Popelfen Untergrund Hering Körperfixiert Revolution - NORD
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<strong>Hering</strong><br />
Betonklötze<br />
<strong>Untergrund</strong><br />
Kaff<br />
Körperfi xiert<br />
Therapeutisches<br />
Potenzial<br />
<strong>Revolution</strong><br />
<strong>Popelfen</strong><br />
Vorurteilsfrei<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
WWW.<strong>NORD</strong>.INFO<br />
Urban Refl exion<br />
Programm <strong>NORD</strong> Kulturforum 2006<br />
21. April bis 7. Mai<br />
Film Style Kunst Musik Theater Tanz Debatte Form<br />
Schweden Island Dänemark Norwegen Finnland
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
life<br />
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Die alltägliche <strong>Revolution</strong><br />
Unsere Welt verändert sich jeden Tag, und auch morgen wird alles schon wieder ganz anders sein. Das <strong>NORD</strong><br />
Kulturforum macht mit seinem Programm zum zweiten Mal eine Momentaufnahme der skandinavischen<br />
Wirklichkeit und präsentiert Kultur aus dem Hier und Jetzt der nordischen Länder Island, Schweden, Finnland,<br />
Dänemark und Norwegen.<br />
Das Thema des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006 ist „Urban Reflexion“. Möglichkeiten zum Sinnieren über die The-<br />
men der Großstädte und ihre stete Veränderung finden Sie vom 21. April bis zum 7. Mai in ganz Berlin: Sei es<br />
auf der Kunstausstellung „Hard <strong>Revolution</strong>“ in der Passerelle am Potsdamer Platz, bei einem skandinavischen<br />
Dokumentarfilmabend im Kino Babylon Mitte oder beim nordischen Clubwochenende im 103 Club.<br />
Mehr zu diesen und weiteren Veranstaltungen finden Sie ab S. 58 im Programmteil dieses <strong>NORD</strong> Magazins.<br />
Auch im redaktionellen Teil spielen Städte eine große Rolle: Wir haben verschiedenste nordische und Berliner<br />
Kulturakteure um Kommentare zum Thema Urbanität gebeten. Als Ergebnis präsentieren wir Ihnen eine span-<br />
nende Reise durch die nordischen Großstädte mit revolutionären, aber auch ganz braven Gedanken – denn<br />
wer kann schon beurteilen, welche Visionen die Welt von morgen verändern?<br />
Ralf Gion Fröhlich, Chefredakteur<br />
Auf unserer Website www.nord.info können Sie sich über Programm-Updates informieren oder auch gleich den <strong>NORD</strong> Newsletter<br />
abonnieren, der Sie über die einzelnen Events des <strong>NORD</strong> Kulturforums auf dem Laufenden hält.<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Hesselbom Berlin GmbH, Stralauer Platz 34, 10243 Berlin,<br />
Tel: +49 30 520 00 57 90, Fax: +49 30 520 00 57 99, Mail: info@nord.info, www.nord.info<br />
Chefredakteur und V.i.S.d.P: Ralf Gion Fröhlich Art Director: Björn Lundevall Produktionsleitung: Reyk Will Redaktion: Helena Tepponen, Ines Neukirchner, Lucie Schibel,<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Cornelia Blome, Anna Klodt, Ellen Kaufmann, Carolin Schrötter, Patrick Pfeil, Antje Jochmann Chefin vom Dienst: Lucie Schibel Anzeigen: Ines Neukirchner Titelbild: Regina Schmidt (Foto),<br />
Alex Malecki (Fotoassistenz), Katrin Siwulla/deebeephunky.de (Model), Marcus Aland (Styling&Fashion), Jazz Mang/Basics (Hair&MakeUp) Website: Björn Lundevall, Frank Keller, Patrick Pfeil<br />
Korrektorat: Silvia Richter, mediamondi Danke an alle Veranstalter, die mit Pressetexten, Artikeln und Bildern beigetragen haben. Druck: sachsendruck GmbH, Plauen.<br />
Cover gedruckt auf Arctic the Volume 250g/m² von Arctic Paper. www.arcticpaper.com
6 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Inhalt<br />
6 Urban Reflexion 8 Von <strong>Hering</strong> zu Latte Macchiato 10 Von der Provinz ins Fashionbiz 12 Moneybrother, Freiheit und IKEA 14 Västra Hamnen in Malmö –<br />
Intelligente Stadtplanung leichtgemacht? 17 Vom Betonvorort ins Szeneviertel 20 Papa bleibt zu Hause – Der norwegische Botschaftsrat für Presse und Kultur<br />
im Gespräch 22 Fußball ist unser Leben 26 Willkommen in der „Wirklichkeit“ – Nordischer Dokumentarfilm 27 Tempo goes Berlin 29 Nordischer Klang 30<br />
Nordische elektronische Musik von A-Z 36 Stadt – Land – Musik: Ein Interview mit Kari Bremnes 38 Campingurlaub mal anders 42 Bleed for the <strong>Revolution</strong><br />
– Die norwegische Kommunikationsagentur Bleed 44 Die Welt als Laufsteg – Wie Kleidung unser Leben bestimmt 45 Die Musterrevolutionäre 46 Das Beste<br />
vom Norden – Shoppingtipps in Berlin 49 Frischer Wind aus dem Norden 52 8 Stunden Reykjavík 58 Programm <strong>NORD</strong> Kulturforum 2006
© Johan Markusson<br />
Ein Mann ohne Sprache<br />
ist wie ein Kamel ohne Höcker.<br />
Das Kultbuch einer Generation.<br />
Der Teenager Halim aus Stockholm, ein arabi-<br />
scher Schwede, ein schwedischer Araber, führt<br />
Tagebuch in seiner eigenen, rebellisch kreativen<br />
Sprache – hinreißend, witzig, melancholisch.<br />
»Das Kamel ohne Höcker«, Entwicklungsroman<br />
und Überraschungsbestseller aus Schweden,<br />
wurde zum Kultbuch einer ganzen Generation.<br />
Aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann.<br />
272 Seiten. € 18.90<br />
<strong>NORD</strong>ISKA
8 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
URBAN REFLEXION<br />
Die Großstadt und ihre Menschen sind das Thema des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006. Was<br />
ist eigentlich eine Großstadt? Wie klein kann eine Metropole sein und wie groß ein lang-<br />
weiliges Kaff? Oder ist es gar nicht die Größe? Ist Reykjavik, die vibrierende Haupt-<br />
stadt Islands mit ihren 100.000 Einwohnern eine Metropole? Oder ist Berlin die einzige<br />
wirkliche Metropole der nordischen Länder, weil nirgendwo anders das skandinavische<br />
Kunstschaffen so aktiv ist wie hier? Welche Probleme und Perspektiven haben Städte in<br />
Deutschland und Skandinavien gemeinsam? Was sind die Insiderplätze in Kopenhagen?<br />
Wie findet Urbanität ihren Ausdruck im kreativen Milieu Stockholms? Wieso ziehen<br />
viele Skandinavier doch Berlin als Wohnort vor? Was denken die Berliner über den Nor-<br />
den? Kann die Stadt eigentlich ohne das Land existieren?<br />
Wir haben an den verschiedensten Orten Skandinaviens und in Berlin nach urbanen<br />
Eindrücken gefragt. Schriftsteller, Musiker, Künstler, Grafiker und Fotografen haben uns<br />
ihre persönlichen Antworten und Eindrücke gegeben oder manchmal auch einfach neue<br />
Fragen gestellt. Die nächsten Seiten stehen ganz im Zeichen der Urbanität!<br />
SYRUP Helsinki<br />
„Work or go home!“ ist das Motto von Antti Hinkula und Teemu Suviala, den zwei<br />
kreativen Köpfen hinter der finnischen Kommunikationsagentur Syrup Helsinki.<br />
Zuletzt beim Helsinki Design Forum 2005 mit dem Preis „Young Designers of the<br />
Year“ ausgezeichnet, beeindrucken die Finnen mit ihrer Vorliebe für spielerisches<br />
und erfindungsreiches Grafikdesign. Die Kunden von Syrup Helsinki sind vor allem<br />
im kulturellen Sektor, in der Modebranche und Unterhaltungsindustrie zu finden;<br />
Namen wie Toyota, Sony und Nokia stehen neben Amnesty International, Vice<br />
Magazine und Finnish National Theatre.<br />
syruphelsinki.com
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION
10 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Von <strong>Hering</strong> zu Latte Macchiato<br />
Der Sound des Kaizers Orchestra mit seinen rockigen Hymnen, vermischt mit Polka und orientali-<br />
schen Melodien, ist längst nicht mehr nur in Norwegen heiß begehrt. Trotzdem spielt der Gitarrist<br />
Geir Zahl mit seinen fünf Bandkollegen weiterhin munter an allen Ecken und Enden seines Hei-<br />
matlandes und ist deswegen geradezu prädestiniert, uns ein paar Einblicke in die Eigenheiten der<br />
norwegischen Urbanität zu geben.<br />
Ihr habt im Jahr 2001 ungefähr 150 Konzerte<br />
gegeben – und zwar alle in Norwegen, einem<br />
Land, das eher dünn besiedelt ist. Was kannst<br />
Du uns über die norwegische Urbanität sagen?<br />
Gibt es so etwas?<br />
Nein, nicht entsprechend europäischer Standards. In<br />
der Vergangenheit waren die Norweger ein introver-<br />
tiertes und armes Volk, das <strong>Hering</strong> und Kartoffeln<br />
gegessen und hart gearbeitet hat. Sie lebten in sehr<br />
kleinen Dörfern und kümmerten sich um ihre eige-<br />
nen Angelegenheiten. Als wir in den 1970ern reich<br />
wurden, hatten wir das Geld, behielten aber die glei-<br />
che einfache Mentalität, die uns am vertrautesten<br />
war. Schrittweise entwickelte sich in den 1990ern<br />
die Urbanisierung der Städte. Cafés und komische<br />
Kaffeegetränke mit italienischen Namen tauchten<br />
plötzlich auf, und es wurde immer normaler, Leute<br />
auch außerhalb der traditionellen Lebensbereiche<br />
zu treffen. Dennoch sind solche urbanen Tendenzen<br />
immer noch sehr jung in Norwegen. Meine Eltern<br />
finden es total verrückt, dass ich zum Essen in ein<br />
Restaurant gehe oder in einem Café drei Euro für<br />
eine Tasse Kaffee bezahle.<br />
Spielt Ihr vor allem in größeren Städten wie<br />
Oslo oder Bergen, oder ist das Verlangen nach<br />
Kultur auch in den kleineren norwegischen<br />
Städten groß?<br />
Viele junge Norweger ziehen irgendwann wegen der<br />
Ausbildung oder des Jobs in eine Stadt – oder auch<br />
einfach nur, um mal etwas anderes auszuprobieren,<br />
so dass man sagen kann, dass wir für das ganze<br />
Land spielen, wenn wir zum Beispiel im „Rocke-<br />
feller“ in Oslo einen Auftritt haben. Die Sache ist,<br />
dass Du sehr bekannt sein musst, um in kleineren<br />
Orten ein Publikum anzulocken. Du musst häufig in<br />
den Zeitungen stehen oder solche Musik spielen,<br />
zu der auch Deine Eltern tanzen können, ansonsten<br />
hast Du ziemlich schlechte Chancen. Trotzdem sind<br />
wir durch das ganze Land getourt und haben uns<br />
so mit viel Arbeit unseren Weg gebahnt und immer<br />
mehr Publikum bekommen. Außerdem hat uns eine<br />
gewisse Medienaufmerksamkeit geholfen, auch in<br />
dünn besiedelten Gegenden ein Publikum anzuzie-<br />
hen. Aber für die meisten Bands, auch norwegische,<br />
besteht eine Norwegen-Tour aus vier oder fünf Gigs.<br />
Die Neugierde für neue Sachen hört außerhalb<br />
dieser fünf Städte auf.<br />
Was ist der Unterschied zwischen einem Auftritt<br />
in einem kleinen norwegischen Fischerdorf<br />
und einem Gig in einem Club wie der „Maria am<br />
Ufer“ in Berlin?<br />
Zuallererst der technische Standard. Einer der<br />
Vorteile davon, eine reiche Ölnation zu sein, ist, dass<br />
der Standard von Musikanlagen, Belüftungssyste-<br />
men und anderer Technik sehr hoch ist. Manchmal<br />
kann es ganz schön nerven, wenn man in einer<br />
Gesellschaft lebt, in der alles qualitätsgeprüft und<br />
abgesichert ist, aber irgendwie haben wir genau das<br />
vermisst, als wir das letzte Mal in Berlin in einem<br />
total überfüllten Club spielten. Wir haben so lange<br />
gespielt, bis unser Sänger Janove nach einer Stunde<br />
ohnmächtig geworden ist. So etwas würde in Nor-<br />
wegen nie passieren, weil es dort strenge Gesetze<br />
gibt, wie viele Leute Du in Clubs reinlassen darfst;<br />
aber es ist gut für uns, auch mal ein bisschen von<br />
der echten Welt da draußen mitzubekommen.<br />
Welche europäische Stadt mögt Ihr am<br />
liebsten?<br />
Berlin ist ein großer Favorit, zusammen mit Ham-<br />
burg. Aber wenn wir nette Leute treffen und gute<br />
Shows spielen, dann haben wir in einem Ort wie<br />
Mo i Rana am Polarkreis ebenso viel Spaß wie in<br />
Amsterdam.<br />
Anfang April veröffentlichten Kaizers Orchestra ihre erste Live-<br />
DVD und -CD „Viva La Vega“, die im „Vega“ in Kopenhagen bei<br />
einem Gig vor 1300 wilden Fans aufgenommen wurde.<br />
kaizers.no
Yokoland<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 11<br />
Yokoland wird von den zwei norwegischen Designern Aslak Gurholt Rønsen und Espen Friberg bewohnt, die schon seit ihrem sechzehnten Lebensjahr gemeinsam an Projekten arbeiten.<br />
Ihr Design ist poetisch und humorvoll und erforscht mit verblüffendem Effekt immer wieder neue grafische Wege. Im Berliner Verlag „Die Gestalten“ ist im Februar ein Buch über das<br />
norwegische Designduo erschienen, das seine besten Arbeiten präsentiert, die in Deutschland übrigens noch relativ unbekannt sind. Einen Grund dafür fasst der Slogan von Metronomicon<br />
Audio, Yokolands eigenem Plattenlabel, zusammen: „We’re so underground that we’re almost in China!“ yokoland.com
12 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Von der Provinz ins Fashionbiz<br />
Der dänische Designer Henrik Vibskov ist ein kre-<br />
atives Talent auf vielen Gebieten. Neben Film und<br />
Musik sind es vor allem seine Modekollektionen,<br />
die ihn außerhalb Dänemarks bekannt gemacht<br />
haben. Henrik hat seine Arbeiten schon in vielen<br />
internationalen Magazinen und auf Ausstellungen<br />
präsentiert, und wir sind froh, nicht nur einen Aus-<br />
schnitt seines Schaffens zu zeigen, sondern auch<br />
einen persönlichen Einblick in Henriks Dänemark<br />
gewähren zu können.<br />
Henrik, Du schreibst auf Deiner Website, dass<br />
Du in Jütland mitten auf dem Land aufgewach-<br />
sen bist. Das klingt, als hätte dieser Umstand<br />
einen ganz besonderen Einfluss auf Deine<br />
kreative Entwicklung gehabt – oder irre ich<br />
mich da total?<br />
Nein, da hast Du völlig Recht. Auf dem Land groß<br />
zu werden hatte sehr großen Einfluss auf mich. Ich<br />
komme aus einer sehr ruhigen Gegend mit sehr<br />
ruhigen Menschen, und das hat mich selbst zu ei-<br />
ner ruhigen Person mit einer gelassenen Arbeits-<br />
weise gemacht. Jetzt, wo ich ein viel beschäftigter<br />
und sehr großstadtorientierter Typ im Fashionbiz<br />
bin, genieße ich es, mir Auszeiten auf dem Lande<br />
zu nehmen und etwas Distanz zu all dem Trubel zu<br />
kriegen.<br />
Meiner Erfahrung nach gibt es einen starken<br />
Gegensatz zwischen Dänemarks ländlicher<br />
Bevölkerung und den Bewohnern der dä-<br />
nischen Hauptstadt Kopenhagen, ein Gegen-<br />
satz, der sich zum Beispiel in der politischen<br />
Einstellung oder im Lifestyle ausdrückt.<br />
Findest Du das auch und siehst Du hier einen<br />
Unterschied zu anderen Ländern?<br />
Im Grunde genommen ist das Verhältnis Kopen-<br />
hagens zu Dänemark nicht viel anders als das<br />
zwischen den großen Städten und ländlichen Ge-<br />
bieten in anderen Ländern, finde ich. Zum Beispiel<br />
sind die Leute in Hauptstädten oder überhaupt in<br />
großen Städten aufgeschlossener, vorurteilsfreier<br />
und widersprüchlicher als Leute, die auf einem<br />
Bauernhof arbeiten. Aber weißt Du, Kopenhagen,<br />
wo ich jetzt wohne, kann man kaum als Großstadt<br />
bezeichnen, das ist immer noch ein Dorf im Ver-<br />
gleich zu London, wo ich einige Jahre gelebt habe.<br />
Und die Kontraste zum Land sind vielleicht gerade<br />
deswegen hier nicht sehr groß.<br />
Welche Stationen sind bei einem Besuch in<br />
Kopenhagen ein absolutes Muss?<br />
Das „Bellahøj Badet”, ein Freibad, das allerdings<br />
nur im Sommer geöffnet ist. Sehr schöne Archi-<br />
tektur, irgendwie nicht aus dieser Zeit. Im „Statens<br />
Museum for Kunst” veranstaltet „Lækker Lytter”<br />
(eine Kopenhagener Truppe, die Musikevents<br />
im öffentlichen Raum organisiert) jeden ersten<br />
Mittwochnachmittag im Monat eine schöne Chill-<br />
Out-Lounge. Sehr empfehlenswert! Die Carlsberg-<br />
Brauerei bietet mehrmals am Tag eine Führung an,<br />
mit anschließendem Freibier inklusive. Die meisten<br />
Touristen bereuen es nicht, an dieser Führung<br />
teilgenommen zu haben.<br />
henrikvibskov.com<br />
Foto: Shoji Fujii
Erla S. Haraldsdóttir<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />
Seit fünf Jahren beschäftigt sich die isländische Künstlerin Erla S. Haraldsdóttir in ihren fotografischen Werken mit der Transformation ihrer Umwelt, um damit die Wahrnehmung<br />
des Publikums zu erschüttern und es dazu zu bringen, die eventuelle Möglichkeit einer alternativen Realität zu reflektieren. Akureyri ist mit 16.000 Einwohnern Islands zweitgrößte<br />
Stadt, mit einer sehr homogenen Bevölkerung. Wie reagiert das Publikum auf eine drastische Veränderung der gewohnten Umgebung, zum Beispiel auf die Erweiterung von Akureyris<br />
Stadtbild um die Emsigkeit und Multikulturalität einer Großstadt? Wie nimmt der Zuschauer die Konfrontation mit solch flüchtigen Themen wie Toleranz gegenüber dem anderen<br />
auf? haraldsdottir.com<br />
Capital of the North, Erla S. Haraldsdóttir und Bo Melin
1 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Rita, 22, studiert Landschaftsarchitektur<br />
Effizienz<br />
Dunkle, kurze Tage<br />
Eis<br />
Moneybrother,<br />
Freiheit und<br />
IKEA<br />
Wir haben uns auf die Straßen Berlins begeben<br />
und in einer kleinen Befragung die Themen,<br />
Namen und Assoziationen herausgefunden, die<br />
die Berlinerinnen und Berliner mit dem Begriff<br />
„Norden“ verbinden.<br />
Foto: Bärstern<br />
Karin, 28, Juniorberaterin<br />
Sauber<br />
Fische<br />
Sibelius<br />
Miriam, 22, Redakteurin<br />
Moneybrother<br />
Pippi Langstrumpf<br />
IKEA<br />
Carsten, 35, Produktmanager<br />
Kristofer Åström<br />
Design<br />
Yorck, 28, Praktikant<br />
Schwedenpunk<br />
Smørrebrød<br />
Burning Heart Records<br />
Lukas Moodysson<br />
Sebastian, 28, Aufnahmeleiter beim Film<br />
Freiheit<br />
Looptroop<br />
Åre<br />
Silke, 35, Lehrerin<br />
Biathlon<br />
Telemark<br />
Waffeln<br />
Verena, 20, Praktikantin<br />
Innovativ<br />
Umweltschutz<br />
Wildnis
Renn – sonst glauben<br />
sie, dass du<br />
vom Land kommst!<br />
Gerade entfacht in Deutsch-<br />
land die Diskussion über die<br />
Zukunftsfähigkeit vieler Regi-<br />
onen. Es sieht dunkel aus für<br />
weite Teile des Landes! Oder<br />
doch nicht? Der Schwede<br />
Tomas Eriksson beschäftigt<br />
sich gemeinsam mit zwei nor-<br />
wegischen Künstlern im Pro-<br />
jekt „Håkki“ mit den Auswir-<br />
kungen der Globalisierung auf<br />
die ländlichen Gebiete Schwe-<br />
dens. Für uns berichtet er<br />
anhand des Beispiels seines<br />
Heimatortes Ljungaverk vom<br />
Schicksal der schwedischen<br />
Provinz. Und von deren Per-<br />
spektiven.<br />
In der heutigen Gesellschaft gibt es viele kleine<br />
und für ein nicht trainiertes Ohr kaum hörbare<br />
Anzeichen dafür, dass es nicht so hoch angesehen<br />
ist, wenn man auf dem Lande wohnt. Nimm zum<br />
Beispiel einen Wetterbericht. Malmö, Göteborg<br />
und Stockholm kriegen eine sehr eingehende<br />
und präzise Prognose, wohingegen ganz Norrland<br />
(immerhin zwei Drittel des Landes) wie eine<br />
einzige große Stadt zusammengefasst wird. Ein<br />
anderes Beispiel ist der schwedische Fernsehsender<br />
Z-TV, der vor ein paar Jahren ein Programm<br />
mit dem Titel „Sommerstadt Gotland” zeigte. Ein<br />
falscher und blödsinniger Titel – Gotland ist eine<br />
3.140 km² große Insel und keine Stadt. Noch ein<br />
Beispiel: Die Biermarke „Norrlandsguld” arbeitet<br />
mit einem Image, das auf dem Klischeebild des<br />
schweigsamen und ein wenig einfältigen Typen<br />
vom Lande basiert.<br />
Mit Globalisierungsproblemen wird an verschiedensten<br />
Orten gekämpft. In Schweden belasten<br />
Einsparungen und stillgelegte Industrien Großteile<br />
des Landes. Verschlechterte öffentliche Verkehrsanbindungen<br />
und steigende Benzinpreise sind<br />
eine schmerzhafte Kombination für Menschen, die<br />
täglich lange Strecken pendeln müssen. Im kleinen<br />
Ljungaverk wurden 80 Arbeitsplätze gestrichen,<br />
als Dygna Nitrogen 2001 seine Pforten schloss.<br />
Wenn viele Menschen um die fünfzig nicht mehr<br />
in der Lage sind, einen neuen Job zu kriegen, ist<br />
das ungeheuer belastend für eine kleine Ortschaft.<br />
Auch Subunternehmer und Restaurants, das heißt<br />
eigentlich alle Betriebsamkeit in der Gegend, sind<br />
betroffen. Der Glaube an die Zukunft wackelt, und<br />
als Jugendlicher bleibt man allein zurück in seinem<br />
Zimmer mit der Fernbedienung in der Hand. MTV<br />
Grind zeigt, wie verdammt living large es in Kalifornien<br />
ist, wenn Leute zwischen 19 und 21 eine<br />
coole Zeit haben.<br />
Mein Freund Roddy Buchanan aus Glasgow erzählte<br />
mir, dass seine Mutter bei Besuchen in der Stadt<br />
immer schrie: „Renn, sonst glauben sie, dass du<br />
vom Land bist!”, sobald das grüne Ampelmännchen<br />
vom roten abgewechselt wurde. Dieses Zitat beinhaltet<br />
ein zweites Problem der Globalisierung. Unbewusst<br />
weiss man, dass es nicht so gut ist, offen<br />
zu zeigen, dass man vom Lande ist. Als Jugendlicher<br />
habe ich auf die Frage, woher ich komme,<br />
immer Sundsvall geantwortet. Das hat irgendwie<br />
mehr hergemacht als Ljungaverk. Denn was hatte<br />
ich schon zu bieten? Ein Bengel vom Lande mit<br />
Moped und Kompetenzen im Hechte angeln?<br />
Aber dann passierte etwas. Ich fand einen<br />
Ausweg. Kunst wurde mein Attribut. Ich hatte<br />
lange darüber nachgedacht, was ich mit all den<br />
Fragen, aller Frustration, aber auch mit der Freude<br />
machen sollte, die ich während meines Erwachsenwerdens<br />
gesammelt hatte. Durch die Kunst<br />
konnte ich gesellschaftliche Fragen bearbeiten<br />
und dabei sogar mein Angelwissen und auch die<br />
Mopederfahrungen einbringen. Während meiner<br />
Jugend dachte ich, dass es schlecht ist, Freunde<br />
in anderen Altersstufen zu haben. Ich guckte MTV<br />
und las Zeitschriften über Promiparties und Stars<br />
in der Stockholmer „Spybar”. Das war „normal“. Als<br />
mein damals zwölfjähriger Kumpel Greger sich<br />
eine Thermoskanne und einen Campingkocher zu<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />
Weihnachten wünschte, kapierte ich gar nix. Als<br />
der alte Dahl mit 77 Jahren sagte, dass es ihm<br />
früher besser gefallen hätte, weil er da Schwanz<br />
für sieben Häute hatte, während er heute Haut für<br />
sieben Schwänze hat, kapierte ich noch weniger.<br />
Aber am allerwenigsten verstand ich, warum manche<br />
Schüler freiwillig das Jägerexamen machten,<br />
wenn man doch stattdessen Sport wählen konnte.<br />
All diese Informationen und noch unendlich viel<br />
mehr kann ich heute als Künstler benutzen, um<br />
das schiefe Bild der Medien auf die Globalisierung<br />
zu untersuchen.<br />
Schwedens ländliche Gebiete exportieren Tausende<br />
von Jugendlichen in unsere größten Städte.<br />
Fast alle Talente in allen denkbaren Bereichen<br />
werden einkassiert und lassen ein verwaistes<br />
Fundament zurück. Dennoch sägen die ländlichen<br />
Kommunen an dem Ast, auf dem sie sitzen, wenn<br />
sie versuchen, diesen Export zu stoppen. Wir<br />
haben in mehreren kleinen Orten in unserem Land<br />
Schwierigkeiten aufgrund mangelnder Kompetenzen.<br />
Das große Problem sind unausgebildete<br />
Menschen auf wichtigen Positionen. Es ist ein Unterschied,<br />
wenn ich mein Heimatdorf verlasse, weil<br />
ich ständig das Mantra höre, dass man in diesem<br />
Kaff eh nix werden kann, oder weil ich gehe, weil<br />
die Designausbildung, die ich machen will, dort<br />
nicht angeboten wird. Die Großstädte ihrerseits<br />
müssen erkennen, welcher Aktivposten die jungen<br />
Menschen aus ländlichen Gebieten sind.<br />
Ich erinnere mich an das Zitat des dänischen<br />
Künstlers Bjarne Melgaards: „I’m not a piece of<br />
shit, I’m a piece of society.” In einer ähnlichen<br />
Situation kann man sich als junger Mensch auf<br />
dem Lande wiederfinden. Es ist die Verantwortung<br />
der ganzen Gesellschaft, der Abwandernden sowie<br />
der Hinzuziehenden, der Jungen und der Alten,<br />
dass sich eine andere Einstellung gegenüber dem<br />
Lande durchsetzt. Lasst uns einfach wissen, dass<br />
wir eine Ressource sind und dass wir an diesem<br />
Ort zu etwas taugen!<br />
Vom 16. bis 21. Mai präsentiert die Berliner Galerie „Projekt<br />
0047“ während des Designmais das Projekt Håkki. Die Künstler<br />
Björn Kowalski und Mats Stenslet haben die T-Shirt-Marke<br />
„Håkki“ gegründet, um mit dem Erlös ihrer Kollektionen lokale<br />
Projekte im schwedischen Örtchen Ljungaverk zu unterstützen,<br />
das nach Schließung der Industrie unter Arbeitslosigkeit und<br />
Abwanderung leidet. Die Norweger möchten neue Arbeitsplätze<br />
schaffen und versuchen, ein Gefühl des Aufbruchs und der Hoffnung<br />
unter den Bewohnern Ljungaverks zu verbreiten.<br />
haakki.com
16 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Västra Hamnen in Malmö<br />
– Intelligente Stadtplanung leicht gemacht?<br />
Es ist klar, dass ein Orkan frischen Wind bringt. Auch dass der<br />
menschliche Körper ein faszinierendes Vorbild für vieles ist.<br />
Mehrere tausend Kubikliter Beton in einer Werft kann man sich<br />
auch noch vorstellen. Aber sind dies auch Zeichen für intelligen-<br />
te Stadtplanung?<br />
Foto: Steen Brogaard
Es herrscht Aufbruchstimmung im Norden<br />
Europas. Die Öresundregion, die sowohl Teile<br />
Südschwedens als auch Teile Dänemarks umfasst,<br />
ist zurzeit wohl der beliebteste Tummelplatz für<br />
Stadtplaner und Architekten in Skandinavien.<br />
Entstanden ist der Name für diese über 20.000<br />
Quadratkilometer große Region eigentlich erst mit<br />
der Eröffnung der Öresundbrücke zwischen Malmö<br />
und Kopenhagen im Jahr 2000. Die Brücke ist mit<br />
ihren sechzehn Kilometern Länge eines der größ-<br />
ten technischen Bauwerke Europas und erscheint<br />
heute wie ein Vorbote für die architektonischen<br />
Anstrengungen rund um den Öresund.<br />
Der Turning Torso in Västra Hamnen, einem Stadt-<br />
teil im Hafengebiet Malmös, wurde erst im August<br />
2005 nach viereinhalb Jahren Bauzeit eingeweiht.<br />
Der 57 Stockwerke umfassende Wolkenkratzer ist<br />
mit knapp 200 Metern Höhe der höchste in Skan-<br />
dinavien und das zweitgrößte Wohnhaus in Europa.<br />
Die Konstruktion des Torsos wurde einer Skulptur<br />
des spanischen Architekten Santiago<br />
Calatrava nachempfunden, die einen sich dre-<br />
henden menschlichen Rumpf darstellt.<br />
Ist das alleinige Vorhandensein solcher architekto-<br />
nischer Wunderwerke schon ein Zeichen für eine<br />
ausgeklügelte urbane Stadtentwicklung? Nein. In<br />
Västra Hamnen jedenfalls will man mehr verwirkli-<br />
chen: Dialog. In diesem Falle den zwischen Stadt-<br />
planern, Architekten und den unterschiedlichen<br />
Menschen, die dort leben, zum Beispiel Studenten,<br />
Skatern oder Familien. Das ehrgeizige Ziel lautet,<br />
einen urbanen Bezirk zu schaffen, in dem sich die<br />
Einwohner mit ihren Bedürfnissen wiederfinden<br />
können. Man möchte ihnen also nicht einfach<br />
irgendwelche neuen Bauwerke vor die Nase<br />
setzen, sondern mit ihnen darüber diskutieren. Das<br />
ökologische Wohngebiet Bo01, das 2001 für eine<br />
große europäische Wohnmesse fertig gestellt wur-<br />
de, dient als nationales Beispiel für durchdachte<br />
Planung. Es ist eine Kombination aus moderner<br />
Architektur, Strandpromenaden und weitläufigen<br />
Grünflächen. Das Ziel war es, sowohl Wohn- als<br />
Foto: Nils Svensson<br />
auch Arbeitsfläche und Serviceeinrichtungen für<br />
die Bewohner Malmös zu schaffen. Die Einwohner<br />
engagierten sich gerne in diesem Projekt - bei-<br />
spielsweise weil sie gegen die Etablierung des<br />
