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Popelfen Untergrund Hering Körperfixiert Revolution - NORD

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<strong>Hering</strong><br />

Betonklötze<br />

<strong>Untergrund</strong><br />

Kaff<br />

Körperfi xiert<br />

Therapeutisches<br />

Potenzial<br />

<strong>Revolution</strong><br />

<strong>Popelfen</strong><br />

Vorurteilsfrei<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

WWW.<strong>NORD</strong>.INFO<br />

Urban Refl exion<br />

Programm <strong>NORD</strong> Kulturforum 2006<br />

21. April bis 7. Mai<br />

Film Style Kunst Musik Theater Tanz Debatte Form<br />

Schweden Island Dänemark Norwegen Finnland


<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

life<br />

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Die alltägliche <strong>Revolution</strong><br />

Unsere Welt verändert sich jeden Tag, und auch morgen wird alles schon wieder ganz anders sein. Das <strong>NORD</strong><br />

Kulturforum macht mit seinem Programm zum zweiten Mal eine Momentaufnahme der skandinavischen<br />

Wirklichkeit und präsentiert Kultur aus dem Hier und Jetzt der nordischen Länder Island, Schweden, Finnland,<br />

Dänemark und Norwegen.<br />

Das Thema des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006 ist „Urban Reflexion“. Möglichkeiten zum Sinnieren über die The-<br />

men der Großstädte und ihre stete Veränderung finden Sie vom 21. April bis zum 7. Mai in ganz Berlin: Sei es<br />

auf der Kunstausstellung „Hard <strong>Revolution</strong>“ in der Passerelle am Potsdamer Platz, bei einem skandinavischen<br />

Dokumentarfilmabend im Kino Babylon Mitte oder beim nordischen Clubwochenende im 103 Club.<br />

Mehr zu diesen und weiteren Veranstaltungen finden Sie ab S. 58 im Programmteil dieses <strong>NORD</strong> Magazins.<br />

Auch im redaktionellen Teil spielen Städte eine große Rolle: Wir haben verschiedenste nordische und Berliner<br />

Kulturakteure um Kommentare zum Thema Urbanität gebeten. Als Ergebnis präsentieren wir Ihnen eine span-<br />

nende Reise durch die nordischen Großstädte mit revolutionären, aber auch ganz braven Gedanken – denn<br />

wer kann schon beurteilen, welche Visionen die Welt von morgen verändern?<br />

Ralf Gion Fröhlich, Chefredakteur<br />

Auf unserer Website www.nord.info können Sie sich über Programm-Updates informieren oder auch gleich den <strong>NORD</strong> Newsletter<br />

abonnieren, der Sie über die einzelnen Events des <strong>NORD</strong> Kulturforums auf dem Laufenden hält.<br />

Impressum<br />

Herausgeber: Hesselbom Berlin GmbH, Stralauer Platz 34, 10243 Berlin,<br />

Tel: +49 30 520 00 57 90, Fax: +49 30 520 00 57 99, Mail: info@nord.info, www.nord.info<br />

Chefredakteur und V.i.S.d.P: Ralf Gion Fröhlich Art Director: Björn Lundevall Produktionsleitung: Reyk Will Redaktion: Helena Tepponen, Ines Neukirchner, Lucie Schibel,<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Cornelia Blome, Anna Klodt, Ellen Kaufmann, Carolin Schrötter, Patrick Pfeil, Antje Jochmann Chefin vom Dienst: Lucie Schibel Anzeigen: Ines Neukirchner Titelbild: Regina Schmidt (Foto),<br />

Alex Malecki (Fotoassistenz), Katrin Siwulla/deebeephunky.de (Model), Marcus Aland (Styling&Fashion), Jazz Mang/Basics (Hair&MakeUp) Website: Björn Lundevall, Frank Keller, Patrick Pfeil<br />

Korrektorat: Silvia Richter, mediamondi Danke an alle Veranstalter, die mit Pressetexten, Artikeln und Bildern beigetragen haben. Druck: sachsendruck GmbH, Plauen.<br />

Cover gedruckt auf Arctic the Volume 250g/m² von Arctic Paper. www.arcticpaper.com


6 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Inhalt<br />

6 Urban Reflexion 8 Von <strong>Hering</strong> zu Latte Macchiato 10 Von der Provinz ins Fashionbiz 12 Moneybrother, Freiheit und IKEA 14 Västra Hamnen in Malmö –<br />

Intelligente Stadtplanung leichtgemacht? 17 Vom Betonvorort ins Szeneviertel 20 Papa bleibt zu Hause – Der norwegische Botschaftsrat für Presse und Kultur<br />

im Gespräch 22 Fußball ist unser Leben 26 Willkommen in der „Wirklichkeit“ – Nordischer Dokumentarfilm 27 Tempo goes Berlin 29 Nordischer Klang 30<br />

Nordische elektronische Musik von A-Z 36 Stadt – Land – Musik: Ein Interview mit Kari Bremnes 38 Campingurlaub mal anders 42 Bleed for the <strong>Revolution</strong><br />

– Die norwegische Kommunikationsagentur Bleed 44 Die Welt als Laufsteg – Wie Kleidung unser Leben bestimmt 45 Die Musterrevolutionäre 46 Das Beste<br />

vom Norden – Shoppingtipps in Berlin 49 Frischer Wind aus dem Norden 52 8 Stunden Reykjavík 58 Programm <strong>NORD</strong> Kulturforum 2006


© Johan Markusson<br />

Ein Mann ohne Sprache<br />

ist wie ein Kamel ohne Höcker.<br />

Das Kultbuch einer Generation.<br />

Der Teenager Halim aus Stockholm, ein arabi-<br />

scher Schwede, ein schwedischer Araber, führt<br />

Tagebuch in seiner eigenen, rebellisch kreativen<br />

Sprache – hinreißend, witzig, melancholisch.<br />

»Das Kamel ohne Höcker«, Entwicklungsroman<br />

und Überraschungsbestseller aus Schweden,<br />

wurde zum Kultbuch einer ganzen Generation.<br />

Aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann.<br />

272 Seiten. € 18.90<br />

<strong>NORD</strong>ISKA


8 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

URBAN REFLEXION<br />

Die Großstadt und ihre Menschen sind das Thema des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006. Was<br />

ist eigentlich eine Großstadt? Wie klein kann eine Metropole sein und wie groß ein lang-<br />

weiliges Kaff? Oder ist es gar nicht die Größe? Ist Reykjavik, die vibrierende Haupt-<br />

stadt Islands mit ihren 100.000 Einwohnern eine Metropole? Oder ist Berlin die einzige<br />

wirkliche Metropole der nordischen Länder, weil nirgendwo anders das skandinavische<br />

Kunstschaffen so aktiv ist wie hier? Welche Probleme und Perspektiven haben Städte in<br />

Deutschland und Skandinavien gemeinsam? Was sind die Insiderplätze in Kopenhagen?<br />

Wie findet Urbanität ihren Ausdruck im kreativen Milieu Stockholms? Wieso ziehen<br />

viele Skandinavier doch Berlin als Wohnort vor? Was denken die Berliner über den Nor-<br />

den? Kann die Stadt eigentlich ohne das Land existieren?<br />

Wir haben an den verschiedensten Orten Skandinaviens und in Berlin nach urbanen<br />

Eindrücken gefragt. Schriftsteller, Musiker, Künstler, Grafiker und Fotografen haben uns<br />

ihre persönlichen Antworten und Eindrücke gegeben oder manchmal auch einfach neue<br />

Fragen gestellt. Die nächsten Seiten stehen ganz im Zeichen der Urbanität!<br />

SYRUP Helsinki<br />

„Work or go home!“ ist das Motto von Antti Hinkula und Teemu Suviala, den zwei<br />

kreativen Köpfen hinter der finnischen Kommunikationsagentur Syrup Helsinki.<br />

Zuletzt beim Helsinki Design Forum 2005 mit dem Preis „Young Designers of the<br />

Year“ ausgezeichnet, beeindrucken die Finnen mit ihrer Vorliebe für spielerisches<br />

und erfindungsreiches Grafikdesign. Die Kunden von Syrup Helsinki sind vor allem<br />

im kulturellen Sektor, in der Modebranche und Unterhaltungsindustrie zu finden;<br />

Namen wie Toyota, Sony und Nokia stehen neben Amnesty International, Vice<br />

Magazine und Finnish National Theatre.<br />

syruphelsinki.com


<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION


10 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Von <strong>Hering</strong> zu Latte Macchiato<br />

Der Sound des Kaizers Orchestra mit seinen rockigen Hymnen, vermischt mit Polka und orientali-<br />

schen Melodien, ist längst nicht mehr nur in Norwegen heiß begehrt. Trotzdem spielt der Gitarrist<br />

Geir Zahl mit seinen fünf Bandkollegen weiterhin munter an allen Ecken und Enden seines Hei-<br />

matlandes und ist deswegen geradezu prädestiniert, uns ein paar Einblicke in die Eigenheiten der<br />

norwegischen Urbanität zu geben.<br />

Ihr habt im Jahr 2001 ungefähr 150 Konzerte<br />

gegeben – und zwar alle in Norwegen, einem<br />

Land, das eher dünn besiedelt ist. Was kannst<br />

Du uns über die norwegische Urbanität sagen?<br />

Gibt es so etwas?<br />

Nein, nicht entsprechend europäischer Standards. In<br />

der Vergangenheit waren die Norweger ein introver-<br />

tiertes und armes Volk, das <strong>Hering</strong> und Kartoffeln<br />

gegessen und hart gearbeitet hat. Sie lebten in sehr<br />

kleinen Dörfern und kümmerten sich um ihre eige-<br />

nen Angelegenheiten. Als wir in den 1970ern reich<br />

wurden, hatten wir das Geld, behielten aber die glei-<br />

che einfache Mentalität, die uns am vertrautesten<br />

war. Schrittweise entwickelte sich in den 1990ern<br />

die Urbanisierung der Städte. Cafés und komische<br />

Kaffeegetränke mit italienischen Namen tauchten<br />

plötzlich auf, und es wurde immer normaler, Leute<br />

auch außerhalb der traditionellen Lebensbereiche<br />

zu treffen. Dennoch sind solche urbanen Tendenzen<br />

immer noch sehr jung in Norwegen. Meine Eltern<br />

finden es total verrückt, dass ich zum Essen in ein<br />

Restaurant gehe oder in einem Café drei Euro für<br />

eine Tasse Kaffee bezahle.<br />

Spielt Ihr vor allem in größeren Städten wie<br />

Oslo oder Bergen, oder ist das Verlangen nach<br />

Kultur auch in den kleineren norwegischen<br />

Städten groß?<br />

Viele junge Norweger ziehen irgendwann wegen der<br />

Ausbildung oder des Jobs in eine Stadt – oder auch<br />

einfach nur, um mal etwas anderes auszuprobieren,<br />

so dass man sagen kann, dass wir für das ganze<br />

Land spielen, wenn wir zum Beispiel im „Rocke-<br />

feller“ in Oslo einen Auftritt haben. Die Sache ist,<br />

dass Du sehr bekannt sein musst, um in kleineren<br />

Orten ein Publikum anzulocken. Du musst häufig in<br />

den Zeitungen stehen oder solche Musik spielen,<br />

zu der auch Deine Eltern tanzen können, ansonsten<br />

hast Du ziemlich schlechte Chancen. Trotzdem sind<br />

wir durch das ganze Land getourt und haben uns<br />

so mit viel Arbeit unseren Weg gebahnt und immer<br />

mehr Publikum bekommen. Außerdem hat uns eine<br />

gewisse Medienaufmerksamkeit geholfen, auch in<br />

dünn besiedelten Gegenden ein Publikum anzuzie-<br />

hen. Aber für die meisten Bands, auch norwegische,<br />

besteht eine Norwegen-Tour aus vier oder fünf Gigs.<br />

Die Neugierde für neue Sachen hört außerhalb<br />

dieser fünf Städte auf.<br />

Was ist der Unterschied zwischen einem Auftritt<br />

in einem kleinen norwegischen Fischerdorf<br />

und einem Gig in einem Club wie der „Maria am<br />

Ufer“ in Berlin?<br />

Zuallererst der technische Standard. Einer der<br />

Vorteile davon, eine reiche Ölnation zu sein, ist, dass<br />

der Standard von Musikanlagen, Belüftungssyste-<br />

men und anderer Technik sehr hoch ist. Manchmal<br />

kann es ganz schön nerven, wenn man in einer<br />

Gesellschaft lebt, in der alles qualitätsgeprüft und<br />

abgesichert ist, aber irgendwie haben wir genau das<br />

vermisst, als wir das letzte Mal in Berlin in einem<br />

total überfüllten Club spielten. Wir haben so lange<br />

gespielt, bis unser Sänger Janove nach einer Stunde<br />

ohnmächtig geworden ist. So etwas würde in Nor-<br />

wegen nie passieren, weil es dort strenge Gesetze<br />

gibt, wie viele Leute Du in Clubs reinlassen darfst;<br />

aber es ist gut für uns, auch mal ein bisschen von<br />

der echten Welt da draußen mitzubekommen.<br />

Welche europäische Stadt mögt Ihr am<br />

liebsten?<br />

Berlin ist ein großer Favorit, zusammen mit Ham-<br />

burg. Aber wenn wir nette Leute treffen und gute<br />

Shows spielen, dann haben wir in einem Ort wie<br />

Mo i Rana am Polarkreis ebenso viel Spaß wie in<br />

Amsterdam.<br />

Anfang April veröffentlichten Kaizers Orchestra ihre erste Live-<br />

DVD und -CD „Viva La Vega“, die im „Vega“ in Kopenhagen bei<br />

einem Gig vor 1300 wilden Fans aufgenommen wurde.<br />

kaizers.no


Yokoland<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 11<br />

Yokoland wird von den zwei norwegischen Designern Aslak Gurholt Rønsen und Espen Friberg bewohnt, die schon seit ihrem sechzehnten Lebensjahr gemeinsam an Projekten arbeiten.<br />

Ihr Design ist poetisch und humorvoll und erforscht mit verblüffendem Effekt immer wieder neue grafische Wege. Im Berliner Verlag „Die Gestalten“ ist im Februar ein Buch über das<br />

norwegische Designduo erschienen, das seine besten Arbeiten präsentiert, die in Deutschland übrigens noch relativ unbekannt sind. Einen Grund dafür fasst der Slogan von Metronomicon<br />

Audio, Yokolands eigenem Plattenlabel, zusammen: „We’re so underground that we’re almost in China!“ yokoland.com


12 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Von der Provinz ins Fashionbiz<br />

Der dänische Designer Henrik Vibskov ist ein kre-<br />

atives Talent auf vielen Gebieten. Neben Film und<br />

Musik sind es vor allem seine Modekollektionen,<br />

die ihn außerhalb Dänemarks bekannt gemacht<br />

haben. Henrik hat seine Arbeiten schon in vielen<br />

internationalen Magazinen und auf Ausstellungen<br />

präsentiert, und wir sind froh, nicht nur einen Aus-<br />

schnitt seines Schaffens zu zeigen, sondern auch<br />

einen persönlichen Einblick in Henriks Dänemark<br />

gewähren zu können.<br />

Henrik, Du schreibst auf Deiner Website, dass<br />

Du in Jütland mitten auf dem Land aufgewach-<br />

sen bist. Das klingt, als hätte dieser Umstand<br />

einen ganz besonderen Einfluss auf Deine<br />

kreative Entwicklung gehabt – oder irre ich<br />

mich da total?<br />

Nein, da hast Du völlig Recht. Auf dem Land groß<br />

zu werden hatte sehr großen Einfluss auf mich. Ich<br />

komme aus einer sehr ruhigen Gegend mit sehr<br />

ruhigen Menschen, und das hat mich selbst zu ei-<br />

ner ruhigen Person mit einer gelassenen Arbeits-<br />

weise gemacht. Jetzt, wo ich ein viel beschäftigter<br />

und sehr großstadtorientierter Typ im Fashionbiz<br />

bin, genieße ich es, mir Auszeiten auf dem Lande<br />

zu nehmen und etwas Distanz zu all dem Trubel zu<br />

kriegen.<br />

Meiner Erfahrung nach gibt es einen starken<br />

Gegensatz zwischen Dänemarks ländlicher<br />

Bevölkerung und den Bewohnern der dä-<br />

nischen Hauptstadt Kopenhagen, ein Gegen-<br />

satz, der sich zum Beispiel in der politischen<br />

Einstellung oder im Lifestyle ausdrückt.<br />

Findest Du das auch und siehst Du hier einen<br />

Unterschied zu anderen Ländern?<br />

Im Grunde genommen ist das Verhältnis Kopen-<br />

hagens zu Dänemark nicht viel anders als das<br />

zwischen den großen Städten und ländlichen Ge-<br />

bieten in anderen Ländern, finde ich. Zum Beispiel<br />

sind die Leute in Hauptstädten oder überhaupt in<br />

großen Städten aufgeschlossener, vorurteilsfreier<br />

und widersprüchlicher als Leute, die auf einem<br />

Bauernhof arbeiten. Aber weißt Du, Kopenhagen,<br />

wo ich jetzt wohne, kann man kaum als Großstadt<br />

bezeichnen, das ist immer noch ein Dorf im Ver-<br />

gleich zu London, wo ich einige Jahre gelebt habe.<br />

Und die Kontraste zum Land sind vielleicht gerade<br />

deswegen hier nicht sehr groß.<br />

Welche Stationen sind bei einem Besuch in<br />

Kopenhagen ein absolutes Muss?<br />

Das „Bellahøj Badet”, ein Freibad, das allerdings<br />

nur im Sommer geöffnet ist. Sehr schöne Archi-<br />

tektur, irgendwie nicht aus dieser Zeit. Im „Statens<br />

Museum for Kunst” veranstaltet „Lækker Lytter”<br />

(eine Kopenhagener Truppe, die Musikevents<br />

im öffentlichen Raum organisiert) jeden ersten<br />

Mittwochnachmittag im Monat eine schöne Chill-<br />

Out-Lounge. Sehr empfehlenswert! Die Carlsberg-<br />

Brauerei bietet mehrmals am Tag eine Führung an,<br />

mit anschließendem Freibier inklusive. Die meisten<br />

Touristen bereuen es nicht, an dieser Führung<br />

teilgenommen zu haben.<br />

henrikvibskov.com<br />

Foto: Shoji Fujii


Erla S. Haraldsdóttir<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />

Seit fünf Jahren beschäftigt sich die isländische Künstlerin Erla S. Haraldsdóttir in ihren fotografischen Werken mit der Transformation ihrer Umwelt, um damit die Wahrnehmung<br />

des Publikums zu erschüttern und es dazu zu bringen, die eventuelle Möglichkeit einer alternativen Realität zu reflektieren. Akureyri ist mit 16.000 Einwohnern Islands zweitgrößte<br />

Stadt, mit einer sehr homogenen Bevölkerung. Wie reagiert das Publikum auf eine drastische Veränderung der gewohnten Umgebung, zum Beispiel auf die Erweiterung von Akureyris<br />

Stadtbild um die Emsigkeit und Multikulturalität einer Großstadt? Wie nimmt der Zuschauer die Konfrontation mit solch flüchtigen Themen wie Toleranz gegenüber dem anderen<br />

auf? haraldsdottir.com<br />

Capital of the North, Erla S. Haraldsdóttir und Bo Melin


1 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Rita, 22, studiert Landschaftsarchitektur<br />

Effizienz<br />

Dunkle, kurze Tage<br />

Eis<br />

Moneybrother,<br />

Freiheit und<br />

IKEA<br />

Wir haben uns auf die Straßen Berlins begeben<br />

und in einer kleinen Befragung die Themen,<br />

Namen und Assoziationen herausgefunden, die<br />

die Berlinerinnen und Berliner mit dem Begriff<br />

„Norden“ verbinden.<br />

Foto: Bärstern<br />

Karin, 28, Juniorberaterin<br />

Sauber<br />

Fische<br />

Sibelius<br />

Miriam, 22, Redakteurin<br />

Moneybrother<br />

Pippi Langstrumpf<br />

IKEA<br />

Carsten, 35, Produktmanager<br />

Kristofer Åström<br />

Design<br />

Yorck, 28, Praktikant<br />

Schwedenpunk<br />

Smørrebrød<br />

Burning Heart Records<br />

Lukas Moodysson<br />

Sebastian, 28, Aufnahmeleiter beim Film<br />

Freiheit<br />

Looptroop<br />

Åre<br />

Silke, 35, Lehrerin<br />

Biathlon<br />

Telemark<br />

Waffeln<br />

Verena, 20, Praktikantin<br />

Innovativ<br />

Umweltschutz<br />

Wildnis


Renn – sonst glauben<br />

sie, dass du<br />

vom Land kommst!<br />

Gerade entfacht in Deutsch-<br />

land die Diskussion über die<br />

Zukunftsfähigkeit vieler Regi-<br />

onen. Es sieht dunkel aus für<br />

weite Teile des Landes! Oder<br />

doch nicht? Der Schwede<br />

Tomas Eriksson beschäftigt<br />

sich gemeinsam mit zwei nor-<br />

wegischen Künstlern im Pro-<br />

jekt „Håkki“ mit den Auswir-<br />

kungen der Globalisierung auf<br />

die ländlichen Gebiete Schwe-<br />

dens. Für uns berichtet er<br />

anhand des Beispiels seines<br />

Heimatortes Ljungaverk vom<br />

Schicksal der schwedischen<br />

Provinz. Und von deren Per-<br />

spektiven.<br />

In der heutigen Gesellschaft gibt es viele kleine<br />

und für ein nicht trainiertes Ohr kaum hörbare<br />

Anzeichen dafür, dass es nicht so hoch angesehen<br />

ist, wenn man auf dem Lande wohnt. Nimm zum<br />

Beispiel einen Wetterbericht. Malmö, Göteborg<br />

und Stockholm kriegen eine sehr eingehende<br />

und präzise Prognose, wohingegen ganz Norrland<br />

(immerhin zwei Drittel des Landes) wie eine<br />

einzige große Stadt zusammengefasst wird. Ein<br />

anderes Beispiel ist der schwedische Fernsehsender<br />

Z-TV, der vor ein paar Jahren ein Programm<br />

mit dem Titel „Sommerstadt Gotland” zeigte. Ein<br />

falscher und blödsinniger Titel – Gotland ist eine<br />

3.140 km² große Insel und keine Stadt. Noch ein<br />

Beispiel: Die Biermarke „Norrlandsguld” arbeitet<br />

mit einem Image, das auf dem Klischeebild des<br />

schweigsamen und ein wenig einfältigen Typen<br />

vom Lande basiert.<br />

Mit Globalisierungsproblemen wird an verschiedensten<br />

Orten gekämpft. In Schweden belasten<br />

Einsparungen und stillgelegte Industrien Großteile<br />

des Landes. Verschlechterte öffentliche Verkehrsanbindungen<br />

und steigende Benzinpreise sind<br />

eine schmerzhafte Kombination für Menschen, die<br />

täglich lange Strecken pendeln müssen. Im kleinen<br />

Ljungaverk wurden 80 Arbeitsplätze gestrichen,<br />

als Dygna Nitrogen 2001 seine Pforten schloss.<br />

Wenn viele Menschen um die fünfzig nicht mehr<br />

in der Lage sind, einen neuen Job zu kriegen, ist<br />

das ungeheuer belastend für eine kleine Ortschaft.<br />

Auch Subunternehmer und Restaurants, das heißt<br />

eigentlich alle Betriebsamkeit in der Gegend, sind<br />

betroffen. Der Glaube an die Zukunft wackelt, und<br />

als Jugendlicher bleibt man allein zurück in seinem<br />

Zimmer mit der Fernbedienung in der Hand. MTV<br />

Grind zeigt, wie verdammt living large es in Kalifornien<br />

ist, wenn Leute zwischen 19 und 21 eine<br />

coole Zeit haben.<br />

Mein Freund Roddy Buchanan aus Glasgow erzählte<br />

mir, dass seine Mutter bei Besuchen in der Stadt<br />

immer schrie: „Renn, sonst glauben sie, dass du<br />

vom Land bist!”, sobald das grüne Ampelmännchen<br />

vom roten abgewechselt wurde. Dieses Zitat beinhaltet<br />

ein zweites Problem der Globalisierung. Unbewusst<br />

weiss man, dass es nicht so gut ist, offen<br />

zu zeigen, dass man vom Lande ist. Als Jugendlicher<br />

habe ich auf die Frage, woher ich komme,<br />

immer Sundsvall geantwortet. Das hat irgendwie<br />

mehr hergemacht als Ljungaverk. Denn was hatte<br />

ich schon zu bieten? Ein Bengel vom Lande mit<br />

Moped und Kompetenzen im Hechte angeln?<br />

Aber dann passierte etwas. Ich fand einen<br />

Ausweg. Kunst wurde mein Attribut. Ich hatte<br />

lange darüber nachgedacht, was ich mit all den<br />

Fragen, aller Frustration, aber auch mit der Freude<br />

machen sollte, die ich während meines Erwachsenwerdens<br />

gesammelt hatte. Durch die Kunst<br />

konnte ich gesellschaftliche Fragen bearbeiten<br />

und dabei sogar mein Angelwissen und auch die<br />

Mopederfahrungen einbringen. Während meiner<br />

Jugend dachte ich, dass es schlecht ist, Freunde<br />

in anderen Altersstufen zu haben. Ich guckte MTV<br />

und las Zeitschriften über Promiparties und Stars<br />

in der Stockholmer „Spybar”. Das war „normal“. Als<br />

mein damals zwölfjähriger Kumpel Greger sich<br />

eine Thermoskanne und einen Campingkocher zu<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />

