und Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Weiterbildungsangebote zu sorgen“.<br />
Artikel 9, Wettbewerb<br />
Es ist richtig, dass öffentlich finanzierte o<strong>der</strong> unterstützte Angebote die privat durchgeführte Weiterbildung<br />
nicht unfair konkurrenzieren sollen nach dem Grundsatz „gleich lange Spiesse“. Ebenso wichtig ist es, dass<br />
Weiterbildung in überwiegend öffentlichem Interesse – aber als nichtformale Bildung angeboten – nicht unter<br />
das Konkurrenzverbot fallen darf. Der <strong>VSV</strong> steht <strong>des</strong>halb hinter den Absätzen 1 und 3 von Artikel 9.<br />
Nur schwer verständlich erscheint hingegen Absatz 2. Wir schlagen eine einfachere Formulierung wie folgt vor:<br />
Art. 9 Wettbewerb<br />
(2) „Wettbewerb ist nicht gegeben, wenn sich staatliche und private Angebote <strong>der</strong> Weiterbildung in Bezug<br />
auf Qualität, Leistung und Spezialität eindeutig unterscheiden.“<br />
Artikel 13, Grundkompetenzen Erwachsener<br />
Aus Sicht <strong>des</strong> <strong>VSV</strong> ist die Umschreibung <strong>der</strong> Grundkompetenzen unvollständig. Der <strong>VSV</strong> schlägt vor, sie im Sinne<br />
<strong>des</strong> international üblichen Verständnisses zu ergänzen und – durch Einfügung <strong>des</strong> Worts „insbeson<strong>der</strong>e“ – als<br />
nicht abschliessende Aufzählung zu verankern. Wir schlagen in diesem Sinn folgende Formulierung vor:<br />
Art. 13 Grundkompetenzen Erwachsener<br />
„Grundkompetenzen Erwachsener sind Voraussetzungen für das lebenslange Lernen und umfassen grundlegende<br />
Kenntnisse und Fähigkeiten insbeson<strong>der</strong>e in den folgenden Bereichen:<br />
a. Lesen und Schreiben;<br />
b. Alltagsmathematik;<br />
c. Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien;<br />
d. Sprachkompetenzen;<br />
e. methodische und soziale Kompetenzen.“<br />
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Wir danken Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Nationalrätinnen und Nationalräte, sehr geehrte<br />
Frau Baumann-Schmidt für die Berücksichtigung unserer <strong>Stellungnahme</strong> und sind selbstverständlich gern zu<br />
weiteren Angaben bereit.<br />
Mit besten Grüssen<br />
<strong>Verband</strong> <strong>der</strong> schweizerischen Volkshochschulen VSS<br />
sig. C. Reichenau<br />
Christoph Reichenau<br />
Präsident ad interim<br />
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