geplanten SAAB-Werkes in Västra Hamnen waren,<br />
da sie einen ökologisch sinnvollen Stadtteil wollten<br />
und keine Autofabrik.<br />
Die Menschen, die heute dort wohnen, sind aller-<br />
dings geteilter Meinung. Die einen beschreiben<br />
das Gebiet zwar als gemütliche Kleinstadt in der<br />
urbanen Großstadt, die genau ihren Erwartungen<br />
entspricht. Manche sind sogar überrascht über die<br />
unterschiedlichen Leute, die dort wohnen, junge<br />
wie alte. Andere beklagen, dass Västra Hamnen<br />
eine unruhige Baustelle ist und bleibt, in der es<br />
keine architektonische Einheit gibt und deren<br />
geplante weitläufige Grünflächen eher schmalen<br />
Grünstreifen ähneln. Besonders der Turning Torso<br />
ist vielen ein Dorn im Auge. Hier scheint der Dia-<br />
log kurzzeitig in Vergessenheit geraten zu sein. Als<br />
der Öffentlichkeit klar wurde, dass der Turm ge-<br />
baut werden sollte, entstanden Vereinigungen wie<br />
„Fucking Torso“, die sich vehement gegen den Bau<br />
aussprachen. Hauptargument war, dass die Prio-<br />
ritätensetzung völlig falsch sei. Die Wohnungen in<br />
dem Turm seien für „einfache“ Leute kaum bezahl-<br />
bar, die jungen Erwachsenen in Malmö fühlten sich<br />
daher nicht richtig ernst genommen von der Stadt,<br />
die mit stolzgeschwellter Brust den Turning Torso<br />
als ein Symbol ihrer Entwicklung anpreist.<br />
Malmös Hochschule zeichnet wieder ein anderes<br />
Bild. Ebenfalls in Västra Hamnen gelegen, fungiert<br />
sie als Motor für das Wachstum in der Region.<br />
Dank der Universität, die viele Firmen nach Västra<br />
Hamnen lockt, arbeiten heute genauso viele<br />
Menschen in dem Stadtteil wie zu den Glanzzeiten<br />
des Hafens, so dass das Ziel der Schaffung von<br />
Arbeitsplätzen erreicht zu sein scheint. Das neu-<br />
este Gebäude der Universität Malmö ist „Orkanen“<br />
(deutsch: Orkan). Auch bei dieser Planung stand<br />
fest, dass das Gebäude die Bedürfnisse von<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 17<br />
Studenten und Lehrenden berücksichtigen muss.<br />
Durch die offene Architektur stellt „Orkanen“ eine<br />
Verbindung zwischen Forschung, Gruppenarbeit,<br />
Vorlesungen und Pausen her und ist gleichzeitig<br />
eine Plattform für neue Kontakte. Die Architekten<br />
wollten das Gebäude zwar für sich sprechen<br />
lassen, die Grundform haben sie sich aber trotz-<br />
dem bei den alten Häusern in Västra Hamnen<br />
abgeguckt: Klassische, einfache Formen, die auch<br />
die alten Industriegebäude charakterisieren. Ein<br />
Schritt zum homogenen Stadtbild?<br />
Trotz all der neuen Gebäude werden aber auch<br />
bereits bestehende Strukturen in die Baupläne in<br />
Västra Hamnen mit einbezogen, zum Beispiel<br />
das „Stapelbädden“, eine schiefe Ebene, die der<br />
ehemaligen Werft beim Bau von Schiffen als<br />
Unterlage diente. Für dieses Projekt entstand eine<br />
kreative Lösung, die die alte Tradition der Werft mit<br />
Elementen urbanen Designs verbunden hat: Sta-<br />
pelbäddsparken, eine der besten Skateranlagen in<br />
Nordeuropa unter freiem Himmel. Die fast 2000<br />
Quadratmeter umfassende Skaterlandschaft aus<br />
Beton wurde in Zusammenarbeit mit den Skatern<br />
Malmös und einem amerikanischen Architekten<br />
entwickelt, der schon mehrere solcher Projekte<br />
realisiert hat. Und selbst Skater aus Leidenschaft<br />
ist. Västra Hamnen zeigt also, dass urbane Stadt-<br />
entwicklung nicht einfach ist. Es bedeutet in jedem<br />
Fall mehr als das bloße Errichten von Gebäuden,<br />
die am Ende keiner haben oder bezahlen will und<br />
kann. Es zeigt auch, dass eine Zusammenarbeit<br />
zwischen einzelnen Interessengruppen unerlässlich<br />
ist. Aber vor allem ist es der Beweis, dass es nie<br />
einfach ist, alle unter einen Hut zu bringen.<br />
Malmö ist am besten über den Kopenhagener Flughafen<br />
Kastrup zu erreichen, der von mehr als 120 Flughäfen<br />
aus direkt angeflogen wird und nur 20 Minuten von<br />
Malmö entfernt liegt.<br />
Foto: Åke Eson Lindman
18 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
BLEED<br />
Bleed ist eine junge norwegische Designagentur, die im Grenzgebiet zwischen Kunst und kommerziellem Design arbeitet. „Bleed for the <strong>Revolution</strong>“ – diese ambitiöse Einstellung hat<br />
den Osloern nicht geschadet, sondern für ein spannendes und beeindruckendes Portfolio gesorgt. Levi Strauss Nordic, BMG, IKEA, der norwegische Designrat, Sony Music, Diesel<br />
oder das norwegische Nationaltheater sind nur einige ihrer Kunden, die sich aus den unterschiedlichsten Bereichen an die Agentur wenden. Eine ausführliche Präsentation von Bleed<br />
findet Ihr auf Seite 42. bleed.no<br />
BLEED.NO
Vom Betonvorort ins Szeneviertel<br />
Jonas Hassen Khemiri (27) ist zurzeit vielleicht<br />
Schwedens meist diskutierter Schriftsteller. Er<br />
hat gerade seinen zweiten Roman „Montecore“<br />
veröffentlicht, und sein erstes Buch „Ett öga rött“<br />
erschien im März bei Piper Nordiska unter dem<br />
Titel „Das Kamel ohne Höcker“. Der Roman handelt<br />
vom 15-jährigen Halim, dessen Mutter an einer<br />
schweren Krankheit gestorben ist und der nun<br />
versucht, mit den ihm zur Verfügung stehenden<br />
Mitteln seinen Weg im Leben zu finden. Gemeinsam<br />
mit seinem Vater, einem Einwanderer aus Marokko,<br />
ist Halim aus seinem geliebten Stockholmer Vorort<br />
in eine Wohnung in der Innenstadt gezogen. Seine<br />
Einsamkeit und Unsicherheit drücken sich in der<br />
Ausbildung einer idealisierten „arabischen“<br />
Identität aus.<br />
Halim zieht aus dem hauptsächlich von Ein-<br />
wanderern bewohnten Vorort Skärholmen nach<br />
Södermalm in Stockholms Innenstadt, was ein<br />
großer Meilenstein in seinem Leben zu sein<br />
scheint. Kannst Du den Unterschied zwischen<br />
diesen zwei Bereichen der Stockholmer Urbani-<br />
tät beschreiben?<br />
Für viele bedeutet die Innenstadt Hochstatus. Po-<br />
loshirts und Prestige in gut designten Wohnungen.<br />
Der Vorort wird als niedriger Status betrachtet.<br />
Arbeiterklasse und soziale Probleme in Betonklöt-<br />
zen. Halim versucht, die Vororte aufzuwerten, indem<br />
er ihrer „Echtheit“ huldigt, aber er merkt bald, dass<br />
dies nicht aufgeht, denn es gibt Vororte mit Luxus-<br />
villen und heruntergekommene Innenstadtviertel. Es<br />
gibt reiche Einwanderer in der Innenstadt und arme<br />
schwedische Familien im Vorort. Die Welt wird nie<br />
so einfach schwarz-weiß, wie Halim sie gern hätte.<br />
In Deinem Buch „Das Kamel ohne Höcker“<br />
wird es deutlich, dass Religion und Glauben für<br />
junge Einwanderer wichtige Mittel zur Iden-<br />
titätsbildung sein können. Glaubst Du, dass<br />
deswegen viele junge Einwanderer so stark auf<br />
die Mohammed-Karikaturen reagiert haben?<br />
Für mich handelt der Roman eher davon, wie wichtig<br />
die Fantasie als Identitätswerkzeug sein kann, nicht<br />
nur für junge Einwanderer, sondern für Menschen<br />
generell. Halim ist ja eigentlich gar kein Einwan-<br />
derer, weil er in Schweden geboren ist. Und er ist<br />
auch kein besonders strenggläubiger Muslim, wenn<br />
man daran denkt, dass er sich seinen eigenen Gott<br />
mit roter Nase zusammenfantasiert, der ihm erklärt,<br />
warum auch guten Menschen schlechte Dinge<br />
passieren.<br />
Noch mal zurück zum Karikaturenstreit. Eine<br />
kurze, rückblickende Einschätzung: War es ein<br />
Konflikt, der von den Medien und religiösen und<br />
politischen Führern angeheizt wurde oder ein<br />
Anlass zum Aufwachen und zum Nachdenken<br />
über die eventuell missglückte Integrationspoli-<br />
tik und nötige Veränderungen?<br />
Entweder-oder-Fragen stand ich schon immer sehr<br />
kritisch gegenüber. Die Welt ist nicht entweder-<br />
oder und wird es auch nie sein. Dahingegen ist es<br />
sehr wichtig, dass man sich bewusst ist, dass man<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />
Der schwedische Schriftsteller Jonas Hassen Khemiri erklärt, wie Wohnorte Identitäten schaffen<br />
und wie diese Muster mit Fantasie gebrochen werden können. Wehrt sich gegen Schwarz-Weiß-<br />
Malerei im Karikaturenstreit.<br />
auf sehr viele unterschiedliche Weisen Muslim sein<br />
kann. Und im Karikaturenstreit scheint es, als ob wie<br />
gewohnt die radikalen Stimmen am lautesten gehört<br />
wurden, diejenigen Stimmen, die am ehesten den<br />
Vorurteilen des Etablissements entsprechen.<br />
Jonas Hassen Khemiris erster Roman ist im März unter dem<br />
Titel „Das Kamel ohne Höcker” bei Piper Nordiska erschienen.<br />
piper-verlag.de<br />
Foto: Leif Hansen
20 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Reiseatlas der anderen Art<br />
Berlin kann man auf viele Arten sehen. Auch auf Norwegisch. Im Projekt „Berlin med norske øyne“ („Berlin mit norwegischen Augen“) interviewten die Dozentin Laila Thuestad und<br />
Studenten der Berliner Humboldt-Universität Norweger, die in Berlin leben und arbeiten. An einem selbstgewählten Lieblingsort erzählen norwegische Kulturschaffende, Akademiker<br />
und Geschäftsleute, wie sie Berlin erleben. Der Fotograf Espen Eichhöfer, selbst ein Deutsch-Norweger, hielt die Momente in Porträtbildern fest. Das Ergebnis erscheint demnächst als<br />
Reiseatlas der anderen Art bei Alvheim & Eide. Übersetzung von Frithjof Reinhard Timm und Björn Kozempel<br />
Dag Harald Yngland, Journalist<br />
Ich fühl’ mich in Friedenau wohl. Direkt um<br />
die Ecke liegt Marlene Dietrich begraben.<br />
Das Grab ist eine reine Wallfahrtsstätte<br />
für schwarzgekleidete Leute aus dem<br />
Showbiz – im Sommer ist es voller Rosen<br />
und Champagnergläser.<br />
Per Boye Hansen, ehemaliger Direktor<br />
der Komischen Oper<br />
Berlin erlebe ich in vielfacher Weise als<br />
mehr deutsch als andere Städte, gerade<br />
weil es diese phantastische Geschichte<br />
hat. Man weiß, dass Hitler sich in den<br />
Katakomben erschossen hat, gerade<br />
einmal ein paar Meter hier die Straße<br />
runter. Wenn man weiß, dass die Stadt<br />
auf einem Ruinenhügel gebaut wurde, der<br />
gerade einmal 60 Jahre alt ist, weiß man,<br />
dass Berlin das Symbol für Deutschlands<br />
neuere Geschichte ist.<br />
Lars Ramberg, Künstler<br />
„Palast des Zweifels“ ist ein Versuch, ein<br />
Denkmal über die Uneinigkeit zu schaffen,<br />
ohne zu sagen, dass ich für diese oder<br />
jene Seite bin. Es ist ein Werk, das an<br />
dieser Debatte teilnimmt. Es stellt sich<br />
schlicht und einfach in die Mitte und sagt:<br />
„Keep on playing tennis“.<br />
Jan Brockmann, ehemaliger Professor<br />
an der Humboldt-Universität<br />
Ich bin immer noch der Auffassung, dass<br />
das „Band des Bundes“ eine ausgezeich-<br />
nete architektonische Figur ist; dieser<br />
Platz mit den zwei Hälften, wo der Fluss<br />
durchfließt. Gerade weil der Ort geteilt<br />
wird, erhält er den Charakter eines Plat-<br />
zes. Es sind gerade diese zwei Platzhälf-<br />
ten, die sich ineinander spiegeln, zu-<br />
sammen mit dem Flusslauf, der in<br />
der Dachkonstruktion wieder aufge-<br />
nommen wird.<br />
Bente Stokke, Künstlerin<br />
Berlin ist eine Wasserstadt, eine bewegliche<br />
Stadt. Hier am Ufer kann man laufen.<br />
Das ist eine Art, weiterhin norwegisch zu<br />
leben, wenn Du nicht die Möglichkeit hast,<br />
Langlauf mit Skiern zu machen.<br />
Sverre Jervell, ehemaliger Diplomat<br />
der norwegischen Botschaft<br />
So kam ich also nach Berlin und entdeckte,<br />
dass Berlin doch auch sehr spannend<br />
war – es war wie New York ohne<br />
Amerikaner. Es gibt viel von der gleichen<br />
elektrisierenden Stimmung hier in Berlin.<br />
Aber gleichzeitig ist Berlin europäisch,<br />
ja sogar nordeuropäisch. Die Norweger<br />
erkennen sich wieder in der Kultur und<br />
sind fasziniert.<br />
Tone Myklebost, Journalistin<br />
und Literaturkritikerin<br />
Alle denken doch, dass der Alexanderplatz<br />
so schrecklich hässlich ist. Und das ist<br />
er ja auch. Aber ich mag ihn trotzdem,<br />
gerade weil er so anders ist. In gewisser<br />
Weise hat er einen barbarischen Charme.<br />
Karl Richard Thuve, Pfarrer der norwegischen<br />
Seemannskirche in Berlin<br />
Heute sieht es auf der Museumsinsel<br />
etwas anders aus als im alten Preußen.<br />
Der Dom steht noch dort, aber das Schloss<br />
auf der anderen Straßenseite ist durch<br />
den Palast der Republik ersetzt worden,<br />
der für mich die Gottlosigkeit repräsentiert.<br />
Oder auf jeden Fall einen Staat, der<br />
zweifelte. Und als dritter Mosaikstein steht<br />
für mich der Fernsehturm als ein Exempel<br />
des wissenschaftlichen und technischen<br />
Fortschritts. So hat man hier also Glauben,<br />
Zweifel und Wissenschaft.
Maja Spasova meint, „das Geheime“ ist ein Ausdruck<br />
für die Grenze zwischen uns und den anderen,<br />
zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen.<br />
Das Rätsel zu lösen, ein Geheimnis zu verstehen,<br />
bedeutet eigentlich, diese Grenzen zu verschieben.<br />
Das Geheimnis ist ein definierendes Element eines<br />
Individuums. In unserer heute so rationalen Zeit<br />
glauben viele, dass sich das Leben planen und<br />
programmieren lässt und dass man nach einem<br />
sicheren Modell leben kann. Und das gilt nicht nur<br />
für das Individuum, sondern auch für den Staat: Man<br />
denke nur an Register, Überwachungskameras,<br />
diverse Kontrollen und so weiter. Dabei sind wir aber<br />
alle umgeben von Geheimnissen; auf allen Niveaus<br />
gibt es Verstecktes, Unbekanntes, Geheimes. Das<br />
Kunstprojekt „Geheimnisse“ ist eine Untersuchung,<br />
ein Eintauchen in die psychosoziale Wirklichkeit, ein<br />
Gegengewicht zu der oberflächlichen Vorstellung<br />
über unsere Durchschaubarkeit.<br />
Dabei besitzt „Geheimnisse“ auch ein gewisses the-<br />
rapeutisches Potenzial. Wer lange ein Geheimnis mit<br />
sich herumgetragen hat, wird vielleicht von einem<br />
Teil seiner Last befreit, wenn er es endlich erzählen<br />
kann. Wieder andere, die die Geheimnisse lesen,<br />
erkennen sich darin vielleicht selbst wieder und mer-<br />
ken, dass sie mit ihrem Schmerz, einem peinlichen<br />
oder einem überlebenswichtigen Geheimnis nicht<br />
alleine sind.<br />
Die schwedischen Geheimnisse handeln vor allem<br />
von Geld, Liebe oder familiären Verhältnissen. Je-<br />
mand hat einen Bekannten, der Steuern hinterzieht,<br />
ein anderer vertraut seinem Ehepartner nicht, wieder<br />
jemand anderes weiß, dass der Vater eines Kindes<br />
nicht dessen biologischer Vater ist. Unausgespro-<br />
chene Normen in einer Familie, Loyalität gegenüber<br />
einem Freund oder die Angst, wie die Umgebung<br />
reagiert, wenn ein Geheimnis enthüllt wird, können<br />
sehr viel stärker sein als die Möglichkeit, dem eige-<br />
nen Herzen zu folgen und die Wahrheit zu sagen.<br />
Bei der Entstehung dieses Kunstprojektes spielt<br />
der Hintergrund der Künstlerin eine wichtige Rolle.<br />
Maja Spasova ist in Bulgarien geboren und in einer<br />
kommunistischen Gesellschaft aufgewachsen, in der<br />
Überwachung, Angst und Geheimnisse das Leben<br />
stark beeinflussten. Diese Erfahrungen hat sie lange<br />
mit sich herumgetragen, bis sie zu einer künstle-<br />
rischen Idee ausgereift waren. 2002 begann sie mit<br />
dem Einsammeln der Geheimnisse in Schweden,<br />
die dann 2003 erstmals in der Kunsthalle Liljeval-<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 21<br />
Ein Geheimnis, das nur ich kenne: Ich bin nicht geisteskrank, absolut<br />
nicht. Ich tue nur so. So ist es leichter, das zu erreichen, was<br />
ich will: in Ruhe gelassen werden, nicht in der Hölle mitspielen<br />
müssen, die man Gesellschaft nennt. Wissen Sie, wie schrecklich<br />
Menschen sind? Die glauben einfach, dass ich nichts verstehe...<br />
ich verstehe alles, ich verstehe viel mehr als sie.<br />
Verrat` mir Dein Geheimnis!<br />
Jeder Mensch hat Geheimnisse. Sachen, die niemand anderes wissen darf. Maja Spasova sammelt<br />
in ihrem Kunstprojekt „Geheimnisse“ eben diese Geschichten ein. Nach der Durchführung des<br />
Projektes in Schweden sind nun auch alle Einwohner und Gäste in Deutschland aufgerufen, ano-<br />
nym ihre Geheimnisse an die Künstlerin zu schicken.<br />
chs in Stockholm zu sehen waren. Gleichzeitig gab<br />
es im öffentlichen Raum in Stockholm mehrere<br />
Installationen. So konnte man zum Beispiel an<br />
verschiedenen Stellen in der Stadt seine Geheim-<br />
nisse in Trichter sprechen. Über Rohre, die ins Meer<br />
mündeten, glitten die Geheimnisse so ins Wasser<br />
und konnten wegschwimmen oder sich mit anderen<br />
Geheimnissen unter Wasser treffen und ihre Erfah-<br />
rungen austauschen. Und weiterfließen.<br />
Das Projekt Geheimnisse der Künstlerin Maja Spasova kommt<br />
nach Deutschland! Während des <strong>NORD</strong> Kulturforums in Berlin<br />
kann man einen Teil der in Schweden eingesammelten Geheimnisse<br />
in den Hackeschen Höfen in Form einer Projektion sehen.<br />
Außerdem sind alle eingeladen, der Künstlerin eigene Geheimnisse<br />
zu übermitteln. Das geht auf folgenden Wegen:<br />
• durch Einwerfen der Geheimnisse in besondere Briefkästen,<br />
die an verschiedenen Plätzen in Berlin aufgestellt sein werden<br />
• per E-Mail: majaspasova@hotmail.com<br />
• per Post: Spasova, Postfach 0 , 1200 Berlin<br />
• über die Homepage nord.info/geheimnisse<br />
Die in Deutschland eingesammelten Geheimnisse werden dann<br />
unter anderem anonym in Buchform veröffentlicht und als Installationen<br />
im urbanen öffentlichen Raum präsentiert.
22 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Papa bleibt zu Hause<br />
<strong>NORD</strong> interviewte den norwegischen Botschaftsrat für Presse und Kultur, Johan Kristian Meyer.<br />
Dafür lud er die Redaktion in die Berliner Galerie „Projekt 0047“ in der Tieckstr. 10 ein.<br />
Herr Meyer, Sie vertreten norwegische Kultur in<br />
Deutschland. Welches Norwegen-Bild möchten<br />
Sie den Deutschen vermitteln?<br />
Ein Bild für das moderne Norwegen wäre ein junger<br />
Mann, der zu Hause bleibt und sich um die Kinder<br />
kümmert: Ein Symbol für die Gleichstellung in der<br />
norwegischen Gesellschaft. Das entspricht durch-<br />
aus der Realität. Nach der neuesten Gesetzeslage<br />
müssen zum Beispiel 40 Prozent der Vorstandsmit-<br />
glieder aller Unternehmen Frauen sein.<br />
Wie sind Sie darauf gekommen, die Galerie Pro-<br />
jekt 0047 für dieses Interview vorzuschlagen?<br />
Das Thema von <strong>NORD</strong> Kultur ist ja Urban Reflexion.<br />
Diese Galerie ist sehr urban. Der Raum hier ist<br />
wahrscheinlich ein ehemaliges Ladenlokal. Städter<br />
gehen mit dem um, was sie vorfinden. Man mietet<br />
einen Raum und verwandelt ihn einfach in eine<br />
Plattform für norwegische Kunst und Architektur.<br />
Viele Menschen treffen sich hier und knüpfen neue<br />
Kontakte, selbst Norweger untereinander.<br />
Gibt es denn so etwas wie eine norwegische<br />
Community in Berlin?<br />
Vor hundert Jahren trafen sich hier Edvard Munch<br />
und August Strindberg. Berlin war damals ja künstle-<br />
rischer Schmelztiegel für ganz Europa, und man ging<br />
ins berühmte Restaurant „Schwarzes Ferkel“. Das<br />
gibt es nicht mehr. Heute braucht man auch keine<br />
festen Treffpunkte mehr. Man kommt einfach nach<br />
Berlin und steigt sofort ein. Das Interesse an Berlin<br />
kann man an den vielen neu entstandenen Direkt-<br />
verbindungen nach Norwegen ablesen, zum Beispiel<br />
von Germanwings, Lufthansa, Norwegian und SAS.<br />
Was macht gerade Berlin für Norweger so<br />
attraktiv?<br />
Berlin ist eine sehr offene Stadt. Außerdem können<br />
Künstler und Studenten hier sehr billig leben. Das ist<br />
anders als in Paris oder London, und trotzdem kann<br />
man sich hier gut auf Englisch verständigen.<br />
Und wer kommt hierher?<br />
Alle. Studenten, Künstler. Mehr und mehr auch<br />
etablierte Leute, die bereits in Norwegen erfolgreich<br />
sind. Es gibt ein Buchprojekt „Berlin mit norwe-<br />
gischen Augen“, bei dem viele solcher Wahl-Berliner<br />
in Interviews und Bildern vorgestellt werden.<br />
Warum sind Sie als Botschaftsrat nach Berlin<br />
gekommen?<br />
Ich habe mir gewünscht, nach Deutschland zu kom-<br />
men. Die kulturellen Verbindungen sind sehr stark.<br />
Meines Erachtens ist Deutschland der wichtigste<br />
Partner für Norwegen.<br />
Weshalb?<br />
Norwegen war über mehrere Jahrhunderte sehr<br />
eng mit Deutschland verbunden, schon allein<br />
sprachlich. Dieser Austausch brachte Norwegen<br />
viele kulturelle, wirtschaftliche, wissenschaftliche<br />
und theologische Impulse. Der Zweite Weltkrieg hat<br />
viel davon zerstört. Als Botschaft möchten wir die<br />
Beziehungen zum modernen Deutschland wieder<br />
genauso stark werden lassen wie früher. In Berlin<br />
ist das schon gelungen.
Worin liegen die Schwierigkeiten?<br />
Deutschland leidet unter seinem langweiligen Image.<br />
Die meisten Norweger kennen nur den Blick von der<br />
Autobahn, wenn sie weiter Richtung Spanien oder in<br />
die Toskana fahren. Andererseits sitzt die Erinnerung<br />
an den Zweiten Weltkrieg und die Besatzung Nor-<br />
wegens durch deutsche Truppen tief. Vom modernen<br />
Deutschland wissen die Leute sehr wenig. Das sieht<br />
man zum Beispiel an den norwegischen Schülern,<br />
die uns in der Botschaft oft besuchen. Bilder von<br />
Willy Brandt oder Helmut Kohl sagen ihnen nichts.<br />
Dafür kennen sie Hitler und das Sandmännchen. Wir<br />
veranstalten viele Vorträge, um ein modernes Bild<br />
von Deutschland zu vermitteln. Das positive Bild von<br />
Berlin ist dabei eine große Hilfe. Mehr Norweger<br />
werden auch wieder Deutsch lernen, hoffe ich.<br />
Seit wann arbeiten Sie für die norwegische<br />
Botschaft?<br />
Ich bin im diplomatischen Dienst tätig und seit 2002<br />
in Berlin. Davor war ich vier Jahre lang für die nor-<br />
wegische Vertretung bei der EU in Brüssel tätig. Das<br />
war während der Beitrittsverhandlungen. Davor war<br />
ich für zwei Jahre an der Botschaft in Lagos, Nigeria.<br />
Als Diplomat hat man immer einen Außenblick auf<br />
sein eigenes Land, das sehe ich als großen Vorteil.<br />
Ausgebildet bin ich als Historiker<br />
Waren Sie für die Botschaft immer im Bereich<br />
Kultur tätig?<br />
In Nigeria gab es nur den Botschafter und einen<br />
Botschaftssekretär. Dort waren wir Mädchen für<br />
alles: Lehre, Wirtschaftsförderung, weniger Kulturar-<br />
beit. In Berlin bin ich zwar nur für Presse und Kultur<br />
zuständig, aber es gibt unheimlich viel zu tun. Ganz<br />
chaotisch! (Lacht). Unser Vorteil ist die gute Zu-<br />
sammenarbeit mit den anderen Ländervertretungen<br />
der Nordischen Botschaften. Auf Initiative des<br />
schwedischen Kulturattachés Aris Fioretos hatten<br />
wir kürzlich zum Beispiel die gemeinsame nordische<br />
Filmreihe „Mehr Licht“ im Felleshus. Den Deutschen,<br />
die sich für nordische Kultur interessieren, ist es<br />
meist egal, ob sie aus Schweden oder Norwegen<br />
kommt.<br />
Was sind Ihre persönlichen Lieblingsbereiche?<br />
Literatur ist mein Ding. Ich habe mich dafür einge-<br />
setzt, dass wir vor kurzem bei der Leipziger Buch-<br />
messe vertreten waren.<br />
Welche deutschen Autoren mögen die<br />
Norweger?<br />
Heutzutage? Siegfried Lenz ist sehr bekannt.<br />
Thomas Mann ist natürlich eine Ikone. Die Texte von<br />
Goethe haben die wenigsten gelesen. Döblin wäre<br />
zu nennen. Und dann sind es junge Autoren wie Ingo<br />
Schulze.<br />
Und welche deutsche Literatur interessiert Sie?<br />
Bernhard Schlinks „Der Vorleser“ oder auch<br />
„Russendisko“ von Wladimir Kaminer. Dann habe<br />
ich neulich ein sehr lustiges Buch von Bastian Sick<br />
gelesen: „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod.“<br />
Wer ist Ihr norwegischer Lieblingsautor?<br />
Dag Solstad finde ich ganz gut. Tor Bomann-Lar-<br />
sen schreibt hervorragende Biografien. Außerdem<br />
gibt es sehr viele ausgezeichnete Krimiautoren,<br />
zum Beispiel Jo Nesbø, der demnächst nach Berlin<br />
kommt. Allerdings muss ich immer auf die Nachfra-<br />
ge reagieren. Auf Norwegisch heißt das: „mottaker-<br />
orientert“, also Empfänger-orientiert sein. Ich kann<br />
meine persönlichen Interessen nur begrenzt in den<br />
Job einbringen.<br />
Gibt es aus Oslo Vorgaben, wie Sie Norwegen<br />
repräsentieren sollen?<br />
Seit einigen Jahren diskutiert man die Vermarktung<br />
Norwegens unter den Begriffen „Public Diploma-<br />
cy“ oder „National Branding“. Viele wollen weg von<br />
den alten Ikonen Edvard Grieg, Edvard Munch und<br />
Henrik Ibsen und sich stattdessen ganz auf die zeit-<br />
genössischen Künstler Norwegens konzentrieren.<br />
Meiner Ansicht nach sollte man aber das bestehen-<br />
de Interesse für die alten Künstler nutzen und zum<br />
Beispiel über Munch etwas Neues anbieten. Allge-<br />
meine Rahmenbedingungen gibt Oslo natürlich vor:<br />
Letztes Jahr war die hundertjährige Unabhängigkeit<br />
Norwegens Thema. Uns ging es dabei vor allem um<br />
die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland,<br />
das Norwegen 1905 ja offiziell anerkannt hat. Die<br />
gemeinsame Ausstellung „Nicht nur Lachs und<br />
Würstchen“ über das Verhältnis der beiden Länder<br />
wurde letztes Jahr von den jeweiligen Regierungs-<br />
chefs Jens Stoltenberg und Gerhard Schröder in<br />
Oslo eröffnet. Dieses Jahr kommt sie nach Berlin.<br />
2006 ist Ibsen-Jahr.<br />
Wird die Kulturförderung instrumentalisiert, um<br />
wirtschaftlichen Zwecken zu dienen?<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 2<br />
Deutschland leidet unter seinem langweiligen Image. Die meisten Norweger ken-<br />
nen nur den Blick von der Autobahn, wenn sie weiter Richtung Spanien oder in<br />
die Toskana fahren.<br />
Es ist natürlich unsere Aufgabe, ein positives Bild<br />
im Ausland zu vermitteln. Und davon profitiert auch<br />
die Wirtschaft Norwegens. Ich finde aber, man kann<br />
nicht von Instrumentalisierung sprechen. Vieles ist ja<br />
schon kommerzialisiert, zum Beispiel die Musikspar-<br />
te. Aber es gibt genügend künstlerische Bereiche,<br />
die finanzielle Hilfe brauchen. Dort versuchen wir zu<br />
helfen. Die norwegische Kulturförderung im Ausland<br />
hat sich während der letzten zehn Jahre stark verän-<br />
dert und professionalisiert. Es gibt jetzt Organisati-<br />
onen in Norwegen, die jeweils für unterschiedliche<br />
Kunstsparten (Musik, Film, Tanz, Theater, Kunst<br />
und Literatur) zuständig sind. Wer als Künstler<br />
Fördermittel beantragen will, wendet sich also nicht<br />
mehr ans Außenministerium, sondern direkt an die<br />
zuständigen Kuratoren und Kunstexperten.<br />
Hat die Debatte um die Mohammed-Zeich-<br />
nungen, die neben Dänemark auch Norwegen<br />
betroffen hat, dem Norwegenbild geschadet?<br />
Nein. An der norwegischen Botschaft in Deutsch-<br />
land ist dieser Konflikt beinahe unbemerkt vorüber-<br />
gegangen.<br />
Entsprechen Sie eigentlich dem Klischeebild<br />
eines Norwegers?<br />
Absolut! (Lacht). Ich bin ein Naturmensch. Jeden<br />
Tag fahre ich mit dem Fahrrad zur Arbeit und trotze<br />
dabei Schnee, Kälte und Regen.<br />
Herr Meyer, wir bedanken uns für dieses<br />
Interview.