Weihnachten wünschte, kapierte ich gar nix. Als<br />

der alte Dahl mit 77 Jahren sagte, dass es ihm<br />

früher besser gefallen hätte, weil er da Schwanz<br />

für sieben Häute hatte, während er heute Haut für<br />

sieben Schwänze hat, kapierte ich noch weniger.<br />

Aber am allerwenigsten verstand ich, warum manche<br />

Schüler freiwillig das Jägerexamen machten,<br />

wenn man doch stattdessen Sport wählen konnte.<br />

All diese Informationen und noch unendlich viel<br />

mehr kann ich heute als Künstler benutzen, um<br />

das schiefe Bild der Medien auf die Globalisierung<br />

zu untersuchen.<br />

Schwedens ländliche Gebiete exportieren Tausende<br />

von Jugendlichen in unsere größten Städte.<br />

Fast alle Talente in allen denkbaren Bereichen<br />

werden einkassiert und lassen ein verwaistes<br />

Fundament zurück. Dennoch sägen die ländlichen<br />

Kommunen an dem Ast, auf dem sie sitzen, wenn<br />

sie versuchen, diesen Export zu stoppen. Wir<br />

haben in mehreren kleinen Orten in unserem Land<br />

Schwierigkeiten aufgrund mangelnder Kompetenzen.<br />

Das große Problem sind unausgebildete<br />

Menschen auf wichtigen Positionen. Es ist ein Unterschied,<br />

wenn ich mein Heimatdorf verlasse, weil<br />

ich ständig das Mantra höre, dass man in diesem<br />

Kaff eh nix werden kann, oder weil ich gehe, weil<br />

die Designausbildung, die ich machen will, dort<br />

nicht angeboten wird. Die Großstädte ihrerseits<br />

müssen erkennen, welcher Aktivposten die jungen<br />

Menschen aus ländlichen Gebieten sind.<br />

Ich erinnere mich an das Zitat des dänischen<br />

Künstlers Bjarne Melgaards: „I’m not a piece of<br />

shit, I’m a piece of society.” In einer ähnlichen<br />

Situation kann man sich als junger Mensch auf<br />

dem Lande wiederfinden. Es ist die Verantwortung<br />

der ganzen Gesellschaft, der Abwandernden sowie<br />

der Hinzuziehenden, der Jungen und der Alten,<br />

dass sich eine andere Einstellung gegenüber dem<br />

Lande durchsetzt. Lasst uns einfach wissen, dass<br />

wir eine Ressource sind und dass wir an diesem<br />

Ort zu etwas taugen!<br />

Vom 16. bis 21. Mai präsentiert die Berliner Galerie „Projekt<br />

0047“ während des Designmais das Projekt Håkki. Die Künstler<br />

Björn Kowalski und Mats Stenslet haben die T-Shirt-Marke<br />

„Håkki“ gegründet, um mit dem Erlös ihrer Kollektionen lokale<br />

Projekte im schwedischen Örtchen Ljungaverk zu unterstützen,<br />

das nach Schließung der Industrie unter Arbeitslosigkeit und<br />

Abwanderung leidet. Die Norweger möchten neue Arbeitsplätze<br />

schaffen und versuchen, ein Gefühl des Aufbruchs und der Hoffnung<br />

unter den Bewohnern Ljungaverks zu verbreiten.<br />

haakki.com


16 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Västra Hamnen in Malmö<br />

– Intelligente Stadtplanung leicht gemacht?<br />

Es ist klar, dass ein Orkan frischen Wind bringt. Auch dass der<br />

menschliche Körper ein faszinierendes Vorbild für vieles ist.<br />

Mehrere tausend Kubikliter Beton in einer Werft kann man sich<br />

auch noch vorstellen. Aber sind dies auch Zeichen für intelligen-<br />

te Stadtplanung?<br />

Foto: Steen Brogaard


Es herrscht Aufbruchstimmung im Norden<br />

Europas. Die Öresundregion, die sowohl Teile<br />

Südschwedens als auch Teile Dänemarks umfasst,<br />

ist zurzeit wohl der beliebteste Tummelplatz für<br />

Stadtplaner und Architekten in Skandinavien.<br />

Entstanden ist der Name für diese über 20.000<br />

Quadratkilometer große Region eigentlich erst mit<br />

der Eröffnung der Öresundbrücke zwischen Malmö<br />

und Kopenhagen im Jahr 2000. Die Brücke ist mit<br />

ihren sechzehn Kilometern Länge eines der größ-<br />

ten technischen Bauwerke Europas und erscheint<br />

heute wie ein Vorbote für die architektonischen<br />

Anstrengungen rund um den Öresund.<br />

Der Turning Torso in Västra Hamnen, einem Stadt-<br />

teil im Hafengebiet Malmös, wurde erst im August<br />

2005 nach viereinhalb Jahren Bauzeit eingeweiht.<br />

Der 57 Stockwerke umfassende Wolkenkratzer ist<br />

mit knapp 200 Metern Höhe der höchste in Skan-<br />

dinavien und das zweitgrößte Wohnhaus in Europa.<br />

Die Konstruktion des Torsos wurde einer Skulptur<br />

des spanischen Architekten Santiago<br />

Calatrava nachempfunden, die einen sich dre-<br />

henden menschlichen Rumpf darstellt.<br />

Ist das alleinige Vorhandensein solcher architekto-<br />

nischer Wunderwerke schon ein Zeichen für eine<br />

ausgeklügelte urbane Stadtentwicklung? Nein. In<br />

Västra Hamnen jedenfalls will man mehr verwirkli-<br />

chen: Dialog. In diesem Falle den zwischen Stadt-<br />

planern, Architekten und den unterschiedlichen<br />

Menschen, die dort leben, zum Beispiel Studenten,<br />

Skatern oder Familien. Das ehrgeizige Ziel lautet,<br />

einen urbanen Bezirk zu schaffen, in dem sich die<br />

Einwohner mit ihren Bedürfnissen wiederfinden<br />

können. Man möchte ihnen also nicht einfach<br />

irgendwelche neuen Bauwerke vor die Nase<br />

setzen, sondern mit ihnen darüber diskutieren. Das<br />

ökologische Wohngebiet Bo01, das 2001 für eine<br />

große europäische Wohnmesse fertig gestellt wur-<br />

de, dient als nationales Beispiel für durchdachte<br />

Planung. Es ist eine Kombination aus moderner<br />

Architektur, Strandpromenaden und weitläufigen<br />

Grünflächen. Das Ziel war es, sowohl Wohn- als<br />

Foto: Nils Svensson<br />

auch Arbeitsfläche und Serviceeinrichtungen für<br />

die Bewohner Malmös zu schaffen. Die Einwohner<br />

engagierten sich gerne in diesem Projekt - bei-<br />

spielsweise weil sie gegen die Etablierung des<br />

geplanten SAAB-Werkes in Västra Hamnen waren,<br />

da sie einen ökologisch sinnvollen Stadtteil wollten<br />

und keine Autofabrik.<br />

Die Menschen, die heute dort wohnen, sind aller-<br />

dings geteilter Meinung. Die einen beschreiben<br />

das Gebiet zwar als gemütliche Kleinstadt in der<br />

urbanen Großstadt, die genau ihren Erwartungen<br />

entspricht. Manche sind sogar überrascht über die<br />

unterschiedlichen Leute, die dort wohnen, junge<br />

wie alte. Andere beklagen, dass Västra Hamnen<br />

eine unruhige Baustelle ist und bleibt, in der es<br />

keine architektonische Einheit gibt und deren<br />

geplante weitläufige Grünflächen eher schmalen<br />

Grünstreifen ähneln. Besonders der Turning Torso<br />

ist vielen ein Dorn im Auge. Hier scheint der Dia-<br />

log kurzzeitig in Vergessenheit geraten zu sein. Als<br />

der Öffentlichkeit klar wurde, dass der Turm ge-<br />

baut werden sollte, entstanden Vereinigungen wie<br />

„Fucking Torso“, die sich vehement gegen den Bau<br />

aussprachen. Hauptargument war, dass die Prio-<br />

ritätensetzung völlig falsch sei. Die Wohnungen in<br />

dem Turm seien für „einfache“ Leute kaum bezahl-<br />

bar, die jungen Erwachsenen in Malmö fühlten sich<br />

daher nicht richtig ernst genommen von der Stadt,<br />

die mit stolzgeschwellter Brust den Turning Torso<br />

als ein Symbol ihrer Entwicklung anpreist.<br />

Malmös Hochschule zeichnet wieder ein anderes<br />

Bild. Ebenfalls in Västra Hamnen gelegen, fungiert<br />

sie als Motor für das Wachstum in der Region.<br />

Dank der Universität, die viele Firmen nach Västra<br />

Hamnen lockt, arbeiten heute genauso viele<br />

Menschen in dem Stadtteil wie zu den Glanzzeiten<br />

des Hafens, so dass das Ziel der Schaffung von<br />

Arbeitsplätzen erreicht zu sein scheint. Das neu-<br />

este Gebäude der Universität Malmö ist „Orkanen“<br />

(deutsch: Orkan). Auch bei dieser Planung stand<br />

fest, dass das Gebäude die Bedürfnisse von<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 17<br />

Studenten und Lehrenden berücksichtigen muss.<br />

Durch die offene Architektur stellt „Orkanen“ eine<br />

Verbindung zwischen Forschung, Gruppenarbeit,<br />

Vorlesungen und Pausen her und ist gleichzeitig<br />

eine Plattform für neue Kontakte. Die Architekten<br />

wollten das Gebäude zwar für sich sprechen<br />

lassen, die Grundform haben sie sich aber trotz-<br />

dem bei den alten Häusern in Västra Hamnen<br />

abgeguckt: Klassische, einfache Formen, die auch<br />

die alten Industriegebäude charakterisieren. Ein<br />

Schritt zum homogenen Stadtbild?<br />

Trotz all der neuen Gebäude werden aber auch<br />

bereits bestehende Strukturen in die Baupläne in<br />

Västra Hamnen mit einbezogen, zum Beispiel<br />

das „Stapelbädden“, eine schiefe Ebene, die der<br />

ehemaligen Werft beim Bau von Schiffen als<br />

Unterlage diente. Für dieses Projekt entstand eine<br />

kreative Lösung, die die alte Tradition der Werft mit<br />

Elementen urbanen Designs verbunden hat: Sta-<br />

pelbäddsparken, eine der besten Skateranlagen in<br />

Nordeuropa unter freiem Himmel. Die fast 2000<br />

Quadratmeter umfassende Skaterlandschaft aus<br />

Beton wurde in Zusammenarbeit mit den Skatern<br />

Malmös und einem amerikanischen Architekten<br />

entwickelt, der schon mehrere solcher Projekte<br />

realisiert hat. Und selbst Skater aus Leidenschaft<br />

ist. Västra Hamnen zeigt also, dass urbane Stadt-<br />

entwicklung nicht einfach ist. Es bedeutet in jedem<br />

Fall mehr als das bloße Errichten von Gebäuden,<br />

die am Ende keiner haben oder bezahlen will und<br />

kann. Es zeigt auch, dass eine Zusammenarbeit<br />

zwischen einzelnen Interessengruppen unerlässlich<br />

ist. Aber vor allem ist es der Beweis, dass es nie<br />

einfach ist, alle unter einen Hut zu bringen.<br />

Malmö ist am besten über den Kopenhagener Flughafen<br />

Kastrup zu erreichen, der von mehr als 120 Flughäfen<br />

aus direkt angeflogen wird und nur 20 Minuten von<br />

Malmö entfernt liegt.<br />

Foto: Åke Eson Lindman


18 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

BLEED<br />

Bleed ist eine junge norwegische Designagentur, die im Grenzgebiet zwischen Kunst und kommerziellem Design arbeitet. „Bleed for the <strong>Revolution</strong>“ – diese ambitiöse Einstellung hat<br />

den Osloern nicht geschadet, sondern für ein spannendes und beeindruckendes Portfolio gesorgt. Levi Strauss Nordic, BMG, IKEA, der norwegische Designrat, Sony Music, Diesel<br />

oder das norwegische Nationaltheater sind nur einige ihrer Kunden, die sich aus den unterschiedlichsten Bereichen an die Agentur wenden. Eine ausführliche Präsentation von Bleed<br />

findet Ihr auf Seite 42. bleed.no<br />

BLEED.NO


Vom Betonvorort ins Szeneviertel<br />

Jonas Hassen Khemiri (27) ist zurzeit vielleicht<br />

Schwedens meist diskutierter Schriftsteller. Er<br />

hat gerade seinen zweiten Roman „Montecore“<br />

veröffentlicht, und sein erstes Buch „Ett öga rött“<br />

erschien im März bei Piper Nordiska unter dem<br />

Titel „Das Kamel ohne Höcker“. Der Roman handelt<br />

vom 15-jährigen Halim, dessen Mutter an einer<br />

schweren Krankheit gestorben ist und der nun<br />

versucht, mit den ihm zur Verfügung stehenden<br />

Mitteln seinen Weg im Leben zu finden. Gemeinsam<br />

mit seinem Vater, einem Einwanderer aus Marokko,<br />

ist Halim aus seinem geliebten Stockholmer Vorort<br />

in eine Wohnung in der Innenstadt gezogen. Seine<br />

Einsamkeit und Unsicherheit drücken sich in der<br />

Ausbildung einer idealisierten „arabischen“<br />

Identität aus.<br />

Halim zieht aus dem hauptsächlich von Ein-<br />

wanderern bewohnten Vorort Skärholmen nach<br />

Södermalm in Stockholms Innenstadt, was ein<br />

großer Meilenstein in seinem Leben zu sein<br />

scheint. Kannst Du den Unterschied zwischen<br />

diesen zwei Bereichen der Stockholmer Urbani-<br />

tät beschreiben?<br />

Für viele bedeutet die Innenstadt Hochstatus. Po-<br />

loshirts und Prestige in gut designten Wohnungen.<br />

Der Vorort wird als niedriger Status betrachtet.<br />

Arbeiterklasse und soziale Probleme in Betonklöt-<br />

zen. Halim versucht, die Vororte aufzuwerten, indem<br />

er ihrer „Echtheit“ huldigt, aber er merkt bald, dass<br />

dies nicht aufgeht, denn es gibt Vororte mit Luxus-<br />

villen und heruntergekommene Innenstadtviertel. Es<br />

gibt reiche Einwanderer in der Innenstadt und arme<br />

schwedische Familien im Vorort. Die Welt wird nie<br />

so einfach schwarz-weiß, wie Halim sie gern hätte.<br />

In Deinem Buch „Das Kamel ohne Höcker“<br />

wird es deutlich, dass Religion und Glauben für<br />

junge Einwanderer wichtige Mittel zur Iden-<br />

titätsbildung sein können. Glaubst Du, dass<br />

deswegen viele junge Einwanderer so stark auf<br />

die Mohammed-Karikaturen reagiert haben?<br />

Für mich handelt der Roman eher davon, wie wichtig<br />

die Fantasie als Identitätswerkzeug sein kann, nicht<br />

nur für junge Einwanderer, sondern für Menschen<br />

generell. Halim ist ja eigentlich gar kein Einwan-<br />

derer, weil er in Schweden geboren ist. Und er ist<br />

auch kein besonders strenggläubiger Muslim, wenn<br />

man daran denkt, dass er sich seinen eigenen Gott<br />

mit roter Nase zusammenfantasiert, der ihm erklärt,<br />

warum auch guten Menschen schlechte Dinge<br />

passieren.<br />

Noch mal zurück zum Karikaturenstreit. Eine<br />

kurze, rückblickende Einschätzung: War es ein<br />

Konflikt, der von den Medien und religiösen und<br />

politischen Führern angeheizt wurde oder ein<br />

Anlass zum Aufwachen und zum Nachdenken<br />

über die eventuell missglückte Integrationspoli-<br />

tik und nötige Veränderungen?<br />

Entweder-oder-Fragen stand ich schon immer sehr<br />

kritisch gegenüber. Die Welt ist nicht entweder-<br />

oder und wird es auch nie sein. Dahingegen ist es<br />

sehr wichtig, dass man sich bewusst ist, dass man<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />

Der schwedische Schriftsteller Jonas Hassen Khemiri erklärt, wie Wohnorte Identitäten schaffen<br />

und wie diese Muster mit Fantasie gebrochen werden können. Wehrt sich gegen Schwarz-Weiß-<br />

Malerei im Karikaturenstreit.<br />

auf sehr viele unterschiedliche Weisen Muslim sein<br />

kann. Und im Karikaturenstreit scheint es, als ob wie<br />

gewohnt die radikalen Stimmen am lautesten gehört<br />

wurden, diejenigen Stimmen, die am ehesten den<br />

Vorurteilen des Etablissements entsprechen.<br />

Jonas Hassen Khemiris erster Roman ist im März unter dem<br />

Titel „Das Kamel ohne Höcker” bei Piper Nordiska erschienen.<br />

piper-verlag.de<br />

Foto: Leif Hansen


20 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Reiseatlas der anderen Art<br />

Berlin kann man auf viele Arten sehen. Auch auf Norwegisch. Im Projekt „Berlin med norske øyne“ („Berlin mit norwegischen Augen“) interviewten die Dozentin Laila Thuestad und<br />

Studenten der Berliner Humboldt-Universität Norweger, die in Berlin leben und arbeiten. An einem selbstgewählten Lieblingsort erzählen norwegische Kulturschaffende, Akademiker<br />

und Geschäftsleute, wie sie Berlin erleben. Der Fotograf Espen Eichhöfer, selbst ein Deutsch-Norweger, hielt die Momente in Porträtbildern fest. Das Ergebnis erscheint demnächst als<br />

Reiseatlas der anderen Art bei Alvheim & Eide. Übersetzung von Frithjof Reinhard Timm und Björn Kozempel<br />

Dag Harald Yngland, Journalist<br />

Ich fühl’ mich in Friedenau wohl. Direkt um<br />

die Ecke liegt Marlene Dietrich begraben.<br />

Das Grab ist eine reine Wallfahrtsstätte<br />

für schwarzgekleidete Leute aus dem<br />

Showbiz – im Sommer ist es voller Rosen<br />

und Champagnergläser.<br />

Per Boye Hansen, ehemaliger Direktor<br />

der Komischen Oper<br />

Berlin erlebe ich in vielfacher Weise als<br />

mehr deutsch als andere Städte, gerade<br />

weil es diese phantastische Geschichte<br />

hat. Man weiß, dass Hitler sich in den<br />

Katakomben erschossen hat, gerade<br />

einmal ein paar Meter hier die Straße<br />

runter. Wenn man weiß, dass die Stadt<br />

auf einem Ruinenhügel gebaut wurde, der<br />

gerade einmal 60 Jahre alt ist, weiß man,<br />

dass Berlin das Symbol für Deutschlands<br />

neuere Geschichte ist.<br />

Lars Ramberg, Künstler<br />

„Palast des Zweifels“ ist ein Versuch, ein<br />

Denkmal über die Uneinigkeit zu schaffen,<br />

ohne zu sagen, dass ich für diese oder<br />

jene Seite bin. Es ist ein Werk, das an<br />

dieser Debatte teilnimmt. Es stellt sich<br />

schlicht und einfach in die Mitte und sagt:<br />

„Keep on playing tennis“.<br />

Jan Brockmann, ehemaliger Professor<br />

an der Humboldt-Universität<br />

Ich bin immer noch der Auffassung, dass<br />

das „Band des Bundes“ eine ausgezeich-<br />

nete architektonische Figur ist; dieser<br />

Platz mit den zwei Hälften, wo der Fluss<br />

durchfließt. Gerade weil der Ort geteilt<br />

wird, erhält er den Charakter eines Plat-<br />

zes. Es sind gerade diese zwei Platzhälf-<br />

ten, die sich ineinander spiegeln, zu-<br />

sammen mit dem Flusslauf, der in<br />

der Dachkonstruktion wieder aufge-<br />

nommen wird.<br />

Bente Stokke, Künstlerin<br />

Berlin ist eine Wasserstadt, eine bewegliche<br />

Stadt. Hier am Ufer kann man laufen.<br />

Das ist eine Art, weiterhin norwegisch zu<br />

leben, wenn Du nicht die Möglichkeit hast,<br />

Langlauf mit Skiern zu machen.<br />

Sverre Jervell, ehemaliger Diplomat<br />

der norwegischen Botschaft<br />

So kam ich also nach Berlin und entdeckte,<br />

dass Berlin doch auch sehr spannend<br />

war – es war wie New York ohne<br />

Amerikaner. Es gibt viel von der gleichen<br />

elektrisierenden Stimmung hier in Berlin.<br />

Aber gleichzeitig ist Berlin europäisch,<br />

ja sogar nordeuropäisch. Die Norweger<br />

erkennen sich wieder in der Kultur und<br />

sind fasziniert.<br />

Tone Myklebost, Journalistin<br />

und Literaturkritikerin<br />

Alle denken doch, dass der Alexanderplatz<br />

so schrecklich hässlich ist. Und das ist<br />

er ja auch. Aber ich mag ihn trotzdem,<br />

gerade weil er so anders ist. In gewisser<br />

Weise hat er einen barbarischen Charme.<br />

Karl Richard Thuve, Pfarrer der norwegischen<br />

Seemannskirche in Berlin<br />

Heute sieht es auf der Museumsinsel<br />

etwas anders aus als im alten Preußen.<br />

Der Dom steht noch dort, aber das Schloss<br />

auf der anderen Straßenseite ist durch<br />

den Palast der Republik ersetzt worden,<br />

der für mich die Gottlosigkeit repräsentiert.<br />

Oder auf jeden Fall einen Staat, der<br />

zweifelte. Und als dritter Mosaikstein steht<br />

für mich der Fernsehturm als ein Exempel<br />

des wissenschaftlichen und technischen<br />

Fortschritts. So hat man hier also Glauben,<br />

Zweifel und Wissenschaft.


Maja Spasova meint, „das Geheime“ ist ein Ausdruck<br />

für die Grenze zwischen uns und den anderen,<br />

zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen.<br />

Das Rätsel zu lösen, ein Geheimnis zu verstehen,<br />

bedeutet eigentlich, diese Grenzen zu verschieben.<br />

Das Geheimnis ist ein definierendes Element eines<br />

Individuums. In unserer heute so rationalen Zeit<br />

glauben viele, dass sich das Leben planen und<br />

programmieren lässt und dass man nach einem<br />

sicheren Modell leben kann. Und das gilt nicht nur<br />

für das Individuum, sondern auch für den Staat: Man<br />

denke nur an Register, Überwachungskameras,<br />

diverse Kontrollen und so weiter. Dabei sind wir aber<br />

alle umgeben von Geheimnissen; auf allen Niveaus<br />

gibt es Verstecktes, Unbekanntes, Geheimes. Das<br />

Kunstprojekt „Geheimnisse“ ist eine Untersuchung,<br />

ein Eintauchen in die psychosoziale Wirklichkeit, ein<br />

Gegengewicht zu der oberflächlichen Vorstellung<br />

über unsere Durchschaubarkeit.<br />

Dabei besitzt „Geheimnisse“ auch ein gewisses the-<br />

rapeutisches Potenzial. Wer lange ein Geheimnis mit<br />

sich herumgetragen hat, wird vielleicht von einem<br />

Teil seiner Last befreit, wenn er es endlich erzählen<br />

kann. Wieder andere, die die Geheimnisse lesen,<br />

erkennen sich darin vielleicht selbst wieder und mer-<br />

ken, dass sie mit ihrem Schmerz, einem peinlichen<br />

oder einem überlebenswichtigen Geheimnis nicht<br />

alleine sind.<br />

Die schwedischen Geheimnisse handeln vor allem<br />

von Geld, Liebe oder familiären Verhältnissen. Je-<br />

mand hat einen Bekannten, der Steuern hinterzieht,<br />

ein anderer vertraut seinem Ehepartner nicht, wieder<br />

jemand anderes weiß, dass der Vater eines Kindes<br />

nicht dessen biologischer Vater ist. Unausgespro-<br />

chene Normen in einer Familie, Loyalität gegenüber<br />

einem Freund oder die Angst, wie die Umgebung<br />

reagiert, wenn ein Geheimnis enthüllt wird, können<br />

sehr viel stärker sein als die Möglichkeit, dem eige-<br />

nen Herzen zu folgen und die Wahrheit zu sagen.<br />

Bei der Entstehung dieses Kunstprojektes spielt<br />

der Hintergrund der Künstlerin eine wichtige Rolle.<br />

Maja Spasova ist in Bulgarien geboren und in einer<br />

kommunistischen Gesellschaft aufgewachsen, in der<br />

Überwachung, Angst und Geheimnisse das Leben<br />

stark beeinflussten. Diese Erfahrungen hat sie lange<br />

mit sich herumgetragen, bis sie zu einer künstle-<br />

rischen Idee ausgereift waren. 2002 begann sie mit<br />

dem Einsammeln der Geheimnisse in Schweden,<br />

die dann 2003 erstmals in der Kunsthalle Liljeval-<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 21<br />

Ein Geheimnis, das nur ich kenne: Ich bin nicht geisteskrank, absolut<br />

nicht. Ich tue nur so. So ist es leichter, das zu erreichen, was<br />

ich will: in Ruhe gelassen werden, nicht in der Hölle mitspielen<br />

müssen, die man Gesellschaft nennt. Wissen Sie, wie schrecklich<br />

Menschen sind? Die glauben einfach, dass ich nichts verstehe...<br />

ich verstehe alles, ich verstehe viel mehr als sie.<br />

Verrat` mir Dein Geheimnis!<br />

Jeder Mensch hat Geheimnisse. Sachen, die niemand anderes wissen darf. Maja Spasova sammelt<br />

in ihrem Kunstprojekt „Geheimnisse“ eben diese Geschichten ein. Nach der Durchführung des<br />

Projektes in Schweden sind nun auch alle Einwohner und Gäste in Deutschland aufgerufen, ano-<br />

nym ihre Geheimnisse an die Künstlerin zu schicken.<br />

chs in Stockholm zu sehen waren. Gleichzeitig gab<br />

es im öffentlichen Raum in Stockholm mehrere<br />

Installationen. So konnte man zum Beispiel an<br />

verschiedenen Stellen in der Stadt seine Geheim-<br />

nisse in Trichter sprechen. Über Rohre, die ins Meer<br />

mündeten, glitten die Geheimnisse so ins Wasser<br />

und konnten wegschwimmen oder sich mit anderen<br />

Geheimnissen unter Wasser treffen und ihre Erfah-<br />

rungen austauschen. Und weiterfließen.<br />

Das Projekt Geheimnisse der Künstlerin Maja Spasova kommt<br />

nach Deutschland! Während des <strong>NORD</strong> Kulturforums in Berlin<br />

kann man einen Teil der in Schweden eingesammelten Geheimnisse<br />

in den Hackeschen Höfen in Form einer Projektion sehen.<br />

Außerdem sind alle eingeladen, der Künstlerin eigene Geheimnisse<br />

zu übermitteln. Das geht auf folgenden Wegen:<br />

• durch Einwerfen der Geheimnisse in besondere Briefkästen,<br />

die an verschiedenen Plätzen in Berlin aufgestellt sein werden<br />

• per E-Mail: majaspasova@hotmail.com<br />

• per Post: Spasova, Postfach 0 , 1200 Berlin<br />

• über die Homepage nord.info/geheimnisse<br />

Die in Deutschland eingesammelten Geheimnisse werden dann<br />

unter anderem anonym in Buchform veröffentlicht und als Installationen<br />

im urbanen öffentlichen Raum präsentiert.