2 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION
Bei der Europameisterschaft letztes Jahr kamen vier<br />
von acht Mannschaften aus Skandinavien. Beim im<br />
März ausgetragenen Algarve-Cup in Portugal, an<br />
dem sieben Teams aus den Top Ten der Weltrang-<br />
liste der Frauen teilnehmen, waren sowohl die<br />
Vize-Weltmeisterinnern aus Schweden als auch die<br />
EM-Zweiten aus Norwegen dabei. Und auch bei den<br />
Qualifikationsspielen zur fünften WM 2007 in China<br />
haben die skandinavischen Spielerinnen bisher fast<br />
alle Begegnungen gewonnen. Die Erklärung für die<br />
Stärke der nordischen Teams liegt auf der Hand,<br />
sagt der schwedische UEFA-Präsident Lennart<br />
Johansson, denn im Moment sei der Einsatz für den<br />
Frauenfußball nirgendwo anders in Europa so groß<br />
wie in Skandinavien.<br />
Bereits seit 30 Jahren ist der Frauenfußball in den<br />
nordischen Ländern ein organisierter Sport. Schon<br />
1970 gewannen die dänischen Damen die erste<br />
Weltmeisterschaft der Frauen, die damals allerdings<br />
noch inoffiziell war – und seitdem ziehen die an-<br />
deren skandinavischen Länder nach. Erst im Jahre<br />
1991 fand in China die erste offiziell von der FIFA<br />
veranstaltete Frauen-WM statt, bei der Norwegen<br />
und Schweden auf Platz zwei und drei landeten.<br />
Durch schnelles Reagieren auf die Entwicklungen<br />
im Frauenfußball haben sich die nordischen Länder<br />
inzwischen einen entscheidenden strategischen<br />
Vorteil gegenüber anderen europäischen Ländern<br />
erarbeitet; die Professionalisierung ist mit großen<br />
Schritten voran gegangen.<br />
Wichtige Voraussetzungen dafür waren zum einen<br />
die ausgeprägte Vereinskultur im Profisportbe-<br />
reich, zum anderen die historische Entwicklung der<br />
Gleichstellungspolitik in Skandinavien. In Schweden<br />
gibt es einen Plan für die Gleichstellung der Frau im<br />
Fußball, um zu erreichen, dass prozentual gesehen<br />
genauso viele Frauen wichtige Positionen zum Bei-<br />
spiel als Trainerin oder Schiedsrichterin bekleiden,<br />
wie es Spielerinnen gibt – und das sind momentan<br />
immerhin zwischen 20 und 30 Prozent.<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 2<br />
Fußball<br />
ist unser<br />
Leben<br />
Die Fußballweltmeisterschaft steht vor der Tür und mit ihr wie immer eine enorme Medienpräsenz<br />
der männlichen Starfußballer. Ob die deutschen Männer das Finale erreichen werden, wird noch<br />
schwer diskutiert. Eins steht jedoch fest: Die deutschen Fußballdamen haben den Weltmeistertitel<br />
schon längst geholt. Aber die nordischen Teams sind der deutschen Elf dicht auf den Fersen –<br />
höchste Zeit also für eine Bestandsaufnahme der nordischen Kickerinnen! Illustration: Lisa Schibel<br />
In Zukunft soll der Frauenfußball in Skandinavien<br />
noch mehr gefördert werden, da es immer noch<br />
große Unterschiede zwischen den Vereinen der<br />
einzelnen Länder gibt. Insgesamt stehen die meis-<br />
ten wirtschaftlich zwar viel besser da als noch vor<br />
einigen Jahren, so dass die Frauen sich tatsächlich<br />
mehr auf den Sport konzentrieren können. Aber<br />
mit den Einnahmen im Herrenfußball können die<br />
Frauen noch lange nicht mithalten. Und das, obwohl<br />
sich das Interesse für die kickenden Damen enorm<br />
gesteigert hat. Das Fernsehen ist viel interessierter<br />
als früher, es werden mehr Spiele übertragen, so<br />
dass auch der Bekanntheitsgrad und das Anse-<br />
hen steigen. In Schweden nahm die Begeisterung<br />
für Frauenfußball rasant zu, als die blau-gelben<br />
Spielerinnen 2003 im WM-Finale gegen Deutsch-<br />
land antraten, und auch in Finnland ist die Euphorie<br />
gerade auf einem neuen Höhepunkt angelangt. Von<br />
fünf Millionen finnischen Einwohnern sahen bei der<br />
letzten EM immerhin 350.000 die Live-Übertragung<br />
des Gruppenspiels gegen Dänemark.
26 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Nach Aussage der ehemaligen DFB-Trainerin Tina<br />
Theune-Meyer ist es vor allem die Technik der<br />
Skandinavierinnen, die ihr Spiel von dem anderer<br />
Teams unterscheidet. In Ländern mit so geringen<br />
Einwohnerzahlen kann man nicht auf Nachwuchs in<br />
Massen hoffen, sondern muss auf Taktik, Team-<br />
work und Leidenschaft setzen. Trotzdem lassen<br />
sich die nordischen Teams natürlich nicht alle über<br />
einen Kamm scheren. Die Norwegerinnen sind<br />
zum Beispiel die einzigen, die vom EM- über den<br />
WM-Titel bis zum olympischen Gold alles erreicht<br />
haben. Momentan aber leiden sie eher an einem<br />
Formtief. Finnland hingegen ist im Vergleich das<br />
schwächste der nordischen Länder. Die Schweden<br />
Jennifer, Du bist zurzeit die einzige deutsche<br />
Fußballspielerin in Schweden, warum gibt es<br />
nicht mehr? Und warum bist Du nach Schweden<br />
gegangen?<br />
Also erstens gehört überhaupt einiges dazu, in ein<br />
anderes Land zu gehen, wenn Familie oder Freund<br />
so weit weg sind! Zweitens hat man in den skandina-<br />
vischen Ländern zurzeit nur in Schweden eine Chan-<br />
ce, als Profifußballerin zu leben. Und drittens bin ich<br />
ein absoluter Schwedenfan und musste daher nicht<br />
lange über das Angebot aus Karlstadt nachdenken!<br />
Wie erlebst Du die Integration als ausländische<br />
Spielerin in die Mannschaft beziehungsweise<br />
Gesellschaft?<br />
Die Integration ist absolut vorbildlich. Die Schweden<br />
sind sehr offen und freundlich. Wenn man zum Bei-<br />
spiel auf eine Party geht und dort die einzige Auslän-<br />
derin ist, dann sind Unterhaltungen in Englisch eine<br />
Selbstverständlichkeit, auch zwischen den Schweden.<br />
Im WM-Jahr liegt das Augenmerk auf dem Män-<br />
nerfußball – was denkst Du über Frauenfußball?<br />
wiederum kaufen ihre Spielerinnen auch gerne mal<br />
im Ausland ein, so zum Beispiel die Deutsche<br />
Jennifer Meier. Einigen dürfte die Stürmerin von<br />
ihrer Zeit bei den beiden Frankfurter Vereinen<br />
FFC und FSV bekannt sein. Am Ende der letzten<br />
Bundesligasaison entschied sie sich dazu, nach<br />
Schweden zum Aufsteiger QBIK aus Karlstad zu<br />
wechseln. Und auch die Deutschen setzen verstärkt<br />
auf skandinavische Taktik – mit der Dänin Louise<br />
Hansen, die beim 1. FFC Frankfurt im Mittelfeld<br />
spielt. <strong>NORD</strong> fragte bei beiden nach, wie sie die Er-<br />
folge der skandinavischen Spielerinnen einschätzen<br />
und was es für Unterschiede zwischen deutschem<br />
und nordischem Fußball gibt.<br />
„Ich denke, dass Frauenfußball in Skandinavien so<br />
erfolgreich ist, weil Männerfußball hier nicht die Män-<br />
nersportart Nummer eins ist, sondern eher Eishockey.<br />
Das ist optimal für die Medienpräsenz und damit für die<br />
Entwicklung des Frauenfußballs.“ Jennifer Meier<br />
Jennifer Meier, Stürmerin, QBIK Karlstad<br />
Ich denke, der Frauenfußball sollte noch mehr Me-<br />
dienpräsenz erhalten. In Schweden sind sowohl die<br />
Zuschauerzahlen als auch die Medienpräsenz sehr<br />
hoch. Ich hoffe, dass sich das in Deutschland noch<br />
verbessert. Es ist nach dem Gewinn der WM 2003<br />
und der EM 2005 schon besser geworden, aber noch<br />
nicht optimal!<br />
Warum sind gerade die skandinavischen Damen-<br />
fußballmannschaften so erfolgreich?<br />
Die schon erwähnte hohe Medienpräsenz des Frau-<br />
enfußballs in Skandinavien hängt stark damit zusam-<br />
men. Ich denke, dass das wiederum davon abhängt,<br />
dass Männerfußball hier nicht die Männersportart<br />
Nummer eins ist, sondern eher Eishockey. Das ist<br />
optimal für die Entwicklung des Frauenfußballs.<br />
Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />
gibt es im Frauen- und Männerfußball zwischen<br />
Deutschland und Skandinavien?<br />
Eine Gemeinsamkeit ist, dass sowohl in Deutsch-<br />
land als auch in Skandinavien, speziell in Schweden,<br />
Frauen und Männer sehr professionell trainieren,<br />
wie man an den Erfolgen der Nationalmannschaften<br />
feststellen kann. Es überwiegen aber wohl eher die<br />
Unterschiede. Ich würde mir daher wünschen, dass<br />
in Deutschland die allgemeine Vereinsarbeit mehr in<br />
Angriff genommen wird. Hier in Schweden wird in der<br />
Saison am Wochenende und in der Woche gespielt.<br />
Die Vereine klären das mit Arbeitgebern und Schulen<br />
ab. In Deutschland sollte man also speziell an der<br />
Freistellung der Spielerinnen arbeiten, damit diese an<br />
extra Trainingseinheiten teilnehmen können.<br />
Gibt es Unterschiede in den Landesligen oder<br />
auch auf Vereinsebene in Skandinavien?<br />
Ich denke leider immer noch, dass die Leistungs-<br />
unterschiede zwischen Landesligen, also zwischen<br />
Erster und Zweiter Liga, zu groß sind. Ich hoffe, dass<br />
sich auch das in den nächsten Jahren verbessert<br />
und somit eine Zukunftsbasis für den Frauenfußball<br />
geschaffen werden kann.<br />
Viel Erfolg weiterhin in Karlstad und vielen Dank<br />
für das Interview!
Louise Hansen, Mittelfeld, FFC Frankfurt<br />
Es gibt in Deutschland recht viele skandinavische<br />
Spieler – warum? Weshalb bist Du nach<br />
Deutschland gekommen?<br />
Ja, das stimmt. Bei den skandinavischen Männern ist<br />
die Bundesliga sehr beliebt, da sie bei den Männern<br />
ein sehr hohes Niveau hat und dort auch besser<br />
bezahlt wird. Bei den Frauen in Deutschland ist das<br />
Niveau ebenfalls höher. Ich bin vor zehn Jahren nach<br />
Deutschland gegangen, weil ich da gerade mein<br />
Abitur gemacht hatte und ein Jahr in Deutschland Erfahrungen<br />
sammeln und die deutsche Sprache lernen<br />
wollte. Ich bin dann irgendwie hier hängen geblieben,<br />
was ich jedoch nicht bereue.<br />
Wie erlebst Du die Integration als ausländische<br />
Spielerin in die Mannschaft beziehungsweise in<br />
die Gesellschaft?<br />
Ich sehe mich inzwischen nicht mehr als ausländische<br />
Spielerin. In meiner Anfangszeit fiel es mir sehr leicht,<br />
mich zurechtzufinden – mit Ausnahme der Sprache,<br />
die ich jedoch schnell gelernt habe. Man wird in<br />
Deutschland sehr herzlich aufgenommen, und ich<br />
hatte keine Probleme, mich zu integrieren. Ich finde<br />
die Deutschen sehr gastfreundlich und hilfsbereit.<br />
Im WM-Jahr liegt das Augenmerk auf dem Männerfußball<br />
– was denkst Du über Frauenfußball?<br />
Der Frauenfußball wird inzwischen hier in Deutschland<br />
sehr gut angesehen. Mit den Erfolgen der<br />
Frauennationalmannschaft stieg auch ihr Ansehen.<br />
Es hat sich in den letzten Jahren viel getan, und diese<br />
positive Entwicklung muss weitergehen. Der Männerfußball<br />
ist aber immer noch die absolute Nummer<br />
eins sowohl bei den Zuschauern in den Stadien als<br />
auch bei den Medien. Ich freue mich für Deutschland,<br />
dass sie die WM bekommen haben, weil es ein<br />
absolut großartiges Ereignis sein wird, bei dem viele<br />
Nationen aufeinander treffen, sowohl auf dem Platz<br />
als auch auf der Straße.<br />
Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />
gibt es im Frauen- und Männerfußball zwischen<br />
Deutschland und Skandinavien?<br />
Zwischen Deutschland und Skandinavien gibt es<br />
keine gravierenden Unterschiede. Der Männerfußball<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 27<br />
Fußball ist zurzeit der Sport unter<br />
Frauen, der international am<br />
stärksten wächst. Es gibt inzwischen<br />
mehr als 25 Millionen<br />
Fußballerinnen und 100 Nationalteams<br />
weltweit. Die Teams<br />
aus dem Norden sind ganz vorne<br />
mit dabei:<br />
FIFA Frauen-Weltrangliste, Stand April 2006<br />
1. Deutschland<br />
2. USA<br />
3. Norwegen<br />
4. Brasilien<br />
5. Frankreich<br />
6. Schweden<br />
7. Korea DVR<br />
8. China VR<br />
9. Dänemark<br />
10. Italien<br />
ist höher angesehen. Die skandinavischen Länder<br />
praktizieren eventuell etwas mehr die englische Art,<br />
Fußball zu spielen, also mit langen Bällen. In Deutschland<br />
wird aber auch viel Wert auf Technik gelegt.<br />
Du bist zurzeit die einzige Frau aus Skandinavien,<br />
die in Deutschland professionell Fußball<br />
spielt – warum gibt es nicht mehr?<br />
Es ist leichter für eine dänische Spielerin, nach<br />
Schweden oder Norwegen zu gehen, da die<br />
Sprachbarriere nicht so groß ist und die kulturellen<br />
Unterschiede nicht so ausgeprägt sind. Für mich war<br />
es ein großer Sprung, nach Deutschland zu gehen,<br />
und ich kann mir vorstellen, dass viele diesen Sprung<br />
nicht wagen möchten.<br />
Vielen Dank für das Interview und eine erfolgreiche<br />
Saison in Frankfurt!
28 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Willkommen in der „Wirklichkeit“<br />
Was passiert hinter den Türen von Guantánamo<br />
Bay? Warum werden russische Kinder zu Ka-<br />
detten ausgebildet? Weshalb sind Norweger so<br />
körperfixiert? Wie war das noch beim ersten<br />
Mal? Und: Was fasziniert Erwachsene eigent-<br />
lich an Tim und Struppi? Diese und andere<br />
Fragen versuchen verschiedene skandinavische<br />
Regisseure in ihren Dokumentarfilmen zu be-<br />
antworten. Oder den Antworten wenigstens ein<br />
Stückchen näher zu kommen.<br />
Illustration: www.atmo.se<br />
Zu sehen sind diese und andere Filme in Stockholm beim „Tempo Dokumentärfe-<br />
stival“. „Tempo“ gibt es seit 1998, findet also in diesem Jahr bereits zum siebten<br />
Mal statt, vom 8. bis zum 12. November 2006. Was das Festival in Stockholm<br />
so besonders macht: Es ist das einzige Forum der Welt, das neben Filmen<br />
dokumentarische Arbeiten über alle Genregrenzen hinweg zusammen präsen-<br />
tiert: Fernsehen, Radio, Fotografie und experimentelle Ausdrucksformen. Durch<br />
die internationale Ausrichtung des Festivals kamen im letzten Jahr an die 100<br />
Dokumentationen aus der ganzen Welt zusammen, wobei der Fokus trotzdem auf<br />
nordischen Filmen lag. Auch in diesem Jahr werden interessierte Dokumentar-<br />
freunde die Möglichkeit haben, Kino für die Ohren zu erleben, Fotoausstellungen<br />
zu durchwandern, in Filmen zu schwelgen oder mit den Regisseuren ihre Arbeiten<br />
ausgiebig bei einem Glas Wein zu diskutieren.<br />
Aber was macht den Dokumentarfilm so einzigartig? Dass er authentisch ist,<br />
würden wohl viele sagen. Denn als Zuschauer geht man davon aus, dass ein<br />
Dokumentarfilm die Wirklichkeit so abbildet, wie sie tatsächlich ist. Oft werden<br />
dabei besonders stark inszenierte Bilder für echt gehalten. Ein Regisseur hat<br />
durch sein Schaffen aber gerade die Möglichkeit, seine ganz persönliche Sicht<br />
der Dinge zu zeigen: Seine Auswahl der Bilder, der Schnitt oder der Ton dienen<br />
immer dazu, bestimmte Aspekte hervorzuheben oder andere in den Hintergrund<br />
treten zu lassen. Diese Inszenierungsmöglichkeiten müssen dem Publikum also<br />
bewusst sein. Jede Abbildung der Realität kann immer nur ein Ausschnitt und<br />
somit ein Konstrukt sein. Authentisch sind die Filme, die „Tempo“ zeigt, trotzdem.<br />
Denn Authentizität bedeutet nichts weiter, als dass dem Zuschauer ersichtlich<br />
wird, wer hinter einer Information steckt und dass diese nach der Aufnahme nicht<br />
mehr verändert wurde.<br />
Diese Vermittlung von Authentizität scheint den Regisseuren aus den nordischen<br />
Ländern besonders gut zu gelingen. Denn in den letzten Jahren widmen sich<br />
immer mehr Festivals mit besonderen Schwerpunkten den Filmen aus dem<br />
Norden. Wie zum Beispiel das Dokumentarfilmfestival in Thessaloniki, das im<br />
März stattfand und als eines der wichtigsten in Europa gilt, wenn es um die<br />
Entdeckung neuer Talente geht. Mit 16 Filmen aus Skandinavien wurde hier ein<br />
deutlicher Akzent gesetzt. Die intensive Beschäftigung mit skandinavischen<br />
Dokumentationen auf Festivals könnte also ein Hinweis darauf sein, dass diese<br />
begeistert vom Publikum angenommen werden. Denn ein Film kann nicht von<br />
alleine populär werden, sondern nur dann, wenn der Zuschauer Bezüge zu eige-<br />
nen Erfahrungen herstellen kann. In den nordischen Ländern gibt es im Vergleich<br />
zu vielen anderen Ländern außerdem eine lange Tradition des Dokumentarfilms.<br />
In Schweden zum Beispiel waren die ersten Produktionen in den Anfangsjah-<br />
ren des Films dokumentarischer Art, und mit dem politischen Engagement der<br />
Sechzigerjahre nahmen die Dokumentarfilme eine stärker gesellschaftskritische<br />
Position ein als früher. Durch diese relativ zeitige Auseinandersetzung mit dem<br />
Dokumentarischen in Skandinavien konnten sich die Regisseure dort im Unter-<br />
schied zu anderen Teilen Europas schon bald mit den experimentelleren Formen<br />
des Films beschäftigen. Und Dank vieler kleiner und unabhängiger Verleiher wa-<br />
ren Dokumentationen auch schon immer ein fester Bestandteil im schwedischen<br />
Kino – ein in anderen Ländern eher unbekanntes Phänomen.
Tempo goes Berlin!<br />
Von der Vielseitigkeit und hohen Qualität der nordischen Filme kann man sich<br />
bald auch in Berlin überzeugen. Während des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006 kommt<br />
das „Tempo Dokumentärfestival“ mit fünf der besten, teilweise preisgekrönten<br />
Dokumentationen aus Skandinavien im Gepäck in die Hauptstadt. Das Kino<br />
Babylon Mitte zeigt diese Filme, die die Welt verständlicher, aber vielleicht auch<br />
komplexer machen. Als Abwechslung zum allgemeinen „information overkill“<br />
bieten diese Werke visuelle Kicks und intellektuelle Herausforderungen mit<br />
Nachhaltigkeitsgarantie.<br />
Gezeigt werden „Never Like the First Time!“ des Schweden Jonas Odell, ein auf<br />
Interviews basierender, animierter Kurzfilm über das erste Mal, der bei der dies-<br />
jährigen Berlinale mit einem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Der finnische<br />
Film „The Three Rooms of Melancholia“ von Pirjo Honkasalo behandelt die Pro-<br />
bleme des Tschetschenienkrieges. In „Tintin and I“ des Dänen Anders Høgsbro<br />
Østergaard nimmt der Regisseur sein Publikum mit auf eine autobiographische<br />
Reise durch das Leben von Hergé, dem Schöpfer von „Tim und Struppi“. Und<br />
in „My Body“ wirft die norwegische Regisseurin Margreth Olin einen kritischen<br />
Blick auf ihren eigenen Körper.<br />
Ein besonderes Highlight in dieser skandinavischen Filmreihe wird die Diskus-<br />
sion mit dem schwedischen Regisseur Tarik Saleh sein. Das Publikum hat die<br />
einmalige Möglichkeit, seine spannende Dokumentation „Gitmo – The New Rules<br />
of War“ zu sehen und anschließend mit ihm über sein Werk und die Vielseitig-<br />
keit und Experimentierfreudigkeit nordischer Produktionen im Allgemeinen zu<br />
diskutieren. Denn zu erzählen hat der 34-jährige Saleh bestimmt einiges. In<br />
seiner Jugend vertrieb er sich die Zeit als Graffitikünstler und studierte dann an<br />
der Kunsthochschule in Alexandria. In Ägypten startete er eine Zeitung, und in<br />
Schweden schrieb er für die feministische Zeitschrift „Bleck“. Eine multikulturelle<br />
Gesellschaftssendung im schwedischen Fernsehen hat er auch schon moderiert.<br />
In seinem neuesten Dokumentarfilm „Gitmo“, bei dem er zusammen mit Erik Gan-<br />
dini Regie führte, versuchen die beiden herauszufinden, was tatsächlich hinter<br />
den Toren von Guantánamo Bay, dem US-amerikanischen Militärstützpunkt auf<br />
Kuba, passiert. Obwohl viele um die Situation der Gefangenen dort wissen, sind<br />
die Zustände seit langem unverändert. Ein großes Thema des Films ist die Stille,<br />
die sich über dem Lager ausgebreitet hat und auch noch nach dem Verlassen<br />
anhält. Vor einigen Jahren hat das schwedische Regieduo bereits eine spektaku-<br />
läre Fernsehdokumentation über den Mord an Che Guevara gedreht. Unbequeme<br />
Themen gehören also zu ihrem Tagesgeschäft. Wer Tarik Saleh treffen möchte,<br />
sollte deshalb unbedingt am 30. April um 18 Uhr im Kino Babylon Mitte<br />
vorbeischauen.<br />
Die Vorführungen der Filme des „Tempo Dokumentärfestival“ Stockholm im Kino<br />
Babylon Mitte sind durch die engagierte Mitarbeit des Schwedischen Filminsti-<br />
tuts, der Schwedischen Botschaft, des Dänischen Filminstituts und des Norwe-<br />
gischen Filminstituts ermöglicht worden.<br />
Programm<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 2<br />
FREITAG, 28.4.2006, 17.30 UHR<br />
„Tintin and I” von Anders Høgsbro Østergaard, Dänemark 2004, 74 min, englische Untertitel.<br />
„My Body” von Margreth Olin, Norwegen 2002, 25 min, englische Untertitel.<br />
SAMSTAG, 29.4.2006, 17.30 UHR<br />
„The Three Rooms of Melancholia” von Pirjo Honkasalo, Finnland 2004, 105 min,<br />
englische Untertitel.<br />
SONNTAG, 30.4.2006, 18.00 UHR<br />
„Gitmo-The New Rules Of War” von Erik Gandini und Tarik Saleh, Schweden 2005, 80 min,<br />
englische Untertitel.<br />
„Never Like the First Time!” von Jonas Odell, Schweden 2006, 15 min, englische Untertitel.<br />
Diskussion mit dem Regisseur Tarik Saleh („Gitmo“) nach der Filmvorführung.<br />
MONTAG, 01.05.2006, 17.30 UHR<br />
„Tintin and I” von Anders Høgsbro Østergaard, Dänemark 2004, 74 min, englische Untertitel.<br />
„My Body” von Margreth Olin, Norwegen 2002, 25 min, englische Untertitel.<br />
DIENSTAG, 02.05.2006, 17.30 UHR<br />
„The Three Rooms of Melancholia” von Pirjo Honkasalo, Finnland 2004, 105 min,<br />
englische Untertitel.<br />
Foto von Tarik Saleh und Erik Gandini. www.folketsbio.se
0 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Die Filme<br />
GITMO – THE NEW RULES OF WAR<br />
Regie: Erik Gandini und Tarik Saleh<br />
Schweden 2005<br />
Erik Gandini und Tarik Saleh fragen, was eigentlich<br />
in Gitmo, Guantánamo Bay auf Kuba, geschieht,<br />
wo über 600 Männer gefangen gehalten werden,<br />
ohne dass ihnen direkt eine Straftat vorgeworfen<br />
werden könnte. Mit offenen Armen werden die<br />
Regisseure von PR-Funktionären empfangen, die<br />
ihnen den Golfplatz zeigen, vergünstigte Hotelpreise<br />
und Gratisflüge anbieten. Die Gefangenen werden<br />
anscheinend gut behandelt. Doch die Suche führt<br />
weiter nach Washington, Stockholm, Bukarest und<br />
Abu Ghraib im Irak. Langsam offenbart sich eine<br />
neue, schaurige Welt.<br />
THE THREE ROOMS OF MELANCHOLIA<br />
Regie: Pirjo Honkasalo<br />
Finnland 2004<br />
Der Schauplatz dieses Films ist der Tschetscheni-<br />
enkrieg. Die Unfähigkeit der Erwachsenen, diesen<br />
Krieg zu beenden, lässt eine Generation heranwach-<br />
sen, die vom Hass wie von einer göttlichen Inkar-<br />
nation heimgesucht wird. Kinder haben die Bürde<br />
des Hasses auf sich genommen; Hass, der, wie sie<br />
glauben, aus ihnen selbst entspringt. Honkasalo<br />
teilt ihren Film in drei Teile ein, die die unterschied-<br />
lichen Positionen und Feindbilder in diesem Krieg<br />
verdeutlichen. Melancholie bedeutet Trübsinn und<br />
Schwermut, Wörter, die diesen Film, der schon über<br />
zehn Preise auf Filmfestivals weltweit gewonnen<br />
hat, sehr treffend beschreiben.<br />
TINTIN AND I<br />
Regie: Anders Høgsbro Østergaard<br />
Dänemark 2004<br />
Dieser außergewöhnliche Dokumentarfilm entstand<br />
aus einem alten aufgezeichneten<br />
Interview mit Georges Remi, besser bekannt unter<br />
dem Namen Hergé, dem Schöpfer von „Tim und<br />
Struppi“. Der Film ist sozusagen ein Porträt des<br />
20. Jahrhunderts und eines unfreien Mannes, der<br />
unter deutscher Besatzung und den Schikanen<br />
der katholischen Kirche in Belgien ausgesetzt,<br />
versucht, eine perfekte Comicfigur ohne jegliche<br />
Fehler zu schaffen. Die Analyse von Hergés Angst<br />
vor dem Erwachsenwerden ist bemerkenswert – und<br />
menschlich.<br />
NEVER LIKE THE FIRST TIME!<br />
Regie: Jonas Odell<br />
Schweden 2006<br />
Dieser brandneue animierte Kurzfilm von Jonas<br />
Odell ist so gut, dass er auf der Berlinale den<br />
Goldenen Bären in der Kategorie Bester Kurzfilm<br />
gewonnen hat. Vier Menschen erzählen hier von ih-<br />
rem ersten Mal, ein Erlebnis, das irgendwo zwischen<br />
den Kategorien komisch und tragisch zu Hause zu<br />
sein scheint. Basierend auf Interviews zeigt dieser<br />
Film Entsetzen, Nostalgie und Scham – Gefühle, die<br />
wohl jeder nachvollziehen kann, denn: Es ist nie wie<br />
beim ersten Mal!<br />
MY BODY<br />
Regie: Margreth Olin<br />
Norwegen 2002<br />
Norweger seien viel zu körperfixiert, sagt die Regis-<br />
seurin Margreth Olin. Ihr Film handelt daher davon,<br />
wie eine Frau ihren eigenen Körper wahrnimmt<br />
und wie alle anderen ihn sehen. Er zeigt, wie eine<br />
einzige, bestimmt nicht böse gemeinte Bemerkung<br />
über ihre Füße sie dazu bringen kann, nie wieder<br />
Sandalen zu tragen. Oder wie eine Bemerkung über<br />
ihren Mund dazu führt, dass sie nie wieder herzhaft<br />
lacht. Laut der schwedischen Dokumentarfilmgrö-<br />
ße Stefan Jarl ist Margreth Olin eine der besten<br />
europäischen Dokumentarfilmerinnen, und auch die<br />
zahlreichen Preise, die sie für „My Body“ bekommen<br />
hat, sprechen für sich.
Nordischer Klang 2006<br />
Blüht in Deutschland die Kultur aus dem Norden nur in den<br />
Großstädten? – Nein! Das Festival Nordischer Klang in Greifs-<br />
wald unweit der Ferienparadiese von Rügen und Usedom wird<br />
vom 4. bis zum 13. Mai zum nunmehr 15. Mal Hochkarätiges aus<br />
Musik, Literatur, Kunst, Film, Tanz und Theater in den Nordosten<br />
Deutschlands holen.<br />
Ursprünglich entstand der Nordische Klang nach der Wende auf Bestreben des Nordischen Instituts der<br />
Universität Greifswald, um die Literatur und damit den Duft der weiten nördlichen Welt in die Region zu brin-<br />
gen. Schnell entwickelte sich ein reger Kontakt mit den Greifswalder Partnerstädten Lund, Kotka und Hamar<br />
und den kulturellen Institutionen des gesamten Ostseeraums, bis schließlich das Festival zu seinem heutigen<br />
Umfang gewachsen war. Ein buntes Kaleidoskop aus Pop, Jazz, Klassik und Weltmusik, Autorenlesungen und<br />
Ausstellungen, Film und Theater, aus Skurrilem, Hinreißendem und Klassischem.<br />
Elche und Wikinger sucht man vergebens, aber all das, was nicht krampfhaft Nördlichkeitsromantik be-<br />
schwört, hat beste Chancen. Der Nordische Klang bietet sowohl jungen als auch etablierten Künstlern eine<br />
Plattform, um ihre Sounds, Stories, Formen und Visionen vorzustellen, und dies oft lange bevor sie vom<br />
hiesigen Hype gepusht werden. So erlebten die Greifswalder die Anfänge der Cello-Rocker Apocalyptica. Sie<br />
lachten herzlich über den „finnischen Helge Schneider“ M.A. Numminen mit seinen Jazz- und Tango-Parodien,<br />
woraufhin dieser zur deutschen Medienpersönlichkeit avancierte. Und sie verfolgten die Geburt der dänischen<br />
Rockband Kirsten Ketsjer, die sich extra für ein Projekt beim Nordischen Klang gebildet hatte und mittler-<br />
weile zum Erfrischend-Innovativsten des Genres zählt. Internationale Stars zeigten sich in Exklusivkonzerten<br />
von ihrer skandinavischen Seite: Georgie Fame (Yeh Yeh!) kam mit schwedischer Bandbesetzung, Meister-<br />
drummer Ed – Mr. Taste – Thigpen in seinem 75. Lebensjahr mit dänischer Combo, und die Berliner Souldiva<br />
Angelika Weiz sang mit MI 22, Kopenhagens explosiver Funk-Bigband.<br />
2006 ist keineswegs Schluss mit dem Schlaraffenland. Die wahre schwedische Königin Sylvia, mit Nachna-<br />
men Vrethammar, hat zugesagt! Straight to the source: Sie ist das ausgewiesene Vorbild von Sängerinnen wie<br />
Viktoria Tolstoy, Rigmor Gustafsson & Co. Kein Wunder, dass Bert Kaempfert sie als Nachfolgerin von Frank<br />
Sinatra in sein Orchester holte.<br />
Und dann Simone Moreno: In den 1990er Jahren war sie der Topact der Música Popular Brasileira, auf ihrem<br />
Debütalbum hatte sie gleich Gilberto Gil als Gast, drei weitere CDs bei Majorlabels folgten, danach kam sie<br />
nach Stockholm der Liebe wegen, wo sie die afrobrasilianische Princesa der Club Culture wurde, stylish und<br />
funky. Nach Montreux ist nun Greifswald ihr nächstes Ziel auf dem Kontinent. Muito obrigado!<br />
Aus Norwegen kommen Jon Balke mit einer akustischen Ausgabe seines Magnetic North Orchestra und<br />
ebenso die Band Transjoik, die elektronischen Rock und samische Gesänge dermaßen respektlos verquickt,<br />
dass es authentische Schamanen an den Rand des Nervenzusammenbruchs treibt.<br />
Der Maler Bernd Koberling konfrontiert derweil den Ultramodernismus seiner Aquarellkunst mit isländischen<br />
Natureindrücken.<br />
Programmhighlights<br />
Nordischer KlaNg 4.-13.5.2006<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />
Freitag 5.5.<br />
18.00 Theater Greifswald: Feierliche Eröffnung des 15. Festivals<br />
Nordischer Klang in Anwesenheit der Generaldirektorin des<br />
schwedischen Kulturrates Kristina Rennerstedt.<br />
Eröffnungsmusik: Zarandea (SE)<br />
20:00 Theater Greifswald: Sibeliuskonzert<br />
samstag 6.5.<br />
19.30 St. Spiritus, Kapelle: Sounds&Poetry mit Endenor (NO/<br />
GB/DK) – Norsk poesi in contemporary improvisation und Lisa<br />
C. B. Lie (NO)<br />
20.00 Mensa: Clubs-U-Night – Präsentiert von den 5 Greifswalder<br />
Studentenclubs: Zarandea (SE), Cleaning Women (FI),<br />
TempEau (DK)<br />
23.00 St. Spiritus, Kapelle: Spätkonzert mit Transjoik (NO)<br />
sonntag 7.5.<br />
11.00 Pommersches Landesmuseum Matinee: Kotka<br />
Violin Kids (FI)<br />
15.00 Ballhaus Goldfisch: Bo Stief – One Song III (DK/I/Serbien)<br />
17.15 und 20.15 Cinestar: Dark Horse (DK/ISL), OmU<br />
20.00 Theater Greifswald: Copenhagen Art Ensemble & Tanz<br />
(DK) und Jon Balke & Magnetic North Orchestra (NO)<br />
montag 8.5.<br />
20.00 und 21.00 Dompassage: Simone Moreno & Band<br />
(BRA/SE)<br />
dienstag 9.5.<br />
10.00 Nordisches Institut: Informationsforum: Kirchen, Religionen<br />
und Gesellschaft in den nordischen Ländern<br />
19.00 Pommersches Landesmuseum: Duo Milla Viljamaa &<br />
Johanna Juhola (FI)<br />
20.00 TaP: Premiere „Elling“ (NO)<br />
20.00 St. Spiritus, Kapelle: Blob Back Fahrenheit (DK),<br />
Slütspürt (DK)<br />
mittwoch 10.5.<br />
10.00 Nordisches Institut: Informationsforum: Kirchen, Religionen<br />
und Gesellschaft in den nordischen Ländern<br />
20.00 Theater Greifswald: Sylvia Vrethammar & Hector Bingert<br />
feat. Claes Crona Trio (SE)<br />
donnerstag 11.5.<br />
19.00 Volkshochschule: Vortrag: Anja Matz – Das Grönlandbild<br />
in dänischen Kinderbüchern<br />
21.30 Pommersches Landesmuseum: Filmclub Casablanca: Honey<br />
Baby (FI/DK/LV)<br />
Freitag 12.5.<br />
14.00 Koeppenhaus: Ibsen-Special<br />
21.00 Mensaclub: Polar Night: Sugarplum Fairy (SE),<br />
Mon Roe (SE)<br />
21.00 St. Spiritus, Kapelle: Lift & Lynch(DK/NO/E) – Vokalimprovisation<br />
& Tanz<br />
samstag 13.5.<br />
15.00 St. Spiritus, Hof Bebelschule: Abschlussfest mit Gunhild<br />
Carling Swing Band (SE) und Suwalski World Club (DK/Kuba)<br />
– Salsa & Latin Jazz<br />
20.00 St. Spiritus, Hof Bebelschule: Sväng (FI) – Mundharmonikaquartett<br />
und No funky Name (NO)<br />
ausstellungen:<br />
Galerie im St. Spiritus: „Soweit das Eis es zulässt...<br />
Greifswald–Arktis und zurück“<br />
Galerie Schwarz: Bernd Koberling (DK)<br />
Stadtbibliothek Hans Fallada: „Licht der Wildmark“ (FI), Fotografien<br />
von Tauno Kohonen<br />
Theaterfoyer: Fotos vom Nordischen Klang, Geert Maciejewski
2 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Nordische<br />
elektronische<br />
Musik<br />
von A bis Z<br />
– Ein Guide aus der Sicht eines schwedischen Insiders<br />
Von Tommie Jönsson, Foto: Rickard Sund, Illustration: Clapclap<br />
In den nordischen Ländern ist das Sozialversiche-<br />
rungssystem sehr großzügig. Die technologische<br />
Infrastruktur ist gut ausgebaut, bis in die Privatwoh-<br />
nungen. Es gibt einen Haufen Inspirationsquellen für<br />
die Produktion von elektronischer Musik – Gebirge<br />
und Fjorde für Ambient, dunkle Wälder und Winter-<br />
depressionen für die finnischen Gletscherhouse-<br />
Produzenten, deprimierende Betonarchitektur für<br />
strukturliebende Minimalisten der Knasterschiene.<br />
Ehrlich gesagt herrscht eine verheerende Überpro-<br />
duktion in der nordischen elektronischen Musiksze-<br />
ne vor. Und deswegen ist es schwer, um nicht zu<br />
sagen unmöglich, einen Überblick zu geben. Jeder<br />
Zuhörer hat seine eigenen Vorlieben, sein eige-<br />
nes Wissen und seine eigene Vorstellung von den<br />
Zusammenhängen. Dies hier ist meine Auswahl, ein<br />
ABC, das während der 25 Jahre meiner Tätigkeit<br />
als Analytiker der nordischen elektronischen Musik<br />
entstanden ist.
Andersson, Tomas<br />
Ist bedeutend älter, als er mit seinem zerzausten<br />
Haar und der Hornbrille aussieht. Verlässlicher<br />
Handwerker, dessen Spezialität etwas einfäl-<br />
tiger, aber schlagkräftiger Partytechno ist. Tomas<br />
schneidet direkt zur Autoverfolgungsszene, anstatt<br />
sich lange aufzuwärmen oder in irgendeiner Art an<br />
den Intellekt zu appellieren. Dass Andersson unter<br />
Bpitch Controls Banner arbeitet, hat ihm zu Hause<br />
in Stockholm jedoch nicht sonderlich viel Credit<br />
eingebracht. Jedenfalls nicht, bevor im Jahre 2005<br />
die 12-Inch „Washing Up” ein Dancefloorhit wurde<br />
– zu Tomas’ Verdruss war es aber leider der Remix<br />
von „Tiga“, der am meisten gespielt wurde.<br />
Å, Brusa högre lilla<br />
Nicht besonders elektronisch, aber die Easy-Liste-<br />
ning-Symphonie „Brusa högre lilla å” (dt.: „Rausche<br />
lauter, kleiner Bach“) des Flötisten Björn J:sson<br />
Lindh und des Gitarristen Janne Schaffers war<br />
der erste Kontakt mit Chill-Out-Musik, den ein<br />
schwedisches Kind der siebziger Jahre hatte. Das<br />
Licht in der Turnhalle wurde gedimmt. Alle mussten<br />
sich auf den Rücken legen. Und fühlen, wie sich<br />
die Arme anfühlten. Und die Beine. Der Sportlehrer<br />
hob die einzelnen Körperteile an und kontrollierte,<br />
dass die Schwere – der Grad der Entspannung also<br />
– ausreichte. All dies, während rieselnd-murmeln-<br />
de Klänge zu der mit ausgespucktem Kautabak<br />
gespickten Decke hochstiegen. Auch wenn man<br />
sich tausende Ambientplatten zu Gemüte führt – die<br />
gleiche totale Entspannung wie damals wird sich nie<br />
wieder einfinden.<br />
Älgarnas Trädgård (dt.: Der Garten der Elche)<br />
Das Elche-Album „Framtiden är ett svävande skepp<br />
förankrat i forntiden” (dt.: „Die Zukunft ist ein trei-<br />
bendes Schiff, das in der Vergangenheit verankert<br />
ist“) ist wohl das rauchigste und schimmeligste,<br />
was in der schwedischen Proggära* aufgenom-<br />
men wurde. Die Gruppe, oder besser gesagt das<br />
Kollektiv, dröhnte mit einem Modulsynthesizer und<br />
diversen mittelalterlichen Instrumenten los. Das<br />
Resultat klingt wie eine höllische Version von Popol<br />
Vuh (die deutsche Band mit Florian Fricke, nicht die<br />
Norweger). Angsteinjagende Musik.<br />
Biosphere<br />
Der angenehm kühle Ambienttechno des ehema-<br />
ligen „Bel Canto“-Mitgliedes Geir Jensen war ein<br />
richtiges Aha-Erlebnis zu Beginn der 1990er Jahre.<br />
Das erste Mal in der Geschichte kam einem der<br />
bewusstseinserweiternde Gedanke, dass sogar<br />
Norweger anständige Musik komponieren können.<br />
Biospheres subarktische Klänge haben außerdem<br />
den Standard dafür gesetzt, wie nordische elektro-<br />
nische Musik ab dem Moment von nicht-nordischen<br />
Journalisten beurteilt werden würde – Wörter mit<br />
einer deutlichen Verbindung zu Natur und Klima sind<br />
seitdem dominant.<br />
Cosmic Overdose<br />
Die erste und eigentlich einzige nordische Syn-<br />
thpunkband, die eine Erwähnung wert ist. Cos-<br />
mic Overdose, die ihre Wurzeln in einem äußerst<br />
trippigen Proggprojekt namens „Älgarnas trädgård“<br />
haben (siehe Ä), verbanden Volksheimparanoia<br />
mit Drum Machines und sind eigentlich das einzige<br />
Phänomen in der schwedischen Musikwelt, das mit<br />
den Größen der Neuen Deutschen Welle oder der<br />
amerikanischen Band „The Screamers“ verglichen<br />
werden kann. Zu dem Lied „En av dom” vom Album<br />
„4668” kann man sich sogar rhythmisch bewegen.<br />
Lies irgendeine Rezension<br />
einer wahlfreien<br />
isländischen<br />
Elektronica-Platte<br />
– irgendwann tauchen<br />
die Referenzen<br />
zu Björk und<br />
Fabelwesen mit Sicherheit<br />
auf.<br />
Differnet<br />
Um 2002 herum wurde der klassische Laptopmi-<br />
nimalismus zu einem einengenden Korsett, und<br />
zwar selbst für die, die Knastern, Glitches, Klicks,<br />
Strukturen und Echtzeitbearbeitung von Klängen<br />
eigentlich mochten. Die Quote ernsthaft drein-<br />
blickender Männer mit tragbaren Computern war<br />
einfach seit langem erfüllt. Die superintellektuelle<br />
Popband Differnet schien ein Ausweg aus der<br />
Misere zu sein. Das Debutalbum „Come on and<br />
Bring Back the Brjokén Sounds of Yore!” (Friendly<br />
Noise, 2003) schreckt mit einem Poetikvortrag<br />
über verstummende Motorsägen eingangs eher ab,<br />
bietet dann aber eine großzügige und stimulierende<br />
Menge Poplieder, die immer wieder aufs Neue durch<br />
den Fleischwolf gedreht werden. Und auch hier kann<br />
man sich stellenweise sogar rhythmisch zur Musik<br />
bewegen.<br />
Edler, Hans<br />
Ein etwas vernachlässigter Pionier der nordischen<br />
elektronischen Musik. Verdient eine Medaille für<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
das bizarre Album „Elektron Kukéso”, das in den<br />
Nächten des Jahres 1971 im sonst so todernsten<br />
Elektroakustiktempel EMS (Elektronmusikstudion<br />
Stockholm) aufgenommen wurde und als die erste<br />
völlig computerprogrammierte Pop-Platte gilt. Wer<br />
behauptet, dass die psychedelisch inspirierte Schei-<br />
be „Elektron Kukéso” ein musikalisches Meisterwerk<br />
ist, übertreibt. Die Lieder sind schlichte Popsongs,<br />
gewürzt mit „witzigen” Effekttönen, sie treffen weder<br />
Ton noch Takt und halten sich allein über ihren<br />
naivistischen Charme am Leben. Aber im Vergleich<br />
zu anderen Werken aus der gleichen Zeit und dem<br />
gleichen Studio ist die Platte mit Würde gealtert.<br />
Einzig möglicher Vergleich: Die ebenso bizarre LP<br />
„Nygammal kultis” des Akkordeonkönigs Gnesta-<br />
Kalle, unterstützt von Björn & Benny von ABBA auf<br />
ihren Moogsynthesizern. Edlers „Elektron Kukéso”<br />
gibt es als CD bei Boy Wonder Records. In seinem<br />
heutigen Leben arrangiert Hans Edler nostalgische<br />
Popgalas mit Künstlern der 1960er Jahre.<br />
Field, The<br />
Eines der vielen Aliasse des Ambientliebhabers Axel<br />
Willner, auch als Porte, Lars Blek, Cordouan, James<br />
Larson oder eine Hälfte von Speedwax bekannt.<br />
The Field, die im letzten Jahr eine schöne weh-<br />
mütige 12-Inch auf Kompakt veröffentlicht haben<br />
(so was wird in Stockholm sehr hoch angesehen),<br />
unterscheiden sich von den anderen Aliassen durch<br />
die Verwendung eines Viervierteltaktes. Das hört<br />
sich jetzt vielleicht nicht sonderlich speziell an, aber<br />
in Kombination mit The Fields mitfühlend zyklischer<br />
Ohrenmassage ist dies die allerbeste Tanzmusik<br />
zum absoluten Stillliegen.<br />
Gothics<br />
Gothics, deprimierte Menschen in Ledermänteln,<br />
und so genannte Hardcore-Synthiepopper, Men-<br />
schen mit Nazifrisuren und Hosenträgern, haben<br />
die elektronische Musik im Norden bis in die späten<br />
1980er Jahre regiert, was der modernen Tanzmusik<br />
(House, Acid, Techno) das Fußfassen erschwerte.<br />
Dies ist eine Erklärung dafür, dass die Nordländer<br />
etwas mit ihrem Start hinterherhinkten. In der letz-<br />
ten Zeit hat sich ein Gothic-Hybrid mit Vorliebe für<br />
Trance entwickelt, die so genannten Currygothics.<br />
Huoratron<br />
Das stimmungssteigernde Muskelpaket Aku Raski<br />
(auch Mitglied der Helsinkier „Nu Science“) foltert<br />
aus zwei kleinen Gameboys verzerrte und wild<br />
draufhauende Tanzmusik mit reinen Gabberquali-<br />
täten hervor. Ein richtiger Showmensch. Das Pub-<br />
likum bei einem Huaratron-Gig lacht zunächst ein<br />
bisschen verlegen, aber bald bewegt es sich zackig<br />
wie folgsame Sklaven zu den Klängen des Meisters.<br />
Ein sehr schöner Anblick. Genau wie „Imatran Voi-
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Der in den letzten Jahren stattgefundene<br />
Aufschwung von Elektrohouse und poppigem<br />
Techno hat wenigstens in Schweden viel<br />
damit zu tun, dass die Popmenschen den<br />
Rhythmus gefunden haben, anstatt nur Bier<br />
zu trinken.<br />
ma“ und „Aavikko“ ist Huaratron ein weiterer Beweis<br />
dafür, dass die finnische Einstellung – Musik muss<br />
unterhaltsam und nicht nur cool sein – der richtige<br />
Weg ist.<br />
Isländische Elfenhaftigkeit<br />
Nach Björks und Sigur Ros’ internationalem<br />
Durchbruch erwartet die ganze Welt, dass sämtliche<br />
isländischen Künstler, die atmosphärische Musik<br />
machen, irgendeine Verbindung zum Fabelreich<br />
haben. Lies irgendeine Rezension einer wahlfreien<br />
isländischen Elektronica-Platte – irgendwann<br />
tauchen die Referenzen zu den genannten Künstlern<br />
und Fabelwesen mit Sicherheit auf. Es ist natür-<br />
lich absolut möglich, dass Björk und Sigur Ros<br />
regelmäßig Kontakt mit unsichtbaren, unter Steinen<br />
lebenden Zwergen haben. Es ist auch bekannt, dass<br />
manche Isländer ihre Häuser nur an Orten bauen,<br />
wo diese eventuell existierende Elfenkolonien nicht<br />
stören. Aber aus diesen zwei Kenntnissen zu schlie-<br />
ßen, dass alle isländischen Musiker eines Genres<br />
Verbindungen zu magischen Wesen haben, ist eben-<br />
so unsinnig wie zu glauben, dass alle Metalbands<br />
der Welt im Dienste Satans unterwegs sind. Das ist<br />
vorurteilsvoll, genauso wie die Behauptung, dass<br />
„Schwarze den Rhythmus im Blut haben”.<br />
Kurenniemi, Erkki<br />
Die Sammelalben des legendären finnischen<br />
Plattenlabels „Love“ haben Kurenniemis frühe<br />
Aufnahmen aus den 1960er und 1970er Jahren<br />
für die gesamte Welt zugänglich gemacht. Dies<br />
ist ein wirklich großer Dienst, und man sollte sich<br />
diese Aufnahmen ebenso aufmerksam anhören wie<br />
seinerzeit Stockhausens. Kurenniemis Sachen sind<br />
deutlich energiegeladener als die meisten Werke<br />
seiner Zeitgenossen. Sie geben einen Einblick in<br />
das, was lange Zeit später mit Pan Sonic kommen<br />
sollte. Kurenniemis Spezialität war Do-It-Yourself,<br />
besonders beim Bau abstruser Instrumente wie dem<br />
DIMI-S („The Love Machine“), ein Synthesizer, der<br />
die Töne über den Input von an der Haut befestigten<br />
Elektroden erzeugt. Das Gerät steht heutzuta-<br />
ge beim schwedischen New-Age-Musiker Ralph<br />
Lundsten, der eventuellen Besuchen zu Studien-<br />
zwecken nicht abgeneigt gegenübersteht.<br />
Lindstrom<br />
Im Jahr 2005 war einem wohl nie so wohlig zumute<br />
wie in den Momenten, als sich Lindstroms „I Feel<br />
Space“ in den Mix einschlich und sich das gesamte<br />
Empfinden angenehm vernebelte. Das war der<br />
Durchbruch der „skandinavischen Kosmik-Disco“,<br />
Disco für bärtige Männer in Streetwearklamotten.<br />
Lindstrom und seine Freunde Prins Thomas und<br />
Todd Terje spannen Giorgio Moroder und die späten<br />
Ash Ra Tempel als Positionsmarke ein, um die<br />
Tanzfläche warm zu halten, und dies vielleicht auch<br />
noch ein paar Monate länger. Die Musik ist weich,<br />
schmusig und melodiös. Und sie hört sich auf eine<br />
augenfällig neu-norwegische Art luxuriös an. Den-<br />
noch birgt das Lindstrom & Prins Thomas-Album die<br />
ständige Gefahr, dass die Gemütlichkeit aufreißt. Es<br />
fällt schwer, die Sorge abzuschütteln, dass sich das<br />
Ganze in Nordic Lounge mit Retroklängen verwan-<br />
delt oder noch schlimmer: Kruder und Dorfmeister.<br />
Aber zu diesem Zeitpunkt werden sich die Norweger<br />
sicherlich schon etwas Neues für uns ausgedacht<br />
haben.<br />
Midaircondo<br />
Das ausgesprochen organische Electronica-Trio<br />
Midaircondo hatte auf dem letzten Sónar-Festival<br />
die schönsten Loopkompositionen und Klamotten.<br />
Midaircondo treten fast immer barfuß auf, haben<br />
aber kleine runde Teppiche dabei, um ihre Füße<br />
zu wärmen. Sie spielen auf vielen wunderlichen<br />
Blasinstrumenten manchmal dröhnende, manchmal<br />
folkähnliche Improvisationsstücke, und auch die<br />
Kalimba, das Must-Have-Instrument des vorletzten<br />
Jahres, ist immer dabei. Mehr als alles andere sind<br />
sie ein Beispiel für die losgelöste, aber sehr ein-<br />
drucksvolle Entwicklung in Richtung trippiger, sich<br />
selbst suchender Muckerfusionmusik, die in vielen<br />
musikalischen Bereichen im Norden stattfindet (die<br />
Dänen „Efterklang“ wären ein weiteres Beispiel).<br />
Die Musik ist schön, wird aber in jedem Monat von<br />
mehr und mehr Sportkanalredakteuren entdeckt<br />
und als musikalische Begleitung zu den Bildern des<br />
Tages verwurschtelt und auf diese Weise zu seichter<br />
Muzak reduziert. Schade bei so feinen Kompositi-<br />
onen.<br />
New Speak<br />
Ein unterschätztes Label für elektronische Musik,<br />
das den ursprünglichen Electro-Aspekt in die immer<br />
verwaschener und erdiger klingende elektronische<br />
Musik zurückbringt. Wird von dem ehemaligen Graf-<br />
fitikünstler Ola Bergman betrieben, dessen Com-<br />
pilation „The Satellite City” ein absolutes Muss für<br />
alle ist, die frische Herbsttagsmelodien mit einem<br />
ordentlich synkopierten Beat zu schätzen wissen.<br />
Overlords, The<br />
Die dänische New-Beat-Kombo The Overlords be-<br />
ging 1988 einen harten, homoerotischen Lustmord<br />
am Bee-Gees-Klassiker „Night Fever“. Hier oben<br />
im Norden nennen wir so etwas absoluten „buskis”,<br />
eine Bezeichnung für burlesken und derben Humor,<br />
der weit unter die Gürtellinie zielt. Merkwürdigerwei-<br />
se war die 12-Inch dennoch unwiderstehlich funky<br />
mit ihren herzhaften Orchesterhits, dem mahlenden<br />
Bass und dem Wechsel zwischen Saunaclubgrun-<br />
zern und Falsettschreien, die im Geiste mit dem<br />
Klassiker „Beers, Steers and Queers“ von „The<br />
Revolting Cocks“ verwandt schienen. Diese Interpre-<br />
tation von Travoltadisco war aber auch die beste
Leistung der Overlords – Ian Mariaty, Rune Bendi-<br />
xen und Carsten Pedersen begannen bald darauf<br />
eine Trancekarriere, die bis 1996 andauerte.<br />
Ø<br />
„Kantamoinen”, die neueste Veröffentlichung von<br />
Mika Vainio unter dem Namen „Ø“ hat ungewohnte<br />
Ohrwurmqualität und Wärme. Das dürfte aller-<br />
dings nur ein vorübergehendes Formtief sein, denn<br />
ungefähr einen Monat, nachdem „Kantamoinen”<br />
veröffentlicht wurde, habe ich Mika zusammen mit<br />
Pan Sonic live in Aktion gesehen, und zwar mit<br />
einem dreckigen, bösen Noise-Gig.<br />
Poptechno<br />
Popmusik, besonders der Indiepop, hat viele Jahre<br />
mit dem so genannten „Rockism” zu kämpfen<br />
gehabt, einem dogmatischen Wertesystem, das sich<br />
auf den Audruckformen der Rockmusik und der bri-<br />
tischen Zeitung Mojo begründet. Für den Rockism,<br />
der eine unsichtbare Meßlatte zu sein scheint, nach<br />
der alle mögliche Musik beurteilt wird, sind „Ehr-<br />
lichkeit“ und „Authentizität“ Ehrbegriffe. Moderne<br />
Popfans geben alles, um sich davon so weit weg wie<br />
möglich zu positionieren. Eine Art, dies zu machen<br />
(fünfzehn Jahre nach allen anderen), ist die Mög-<br />
lichkeit, sich auf elektronische Musik einzulassen.<br />
Anti-Rocker experimentieren nun mit Einflüssen von<br />
Techno und Electronica, um eine Ausdrucksform<br />
zu schaffen, die das Bruce-Springsteen-Ideal so<br />
stark wie möglich herausfordert. Dieser Krieg der<br />
Kulturen ist natürlich absolut albern, aber im Zuge<br />
von gestreiften Pullis mit schlechter Haltung, die<br />
sich auf die Tanzfläche wagen, mutiert auch die<br />
elektronische Musik. Der in den letzten Jahren<br />
stattgefundene Aufschwung von Elektrohouse und<br />
poppigem Techno von Kompakt hat wenigstens in<br />
Schweden viel damit zu tun, dass die Popmenschen<br />
den Rhythmus gefunden haben, anstatt nur Bier<br />
zu trinken. Für Technofundamentalisten ist das ein<br />
Gräuel. Für uns andere ziemlich unterhaltsam.<br />
Quartfestivalen<br />
Jährliches Musikfestival im norwegischen Kristi-<br />
ansand mit großen Namen und einem anständigen<br />
elektronischen Startfeld. Für die menschen-<br />
scheueren Freunde der elektronischen Musik emp-<br />
fiehlt sich das schwedisch-dänische Norbergfestival,<br />
das jedes Jahr Ende Juli eine alte Mine mit allem<br />
von elektroakustischer Musik in Reinkultur bis hin zu<br />
eingängigem Computerspiel-Techno füllt.<br />
Ravekommissionen<br />
Das spezielle Einsatzkommando der Stockholmer<br />
Polizei, das gegen Drogen in Clubs und auf Raves<br />
vorgehen soll. Heißt heute „Kommission für Drogen-<br />
missbrauch bei Jugendlichen“ und hält sich deutlich<br />
bedeckter als in der Mitte der 1990er Jahre, als in<br />
Schweden die Moralpanik herrschte.<br />
Sähkö<br />
Heißt „Strom“ auf Finnisch. Das Plattenlabel wurde<br />
1993 von Tommi Grönlund gegründet, die erste Ver-<br />
öffentlichung war „Metri“ von Ø, der auch als Mika<br />
Vainio, der einen Hälfte von Pan Sonic, bekannt<br />
ist (siehe Ø). Jeder Technomensch, der etwas auf<br />
minimalistische Musik hält, kann wahrscheinlich die<br />
ganze Sähkogeschichte aus dem Effeff herun-<br />
terleiern. Sähkös Ausrichtung auf sehr schroffen<br />
und sparsamen Techno mit unmenschlich kaltem<br />
und rohem Sound wird auf der ganzen Welt von<br />
grimmigen Männern mit kahlgeschorenen Köpfen<br />
tief respektiert.<br />
Torsson, Patrik<br />
„Kolväteserenader (dt.: Kohlenwasserstoffsere-<br />
naden) ist eine Themenplatte über das Leben an<br />
Bord eines Öltankers. Lies weiter. Wir haben Patrik<br />
Torsson, Steuermann auf einem Tankschiff, der auch<br />
12-Inches auf Labels wie „Rushhour“ veröffentlicht<br />
hat, eine fantastische CD-R mit Namen „Gästham-<br />
nar“ (dt.: Gasthäfen; hier liest er alte Seeberichte zu<br />
elektronischen Klängen, die sich wie Musik von Jan<br />
Johansson anhören) und ein bisschen mehr.“ Die<br />
Größe von Kapitän Patrik Torsson zu erklären, lässt<br />
einen leicht an der eigenen mentalen Gesundheit<br />
zweifeln. Aber Torssons immergraue Alltagsschil-<br />
derungen des Lebens auf dem Öltanker sind mehr<br />
als nur dokumentarischer Ambient. Sie sind wie<br />
Spionage. Und die Stücke sind gut, auch wenn man<br />
die Art und Weise, wie der Steuermann seine Wörter<br />
betont, kritisieren kann.<br />
Uusi Fantasia<br />
Der stärkste Beweis dafür, dass in der finnischen<br />
Musikszene oder vielleicht sogar in der finnischen<br />
Volksseele nicht alles mit rechten Dingen zugeht, ist<br />
Uusi Fantasias Album „Top Ten“, das auf dem nor-<br />
wegischen Label Tellé im Jahr 2004 veröffentlicht<br />
wurde. Das Album ist nicht nur kraftlos eingespielt,<br />
ohne Sinn oder Fokus, versehen mit einem ebenso<br />
grässlichen Cover wie dem von „Tom Tom Club“,<br />
minderwertig gemixt und produziert – „Top Ten” ist<br />
auch gesegnet mit „Lattialla Taas“, einer schlichten<br />
Nichtmelodie, die über eine kleine Ewigkeit zu einer<br />
funkigen, schwebenden Freude der reinsten Sorte<br />
ausgedehnt ist.<br />
Vladislav Delay<br />
Unter diesem Namen ist der Finne Sasu Ripatti seit<br />
seinen Microhouse-Meisterwerken „Vocalcity“ und<br />
„The Present Lover“ auch bekannt – ähnlich den<br />
Projekten seines anderen Alias’ „Luomo“, jedoch<br />
ohne den Groove.<br />
Who Made Who<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Spielen ausgelassenen Discopostpunk. In Ske-<br />
lettkostümen. Trotzdem wird behauptet, dass<br />
Who Made Who ihre Sache absolut ernsthaft und<br />
ironiefrei betreiben. Und so weit ist auch alles klar<br />
wie Kloßbrühe. Nur dann machte ihr hervorragendes<br />
Benny-Benassi-Cover Werbung für Burger King,<br />
und das Gesamtbild wurde mit einem Mal so viel<br />
schwerer greifbar. Aber das ist wohl der berühmte<br />
dänische Humor, der dem Rest der Welt nicht immer<br />
ganz verständlich ist.<br />
X0X Records<br />
Fundamentalistisches finnisches Elektrolabel, das<br />
man als zuverlässig bezeichnen könnte, wenn es ein<br />
bisschen häufiger Platten veröffentlicht hätte.<br />
Zenna och Marie<br />
Der südschwedische Klangkünstler und Konzept-<br />
musiker Hans Appelqvist hat eine merkwürdige<br />
Vorliebe für vertonte Interviews oder Radiothea-<br />
tervorführungen. Die überspielt er dann mit einem<br />
verstimmten Schulklavier und versieht sie mit<br />
hohlen, triphoppigen Beats. Auf der EP „Att möta<br />
verkligheten” (dt.: „Die Wirklichkeit treffen“) trifft<br />
Hans die zwei kleinen Schulmädchen Zenna und<br />
Marie, die gerade bei ihrer Schulabschlussfeier<br />
waren und ein Lied singen. Dann erzählen sie, was<br />
sie machen werden, wenn sie groß sind. Glaubt es<br />
oder nicht, das ist mindestens genauso spannend<br />
wie eine Patrik Torsson-Platte (siehe T)!<br />
* Schwedischer Progg ist nicht mit anderem Progressive Rock zu vergleichen,<br />
sondern ist eher psychedelischer Krautrock mit nordischen Folk-Einflüssen.<br />
Wurde zunächst vornehmlich von bärtigen Hippies fabriziert, politisierte sich<br />
aber mit der Zeit so sehr, dass die Qualität der Musik in den Hintergrund trat<br />
und es nur noch um die Texte ging, mit Auswüchsen wie einem Musical über<br />
die Kindheit des schwedischen Sozialismus.