22 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Papa bleibt zu Hause<br />

<strong>NORD</strong> interviewte den norwegischen Botschaftsrat für Presse und Kultur, Johan Kristian Meyer.<br />

Dafür lud er die Redaktion in die Berliner Galerie „Projekt 0047“ in der Tieckstr. 10 ein.<br />

Herr Meyer, Sie vertreten norwegische Kultur in<br />

Deutschland. Welches Norwegen-Bild möchten<br />

Sie den Deutschen vermitteln?<br />

Ein Bild für das moderne Norwegen wäre ein junger<br />

Mann, der zu Hause bleibt und sich um die Kinder<br />

kümmert: Ein Symbol für die Gleichstellung in der<br />

norwegischen Gesellschaft. Das entspricht durch-<br />

aus der Realität. Nach der neuesten Gesetzeslage<br />

müssen zum Beispiel 40 Prozent der Vorstandsmit-<br />

glieder aller Unternehmen Frauen sein.<br />

Wie sind Sie darauf gekommen, die Galerie Pro-<br />

jekt 0047 für dieses Interview vorzuschlagen?<br />

Das Thema von <strong>NORD</strong> Kultur ist ja Urban Reflexion.<br />

Diese Galerie ist sehr urban. Der Raum hier ist<br />

wahrscheinlich ein ehemaliges Ladenlokal. Städter<br />

gehen mit dem um, was sie vorfinden. Man mietet<br />

einen Raum und verwandelt ihn einfach in eine<br />

Plattform für norwegische Kunst und Architektur.<br />

Viele Menschen treffen sich hier und knüpfen neue<br />

Kontakte, selbst Norweger untereinander.<br />

Gibt es denn so etwas wie eine norwegische<br />

Community in Berlin?<br />

Vor hundert Jahren trafen sich hier Edvard Munch<br />

und August Strindberg. Berlin war damals ja künstle-<br />

rischer Schmelztiegel für ganz Europa, und man ging<br />

ins berühmte Restaurant „Schwarzes Ferkel“. Das<br />

gibt es nicht mehr. Heute braucht man auch keine<br />

festen Treffpunkte mehr. Man kommt einfach nach<br />

Berlin und steigt sofort ein. Das Interesse an Berlin<br />

kann man an den vielen neu entstandenen Direkt-<br />

verbindungen nach Norwegen ablesen, zum Beispiel<br />

von Germanwings, Lufthansa, Norwegian und SAS.<br />

Was macht gerade Berlin für Norweger so<br />

attraktiv?<br />

Berlin ist eine sehr offene Stadt. Außerdem können<br />

Künstler und Studenten hier sehr billig leben. Das ist<br />

anders als in Paris oder London, und trotzdem kann<br />

man sich hier gut auf Englisch verständigen.<br />

Und wer kommt hierher?<br />

Alle. Studenten, Künstler. Mehr und mehr auch<br />

etablierte Leute, die bereits in Norwegen erfolgreich<br />

sind. Es gibt ein Buchprojekt „Berlin mit norwe-<br />

gischen Augen“, bei dem viele solcher Wahl-Berliner<br />

in Interviews und Bildern vorgestellt werden.<br />

Warum sind Sie als Botschaftsrat nach Berlin<br />

gekommen?<br />

Ich habe mir gewünscht, nach Deutschland zu kom-<br />

men. Die kulturellen Verbindungen sind sehr stark.<br />

Meines Erachtens ist Deutschland der wichtigste<br />

Partner für Norwegen.<br />

Weshalb?<br />

Norwegen war über mehrere Jahrhunderte sehr<br />

eng mit Deutschland verbunden, schon allein<br />

sprachlich. Dieser Austausch brachte Norwegen<br />

viele kulturelle, wirtschaftliche, wissenschaftliche<br />

und theologische Impulse. Der Zweite Weltkrieg hat<br />

viel davon zerstört. Als Botschaft möchten wir die<br />

Beziehungen zum modernen Deutschland wieder<br />

genauso stark werden lassen wie früher. In Berlin<br />

ist das schon gelungen.


Worin liegen die Schwierigkeiten?<br />

Deutschland leidet unter seinem langweiligen Image.<br />

Die meisten Norweger kennen nur den Blick von der<br />

Autobahn, wenn sie weiter Richtung Spanien oder in<br />

die Toskana fahren. Andererseits sitzt die Erinnerung<br />

an den Zweiten Weltkrieg und die Besatzung Nor-<br />

wegens durch deutsche Truppen tief. Vom modernen<br />

Deutschland wissen die Leute sehr wenig. Das sieht<br />

man zum Beispiel an den norwegischen Schülern,<br />

die uns in der Botschaft oft besuchen. Bilder von<br />

Willy Brandt oder Helmut Kohl sagen ihnen nichts.<br />

Dafür kennen sie Hitler und das Sandmännchen. Wir<br />

veranstalten viele Vorträge, um ein modernes Bild<br />

von Deutschland zu vermitteln. Das positive Bild von<br />

Berlin ist dabei eine große Hilfe. Mehr Norweger<br />

werden auch wieder Deutsch lernen, hoffe ich.<br />

Seit wann arbeiten Sie für die norwegische<br />

Botschaft?<br />

Ich bin im diplomatischen Dienst tätig und seit 2002<br />

in Berlin. Davor war ich vier Jahre lang für die nor-<br />

wegische Vertretung bei der EU in Brüssel tätig. Das<br />

war während der Beitrittsverhandlungen. Davor war<br />

ich für zwei Jahre an der Botschaft in Lagos, Nigeria.<br />

Als Diplomat hat man immer einen Außenblick auf<br />

sein eigenes Land, das sehe ich als großen Vorteil.<br />

Ausgebildet bin ich als Historiker<br />

Waren Sie für die Botschaft immer im Bereich<br />

Kultur tätig?<br />

In Nigeria gab es nur den Botschafter und einen<br />

Botschaftssekretär. Dort waren wir Mädchen für<br />

alles: Lehre, Wirtschaftsförderung, weniger Kulturar-<br />

beit. In Berlin bin ich zwar nur für Presse und Kultur<br />

zuständig, aber es gibt unheimlich viel zu tun. Ganz<br />

chaotisch! (Lacht). Unser Vorteil ist die gute Zu-<br />

sammenarbeit mit den anderen Ländervertretungen<br />

der Nordischen Botschaften. Auf Initiative des<br />

schwedischen Kulturattachés Aris Fioretos hatten<br />

wir kürzlich zum Beispiel die gemeinsame nordische<br />

Filmreihe „Mehr Licht“ im Felleshus. Den Deutschen,<br />

die sich für nordische Kultur interessieren, ist es<br />

meist egal, ob sie aus Schweden oder Norwegen<br />

kommt.<br />

Was sind Ihre persönlichen Lieblingsbereiche?<br />

Literatur ist mein Ding. Ich habe mich dafür einge-<br />

setzt, dass wir vor kurzem bei der Leipziger Buch-<br />

messe vertreten waren.<br />

Welche deutschen Autoren mögen die<br />

Norweger?<br />

Heutzutage? Siegfried Lenz ist sehr bekannt.<br />

Thomas Mann ist natürlich eine Ikone. Die Texte von<br />

Goethe haben die wenigsten gelesen. Döblin wäre<br />

zu nennen. Und dann sind es junge Autoren wie Ingo<br />

Schulze.<br />

Und welche deutsche Literatur interessiert Sie?<br />

Bernhard Schlinks „Der Vorleser“ oder auch<br />

„Russendisko“ von Wladimir Kaminer. Dann habe<br />

ich neulich ein sehr lustiges Buch von Bastian Sick<br />

gelesen: „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod.“<br />

Wer ist Ihr norwegischer Lieblingsautor?<br />

Dag Solstad finde ich ganz gut. Tor Bomann-Lar-<br />

sen schreibt hervorragende Biografien. Außerdem<br />

gibt es sehr viele ausgezeichnete Krimiautoren,<br />

zum Beispiel Jo Nesbø, der demnächst nach Berlin<br />

kommt. Allerdings muss ich immer auf die Nachfra-<br />

ge reagieren. Auf Norwegisch heißt das: „mottaker-<br />

orientert“, also Empfänger-orientiert sein. Ich kann<br />

meine persönlichen Interessen nur begrenzt in den<br />

Job einbringen.<br />

Gibt es aus Oslo Vorgaben, wie Sie Norwegen<br />

repräsentieren sollen?<br />

Seit einigen Jahren diskutiert man die Vermarktung<br />

Norwegens unter den Begriffen „Public Diploma-<br />

cy“ oder „National Branding“. Viele wollen weg von<br />

den alten Ikonen Edvard Grieg, Edvard Munch und<br />

Henrik Ibsen und sich stattdessen ganz auf die zeit-<br />

genössischen Künstler Norwegens konzentrieren.<br />

Meiner Ansicht nach sollte man aber das bestehen-<br />

de Interesse für die alten Künstler nutzen und zum<br />

Beispiel über Munch etwas Neues anbieten. Allge-<br />

meine Rahmenbedingungen gibt Oslo natürlich vor:<br />

Letztes Jahr war die hundertjährige Unabhängigkeit<br />

Norwegens Thema. Uns ging es dabei vor allem um<br />

die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland,<br />

das Norwegen 1905 ja offiziell anerkannt hat. Die<br />

gemeinsame Ausstellung „Nicht nur Lachs und<br />

Würstchen“ über das Verhältnis der beiden Länder<br />

wurde letztes Jahr von den jeweiligen Regierungs-<br />

chefs Jens Stoltenberg und Gerhard Schröder in<br />

Oslo eröffnet. Dieses Jahr kommt sie nach Berlin.<br />

2006 ist Ibsen-Jahr.<br />

Wird die Kulturförderung instrumentalisiert, um<br />

wirtschaftlichen Zwecken zu dienen?<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 2<br />

Deutschland leidet unter seinem langweiligen Image. Die meisten Norweger ken-<br />

nen nur den Blick von der Autobahn, wenn sie weiter Richtung Spanien oder in<br />

die Toskana fahren.<br />

Es ist natürlich unsere Aufgabe, ein positives Bild<br />

im Ausland zu vermitteln. Und davon profitiert auch<br />

die Wirtschaft Norwegens. Ich finde aber, man kann<br />

nicht von Instrumentalisierung sprechen. Vieles ist ja<br />

schon kommerzialisiert, zum Beispiel die Musikspar-<br />

te. Aber es gibt genügend künstlerische Bereiche,<br />

die finanzielle Hilfe brauchen. Dort versuchen wir zu<br />

helfen. Die norwegische Kulturförderung im Ausland<br />

hat sich während der letzten zehn Jahre stark verän-<br />

dert und professionalisiert. Es gibt jetzt Organisati-<br />

onen in Norwegen, die jeweils für unterschiedliche<br />

Kunstsparten (Musik, Film, Tanz, Theater, Kunst<br />

und Literatur) zuständig sind. Wer als Künstler<br />

Fördermittel beantragen will, wendet sich also nicht<br />

mehr ans Außenministerium, sondern direkt an die<br />

zuständigen Kuratoren und Kunstexperten.<br />

Hat die Debatte um die Mohammed-Zeich-<br />

nungen, die neben Dänemark auch Norwegen<br />

betroffen hat, dem Norwegenbild geschadet?<br />

Nein. An der norwegischen Botschaft in Deutsch-<br />

land ist dieser Konflikt beinahe unbemerkt vorüber-<br />

gegangen.<br />

Entsprechen Sie eigentlich dem Klischeebild<br />

eines Norwegers?<br />

Absolut! (Lacht). Ich bin ein Naturmensch. Jeden<br />

Tag fahre ich mit dem Fahrrad zur Arbeit und trotze<br />

dabei Schnee, Kälte und Regen.<br />

Herr Meyer, wir bedanken uns für dieses<br />

Interview.


2 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION


Bei der Europameisterschaft letztes Jahr kamen vier<br />

von acht Mannschaften aus Skandinavien. Beim im<br />

März ausgetragenen Algarve-Cup in Portugal, an<br />

dem sieben Teams aus den Top Ten der Weltrang-<br />

liste der Frauen teilnehmen, waren sowohl die<br />

Vize-Weltmeisterinnern aus Schweden als auch die<br />

EM-Zweiten aus Norwegen dabei. Und auch bei den<br />

Qualifikationsspielen zur fünften WM 2007 in China<br />

haben die skandinavischen Spielerinnen bisher fast<br />

alle Begegnungen gewonnen. Die Erklärung für die<br />

Stärke der nordischen Teams liegt auf der Hand,<br />

sagt der schwedische UEFA-Präsident Lennart<br />

Johansson, denn im Moment sei der Einsatz für den<br />

Frauenfußball nirgendwo anders in Europa so groß<br />

wie in Skandinavien.<br />

Bereits seit 30 Jahren ist der Frauenfußball in den<br />

nordischen Ländern ein organisierter Sport. Schon<br />

1970 gewannen die dänischen Damen die erste<br />

Weltmeisterschaft der Frauen, die damals allerdings<br />

noch inoffiziell war – und seitdem ziehen die an-<br />

deren skandinavischen Länder nach. Erst im Jahre<br />

1991 fand in China die erste offiziell von der FIFA<br />

veranstaltete Frauen-WM statt, bei der Norwegen<br />

und Schweden auf Platz zwei und drei landeten.<br />

Durch schnelles Reagieren auf die Entwicklungen<br />

im Frauenfußball haben sich die nordischen Länder<br />

inzwischen einen entscheidenden strategischen<br />

Vorteil gegenüber anderen europäischen Ländern<br />

erarbeitet; die Professionalisierung ist mit großen<br />

Schritten voran gegangen.<br />

Wichtige Voraussetzungen dafür waren zum einen<br />

die ausgeprägte Vereinskultur im Profisportbe-<br />

reich, zum anderen die historische Entwicklung der<br />

Gleichstellungspolitik in Skandinavien. In Schweden<br />

gibt es einen Plan für die Gleichstellung der Frau im<br />

Fußball, um zu erreichen, dass prozentual gesehen<br />

genauso viele Frauen wichtige Positionen zum Bei-<br />

spiel als Trainerin oder Schiedsrichterin bekleiden,<br />

wie es Spielerinnen gibt – und das sind momentan<br />

immerhin zwischen 20 und 30 Prozent.<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 2<br />

Fußball<br />

ist unser<br />

Leben<br />

Die Fußballweltmeisterschaft steht vor der Tür und mit ihr wie immer eine enorme Medienpräsenz<br />

der männlichen Starfußballer. Ob die deutschen Männer das Finale erreichen werden, wird noch<br />

schwer diskutiert. Eins steht jedoch fest: Die deutschen Fußballdamen haben den Weltmeistertitel<br />

schon längst geholt. Aber die nordischen Teams sind der deutschen Elf dicht auf den Fersen –<br />

höchste Zeit also für eine Bestandsaufnahme der nordischen Kickerinnen! Illustration: Lisa Schibel<br />

In Zukunft soll der Frauenfußball in Skandinavien<br />

noch mehr gefördert werden, da es immer noch<br />

große Unterschiede zwischen den Vereinen der<br />

einzelnen Länder gibt. Insgesamt stehen die meis-<br />

ten wirtschaftlich zwar viel besser da als noch vor<br />

einigen Jahren, so dass die Frauen sich tatsächlich<br />

mehr auf den Sport konzentrieren können. Aber<br />

mit den Einnahmen im Herrenfußball können die<br />

Frauen noch lange nicht mithalten. Und das, obwohl<br />

sich das Interesse für die kickenden Damen enorm<br />

gesteigert hat. Das Fernsehen ist viel interessierter<br />

als früher, es werden mehr Spiele übertragen, so<br />

dass auch der Bekanntheitsgrad und das Anse-<br />

hen steigen. In Schweden nahm die Begeisterung<br />

für Frauenfußball rasant zu, als die blau-gelben<br />

Spielerinnen 2003 im WM-Finale gegen Deutsch-<br />

land antraten, und auch in Finnland ist die Euphorie<br />

gerade auf einem neuen Höhepunkt angelangt. Von<br />

fünf Millionen finnischen Einwohnern sahen bei der<br />

letzten EM immerhin 350.000 die Live-Übertragung<br />

des Gruppenspiels gegen Dänemark.


26 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Nach Aussage der ehemaligen DFB-Trainerin Tina<br />

Theune-Meyer ist es vor allem die Technik der<br />

Skandinavierinnen, die ihr Spiel von dem anderer<br />

Teams unterscheidet. In Ländern mit so geringen<br />

Einwohnerzahlen kann man nicht auf Nachwuchs in<br />

Massen hoffen, sondern muss auf Taktik, Team-<br />

work und Leidenschaft setzen. Trotzdem lassen<br />

sich die nordischen Teams natürlich nicht alle über<br />

einen Kamm scheren. Die Norwegerinnen sind<br />

zum Beispiel die einzigen, die vom EM- über den<br />

WM-Titel bis zum olympischen Gold alles erreicht<br />

haben. Momentan aber leiden sie eher an einem<br />

Formtief. Finnland hingegen ist im Vergleich das<br />

schwächste der nordischen Länder. Die Schweden<br />

Jennifer, Du bist zurzeit die einzige deutsche<br />

Fußballspielerin in Schweden, warum gibt es<br />

nicht mehr? Und warum bist Du nach Schweden<br />

gegangen?<br />

Also erstens gehört überhaupt einiges dazu, in ein<br />

anderes Land zu gehen, wenn Familie oder Freund<br />

so weit weg sind! Zweitens hat man in den skandina-<br />

vischen Ländern zurzeit nur in Schweden eine Chan-<br />

ce, als Profifußballerin zu leben. Und drittens bin ich<br />

ein absoluter Schwedenfan und musste daher nicht<br />

lange über das Angebot aus Karlstadt nachdenken!<br />

Wie erlebst Du die Integration als ausländische<br />

Spielerin in die Mannschaft beziehungsweise<br />

Gesellschaft?<br />

Die Integration ist absolut vorbildlich. Die Schweden<br />

sind sehr offen und freundlich. Wenn man zum Bei-<br />

spiel auf eine Party geht und dort die einzige Auslän-<br />

derin ist, dann sind Unterhaltungen in Englisch eine<br />

Selbstverständlichkeit, auch zwischen den Schweden.<br />

Im WM-Jahr liegt das Augenmerk auf dem Män-<br />

nerfußball – was denkst Du über Frauenfußball?<br />

wiederum kaufen ihre Spielerinnen auch gerne mal<br />

im Ausland ein, so zum Beispiel die Deutsche<br />

Jennifer Meier. Einigen dürfte die Stürmerin von<br />

ihrer Zeit bei den beiden Frankfurter Vereinen<br />

FFC und FSV bekannt sein. Am Ende der letzten<br />

Bundesligasaison entschied sie sich dazu, nach<br />

Schweden zum Aufsteiger QBIK aus Karlstad zu<br />

wechseln. Und auch die Deutschen setzen verstärkt<br />

auf skandinavische Taktik – mit der Dänin Louise<br />

Hansen, die beim 1. FFC Frankfurt im Mittelfeld<br />

spielt. <strong>NORD</strong> fragte bei beiden nach, wie sie die Er-<br />

folge der skandinavischen Spielerinnen einschätzen<br />

und was es für Unterschiede zwischen deutschem<br />

und nordischem Fußball gibt.<br />

„Ich denke, dass Frauenfußball in Skandinavien so<br />

erfolgreich ist, weil Männerfußball hier nicht die Män-<br />

nersportart Nummer eins ist, sondern eher Eishockey.<br />

Das ist optimal für die Medienpräsenz und damit für die<br />

Entwicklung des Frauenfußballs.“ Jennifer Meier<br />

Jennifer Meier, Stürmerin, QBIK Karlstad<br />

Ich denke, der Frauenfußball sollte noch mehr Me-<br />

dienpräsenz erhalten. In Schweden sind sowohl die<br />

Zuschauerzahlen als auch die Medienpräsenz sehr<br />

hoch. Ich hoffe, dass sich das in Deutschland noch<br />

verbessert. Es ist nach dem Gewinn der WM 2003<br />

und der EM 2005 schon besser geworden, aber noch<br />

nicht optimal!<br />

Warum sind gerade die skandinavischen Damen-<br />

fußballmannschaften so erfolgreich?<br />

Die schon erwähnte hohe Medienpräsenz des Frau-<br />

enfußballs in Skandinavien hängt stark damit zusam-<br />

men. Ich denke, dass das wiederum davon abhängt,<br />

dass Männerfußball hier nicht die Männersportart<br />

Nummer eins ist, sondern eher Eishockey. Das ist<br />

optimal für die Entwicklung des Frauenfußballs.<br />

Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />

gibt es im Frauen- und Männerfußball zwischen<br />

Deutschland und Skandinavien?<br />

Eine Gemeinsamkeit ist, dass sowohl in Deutsch-<br />

land als auch in Skandinavien, speziell in Schweden,<br />

Frauen und Männer sehr professionell trainieren,<br />

wie man an den Erfolgen der Nationalmannschaften<br />

feststellen kann. Es überwiegen aber wohl eher die<br />

Unterschiede. Ich würde mir daher wünschen, dass<br />

in Deutschland die allgemeine Vereinsarbeit mehr in<br />

Angriff genommen wird. Hier in Schweden wird in der<br />

Saison am Wochenende und in der Woche gespielt.<br />

Die Vereine klären das mit Arbeitgebern und Schulen<br />

ab. In Deutschland sollte man also speziell an der<br />

Freistellung der Spielerinnen arbeiten, damit diese an<br />

extra Trainingseinheiten teilnehmen können.<br />

Gibt es Unterschiede in den Landesligen oder<br />

auch auf Vereinsebene in Skandinavien?<br />

Ich denke leider immer noch, dass die Leistungs-<br />

unterschiede zwischen Landesligen, also zwischen<br />

Erster und Zweiter Liga, zu groß sind. Ich hoffe, dass<br />

sich auch das in den nächsten Jahren verbessert<br />

und somit eine Zukunftsbasis für den Frauenfußball<br />

geschaffen werden kann.<br />

Viel Erfolg weiterhin in Karlstad und vielen Dank<br />

für das Interview!


Louise Hansen, Mittelfeld, FFC Frankfurt<br />

Es gibt in Deutschland recht viele skandinavische<br />

Spieler – warum? Weshalb bist Du nach<br />

Deutschland gekommen?<br />

Ja, das stimmt. Bei den skandinavischen Männern ist<br />

die Bundesliga sehr beliebt, da sie bei den Männern<br />

ein sehr hohes Niveau hat und dort auch besser<br />

bezahlt wird. Bei den Frauen in Deutschland ist das<br />

Niveau ebenfalls höher. Ich bin vor zehn Jahren nach<br />

Deutschland gegangen, weil ich da gerade mein<br />

Abitur gemacht hatte und ein Jahr in Deutschland Erfahrungen<br />

sammeln und die deutsche Sprache lernen<br />

wollte. Ich bin dann irgendwie hier hängen geblieben,<br />

was ich jedoch nicht bereue.<br />

Wie erlebst Du die Integration als ausländische<br />

Spielerin in die Mannschaft beziehungsweise in<br />

die Gesellschaft?<br />

Ich sehe mich inzwischen nicht mehr als ausländische<br />

Spielerin. In meiner Anfangszeit fiel es mir sehr leicht,<br />

mich zurechtzufinden – mit Ausnahme der Sprache,<br />

die ich jedoch schnell gelernt habe. Man wird in<br />

Deutschland sehr herzlich aufgenommen, und ich<br />

hatte keine Probleme, mich zu integrieren. Ich finde<br />

die Deutschen sehr gastfreundlich und hilfsbereit.<br />

Im WM-Jahr liegt das Augenmerk auf dem Männerfußball<br />

– was denkst Du über Frauenfußball?<br />

Der Frauenfußball wird inzwischen hier in Deutschland<br />

sehr gut angesehen. Mit den Erfolgen der<br />

Frauennationalmannschaft stieg auch ihr Ansehen.<br />

Es hat sich in den letzten Jahren viel getan, und diese<br />

positive Entwicklung muss weitergehen. Der Männerfußball<br />

ist aber immer noch die absolute Nummer<br />

eins sowohl bei den Zuschauern in den Stadien als<br />

auch bei den Medien. Ich freue mich für Deutschland,<br />

dass sie die WM bekommen haben, weil es ein<br />

absolut großartiges Ereignis sein wird, bei dem viele<br />

Nationen aufeinander treffen, sowohl auf dem Platz<br />

als auch auf der Straße.<br />

Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />

gibt es im Frauen- und Männerfußball zwischen<br />

Deutschland und Skandinavien?<br />

Zwischen Deutschland und Skandinavien gibt es<br />

keine gravierenden Unterschiede. Der Männerfußball<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 27<br />

Fußball ist zurzeit der Sport unter<br />

Frauen, der international am<br />

stärksten wächst. Es gibt inzwischen<br />

mehr als 25 Millionen<br />

Fußballerinnen und 100 Nationalteams<br />

weltweit. Die Teams<br />

aus dem Norden sind ganz vorne<br />

mit dabei:<br />

FIFA Frauen-Weltrangliste, Stand April 2006<br />

1. Deutschland<br />

2. USA<br />

3. Norwegen<br />

4. Brasilien<br />

5. Frankreich<br />

6. Schweden<br />

7. Korea DVR<br />

8. China VR<br />

9. Dänemark<br />

10. Italien<br />

ist höher angesehen. Die skandinavischen Länder<br />

praktizieren eventuell etwas mehr die englische Art,<br />

Fußball zu spielen, also mit langen Bällen. In Deutschland<br />

wird aber auch viel Wert auf Technik gelegt.<br />

Du bist zurzeit die einzige Frau aus Skandinavien,<br />

die in Deutschland professionell Fußball<br />

spielt – warum gibt es nicht mehr?<br />

Es ist leichter für eine dänische Spielerin, nach<br />

Schweden oder Norwegen zu gehen, da die<br />

Sprachbarriere nicht so groß ist und die kulturellen<br />

Unterschiede nicht so ausgeprägt sind. Für mich war<br />

es ein großer Sprung, nach Deutschland zu gehen,<br />

und ich kann mir vorstellen, dass viele diesen Sprung<br />

nicht wagen möchten.<br />

Vielen Dank für das Interview und eine erfolgreiche<br />

Saison in Frankfurt!


28 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Willkommen in der „Wirklichkeit“<br />

Was passiert hinter den Türen von Guantánamo<br />

Bay? Warum werden russische Kinder zu Ka-<br />

detten ausgebildet? Weshalb sind Norweger so<br />

körperfixiert? Wie war das noch beim ersten<br />

Mal? Und: Was fasziniert Erwachsene eigent-<br />

lich an Tim und Struppi? Diese und andere<br />

Fragen versuchen verschiedene skandinavische<br />

Regisseure in ihren Dokumentarfilmen zu be-<br />

antworten. Oder den Antworten wenigstens ein<br />

Stückchen näher zu kommen.<br />

Illustration: www.atmo.se<br />

Zu sehen sind diese und andere Filme in Stockholm beim „Tempo Dokumentärfe-<br />

stival“. „Tempo“ gibt es seit 1998, findet also in diesem Jahr bereits zum siebten<br />

Mal statt, vom 8. bis zum 12. November 2006. Was das Festival in Stockholm<br />

so besonders macht: Es ist das einzige Forum der Welt, das neben Filmen<br />

dokumentarische Arbeiten über alle Genregrenzen hinweg zusammen präsen-<br />

tiert: Fernsehen, Radio, Fotografie und experimentelle Ausdrucksformen. Durch<br />

die internationale Ausrichtung des Festivals kamen im letzten Jahr an die 100<br />

Dokumentationen aus der ganzen Welt zusammen, wobei der Fokus trotzdem auf<br />

nordischen Filmen lag. Auch in diesem Jahr werden interessierte Dokumentar-<br />

freunde die Möglichkeit haben, Kino für die Ohren zu erleben, Fotoausstellungen<br />

zu durchwandern, in Filmen zu schwelgen oder mit den Regisseuren ihre Arbeiten<br />

ausgiebig bei einem Glas Wein zu diskutieren.<br />

Aber was macht den Dokumentarfilm so einzigartig? Dass er authentisch ist,<br />

würden wohl viele sagen. Denn als Zuschauer geht man davon aus, dass ein<br />

Dokumentarfilm die Wirklichkeit so abbildet, wie sie tatsächlich ist. Oft werden<br />

dabei besonders stark inszenierte Bilder für echt gehalten. Ein Regisseur hat<br />

durch sein Schaffen aber gerade die Möglichkeit, seine ganz persönliche Sicht<br />

der Dinge zu zeigen: Seine Auswahl der Bilder, der Schnitt oder der Ton dienen<br />

immer dazu, bestimmte Aspekte hervorzuheben oder andere in den Hintergrund<br />

treten zu lassen. Diese Inszenierungsmöglichkeiten müssen dem Publikum also<br />

bewusst sein. Jede Abbildung der Realität kann immer nur ein Ausschnitt und<br />

somit ein Konstrukt sein. Authentisch sind die Filme, die „Tempo“ zeigt, trotzdem.<br />

Denn Authentizität bedeutet nichts weiter, als dass dem Zuschauer ersichtlich<br />

wird, wer hinter einer Information steckt und dass diese nach der Aufnahme nicht<br />

mehr verändert wurde.<br />

Diese Vermittlung von Authentizität scheint den Regisseuren aus den nordischen<br />

Ländern besonders gut zu gelingen. Denn in den letzten Jahren widmen sich<br />

immer mehr Festivals mit besonderen Schwerpunkten den Filmen aus dem<br />

Norden. Wie zum Beispiel das Dokumentarfilmfestival in Thessaloniki, das im<br />

März stattfand und als eines der wichtigsten in Europa gilt, wenn es um die<br />

Entdeckung neuer Talente geht. Mit 16 Filmen aus Skandinavien wurde hier ein<br />

deutlicher Akzent gesetzt. Die intensive Beschäftigung mit skandinavischen<br />

Dokumentationen auf Festivals könnte also ein Hinweis darauf sein, dass diese<br />

begeistert vom Publikum angenommen werden. Denn ein Film kann nicht von<br />

alleine populär werden, sondern nur dann, wenn der Zuschauer Bezüge zu eige-<br />

nen Erfahrungen herstellen kann. In den nordischen Ländern gibt es im Vergleich<br />

zu vielen anderen Ländern außerdem eine lange Tradition des Dokumentarfilms.<br />

In Schweden zum Beispiel waren die ersten Produktionen in den Anfangsjah-<br />

ren des Films dokumentarischer Art, und mit dem politischen Engagement der<br />

Sechzigerjahre nahmen die Dokumentarfilme eine stärker gesellschaftskritische<br />

Position ein als früher. Durch diese relativ zeitige Auseinandersetzung mit dem<br />

Dokumentarischen in Skandinavien konnten sich die Regisseure dort im Unter-<br />

schied zu anderen Teilen Europas schon bald mit den experimentelleren Formen<br />

des Films beschäftigen. Und Dank vieler kleiner und unabhängiger Verleiher wa-<br />

ren Dokumentationen auch schon immer ein fester Bestandteil im schwedischen<br />

Kino – ein in anderen Ländern eher unbekanntes Phänomen.


Tempo goes Berlin!<br />

Von der Vielseitigkeit und hohen Qualität der nordischen Filme kann man sich<br />

bald auch in Berlin überzeugen. Während des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006 kommt<br />

das „Tempo Dokumentärfestival“ mit fünf der besten, teilweise preisgekrönten<br />

Dokumentationen aus Skandinavien im Gepäck in die Hauptstadt. Das Kino<br />

Babylon Mitte zeigt diese Filme, die die Welt verständlicher, aber vielleicht auch<br />

komplexer machen. Als Abwechslung zum allgemeinen „information overkill“<br />

bieten diese Werke visuelle Kicks und intellektuelle Herausforderungen mit<br />

Nachhaltigkeitsgarantie.<br />

Gezeigt werden „Never Like the First Time!“ des Schweden Jonas Odell, ein auf<br />

Interviews basierender, animierter Kurzfilm über das erste Mal, der bei der dies-<br />

jährigen Berlinale mit einem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Der finnische<br />

Film „The Three Rooms of Melancholia“ von Pirjo Honkasalo behandelt die Pro-<br />

bleme des Tschetschenienkrieges. In „Tintin and I“ des Dänen Anders Høgsbro<br />

Østergaard nimmt der Regisseur sein Publikum mit auf eine autobiographische<br />

Reise durch das Leben von Hergé, dem Schöpfer von „Tim und Struppi“. Und<br />

in „My Body“ wirft die norwegische Regisseurin Margreth Olin einen kritischen<br />

Blick auf ihren eigenen Körper.<br />

Ein besonderes Highlight in dieser skandinavischen Filmreihe wird die Diskus-<br />

sion mit dem schwedischen Regisseur Tarik Saleh sein. Das Publikum hat die<br />

einmalige Möglichkeit, seine spannende Dokumentation „Gitmo – The New Rules<br />

of War“ zu sehen und anschließend mit ihm über sein Werk und die Vielseitig-<br />

keit und Experimentierfreudigkeit nordischer Produktionen im Allgemeinen zu<br />

diskutieren. Denn zu erzählen hat der 34-jährige Saleh bestimmt einiges. In<br />

seiner Jugend vertrieb er sich die Zeit als Graffitikünstler und studierte dann an<br />

der Kunsthochschule in Alexandria. In Ägypten startete er eine Zeitung, und in<br />

Schweden schrieb er für die feministische Zeitschrift „Bleck“. Eine multikulturelle<br />

Gesellschaftssendung im schwedischen Fernsehen hat er auch schon moderiert.<br />

In seinem neuesten Dokumentarfilm „Gitmo“, bei dem er zusammen mit Erik Gan-<br />

dini Regie führte, versuchen die beiden herauszufinden, was tatsächlich hinter<br />

den Toren von Guantánamo Bay, dem US-amerikanischen Militärstützpunkt auf<br />

Kuba, passiert. Obwohl viele um die Situation der Gefangenen dort wissen, sind<br />

die Zustände seit langem unverändert. Ein großes Thema des Films ist die Stille,<br />

die sich über dem Lager ausgebreitet hat und auch noch nach dem Verlassen<br />

anhält. Vor einigen Jahren hat das schwedische Regieduo bereits eine spektaku-<br />

läre Fernsehdokumentation über den Mord an Che Guevara gedreht. Unbequeme<br />

Themen gehören also zu ihrem Tagesgeschäft. Wer Tarik Saleh treffen möchte,<br />

sollte deshalb unbedingt am 30. April um 18 Uhr im Kino Babylon Mitte<br />

vorbeischauen.<br />

Die Vorführungen der Filme des „Tempo Dokumentärfestival“ Stockholm im Kino<br />

Babylon Mitte sind durch die engagierte Mitarbeit des Schwedischen Filminsti-<br />

tuts, der Schwedischen Botschaft, des Dänischen Filminstituts und des Norwe-<br />

gischen Filminstituts ermöglicht worden.<br />

Programm<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 2<br />

FREITAG, 28.4.2006, 17.30 UHR<br />

„Tintin and I” von Anders Høgsbro Østergaard, Dänemark 2004, 74 min, englische Untertitel.<br />

„My Body” von Margreth Olin, Norwegen 2002, 25 min, englische Untertitel.<br />

SAMSTAG, 29.4.2006, 17.30 UHR<br />

„The Three Rooms of Melancholia” von Pirjo Honkasalo, Finnland 2004, 105 min,<br />

englische Untertitel.<br />

SONNTAG, 30.4.2006, 18.00 UHR<br />

„Gitmo-The New Rules Of War” von Erik Gandini und Tarik Saleh, Schweden 2005, 80 min,<br />

englische Untertitel.<br />

„Never Like the First Time!” von Jonas Odell, Schweden 2006, 15 min, englische Untertitel.<br />

Diskussion mit dem Regisseur Tarik Saleh („Gitmo“) nach der Filmvorführung.<br />

MONTAG, 01.05.2006, 17.30 UHR<br />

„Tintin and I” von Anders Høgsbro Østergaard, Dänemark 2004, 74 min, englische Untertitel.<br />

„My Body” von Margreth Olin, Norwegen 2002, 25 min, englische Untertitel.<br />

DIENSTAG, 02.05.2006, 17.30 UHR<br />

„The Three Rooms of Melancholia” von Pirjo Honkasalo, Finnland 2004, 105 min,<br />

englische Untertitel.<br />

Foto von Tarik Saleh und Erik Gandini. www.folketsbio.se


0 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Die Filme<br />

GITMO – THE NEW RULES OF WAR<br />

Regie: Erik Gandini und Tarik Saleh<br />

Schweden 2005<br />

Erik Gandini und Tarik Saleh fragen, was eigentlich<br />

in Gitmo, Guantánamo Bay auf Kuba, geschieht,<br />

wo über 600 Männer gefangen gehalten werden,<br />

ohne dass ihnen direkt eine Straftat vorgeworfen<br />

werden könnte. Mit offenen Armen werden die<br />

Regisseure von PR-Funktionären empfangen, die<br />

ihnen den Golfplatz zeigen, vergünstigte Hotelpreise<br />

und Gratisflüge anbieten. Die Gefangenen werden<br />

anscheinend gut behandelt. Doch die Suche führt<br />

weiter nach Washington, Stockholm, Bukarest und<br />

Abu Ghraib im Irak. Langsam offenbart sich eine<br />

neue, schaurige Welt.<br />

THE THREE ROOMS OF MELANCHOLIA<br />

Regie: Pirjo Honkasalo<br />

Finnland 2004<br />

Der Schauplatz dieses Films ist der Tschetscheni-<br />

enkrieg. Die Unfähigkeit der Erwachsenen, diesen<br />

Krieg zu beenden, lässt eine Generation heranwach-<br />

sen, die vom Hass wie von einer göttlichen Inkar-<br />

nation heimgesucht wird. Kinder haben die Bürde<br />

des Hasses auf sich genommen; Hass, der, wie sie<br />

glauben, aus ihnen selbst entspringt. Honkasalo<br />

teilt ihren Film in drei Teile ein, die die unterschied-<br />

lichen Positionen und Feindbilder in diesem Krieg<br />

verdeutlichen. Melancholie bedeutet Trübsinn und<br />

Schwermut, Wörter, die diesen Film, der schon über<br />

zehn Preise auf Filmfestivals weltweit gewonnen<br />

hat, sehr treffend beschreiben.<br />

TINTIN AND I<br />

Regie: Anders Høgsbro Østergaard<br />

Dänemark 2004<br />

Dieser außergewöhnliche Dokumentarfilm entstand<br />

aus einem alten aufgezeichneten<br />

Interview mit Georges Remi, besser bekannt unter<br />

dem Namen Hergé, dem Schöpfer von „Tim und<br />

Struppi“. Der Film ist sozusagen ein Porträt des<br />

20. Jahrhunderts und eines unfreien Mannes, der<br />

unter deutscher Besatzung und den Schikanen<br />

der katholischen Kirche in Belgien ausgesetzt,<br />

versucht, eine perfekte Comicfigur ohne jegliche<br />

Fehler zu schaffen. Die Analyse von Hergés Angst<br />

vor dem Erwachsenwerden ist bemerkenswert – und<br />

menschlich.<br />

NEVER LIKE THE FIRST TIME!<br />

Regie: Jonas Odell<br />

Schweden 2006<br />

Dieser brandneue animierte Kurzfilm von Jonas<br />

Odell ist so gut, dass er auf der Berlinale den<br />

Goldenen Bären in der Kategorie Bester Kurzfilm<br />

gewonnen hat. Vier Menschen erzählen hier von ih-<br />

rem ersten Mal, ein Erlebnis, das irgendwo zwischen<br />

den Kategorien komisch und tragisch zu Hause zu<br />

sein scheint. Basierend auf Interviews zeigt dieser<br />

Film Entsetzen, Nostalgie und Scham – Gefühle, die<br />

wohl jeder nachvollziehen kann, denn: Es ist nie wie<br />

beim ersten Mal!<br />

MY BODY<br />

Regie: Margreth Olin<br />

Norwegen 2002<br />

Norweger seien viel zu körperfixiert, sagt die Regis-<br />

seurin Margreth Olin. Ihr Film handelt daher davon,<br />

wie eine Frau ihren eigenen Körper wahrnimmt<br />

und wie alle anderen ihn sehen. Er zeigt, wie eine<br />

einzige, bestimmt nicht böse gemeinte Bemerkung<br />

über ihre Füße sie dazu bringen kann, nie wieder<br />

Sandalen zu tragen. Oder wie eine Bemerkung über<br />

ihren Mund dazu führt, dass sie nie wieder herzhaft<br />

lacht. Laut der schwedischen Dokumentarfilmgrö-<br />

ße Stefan Jarl ist Margreth Olin eine der besten<br />

europäischen Dokumentarfilmerinnen, und auch die<br />

zahlreichen Preise, die sie für „My Body“ bekommen<br />

hat, sprechen für sich.


Nordischer Klang 2006<br />

Blüht in Deutschland die Kultur aus dem Norden nur in den<br />

Großstädten? – Nein! Das Festival Nordischer Klang in Greifs-<br />

wald unweit der Ferienparadiese von Rügen und Usedom wird<br />

vom 4. bis zum 13. Mai zum nunmehr 15. Mal Hochkarätiges aus<br />

Musik, Literatur, Kunst, Film, Tanz und Theater in den Nordosten<br />

Deutschlands holen.<br />

Ursprünglich entstand der Nordische Klang nach der Wende auf Bestreben des Nordischen Instituts der<br />

Universität Greifswald, um die Literatur und damit den Duft der weiten nördlichen Welt in die Region zu brin-<br />

gen. Schnell entwickelte sich ein reger Kontakt mit den Greifswalder Partnerstädten Lund, Kotka und Hamar<br />

und den kulturellen Institutionen des gesamten Ostseeraums, bis schließlich das Festival zu seinem heutigen<br />

Umfang gewachsen war. Ein buntes Kaleidoskop aus Pop, Jazz, Klassik und Weltmusik, Autorenlesungen und<br />

Ausstellungen, Film und Theater, aus Skurrilem, Hinreißendem und Klassischem.<br />

Elche und Wikinger sucht man vergebens, aber all das, was nicht krampfhaft Nördlichkeitsromantik be-<br />

schwört, hat beste Chancen. Der Nordische Klang bietet sowohl jungen als auch etablierten Künstlern eine<br />

Plattform, um ihre Sounds, Stories, Formen und Visionen vorzustellen, und dies oft lange bevor sie vom<br />

hiesigen Hype gepusht werden. So erlebten die Greifswalder die Anfänge der Cello-Rocker Apocalyptica. Sie<br />

lachten herzlich über den „finnischen Helge Schneider“ M.A. Numminen mit seinen Jazz- und Tango-Parodien,<br />

woraufhin dieser zur deutschen Medienpersönlichkeit avancierte. Und sie verfolgten die Geburt der dänischen<br />

Rockband Kirsten Ketsjer, die sich extra für ein Projekt beim Nordischen Klang gebildet hatte und mittler-<br />

weile zum Erfrischend-Innovativsten des Genres zählt. Internationale Stars zeigten sich in Exklusivkonzerten<br />

von ihrer skandinavischen Seite: Georgie Fame (Yeh Yeh!) kam mit schwedischer Bandbesetzung, Meister-<br />

drummer Ed – Mr. Taste – Thigpen in seinem 75. Lebensjahr mit dänischer Combo, und die Berliner Souldiva<br />

Angelika Weiz sang mit MI 22, Kopenhagens explosiver Funk-Bigband.<br />

2006 ist keineswegs Schluss mit dem Schlaraffenland. Die wahre schwedische Königin Sylvia, mit Nachna-<br />

men Vrethammar, hat zugesagt! Straight to the source: Sie ist das ausgewiesene Vorbild von Sängerinnen wie<br />

Viktoria Tolstoy, Rigmor Gustafsson & Co. Kein Wunder, dass Bert Kaempfert sie als Nachfolgerin von Frank<br />

Sinatra in sein Orchester holte.<br />

Und dann Simone Moreno: In den 1990er Jahren war sie der Topact der Música Popular Brasileira, auf ihrem<br />

Debütalbum hatte sie gleich Gilberto Gil als Gast, drei weitere CDs bei Majorlabels folgten, danach kam sie<br />

nach Stockholm der Liebe wegen, wo sie die afrobrasilianische Princesa der Club Culture wurde, stylish und<br />

funky. Nach Montreux ist nun Greifswald ihr nächstes Ziel auf dem Kontinent. Muito obrigado!<br />

Aus Norwegen kommen Jon Balke mit einer akustischen Ausgabe seines Magnetic North Orchestra und<br />

ebenso die Band Transjoik, die elektronischen Rock und samische Gesänge dermaßen respektlos verquickt,<br />

dass es authentische Schamanen an den Rand des Nervenzusammenbruchs treibt.<br />

Der Maler Bernd Koberling konfrontiert derweil den Ultramodernismus seiner Aquarellkunst mit isländischen<br />

Natureindrücken.<br />

Programmhighlights<br />

Nordischer KlaNg 4.-13.5.2006<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />

Freitag 5.5.<br />

18.00 Theater Greifswald: Feierliche Eröffnung des 15. Festivals<br />

Nordischer Klang in Anwesenheit der Generaldirektorin des<br />

schwedischen Kulturrates Kristina Rennerstedt.<br />

Eröffnungsmusik: Zarandea (SE)<br />

20:00 Theater Greifswald: Sibeliuskonzert<br />

samstag 6.5.<br />

19.30 St. Spiritus, Kapelle: Sounds&Poetry mit Endenor (NO/<br />

GB/DK) – Norsk poesi in contemporary improvisation und Lisa<br />

C. B. Lie (NO)<br />

20.00 Mensa: Clubs-U-Night – Präsentiert von den 5 Greifswalder<br />

Studentenclubs: Zarandea (SE), Cleaning Women (FI),<br />

TempEau (DK)<br />

23.00 St. Spiritus, Kapelle: Spätkonzert mit Transjoik (NO)<br />

sonntag 7.5.<br />

11.00 Pommersches Landesmuseum Matinee: Kotka<br />

Violin Kids (FI)<br />

15.00 Ballhaus Goldfisch: Bo Stief – One Song III (DK/I/Serbien)<br />

17.15 und 20.15 Cinestar: Dark Horse (DK/ISL), OmU<br />

20.00 Theater Greifswald: Copenhagen Art Ensemble & Tanz<br />

(DK) und Jon Balke & Magnetic North Orchestra (NO)<br />

montag 8.5.<br />

20.00 und 21.00 Dompassage: Simone Moreno & Band<br />

(BRA/SE)<br />

dienstag 9.5.<br />

10.00 Nordisches Institut: Informationsforum: Kirchen, Religionen<br />

und Gesellschaft in den nordischen Ländern<br />

19.00 Pommersches Landesmuseum: Duo Milla Viljamaa &<br />

Johanna Juhola (FI)<br />

20.00 TaP: Premiere „Elling“ (NO)<br />

20.00 St. Spiritus, Kapelle: Blob Back Fahrenheit (DK),<br />

Slütspürt (DK)<br />

mittwoch 10.5.<br />

10.00 Nordisches Institut: Informationsforum: Kirchen, Religionen<br />

und Gesellschaft in den nordischen Ländern<br />

20.00 Theater Greifswald: Sylvia Vrethammar & Hector Bingert<br />

feat. Claes Crona Trio (SE)<br />

donnerstag 11.5.<br />

19.00 Volkshochschule: Vortrag: Anja Matz – Das Grönlandbild<br />

in dänischen Kinderbüchern<br />

21.30 Pommersches Landesmuseum: Filmclub Casablanca: Honey<br />

Baby (FI/DK/LV)<br />

Freitag 12.5.<br />

14.00 Koeppenhaus: Ibsen-Special<br />

21.00 Mensaclub: Polar Night: Sugarplum Fairy (SE),<br />

Mon Roe (SE)<br />

21.00 St. Spiritus, Kapelle: Lift & Lynch(DK/NO/E) – Vokalimprovisation<br />

& Tanz<br />

samstag 13.5.<br />

15.00 St. Spiritus, Hof Bebelschule: Abschlussfest mit Gunhild<br />

Carling Swing Band (SE) und Suwalski World Club (DK/Kuba)<br />

– Salsa & Latin Jazz<br />

20.00 St. Spiritus, Hof Bebelschule: Sväng (FI) – Mundharmonikaquartett<br />

und No funky Name (NO)<br />

ausstellungen:<br />

Galerie im St. Spiritus: „Soweit das Eis es zulässt...<br />

Greifswald–Arktis und zurück“<br />

Galerie Schwarz: Bernd Koberling (DK)<br />

Stadtbibliothek Hans Fallada: „Licht der Wildmark“ (FI), Fotografien<br />

von Tauno Kohonen<br />

Theaterfoyer: Fotos vom Nordischen Klang, Geert Maciejewski


2 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Nordische<br />

elektronische<br />

Musik<br />

von A bis Z<br />

– Ein Guide aus der Sicht eines schwedischen Insiders<br />

Von Tommie Jönsson, Foto: Rickard Sund, Illustration: Clapclap<br />

In den nordischen Ländern ist das Sozialversiche-<br />

rungssystem sehr großzügig. Die technologische<br />

Infrastruktur ist gut ausgebaut, bis in die Privatwoh-<br />

nungen. Es gibt einen Haufen Inspirationsquellen für<br />

die Produktion von elektronischer Musik – Gebirge<br />

und Fjorde für Ambient, dunkle Wälder und Winter-<br />

depressionen für die finnischen Gletscherhouse-<br />

Produzenten, deprimierende Betonarchitektur für<br />

strukturliebende Minimalisten der Knasterschiene.<br />

Ehrlich gesagt herrscht eine verheerende Überpro-<br />

duktion in der nordischen elektronischen Musiksze-<br />

ne vor. Und deswegen ist es schwer, um nicht zu<br />

sagen unmöglich, einen Überblick zu geben. Jeder<br />

Zuhörer hat seine eigenen Vorlieben, sein eige-<br />

nes Wissen und seine eigene Vorstellung von den<br />

Zusammenhängen. Dies hier ist meine Auswahl, ein<br />

ABC, das während der 25 Jahre meiner Tätigkeit<br />

als Analytiker der nordischen elektronischen Musik<br />

entstanden ist.


Andersson, Tomas<br />

Ist bedeutend älter, als er mit seinem zerzausten<br />

Haar und der Hornbrille aussieht. Verlässlicher<br />

Handwerker, dessen Spezialität etwas einfäl-<br />

tiger, aber schlagkräftiger Partytechno ist. Tomas<br />

schneidet direkt zur Autoverfolgungsszene, anstatt<br />

sich lange aufzuwärmen oder in irgendeiner Art an<br />

den Intellekt zu appellieren. Dass Andersson unter<br />

Bpitch Controls Banner arbeitet, hat ihm zu Hause<br />

in Stockholm jedoch nicht sonderlich viel Credit<br />

eingebracht. Jedenfalls nicht, bevor im Jahre 2005<br />

die 12-Inch „Washing Up” ein Dancefloorhit wurde<br />

– zu Tomas’ Verdruss war es aber leider der Remix<br />

von „Tiga“, der am meisten gespielt wurde.<br />

Å, Brusa högre lilla<br />

Nicht besonders elektronisch, aber die Easy-Liste-<br />

ning-Symphonie „Brusa högre lilla å” (dt.: „Rausche<br />

lauter, kleiner Bach“) des Flötisten Björn J:sson<br />

Lindh und des Gitarristen Janne Schaffers war<br />

der erste Kontakt mit Chill-Out-Musik, den ein<br />

schwedisches Kind der siebziger Jahre hatte. Das<br />

Licht in der Turnhalle wurde gedimmt. Alle mussten<br />

sich auf den Rücken legen. Und fühlen, wie sich<br />

die Arme anfühlten. Und die Beine. Der Sportlehrer<br />

hob die einzelnen Körperteile an und kontrollierte,<br />

dass die Schwere – der Grad der Entspannung also<br />

– ausreichte. All dies, während rieselnd-murmeln-<br />

de Klänge zu der mit ausgespucktem Kautabak<br />

gespickten Decke hochstiegen. Auch wenn man<br />

sich tausende Ambientplatten zu Gemüte führt – die<br />

gleiche totale Entspannung wie damals wird sich nie<br />

wieder einfinden.<br />

Älgarnas Trädgård (dt.: Der Garten der Elche)<br />

Das Elche-Album „Framtiden är ett svävande skepp<br />

förankrat i forntiden” (dt.: „Die Zukunft ist ein trei-<br />

bendes Schiff, das in der Vergangenheit verankert<br />

ist“) ist wohl das rauchigste und schimmeligste,<br />

was in der schwedischen Proggära* aufgenom-<br />

men wurde. Die Gruppe, oder besser gesagt das<br />

Kollektiv, dröhnte mit einem Modulsynthesizer und<br />

diversen mittelalterlichen Instrumenten los. Das<br />

Resultat klingt wie eine höllische Version von Popol<br />

Vuh (die deutsche Band mit Florian Fricke, nicht die<br />

Norweger). Angsteinjagende Musik.<br />

Biosphere<br />

Der angenehm kühle Ambienttechno des ehema-<br />

ligen „Bel Canto“-Mitgliedes Geir Jensen war ein<br />

richtiges Aha-Erlebnis zu Beginn der 1990er Jahre.<br />

Das erste Mal in der Geschichte kam einem der<br />

bewusstseinserweiternde Gedanke, dass sogar<br />

Norweger anständige Musik komponieren können.<br />

Biospheres subarktische Klänge haben außerdem<br />

den Standard dafür gesetzt, wie nordische elektro-<br />

nische Musik ab dem Moment von nicht-nordischen<br />

Journalisten beurteilt werden würde – Wörter mit<br />

einer deutlichen Verbindung zu Natur und Klima sind<br />

seitdem dominant.<br />

Cosmic Overdose<br />

Die erste und eigentlich einzige nordische Syn-<br />

thpunkband, die eine Erwähnung wert ist. Cos-<br />

mic Overdose, die ihre Wurzeln in einem äußerst<br />

trippigen Proggprojekt namens „Älgarnas trädgård“<br />

haben (siehe Ä), verbanden Volksheimparanoia<br />

mit Drum Machines und sind eigentlich das einzige<br />

Phänomen in der schwedischen Musikwelt, das mit<br />

den Größen der Neuen Deutschen Welle oder der<br />

amerikanischen Band „The Screamers“ verglichen<br />

werden kann. Zu dem Lied „En av dom” vom Album<br />

„4668” kann man sich sogar rhythmisch bewegen.<br />

Lies irgendeine Rezension<br />

einer wahlfreien<br />

isländischen<br />

Elektronica-Platte<br />

– irgendwann tauchen<br />

die Referenzen<br />

zu Björk und<br />

Fabelwesen mit Sicherheit<br />

auf.<br />

Differnet<br />

Um 2002 herum wurde der klassische Laptopmi-<br />

nimalismus zu einem einengenden Korsett, und<br />

zwar selbst für die, die Knastern, Glitches, Klicks,<br />

Strukturen und Echtzeitbearbeitung von Klängen<br />

eigentlich mochten. Die Quote ernsthaft drein-<br />

blickender Männer mit tragbaren Computern war<br />

einfach seit langem erfüllt. Die superintellektuelle<br />

Popband Differnet schien ein Ausweg aus der<br />

Misere zu sein. Das Debutalbum „Come on and<br />

Bring Back the Brjokén Sounds of Yore!” (Friendly<br />

Noise, 2003) schreckt mit einem Poetikvortrag<br />

über verstummende Motorsägen eingangs eher ab,<br />

bietet dann aber eine großzügige und stimulierende<br />

Menge Poplieder, die immer wieder aufs Neue durch<br />

den Fleischwolf gedreht werden. Und auch hier kann<br />

man sich stellenweise sogar rhythmisch zur Musik<br />

bewegen.<br />

Edler, Hans<br />

Ein etwas vernachlässigter Pionier der nordischen<br />

elektronischen Musik. Verdient eine Medaille für<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