6 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Nokia Nseries presents <strong>NORD</strong>musik<br />
Vom meistkopierten Stuhl der Welt bis zur Must-<br />
have-Designerjeans, von mobilen Kommunika-<br />
tionsmitteln bis hin zu <strong>Popelfen</strong> oder knurrigen<br />
Krimi-Kommissaren: Wir lieben Kultur, Design und<br />
Technologie aus Skandinavien. Klarer Stil, Funk-<br />
tionalität und das mit Witz und Esprit umgesetzte<br />
Talent, Modernität und Menschenfreundlichkeit<br />
perfekt zu kombinieren, machen die Produkte aus<br />
Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen und<br />
Island so einzigartig. Besonders der musikalische<br />
Output der Nordländer begeistert uns mit seinem<br />
Charme, seiner Abenteuerlust und einer schon fast<br />
egozentrischen Unabhängigkeit, die befruchtend auf<br />
den Rest der kreativen Welt wirkt.<br />
Präsentiert von Nokia Nseries widmet sich der<br />
103 Club in Berlin zum krönenden Abschluss des<br />
<strong>NORD</strong> Kulturforums 2006 zwei Tage lang voll und<br />
ganz den unterschiedlichen Spielarten modernster<br />
skandinavischer Clubmusik. Ein wertvolles Line-Up<br />
aus hochgelobten Dancefloor-Acts wie den ver-<br />
rückt-genialen Who Made Who aus Dänemark, der<br />
norwegischen Sängerin, Produzentin und DJ-Ikone<br />
Annie oder dem dänischen Elektronik-Tüftler Andre-<br />
as Tilliander, ergänzt um eine Auswahl spannender<br />
Newcomer wie Bergens Coconut-Jungle-Marimba-<br />
Safari-Discoheld Todd Terje oder die unvergleich-<br />
lichen Bulgur Brothers, geben einen weit reichenden<br />
Überblick über den aktuellen Stand elektronischer<br />
Musik und Partykultur in den nordischen Ländern.<br />
Berlin erweist sich hierbei als perfekter Ort für<br />
<strong>NORD</strong>musik: Künstler wie President Bongo von Gus<br />
Gus aus Island, Bpitch Controls finnischer Vorzeige-<br />
DJ Kiki, Sasse aka Freestyleman – übrigens mit<br />
brandneuem Album bei <strong>NORD</strong>musik – oder auch<br />
Mikael Stavöstrand vom schwedischen Mitek Label<br />
haben ihre Zelte hier zumindest zeitweise aufge-<br />
schlagen und die Achse von Berlin in den Norden<br />
ausgebaut und gestärkt.<br />
Wir freuen uns auf nahezu zwanzig erstklassige<br />
Acts, viele Überraschungs-Gäste und ein ebenfalls<br />
von skandinavischen Künstlern gestaltetes visuelles<br />
Konzept auf den drei Bühnen des 103 Clubs in<br />
Berlin.<br />
Let’s dance nordic style!<br />
Nokia Nseries presents <strong>NORD</strong>musik<br />
05. Mai - 06. Mai 2006<br />
FREITAG, 05.05.06<br />
Who Made Who live (Gomma / Dk)<br />
Tomboy (Gomma / Dk)<br />
Kasper Björke (Fine, V2 Records / Dk)<br />
President Bongo (Gus Gus DJ, Pineapple Records / Isl)<br />
Margeir + Blake feat. Jack Schidt live (Pineapple Records / Isl)<br />
Sasse aka Freestyleman live / „Made Within The Upper<br />
Stairs Of Heaven” Album Release (Mood Music / Fin)<br />
Todd Terje (Bear Funk, GAMM / Nor)<br />
Coolof (The Knife, Rabid Records / Se)<br />
SAMSTAG, 06.05.06<br />
DJ Annie (679 Records, K7! / Nor)<br />
Filur DJ Set feat. live vocals by Josephine Philip<br />
(V2 Records / Dän)<br />
Kiki (Bpitch Control / Fin)<br />
Andreas Tilliander Live (Mitek / Se)<br />
Bulgur Brothers live (Karat / Mineral / Mitek<br />
/ Sunset Diskos / Se)<br />
Mikael Stavöstrand Live (Mitek / Se)<br />
Johan Skugge (Mitek / Se)<br />
Ulf Eriksson (Kontra Musik / Se)<br />
103 Club<br />
Falckenstein Str. 47, 10997 Berlin<br />
Weitere Informationen zum Programm, zu den teilnehmenden<br />
Künstlern, Visual Artists, VVK, Tickets und vieles mehr findet Ihr<br />
auf der Website vom 103 Club.<br />
10 club.de/nordmusik
Design für die Ohren<br />
Entspannen Sie sich bei nordischer Musik in Soundcentern am Potsdamer Platz<br />
<strong>NORD</strong> bringt in Zusammenarbeit mit Electroacous-<br />
tic Music in Sweden (EMS) und den Musikinforma-<br />
tionszentren von Norwegen, Island und Finnland<br />
Hörproben moderner nordischer Musik nach Berlin.<br />
Während des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006 vom 21.<br />
April bis zum 7. Mai stehen vier gemütliche Design-<br />
Sessel aus Finnland in der Passerelle des Bahnhofs<br />
Potsdamer Platz (vor dem Eingangsbereich der<br />
Potsdamer Platz Arkaden), in denen man tagsüber<br />
einem skandinavischen Musikprogramm lauschen<br />
kann. Vor der Außenwelt schützt eine fast schall-<br />
dichte Umrahmung, und von oben rieselt sanfte<br />
Musik oder hämmert elektronischer Beat. Je nach<br />
Wunsch und Vorliebe.<br />
Aus Schweden kommen Werke von Hanna Hartman<br />
und Rolf Enström. Hanna Hartmann hat ihre ganz<br />
eigene Musiksprache entwickelt: Sie kreiert Kompo-<br />
sitionen, die aus authentischen Sounds – aufgenom-<br />
men in der ganzen Welt – entstehen. Dabei setzt<br />
sie auf die Klarheit der verschiedenen Elemente, die<br />
außerhalb ihres Kontextes eine besondere Wirkung<br />
bekommen.<br />
Rolf Enström ist ein Komponist, der ständig neue<br />
Wege sucht. Er arbeitet gerne mit starken Kon-<br />
trasten zwischen gewaltigen Ausbrüchen und<br />
plötzlicher Stille. Dabei kombiniert er seine Musik<br />
mit anderen Kunstformen wie der bildenden Kunst<br />
und der Literatur.<br />
Die finnischen Beiträge sind bunt gemischt. Die<br />
Helsinkier „Husky Rescue“ werden sogar von<br />
der Sunday Times als „very cool“ bezeichnet. Die<br />
Kombination aus Trip-Hip-Hop, Downbeat-Pop und<br />
charmant arrangierten Melodien mit Instrumenten<br />
wie dem Vibraphon und akustischen Gitarren, aber<br />
auch mit Flöten, Streichern und Gesang erinnern<br />
an Bands wie Air und Portishead. Außerdem sind<br />
Stücke vom Sampler „Helsinki Cooler“ zu hören mit<br />
neuen Formen von finnischem Jazz und Electronica.<br />
Das Rezept der Platte: Ein Teelöffel Jazz, zwei Por-<br />
tionen grooviger Elektrosound, etwas von einer som-<br />
merlichen Meeresbrise inspirierte Drums und das<br />
Ganze abgerundet mit lässigem Gesang. Die Band<br />
„Slowhill“ ist mit ihrem Album „Fennika“ dabei. Man<br />
nehme einen der innovativsten Jazzer Finnlands und<br />
einen der bekanntesten Soundtüftler des E-Pops –<br />
heraus kommt Musik, in der Klarinettentöne,<br />
Drumschleifen und Bass-Loops gekonnt ineinander<br />
verwoben werden. Außerdem gibt es Free-Jazz mit<br />
„Kvalda“ und die wohl beste Akkordeonspielerin<br />
Finnlands – Maria Kalaniemi – zu hören.<br />
Auch die norwegische Musik in den Sound Centern<br />
ist sehr abwechslungsreich. Sondre Bratland, die<br />
Ikone der gesungenen norwegischen Volksmu-<br />
sik, nimmt uns mit seiner Neuinterpretation von<br />
„Draumkvedet“ (deutsch: Traumballade) mit zurück<br />
ins Mittelalter. Arne Nordheims elektronische Musik<br />
ist sehr essenziell und klar. Die Stücke des Albums<br />
„Dodeka“ stammen aus den 60er und 70er Jahren,<br />
aus einer Zeit also, in der das Equipment geradezu<br />
primitiv war, und trotzdem bestechen sie durch eine<br />
brillante und charakteristische Klangqualität. Die<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 7<br />
Die Füße tun weh, die Stadt lärmt, die Hektik schlägt auf den Magen. Wer kennt ihn nicht, den<br />
klassischen Großstadtbummel? Wie schön ist dazu der Gegensatz, den <strong>NORD</strong> am Potsdamer<br />
Platz bietet. Ruhen Sie sich im „kleinsten Konzertsaal der Welt“ aus. Entspannen Sie sich bei<br />
nordischer Musik.<br />
Hardanger-Fiedel ist das Instrument, mit dem Nils<br />
Økland meisterhaft umzugehen weiß. Seine Musik<br />
ist inspiriert von Jazz und Folk, er experimentiert<br />
und improvisiert gern und vereint auf seinem Album<br />
„Straum“ klassische und zeitgenössische Elemente.<br />
Und schließlich gibt es Hörproben aus dem klas-<br />
sischen Ambient-Album „Substrata“ von Biosphere<br />
alias Geir Jenssen. Seine kristallklaren Klänge<br />
erinnern an Nordlichter. Dazu setzt er entfernte<br />
Gitarrenklänge, ruhige Synths und Samples und<br />
manchmal auch seine Stimme ein.<br />
Isländisch wird es mit dem Ensemble „CAPUT“ und<br />
deren neuester Platte. Die Musik von Komponist<br />
Sveinn Lúdvík Björnsson ist sehr introspektiv und<br />
poetisch. Das Repertoire des Orchesters reicht von<br />
Solostücken über Duette, Trios und so weiter bis zu<br />
Sinfonieorchesterstücken.<br />
Zu viel Information? Kommen Sie einfach und hören zu!
8 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Stadt – Land – Musik<br />
Was hat ein Inselarchipel im Polarmeer mit Berlin, dem „Herzen<br />
Europas“, gemeinsam? <strong>NORD</strong> hat sich mit der norwegischen<br />
Sängerin Kari Bremnes über Anonymität in der Großstadt, Ein-<br />
samkeit auf den Lofoten und natürlich ihr neues Album „Over en<br />
by“ unterhalten.
Foto: www.folkbaltica.de<br />
Wir freuen uns, dass Sie auf unserem Ab-<br />
schlusskonzert am 7. Mai im Berliner Tränenpa-<br />
last spielen! Sind Sie das erste Mal hier<br />
in Berlin?<br />
Nein, ich habe schon zweimal ein Konzert im<br />
Tränenpalast gegeben. Ich finde, Berlin hat etwas<br />
ganz Besonderes, es ist eine faszinierende Stadt<br />
mit seiner speziellen Geschichte und Ästhetik. Das<br />
erste Mal kam ich in den 80er Jahren als Journa-<br />
listin nach Berlin, um für die norwegische Zeitung<br />
„Aftenposten“ über die Berlinale zu berichten. Ich<br />
erinnere mich, dass wir auch im Osten waren, in der<br />
Komischen Oper und im alten Berliner Ensemble.<br />
In Berlin arbeiten heute viele nordische, speziell<br />
auch norwegische Künstler. Was denken Sie,<br />
womit hängt das zusammen?<br />
Die Norweger sind ja ein wenig skeptisch gegen-<br />
über all den amerikanischen Einflüssen in der<br />
Kultur- und Musikszene. Ich kann mir vorstellen,<br />
dass viele norwegische Künstler daher gerne in eine<br />
Stadt reisen, die historische Wurzeln hat. Und die<br />
den eigenen Wurzeln nah ist. Und das ist Berlin ja,<br />
als Herz Europas. Auch wenn wir an der Außen-<br />
kante Europas leben, so sind wir Norweger ja doch<br />
Europäer. Ich glaube, dass auch die dramatische Ge-<br />
schichte Berlins viele Künstler lockt herauszufinden,<br />
welche Art von Kräften in der Stadt wirken und die<br />
starken Kontraste und die Dynamik aufzuspüren.<br />
Wie kamen Sie zur Musik? Sie haben ja bereits<br />
in jungen Jahren angefangen.<br />
Musik gab es schon immer in meinem Leben, ich<br />
musste nicht danach suchen. Meine Mutter spielte<br />
Klavier, mein Vater schrieb und las sehr viel Literatur.<br />
Ich versuchte auch, mir eine Zeit lang eine Auszeit<br />
zu nehmen. Ich habe Skandinavische Geschichte<br />
und Literatur und Theaterwissenschaft studiert, um<br />
einen „ordentlichen Beruf“ zu erlangen. Aber nach-<br />
dem ich einige Zeit als Journalistin gearbeitet hatte,<br />
musste ich mich dann schließlich entscheiden, denn<br />
für Musik und Beruf gleichzeitig war keine Zeit mehr.<br />
Sie kommen ja von den Lofoten, also dem kom-<br />
pletten Gegenteil eines „urbanen Zentrums“. Das<br />
Thema des diesjährigen <strong>NORD</strong> Kulturforums<br />
lautet „Urban Reflexion“ und passt somit gut zu<br />
dem Titel Ihrer neuen CD „Over en by“ („Über<br />
eine(r) Stadt“). Was sind Ihre „Reflexionen“ zu<br />
diesem Thema?<br />
Ich finde, dass es Ähnlichkeiten hat, auf einer Insel<br />
wie den Lofoten und in einer Großstadt aufzuwach-<br />
sen. An beiden Orten gibt es permanent Ankunft<br />
und Abreise, Abstand und Nähe… Auch Strö-<br />
mungen und starke Impulse finden sich an beiden<br />
Orten. Auf den Lofoten die starken Kontraste<br />
zwischen dem Meer und den Bergen, zwischen Hell<br />
und Dunkel… Ja, generell sind alle Eindrücke sehr<br />
stark: Licht, Menschen und Empfindungen. Ich finde,<br />
dass die Orte in ihren jeweiligen Extremen miteinan-<br />
der verwandt sind. Es gibt jeweils ein Entweder-oder,<br />
wenig Ungefähres oder Mittelmäßiges.<br />
Aber in einer Großstadt gibt es viel Anonymität,<br />
die gibt es auf den Lofoten wohl weniger, oder?<br />
Ja, Anonymität wie in einer Großstadt gibt es nicht<br />
auf einer Insel. Aber dafür kann man sich dort sehr<br />
einsam fühlen, am äußersten Rand der Felsen,<br />
zwischen Himmel und Meer.<br />
Hat die Tatsache, auf den Lofoten aufge-<br />
wachsen zu sein, Ihr musikalisches Schaffen<br />
beeinflusst?<br />
Ja, das hat es. Ich fühle mich sehr stark als ein<br />
Mensch aus dem hohen Norden.<br />
Auch Ihre Musik klingt in mancherlei Hinsicht<br />
„nordisch“. Was glauben Sie, welche Elemente<br />
könnten der Grund dafür sein?<br />
Ich weiß nicht genau, vielleicht die Melancholie? Ich<br />
fühle mich zum Beispiel auch zu finnischer Musik<br />
hingezogen, zu melancholischen, langsamen Tango-<br />
stücken, mir gefällt die Kompromisslosigkeit daran.<br />
Ihre Musik wirkt wie eine Mischung aus un-<br />
terschiedlichen Musikstilen: Folk, Jazz, Pop…<br />
Ziehen Sie irgendeinen Stil vor?<br />
Nein, jedes Stück von mir hat seinen Ursprung im<br />
Text. Der Text bestimmt in großem Maße, wie die<br />
Musik wird. Die Melodie entsteht oft ganz von selbst,<br />
sie passt sich den Worten an. Ich strebe nach einem<br />
organischen Zusammenhang zwischen Text und Mu-<br />
sik, und da denke ich nicht in musikalischen Stilen.<br />
Und die Inspiration für Ihre Texte, wo kommt<br />
die her?<br />
Aus dem Alltag, das Thema fasziniert mich sehr.<br />
Man findet so unglaublich viel Poesie in den alltäg-<br />
lichsten Situationen. Es gibt so viele Dinge, die aus<br />
so vielen verschiedenen Winkeln betrachtet werden<br />
können, je nachdem, wo Du stehst. Man kann also<br />
alles auf sehr unterschiedliche Art und Weise be-<br />
leuchten, so dass es nicht mehr alltäglich erscheint.<br />
Was hören Sie privat für Musik?<br />
Ich höre z.B. Musik, die auch den Text als Grund-<br />
lage hat, wie bei Jean Michel Jarre oder Leonhard<br />
Cohen.<br />
Auf Ihrem neuen Album kritisieren Sie auch<br />
Kriege, die aufgrund von Glaubensrichtungen<br />
geführt werden. Ist es das erste Mal, dass Sie<br />
sich so politisch äußern?<br />
Nein, das erste Mal war es auf dem Album „Lul-<br />
labies from the Axis of Evil“. Mein Produzent Erik<br />
Hillestad, mit dem ich viele Jahre lang zusammen<br />
gearbeitet habe, reiste als Reaktion auf George<br />
W. Bushs „Rede zur Lage der Nation“ in eben jene<br />
Länder, die den Stempel der „Achse des Bösen“ er-<br />
halten hatten: Palästina, Syrien, Iran, Irak, Pakistan<br />
und Afghanistan. Dort sammelte er Wiegenlieder<br />
und veröffentlichte sie auf einer CD mit Musikern<br />
aus aller Herren Länder: Nina Hagen war z.B. dabei,<br />
Eva Dahlgren, Rickie Lee Jones… Knut Reiersrud,<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
der auch auf meinem neuen Album spielt, begleitet<br />
die Lieder auf seiner Gitarre. Die Lieder wurden<br />
auch ins Norwegische und Englische übersetzt und<br />
wurden dadurch sehr politisch. Wenn man in die<br />
Länder des Nahen Ostens reist, dann ist es sehr<br />
schwer, nicht Stellung zu beziehen. Im Konflikt zwi-<br />
schen Israel und Palästina ist es sehr offensichtlich,<br />
wer stark und wer schwach ist, wer Waffen und Geld<br />
besitzt und wer nicht. Unter diesem Eindruck habe<br />
ich auch das Lied „Hvis du kommer tebake igen“<br />
(dt.: „Wenn Du wieder zurückkommst“) auf meiner<br />
neuen CD geschrieben.<br />
Haben Sie schon mal in einem dieser Länder<br />
ein Konzert gegeben?<br />
Ja, ich habe letztes Jahr im Sommer ein Konzert in<br />
Bethlehem in Palästina gegeben.<br />
„Over en by“ ist Ihr erstes Album, das hier in<br />
Deutschland erscheint, auf dem Sie auf Nor-<br />
wegisch singen. Immer mehr skandinavische<br />
Bands erobern den deutschen Plattenmarkt,<br />
obwohl oder gerade weil sie in ihrer Mutterspra-<br />
che singen. Womit kann dieser Trend zusam-<br />
menhängen?<br />
Mein Eindruck ist, dass besonders Deutsche sehr<br />
offen gegenüber neuen Einflüssen von außen<br />
sind. Das hat mich überrascht, und ich finde, dass<br />
das eine phantastische Einstellung ist, so offen<br />
und neugierig auf Neues zu sein. Ich glaube nicht,<br />
dass wir Norweger so offen sind. World Music ist<br />
beispielsweise in Deutschland viel bekannter als in<br />
Norwegen. Und die samische Sängerin Mari Boine<br />
aus Norwegen wurde anfangs in Deutschland viel<br />
stärker wahrgenommen als bei uns.<br />
Vielleicht auch weil es etwas Exotisches für<br />
uns ist?<br />
Das kann sein. Deswegen singe ich auch viel auf<br />
Englisch. Ich möchte, dass mein Publikum mich<br />
versteht, ich will nicht nur „exotisch“ sein. Deswegen<br />
finden sich auch deutsche Übersetzungen in der<br />
neuen CD.<br />
Sie haben auch schon ein Buch geschrieben.<br />
Haben Sie neue Pläne für die Zukunft?<br />
Erst einmal kommt jetzt die Tournee, und dann<br />
mal sehen. Ich habe ein Filmmanuskript über die<br />
Schriftstellerin Regine Nordmann, eine Art norwe-<br />
gische Karen Blixen, geschrieben, und jetzt steht die<br />
Verfilmung an.<br />
Viel Erfolg und herzlichen Dank für das Ge-<br />
spräch!<br />
Am 7. Mai wird Kari Bremnes zum Abschluss des <strong>NORD</strong> Kulturforums<br />
2006 ein Konzert im Berliner Tränenpalast geben und ihr<br />
neues Album „Over en by“ präsentieren.