das bizarre Album „Elektron Kukéso”, das in den<br />

Nächten des Jahres 1971 im sonst so todernsten<br />

Elektroakustiktempel EMS (Elektronmusikstudion<br />

Stockholm) aufgenommen wurde und als die erste<br />

völlig computerprogrammierte Pop-Platte gilt. Wer<br />

behauptet, dass die psychedelisch inspirierte Schei-<br />

be „Elektron Kukéso” ein musikalisches Meisterwerk<br />

ist, übertreibt. Die Lieder sind schlichte Popsongs,<br />

gewürzt mit „witzigen” Effekttönen, sie treffen weder<br />

Ton noch Takt und halten sich allein über ihren<br />

naivistischen Charme am Leben. Aber im Vergleich<br />

zu anderen Werken aus der gleichen Zeit und dem<br />

gleichen Studio ist die Platte mit Würde gealtert.<br />

Einzig möglicher Vergleich: Die ebenso bizarre LP<br />

„Nygammal kultis” des Akkordeonkönigs Gnesta-<br />

Kalle, unterstützt von Björn & Benny von ABBA auf<br />

ihren Moogsynthesizern. Edlers „Elektron Kukéso”<br />

gibt es als CD bei Boy Wonder Records. In seinem<br />

heutigen Leben arrangiert Hans Edler nostalgische<br />

Popgalas mit Künstlern der 1960er Jahre.<br />

Field, The<br />

Eines der vielen Aliasse des Ambientliebhabers Axel<br />

Willner, auch als Porte, Lars Blek, Cordouan, James<br />

Larson oder eine Hälfte von Speedwax bekannt.<br />

The Field, die im letzten Jahr eine schöne weh-<br />

mütige 12-Inch auf Kompakt veröffentlicht haben<br />

(so was wird in Stockholm sehr hoch angesehen),<br />

unterscheiden sich von den anderen Aliassen durch<br />

die Verwendung eines Viervierteltaktes. Das hört<br />

sich jetzt vielleicht nicht sonderlich speziell an, aber<br />

in Kombination mit The Fields mitfühlend zyklischer<br />

Ohrenmassage ist dies die allerbeste Tanzmusik<br />

zum absoluten Stillliegen.<br />

Gothics<br />

Gothics, deprimierte Menschen in Ledermänteln,<br />

und so genannte Hardcore-Synthiepopper, Men-<br />

schen mit Nazifrisuren und Hosenträgern, haben<br />

die elektronische Musik im Norden bis in die späten<br />

1980er Jahre regiert, was der modernen Tanzmusik<br />

(House, Acid, Techno) das Fußfassen erschwerte.<br />

Dies ist eine Erklärung dafür, dass die Nordländer<br />

etwas mit ihrem Start hinterherhinkten. In der letz-<br />

ten Zeit hat sich ein Gothic-Hybrid mit Vorliebe für<br />

Trance entwickelt, die so genannten Currygothics.<br />

Huoratron<br />

Das stimmungssteigernde Muskelpaket Aku Raski<br />

(auch Mitglied der Helsinkier „Nu Science“) foltert<br />

aus zwei kleinen Gameboys verzerrte und wild<br />

draufhauende Tanzmusik mit reinen Gabberquali-<br />

täten hervor. Ein richtiger Showmensch. Das Pub-<br />

likum bei einem Huaratron-Gig lacht zunächst ein<br />

bisschen verlegen, aber bald bewegt es sich zackig<br />

wie folgsame Sklaven zu den Klängen des Meisters.<br />

Ein sehr schöner Anblick. Genau wie „Imatran Voi-


<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Der in den letzten Jahren stattgefundene<br />

Aufschwung von Elektrohouse und poppigem<br />

Techno hat wenigstens in Schweden viel<br />

damit zu tun, dass die Popmenschen den<br />

Rhythmus gefunden haben, anstatt nur Bier<br />

zu trinken.<br />

ma“ und „Aavikko“ ist Huaratron ein weiterer Beweis<br />

dafür, dass die finnische Einstellung – Musik muss<br />

unterhaltsam und nicht nur cool sein – der richtige<br />

Weg ist.<br />

Isländische Elfenhaftigkeit<br />

Nach Björks und Sigur Ros’ internationalem<br />

Durchbruch erwartet die ganze Welt, dass sämtliche<br />

isländischen Künstler, die atmosphärische Musik<br />

machen, irgendeine Verbindung zum Fabelreich<br />

haben. Lies irgendeine Rezension einer wahlfreien<br />

isländischen Elektronica-Platte – irgendwann<br />

tauchen die Referenzen zu den genannten Künstlern<br />

und Fabelwesen mit Sicherheit auf. Es ist natür-<br />

lich absolut möglich, dass Björk und Sigur Ros<br />

regelmäßig Kontakt mit unsichtbaren, unter Steinen<br />

lebenden Zwergen haben. Es ist auch bekannt, dass<br />

manche Isländer ihre Häuser nur an Orten bauen,<br />

wo diese eventuell existierende Elfenkolonien nicht<br />

stören. Aber aus diesen zwei Kenntnissen zu schlie-<br />

ßen, dass alle isländischen Musiker eines Genres<br />

Verbindungen zu magischen Wesen haben, ist eben-<br />

so unsinnig wie zu glauben, dass alle Metalbands<br />

der Welt im Dienste Satans unterwegs sind. Das ist<br />

vorurteilsvoll, genauso wie die Behauptung, dass<br />

„Schwarze den Rhythmus im Blut haben”.<br />

Kurenniemi, Erkki<br />

Die Sammelalben des legendären finnischen<br />

Plattenlabels „Love“ haben Kurenniemis frühe<br />

Aufnahmen aus den 1960er und 1970er Jahren<br />

für die gesamte Welt zugänglich gemacht. Dies<br />

ist ein wirklich großer Dienst, und man sollte sich<br />

diese Aufnahmen ebenso aufmerksam anhören wie<br />

seinerzeit Stockhausens. Kurenniemis Sachen sind<br />

deutlich energiegeladener als die meisten Werke<br />

seiner Zeitgenossen. Sie geben einen Einblick in<br />

das, was lange Zeit später mit Pan Sonic kommen<br />

sollte. Kurenniemis Spezialität war Do-It-Yourself,<br />

besonders beim Bau abstruser Instrumente wie dem<br />

DIMI-S („The Love Machine“), ein Synthesizer, der<br />

die Töne über den Input von an der Haut befestigten<br />

Elektroden erzeugt. Das Gerät steht heutzuta-<br />

ge beim schwedischen New-Age-Musiker Ralph<br />

Lundsten, der eventuellen Besuchen zu Studien-<br />

zwecken nicht abgeneigt gegenübersteht.<br />

Lindstrom<br />

Im Jahr 2005 war einem wohl nie so wohlig zumute<br />

wie in den Momenten, als sich Lindstroms „I Feel<br />

Space“ in den Mix einschlich und sich das gesamte<br />

Empfinden angenehm vernebelte. Das war der<br />

Durchbruch der „skandinavischen Kosmik-Disco“,<br />

Disco für bärtige Männer in Streetwearklamotten.<br />

Lindstrom und seine Freunde Prins Thomas und<br />

Todd Terje spannen Giorgio Moroder und die späten<br />

Ash Ra Tempel als Positionsmarke ein, um die<br />

Tanzfläche warm zu halten, und dies vielleicht auch<br />

noch ein paar Monate länger. Die Musik ist weich,<br />

schmusig und melodiös. Und sie hört sich auf eine<br />

augenfällig neu-norwegische Art luxuriös an. Den-<br />

noch birgt das Lindstrom & Prins Thomas-Album die<br />

ständige Gefahr, dass die Gemütlichkeit aufreißt. Es<br />

fällt schwer, die Sorge abzuschütteln, dass sich das<br />

Ganze in Nordic Lounge mit Retroklängen verwan-<br />

delt oder noch schlimmer: Kruder und Dorfmeister.<br />

Aber zu diesem Zeitpunkt werden sich die Norweger<br />

sicherlich schon etwas Neues für uns ausgedacht<br />

haben.<br />

Midaircondo<br />

Das ausgesprochen organische Electronica-Trio<br />

Midaircondo hatte auf dem letzten Sónar-Festival<br />

die schönsten Loopkompositionen und Klamotten.<br />

Midaircondo treten fast immer barfuß auf, haben<br />

aber kleine runde Teppiche dabei, um ihre Füße<br />

zu wärmen. Sie spielen auf vielen wunderlichen<br />

Blasinstrumenten manchmal dröhnende, manchmal<br />

folkähnliche Improvisationsstücke, und auch die<br />

Kalimba, das Must-Have-Instrument des vorletzten<br />

Jahres, ist immer dabei. Mehr als alles andere sind<br />

sie ein Beispiel für die losgelöste, aber sehr ein-<br />

drucksvolle Entwicklung in Richtung trippiger, sich<br />

selbst suchender Muckerfusionmusik, die in vielen<br />

musikalischen Bereichen im Norden stattfindet (die<br />

Dänen „Efterklang“ wären ein weiteres Beispiel).<br />

Die Musik ist schön, wird aber in jedem Monat von<br />

mehr und mehr Sportkanalredakteuren entdeckt<br />

und als musikalische Begleitung zu den Bildern des<br />

Tages verwurschtelt und auf diese Weise zu seichter<br />

Muzak reduziert. Schade bei so feinen Kompositi-<br />

onen.<br />

New Speak<br />

Ein unterschätztes Label für elektronische Musik,<br />

das den ursprünglichen Electro-Aspekt in die immer<br />

verwaschener und erdiger klingende elektronische<br />

Musik zurückbringt. Wird von dem ehemaligen Graf-<br />

fitikünstler Ola Bergman betrieben, dessen Com-<br />

pilation „The Satellite City” ein absolutes Muss für<br />

alle ist, die frische Herbsttagsmelodien mit einem<br />

ordentlich synkopierten Beat zu schätzen wissen.<br />

Overlords, The<br />

Die dänische New-Beat-Kombo The Overlords be-<br />

ging 1988 einen harten, homoerotischen Lustmord<br />

am Bee-Gees-Klassiker „Night Fever“. Hier oben<br />

im Norden nennen wir so etwas absoluten „buskis”,<br />

eine Bezeichnung für burlesken und derben Humor,<br />

der weit unter die Gürtellinie zielt. Merkwürdigerwei-<br />

se war die 12-Inch dennoch unwiderstehlich funky<br />

mit ihren herzhaften Orchesterhits, dem mahlenden<br />

Bass und dem Wechsel zwischen Saunaclubgrun-<br />

zern und Falsettschreien, die im Geiste mit dem<br />

Klassiker „Beers, Steers and Queers“ von „The<br />

Revolting Cocks“ verwandt schienen. Diese Interpre-<br />

tation von Travoltadisco war aber auch die beste


Leistung der Overlords – Ian Mariaty, Rune Bendi-<br />

xen und Carsten Pedersen begannen bald darauf<br />

eine Trancekarriere, die bis 1996 andauerte.<br />

Ø<br />

„Kantamoinen”, die neueste Veröffentlichung von<br />

Mika Vainio unter dem Namen „Ø“ hat ungewohnte<br />

Ohrwurmqualität und Wärme. Das dürfte aller-<br />

dings nur ein vorübergehendes Formtief sein, denn<br />

ungefähr einen Monat, nachdem „Kantamoinen”<br />

veröffentlicht wurde, habe ich Mika zusammen mit<br />

Pan Sonic live in Aktion gesehen, und zwar mit<br />

einem dreckigen, bösen Noise-Gig.<br />

Poptechno<br />

Popmusik, besonders der Indiepop, hat viele Jahre<br />

mit dem so genannten „Rockism” zu kämpfen<br />

gehabt, einem dogmatischen Wertesystem, das sich<br />

auf den Audruckformen der Rockmusik und der bri-<br />

tischen Zeitung Mojo begründet. Für den Rockism,<br />

der eine unsichtbare Meßlatte zu sein scheint, nach<br />

der alle mögliche Musik beurteilt wird, sind „Ehr-<br />

lichkeit“ und „Authentizität“ Ehrbegriffe. Moderne<br />

Popfans geben alles, um sich davon so weit weg wie<br />

möglich zu positionieren. Eine Art, dies zu machen<br />

(fünfzehn Jahre nach allen anderen), ist die Mög-<br />

lichkeit, sich auf elektronische Musik einzulassen.<br />

Anti-Rocker experimentieren nun mit Einflüssen von<br />

Techno und Electronica, um eine Ausdrucksform<br />

zu schaffen, die das Bruce-Springsteen-Ideal so<br />

stark wie möglich herausfordert. Dieser Krieg der<br />

Kulturen ist natürlich absolut albern, aber im Zuge<br />

von gestreiften Pullis mit schlechter Haltung, die<br />

sich auf die Tanzfläche wagen, mutiert auch die<br />

elektronische Musik. Der in den letzten Jahren<br />

stattgefundene Aufschwung von Elektrohouse und<br />

poppigem Techno von Kompakt hat wenigstens in<br />

Schweden viel damit zu tun, dass die Popmenschen<br />

den Rhythmus gefunden haben, anstatt nur Bier<br />

zu trinken. Für Technofundamentalisten ist das ein<br />

Gräuel. Für uns andere ziemlich unterhaltsam.<br />

Quartfestivalen<br />

Jährliches Musikfestival im norwegischen Kristi-<br />

ansand mit großen Namen und einem anständigen<br />

elektronischen Startfeld. Für die menschen-<br />

scheueren Freunde der elektronischen Musik emp-<br />

fiehlt sich das schwedisch-dänische Norbergfestival,<br />

das jedes Jahr Ende Juli eine alte Mine mit allem<br />

von elektroakustischer Musik in Reinkultur bis hin zu<br />

eingängigem Computerspiel-Techno füllt.<br />

Ravekommissionen<br />

Das spezielle Einsatzkommando der Stockholmer<br />

Polizei, das gegen Drogen in Clubs und auf Raves<br />

vorgehen soll. Heißt heute „Kommission für Drogen-<br />

missbrauch bei Jugendlichen“ und hält sich deutlich<br />

bedeckter als in der Mitte der 1990er Jahre, als in<br />

Schweden die Moralpanik herrschte.<br />

Sähkö<br />

Heißt „Strom“ auf Finnisch. Das Plattenlabel wurde<br />

1993 von Tommi Grönlund gegründet, die erste Ver-<br />

öffentlichung war „Metri“ von Ø, der auch als Mika<br />

Vainio, der einen Hälfte von Pan Sonic, bekannt<br />

ist (siehe Ø). Jeder Technomensch, der etwas auf<br />

minimalistische Musik hält, kann wahrscheinlich die<br />

ganze Sähkogeschichte aus dem Effeff herun-<br />

terleiern. Sähkös Ausrichtung auf sehr schroffen<br />

und sparsamen Techno mit unmenschlich kaltem<br />

und rohem Sound wird auf der ganzen Welt von<br />

grimmigen Männern mit kahlgeschorenen Köpfen<br />

tief respektiert.<br />

Torsson, Patrik<br />

„Kolväteserenader (dt.: Kohlenwasserstoffsere-<br />

naden) ist eine Themenplatte über das Leben an<br />

Bord eines Öltankers. Lies weiter. Wir haben Patrik<br />

Torsson, Steuermann auf einem Tankschiff, der auch<br />

12-Inches auf Labels wie „Rushhour“ veröffentlicht<br />

hat, eine fantastische CD-R mit Namen „Gästham-<br />

nar“ (dt.: Gasthäfen; hier liest er alte Seeberichte zu<br />

elektronischen Klängen, die sich wie Musik von Jan<br />

Johansson anhören) und ein bisschen mehr.“ Die<br />

Größe von Kapitän Patrik Torsson zu erklären, lässt<br />

einen leicht an der eigenen mentalen Gesundheit<br />

zweifeln. Aber Torssons immergraue Alltagsschil-<br />

derungen des Lebens auf dem Öltanker sind mehr<br />

als nur dokumentarischer Ambient. Sie sind wie<br />

Spionage. Und die Stücke sind gut, auch wenn man<br />

die Art und Weise, wie der Steuermann seine Wörter<br />

betont, kritisieren kann.<br />

Uusi Fantasia<br />

Der stärkste Beweis dafür, dass in der finnischen<br />

Musikszene oder vielleicht sogar in der finnischen<br />

Volksseele nicht alles mit rechten Dingen zugeht, ist<br />

Uusi Fantasias Album „Top Ten“, das auf dem nor-<br />

wegischen Label Tellé im Jahr 2004 veröffentlicht<br />

wurde. Das Album ist nicht nur kraftlos eingespielt,<br />

ohne Sinn oder Fokus, versehen mit einem ebenso<br />

grässlichen Cover wie dem von „Tom Tom Club“,<br />

minderwertig gemixt und produziert – „Top Ten” ist<br />

auch gesegnet mit „Lattialla Taas“, einer schlichten<br />

Nichtmelodie, die über eine kleine Ewigkeit zu einer<br />

funkigen, schwebenden Freude der reinsten Sorte<br />

ausgedehnt ist.<br />

Vladislav Delay<br />

Unter diesem Namen ist der Finne Sasu Ripatti seit<br />

seinen Microhouse-Meisterwerken „Vocalcity“ und<br />

„The Present Lover“ auch bekannt – ähnlich den<br />

Projekten seines anderen Alias’ „Luomo“, jedoch<br />

ohne den Groove.<br />

Who Made Who<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Spielen ausgelassenen Discopostpunk. In Ske-<br />

lettkostümen. Trotzdem wird behauptet, dass<br />

Who Made Who ihre Sache absolut ernsthaft und<br />

ironiefrei betreiben. Und so weit ist auch alles klar<br />

wie Kloßbrühe. Nur dann machte ihr hervorragendes<br />

Benny-Benassi-Cover Werbung für Burger King,<br />

und das Gesamtbild wurde mit einem Mal so viel<br />

schwerer greifbar. Aber das ist wohl der berühmte<br />

dänische Humor, der dem Rest der Welt nicht immer<br />

ganz verständlich ist.<br />

X0X Records<br />

Fundamentalistisches finnisches Elektrolabel, das<br />

man als zuverlässig bezeichnen könnte, wenn es ein<br />

bisschen häufiger Platten veröffentlicht hätte.<br />

Zenna och Marie<br />

Der südschwedische Klangkünstler und Konzept-<br />

musiker Hans Appelqvist hat eine merkwürdige<br />

Vorliebe für vertonte Interviews oder Radiothea-<br />

tervorführungen. Die überspielt er dann mit einem<br />

verstimmten Schulklavier und versieht sie mit<br />

hohlen, triphoppigen Beats. Auf der EP „Att möta<br />

verkligheten” (dt.: „Die Wirklichkeit treffen“) trifft<br />

Hans die zwei kleinen Schulmädchen Zenna und<br />

Marie, die gerade bei ihrer Schulabschlussfeier<br />

waren und ein Lied singen. Dann erzählen sie, was<br />

sie machen werden, wenn sie groß sind. Glaubt es<br />

oder nicht, das ist mindestens genauso spannend<br />

wie eine Patrik Torsson-Platte (siehe T)!<br />

* Schwedischer Progg ist nicht mit anderem Progressive Rock zu vergleichen,<br />

sondern ist eher psychedelischer Krautrock mit nordischen Folk-Einflüssen.<br />

Wurde zunächst vornehmlich von bärtigen Hippies fabriziert, politisierte sich<br />

aber mit der Zeit so sehr, dass die Qualität der Musik in den Hintergrund trat<br />

und es nur noch um die Texte ging, mit Auswüchsen wie einem Musical über<br />

die Kindheit des schwedischen Sozialismus.


6 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Nokia Nseries presents <strong>NORD</strong>musik<br />

Vom meistkopierten Stuhl der Welt bis zur Must-<br />

have-Designerjeans, von mobilen Kommunika-<br />

tionsmitteln bis hin zu <strong>Popelfen</strong> oder knurrigen<br />

Krimi-Kommissaren: Wir lieben Kultur, Design und<br />

Technologie aus Skandinavien. Klarer Stil, Funk-<br />

tionalität und das mit Witz und Esprit umgesetzte<br />

Talent, Modernität und Menschenfreundlichkeit<br />

perfekt zu kombinieren, machen die Produkte aus<br />

Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen und<br />

Island so einzigartig. Besonders der musikalische<br />

Output der Nordländer begeistert uns mit seinem<br />

Charme, seiner Abenteuerlust und einer schon fast<br />

egozentrischen Unabhängigkeit, die befruchtend auf<br />

den Rest der kreativen Welt wirkt.<br />

Präsentiert von Nokia Nseries widmet sich der<br />

103 Club in Berlin zum krönenden Abschluss des<br />

<strong>NORD</strong> Kulturforums 2006 zwei Tage lang voll und<br />

ganz den unterschiedlichen Spielarten modernster<br />

skandinavischer Clubmusik. Ein wertvolles Line-Up<br />

aus hochgelobten Dancefloor-Acts wie den ver-<br />

rückt-genialen Who Made Who aus Dänemark, der<br />

norwegischen Sängerin, Produzentin und DJ-Ikone<br />

Annie oder dem dänischen Elektronik-Tüftler Andre-<br />

as Tilliander, ergänzt um eine Auswahl spannender<br />

Newcomer wie Bergens Coconut-Jungle-Marimba-<br />

Safari-Discoheld Todd Terje oder die unvergleich-<br />

lichen Bulgur Brothers, geben einen weit reichenden<br />

Überblick über den aktuellen Stand elektronischer<br />

Musik und Partykultur in den nordischen Ländern.<br />

Berlin erweist sich hierbei als perfekter Ort für<br />

<strong>NORD</strong>musik: Künstler wie President Bongo von Gus<br />

Gus aus Island, Bpitch Controls finnischer Vorzeige-<br />

DJ Kiki, Sasse aka Freestyleman – übrigens mit<br />

brandneuem Album bei <strong>NORD</strong>musik – oder auch<br />

Mikael Stavöstrand vom schwedischen Mitek Label<br />

haben ihre Zelte hier zumindest zeitweise aufge-<br />

schlagen und die Achse von Berlin in den Norden<br />

ausgebaut und gestärkt.<br />

Wir freuen uns auf nahezu zwanzig erstklassige<br />

Acts, viele Überraschungs-Gäste und ein ebenfalls<br />

von skandinavischen Künstlern gestaltetes visuelles<br />

Konzept auf den drei Bühnen des 103 Clubs in<br />

Berlin.<br />

Let’s dance nordic style!<br />

Nokia Nseries presents <strong>NORD</strong>musik<br />

05. Mai - 06. Mai 2006<br />

FREITAG, 05.05.06<br />

Who Made Who live (Gomma / Dk)<br />

Tomboy (Gomma / Dk)<br />

Kasper Björke (Fine, V2 Records / Dk)<br />

President Bongo (Gus Gus DJ, Pineapple Records / Isl)<br />

Margeir + Blake feat. Jack Schidt live (Pineapple Records / Isl)<br />

Sasse aka Freestyleman live / „Made Within The Upper<br />

Stairs Of Heaven” Album Release (Mood Music / Fin)<br />

Todd Terje (Bear Funk, GAMM / Nor)<br />

Coolof (The Knife, Rabid Records / Se)<br />

SAMSTAG, 06.05.06<br />

DJ Annie (679 Records, K7! / Nor)<br />

Filur DJ Set feat. live vocals by Josephine Philip<br />

(V2 Records / Dän)<br />

Kiki (Bpitch Control / Fin)<br />

Andreas Tilliander Live (Mitek / Se)<br />

Bulgur Brothers live (Karat / Mineral / Mitek<br />

/ Sunset Diskos / Se)<br />

Mikael Stavöstrand Live (Mitek / Se)<br />

Johan Skugge (Mitek / Se)<br />

Ulf Eriksson (Kontra Musik / Se)<br />

103 Club<br />

Falckenstein Str. 47, 10997 Berlin<br />

Weitere Informationen zum Programm, zu den teilnehmenden<br />

Künstlern, Visual Artists, VVK, Tickets und vieles mehr findet Ihr<br />

auf der Website vom 103 Club.<br />

10 club.de/nordmusik


Design für die Ohren<br />

Entspannen Sie sich bei nordischer Musik in Soundcentern am Potsdamer Platz<br />

<strong>NORD</strong> bringt in Zusammenarbeit mit Electroacous-<br />

tic Music in Sweden (EMS) und den Musikinforma-<br />

tionszentren von Norwegen, Island und Finnland<br />

Hörproben moderner nordischer Musik nach Berlin.<br />

Während des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006 vom 21.<br />

April bis zum 7. Mai stehen vier gemütliche Design-<br />

Sessel aus Finnland in der Passerelle des Bahnhofs<br />

Potsdamer Platz (vor dem Eingangsbereich der<br />

Potsdamer Platz Arkaden), in denen man tagsüber<br />

einem skandinavischen Musikprogramm lauschen<br />

kann. Vor der Außenwelt schützt eine fast schall-<br />

dichte Umrahmung, und von oben rieselt sanfte<br />

Musik oder hämmert elektronischer Beat. Je nach<br />

Wunsch und Vorliebe.<br />

Aus Schweden kommen Werke von Hanna Hartman<br />

und Rolf Enström. Hanna Hartmann hat ihre ganz<br />

eigene Musiksprache entwickelt: Sie kreiert Kompo-<br />

sitionen, die aus authentischen Sounds – aufgenom-<br />

men in der ganzen Welt – entstehen. Dabei setzt<br />

sie auf die Klarheit der verschiedenen Elemente, die<br />

außerhalb ihres Kontextes eine besondere Wirkung<br />

bekommen.<br />

Rolf Enström ist ein Komponist, der ständig neue<br />

Wege sucht. Er arbeitet gerne mit starken Kon-<br />

trasten zwischen gewaltigen Ausbrüchen und<br />

plötzlicher Stille. Dabei kombiniert er seine Musik<br />

mit anderen Kunstformen wie der bildenden Kunst<br />

und der Literatur.<br />

Die finnischen Beiträge sind bunt gemischt. Die<br />

Helsinkier „Husky Rescue“ werden sogar von<br />

der Sunday Times als „very cool“ bezeichnet. Die<br />

Kombination aus Trip-Hip-Hop, Downbeat-Pop und<br />

charmant arrangierten Melodien mit Instrumenten<br />

wie dem Vibraphon und akustischen Gitarren, aber<br />

auch mit Flöten, Streichern und Gesang erinnern<br />

an Bands wie Air und Portishead. Außerdem sind<br />

Stücke vom Sampler „Helsinki Cooler“ zu hören mit<br />

neuen Formen von finnischem Jazz und Electronica.<br />

Das Rezept der Platte: Ein Teelöffel Jazz, zwei Por-<br />

tionen grooviger Elektrosound, etwas von einer som-<br />

merlichen Meeresbrise inspirierte Drums und das<br />

Ganze abgerundet mit lässigem Gesang. Die Band<br />

„Slowhill“ ist mit ihrem Album „Fennika“ dabei. Man<br />

nehme einen der innovativsten Jazzer Finnlands und<br />

einen der bekanntesten Soundtüftler des E-Pops –<br />

heraus kommt Musik, in der Klarinettentöne,<br />

Drumschleifen und Bass-Loops gekonnt ineinander<br />

verwoben werden. Außerdem gibt es Free-Jazz mit<br />

„Kvalda“ und die wohl beste Akkordeonspielerin<br />

Finnlands – Maria Kalaniemi – zu hören.<br />

Auch die norwegische Musik in den Sound Centern<br />

ist sehr abwechslungsreich. Sondre Bratland, die<br />

Ikone der gesungenen norwegischen Volksmu-<br />

sik, nimmt uns mit seiner Neuinterpretation von<br />

„Draumkvedet“ (deutsch: Traumballade) mit zurück<br />

ins Mittelalter. Arne Nordheims elektronische Musik<br />

ist sehr essenziell und klar. Die Stücke des Albums<br />

„Dodeka“ stammen aus den 60er und 70er Jahren,<br />

aus einer Zeit also, in der das Equipment geradezu<br />

primitiv war, und trotzdem bestechen sie durch eine<br />

brillante und charakteristische Klangqualität. Die<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 7<br />

Die Füße tun weh, die Stadt lärmt, die Hektik schlägt auf den Magen. Wer kennt ihn nicht, den<br />

klassischen Großstadtbummel? Wie schön ist dazu der Gegensatz, den <strong>NORD</strong> am Potsdamer<br />

Platz bietet. Ruhen Sie sich im „kleinsten Konzertsaal der Welt“ aus. Entspannen Sie sich bei<br />

nordischer Musik.<br />

Hardanger-Fiedel ist das Instrument, mit dem Nils<br />

Økland meisterhaft umzugehen weiß. Seine Musik<br />

ist inspiriert von Jazz und Folk, er experimentiert<br />

und improvisiert gern und vereint auf seinem Album<br />

„Straum“ klassische und zeitgenössische Elemente.<br />

Und schließlich gibt es Hörproben aus dem klas-<br />

sischen Ambient-Album „Substrata“ von Biosphere<br />

alias Geir Jenssen. Seine kristallklaren Klänge<br />

erinnern an Nordlichter. Dazu setzt er entfernte<br />

Gitarrenklänge, ruhige Synths und Samples und<br />

manchmal auch seine Stimme ein.<br />

Isländisch wird es mit dem Ensemble „CAPUT“ und<br />

deren neuester Platte. Die Musik von Komponist<br />

Sveinn Lúdvík Björnsson ist sehr introspektiv und<br />

poetisch. Das Repertoire des Orchesters reicht von<br />

Solostücken über Duette, Trios und so weiter bis zu<br />

Sinfonieorchesterstücken.<br />

Zu viel Information? Kommen Sie einfach und hören zu!


8 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Stadt – Land – Musik<br />

Was hat ein Inselarchipel im Polarmeer mit Berlin, dem „Herzen<br />

Europas“, gemeinsam? <strong>NORD</strong> hat sich mit der norwegischen<br />

Sängerin Kari Bremnes über Anonymität in der Großstadt, Ein-<br />

samkeit auf den Lofoten und natürlich ihr neues Album „Over en<br />

by“ unterhalten.


Foto: www.folkbaltica.de<br />

Wir freuen uns, dass Sie auf unserem Ab-<br />

schlusskonzert am 7. Mai im Berliner Tränenpa-<br />

last spielen! Sind Sie das erste Mal hier<br />

in Berlin?<br />

Nein, ich habe schon zweimal ein Konzert im<br />

Tränenpalast gegeben. Ich finde, Berlin hat etwas<br />

ganz Besonderes, es ist eine faszinierende Stadt<br />

mit seiner speziellen Geschichte und Ästhetik. Das<br />

erste Mal kam ich in den 80er Jahren als Journa-<br />

listin nach Berlin, um für die norwegische Zeitung<br />

„Aftenposten“ über die Berlinale zu berichten. Ich<br />

erinnere mich, dass wir auch im Osten waren, in der<br />

Komischen Oper und im alten Berliner Ensemble.<br />

In Berlin arbeiten heute viele nordische, speziell<br />

auch norwegische Künstler. Was denken Sie,<br />

womit hängt das zusammen?<br />

Die Norweger sind ja ein wenig skeptisch gegen-<br />

über all den amerikanischen Einflüssen in der<br />

Kultur- und Musikszene. Ich kann mir vorstellen,<br />

dass viele norwegische Künstler daher gerne in eine<br />

Stadt reisen, die historische Wurzeln hat. Und die<br />

den eigenen Wurzeln nah ist. Und das ist Berlin ja,<br />

als Herz Europas. Auch wenn wir an der Außen-<br />

kante Europas leben, so sind wir Norweger ja doch<br />

Europäer. Ich glaube, dass auch die dramatische Ge-<br />

schichte Berlins viele Künstler lockt herauszufinden,<br />

welche Art von Kräften in der Stadt wirken und die<br />

starken Kontraste und die Dynamik aufzuspüren.<br />

Wie kamen Sie zur Musik? Sie haben ja bereits<br />

in jungen Jahren angefangen.<br />

Musik gab es schon immer in meinem Leben, ich<br />

musste nicht danach suchen. Meine Mutter spielte<br />

Klavier, mein Vater schrieb und las sehr viel Literatur.<br />

Ich versuchte auch, mir eine Zeit lang eine Auszeit<br />

zu nehmen. Ich habe Skandinavische Geschichte<br />

und Literatur und Theaterwissenschaft studiert, um<br />

einen „ordentlichen Beruf“ zu erlangen. Aber nach-<br />

dem ich einige Zeit als Journalistin gearbeitet hatte,<br />

musste ich mich dann schließlich entscheiden, denn<br />

für Musik und Beruf gleichzeitig war keine Zeit mehr.<br />

Sie kommen ja von den Lofoten, also dem kom-<br />

pletten Gegenteil eines „urbanen Zentrums“. Das<br />

Thema des diesjährigen <strong>NORD</strong> Kulturforums<br />

lautet „Urban Reflexion“ und passt somit gut zu<br />

dem Titel Ihrer neuen CD „Over en by“ („Über<br />

eine(r) Stadt“). Was sind Ihre „Reflexionen“ zu<br />

diesem Thema?<br />

Ich finde, dass es Ähnlichkeiten hat, auf einer Insel<br />

wie den Lofoten und in einer Großstadt aufzuwach-<br />

sen. An beiden Orten gibt es permanent Ankunft<br />

und Abreise, Abstand und Nähe… Auch Strö-<br />

mungen und starke Impulse finden sich an beiden<br />

Orten. Auf den Lofoten die starken Kontraste<br />

zwischen dem Meer und den Bergen, zwischen Hell<br />

und Dunkel… Ja, generell sind alle Eindrücke sehr<br />

stark: Licht, Menschen und Empfindungen. Ich finde,<br />

dass die Orte in ihren jeweiligen Extremen miteinan-<br />

der verwandt sind. Es gibt jeweils ein Entweder-oder,<br />

wenig Ungefähres oder Mittelmäßiges.<br />

Aber in einer Großstadt gibt es viel Anonymität,<br />

die gibt es auf den Lofoten wohl weniger, oder?<br />

Ja, Anonymität wie in einer Großstadt gibt es nicht<br />

auf einer Insel. Aber dafür kann man sich dort sehr<br />

einsam fühlen, am äußersten Rand der Felsen,<br />

zwischen Himmel und Meer.<br />

Hat die Tatsache, auf den Lofoten aufge-<br />

wachsen zu sein, Ihr musikalisches Schaffen<br />

beeinflusst?<br />

Ja, das hat es. Ich fühle mich sehr stark als ein<br />

Mensch aus dem hohen Norden.<br />

Auch Ihre Musik klingt in mancherlei Hinsicht<br />

„nordisch“. Was glauben Sie, welche Elemente<br />

könnten der Grund dafür sein?<br />

Ich weiß nicht genau, vielleicht die Melancholie? Ich<br />

fühle mich zum Beispiel auch zu finnischer Musik<br />

hingezogen, zu melancholischen, langsamen Tango-<br />

stücken, mir gefällt die Kompromisslosigkeit daran.<br />

Ihre Musik wirkt wie eine Mischung aus un-<br />

terschiedlichen Musikstilen: Folk, Jazz, Pop…<br />

Ziehen Sie irgendeinen Stil vor?<br />

Nein, jedes Stück von mir hat seinen Ursprung im<br />

Text. Der Text bestimmt in großem Maße, wie die<br />

Musik wird. Die Melodie entsteht oft ganz von selbst,<br />

sie passt sich den Worten an. Ich strebe nach einem<br />

organischen Zusammenhang zwischen Text und Mu-<br />

sik, und da denke ich nicht in musikalischen Stilen.<br />

Und die Inspiration für Ihre Texte, wo kommt<br />

die her?<br />

Aus dem Alltag, das Thema fasziniert mich sehr.<br />

Man findet so unglaublich viel Poesie in den alltäg-<br />

lichsten Situationen. Es gibt so viele Dinge, die aus<br />

so vielen verschiedenen Winkeln betrachtet werden<br />

können, je nachdem, wo Du stehst. Man kann also<br />

alles auf sehr unterschiedliche Art und Weise be-<br />

leuchten, so dass es nicht mehr alltäglich erscheint.<br />

Was hören Sie privat für Musik?<br />

Ich höre z.B. Musik, die auch den Text als Grund-<br />

lage hat, wie bei Jean Michel Jarre oder Leonhard<br />

Cohen.<br />

Auf Ihrem neuen Album kritisieren Sie auch<br />

Kriege, die aufgrund von Glaubensrichtungen<br />

geführt werden. Ist es das erste Mal, dass Sie<br />

sich so politisch äußern?<br />

Nein, das erste Mal war es auf dem Album „Lul-<br />

labies from the Axis of Evil“. Mein Produzent Erik<br />

Hillestad, mit dem ich viele Jahre lang zusammen<br />

gearbeitet habe, reiste als Reaktion auf George<br />

W. Bushs „Rede zur Lage der Nation“ in eben jene<br />

Länder, die den Stempel der „Achse des Bösen“ er-<br />

halten hatten: Palästina, Syrien, Iran, Irak, Pakistan<br />

und Afghanistan. Dort sammelte er Wiegenlieder<br />

und veröffentlichte sie auf einer CD mit Musikern<br />

aus aller Herren Länder: Nina Hagen war z.B. dabei,<br />

Eva Dahlgren, Rickie Lee Jones… Knut Reiersrud,<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

der auch auf meinem neuen Album spielt, begleitet<br />

die Lieder auf seiner Gitarre. Die Lieder wurden<br />

auch ins Norwegische und Englische übersetzt und<br />

wurden dadurch sehr politisch. Wenn man in die<br />

Länder des Nahen Ostens reist, dann ist es sehr<br />

schwer, nicht Stellung zu beziehen. Im Konflikt zwi-<br />

schen Israel und Palästina ist es sehr offensichtlich,<br />

wer stark und wer schwach ist, wer Waffen und Geld<br />

besitzt und wer nicht. Unter diesem Eindruck habe<br />

ich auch das Lied „Hvis du kommer tebake igen“<br />

(dt.: „Wenn Du wieder zurückkommst“) auf meiner<br />

neuen CD geschrieben.<br />

Haben Sie schon mal in einem dieser Länder<br />

ein Konzert gegeben?<br />

Ja, ich habe letztes Jahr im Sommer ein Konzert in<br />

Bethlehem in Palästina gegeben.<br />

„Over en by“ ist Ihr erstes Album, das hier in<br />

Deutschland erscheint, auf dem Sie auf Nor-<br />

wegisch singen. Immer mehr skandinavische<br />

Bands erobern den deutschen Plattenmarkt,<br />

obwohl oder gerade weil sie in ihrer Mutterspra-<br />

che singen. Womit kann dieser Trend zusam-<br />

menhängen?<br />

Mein Eindruck ist, dass besonders Deutsche sehr<br />

offen gegenüber neuen Einflüssen von außen<br />

sind. Das hat mich überrascht, und ich finde, dass<br />

das eine phantastische Einstellung ist, so offen<br />

und neugierig auf Neues zu sein. Ich glaube nicht,<br />

dass wir Norweger so offen sind. World Music ist<br />

beispielsweise in Deutschland viel bekannter als in<br />

Norwegen. Und die samische Sängerin Mari Boine<br />

aus Norwegen wurde anfangs in Deutschland viel<br />

stärker wahrgenommen als bei uns.<br />

Vielleicht auch weil es etwas Exotisches für<br />

uns ist?<br />

Das kann sein. Deswegen singe ich auch viel auf<br />

Englisch. Ich möchte, dass mein Publikum mich<br />

versteht, ich will nicht nur „exotisch“ sein. Deswegen<br />

finden sich auch deutsche Übersetzungen in der<br />

neuen CD.<br />

Sie haben auch schon ein Buch geschrieben.<br />

Haben Sie neue Pläne für die Zukunft?<br />

Erst einmal kommt jetzt die Tournee, und dann<br />

mal sehen. Ich habe ein Filmmanuskript über die<br />

Schriftstellerin Regine Nordmann, eine Art norwe-<br />

gische Karen Blixen, geschrieben, und jetzt steht die<br />

Verfilmung an.<br />

Viel Erfolg und herzlichen Dank für das Ge-<br />

spräch!<br />

Am 7. Mai wird Kari Bremnes zum Abschluss des <strong>NORD</strong> Kulturforums<br />

2006 ein Konzert im Berliner Tränenpalast geben und ihr<br />

neues Album „Over en by“ präsentieren.


0 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Ein Grund, wieso es in Skandinavien so viele Musikfestivals gibt, könnte in der Kürze des nor-<br />

dischen Sommers liegen – denn der muss ja gut ausgenutzt werden. Dennoch fällt den meisten<br />

nur Roskilde in Dänemark oder vielleicht gerade noch Hultsfred im schwedischen Småland ein,<br />

wenn man nach Festivals nördlich von Deutschland fragt. Finnland, Dänemark, Schweden, Norwe-<br />

gen und Island haben aber noch viel mehr zu bieten als nur den Dinosaurier unter den Festivals.<br />

Hier kommen alle Infos, die man für eine Urlaubsplanung mit musikalischer Einlage braucht!<br />

Illustration: Gustav Hederström<br />

Das Emmaboda Festivalen ist ein Indie-Festival<br />

der kleinen, aber feinen Art. Mit ungefähr 5000<br />

Besuchern ist die Stimmung gemütlich, und schö-<br />

ne Begegnungen mit gut gelaunten Menschen<br />

sind vorprogrammiert. Kein Backstage-Bereich,<br />

keine Krawallzäune, dafür dichter småländischer<br />

Wald und Badeseen. Hier wird viel Wert auf ein<br />

Miteinander der Bands und Besucher gelegt, und<br />

Starallüren wird entgegengewirkt: Als die amerika-<br />

nische Band Pavement 1993 ein paar Tage zu früh<br />

eintraf, wurden Stephen Malkmus und Co. gleich<br />

beim Aufbau der Bühnen mit eingespannt. Wie<br />

immer besteht das Line-Up auch in diesem Jahr<br />

hauptsächlich aus schwedischen Bands, daneben<br />

kann man vom 10. bis 12. August aber auch „The<br />

Whitest Boy Alive“ (Erland Oyes neuestes Berliner<br />

Projekt) oder „The Magic Numbers“ aus Großbri-<br />

tannien sehen. rassle.org<br />

Das Copenhagen Jazz Festival ist eines der<br />

größten musikalischen Events in Kopenhagens<br />

Kulturkalender und findet in diesem Jahr vom<br />

7. bis 16. Juli statt. Denk an irgendeinen Deiner<br />

Lieblingsorte in Kopenhagen – das Copenhagen<br />

Jazz Festival war wahrscheinlich schon vor Dir<br />

dort. Von Bop bis Free, von fröhlichem New Or-<br />

leans Jazz bis Cutting-Edge Jazz-Electronica, das<br />

Festival bietet um die 100 Konzerte pro Tag in der<br />

ganzen Stadt verteilt. In kleinen staubigen Knei-<br />

pen, in Parks, Fußgängerzonen und im Tivoli, auf<br />

Booten und Polizeirevieren, ja selbst in Punkclubs<br />

– überall setzt man während dieser zehn Tage auf<br />

Jazz. Das Besondere sind die vielen Outdoor-Kon-<br />

zerte, die häufig sogar gratis sind. Für dieses Jahr<br />

steht einer der ganz großen Namen schon fest:<br />

das Pat Metheny Trio wird in Kopenhagen zwei<br />

Konzerte geben. festival.jazz.dk<br />

Das EKKO-Festival im norwegischen Bergen<br />

fährt seit 2003 ein einmaliges Programm mit<br />

elektronischer Musik, Performances, Video-In-<br />

stallationen und anderer Kunst auf. Das Festival-<br />

Team kümmert sich persönlich um eine preiswerte<br />

Unterbringung für alle von außerhalb Angereisten,<br />

und das Festivalmotto, Freundschaft und Krea-<br />

tivität zu promoten, lässt sich bei einem solchen<br />

Engagement schon erahnen. In diesem Jahr findet<br />

EKKO ab dem 20. Oktober statt, und dank der<br />

Billigflieger ist ein Ausflug in die spektakulär-raue<br />

Fjordlandschaft Bergens, Heimat von Røyksopp,<br />

den Kings of Convenience und Annie, inzwischen<br />

erschwinglich geworden. Das Line-Up für dieses<br />

Jahr steht noch nicht fest, aber nachdem im<br />

letzten Jahr unter anderem Annie, Biosphere und<br />

Kissogramm gespielt haben, ist die Messlatte hoch<br />

gesteckt. ekkofest.no


Das Norberg-Festival findet auf dem Gelän-<br />

de einer verlassenen Eisenerzmine in der Mitte<br />

vom Nirgendwo, genauer gesagt 170 Kilometer<br />

nordwestlich von Stockholm in der Grubenland-<br />

schaft um Falun, statt. Norberg ist ganz auf die<br />

Freunde experimenteller elektronischer Musik<br />

ausgerichtet: Von Grime über Micro-House bis hin<br />

zu 8-bit können in diesem Jahr vom 27. – 29. Juli<br />

alle möglichen elektronischen Spielarten haupt-<br />

sächlich nordischer Acts erlebt werden. Die größte<br />

Bühne befindet sich in einem spektakulären 65<br />

Meter hohen Förderturm. Mit seinen historischen<br />

Gebäuden, dem Wald und – wie sollte es auch<br />

anders sein – Badesee bietet das Festivalgelän-<br />

de eine perfekte Kombination aus Industrie und<br />

Natur. Wer trotzdem nicht hier zelten möchte,<br />

findet in der Umgebung ein großes Angebot an<br />

Bed&Breakfast-Möglichkeiten; Adressen sind auf<br />

der Festivalseite gelistet. norbergfestival.com<br />

Um eine Unterkunft braucht man sich nicht zu<br />

kümmern, wenn man das Early-Bird-Angebot von<br />

Iceland Air für das von der isländischen Flugge-<br />

sellschaft gesponsorte Icelandairwaves-Festival<br />

nutzt. Für 349 britische Pfund bekommt man<br />

neben Flug und Unterkunft die frischesten Sounds<br />

und Eindrücke der isländischen und internatio-<br />

nalen Musikszene geboten. 1999 als Talentshow<br />

für ausländische Plattenfirmen gestartet, hat sich<br />

Icelandairwaves inzwischen zu einem wichtigen<br />

und lebendigen Teil des Reykjaviker Kulturlebens<br />

entwickelt und sich fest in den Kalendern von<br />

Musikliebhabern auf beiden Seiten des großen<br />

Teichs etabliert. Aber auch die Hang-Over-Parties<br />

in der Spa-Landschaft der Blue Lagoon sind inzwi-<br />

schen legendär. In diesem Jahr sollte man sich das<br />

Wochenende vom 18. bis 22. Oktober für dieses<br />

überhippe Festival vormerken.<br />

icelandairwaves.com<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />

Das Flow-Nuspirit-Helsinki-Festival ist ein<br />

deutliches Statement gegen musikalisches<br />

Schubladendenken. Das vereinende Prinzip ist der<br />

Rhythmus, und so entsteht seit 2004 jährlich eine<br />

faszinierende Mischung aus Techno, Soul, elektro-<br />

nischer Musik, akustischem Jazz und vielem mehr.<br />

Das Festival findet mitten in Helsinki statt, in den<br />

letzten zwei Jahren auf dem Gelände der Makasi-<br />

init-Lagerhallen direkt hinter dem Kunstmuseum<br />

Kiasma. Auf diese Weise wird das Flow-Festival zu<br />

einem krönenden Höhepunkt für alle, die Helsinki<br />

in Hochform erleben wollen, denn hier versammeln<br />

sich neben Gästen aus aller Welt finnische Mu-<br />

siker, Künstler und die gesamte Kulturszene der<br />

Stadt. Das Undercover Magazine krönte Flow als<br />

das beste neue europäische Festival der letzten<br />

Jahre, und so darf man auch in diesem Jahr vom<br />

18. bis 19. August wieder auf ein vielseitiges Pro-<br />

gramm gespannt sein. flowfestival.com


2 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Wir baten den schwedischen<br />

Schriftsteller Jonas Hassen<br />

Khemiri um eine Kolumne für<br />

unser Magazin und bekamen<br />

diesen Text über das Verfas-<br />

sen von Kolumnen als Antwort.<br />

Eine Ermahnung vielleicht, sich<br />

selbst, das Kunstgeschehen,<br />

die Kritiker und andere Schrei-<br />

berlinge nicht allzu ernst zu<br />

nehmen.<br />

Legosoldater<br />

Jonas Hassen Khemiri,<br />

aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann<br />

Eigentlich ist es ganz leicht, Kolumnen zu schreiben. Du fängst einfach mit einer etwas kürzeren,<br />

anspruchslosen Einleitung an. Dann gehst Du zur eigentlichen These über und präsentierst sie nach<br />

einem Doppelpunkt in kursiv: „Kultur ist Krieg“. Genau. Dann: das eigentliche Herz der Kolumne, die<br />

längere persönliche Anekdote. Da ist es am besten, wenn der Erzähler (= Du) in einen alltäglichen<br />

Zusammenhang versetzt wird, der dem Leser vertraut ist. Man kann sich über Supermarktschlangen,<br />

Gedränge in der U-Bahn, kaltes Licht vor Spiegeln in Aufzügen und enge Anprobekabinen auslas-<br />

sen. Hier lasse ich dich jetzt allein, dann wollen wir mal sehen, wie Du klarkommst (mach dir keine<br />

Sorgen, ich bin noch da und stehe im Hintergrund bereit, wenn Du Hilfe brauchst).<br />

Die Charles-Ray-Ausstellung im Whitney-Museum in New York. Ständige Herausforderungen des Raum-<br />

begriffs. Da steht der perfekte Abguss des grauen Autowracks, das der Künstler auf einer Polizeiauktion<br />

gekauft hat. Da sind die schwarzen hohlen Metallwürfel, die bis obenhin mit schwarzer Tinte gefüllt sind – die<br />

Oberflächenspannung lässt die Würfel absolut viereckig wirken.<br />

Mach nur weiter so, das flutscht ja ganz super. Und nur gut, dass Du diese Diskussion über Kunst da<br />

in dem Keller nicht erwähnt hast, wo Du Charles Ray aus Versehen Ray Charles genannt hast.<br />

Dieselbe Methode wendet der Künstler bei der weißen Badewanne an – halb voll mit schwarzer Tinte. Tinte,<br />

die wie erstarrtes Gummi aussieht, wie hartes Plastik und überhaupt nicht flüssig. Und es ist vollkommen klar,<br />

was man will; der ganze Körper sehnt sich einzig und allein danach, die Hand in diese perfekt schwarze Ober-<br />

fläche tauchen zu dürfen, mal richtig umzurühren und dann stehen zu bleiben, bis die Wachleute angerannt<br />

kommen (es wird schwer werden, das zu leugnen).<br />

Du solltest vielleicht noch erwähnen, dass Du mehr zufällig in die Ausstellung geraten bist, dass Du<br />

mit demselben Trick ohne Eintrittskarte reingekommen bist wie bei all den anderen Museen auch,<br />

und dass Du in den letzten Tagen so pleite gewesen bist, dass Du mit Haferflocken verlängerte<br />

Nudeln gegessen hast.<br />

Ich bin nicht der einzige, dem das so geht. Ein puertoricanisches Mädchen, so um die sechs Jahre, mit Ana-<br />

nasfrisur, Winnie-Puh-Rucksack und Zahnlücke schleicht um die Badewanne. Sie schaut auf die schwarze<br />

Oberfläche herunter, zuerst glaube ich, dass sie sich zu spiegeln versucht, doch dann begreife ich, dass sie<br />

dabei ist, zu tun, was ich nie wagen würde. Keine Mama in der Nähe, als das Mädchen sich auf die Zehenspit-<br />

zen stellt und wie verzaubert in das Schwarze schaut. Doch dann geht es ganz schnell, das Mädchen lehnt<br />

sich über den Rand, streckt sich zu der verbotenen Oberfläche hinunter, berührt sie leicht, zögert und taucht<br />

dann die ganze Hand in die schwarze Tinte. Die Mutter entdeckt sie, unterdrückt einen Schrei, packt das<br />

Mädchen und rennt zum Ausgang.<br />

Guter Höhepunkt, hübsch aufgebaut.<br />

Ich stehe noch da, vor dem stärksten Kunsterlebnis dieses Frühjahrs: die glänzende weiße Badewanne mit<br />

drei schwarzen Handabdrücken, die Tintenoberfläche, die sich immer noch bewegt. Nach kurzer Zeit kommen<br />

die Wachleute angerannt, ihre Walkie-Talkies rasseln von aufgeregten Stimmen, und ich zeige meine Handflä-<br />

chen, um mich reinzuwaschen.<br />

Naja, das ging doch richtig gut, was? Das mit den „Herausforderungen des Raumbegriffs“ ist<br />

vielleicht ein wenig abgehoben, na, scheißegal. Jetzt fehlt nur noch der Schluss. Da verbindest Du<br />

die einleitende These mit der persönlichen Anekdote. Also – Kultur ist Krieg, wir siegen mit Hilfe<br />

der demaskierenden Kraft des Kindes, das Naive entlarvt das Hochtrabende, die Tinte ist höchst<br />

symbolisch, usw., usw. Vielleicht kannst Du das Ganze auch mit einem witzigen Wortspiel abrunden,<br />

irgendwas in der Art wie „Krieg wird mit Lego (spielenden) Soldaten gewonnen“. Oder „Kultur bringt<br />

immer eine coole Tour“. So was kommt immer ganz gut an.