0 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Ein Grund, wieso es in Skandinavien so viele Musikfestivals gibt, könnte in der Kürze des nor-<br />
dischen Sommers liegen – denn der muss ja gut ausgenutzt werden. Dennoch fällt den meisten<br />
nur Roskilde in Dänemark oder vielleicht gerade noch Hultsfred im schwedischen Småland ein,<br />
wenn man nach Festivals nördlich von Deutschland fragt. Finnland, Dänemark, Schweden, Norwe-<br />
gen und Island haben aber noch viel mehr zu bieten als nur den Dinosaurier unter den Festivals.<br />
Hier kommen alle Infos, die man für eine Urlaubsplanung mit musikalischer Einlage braucht!<br />
Illustration: Gustav Hederström<br />
Das Emmaboda Festivalen ist ein Indie-Festival<br />
der kleinen, aber feinen Art. Mit ungefähr 5000<br />
Besuchern ist die Stimmung gemütlich, und schö-<br />
ne Begegnungen mit gut gelaunten Menschen<br />
sind vorprogrammiert. Kein Backstage-Bereich,<br />
keine Krawallzäune, dafür dichter småländischer<br />
Wald und Badeseen. Hier wird viel Wert auf ein<br />
Miteinander der Bands und Besucher gelegt, und<br />
Starallüren wird entgegengewirkt: Als die amerika-<br />
nische Band Pavement 1993 ein paar Tage zu früh<br />
eintraf, wurden Stephen Malkmus und Co. gleich<br />
beim Aufbau der Bühnen mit eingespannt. Wie<br />
immer besteht das Line-Up auch in diesem Jahr<br />
hauptsächlich aus schwedischen Bands, daneben<br />
kann man vom 10. bis 12. August aber auch „The<br />
Whitest Boy Alive“ (Erland Oyes neuestes Berliner<br />
Projekt) oder „The Magic Numbers“ aus Großbri-<br />
tannien sehen. rassle.org<br />
Das Copenhagen Jazz Festival ist eines der<br />
größten musikalischen Events in Kopenhagens<br />
Kulturkalender und findet in diesem Jahr vom<br />
7. bis 16. Juli statt. Denk an irgendeinen Deiner<br />
Lieblingsorte in Kopenhagen – das Copenhagen<br />
Jazz Festival war wahrscheinlich schon vor Dir<br />
dort. Von Bop bis Free, von fröhlichem New Or-<br />
leans Jazz bis Cutting-Edge Jazz-Electronica, das<br />
Festival bietet um die 100 Konzerte pro Tag in der<br />
ganzen Stadt verteilt. In kleinen staubigen Knei-<br />
pen, in Parks, Fußgängerzonen und im Tivoli, auf<br />
Booten und Polizeirevieren, ja selbst in Punkclubs<br />
– überall setzt man während dieser zehn Tage auf<br />
Jazz. Das Besondere sind die vielen Outdoor-Kon-<br />
zerte, die häufig sogar gratis sind. Für dieses Jahr<br />
steht einer der ganz großen Namen schon fest:<br />
das Pat Metheny Trio wird in Kopenhagen zwei<br />
Konzerte geben. festival.jazz.dk<br />
Das EKKO-Festival im norwegischen Bergen<br />
fährt seit 2003 ein einmaliges Programm mit<br />
elektronischer Musik, Performances, Video-In-<br />
stallationen und anderer Kunst auf. Das Festival-<br />
Team kümmert sich persönlich um eine preiswerte<br />
Unterbringung für alle von außerhalb Angereisten,<br />
und das Festivalmotto, Freundschaft und Krea-<br />
tivität zu promoten, lässt sich bei einem solchen<br />
Engagement schon erahnen. In diesem Jahr findet<br />
EKKO ab dem 20. Oktober statt, und dank der<br />
Billigflieger ist ein Ausflug in die spektakulär-raue<br />
Fjordlandschaft Bergens, Heimat von Røyksopp,<br />
den Kings of Convenience und Annie, inzwischen<br />
erschwinglich geworden. Das Line-Up für dieses<br />
Jahr steht noch nicht fest, aber nachdem im<br />
letzten Jahr unter anderem Annie, Biosphere und<br />
Kissogramm gespielt haben, ist die Messlatte hoch<br />
gesteckt. ekkofest.no
Das Norberg-Festival findet auf dem Gelän-<br />
de einer verlassenen Eisenerzmine in der Mitte<br />
vom Nirgendwo, genauer gesagt 170 Kilometer<br />
nordwestlich von Stockholm in der Grubenland-<br />
schaft um Falun, statt. Norberg ist ganz auf die<br />
Freunde experimenteller elektronischer Musik<br />
ausgerichtet: Von Grime über Micro-House bis hin<br />
zu 8-bit können in diesem Jahr vom 27. – 29. Juli<br />
alle möglichen elektronischen Spielarten haupt-<br />
sächlich nordischer Acts erlebt werden. Die größte<br />
Bühne befindet sich in einem spektakulären 65<br />
Meter hohen Förderturm. Mit seinen historischen<br />
Gebäuden, dem Wald und – wie sollte es auch<br />
anders sein – Badesee bietet das Festivalgelän-<br />
de eine perfekte Kombination aus Industrie und<br />
Natur. Wer trotzdem nicht hier zelten möchte,<br />
findet in der Umgebung ein großes Angebot an<br />
Bed&Breakfast-Möglichkeiten; Adressen sind auf<br />
der Festivalseite gelistet. norbergfestival.com<br />
Um eine Unterkunft braucht man sich nicht zu<br />
kümmern, wenn man das Early-Bird-Angebot von<br />
Iceland Air für das von der isländischen Flugge-<br />
sellschaft gesponsorte Icelandairwaves-Festival<br />
nutzt. Für 349 britische Pfund bekommt man<br />
neben Flug und Unterkunft die frischesten Sounds<br />
und Eindrücke der isländischen und internatio-<br />
nalen Musikszene geboten. 1999 als Talentshow<br />
für ausländische Plattenfirmen gestartet, hat sich<br />
Icelandairwaves inzwischen zu einem wichtigen<br />
und lebendigen Teil des Reykjaviker Kulturlebens<br />
entwickelt und sich fest in den Kalendern von<br />
Musikliebhabern auf beiden Seiten des großen<br />
Teichs etabliert. Aber auch die Hang-Over-Parties<br />
in der Spa-Landschaft der Blue Lagoon sind inzwi-<br />
schen legendär. In diesem Jahr sollte man sich das<br />
Wochenende vom 18. bis 22. Oktober für dieses<br />
überhippe Festival vormerken.<br />
icelandairwaves.com<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />
Das Flow-Nuspirit-Helsinki-Festival ist ein<br />
deutliches Statement gegen musikalisches<br />
Schubladendenken. Das vereinende Prinzip ist der<br />
Rhythmus, und so entsteht seit 2004 jährlich eine<br />
faszinierende Mischung aus Techno, Soul, elektro-<br />
nischer Musik, akustischem Jazz und vielem mehr.<br />
Das Festival findet mitten in Helsinki statt, in den<br />
letzten zwei Jahren auf dem Gelände der Makasi-<br />
init-Lagerhallen direkt hinter dem Kunstmuseum<br />
Kiasma. Auf diese Weise wird das Flow-Festival zu<br />
einem krönenden Höhepunkt für alle, die Helsinki<br />
in Hochform erleben wollen, denn hier versammeln<br />
sich neben Gästen aus aller Welt finnische Mu-<br />
siker, Künstler und die gesamte Kulturszene der<br />
Stadt. Das Undercover Magazine krönte Flow als<br />
das beste neue europäische Festival der letzten<br />
Jahre, und so darf man auch in diesem Jahr vom<br />
18. bis 19. August wieder auf ein vielseitiges Pro-<br />
gramm gespannt sein. flowfestival.com
2 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Wir baten den schwedischen<br />
Schriftsteller Jonas Hassen<br />
Khemiri um eine Kolumne für<br />
unser Magazin und bekamen<br />
diesen Text über das Verfas-<br />
sen von Kolumnen als Antwort.<br />
Eine Ermahnung vielleicht, sich<br />
selbst, das Kunstgeschehen,<br />
die Kritiker und andere Schrei-<br />
berlinge nicht allzu ernst zu<br />
nehmen.<br />
Legosoldater<br />
Jonas Hassen Khemiri,<br />
aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann<br />
Eigentlich ist es ganz leicht, Kolumnen zu schreiben. Du fängst einfach mit einer etwas kürzeren,<br />
anspruchslosen Einleitung an. Dann gehst Du zur eigentlichen These über und präsentierst sie nach<br />
einem Doppelpunkt in kursiv: „Kultur ist Krieg“. Genau. Dann: das eigentliche Herz der Kolumne, die<br />
längere persönliche Anekdote. Da ist es am besten, wenn der Erzähler (= Du) in einen alltäglichen<br />
Zusammenhang versetzt wird, der dem Leser vertraut ist. Man kann sich über Supermarktschlangen,<br />
Gedränge in der U-Bahn, kaltes Licht vor Spiegeln in Aufzügen und enge Anprobekabinen auslas-<br />
sen. Hier lasse ich dich jetzt allein, dann wollen wir mal sehen, wie Du klarkommst (mach dir keine<br />
Sorgen, ich bin noch da und stehe im Hintergrund bereit, wenn Du Hilfe brauchst).<br />
Die Charles-Ray-Ausstellung im Whitney-Museum in New York. Ständige Herausforderungen des Raum-<br />
begriffs. Da steht der perfekte Abguss des grauen Autowracks, das der Künstler auf einer Polizeiauktion<br />
gekauft hat. Da sind die schwarzen hohlen Metallwürfel, die bis obenhin mit schwarzer Tinte gefüllt sind – die<br />
Oberflächenspannung lässt die Würfel absolut viereckig wirken.<br />
Mach nur weiter so, das flutscht ja ganz super. Und nur gut, dass Du diese Diskussion über Kunst da<br />
in dem Keller nicht erwähnt hast, wo Du Charles Ray aus Versehen Ray Charles genannt hast.<br />
Dieselbe Methode wendet der Künstler bei der weißen Badewanne an – halb voll mit schwarzer Tinte. Tinte,<br />
die wie erstarrtes Gummi aussieht, wie hartes Plastik und überhaupt nicht flüssig. Und es ist vollkommen klar,<br />
was man will; der ganze Körper sehnt sich einzig und allein danach, die Hand in diese perfekt schwarze Ober-<br />
fläche tauchen zu dürfen, mal richtig umzurühren und dann stehen zu bleiben, bis die Wachleute angerannt<br />
kommen (es wird schwer werden, das zu leugnen).<br />
Du solltest vielleicht noch erwähnen, dass Du mehr zufällig in die Ausstellung geraten bist, dass Du<br />
mit demselben Trick ohne Eintrittskarte reingekommen bist wie bei all den anderen Museen auch,<br />
und dass Du in den letzten Tagen so pleite gewesen bist, dass Du mit Haferflocken verlängerte<br />
Nudeln gegessen hast.<br />
Ich bin nicht der einzige, dem das so geht. Ein puertoricanisches Mädchen, so um die sechs Jahre, mit Ana-<br />
nasfrisur, Winnie-Puh-Rucksack und Zahnlücke schleicht um die Badewanne. Sie schaut auf die schwarze<br />
Oberfläche herunter, zuerst glaube ich, dass sie sich zu spiegeln versucht, doch dann begreife ich, dass sie<br />
dabei ist, zu tun, was ich nie wagen würde. Keine Mama in der Nähe, als das Mädchen sich auf die Zehenspit-<br />
zen stellt und wie verzaubert in das Schwarze schaut. Doch dann geht es ganz schnell, das Mädchen lehnt<br />
sich über den Rand, streckt sich zu der verbotenen Oberfläche hinunter, berührt sie leicht, zögert und taucht<br />
dann die ganze Hand in die schwarze Tinte. Die Mutter entdeckt sie, unterdrückt einen Schrei, packt das<br />
Mädchen und rennt zum Ausgang.<br />
Guter Höhepunkt, hübsch aufgebaut.<br />
Ich stehe noch da, vor dem stärksten Kunsterlebnis dieses Frühjahrs: die glänzende weiße Badewanne mit<br />
drei schwarzen Handabdrücken, die Tintenoberfläche, die sich immer noch bewegt. Nach kurzer Zeit kommen<br />
die Wachleute angerannt, ihre Walkie-Talkies rasseln von aufgeregten Stimmen, und ich zeige meine Handflä-<br />
chen, um mich reinzuwaschen.<br />
Naja, das ging doch richtig gut, was? Das mit den „Herausforderungen des Raumbegriffs“ ist<br />
vielleicht ein wenig abgehoben, na, scheißegal. Jetzt fehlt nur noch der Schluss. Da verbindest Du<br />
die einleitende These mit der persönlichen Anekdote. Also – Kultur ist Krieg, wir siegen mit Hilfe<br />
der demaskierenden Kraft des Kindes, das Naive entlarvt das Hochtrabende, die Tinte ist höchst<br />
symbolisch, usw., usw. Vielleicht kannst Du das Ganze auch mit einem witzigen Wortspiel abrunden,<br />
irgendwas in der Art wie „Krieg wird mit Lego (spielenden) Soldaten gewonnen“. Oder „Kultur bringt<br />
immer eine coole Tour“. So was kommt immer ganz gut an.
I am my music<br />
Mit dem Nokia N91 hast du bis zu 3.000* Songs immer dabei. Einfacher<br />
Wechsel zwischen Anruf und deiner Lieblingsmusik in HiFi-Klangqualität.<br />
Das Nokia N91 ist Musik pur – deine mobile Jukebox.<br />
Nokia Nseries<br />
See new. Hear new. Feel new.<br />
Copyright © 2006 Nokia. Alle Rechte vorbehalten. Nokia und Nokia Connecting People sind eingetragene Marken der Nokia Corporation.<br />
Einige Dienste sind abhängig vom Netzbetreiber und/oder Diensteanbieter. * Die Angaben zur Anzahl basieren auf Musiktiteln mit einer<br />
Laufzeit von durchschnittlich 3 Min. 45 Sek. im eAAC+-Format (48 KBit/s). Die mögliche Anzahl an gespeicherten Musiktiteln bei 128 KBit/s<br />
im eAAC+-Format beträgt ca. 1.000 Songs.<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
www.nokia.de/hearnew
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Bleed hat ein Manifest: „Be different, share ideas,<br />
have fun“. Und eben: „Bleed for the revolution!“<br />
Es steckt tatsächlich viel Herzblut und Spaß in<br />
der Arbeit von Bleed. Und es geht hier um etwas<br />
Besonderes.<br />
Bleed<br />
for the<br />
revolution!<br />
Bluten fürs Design, darum geht es den norwegischen Designkünstlern der jungen Agentur „Bleed“<br />
mit Sitz in Oslo. Gegründet wurde sie im Jahr 2000 von fünf entschlossenen Menschen, die die<br />
Spannung zwischen Kunst und kommerziellem Design nutzen wollten.<br />
Neben den Gründungsmitgliedern Haakon Lia, Kjetil<br />
Wold, Max Jones, Dag Solhaug und Stian Johansen<br />
gehören heute noch sieben weitere Kollegen zu<br />
Bleed. In Norwegen haben sie in den letzten drei<br />
Jahren unzählige Preise für ihre außergewöhnliche<br />
Arbeit bekommen, und auch international genießen<br />
die kreativen Köpfe inzwischen einen einzigartigen<br />
Ruf. Druckfrisch ist zum Beispiel der Preis für das<br />
Ausstellungsprojekt „Going Underground“, das mit<br />
dem norwegischen „Gullblyanten“, dem goldenen<br />
Bleistift, ausgezeichnet wurde. Für diese Ausstel-<br />
lung skandinavischer und holländischer Designer<br />
in Stockholm hat Bleed Poster entworfen. Dabei<br />
haben sie bewiesen, dass weniger meistens mehr<br />
ist. Da die Ausstellung in einem unterirdischen<br />
Parkhaus stattfand, wurden die überdimensionalen<br />
Poster einfach auf den Boden geklebt – so dass je-<br />
dem vorbeieilenden Fußgänger klar gemacht wurde:<br />
Hier passiert etwas unter der Erde!<br />
Kjetil Wold sagt zu der durchschlagenden Wirkung<br />
ihrer Projekte: „Ich bin fest davon überzeugt, dass<br />
uns unser Bestreben, die vielen verschiedenen As-<br />
pekte von Design zu erforschen und zu berücksich-<br />
tigen, geholfen hat.“ Design ist für Bleed untrennbar<br />
mit künstlerischen Ideen verknüpft und vor allem ein<br />
Instrument zur Kommunikation – für jede Art von<br />
Kommunikation. Identität, Funktionalität und Werte<br />
sind dabei Kernbegriffe für die Umsetzung der<br />
Ideen. Bleed hofft, dass ihre Arbeit inspiriert und die<br />
traditionelle Art, Design zu sehen, herausfordert.<br />
Wie zum Beispiel bei ihrer Arbeit für ein Jeans-<br />
unternehmen. Das Problem: den klaren Stil skandi-<br />
navischen Designs mit Attributen wie Langlebigkeit<br />
und Individualität zu verbinden. Die Lösung: Bleed<br />
entwickelten einen ganz besonderen Schriftzug. Die<br />
Buchstaben wurden mit Nadel und Faden kunstvoll<br />
zu Papier gebracht, eine persönliche Handschrift,<br />
fixiert für die Ewigkeit.<br />
Aber auch nicht-kommerziellen Projekten und<br />
Künstlern aus allen möglichen Bereichen steht das<br />
Designstudio mit Rat und Tat zur Seite, zum Beispiel<br />
einem Jugendhilfeprojekt gegen Drogenmissbrauch,<br />
dem Norwegischen Nationaltheater oder den Osloer<br />
Philharmonikern. Bleed gestalteten den Katalog für<br />
eine Ausstellung des gefeierten norwegischen Foto-<br />
grafen, Regisseurs und Rockmusikers Bjørn Opsahl,<br />
und bei dem Stockholmer Projekt „Super is as super<br />
does“ ließen Bleed Neuntklässler für eine Glasaus-<br />
stellung Vorgaben für die Glasbläser zeichnen.<br />
Das Osloer Shopping Center „Arkaden“ arbeitet<br />
schon länger mit Bleed zusammen. Das Einkaufs-<br />
center war in den 1980er Jahren ein beliebter<br />
Treffpunkt und wurde 2003 durch ein neues<br />
künstlerisches Design wiederbelebt, um die Hallen<br />
erneut mit jungen Menschen zu füllen. Dazu wurden<br />
beispielsweise die Shoppingwütigen in den „Arka-<br />
den“ abgelichtet und dienten dann selbst als Models<br />
für den neuesten Winterlook.<br />
Der Internetauftritt von Bleed ist eine interessante<br />
Kombination aus Fashionfotos, klarer Typographie<br />
und locker gezeichneten Elementen. Klar und<br />
schlicht, aber irgendwie revolutionär eben. Auch da-<br />
für gab es 2005 einen „Gullblyanten“. Das Internet<br />
dient den Designkünstlern gleichzeitig als Inspirati-<br />
onsquelle. Globales Denken und Handeln zeigt sich<br />
also in allen Projekten der Norweger. Viele Arbeiten<br />
sind schon auf Ausstellungen um die Welt gereist,<br />
nach New York, Stockholm, Berlin oder Asien. Eine<br />
neue Idee ist die Eröffnung eines kleinen Shops im<br />
Bleed-Büro in Oslo, um dort Design zu verkaufen.<br />
Objekte, für die Designer sterben würden…<br />
bleed.no
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION
6 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Die Welt als Laufsteg –<br />
wie Kleidung unser Leben bestimmt<br />
„In London ist die Mode eine Pflicht, in Paris ein Vergnügen”, sagte der Chansonnier und<br />
Schauspieler Maurice Chevalier einmal. In Dänemark wird Mode jetzt zu einem Forschungs-<br />
gegenstand. Mit dem „Mode Konsortiet“ wurde eine Plattform für die Untersuchung der<br />
kulturellen Bedeutung von Mode gegründet.<br />
Noch sind Paris, New York und Mailand die<br />
scheinbar unantastbaren Modemetropolen. Doch<br />
im Norden Europas wächst langsam und von<br />
vielen noch unbemerkt eine ernst zu nehmende<br />
Konkurrenz heran. Marken wie „Noa Noa“, „Vero<br />
Moda“ oder „Only“ sind in Deutschland sehr<br />
erfolgreich, dennoch wissen die wenigsten, dass<br />
sie aus Dänemark kommen. Zusätzlich haben sich<br />
in den letzten Jahren unkonventionelle Labels wie<br />
„Day Birger et Mikkelsen“, „Bruuns Bazaar“ und<br />
„Mats Nørgaard“ von Kopenhagen aus in ganz<br />
Skandinavien etabliert. Junge, enthusiastische<br />
Modedesigner wie Anna Gulmann, Henrik Vibskov<br />
oder „Baum und Pferdegarten“ haben die dänische<br />
Hauptstadt in eine international Trends setzende<br />
Metropole verwandelt, die in Sachen Innovativität<br />
und Stilsicherheit den traditionellen Mode-Brenn-<br />
punkten in nichts nachsteht. Im Gegenteil: Es gibt<br />
Anzeichen dafür, dass Dänemark den meisten<br />
anderen europäischen Ländern modetechnisch<br />
eine Saumlänge voraus ist.<br />
Zum Beispiel wurde in Dänemark schon längst<br />
erkannt, dass man mit Mode Geld verdienen kann,<br />
und das tut man auch nicht zu knapp: 19 Milliar-<br />
den dänische Kronen, 2,5 Milliarden Euro, wurden<br />
im letzten Jahr in diesem Wirtschaftsbereich um-<br />
gesetzt. Mode nimmt damit in Dänemark immerhin<br />
den sechsten Platz der Exportgüter ein, noch vor<br />
Möbeln auf Platz acht. Und die jüngsten Entwick-<br />
lungen in der akademischen Welt Dänemarks<br />
sprechen dafür, dass die Kompetenzen in Sachen<br />
Mode auch weiterhin wachsen werden und die<br />
Konkurrenz mit anderen Trend-Mekkas deswegen<br />
in Zukunft noch leichter fallen wird.<br />
Im Februar 2006 wurde in Dänemark mit dem<br />
„Mode Konsortiet“ (MOKO) eine Plattform für<br />
Modeforschung gegründet. Das MOKO ist eine<br />
Kooperation zwischen dem dänischen Museum<br />
für Kunst und Design, der Designschule Kolding,<br />
dem dänischen Center für Designforschung und<br />
dem Kulturministerium. Ein wichtiger Schritt, wie<br />
die Wissenschaftlerin Maria Mackinney meint: „Wir<br />
stellen nie die Bedeutung eines Musikstudiums in<br />
Frage. Doch wenn es zur akademischen Auseinan-<br />
dersetzung mit Mode kommt, rümpfen viele Leute<br />
die Nase. Nur wenn das Modestudium dazu führt,<br />
dass der Umsatz der Branche steigt, scheint es<br />
relevant zu sein.” Mode hat aber eine viel tiefere<br />
Bedeutung für unser Leben, als man häufig glaubt.<br />
Rock oder Hose, Anzug oder Jeans – solche<br />
Entscheidungen treffen wir sehr bewusst von Tag<br />
zu Tag. Dennoch denken die meisten von uns, dass<br />
Mode etwas Oberflächliches, Frivoles ist, womit<br />
man sich nicht ernsthaft auseinander setzen muss.<br />
Es ist aber augenscheinlich, dass Mode zum Alltag<br />
gehört, zu Entscheidungen nötigt und Wahr-<br />
nehmungen bestimmt. In einer Zeit, in der wir in<br />
hohem Grade auf uns alleine gestellt sind, was die<br />
Schaffung der eigenen Identität angeht, ist Mode<br />
ein Werkzeug, das von vielen Menschen benutzt<br />
wird, um der Umwelt und sich selbst zu zeigen, wer<br />
man ist. Mode handelt also nicht nur davon, ob in<br />
dieser Saison klare oder verspielte Linien in sind<br />
oder ob Schulterpolster doch noch ein Comeback<br />
erleben. Mode handelt vielmehr davon, wer wir sind<br />
und wie unsere Kultur konstruiert ist.<br />
Die komplexen Mechanismen und Ideologien, die<br />
flüchtig als Mode bezeichnet werden, werden am<br />
MOKO jetzt einer theoretischen und systema-<br />
tischen Untersuchung unterzogen. Handelt es<br />
sich bei Mode doch um ein Phänomen, das eine<br />
interdisziplinäre, akademische Herangehensweise<br />
geradezu herausfordert und verschiedene Gebiete<br />
von der Sozialanthropologie über das Marketing<br />
bis hin zur Kulturwissenschaft mit einbezieht.<br />
Aktuell gibt es drei Forschungsprojekte am MOKO:<br />
Eines über Luxusmode in einer globalisierten Welt;<br />
ein zweites beschäftigt sich mit Mode und kultu-<br />
reller Identität – gibt es „dänische“ oder „deutsche“<br />
Mode? Das dritte Projekt untersucht, wie und wa-<br />
rum sich Trends verändern. Außerdem organisiert<br />
das MOKO Konferenzen, Seminare und Bücher-<br />
projekte und ein erster Bericht über die Potentiale<br />
der Modeforschung liegt auch schon vor.<br />
Da der Alltag schon zum Catwalk geworden ist,<br />
geht man in Dänemark in diesem Jahr noch einen<br />
Schritt weiter und lässt nicht nur das Fachpubli-<br />
kum und die Akademiker an dem Thema Mode<br />
teilhaben. Die vom 29. März bis 2. April erstmals<br />
veranstaltete „Metro Fashion Week“ ist eine<br />
Modemesse für alle: Sie verlässt die gewohnten<br />
Messehallen und geht auf die Straße. Roter Faden<br />
des Events war die neue Kopenhagener Metro.<br />
Insgesamt 80 öffentliche Modeveranstaltungen<br />
fanden in den megamodernen U-Bahnhöfen sowie<br />
in zahlreichen Modeboutiquen und Shoppingcen-<br />
tern entlang der Strecke statt. Vielleicht denkt der<br />
eine oder andere dann bei der nächsten U-Bahn-<br />
fahrt mal etwas länger darüber nach, warum seine<br />
Mitmenschen anziehen, was sie anziehen.<br />
moko.dk<br />
metrofashionweek.dk<br />
Illustration: Lise Grue / Underwerket
10-gruppen<br />
– die Musterrevolutionäre<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 7<br />
„Hafergrützfarbig, beige und in Form und Ausdruck undefinierbar.“ So beschreibt Birgitta<br />
Hahn, Gründungsmitglied des schwedischen Designkollektivs „10-gruppen“, die Textilmus-<br />
ter der späten sechziger Jahre. 1970 trafen in Stockholm dann zehn junge Textildesigner<br />
zusammen, die diese breiigen Muster einfach satt hatten!<br />
Mit der schwedischen Textilindustrie hatten sie alle<br />
bereits so ihre Erfahrungen gemacht. „Zu modern!“,<br />
„Zu extrem!“, „Nicht zu verkaufen!“, beurteilte man<br />
dort ihre Entwürfe. Daher nahmen sie ihr Schicksal<br />
selbst in die Hand und beschlossen, das schwe-<br />
dische Textildesign zu verändern. Sie wollten Muster<br />
entwerfen, die anders aussahen, und sie wollten<br />
damit kompromisslos sein. Mit nur zehn selbst<br />
entworfenen Stoffen eröffneten sie 1970 ihren<br />
eigenen Laden in Stockholm und bekannten Farbe<br />
im einfallslosen Stoff-Einheitsbrei.<br />
Der Laden entwickelte sich schnell zu einem Treff-<br />
punkt, an dem Leute zusammenkamen, rauchten<br />
oder Wein tranken. „Das Ganze war sehr entspannt<br />
und wirkte nicht wirklich wie ein Geschäft“, sagt<br />
Ingela Håkansson, Mitglied der ersten Stunde. 1972<br />
präsentierten 10-gruppen ihre erste gemein-<br />
same Kollektion, die ihre Vitalität vor allem daraus<br />
schöpfte, dass die zehn endlich das machen konn-<br />
ten, was sie immer gewollt hatten und so lange nicht<br />
machen durften. Auf die erste Kollektion folgten bis<br />
heute 30 weitere, die neben Stoffen als Meterware<br />
unter anderem auch Taschen, Teller und Küchenzu-<br />
behör enthalten. Aus einer verrückten Idee wurde<br />
eine Institution in der Designwelt, deren Entwürfe<br />
seit über 35 Jahren in Skandinavien populär und im-<br />
mer wieder innovativ sind. Und 10-gruppen machten<br />
sich auch außerhalb Skandinaviens einen Namen.<br />
Ausstellungen ihrer Arbeiten waren unter anderem<br />
in New York, Tokio, Paris, London und Berlin zu<br />
bewundern.<br />
Von den ursprünglich zehn Gründungsmitgliedern<br />
sind heute noch drei bei 10-gruppen aktiv: Birgitta<br />
Hahn, Tom Hedqvist und Ingela Håkansson. Für<br />
Tom Hedqvist ist die Gruppe wie eine Familie, mit<br />
der man zusammenwächst und die man braucht<br />
und die ihre Kreativität und ihren Ausdruck erst im<br />
Gespräch miteinander gewinnt. Jeder der drei hat<br />
seinen eigenen persönlichen Stil, der Teil des far-<br />
benprächtigen und ausdrucksstarken künstlerischen<br />
Gesamtkonzepts ist. Ingela Håkansson erinnert<br />
sich: „Das erste Muster, das mein Leben geprägt<br />
hat, war die Wachstuchdecke, die bei uns zu Hause<br />
auf dem Tisch lag. Sie war rot mit weißen Punkten.<br />
Ich habe dann viel mit Punkten in meinen Entwürfen<br />
gearbeitet, wahrscheinlich, weil ich die Tischdecke<br />
zu Hause so mochte!“<br />
„Ein Anliegen von 10-gruppen war und ist es, Stoffe<br />
von hoher künstlerischer Qualität zu produzieren, die<br />
gleichzeitig erschwinglich sind“, sagt Ingela.<br />
So gelingt es 10-gruppen, modernes Design<br />
einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Die<br />
schwedischen Textildesigner zeigen, dass man mit<br />
einfachen Mitteln und ohne größere Ausgaben eine<br />
anregende Umgebung schaffen kann. „Die Leute<br />
sollen auf eine sehr einfache Art und Weise ihre<br />
Wohnung mit einem Stück Stoff verändern können“,<br />
bringt Tom Hedqvist diese Absicht auf den Punkt.<br />
Auch heute kaufen junge Leute die Produkte von<br />
10-gruppen. Laut Birgitta sind sie auf der Suche<br />
nach „diesem bestimmten Ausdruck der 1970er<br />
Jahre“. Und so sind wir sicher, dass 10-gruppen<br />
auch weiterhin mit ihren Entwürfen unsere Um-<br />
gebung fröhlicher machen werden, denn – und da<br />
stimmen wir den Schweden zu – „ein Wachstuch<br />
kann glücklich machen!“<br />
Artikel aus den aktuellen Kollektionen von 10-gruppen<br />
können sie hier in Deutschland im Internet beziehen,<br />
unter scandstyle.de.