I am my music<br />

Mit dem Nokia N91 hast du bis zu 3.000* Songs immer dabei. Einfacher<br />

Wechsel zwischen Anruf und deiner Lieblingsmusik in HiFi-Klangqualität.<br />

Das Nokia N91 ist Musik pur – deine mobile Jukebox.<br />

Nokia Nseries<br />

See new. Hear new. Feel new.<br />

Copyright © 2006 Nokia. Alle Rechte vorbehalten. Nokia und Nokia Connecting People sind eingetragene Marken der Nokia Corporation.<br />

Einige Dienste sind abhängig vom Netzbetreiber und/oder Diensteanbieter. * Die Angaben zur Anzahl basieren auf Musiktiteln mit einer<br />

Laufzeit von durchschnittlich 3 Min. 45 Sek. im eAAC+-Format (48 KBit/s). Die mögliche Anzahl an gespeicherten Musiktiteln bei 128 KBit/s<br />

im eAAC+-Format beträgt ca. 1.000 Songs.<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

www.nokia.de/hearnew


<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Bleed hat ein Manifest: „Be different, share ideas,<br />

have fun“. Und eben: „Bleed for the revolution!“<br />

Es steckt tatsächlich viel Herzblut und Spaß in<br />

der Arbeit von Bleed. Und es geht hier um etwas<br />

Besonderes.<br />

Bleed<br />

for the<br />

revolution!<br />

Bluten fürs Design, darum geht es den norwegischen Designkünstlern der jungen Agentur „Bleed“<br />

mit Sitz in Oslo. Gegründet wurde sie im Jahr 2000 von fünf entschlossenen Menschen, die die<br />

Spannung zwischen Kunst und kommerziellem Design nutzen wollten.<br />

Neben den Gründungsmitgliedern Haakon Lia, Kjetil<br />

Wold, Max Jones, Dag Solhaug und Stian Johansen<br />

gehören heute noch sieben weitere Kollegen zu<br />

Bleed. In Norwegen haben sie in den letzten drei<br />

Jahren unzählige Preise für ihre außergewöhnliche<br />

Arbeit bekommen, und auch international genießen<br />

die kreativen Köpfe inzwischen einen einzigartigen<br />

Ruf. Druckfrisch ist zum Beispiel der Preis für das<br />

Ausstellungsprojekt „Going Underground“, das mit<br />

dem norwegischen „Gullblyanten“, dem goldenen<br />

Bleistift, ausgezeichnet wurde. Für diese Ausstel-<br />

lung skandinavischer und holländischer Designer<br />

in Stockholm hat Bleed Poster entworfen. Dabei<br />

haben sie bewiesen, dass weniger meistens mehr<br />

ist. Da die Ausstellung in einem unterirdischen<br />

Parkhaus stattfand, wurden die überdimensionalen<br />

Poster einfach auf den Boden geklebt – so dass je-<br />

dem vorbeieilenden Fußgänger klar gemacht wurde:<br />

Hier passiert etwas unter der Erde!<br />

Kjetil Wold sagt zu der durchschlagenden Wirkung<br />

ihrer Projekte: „Ich bin fest davon überzeugt, dass<br />

uns unser Bestreben, die vielen verschiedenen As-<br />

pekte von Design zu erforschen und zu berücksich-<br />

tigen, geholfen hat.“ Design ist für Bleed untrennbar<br />

mit künstlerischen Ideen verknüpft und vor allem ein<br />

Instrument zur Kommunikation – für jede Art von<br />

Kommunikation. Identität, Funktionalität und Werte<br />

sind dabei Kernbegriffe für die Umsetzung der<br />

Ideen. Bleed hofft, dass ihre Arbeit inspiriert und die<br />

traditionelle Art, Design zu sehen, herausfordert.<br />

Wie zum Beispiel bei ihrer Arbeit für ein Jeans-<br />

unternehmen. Das Problem: den klaren Stil skandi-<br />

navischen Designs mit Attributen wie Langlebigkeit<br />

und Individualität zu verbinden. Die Lösung: Bleed<br />

entwickelten einen ganz besonderen Schriftzug. Die<br />

Buchstaben wurden mit Nadel und Faden kunstvoll<br />

zu Papier gebracht, eine persönliche Handschrift,<br />

fixiert für die Ewigkeit.<br />

Aber auch nicht-kommerziellen Projekten und<br />

Künstlern aus allen möglichen Bereichen steht das<br />

Designstudio mit Rat und Tat zur Seite, zum Beispiel<br />

einem Jugendhilfeprojekt gegen Drogenmissbrauch,<br />

dem Norwegischen Nationaltheater oder den Osloer<br />

Philharmonikern. Bleed gestalteten den Katalog für<br />

eine Ausstellung des gefeierten norwegischen Foto-<br />

grafen, Regisseurs und Rockmusikers Bjørn Opsahl,<br />

und bei dem Stockholmer Projekt „Super is as super<br />

does“ ließen Bleed Neuntklässler für eine Glasaus-<br />

stellung Vorgaben für die Glasbläser zeichnen.<br />

Das Osloer Shopping Center „Arkaden“ arbeitet<br />

schon länger mit Bleed zusammen. Das Einkaufs-<br />

center war in den 1980er Jahren ein beliebter<br />

Treffpunkt und wurde 2003 durch ein neues<br />

künstlerisches Design wiederbelebt, um die Hallen<br />

erneut mit jungen Menschen zu füllen. Dazu wurden<br />

beispielsweise die Shoppingwütigen in den „Arka-<br />

den“ abgelichtet und dienten dann selbst als Models<br />

für den neuesten Winterlook.<br />

Der Internetauftritt von Bleed ist eine interessante<br />

Kombination aus Fashionfotos, klarer Typographie<br />

und locker gezeichneten Elementen. Klar und<br />

schlicht, aber irgendwie revolutionär eben. Auch da-<br />

für gab es 2005 einen „Gullblyanten“. Das Internet<br />

dient den Designkünstlern gleichzeitig als Inspirati-<br />

onsquelle. Globales Denken und Handeln zeigt sich<br />

also in allen Projekten der Norweger. Viele Arbeiten<br />

sind schon auf Ausstellungen um die Welt gereist,<br />

nach New York, Stockholm, Berlin oder Asien. Eine<br />

neue Idee ist die Eröffnung eines kleinen Shops im<br />

Bleed-Büro in Oslo, um dort Design zu verkaufen.<br />

Objekte, für die Designer sterben würden…<br />

bleed.no


<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION


6 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Die Welt als Laufsteg –<br />

wie Kleidung unser Leben bestimmt<br />

„In London ist die Mode eine Pflicht, in Paris ein Vergnügen”, sagte der Chansonnier und<br />

Schauspieler Maurice Chevalier einmal. In Dänemark wird Mode jetzt zu einem Forschungs-<br />

gegenstand. Mit dem „Mode Konsortiet“ wurde eine Plattform für die Untersuchung der<br />

kulturellen Bedeutung von Mode gegründet.<br />

Noch sind Paris, New York und Mailand die<br />

scheinbar unantastbaren Modemetropolen. Doch<br />

im Norden Europas wächst langsam und von<br />

vielen noch unbemerkt eine ernst zu nehmende<br />

Konkurrenz heran. Marken wie „Noa Noa“, „Vero<br />

Moda“ oder „Only“ sind in Deutschland sehr<br />

erfolgreich, dennoch wissen die wenigsten, dass<br />

sie aus Dänemark kommen. Zusätzlich haben sich<br />

in den letzten Jahren unkonventionelle Labels wie<br />

„Day Birger et Mikkelsen“, „Bruuns Bazaar“ und<br />

„Mats Nørgaard“ von Kopenhagen aus in ganz<br />

Skandinavien etabliert. Junge, enthusiastische<br />

Modedesigner wie Anna Gulmann, Henrik Vibskov<br />

oder „Baum und Pferdegarten“ haben die dänische<br />

Hauptstadt in eine international Trends setzende<br />

Metropole verwandelt, die in Sachen Innovativität<br />

und Stilsicherheit den traditionellen Mode-Brenn-<br />

punkten in nichts nachsteht. Im Gegenteil: Es gibt<br />

Anzeichen dafür, dass Dänemark den meisten<br />

anderen europäischen Ländern modetechnisch<br />

eine Saumlänge voraus ist.<br />

Zum Beispiel wurde in Dänemark schon längst<br />

erkannt, dass man mit Mode Geld verdienen kann,<br />

und das tut man auch nicht zu knapp: 19 Milliar-<br />

den dänische Kronen, 2,5 Milliarden Euro, wurden<br />

im letzten Jahr in diesem Wirtschaftsbereich um-<br />

gesetzt. Mode nimmt damit in Dänemark immerhin<br />

den sechsten Platz der Exportgüter ein, noch vor<br />

Möbeln auf Platz acht. Und die jüngsten Entwick-<br />

lungen in der akademischen Welt Dänemarks<br />

sprechen dafür, dass die Kompetenzen in Sachen<br />

Mode auch weiterhin wachsen werden und die<br />

Konkurrenz mit anderen Trend-Mekkas deswegen<br />

in Zukunft noch leichter fallen wird.<br />

Im Februar 2006 wurde in Dänemark mit dem<br />

„Mode Konsortiet“ (MOKO) eine Plattform für<br />

Modeforschung gegründet. Das MOKO ist eine<br />

Kooperation zwischen dem dänischen Museum<br />

für Kunst und Design, der Designschule Kolding,<br />

dem dänischen Center für Designforschung und<br />

dem Kulturministerium. Ein wichtiger Schritt, wie<br />

die Wissenschaftlerin Maria Mackinney meint: „Wir<br />

stellen nie die Bedeutung eines Musikstudiums in<br />

Frage. Doch wenn es zur akademischen Auseinan-<br />

dersetzung mit Mode kommt, rümpfen viele Leute<br />

die Nase. Nur wenn das Modestudium dazu führt,<br />

dass der Umsatz der Branche steigt, scheint es<br />

relevant zu sein.” Mode hat aber eine viel tiefere<br />

Bedeutung für unser Leben, als man häufig glaubt.<br />

Rock oder Hose, Anzug oder Jeans – solche<br />

Entscheidungen treffen wir sehr bewusst von Tag<br />

zu Tag. Dennoch denken die meisten von uns, dass<br />

Mode etwas Oberflächliches, Frivoles ist, womit<br />

man sich nicht ernsthaft auseinander setzen muss.<br />

Es ist aber augenscheinlich, dass Mode zum Alltag<br />

gehört, zu Entscheidungen nötigt und Wahr-<br />

nehmungen bestimmt. In einer Zeit, in der wir in<br />

hohem Grade auf uns alleine gestellt sind, was die<br />

Schaffung der eigenen Identität angeht, ist Mode<br />

ein Werkzeug, das von vielen Menschen benutzt<br />

wird, um der Umwelt und sich selbst zu zeigen, wer<br />

man ist. Mode handelt also nicht nur davon, ob in<br />

dieser Saison klare oder verspielte Linien in sind<br />

oder ob Schulterpolster doch noch ein Comeback<br />

erleben. Mode handelt vielmehr davon, wer wir sind<br />

und wie unsere Kultur konstruiert ist.<br />

Die komplexen Mechanismen und Ideologien, die<br />

flüchtig als Mode bezeichnet werden, werden am<br />

MOKO jetzt einer theoretischen und systema-<br />

tischen Untersuchung unterzogen. Handelt es<br />

sich bei Mode doch um ein Phänomen, das eine<br />

interdisziplinäre, akademische Herangehensweise<br />

geradezu herausfordert und verschiedene Gebiete<br />

von der Sozialanthropologie über das Marketing<br />

bis hin zur Kulturwissenschaft mit einbezieht.<br />

Aktuell gibt es drei Forschungsprojekte am MOKO:<br />

Eines über Luxusmode in einer globalisierten Welt;<br />

ein zweites beschäftigt sich mit Mode und kultu-<br />

reller Identität – gibt es „dänische“ oder „deutsche“<br />

Mode? Das dritte Projekt untersucht, wie und wa-<br />

rum sich Trends verändern. Außerdem organisiert<br />

das MOKO Konferenzen, Seminare und Bücher-<br />

projekte und ein erster Bericht über die Potentiale<br />

der Modeforschung liegt auch schon vor.<br />

Da der Alltag schon zum Catwalk geworden ist,<br />

geht man in Dänemark in diesem Jahr noch einen<br />

Schritt weiter und lässt nicht nur das Fachpubli-<br />

kum und die Akademiker an dem Thema Mode<br />

teilhaben. Die vom 29. März bis 2. April erstmals<br />

veranstaltete „Metro Fashion Week“ ist eine<br />

Modemesse für alle: Sie verlässt die gewohnten<br />

Messehallen und geht auf die Straße. Roter Faden<br />

des Events war die neue Kopenhagener Metro.<br />

Insgesamt 80 öffentliche Modeveranstaltungen<br />

fanden in den megamodernen U-Bahnhöfen sowie<br />

in zahlreichen Modeboutiquen und Shoppingcen-<br />

tern entlang der Strecke statt. Vielleicht denkt der<br />

eine oder andere dann bei der nächsten U-Bahn-<br />

fahrt mal etwas länger darüber nach, warum seine<br />

Mitmenschen anziehen, was sie anziehen.<br />

moko.dk<br />

metrofashionweek.dk<br />

Illustration: Lise Grue / Underwerket


10-gruppen<br />

– die Musterrevolutionäre<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 7<br />

„Hafergrützfarbig, beige und in Form und Ausdruck undefinierbar.“ So beschreibt Birgitta<br />

Hahn, Gründungsmitglied des schwedischen Designkollektivs „10-gruppen“, die Textilmus-<br />

ter der späten sechziger Jahre. 1970 trafen in Stockholm dann zehn junge Textildesigner<br />

zusammen, die diese breiigen Muster einfach satt hatten!<br />

Mit der schwedischen Textilindustrie hatten sie alle<br />

bereits so ihre Erfahrungen gemacht. „Zu modern!“,<br />

„Zu extrem!“, „Nicht zu verkaufen!“, beurteilte man<br />

dort ihre Entwürfe. Daher nahmen sie ihr Schicksal<br />

selbst in die Hand und beschlossen, das schwe-<br />

dische Textildesign zu verändern. Sie wollten Muster<br />

entwerfen, die anders aussahen, und sie wollten<br />

damit kompromisslos sein. Mit nur zehn selbst<br />

entworfenen Stoffen eröffneten sie 1970 ihren<br />

eigenen Laden in Stockholm und bekannten Farbe<br />

im einfallslosen Stoff-Einheitsbrei.<br />

Der Laden entwickelte sich schnell zu einem Treff-<br />

punkt, an dem Leute zusammenkamen, rauchten<br />

oder Wein tranken. „Das Ganze war sehr entspannt<br />

und wirkte nicht wirklich wie ein Geschäft“, sagt<br />

Ingela Håkansson, Mitglied der ersten Stunde. 1972<br />

präsentierten 10-gruppen ihre erste gemein-<br />

same Kollektion, die ihre Vitalität vor allem daraus<br />

schöpfte, dass die zehn endlich das machen konn-<br />

ten, was sie immer gewollt hatten und so lange nicht<br />

machen durften. Auf die erste Kollektion folgten bis<br />

heute 30 weitere, die neben Stoffen als Meterware<br />

unter anderem auch Taschen, Teller und Küchenzu-<br />

behör enthalten. Aus einer verrückten Idee wurde<br />

eine Institution in der Designwelt, deren Entwürfe<br />

seit über 35 Jahren in Skandinavien populär und im-<br />

mer wieder innovativ sind. Und 10-gruppen machten<br />

sich auch außerhalb Skandinaviens einen Namen.<br />

Ausstellungen ihrer Arbeiten waren unter anderem<br />

in New York, Tokio, Paris, London und Berlin zu<br />

bewundern.<br />

Von den ursprünglich zehn Gründungsmitgliedern<br />

sind heute noch drei bei 10-gruppen aktiv: Birgitta<br />

Hahn, Tom Hedqvist und Ingela Håkansson. Für<br />

Tom Hedqvist ist die Gruppe wie eine Familie, mit<br />

der man zusammenwächst und die man braucht<br />

und die ihre Kreativität und ihren Ausdruck erst im<br />

Gespräch miteinander gewinnt. Jeder der drei hat<br />

seinen eigenen persönlichen Stil, der Teil des far-<br />

benprächtigen und ausdrucksstarken künstlerischen<br />

Gesamtkonzepts ist. Ingela Håkansson erinnert<br />

sich: „Das erste Muster, das mein Leben geprägt<br />

hat, war die Wachstuchdecke, die bei uns zu Hause<br />

auf dem Tisch lag. Sie war rot mit weißen Punkten.<br />

Ich habe dann viel mit Punkten in meinen Entwürfen<br />

gearbeitet, wahrscheinlich, weil ich die Tischdecke<br />

zu Hause so mochte!“<br />

„Ein Anliegen von 10-gruppen war und ist es, Stoffe<br />

von hoher künstlerischer Qualität zu produzieren, die<br />

gleichzeitig erschwinglich sind“, sagt Ingela.<br />

So gelingt es 10-gruppen, modernes Design<br />

einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Die<br />

schwedischen Textildesigner zeigen, dass man mit<br />

einfachen Mitteln und ohne größere Ausgaben eine<br />

anregende Umgebung schaffen kann. „Die Leute<br />

sollen auf eine sehr einfache Art und Weise ihre<br />

Wohnung mit einem Stück Stoff verändern können“,<br />

bringt Tom Hedqvist diese Absicht auf den Punkt.<br />

Auch heute kaufen junge Leute die Produkte von<br />

10-gruppen. Laut Birgitta sind sie auf der Suche<br />

nach „diesem bestimmten Ausdruck der 1970er<br />

Jahre“. Und so sind wir sicher, dass 10-gruppen<br />

auch weiterhin mit ihren Entwürfen unsere Um-<br />

gebung fröhlicher machen werden, denn – und da<br />

stimmen wir den Schweden zu – „ein Wachstuch<br />

kann glücklich machen!“<br />

Artikel aus den aktuellen Kollektionen von 10-gruppen<br />

können sie hier in Deutschland im Internet beziehen,<br />

unter scandstyle.de.


8 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Das Beste vom Norden<br />

Für immer mehr Skandinavier ist Berlin eine zweite Heimat. Und das schlägt sich auch im Stadtbild nieder. Mal<br />

ganz abgesehen von den Horden durchgestylter Sprachstudenten aus den nordischen Metropolen, die die Kastanienallee<br />

auf und ab schlendern und die niedrigen Bierpreise ausnutzen, etablieren sich auch mehr und mehr<br />

nordische Läden, Clubs und Galerien in Berlin. Hier kommt der Guide für eine Stadttour der nordischen Art!<br />

Illustration: Smyken<br />

1. Best Shop Berlin<br />

Alte Schönhauser Str. 6. Berlin-Mitte<br />

Hier findet man neben Magazinen und Vinylplatten tatsächlich<br />

einige der besten nordischen Modelabels wie zum Beispiel Henrik<br />

Vibskov oder Whyred.<br />

bestshop-berlin.de<br />

2. Christian Tyrann c/o Pulp Mansion, Backfabrik<br />

Saarbrücker Str. 36a, Berlin-Mitte<br />

Dieser Indie-Pop-Club ist das neueste Produkt der ständig wachsenden<br />

jugendlichen schwedischen Community in Berlin.<br />

christian-tyrann.de<br />

3. Stue<br />

Alte Schönhauser Str. 48, Berlin-Mitte<br />

Wunderbar konsequenter und stilreiner Designladen mit skandinavischen<br />

Teakmöbeln, Glaskunst und Lampen aus den funktionalistischen<br />

fünfziger und sechziger Jahren.<br />

stueberlin.de<br />

4. Smørrebrød<br />

Husemannstr. 25. Berlin-Prenzlauer Berg<br />

Smørrebrød, belegte Brote dänischer Art mit Würstchen, Buletten,<br />

Spiegelei, Remoulade, krispigen Zwiebeln oder Fisch gibt es in dieser<br />

Seitenstraße im Prenzlauer Berg.<br />

5. Acne<br />

Münzstr. 23, Berlin-Mitte<br />

Seit ein paar Monaten ist das hippe schwedische Fashionlabel auch<br />

in Berlin vertreten – höchste Zeit, um den Bootcut-Jeans den Garaus<br />

zu machen!<br />

acnejeans.com<br />

6. Filippa K<br />

Alte Schönhauser Str. 11, Berlin-Mitte<br />

Die schwedische Modekönigin bietet in ihrer zweiten deutschen Filiale<br />

schlichtes, klassisches und hochwertiges Design.<br />

filippak.com<br />

7. Galerie Nering + Stern<br />

Auguststr. 83, Berlin-Mitte<br />

Galerie mit Schwerpunkt auf skandinavischer Kunst, die gerade Bilder<br />

von Hugo Rasmussen ausstellt.<br />

neringundstern.com<br />

8. Galerie Atle Gerhardsen<br />

Holzmarktstr. 15-18, Berlin-Mitte<br />

Der Norweger Atle Gerhardsen kam nach dem Mauerfall nach<br />

Berlin und eröffnete seine Galerie, die gerade Werke des Dänen<br />

Jan Christensen gezeigt hat.<br />

atlegerhardsen.com<br />

9. Galerie Nordenhake<br />

Zimmerstr. 88-91, Berlin-Mitte<br />

Nordenhake Berlin wurde im Jahr 2000 als Filiale der gleichnamigen<br />

Galerie in Stockholm eröffnet; zuletzt wurde eine Ausstellung mit<br />

zeitgenössischer schwedischer Kunst gezeigt.<br />

nordenhake.com<br />

10. Galerie Sparwasser HQ<br />

Torstr. 161, Berlin-Mitte<br />

Lise Nelleman, Kuratorin der Galerie Sparwasser HQ, zog es 1992<br />

nach Berlin, um neue Räume für ihr Schaffen zu erobern und seitdem<br />

holt sie regelmäßig nordische Künstler in ihre Galerie.<br />

sparwasserhq.de<br />

11. Galerie Projekt 0047<br />

Tieckstr.10, Berlin-Mitte<br />

Die Galerie Projekt 0047 wurde ursprünglich von zwei Studenten<br />

gegründet und ist eine Plattform für junge norwegische Künstler.<br />

projekt00 7.com<br />

Außerhalb der Karte liegen:<br />

Der Alte Schwede<br />

Knesebeckstr 92, Berlin-Charlottenburg<br />

Erstes und einziges schwedisches Restaurant Berlins mit skandinavischer<br />

Karte und Lebenskultur.<br />

alter-schwede-berlin.de<br />

Munch’s Hus<br />

Bülowstr. 66, Berlin-Schöneberg<br />

Norwegisches Restaurant, das die kulinarische Landschaft Norwegens<br />

unter Aufnahme internationaler Einflüsse präsentiert.<br />

munchshus.de<br />

Goldschmiede Lisa Lotila-Puchert<br />

Mommsenstr 3, Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf<br />

Seit 30 Jahren gestaltet die finnland-schwedische Goldschmiedin<br />

Schmuckstücke aus Gold, Silber, Edelsteinen und Perlen in Berlin<br />

Scandicandy<br />

Reichsstr. 84, Berlin- Charlottenburg/Wilmersdorf<br />

Süßigkeitenladen für alle Exilschweden, die es ohne ihre schwedische<br />

Lakritze nicht aushalten – und auch für alle anderen Schleckermäuler.<br />

scandicandy.de<br />

LOHI<br />

Ferbitzer Weg 34a, Berlin-Staaken (Spandau)<br />

Lohi-Catering bietet zu fairen Preisen und unter Verwendung frischester<br />

Rohwaren allerlei skandinavische Köstlichkeiten für Feiern und<br />

Buffets an.<br />

lohi-catering@web.de<br />

Småland-Express<br />

Gardeschützenweg 65, Berlin-Steglitz<br />

Ein Telefonanruf genügt, und der Småland-Express bringt Schweden-<br />

Fans von seiner monatlichen Tour mit, was das Herz begehrt, sei es<br />

frischer Fisch, die gesalzene Butter oder Wild.<br />

smaland-express.de


<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION


0 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Heute so, morgen so!<br />

Skandale, vergessene Königreiche, die Geschichte eines Soldaten, ein hölzerner Prinz: Das alles<br />

können ERI, eine Tanztheatergruppe aus Finnland, in ihren Stücken verkörpern – und beim näch-<br />

sten Mal vielleicht wieder etwas ganz anderes, wie finnische Hits, Träume, Bilder von Enten, Fau-<br />

nen oder Engeln. Aber „eri“ heißt schließlich auch „anders“ oder „verschieden“ auf Finnisch.<br />