8 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Das Beste vom Norden<br />
Für immer mehr Skandinavier ist Berlin eine zweite Heimat. Und das schlägt sich auch im Stadtbild nieder. Mal<br />
ganz abgesehen von den Horden durchgestylter Sprachstudenten aus den nordischen Metropolen, die die Kastanienallee<br />
auf und ab schlendern und die niedrigen Bierpreise ausnutzen, etablieren sich auch mehr und mehr<br />
nordische Läden, Clubs und Galerien in Berlin. Hier kommt der Guide für eine Stadttour der nordischen Art!<br />
Illustration: Smyken<br />
1. Best Shop Berlin<br />
Alte Schönhauser Str. 6. Berlin-Mitte<br />
Hier findet man neben Magazinen und Vinylplatten tatsächlich<br />
einige der besten nordischen Modelabels wie zum Beispiel Henrik<br />
Vibskov oder Whyred.<br />
bestshop-berlin.de<br />
2. Christian Tyrann c/o Pulp Mansion, Backfabrik<br />
Saarbrücker Str. 36a, Berlin-Mitte<br />
Dieser Indie-Pop-Club ist das neueste Produkt der ständig wachsenden<br />
jugendlichen schwedischen Community in Berlin.<br />
christian-tyrann.de<br />
3. Stue<br />
Alte Schönhauser Str. 48, Berlin-Mitte<br />
Wunderbar konsequenter und stilreiner Designladen mit skandinavischen<br />
Teakmöbeln, Glaskunst und Lampen aus den funktionalistischen<br />
fünfziger und sechziger Jahren.<br />
stueberlin.de<br />
4. Smørrebrød<br />
Husemannstr. 25. Berlin-Prenzlauer Berg<br />
Smørrebrød, belegte Brote dänischer Art mit Würstchen, Buletten,<br />
Spiegelei, Remoulade, krispigen Zwiebeln oder Fisch gibt es in dieser<br />
Seitenstraße im Prenzlauer Berg.<br />
5. Acne<br />
Münzstr. 23, Berlin-Mitte<br />
Seit ein paar Monaten ist das hippe schwedische Fashionlabel auch<br />
in Berlin vertreten – höchste Zeit, um den Bootcut-Jeans den Garaus<br />
zu machen!<br />
acnejeans.com<br />
6. Filippa K<br />
Alte Schönhauser Str. 11, Berlin-Mitte<br />
Die schwedische Modekönigin bietet in ihrer zweiten deutschen Filiale<br />
schlichtes, klassisches und hochwertiges Design.<br />
filippak.com<br />
7. Galerie Nering + Stern<br />
Auguststr. 83, Berlin-Mitte<br />
Galerie mit Schwerpunkt auf skandinavischer Kunst, die gerade Bilder<br />
von Hugo Rasmussen ausstellt.<br />
neringundstern.com<br />
8. Galerie Atle Gerhardsen<br />
Holzmarktstr. 15-18, Berlin-Mitte<br />
Der Norweger Atle Gerhardsen kam nach dem Mauerfall nach<br />
Berlin und eröffnete seine Galerie, die gerade Werke des Dänen<br />
Jan Christensen gezeigt hat.<br />
atlegerhardsen.com<br />
9. Galerie Nordenhake<br />
Zimmerstr. 88-91, Berlin-Mitte<br />
Nordenhake Berlin wurde im Jahr 2000 als Filiale der gleichnamigen<br />
Galerie in Stockholm eröffnet; zuletzt wurde eine Ausstellung mit<br />
zeitgenössischer schwedischer Kunst gezeigt.<br />
nordenhake.com<br />
10. Galerie Sparwasser HQ<br />
Torstr. 161, Berlin-Mitte<br />
Lise Nelleman, Kuratorin der Galerie Sparwasser HQ, zog es 1992<br />
nach Berlin, um neue Räume für ihr Schaffen zu erobern und seitdem<br />
holt sie regelmäßig nordische Künstler in ihre Galerie.<br />
sparwasserhq.de<br />
11. Galerie Projekt 0047<br />
Tieckstr.10, Berlin-Mitte<br />
Die Galerie Projekt 0047 wurde ursprünglich von zwei Studenten<br />
gegründet und ist eine Plattform für junge norwegische Künstler.<br />
projekt00 7.com<br />
Außerhalb der Karte liegen:<br />
Der Alte Schwede<br />
Knesebeckstr 92, Berlin-Charlottenburg<br />
Erstes und einziges schwedisches Restaurant Berlins mit skandinavischer<br />
Karte und Lebenskultur.<br />
alter-schwede-berlin.de<br />
Munch’s Hus<br />
Bülowstr. 66, Berlin-Schöneberg<br />
Norwegisches Restaurant, das die kulinarische Landschaft Norwegens<br />
unter Aufnahme internationaler Einflüsse präsentiert.<br />
munchshus.de<br />
Goldschmiede Lisa Lotila-Puchert<br />
Mommsenstr 3, Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf<br />
Seit 30 Jahren gestaltet die finnland-schwedische Goldschmiedin<br />
Schmuckstücke aus Gold, Silber, Edelsteinen und Perlen in Berlin<br />
Scandicandy<br />
Reichsstr. 84, Berlin- Charlottenburg/Wilmersdorf<br />
Süßigkeitenladen für alle Exilschweden, die es ohne ihre schwedische<br />
Lakritze nicht aushalten – und auch für alle anderen Schleckermäuler.<br />
scandicandy.de<br />
LOHI<br />
Ferbitzer Weg 34a, Berlin-Staaken (Spandau)<br />
Lohi-Catering bietet zu fairen Preisen und unter Verwendung frischester<br />
Rohwaren allerlei skandinavische Köstlichkeiten für Feiern und<br />
Buffets an.<br />
lohi-catering@web.de<br />
Småland-Express<br />
Gardeschützenweg 65, Berlin-Steglitz<br />
Ein Telefonanruf genügt, und der Småland-Express bringt Schweden-<br />
Fans von seiner monatlichen Tour mit, was das Herz begehrt, sei es<br />
frischer Fisch, die gesalzene Butter oder Wild.<br />
smaland-express.de
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION
0 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Heute so, morgen so!<br />
Skandale, vergessene Königreiche, die Geschichte eines Soldaten, ein hölzerner Prinz: Das alles<br />
können ERI, eine Tanztheatergruppe aus Finnland, in ihren Stücken verkörpern – und beim näch-<br />
sten Mal vielleicht wieder etwas ganz anderes, wie finnische Hits, Träume, Bilder von Enten, Fau-<br />
nen oder Engeln. Aber „eri“ heißt schließlich auch „anders“ oder „verschieden“ auf Finnisch.<br />
„Tanz ist ein Telegramm an die Erde mit der Bitte um<br />
Aufhebung der Schwerkraft.“ Dieses Zitat stammt<br />
von dem Tanzgott Fred Astaire, und wenn es nicht<br />
so schrecklich schwülstig klingen würde, könnte<br />
man es tatsächlich auf die fünfköpfige Tanzthea-<br />
tertruppe ERI aus Finnland übertragen. Eins steht<br />
jedenfalls fest, egal was ERI auf die Beine stellen,<br />
es scheint tatsächlich nicht von dieser Welt zu<br />
sein. Seit 17 Jahren choreografieren, tanzen und<br />
schauspielern Tiina, Oleg, Lassi, Eeva und Alexan-<br />
der schon zusammen und haben in dieser Zeit über<br />
40 Stücke produziert. Sie beschreiben sich selbst<br />
augenzwinkernd als Botschafterin, Gentleman,<br />
Ballettkünstler, Humoristin und den Mann fürs<br />
Grobe und sind überzeugt, dass Tanztheater inzwi-<br />
schen einen großen Einfluss innerhalb verwandter<br />
Kunstformen hat. Die uneingeschränkte Liebe zu<br />
ihrer Arbeit sieht man den Stücken sofort an. Denn<br />
die sind eben meistens anders. Die Bandbreite ihres<br />
Repertoires reicht von politischen bis hin zu unter-<br />
haltenden Stücken, die aber immer beeindrucken,<br />
und das findet man nicht nur zu Hause in Turku,<br />
sondern weltweit, denn ERI sind mit ihren originellen<br />
Aufführungen schon ziemlich weit herumgekommen.<br />
Zum <strong>NORD</strong> Kulturforum macht das Theater einen<br />
Zwischenstopp in Berlin, diesmal in der ufaFabrik.<br />
Das internationale Kulturzentrum verknüpft interna-<br />
tionale und lokale Kunst und Kulturen und fördert<br />
bereits seit über 26 Jahren junge Künstler. Das en-<br />
gagierte Ziel der ufaFabrik lautet, die Lebensqualität<br />
in der Großstadt zu verbessern und verschiedene<br />
gesellschaftliche Bereiche wie Wohnen, Arbeit, Kul-<br />
tur, Kreativität und soziales Leben sinnvoll miteinan-<br />
der zu verbinden. So entstand im Laufe der Zeit ein<br />
europaweit einzigartiges Lebens- und Arbeitspro-<br />
jekt. Das regelmäßige Bühnenprogramm wechselt<br />
zwischen Theater, Weltmusik, Kabarett, Varieté,<br />
Tanz, Comedy, Kleinkunst und Literatur. Die vielfäl-<br />
tige Ausrichtung der ufaFabrik passt also perfekt zu<br />
den abwechslungsreichen Vorstellungen ERIs.<br />
In diesem Jahr präsentieren ERI „Tango & Rituale“,<br />
also einen lateinamerikanischen Tanz und Hand-<br />
lungen, die einem das menschliche Miteinander<br />
erleichtern. Das passt nicht zusammen? Von<br />
wegen – bei diesen Finnen ist alles aus einem Guss,<br />
obwohl „Tango & Rituale“ in der Tat aus zwei ge-<br />
trennten Teilen besteht. Im ersten Teil verhexen ERI<br />
ihr Publikum rituell. Aber im positiven Sinne. Musik<br />
und Tanz bilden eine harmonische Einheit, die Grup-<br />
pe bewegt sich in wiederkehrenden Bewegungen zu<br />
wiederkehrenden Rhythmen auf ein gemeinsames<br />
Ziel zu, unterbrochen von kleinen individuellen Zwi-<br />
schenspielen. Im zweiten Teil des Abends werden<br />
ERI leidenschaftlichen Tango zu finnischen und<br />
argentinischen Melodien zum Besten geben. Wenn<br />
man es mit einem weiteren Zitat versuchen wollte,<br />
könnte man mit den Worten des englischen Schrift-<br />
stellers John Drydens sagen: „Tanzen ist die Poesie<br />
des Fußes.” Denn poetisch sind die Aufführungen<br />
ERIs ohne Zweifel.<br />
eridance.net, ufafabrik.de
Foto: Jari Laurikko<br />
Frischer Wind aus dem Norden<br />
Auf den Spuren der schwedischen Filmgröße Ingmar<br />
Bergman wandelt das Stück „Sonate im Herbst“. Es<br />
ist ein Projekt des „SISUtheaters“, einer Zusammen-<br />
arbeit deutscher und nordischer Schauspieler. Die<br />
Zuschauer werden hier selbst zu Akteuren, denn<br />
sie werden aufgefordert, Gefühle und mögliche<br />
Konflikte innerhalb von Familien selbst aufzuzeigen.<br />
Die Schauspieler greifen diese Familienkonstellati-<br />
onen dann auf, um sie vor der Folie einer nordischen<br />
Familiensaga zu überprüfen, zu übernehmen oder zu<br />
verzerren.<br />
Ein Theaterstück für Kinder präsentiert das „Gru-<br />
somhetens Teater“ aus Oslo. Grusomheten heißt<br />
zwar Grausamkeit, das Stück „Dukkehuset“ („Das<br />
Puppenhaus“) ist aber keineswegs zum Fürchten.<br />
Eher zum Nachdenken. Das ruhige Stück von Øyvind<br />
B. Lyse ist die Adaption eines Buches: Eine Puppe<br />
spielt mit einer Puppe, die mit einer Puppe spielt, und<br />
jede hat ihr eigenes Puppenhaus. Jedes Puppen-<br />
haus hat wiederum eigene Rituale, und langsam<br />
entfaltet sich vor den Augen der kleinen und großen<br />
Zuschauer eine besondere Welt.<br />
Unbändig geht es hingegen beim schwedischen<br />
Performance-Ensemble „Timbre“ aus Stockholm zu,<br />
das aus vier Künstlerinnen besteht. „Timbre“ heißt<br />
auch Klangfarbe, und die Produktion „Normo-Mania“<br />
stellt unter Beweis, wie facettenreich diese im Falle<br />
der Schwedinnen ausfällt. Sie heben die Grenzen<br />
zwischen Musik, Tanz und Schauspiel auf. „Nor-<br />
mo-Mania“ verknüpft verschiedene Erzählstränge<br />
miteinander, die aber alle von den gleichen Themen<br />
handeln: Besessenheit, Scham und Sehnsucht<br />
bilden einen wilden Reigen, gekrönt von schwarzem<br />
Humor. Verhasste Normalität oder empörende Ab-<br />
surdität? Eigentlich das ganz normale Leben.<br />
Am 30. April findet die große <strong>NORD</strong>WIND-Par-<br />
ty statt. Dabei werden skandinavische Kurzfilme<br />
gezeigt, kulinarische Spezialitäten serviert, und<br />
man kann mit den nordischen Gästen ins Gespräch<br />
kommen.<br />
Am weitesten angereist ist das Sámi Teáther aus<br />
Kiruna, der nördlichsten Stadt in Schweden. Sámi<br />
sind die Ureinwohner Nordskandinaviens, die traditi-<br />
onell von der Rentierzucht leben und eine besondere<br />
Gesangsform entwickelt haben, den Jojk. Das Stück<br />
„En jojkpoetisk rapsodi från Sámpi“ von Elisabeth<br />
Heilmann Blind und Lillemor Mauritzdotter Nylen<br />
nimmt diese bedeutende samische Tradition auf. Das<br />
Ensemble bietet seinem Publikum einen poetischen<br />
Abend mit Musik und Textpassagen in samischer<br />
Sprache. Auch wer des Samischen nicht mächtig ist,<br />
wird sofort von der behaglichen Atmosphäre gepackt<br />
– als würde man tatsächlich an einem dunklen<br />
Winterabend mit den Sámi in einer Torfhütte um ein<br />
prasselndes Feuer sitzen und den Geschichten aus<br />
längst vergangenen Tagen lauschen.<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />
Eigentlich schreibt man „Thikwa” (hebräisch für Hoffnung) mit einem Akzent. Das F40-Atelier<br />
Thikwa in Berlin schreibt sich zwar ohne, dafür werden aber umso mehr Akzente im Kulturleben<br />
gesetzt. Und zwar skandinavische. Während des <strong>NORD</strong> Kulturforums bläst auf dieser Bühne der<br />
<strong>NORD</strong>WIND. Unter diesem Motto sind gleich mehrere nordische Theatergruppen zu Gast.<br />
Wer sich noch mehr verzaubern lassen möchte, sollte<br />
auf keinen Fall den Nordischen Märchen-abend mit<br />
Ricarda Ciontos verpassen. Sie wird ihr Publikum mit<br />
auf einen Streifzug durch die nordischen Wälder und<br />
dichtes Gestrüpp nehmen hin zu den Stimmen des<br />
Windes, um schließlich vielleicht auch Trollen und<br />
Elfen zu begegnen. Zurück in die Gegenwart geht es<br />
hingegen mit dem Modern Jazz Quartett „Stiania“,<br />
ein deutsch-dänisches Ensemble, dessen Repertoire<br />
von Duke Ellington bis Bela Bartók reicht.<br />
Wer es lieber klassisch mag, sollte Oskar Ekberg<br />
nicht verpassen. Ein Meister auf dem Klavier aus<br />
Stockholm, der von Barock über Romantik bis zur<br />
Gegenwart alles beherrscht und bei seinem Konzert<br />
einen Schwerpunkt auf schwedische Komponisten<br />
legen wird. Klassiker ganz anderer Art präsentiert<br />
dagegen die deutsch-finnische Band „Kuusimäki“.<br />
Die Band um die Sängerin Katri Kuusimäki nimmt<br />
sich die großen Hits aus Rock, Pop, Punk oder auch<br />
Country ordentlich zur Brust, so dass dabei ganz ei-<br />
gene Versionen entstehen. Denn wer hat schließlich<br />
schon einmal „The show must go on“ oder „Roxanne“<br />
auf Finnisch gehört?<br />
Das <strong>NORD</strong>WIND-Programm finden Sie im<br />
Programmteil ab S. 58<br />
thikwa.de/nordwind
Foto: Stig Krohn Haaland<br />
2 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
The Low Frequency In Stereo<br />
Ende Juni veröffentlicht die norwegische Band „The Low Frequency In Stereo“ mit Wahlheimat Kopen-<br />
hagen ihr drittes Album „The Last Temptation Of…“. Damit werden die Kritikerlieblinge mit Präferenz für<br />
modernen Psychedelic-Rock ihren Status als Geheimtipp wohl endlich ablegen. Laut der norwegischen<br />
Fernsehshow „Lydverket“ nähert sich die Platte der Geniegrenze, hat noch bessere Melodien und mehr<br />
Groove als ihre Vorgänger – es lohnt sich also, mal reinzuhören! lowfrequencyinstereo.com<br />
The Radio Dept.<br />
Eines der größten Musikmagazine<br />
Englands wählte ihr<br />
erstes Album in die Top Ten<br />
des Jahres 2004. Mit ihrer<br />
gerade erschienenen zweiten<br />
Platte „Pet Grief” könnte das<br />
der angeblich besten Band<br />
Schwedens wohl auch wieder<br />
passieren. Denn auch wenn das<br />
neue Werk etwas düsterer und<br />
epischer daherkommt, sind es<br />
doch immer noch unverkennbar<br />
„The Radio Dept.”, die<br />
da im Studio stehen. Schöne,<br />
spröde Popmelodien in elektronisch-grandioser<br />
Verpackung,<br />
ein neuer Klassiker des Stock-<br />
Mårtensson<br />
holmer Kult-Indie-Labels<br />
Henrik<br />
Labrador. labrador.se Foto:<br />
Nomen est omen<br />
0047 ist die Landesvorwahl für Norwegen. So<br />
startete die Galerie „Projekt 0047“ vor zwei Jahren<br />
als Plattform für norwegische Kunst und Kultur. Seit<br />
Elisabeth Byre und Martin Braathen sie als Kuratoren<br />
übernahmen, hat sich die Ausrichtung internationa-<br />
lisiert, und häufig werden in Gruppenausstellungen<br />
viele Künstler gleichzeitig vorgestellt. Bei den<br />
Vernissagen bekommt die Galerie dann schnell mal<br />
Clubcharakter, sagt die Kuratorin und Gelegenheits-<br />
D-Jane Byre. In der nächsten Ausstellung „Domestic<br />
Affairs“, die während des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006<br />
vom 21. April bis zum 13. Mai stattfindet, werden<br />
verschiedene Künstler einen distanzierten Blick auf<br />
die eigenen vier Wände offen legen.<br />
projekt00 7.com<br />
Kulturvermittlung in Kreuzberg<br />
Das Künstlerhaus Bethanien am Kreuzberger Marian-<br />
nenplatz versteht sich als Mittelpunkt der internatio-<br />
nalen Kunstvermittlung im Kiez. Das „Internationale<br />
Atelierprogramm“ ist Teil dieses Engagements – seit<br />
der Gründung des Instituts 1974 haben über 400<br />
Künstler aus 30 Ländern dort gearbeitet. Die moder-<br />
ne Arbeitsphilosophie im Sinne flacher Hierarchien,<br />
von Teamwork und Mitspracherecht kommt dabei<br />
vielen gerade recht. Auch aus den nordischen Län-<br />
dern sind immer wieder Künstlerinnen und Künstler zu<br />
Gast, beispielsweise die Isländerin Erla S. Haralds-<br />
dóttir, die vom 12. bis 28. Mai ihre Fotocollagen im<br />
Künstlerhaus ausstellt oder der schwedische Film-<br />
künstler Jesper Nordahl, dessen Arbeiten vom 4. bis<br />
20. August zu sehen sind. Auch Jannicke Låker aus<br />
Norwegen arbeitet derzeit in Bethanien und wird ihre<br />
Resultate vom 10. bis 26. November präsentieren.<br />
bethanien.de
Foto: Crille Forsberg<br />
Brasilianischer Tanz auf Island<br />
Vom 12. Mai bis 2. Juni findet das isländische “Reykjavik Arts Festival” statt. Es existiert bereits seit 1970 und ist<br />
damit eines der ältesten und auch eines der meist angesehenen Kunst- und Kulturfestivals im Norden Europas. Ziel<br />
ist es, vor allem isländische, aber auch internationale Kultur aus allen Bereichen wie Musik, Theater oder bildender<br />
Kunst zu fördern. Dieses Mal stehen zum Beispiel brasilianischer Tanz, Mitternachtskonzerte und ein großes<br />
Fotohappening in der Stadt auf dem Programm. artfest.is<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Mit Leichtigkeit zum Erfolg<br />
Rechtzeitig zum Frühling präsentiert sich in der schwedischen Hauptstadt<br />
mit „Gram Design“ eine neue Sneakermarke. Benannt sind die Schuhe<br />
jeweils nach ihrem Gewicht, denn laut Gram Design liegen hier alle Variablen<br />
und aller Ausdruck eines Schuhs begründet: Material, Funktionalität,<br />
Konstruktion und Qualität. Das Gewicht spiegelt die Einfachheit der<br />
Schuhe von Gram wider. Die Frühlingskollektion 2006 besteht aus drei<br />
klassisch-eleganten Modellen in leichtem, schönem Denimstoff, jedes Modell<br />
mit seinem eigenen Gewicht und Ausdruck: 311 g, 355 g und 406 g.<br />
gramdesign.se<br />
Aus Musikern werden Schauspieler<br />
Für alle Cardigans-Fans kommt hier eine gute Nachricht: Nina Persson, ihres<br />
Zeichens Sängerin der legendären Malmöer Popband, hat gerade ihr Schau-<br />
spieldebüt in dem schwedischen Film „Om gud vill“ („So Gott will“) gegeben.<br />
Regisseur des Films ist Amir Chamdin, einigen auch als Sänger bei der Hip-Hop-<br />
Band „Infinite Mass“ bekannt, oder als Regisseur einer Vielzahl von Musikvi-<br />
deos für zum Beispiel „The Ark“, „The Hellacopters“ oder Stina Nordenstam. Er<br />
übernimmt Ninas männlichen Gegenpart in diesem langsamen Liebesfilm, der vor<br />
allem durch die sinnlichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen Stockholms besticht. Wann<br />
dieser Film in die deutschen Kinos kommt, ist noch ungewiss, es lohnt sich aber,<br />
die Augen offen zu halten. omgudvill.se<br />
Foto: Signe Vilstrup<br />
Ein großes Festival für einen<br />
großen Norweger<br />
Das Ibsen-Festival des Osloer<br />
Nationaltheaters wird in diesem<br />
Jahr umfassender als je zuvor<br />
sein, und dies aus gutem Grund:<br />
2006 jährt sich der Todestag<br />
des norwegischen Dramatikers<br />
Henrik Ibsen zum 100. Mal. Vom<br />
24. August bis zum 16. September<br />
wird das Nationaltheater auf fünf<br />
verschiedenen Bühnen eigene<br />
Ibsen-Produktionen sowie Gast-<br />
spiele aus allen fünf Kontinenten<br />
präsentieren. Die traditionelle Sicht<br />
auf Ibsens Stücke wird herausge-<br />
fordert, wenn sich das japanische<br />
No-Theater oder die chinesische<br />
Oper mit dem Vater des modernen<br />
Dramas befassen. Ein Grund mehr<br />
also für einen Kurztrip nach Oslo!<br />
ibsenfestivalen.no
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION
48 Stunden Reykjavík<br />
Was für ein Flughafen. Vielleicht der ungewöhnlichste<br />
internationale Flughafen Europas, gelegen am äu-<br />
ßersten Zipfel Islands inmitten einer Mondlandschaft<br />
an der nordatlantischen Küste, hochmodern und<br />
unwirtlich zugleich. Alle in Keflavík (sprich: Keppla-<br />
wiek) ankommenden Passagiere jedweder Natio-<br />
nalität werden mit einem fröhlichen „Velkomin heim<br />
– Willkommen zu Hause!“ begrüßt und gleich in den<br />
Duty-Free-Shop weitergeleitet – die letzte Chance,<br />
zu nicht allzu intergalaktischen Preisen Alkohol und<br />
andere Genussartikel zu erstehen, denn Island gilt<br />
nach Japan als teuerstes Reiseland der Welt.<br />
Noch ahnt man nichts von der gut 45 Kilometer<br />
entfernt liegenden pulsierenden Hauptstadt der Insel:<br />
Reykjavík. Dafür lauert Islands Touristenfalle Nummer<br />
Eins in unmittelbarer Nähe des Flughafens: das<br />
Geothermal-Spa „Blaue Lagune“. Auf der Halbinsel<br />
Reykjanes inmitten von Lavageröll lockt die Lagune<br />
zu völlig übertriebenen Preisen mit einem Bad im<br />
Freien und naturkosmetischen Wundern die scharen-<br />
weise angekarrten Stop-over-Touristen, die auf ihrer<br />
Reise zwischen Europa und Amerika hier vorbeikom-<br />
men. Schade, dass viele nicht mehr Zeit mitbringen,<br />
hat Island doch wesentlich mehr zu bieten als dieses<br />
Riesenplanschbecken, in dem man im Abwasser<br />
eines Geothermalwerkes badet. Und echte Isländer<br />
trifft man hier auch nicht.<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Touristenfallen kennt jeder. Doch wer würde sie in der charmanten Hauptstadt Islands vermuten?<br />
Damit abenteuerlustige Besucher Reykjavíks am Ende nicht nur mit dem Magen voller „Hambor-<br />
gari“ und „Kaffi“ in einer eben solchen landen, sollten sie diesen Text aufmerksam lesen. Denn<br />
auch wer nur zwei Tage dort ist, kann aufregendere Sachen erleben als kulinarische Fehltritte.<br />
Illustration: Clapclap<br />
In Reykjavík hingegen wimmelt es von ihnen – vor<br />
allem des Nachts. Das Nachtleben ist legendär, und<br />
etwas muss ja dran sein, warum sonst würden sich<br />
reihenweise hippe Berliner, New Yorker und Londo-<br />
ner für ein Wochenende in die bekanntermaßen nicht<br />
gerade tropische nördlichste Hauptstadt der Welt<br />
aufmachen? In der Tat: Der Laugavegur, die tagsüber<br />
recht ruhig und gesittet wirkende Hauptstraße<br />
Reykjavíks, wird nachts zur Partymeile, und die 80<br />
Bars reihen sich auf zwei Kilometern dicht aneinan-<br />
der. Groß sind sie alle nicht, so dass sich teils lange<br />
Schlangen vor den Eingängen bilden, die darauf<br />
hindeuten, dass sämtliche 115.000 Reykjavíker auf<br />
der Piste sind und es in der Bar und vor der Theke<br />
auch sehr beengt zugeht. Glücklicherweise sind die<br />
Bars und Clubs so nah beieinander, denn öffentli-<br />
cher Genuss von Alkohol ist in Island verboten. Der<br />
ausgeschenkte ist allerdings sündhaft teuer. Zudem<br />
gilt eine Altersgrenze von 21 Jahren, die die Isländer<br />
durch allerlei Tricks und mit geschmuggelten Geträn-<br />
ken zu umgehen versuchen. Alle Teenies, die draußen<br />
bleiben müssen, verwandeln den engen Laugavegur<br />
freitags und samstags nachts in einen Catwalk, und<br />
Superjeeps, deren Größe nur noch durch die darin<br />
dröhnenden Musikanlagen übertrumpft wird, cruisen<br />
auf und ab. Ob Sommer oder Winter, die Isländer<br />
führen unbeeindruckt ihre neuen Frisuren und
6 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Kleider mit Vergnügen aus und sich selbst Alkohol<br />
zu. Dies geschieht beispielsweise in der „Kaffibarinn“<br />
(Bergstaðastræti 1), dem Originalschauplatz des<br />
Films „101 Reykjavík“ oder im „Sirkus“ (Klapparstígur<br />
30), Björks Stammcafé. Die Schickeria der Stadt trifft<br />
sich eher im „Kaffi Oliver“ (Laugavegur 20) oder dem<br />
„Nasa-Club“ (am Austurvöllur). In den Bars werden<br />
die isländischen Bierbrauversuche „Egils“ und „Thule“<br />
in Massen konsumiert, von alt und jung und Mann<br />
und Frau. Getanzt wird bis zum Morgengrauen oder<br />
Nordlichtflackern, und wenn alles andere schließt,<br />
geht’s ins “Café Viktor” (Hafnarstræti 1-3) oder<br />
„Gaukur á Stöng” (Tryggvagata 22), das auch zu<br />
früher Morgenstunde manchmal noch mit Live-Musik<br />
aufwartet.<br />
Aber auch bei Tag hat Reykjavík so manches zu bie-<br />
ten. Bei gutem Wetter empfiehlt sich als Ausgangs-<br />
punkt eine Panoramarundschau über die bunten<br />
Wellblechdächer der Stadt von der Hallgrímskirkja,<br />
einer monumentalen Betonkirche von umstrittener<br />
Ästhetik, die die gesamte Stadt überragt. Von hier aus<br />
kann Þingholt, das historische Stadtzentrum, erkundet<br />
werden. Bergab geht es den Skólavörðustígur, vorbei<br />
am Stadtgefängnis, das zur Belustigung mancher Is-<br />
länder erstaunliche Ähnlichkeit mit dem isländischen<br />
Parlamentsgebäude neben dem Dom hat. Neben<br />
einigen Standbildern und historischen Häusern aus<br />
dem 18. Jahrhundert lassen sich bei einem Streifzug<br />
durch die Innenstadt auch zahlreiche Galerien,<br />
Designerlabels und Modemacher auftreiben, die von<br />
dem produktiven künstlerischen Schaffen der Isländer<br />
zeugen. Im „Naked Ape“ (Bankastræti 14) finden<br />
sich beispielsweise die neuesten Klamotten, und<br />
eines der letzten Independent Labels in Reykjavík,<br />
„12 Tónar“ (Skólavörðustígur 15), lädt zum Stöbern<br />
in den Platten der schier unerschöpflich scheinenden<br />
isländischen Musikszene ein. Wer möchte, bekommt<br />
dort auch einen „Kaffi“. Den besten Espresso gibt<br />
es jedoch im „Kaffi Mokka“ nebenan, wo es die<br />
erste Espressomaschine Islands gab. Oder ist das<br />
„Kaffibrennslan” (Pósthússtræti 9) nicht ebenso nett,<br />
oder vielleicht das gemütliche „Ömmukaffi” in der<br />
Austurstræti?<br />
Für Erholungsbdürftige gibt es – zumindest bei<br />
gutem Wetter – den kleinen Strand „Ylströndin”, der<br />
hinter dem Stadtflughafen aufgeschüttet ist. Das<br />
Meerwasser ist zum Baden eigentlich zu kalt und<br />
wird daher auf 18 bis 20 Grad erhitzt. Wem das noch<br />
immer zu frisch ist, dem sei der so genannte „heiße<br />
Pott” ans Herz gelegt. Zu finden sind diese Heißwas-<br />
serbecken in jedem Schwimmbad oder auf dem Land<br />
als Inventar vieler Hütten. Sie bieten Hitze nach Maß<br />
zwischen 36 und 44°C, alles an der frischen Luft,<br />
versteht sich! Oder man genießt die Atemlosigkeit im<br />
nach Ammoniak riechenden Dampfbad, vorzugsweise<br />
über natürlichen heißen Quellen.<br />
Bei genügend Zeit kann natürlich auch die vielsei-<br />
tige Umgebung der Hauptstadt erkundet werden.<br />
Ein Klassiker unter den Tagestouren ist hierbei der<br />
„Golden Circle”, auf dem die berühmtesten Sehens-<br />
würdigkeiten Islands liegen. Er führt zum Nationalpark<br />
Þingvellir, der Versammlungsstätte des isländischen<br />
Parlaments bis ins späte 18. Jahrhundert, die nun<br />
zum jährlichen Zelebrationsort des Nationalfeiertags<br />
am 17. Juni geworden ist. Auch geologisch ist der Ort<br />
von Bedeutung, denn hier verläuft die Grenze zwi-<br />
schen zwei Kontinentalplatten. Wo die amerikanische<br />
und die eurasische Platte so weit auseinander driften,<br />
dass sich die Erde spaltet, treten Geysire und der<br />
Wasserfall Gullfoss in Erscheinung, weitere Stationen<br />
des Circles.<br />
Bei so viel Aktivität kann einen schon der Hunger<br />
überkommen, und dann ist guter Rat teuer. Das<br />
Nationalgericht der Isländer ist „Hamborgari“, eines<br />
der wenigen Lehnwörter in der sonst so archaischen<br />
isländischen Sprache. Der „Hamborgari“ lauert an<br />
jeder Ecke und ist im ganzen Land und in allen<br />
Variationen erhältlich. Traditionelle isländische Kost ist<br />
wenig genießbar und im Restaurant für die meisten<br />
nicht bezahlbar. Aber es gibt Hoffnung für den ge-<br />
schundenen Geldbeutel: „Bónus“, der isländische Aldi,<br />
versorgt mit allem Lebensnotwendigen zu halbwegs<br />
menschlichen Preisen – auch wenn die Auswahl eher<br />
bescheiden ausfällt. Aber echte isländische Kartoffeln<br />
und Möhren, im Gewächshaus herangewachsen,<br />
sollte jeder Islandreisende unbedingt einmal verzehrt<br />
haben. Ansonsten lockt an jeder Ecke Fast Food, die<br />
besten Hot Dogs der Stadt gibt es laut Selbstde-<br />
klaration am Kolaportið, dem Reykjaviker Flohmarkt.<br />
Nirgendwo schmeckt die Schafswurst so gut wie dort!<br />
Mit reiner Haut, voller Leber, leerem Magen und<br />
schluchzendem Portemonnaie erscheint der Weg<br />
zurück zum Flughafen nun doppelt lang. Diesmal wird<br />
man vielleicht der Militärbasis der Amerikaner gewahr,<br />
die sich in unmittelbarer Nähe des Flughafens befin-<br />
det. Seit 1941 sind amerikanische Truppen in Island,<br />
heute sind hier noch 1.200 Soldaten stationiert. Nun<br />
hat der Präsident der USA jüngst verkündet, die<br />
Soldaten von der Insel zurückzuziehen, denn seit dem<br />
Ende des Kalten Krieges ist die strategische Bedeu-<br />
tung Islands gleich Null.<br />
Für die Isländer ist diese Entscheidung von enormer<br />
Tragweite, da sie über keine eigene Armee verfügen.<br />
Die NATO hat ihrem Mitglied inzwischen Unterstüt-<br />
zung zugesagt und will die militärische Sicherung der<br />
Insel und ihrer Fischgründe nun teilweise überneh-<br />
men. Eine Umorientierung der isländischen Außenpo-<br />
litik könnte künftig zu einer stärkeren Anlehnung an<br />
Europa führen. Das hätte für die Touristen zumindest<br />
den Vorteil, dass sie außer Burgern vielleicht auch mal<br />
etwas anderes bekommen.
Hard <strong>Revolution</strong><br />
Die Ausstellung „Hard <strong>Revolution</strong>“ hat ihren Aus-<br />
gangspunkt in der Situation der jungen, aufstre-<br />
benden nordischen Kunststudenten, die kurz vor<br />
ihrem Hochschulabschluss stehen und sich dann in<br />
der harten Realität beweisen müssen. „Es geht um<br />
Entscheidungen und Strategien, wie man mit der<br />
neuen und sich wandelnden Situation umgeht“, sagt<br />
Mika Hannula, der an der Akademie der Künste in<br />
Helsinki Professor für Kunst im öffentlichen Raum<br />
ist und die Ausstellung kuratiert.<br />
Die Ausstellung überrascht Berliner und Besucher<br />
der Stadt an einem eher ungewohnten Ort. Sie wird<br />
im Bahnhof Potsdamer Platz mitten im öffentlichen<br />
städtischen Milieu vor dem Eingang zu einer Ein-<br />
kaufspassage gezeigt. Die Kunststudenten haben<br />
sich der Herausforderung gestellt, bestehende<br />
Räumlichkeiten und Konventionen zu verlassen und<br />
neue Orte für kulturelle Kommunikation zu erobern.<br />
„Die Ausstellung versucht, bestimmte Fragen aufzu-<br />
werfen: Was ist der öffentliche Raum? Welche Art<br />
der visuellen Kommunikation ist möglich und sinnvoll<br />
an so einem Ort?“, meint Hannula. Er betrachtet<br />
„Hard <strong>Revolution</strong>“ als eine fantastische Chance,<br />
die Möglichkeiten von zeitgenössischer Kunst im<br />
öffentlichen Raum neu zu überdenken. „Unsere<br />
Aufgabe ist es, diese sehr spezielle Situation, die<br />
wir am Potsdamer Platz vorfinden, zu aktivieren und<br />
die Menschen zu verführen, ihre Umgebung und<br />
ihre Stadt auf eine neue Art wahrzunehmen und<br />
zu reflektieren“, fasst Hannula seine Erwartungen<br />
an die Ausstellung zusammen. Obwohl viele der<br />
Studenten selbst schon längere Zeit in Berlin gelebt<br />
haben, ist es vor allem ihre Distanz zu der Stadt,<br />
die es ihnen ermöglicht, sich unbefangen mit dem<br />
Platz zu beschäftigen, neue Sichtwinkel zu eröffnen<br />
und Verhaltensweisen in Frage zu stellen. Auch die<br />
Tatsache, dass das Projekt in einer Kooperation<br />
zwischen Kunsthochschulen verschiedener Städte<br />
– Kopenhagen, Reykjavík, Göteborg, Helsinki und<br />
Bergen – entstanden ist, eröffnete viel Spielraum<br />
für Diskussionen, unterschiedliche Meinungen und<br />
Werte, was eine vielfältige Bearbeitung des The-<br />
mas mit sich brachte.<br />
Der Fokus der ausgestellten Arbeiten ist die Art<br />
und Weise, wie sich die Menschen an einem Ort<br />
wie dem Potsdamer Platz, der für die meisten<br />
ein reiner Durchgangsbereich ist, bewegen und<br />
verhalten. Die Schwedin Magdalena Rapala zeigt<br />
zum Beispiel einen Film, der direkt am Potsdamer<br />
Platz gedreht wurde und die Frage aufwirft, wohin<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 7<br />
Schon mal von Kunst zu neuen Perspektiven verführt worden? „Hard <strong>Revolution</strong>“, wohl eine der<br />
spannendsten Kunstausstellungen dieses Jahres, hat sich zum Ziel gesetzt, die Passanten am<br />
Potsdamer Platz zu einer neuen Sicht auf ihre Stadt zu inspirieren. Das von den Studenten fünf<br />
nordischer Kunstakademien erarbeitete Projekt setzt sich mit den Veränderungen in Großstädten<br />
und den Parallelen zu persönlichen Transitionsprozessen auseinander.<br />
eigentlich all die Menschen unterwegs sind. Sandra<br />
Trute aus Norwegen will mit einer Klanginstalla-<br />
tion die Passanten darauf aufmerksam machen,<br />
wie ihr Standpunkt im Raum aus der Perspektive<br />
eines anderen Menschen wahrgenommen wird. Der<br />
Isländer Bjarki Bragason, der schon früher in Berlin<br />
ausgestellt hat, befasst sich in seiner Arbeit „Genera<br />
Tor“ mit dem Verhältnis des Potsdamer Platzes zum<br />
angrenzenden Tiergarten, dem Verhältnis zwischen<br />
Natur und bebauter Stadtlandschaft.<br />
Viele der Arbeiten entstehen sehr kurzfristig direkt<br />
am Platz, Performances zum Beispiel, die dann als<br />
Film dokumentiert werden. Auf diese Weise werden<br />
die Menschen am Potsdamer Platz, die ja nachher<br />
auch das Publikum der Ausstellung stellen, zu einem<br />
wichtigen Bestandteil der Kunst und damit auch<br />
des Erfolgs des Projekts. Man darf also gespannt<br />
sein, ob die Kunststudenten aus dem Norden die<br />
richtige künstlerische Sprache finden, mit der sie die<br />
Passanten aus ihrer Routine locken können.<br />
Die Ausstellung „Hard <strong>Revolution</strong>“ wird vom 21. April bis zum 7.<br />
Mai in der Passerelle am Potsdamer Platz gezeigt.
8 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Nordische Kombinationen<br />
Wer mit skandinavischer Mode immer noch folkloristische Rüschenblusen, die Gla-<br />
mouroutfits von ABBA oder Norwegerpullis verbindet, hat definitiv etwas verpasst.<br />
Aber keine Sorge, hier kommt ein nordisches Update in Sachen Style und Mode!<br />
sommerkleid von ivana helsinki (Fi)<br />
www.ivanahelsinki.com<br />
tasche aus Wachstuch von 10-gruppen (se)<br />
www. scandstyle.de<br />
sweatshirt von Wood Wood (dK)<br />
www. woodwood.dk<br />
outfit von Filippa K (se)<br />
filippak.com<br />
sonnenbrillen von Bruuns Bazaar (dK)<br />
www. bruunsbazaar.com
Jeans hug lost von acne Jeans (se)<br />
www. acnejeans.com<br />
Feuchtigkeitscreme und hautöl<br />
von håkansson (se)<br />
www. hakanssonskin.com<br />
röhrenjeans von cheap monday (se)<br />
www. cheapmonday.com<br />
reflektorbrosche von studio sunnuntai (Fi)<br />
www. scandstyle.de<br />
adicolor-sneaker gestaltet<br />
von Wood Wood (dK)<br />
www. woodwood.dk<br />
Pullover von cicatriz (se)<br />
www. cicatriz.se<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
schmuck von snö of sweden (se)<br />
www. snoofsweden.com
60 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
Programm <strong>NORD</strong> Kulturforum<br />
Die Kultur aus den nordischen Ländern vibriert und fasziniert in Berlin. <strong>NORD</strong> sucht nach den neuen Tendenzen, dem modernen Ausdruck, den zukunftswei-<br />
senden Künstlern und der internationalen Energie aus Skandinavien und bringt sie zum zweiten Mal zum <strong>NORD</strong> Kulturforum nach Berlin. Das <strong>NORD</strong> Kulturforum<br />
findet dieses Jahr vom 21. April bis 7. Mai statt. Hier das diesjährige Programm:<br />
Das <strong>NORD</strong> Kulturforum 2006 beginnt am 21.04.2006 um 18 Uhr mit der Vernissage<br />
der Ausstellung „Hard <strong>Revolution</strong>” in der Passerelle am Potsdamer Platz.<br />
16.03.-12.05.2006<br />
„Die singenden Rosen“ – Fotografie aus dem<br />
Norden von Eeva Sumiloff<br />
Finnland-Zentrum<br />
rengas.de/termineberlin1.0.html<br />
26.03.-29.04.2006<br />
„A Complete Guide To Re-writing Your History, 2.“<br />
Galerie Sparwasser<br />
sparwasserhq.de<br />
02.04.-06.05.2006<br />
„Juchzen und Stille“ – Malerei von Hugo<br />
Rasmussen (DK) und Silvia Dzubas,<br />
Bronzeskulpturen von Mateusz Sikora, Polen<br />
Galerie Nering und Stern<br />
neringundstern.com<br />
06.04.-15.05.2006<br />
„Hut im Quadrat” – Ausstellung der schwedischen<br />
Hutkünstlerin Helena Ahonen und der Berliner<br />
Fotografin Heidi Scherm<br />
Felleshus der Nordischen Botschaften<br />
schweden.org<br />
07.04.-15.05.2006<br />
„From the North with Love and Confusion –<br />
Northern Cities Project“<br />
Fotoausstellung mit Atli Mar Hafsteinsson (ISL),<br />
Cato Lauritzen (NO), Alexander Naschekin, Komi<br />
Republik (RUS), Julia Peirone (SE), Jan Pilgaard<br />
(DK), Minna Rainio (FI), Vesa Ranta (FI), Perttu<br />
Saksa (FI), Anna Smirnova, Murmansk Oblast (RUS)<br />
Felleshus der Nordischen Botschaften<br />
nordischebotschaften.org<br />
Foto: Bjarki Bragason<br />
21.04.-13.05.2006<br />
„Domestic Affairs“<br />
Galerie Projekt 0047<br />
projekt0047.com<br />
21.04.-07.05.2006<br />
„Hard <strong>Revolution</strong>“ – Kunstausstellung unter<br />
Beteiligung der fünf nordischen Kunstakademien<br />
Helsinki, Bergen, Göteborg, Reykjavik und<br />
Kopenhagen<br />
Passerelle am Potsdamer Platz<br />
nord.info<br />
21.04.2006 | 18.00<br />
Lesung mit Ketil Bjørnstad (NO) und Kurzkonzert<br />
Dussmann das KulturKaufhaus<br />
kulturkaufhaus.de<br />
21.04.2006 | 19.00<br />
Jewgeni Onegin<br />
Komische Oper Berlin<br />
komische-oper-berlin.de<br />
21.04.2006 | 22.00<br />
Torun Eriksen (NO) – Jazz<br />
Quasimodo<br />
quasimodo.de<br />
21.04.-07.05.2006<br />
„Geheimnisse“ – Kunstprojekt<br />
von Maja Spasova (SE)<br />
Hackesche Höfe<br />
nord.info<br />
21.04.2006 | 22.00<br />
Shorts Attack: Nordisch by Nature –<br />
Skandinavische Kurzfilmhighlights mit<br />
„Kala“ (Fish), FI 2002<br />
„Naturlige Briller“ (Natural Glasses), NO 2001<br />
„Sommarlek“ (Summer Clouds), SE 2004<br />
„Kvinnokraft“ (Girl Power), SE 2004<br />
„Romeo & Juliet“, FI 2002<br />
„Eating Out“, NO 1994<br />
„Telakka“ (Dry Dock), FI 2001<br />
„Music for one apartment and<br />
six drummers“, SE 2001<br />
„Hjemmekamp“ (Home Game), NO 2004<br />
„En förtrollad kväll“ (One magic night), SE 2001<br />
„Valgaften“ (The Election Night), DK 1998<br />
babylon berlin:mitte<br />
babylonberlin.de<br />
21.04.-07.05.2006<br />
„Sound Center“ – finnische Klangmöbel mit<br />
nordischem Musikprogramm<br />
Passerelle am Potsdamer Platz<br />
nord.info
22.04.2006 | 20.30<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
„Sonate im Herbst“, SISUtheater,<br />
nach der Vorstellung Publikumsgespräch<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
22.04.2006 | 20.30<br />
„Hedda Gabler” von Henrik Ibsen<br />
schaubühne am lehniner platz<br />
schaubuehne.de<br />
auch am 23.04.2006 um 20.30, am 24. und<br />
28.04.2006 sowie am 01.05.2006 um 20.00<br />
22.-23.04.2006 | 14.00<br />
Nordische Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme. Im<br />
Rahmen der Ausstellung „From the North with<br />
Love and Confusion“. Zur Verfügung gestellt von<br />
Skábmagovat Filmfestival, Inari/Finnland, Kunst i<br />
Nordland, Bode/Norwegen, Filmpool Nord, Luleå/<br />
Schweden<br />
Auditorium/Felleshus der Nordischen<br />
Botschaften<br />
nordischebotschaften.org<br />
23.04.2006 | 20.00<br />
Der Himmel über Helsinki – musikalischer Abend<br />
Berliner Ensemble<br />
berliner-ensemble.de<br />
23.04.2006 | 20.30<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
„Sonate im Herbst“, SISUtheater<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
24.04.2006 | 19.00<br />
Don Giovanni<br />
Komische Oper Berlin<br />
komische-oper-berlin.de<br />
24.04.2006 | 19.30<br />
„Peer Gynt“ von Henrik Ibsen<br />
Berliner Ensemble<br />
berliner-ensemble.de<br />
24.04.2006 | 20.00<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
Klavierkonzert mit Oskar Ekberg (SE)<br />
Nordische Botschaften<br />
thikwa.de/nordwind<br />
25.04.2006 | 18.15<br />
Vortrag zur Geschichte und Bedeutung des<br />
Friedensnobelpreises, Referent: Geir Lundestad<br />
(NO) In englischer Sprache<br />
Felleshus der Nordischen Botschaften<br />
www2.hu-berlin.de/ni<br />
25.04.2006 | 19.30<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
„Dukkehuset“, Grusomhetens Teater, Oslo (NO)<br />
nach der Vorstellung Publikumsgespräch<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
25.04.2006 | 20.00<br />
Beady Belle – Elektrojazz (NO)<br />
Tränenpalast<br />
traenenpalast.de<br />
25.04.2006 | 20.00<br />
„Nora” von Henrik Ibsen<br />
schaubühne am lehniner platz<br />
schaubuehne.de<br />
auch am 26. und 27.04.2006<br />
26.04.2006 | 19.00<br />
Eeva Sumiloff präsentiert ihre Ausstellung „Die<br />
singenden Rosen“ und berichtet über ihre Kunst<br />
Finnland-Zentrum<br />
rengas.de/termineberlin1.0.html<br />
26.04.2006 | 16.00<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
„Dukkehuset“, Grusomhetens Teater, Oslo (NO)<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
26.04.2006 | 21.00<br />
N-Event mit MoHa (NO)<br />
Ausland<br />
ausland-berlin.de<br />
26.04.2006 | 20.30<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
Nordische Märchen mit Ricarda Ciontos<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
27.04.2006 | 20.30<br />
„In Memoriam?“ – Film von Ómar Ragnarsson (ISL)<br />
Werkstatt der Kulturen<br />
werkstatt-der-kulturen.de<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 61<br />
27.04.-28.05.2006<br />
„Island.Einwegland“ – Fotoausstellung von Fridjófur<br />
Helgason, Jóhann Ísberg, Guldmundur Páll<br />
Ólafsson und Ragnar Axelsson (ISL)<br />
Vernissage am 27.04.2006, 19:00<br />
Werkstatt der Kulturen<br />
werkstatt-der-kulturen.de<br />
27.04.2006 | 20.30<br />
„Normo-Mania“, TIMBRE, Stockholm (SE)<br />
– Performance,<br />
nach der Vorstellung Publikumsgespräch<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
28.04.2006 | 18.00<br />
„World of Solitude“ – Film von Páll Steingrímsson<br />
(ISL)<br />
Werkstatt der Kulturen<br />
werkstatt-der-kulturen.de<br />
28.04.2006 | 20.30<br />
ERI – Tanztheater (FI)<br />
ufaFabrik<br />
ufafabrik.de<br />
28.04.2006 | 20.30<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
„Normo-Mania“, TIMBRE, Stockholm (SE)<br />
– Performance<br />
F40 - Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
28.04.2006 | 22.00<br />
Claes Janson und Johan Leijonhufvud (SE) – Jazz<br />
A-Trane<br />
a-trane.de<br />
28.04.2006 | 17.30<br />
TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary Festival<br />
presents Nordic Docs<br />
„Tintin and I“ von Anders Høgsbro Østergaard<br />
DK 2004, 74 min., englische UT<br />
„My Body“ von Margreth Olin<br />
NO 2002, 25 min., englische UT<br />
babylon berlin:mitte<br />
babylonberlin.de
62 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />
29.04.-30.04.2006 | 14.00<br />
Nordische Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme, zur<br />
Verfügung gestellt von Skábmagovat Filmfestival,<br />
Inari/Finnland, Kunst i Nordland, Bode/Norwegen,<br />
Filmpool Nord, Luleå/Schweden<br />
Auditorium/Felleshus der Nordischen<br />
Botschaften<br />
nordischebotschaften.org<br />
29.04.2006 | 17.30<br />
TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary<br />
Festival presents Nordic Docs<br />
„The Three Rooms of Melancholia“ von Pirjo<br />
Honkasalo<br />
FI 2004, 105 min., englische UT<br />
babylon berlin:mitte<br />
babylonberlin.de<br />
Foto: www.salzgeber.de<br />
29.04.2006 | 20.30<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
„Normo-Mania“, TIMBRE, Stockholm (SE)<br />
– Performance<br />
F40 - Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
29.04.2006 | 20.00<br />
„Klakki“ – Isländischer Folk<br />
Werkstatt der Kulturen<br />
werkstatt-der-kulturen.de<br />
29.04.2006 | 18.00<br />
„Multikulturalität – Die neuen Schweden“<br />
Referenten: Emil Plisch, Sekretär des Komitees<br />
für das multikulturelle Jahr in Schweden, und Tarik<br />
Saleh, Regisseur<br />
Werkstatt der Kulturen<br />
werkstatt-der-kulturen.de<br />
29.04.2006 | 22.00<br />
Claes Janson und Johan Leijonhufvud (SE) – Jazz<br />
A-Trane<br />
a-trane.de<br />
29.04.2006 | 20.30<br />
ERI – Tanztheater (FI)<br />
ufaFabrik<br />
ufafabrik.de<br />
29.04.2006 | 19.00<br />
Don Giovanni<br />
Komische Oper Berlin<br />
komische-oper-berlin.de<br />
29.04.-27.05.2006<br />
„Harmony Sisters“ – Fotoausstellung<br />
mit Esko Männikkö (FI)<br />
Vernissage am 28.04.2006<br />
Galerie Nordenhake<br />
nordenhake.com<br />
Foto: www.folketsbio.se<br />
30.04.2006 | 21.00<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
Nordwindparty mit Kurzfilmen von Interfilm, Musik<br />
und nordischem Essen<br />
F40 - Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
30.04.2006 | 18.00<br />
TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary<br />
Festival presents Nordic Docs<br />
„Gitmo-The New Rules Of War“ von Erik Gandini<br />
und Tarik Saleh<br />
SE 2005, 80 min., englische UT<br />
„Never Like the First Time!“ von Jonas Odell<br />
SE 2006, 15 min., englische UT<br />
Diskussion mit Tarik Saleh, Regisseur von<br />
„Gitmo-The New Rules OF War”<br />
babylon berlin:mitte<br />
babylonberlin.de<br />
01.05.2006 | 20.30<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
„En jojkpoetisk rapsodi“, Sámi Teáhter, Kiruna (SE),<br />
nach der Vorstellung Publikumsgespräch<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
Foto: Moulinsart
01.05.2006 | 17.30<br />
TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary<br />
Festival presents Nordic Docs<br />
„Tintin and I“ von Anders Høgsbro Østergaard<br />
DK 2004, 74 min., englische UT<br />
„My Body“ von Margreth Olin<br />
NO 2002, 25 min., englische UT<br />
babylon berlin:mitte<br />
babylonberlin.de<br />
02.05.2006 | 18.00<br />
Ostseegespräch: „Die ewig Besseren – was<br />
bedeutet der Norden für die deutsche Politik“<br />
Forschungsgruppe Nordeuropäische Politik e.V.<br />
Humboldt-Universität zu Berlin,<br />
Jägerstr. 10/11, Raum 006<br />
www2.hu-berlin.de/for:n/index.html<br />
02.05.2006 | 20.30<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
„En jojkpoetisk rapsodi“, Sámi Teáhter, Kiruna (SE)<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
02.05.2006 | 17.30<br />
TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary<br />
Festival presents Nordic Docs<br />
„The Three Rooms of Melancholia“<br />
von Pirjo Honkasalo<br />
FI 2004, 105 min., englische UT<br />
babylon berlin:mitte<br />
babylonberlin.de<br />
03.05.2006 | 20.00<br />
Lesung mit Hallgrímur Helgason (ISL)<br />
Werkstatt der Kulturen<br />
werkstatt-der-kulturen.de<br />
03.05.06 | 20.30<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
„En jojkpoetisk rapsodi“, Sámi Teáhter, Kiruna (SE)<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
04.05.2006 | 20.00<br />
Peter Weiss-Abend mit Film und Vortrag<br />
(Jens Fietje Dwars)<br />
Literaturforum im Brechthaus<br />
lfbrecht.de<br />
04.05.-05.05.2006 | 22.00<br />
Kooperation mit dem Copenhagen Jazz Festival,<br />
u.a. mit Kaspar Williaume<br />
A-Trane<br />
a-trane.de<br />
Foto: Valerie Stahl von Stromberg<br />
05.05.2006 | 23.30<br />
Nokia Nseries presents <strong>NORD</strong>musik<br />
Mit Who Made Who live (DK), Tomboy (DK),<br />
Kasper Björke (DK), President Bongo (Gus Gus<br />
DJ, ISL), Margeir + Blake feat. Jack Schidt live<br />
(ISL), Sasse aka Freestyleman live / „Made Within<br />
The Upper Stairs Of Heaven” Album Release (FI),<br />
Todd Terje (NO), Coolof (The Knife / SE)<br />
103 Club<br />
103club.de<br />
05.05.2006 | 21.00<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
STIANIA – Modern Jazz (DK/D)<br />
F40 – Atelier Thikwa<br />
thikwa.de/nordwind<br />
06.05.2006 | 23.30<br />
Nokia Nseries presents <strong>NORD</strong>musik<br />
Mit DJ Annie (NO), Filur DJ Set feat. Live vocals<br />
by Josephine Philip (DK), Kiki (FI), Andreas<br />
Tilliander live (SE), Bulgur Brothers live (SE),<br />
Mikael Stavöstrand live (SE), Johan Skugge (SE),<br />
Ulf Eriksson (SE)<br />
103 Club<br />
103club.de<br />
06.05.-10.06.2006<br />
„The Momental“ – Ausstellung mit Events und<br />
Workshops u.a. mit Åsa Ståhl (SE)<br />
Galerie Sparwasser<br />
sparwasserhq.de<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 6<br />
06.05.2006 | 21.00<br />
<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />
Kuusimäki – Berlins schrägste finnisch-deutscheschwedische<br />
Band<br />
HAU 2<br />
thikwa.de/nordwind<br />
07.05.2006 | 20.00<br />
Kari Bremnes – Singer-Songwriterin (NO)<br />
Abschlussveranstaltung <strong>NORD</strong> Kulturforum 2006<br />
Tränenpalast<br />
traenenpalast.de<br />
Das <strong>NORD</strong> Kulturforum stellt die Veranstaltungen<br />
einzelner Veranstalter zusammen. Jeder Veranstalter<br />
ist sowohl inhaltlich als auch in der Durchführung<br />
der Aktivitäten selbst verantwortlich. Die<br />
Angaben in diesem Programm sind daher ohne<br />
Gewähr. Bitte informieren Sie sich direkt beim jeweiligen<br />
Veranstalter über eventuelle Änderungen.<br />
Alle uns bekannten Änderungen finden Sie auch<br />
immer aktuell auf: nord.info
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<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 6
SommerwieSe<br />
im Schlafzimmer?<br />
hochwertige textilpflanzen<br />
für pfiffige<br />
DekorationSiDeen.<br />
www.tropal.De<br />
www.scandstyle.de
Danke schön!<br />
Danke an alle lieben Unterstützer, freiwilligen Helfer,<br />
arbeitswilligen Veranstalter, engagierte Kulturschaf-<br />
fende, inspirierende Künstler, politische Lobby-<br />
isten, geduldige Designer, wortgewandte Autoren,<br />
schlaflosen Mitarbeiter, hilfreichen Mitarbeiter der<br />
Deutschen Bahn und an alle anderen Freunde von<br />
<strong>NORD</strong>. Ihr habt Tolles geleistet! Aber nicht schlapp<br />
machen, schon bald startet das <strong>NORD</strong> Kulturforum<br />
2007! Am 13. Mai 2006 ist Kick Off für die Arbeit<br />
mit dem Programm des nächsten Jahres mit dem<br />
„Polarzoo Festival“ in der Kulturbrauerei. Rock aus<br />
Skandinavien mit Úlpa (ISL), Mon Roe (SE), Kometa<br />
(FI), Joycehotel (DK), The Low Frequency In Stereo<br />
(NO) und Sugarplum Fairy (SE). Wir freuen uns auf<br />
ein Wiedersehen!<br />
polarzoofestival.de<br />
PARTNER UND SPONSOREN DES<br />
<strong>NORD</strong> KULTURFORUMS 2006<br />
PARTNER UND SPONSOREN DER EINZELPROJEKTE<br />
Hard <strong>Revolution</strong>:<br />
Kunsthochschule Helsinki, Kunsthochschule Valand,<br />
Göteborg, Königlich Dänische Kunstakademie Kopenhagen,<br />
Kunsthochschule Bergen, Kunsthochschule Reykjavík<br />
KUNO<br />
<strong>NORD</strong>kultur in der Werkstatt der Kulturen:<br />
Tempo goes Berlin:<br />
<strong>NORD</strong>musik:<br />
<strong>NORD</strong>WIND:<br />
Soundcenter:<br />
Tränenpalast:<br />
Projekt Geheimnisse:<br />
Tanzkompanie ERI:<br />
Fund for the Promotion of Icelandic Literature<br />
<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 67
VASE HÄNGELEUCHTE TEEMU JÄRVI KNIESTRÜMPFE FORMVERKET SILENCE<br />
SOUND CENTER 10-GRUPPEN BÜCHER HAKENSET BLUE LAGOON BULLENS<br />
PILSNERKORV EVA SOLO LAMPEN ISLAND IVANAHELSINKI OUTDOOR<br />
MAGNETISCHER KURZZEITMESSER ACCESSOIRES KISSENBEZUG OFFECCT<br />
DÄNEMARK VOSS WATER ELINA KELTTO GLÄSER DECKE DELUXE BIRKE<br />
SEPPO KOHO PORTEMONNAIE SCHWEDEN SOFA KÜCHE MARI HEINONMÄKI<br />
BLUMENTOPF MÖBEL EERO KOIVISTO SCHALE AKUSTIK-ELEMENT PETRI<br />
VAINIO STUHL TUTTU SILLANPÄÄ TEPPICH VERSO DESIGN BLAUTANNE<br />
JOUKO KÄRKKÄINEN TEEZUBEREITER KUKKA SCHÖNHEIT HÅKANSSON<br />
GRILLZANGE KOSMETIKTASCHE GRILLHANDSCHUH STUDIO SUNNUNTAI<br />
TISCH TASCHE FREDERIK MATTSON DELIKATESSEN LÄTZCHEN NORWEGEN<br />
KEXCHOKLAD ODALOLA BETTDECKENBEZUG BESTECKSET WANDELEMENT<br />
FINNLAND KÜCHENWAAGE SESSEL FATBACK PFLANZENVASE MINERAL<br />
BATH SALTS KULTURTASCHE UNTERSETZER ZUCKER-MILCH SET LICHT<br />
DIE GESTALTEN VERLAG EERO KOIVISTO INNOVATION HEIMTEXTILIEN<br />
GRILLSPIESSE KARAFFE LÖFFEL MESSERMAGNETSET GRILLSPACHTEL<br />
TENEUES ANDERSEN NORTH BY NORTH MUD MASK KINDERSCHÜRZE<br />
WACHSTUCHBEUTEL LAMPEN DECKE KÜCHENWAAGE 10-GRUPPEN<br />
DELIKATESSEN KUKKA EERO KOIVISTO KOSMETIKTASCHE ACCESSOIRES<br />
KISSENBEZUG KÜCHE SCHWEDEN TEEZUBEREITER BLUMENTOPF ISLAND<br />
FORMVERKET KNIESTRÜMPFE KULTURTASCHE DELUXE BIRKE STUHL<br />
BETTDECKENBEZUG AKUSTIK-ELEMENT GRILLHANDSCHUH NORWEGEN MARI<br />
HEINONMÄKI PORTEMONNAIE SCHÖNHEIT KISSENBEZUG MÖBEL PETRI VAINIO<br />
BATH SALTS DELIKATESSEN PFLANZENVASE BLUE LAGOON IVANAHELSINKI<br />
SILENCE SOUND CENTER SEPPO KOHO UNTERSETZER SCHÖNHEIT MARI<br />
HEINONMÄKI DÄNEMARK GLÄSER BESTECKSET ACCESSOIRES BULLENS<br />
PILSNERKORV TUTTU SILLANPÄÄ HAKENSET GETRÄNKE TEPPICH TEEMU<br />
JÄRVI ELINA KELTTO OUTDOOR MARI HEINONMÄKI FREDERIK MATTSON<br />
KÜCHENWAAGE OFFECCT EVA SOLO KUKKA SCHALE ACCESSOIRES SOFA<br />
SCHÖNHEIT KUKKA JOUKO KÄRKKÄINEN AKUSTIK-ELEMENT 10-GRUPPEN MUD<br />
MASK KEXCHOKLAD HÅKANSSON GRILLHANDSCHUH VOSS WATER GLÄSER<br />
KARAFFE MAGNETISCHER KURZZEITMESSER LICHT JOUKO KÄRKKÄINEN<br />
TEEZUBEREITER WACHSTUCHBEUTEL KOHO KÜCHENWAAGE KISSENBEZUG
LIFEIN<br />
AVIAN<br />
SCAND<br />
STYLE<br />
SKANDINAVISCHE LIFESTYLEPRODUKTE<br />
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