„Tanz ist ein Telegramm an die Erde mit der Bitte um<br />

Aufhebung der Schwerkraft.“ Dieses Zitat stammt<br />

von dem Tanzgott Fred Astaire, und wenn es nicht<br />

so schrecklich schwülstig klingen würde, könnte<br />

man es tatsächlich auf die fünfköpfige Tanzthea-<br />

tertruppe ERI aus Finnland übertragen. Eins steht<br />

jedenfalls fest, egal was ERI auf die Beine stellen,<br />

es scheint tatsächlich nicht von dieser Welt zu<br />

sein. Seit 17 Jahren choreografieren, tanzen und<br />

schauspielern Tiina, Oleg, Lassi, Eeva und Alexan-<br />

der schon zusammen und haben in dieser Zeit über<br />

40 Stücke produziert. Sie beschreiben sich selbst<br />

augenzwinkernd als Botschafterin, Gentleman,<br />

Ballettkünstler, Humoristin und den Mann fürs<br />

Grobe und sind überzeugt, dass Tanztheater inzwi-<br />

schen einen großen Einfluss innerhalb verwandter<br />

Kunstformen hat. Die uneingeschränkte Liebe zu<br />

ihrer Arbeit sieht man den Stücken sofort an. Denn<br />

die sind eben meistens anders. Die Bandbreite ihres<br />

Repertoires reicht von politischen bis hin zu unter-<br />

haltenden Stücken, die aber immer beeindrucken,<br />

und das findet man nicht nur zu Hause in Turku,<br />

sondern weltweit, denn ERI sind mit ihren originellen<br />

Aufführungen schon ziemlich weit herumgekommen.<br />

Zum <strong>NORD</strong> Kulturforum macht das Theater einen<br />

Zwischenstopp in Berlin, diesmal in der ufaFabrik.<br />

Das internationale Kulturzentrum verknüpft interna-<br />

tionale und lokale Kunst und Kulturen und fördert<br />

bereits seit über 26 Jahren junge Künstler. Das en-<br />

gagierte Ziel der ufaFabrik lautet, die Lebensqualität<br />

in der Großstadt zu verbessern und verschiedene<br />

gesellschaftliche Bereiche wie Wohnen, Arbeit, Kul-<br />

tur, Kreativität und soziales Leben sinnvoll miteinan-<br />

der zu verbinden. So entstand im Laufe der Zeit ein<br />

europaweit einzigartiges Lebens- und Arbeitspro-<br />

jekt. Das regelmäßige Bühnenprogramm wechselt<br />

zwischen Theater, Weltmusik, Kabarett, Varieté,<br />

Tanz, Comedy, Kleinkunst und Literatur. Die vielfäl-<br />

tige Ausrichtung der ufaFabrik passt also perfekt zu<br />

den abwechslungsreichen Vorstellungen ERIs.<br />

In diesem Jahr präsentieren ERI „Tango & Rituale“,<br />

also einen lateinamerikanischen Tanz und Hand-<br />

lungen, die einem das menschliche Miteinander<br />

erleichtern. Das passt nicht zusammen? Von<br />

wegen – bei diesen Finnen ist alles aus einem Guss,<br />

obwohl „Tango & Rituale“ in der Tat aus zwei ge-<br />

trennten Teilen besteht. Im ersten Teil verhexen ERI<br />

ihr Publikum rituell. Aber im positiven Sinne. Musik<br />

und Tanz bilden eine harmonische Einheit, die Grup-<br />

pe bewegt sich in wiederkehrenden Bewegungen zu<br />

wiederkehrenden Rhythmen auf ein gemeinsames<br />

Ziel zu, unterbrochen von kleinen individuellen Zwi-<br />

schenspielen. Im zweiten Teil des Abends werden<br />

ERI leidenschaftlichen Tango zu finnischen und<br />

argentinischen Melodien zum Besten geben. Wenn<br />

man es mit einem weiteren Zitat versuchen wollte,<br />

könnte man mit den Worten des englischen Schrift-<br />

stellers John Drydens sagen: „Tanzen ist die Poesie<br />

des Fußes.” Denn poetisch sind die Aufführungen<br />

ERIs ohne Zweifel.<br />

eridance.net, ufafabrik.de


Foto: Jari Laurikko<br />

Frischer Wind aus dem Norden<br />

Auf den Spuren der schwedischen Filmgröße Ingmar<br />

Bergman wandelt das Stück „Sonate im Herbst“. Es<br />

ist ein Projekt des „SISUtheaters“, einer Zusammen-<br />

arbeit deutscher und nordischer Schauspieler. Die<br />

Zuschauer werden hier selbst zu Akteuren, denn<br />

sie werden aufgefordert, Gefühle und mögliche<br />

Konflikte innerhalb von Familien selbst aufzuzeigen.<br />

Die Schauspieler greifen diese Familienkonstellati-<br />

onen dann auf, um sie vor der Folie einer nordischen<br />

Familiensaga zu überprüfen, zu übernehmen oder zu<br />

verzerren.<br />

Ein Theaterstück für Kinder präsentiert das „Gru-<br />

somhetens Teater“ aus Oslo. Grusomheten heißt<br />

zwar Grausamkeit, das Stück „Dukkehuset“ („Das<br />

Puppenhaus“) ist aber keineswegs zum Fürchten.<br />

Eher zum Nachdenken. Das ruhige Stück von Øyvind<br />

B. Lyse ist die Adaption eines Buches: Eine Puppe<br />

spielt mit einer Puppe, die mit einer Puppe spielt, und<br />

jede hat ihr eigenes Puppenhaus. Jedes Puppen-<br />

haus hat wiederum eigene Rituale, und langsam<br />

entfaltet sich vor den Augen der kleinen und großen<br />

Zuschauer eine besondere Welt.<br />

Unbändig geht es hingegen beim schwedischen<br />

Performance-Ensemble „Timbre“ aus Stockholm zu,<br />

das aus vier Künstlerinnen besteht. „Timbre“ heißt<br />

auch Klangfarbe, und die Produktion „Normo-Mania“<br />

stellt unter Beweis, wie facettenreich diese im Falle<br />

der Schwedinnen ausfällt. Sie heben die Grenzen<br />

zwischen Musik, Tanz und Schauspiel auf. „Nor-<br />

mo-Mania“ verknüpft verschiedene Erzählstränge<br />

miteinander, die aber alle von den gleichen Themen<br />

handeln: Besessenheit, Scham und Sehnsucht<br />

bilden einen wilden Reigen, gekrönt von schwarzem<br />

Humor. Verhasste Normalität oder empörende Ab-<br />

surdität? Eigentlich das ganz normale Leben.<br />

Am 30. April findet die große <strong>NORD</strong>WIND-Par-<br />

ty statt. Dabei werden skandinavische Kurzfilme<br />

gezeigt, kulinarische Spezialitäten serviert, und<br />

man kann mit den nordischen Gästen ins Gespräch<br />

kommen.<br />

Am weitesten angereist ist das Sámi Teáther aus<br />

Kiruna, der nördlichsten Stadt in Schweden. Sámi<br />

sind die Ureinwohner Nordskandinaviens, die traditi-<br />

onell von der Rentierzucht leben und eine besondere<br />

Gesangsform entwickelt haben, den Jojk. Das Stück<br />

„En jojkpoetisk rapsodi från Sámpi“ von Elisabeth<br />

Heilmann Blind und Lillemor Mauritzdotter Nylen<br />

nimmt diese bedeutende samische Tradition auf. Das<br />

Ensemble bietet seinem Publikum einen poetischen<br />

Abend mit Musik und Textpassagen in samischer<br />

Sprache. Auch wer des Samischen nicht mächtig ist,<br />

wird sofort von der behaglichen Atmosphäre gepackt<br />

– als würde man tatsächlich an einem dunklen<br />

Winterabend mit den Sámi in einer Torfhütte um ein<br />

prasselndes Feuer sitzen und den Geschichten aus<br />

längst vergangenen Tagen lauschen.<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 1<br />

Eigentlich schreibt man „Thikwa” (hebräisch für Hoffnung) mit einem Akzent. Das F40-Atelier<br />

Thikwa in Berlin schreibt sich zwar ohne, dafür werden aber umso mehr Akzente im Kulturleben<br />

gesetzt. Und zwar skandinavische. Während des <strong>NORD</strong> Kulturforums bläst auf dieser Bühne der<br />

<strong>NORD</strong>WIND. Unter diesem Motto sind gleich mehrere nordische Theatergruppen zu Gast.<br />

Wer sich noch mehr verzaubern lassen möchte, sollte<br />

auf keinen Fall den Nordischen Märchen-abend mit<br />

Ricarda Ciontos verpassen. Sie wird ihr Publikum mit<br />

auf einen Streifzug durch die nordischen Wälder und<br />

dichtes Gestrüpp nehmen hin zu den Stimmen des<br />

Windes, um schließlich vielleicht auch Trollen und<br />

Elfen zu begegnen. Zurück in die Gegenwart geht es<br />

hingegen mit dem Modern Jazz Quartett „Stiania“,<br />

ein deutsch-dänisches Ensemble, dessen Repertoire<br />

von Duke Ellington bis Bela Bartók reicht.<br />

Wer es lieber klassisch mag, sollte Oskar Ekberg<br />

nicht verpassen. Ein Meister auf dem Klavier aus<br />

Stockholm, der von Barock über Romantik bis zur<br />

Gegenwart alles beherrscht und bei seinem Konzert<br />

einen Schwerpunkt auf schwedische Komponisten<br />

legen wird. Klassiker ganz anderer Art präsentiert<br />

dagegen die deutsch-finnische Band „Kuusimäki“.<br />

Die Band um die Sängerin Katri Kuusimäki nimmt<br />

sich die großen Hits aus Rock, Pop, Punk oder auch<br />

Country ordentlich zur Brust, so dass dabei ganz ei-<br />

gene Versionen entstehen. Denn wer hat schließlich<br />

schon einmal „The show must go on“ oder „Roxanne“<br />

auf Finnisch gehört?<br />

Das <strong>NORD</strong>WIND-Programm finden Sie im<br />

Programmteil ab S. 58<br />

thikwa.de/nordwind


Foto: Stig Krohn Haaland<br />

2 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

The Low Frequency In Stereo<br />

Ende Juni veröffentlicht die norwegische Band „The Low Frequency In Stereo“ mit Wahlheimat Kopen-<br />

hagen ihr drittes Album „The Last Temptation Of…“. Damit werden die Kritikerlieblinge mit Präferenz für<br />

modernen Psychedelic-Rock ihren Status als Geheimtipp wohl endlich ablegen. Laut der norwegischen<br />

Fernsehshow „Lydverket“ nähert sich die Platte der Geniegrenze, hat noch bessere Melodien und mehr<br />

Groove als ihre Vorgänger – es lohnt sich also, mal reinzuhören! lowfrequencyinstereo.com<br />

The Radio Dept.<br />

Eines der größten Musikmagazine<br />

Englands wählte ihr<br />

erstes Album in die Top Ten<br />

des Jahres 2004. Mit ihrer<br />

gerade erschienenen zweiten<br />

Platte „Pet Grief” könnte das<br />

der angeblich besten Band<br />

Schwedens wohl auch wieder<br />

passieren. Denn auch wenn das<br />

neue Werk etwas düsterer und<br />

epischer daherkommt, sind es<br />

doch immer noch unverkennbar<br />

„The Radio Dept.”, die<br />

da im Studio stehen. Schöne,<br />

spröde Popmelodien in elektronisch-grandioser<br />

Verpackung,<br />

ein neuer Klassiker des Stock-<br />

Mårtensson<br />

holmer Kult-Indie-Labels<br />

Henrik<br />

Labrador. labrador.se Foto:<br />

Nomen est omen<br />

0047 ist die Landesvorwahl für Norwegen. So<br />

startete die Galerie „Projekt 0047“ vor zwei Jahren<br />

als Plattform für norwegische Kunst und Kultur. Seit<br />

Elisabeth Byre und Martin Braathen sie als Kuratoren<br />

übernahmen, hat sich die Ausrichtung internationa-<br />

lisiert, und häufig werden in Gruppenausstellungen<br />

viele Künstler gleichzeitig vorgestellt. Bei den<br />

Vernissagen bekommt die Galerie dann schnell mal<br />

Clubcharakter, sagt die Kuratorin und Gelegenheits-<br />

D-Jane Byre. In der nächsten Ausstellung „Domestic<br />

Affairs“, die während des <strong>NORD</strong> Kulturforums 2006<br />

vom 21. April bis zum 13. Mai stattfindet, werden<br />

verschiedene Künstler einen distanzierten Blick auf<br />

die eigenen vier Wände offen legen.<br />

projekt00 7.com<br />

Kulturvermittlung in Kreuzberg<br />

Das Künstlerhaus Bethanien am Kreuzberger Marian-<br />

nenplatz versteht sich als Mittelpunkt der internatio-<br />

nalen Kunstvermittlung im Kiez. Das „Internationale<br />

Atelierprogramm“ ist Teil dieses Engagements – seit<br />

der Gründung des Instituts 1974 haben über 400<br />

Künstler aus 30 Ländern dort gearbeitet. Die moder-<br />

ne Arbeitsphilosophie im Sinne flacher Hierarchien,<br />

von Teamwork und Mitspracherecht kommt dabei<br />

vielen gerade recht. Auch aus den nordischen Län-<br />

dern sind immer wieder Künstlerinnen und Künstler zu<br />

Gast, beispielsweise die Isländerin Erla S. Haralds-<br />

dóttir, die vom 12. bis 28. Mai ihre Fotocollagen im<br />

Künstlerhaus ausstellt oder der schwedische Film-<br />

künstler Jesper Nordahl, dessen Arbeiten vom 4. bis<br />

20. August zu sehen sind. Auch Jannicke Låker aus<br />

Norwegen arbeitet derzeit in Bethanien und wird ihre<br />

Resultate vom 10. bis 26. November präsentieren.<br />

bethanien.de


Foto: Crille Forsberg<br />

Brasilianischer Tanz auf Island<br />

Vom 12. Mai bis 2. Juni findet das isländische “Reykjavik Arts Festival” statt. Es existiert bereits seit 1970 und ist<br />

damit eines der ältesten und auch eines der meist angesehenen Kunst- und Kulturfestivals im Norden Europas. Ziel<br />

ist es, vor allem isländische, aber auch internationale Kultur aus allen Bereichen wie Musik, Theater oder bildender<br />

Kunst zu fördern. Dieses Mal stehen zum Beispiel brasilianischer Tanz, Mitternachtskonzerte und ein großes<br />

Fotohappening in der Stadt auf dem Programm. artfest.is<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Mit Leichtigkeit zum Erfolg<br />

Rechtzeitig zum Frühling präsentiert sich in der schwedischen Hauptstadt<br />

mit „Gram Design“ eine neue Sneakermarke. Benannt sind die Schuhe<br />

jeweils nach ihrem Gewicht, denn laut Gram Design liegen hier alle Variablen<br />

und aller Ausdruck eines Schuhs begründet: Material, Funktionalität,<br />

Konstruktion und Qualität. Das Gewicht spiegelt die Einfachheit der<br />

Schuhe von Gram wider. Die Frühlingskollektion 2006 besteht aus drei<br />

klassisch-eleganten Modellen in leichtem, schönem Denimstoff, jedes Modell<br />

mit seinem eigenen Gewicht und Ausdruck: 311 g, 355 g und 406 g.<br />

gramdesign.se<br />

Aus Musikern werden Schauspieler<br />

Für alle Cardigans-Fans kommt hier eine gute Nachricht: Nina Persson, ihres<br />

Zeichens Sängerin der legendären Malmöer Popband, hat gerade ihr Schau-<br />

spieldebüt in dem schwedischen Film „Om gud vill“ („So Gott will“) gegeben.<br />

Regisseur des Films ist Amir Chamdin, einigen auch als Sänger bei der Hip-Hop-<br />

Band „Infinite Mass“ bekannt, oder als Regisseur einer Vielzahl von Musikvi-<br />

deos für zum Beispiel „The Ark“, „The Hellacopters“ oder Stina Nordenstam. Er<br />

übernimmt Ninas männlichen Gegenpart in diesem langsamen Liebesfilm, der vor<br />

allem durch die sinnlichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen Stockholms besticht. Wann<br />

dieser Film in die deutschen Kinos kommt, ist noch ungewiss, es lohnt sich aber,<br />

die Augen offen zu halten. omgudvill.se<br />

Foto: Signe Vilstrup<br />

Ein großes Festival für einen<br />

großen Norweger<br />

Das Ibsen-Festival des Osloer<br />

Nationaltheaters wird in diesem<br />

Jahr umfassender als je zuvor<br />

sein, und dies aus gutem Grund:<br />

2006 jährt sich der Todestag<br />

des norwegischen Dramatikers<br />

Henrik Ibsen zum 100. Mal. Vom<br />

24. August bis zum 16. September<br />

wird das Nationaltheater auf fünf<br />

verschiedenen Bühnen eigene<br />

Ibsen-Produktionen sowie Gast-<br />

spiele aus allen fünf Kontinenten<br />

präsentieren. Die traditionelle Sicht<br />

auf Ibsens Stücke wird herausge-<br />

fordert, wenn sich das japanische<br />

No-Theater oder die chinesische<br />

Oper mit dem Vater des modernen<br />

Dramas befassen. Ein Grund mehr<br />

also für einen Kurztrip nach Oslo!<br />

ibsenfestivalen.no


<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION


48 Stunden Reykjavík<br />

Was für ein Flughafen. Vielleicht der ungewöhnlichste<br />

internationale Flughafen Europas, gelegen am äu-<br />

ßersten Zipfel Islands inmitten einer Mondlandschaft<br />

an der nordatlantischen Küste, hochmodern und<br />

unwirtlich zugleich. Alle in Keflavík (sprich: Keppla-<br />

wiek) ankommenden Passagiere jedweder Natio-<br />

nalität werden mit einem fröhlichen „Velkomin heim<br />

– Willkommen zu Hause!“ begrüßt und gleich in den<br />

Duty-Free-Shop weitergeleitet – die letzte Chance,<br />

zu nicht allzu intergalaktischen Preisen Alkohol und<br />

andere Genussartikel zu erstehen, denn Island gilt<br />

nach Japan als teuerstes Reiseland der Welt.<br />

Noch ahnt man nichts von der gut 45 Kilometer<br />

entfernt liegenden pulsierenden Hauptstadt der Insel:<br />

Reykjavík. Dafür lauert Islands Touristenfalle Nummer<br />

Eins in unmittelbarer Nähe des Flughafens: das<br />

Geothermal-Spa „Blaue Lagune“. Auf der Halbinsel<br />

Reykjanes inmitten von Lavageröll lockt die Lagune<br />

zu völlig übertriebenen Preisen mit einem Bad im<br />

Freien und naturkosmetischen Wundern die scharen-<br />

weise angekarrten Stop-over-Touristen, die auf ihrer<br />

Reise zwischen Europa und Amerika hier vorbeikom-<br />

men. Schade, dass viele nicht mehr Zeit mitbringen,<br />

hat Island doch wesentlich mehr zu bieten als dieses<br />

Riesenplanschbecken, in dem man im Abwasser<br />

eines Geothermalwerkes badet. Und echte Isländer<br />

trifft man hier auch nicht.<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Touristenfallen kennt jeder. Doch wer würde sie in der charmanten Hauptstadt Islands vermuten?<br />

Damit abenteuerlustige Besucher Reykjavíks am Ende nicht nur mit dem Magen voller „Hambor-<br />

gari“ und „Kaffi“ in einer eben solchen landen, sollten sie diesen Text aufmerksam lesen. Denn<br />

auch wer nur zwei Tage dort ist, kann aufregendere Sachen erleben als kulinarische Fehltritte.<br />

Illustration: Clapclap<br />

In Reykjavík hingegen wimmelt es von ihnen – vor<br />

allem des Nachts. Das Nachtleben ist legendär, und<br />

etwas muss ja dran sein, warum sonst würden sich<br />

reihenweise hippe Berliner, New Yorker und Londo-<br />

ner für ein Wochenende in die bekanntermaßen nicht<br />

gerade tropische nördlichste Hauptstadt der Welt<br />

aufmachen? In der Tat: Der Laugavegur, die tagsüber<br />

recht ruhig und gesittet wirkende Hauptstraße<br />

Reykjavíks, wird nachts zur Partymeile, und die 80<br />

Bars reihen sich auf zwei Kilometern dicht aneinan-<br />

der. Groß sind sie alle nicht, so dass sich teils lange<br />

Schlangen vor den Eingängen bilden, die darauf<br />

hindeuten, dass sämtliche 115.000 Reykjavíker auf<br />

der Piste sind und es in der Bar und vor der Theke<br />

auch sehr beengt zugeht. Glücklicherweise sind die<br />

Bars und Clubs so nah beieinander, denn öffentli-<br />

cher Genuss von Alkohol ist in Island verboten. Der<br />

ausgeschenkte ist allerdings sündhaft teuer. Zudem<br />

gilt eine Altersgrenze von 21 Jahren, die die Isländer<br />

durch allerlei Tricks und mit geschmuggelten Geträn-<br />

ken zu umgehen versuchen. Alle Teenies, die draußen<br />

bleiben müssen, verwandeln den engen Laugavegur<br />

freitags und samstags nachts in einen Catwalk, und<br />

Superjeeps, deren Größe nur noch durch die darin<br />

dröhnenden Musikanlagen übertrumpft wird, cruisen<br />

auf und ab. Ob Sommer oder Winter, die Isländer<br />

führen unbeeindruckt ihre neuen Frisuren und


6 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Kleider mit Vergnügen aus und sich selbst Alkohol<br />

zu. Dies geschieht beispielsweise in der „Kaffibarinn“<br />

(Bergstaðastræti 1), dem Originalschauplatz des<br />

Films „101 Reykjavík“ oder im „Sirkus“ (Klapparstígur<br />

30), Björks Stammcafé. Die Schickeria der Stadt trifft<br />

sich eher im „Kaffi Oliver“ (Laugavegur 20) oder dem<br />

„Nasa-Club“ (am Austurvöllur). In den Bars werden<br />

die isländischen Bierbrauversuche „Egils“ und „Thule“<br />

in Massen konsumiert, von alt und jung und Mann<br />

und Frau. Getanzt wird bis zum Morgengrauen oder<br />

Nordlichtflackern, und wenn alles andere schließt,<br />

geht’s ins “Café Viktor” (Hafnarstræti 1-3) oder<br />

„Gaukur á Stöng” (Tryggvagata 22), das auch zu<br />

früher Morgenstunde manchmal noch mit Live-Musik<br />

aufwartet.<br />

Aber auch bei Tag hat Reykjavík so manches zu bie-<br />

ten. Bei gutem Wetter empfiehlt sich als Ausgangs-<br />

punkt eine Panoramarundschau über die bunten<br />

Wellblechdächer der Stadt von der Hallgrímskirkja,<br />

einer monumentalen Betonkirche von umstrittener<br />

Ästhetik, die die gesamte Stadt überragt. Von hier aus<br />

kann Þingholt, das historische Stadtzentrum, erkundet<br />

werden. Bergab geht es den Skólavörðustígur, vorbei<br />

am Stadtgefängnis, das zur Belustigung mancher Is-<br />

länder erstaunliche Ähnlichkeit mit dem isländischen<br />

Parlamentsgebäude neben dem Dom hat. Neben<br />

einigen Standbildern und historischen Häusern aus<br />

dem 18. Jahrhundert lassen sich bei einem Streifzug<br />

durch die Innenstadt auch zahlreiche Galerien,<br />

Designerlabels und Modemacher auftreiben, die von<br />

dem produktiven künstlerischen Schaffen der Isländer<br />

zeugen. Im „Naked Ape“ (Bankastræti 14) finden<br />

sich beispielsweise die neuesten Klamotten, und<br />

eines der letzten Independent Labels in Reykjavík,<br />

„12 Tónar“ (Skólavörðustígur 15), lädt zum Stöbern<br />

in den Platten der schier unerschöpflich scheinenden<br />

isländischen Musikszene ein. Wer möchte, bekommt<br />

dort auch einen „Kaffi“. Den besten Espresso gibt<br />

es jedoch im „Kaffi Mokka“ nebenan, wo es die<br />

erste Espressomaschine Islands gab. Oder ist das<br />

„Kaffibrennslan” (Pósthússtræti 9) nicht ebenso nett,<br />

oder vielleicht das gemütliche „Ömmukaffi” in der<br />

Austurstræti?<br />

Für Erholungsbdürftige gibt es – zumindest bei<br />

gutem Wetter – den kleinen Strand „Ylströndin”, der<br />

hinter dem Stadtflughafen aufgeschüttet ist. Das<br />

Meerwasser ist zum Baden eigentlich zu kalt und<br />

wird daher auf 18 bis 20 Grad erhitzt. Wem das noch<br />

immer zu frisch ist, dem sei der so genannte „heiße<br />

Pott” ans Herz gelegt. Zu finden sind diese Heißwas-<br />

serbecken in jedem Schwimmbad oder auf dem Land<br />

als Inventar vieler Hütten. Sie bieten Hitze nach Maß<br />

zwischen 36 und 44°C, alles an der frischen Luft,<br />

versteht sich! Oder man genießt die Atemlosigkeit im<br />

nach Ammoniak riechenden Dampfbad, vorzugsweise<br />

über natürlichen heißen Quellen.<br />

Bei genügend Zeit kann natürlich auch die vielsei-<br />

tige Umgebung der Hauptstadt erkundet werden.<br />

Ein Klassiker unter den Tagestouren ist hierbei der<br />

„Golden Circle”, auf dem die berühmtesten Sehens-<br />

würdigkeiten Islands liegen. Er führt zum Nationalpark<br />

Þingvellir, der Versammlungsstätte des isländischen<br />

Parlaments bis ins späte 18. Jahrhundert, die nun<br />

zum jährlichen Zelebrationsort des Nationalfeiertags<br />

am 17. Juni geworden ist. Auch geologisch ist der Ort<br />

von Bedeutung, denn hier verläuft die Grenze zwi-<br />

schen zwei Kontinentalplatten. Wo die amerikanische<br />

und die eurasische Platte so weit auseinander driften,<br />

dass sich die Erde spaltet, treten Geysire und der<br />

Wasserfall Gullfoss in Erscheinung, weitere Stationen<br />

des Circles.<br />

Bei so viel Aktivität kann einen schon der Hunger<br />

überkommen, und dann ist guter Rat teuer. Das<br />

Nationalgericht der Isländer ist „Hamborgari“, eines<br />

der wenigen Lehnwörter in der sonst so archaischen<br />

isländischen Sprache. Der „Hamborgari“ lauert an<br />

jeder Ecke und ist im ganzen Land und in allen<br />

Variationen erhältlich. Traditionelle isländische Kost ist<br />

wenig genießbar und im Restaurant für die meisten<br />

nicht bezahlbar. Aber es gibt Hoffnung für den ge-<br />

schundenen Geldbeutel: „Bónus“, der isländische Aldi,<br />

versorgt mit allem Lebensnotwendigen zu halbwegs<br />

menschlichen Preisen – auch wenn die Auswahl eher<br />

bescheiden ausfällt. Aber echte isländische Kartoffeln<br />

und Möhren, im Gewächshaus herangewachsen,<br />

sollte jeder Islandreisende unbedingt einmal verzehrt<br />

haben. Ansonsten lockt an jeder Ecke Fast Food, die<br />

besten Hot Dogs der Stadt gibt es laut Selbstde-<br />

klaration am Kolaportið, dem Reykjaviker Flohmarkt.<br />

Nirgendwo schmeckt die Schafswurst so gut wie dort!<br />

Mit reiner Haut, voller Leber, leerem Magen und<br />

schluchzendem Portemonnaie erscheint der Weg<br />

zurück zum Flughafen nun doppelt lang. Diesmal wird<br />

man vielleicht der Militärbasis der Amerikaner gewahr,<br />

die sich in unmittelbarer Nähe des Flughafens befin-<br />

det. Seit 1941 sind amerikanische Truppen in Island,<br />

heute sind hier noch 1.200 Soldaten stationiert. Nun<br />

hat der Präsident der USA jüngst verkündet, die<br />

Soldaten von der Insel zurückzuziehen, denn seit dem<br />

Ende des Kalten Krieges ist die strategische Bedeu-<br />

tung Islands gleich Null.<br />

Für die Isländer ist diese Entscheidung von enormer<br />

Tragweite, da sie über keine eigene Armee verfügen.<br />

Die NATO hat ihrem Mitglied inzwischen Unterstüt-<br />

zung zugesagt und will die militärische Sicherung der<br />

Insel und ihrer Fischgründe nun teilweise überneh-<br />

men. Eine Umorientierung der isländischen Außenpo-<br />

litik könnte künftig zu einer stärkeren Anlehnung an<br />

Europa führen. Das hätte für die Touristen zumindest<br />

den Vorteil, dass sie außer Burgern vielleicht auch mal<br />

etwas anderes bekommen.


Hard <strong>Revolution</strong><br />

Die Ausstellung „Hard <strong>Revolution</strong>“ hat ihren Aus-<br />

gangspunkt in der Situation der jungen, aufstre-<br />

benden nordischen Kunststudenten, die kurz vor<br />

ihrem Hochschulabschluss stehen und sich dann in<br />

der harten Realität beweisen müssen. „Es geht um<br />

Entscheidungen und Strategien, wie man mit der<br />

neuen und sich wandelnden Situation umgeht“, sagt<br />

Mika Hannula, der an der Akademie der Künste in<br />

Helsinki Professor für Kunst im öffentlichen Raum<br />

ist und die Ausstellung kuratiert.<br />

Die Ausstellung überrascht Berliner und Besucher<br />

der Stadt an einem eher ungewohnten Ort. Sie wird<br />

im Bahnhof Potsdamer Platz mitten im öffentlichen<br />

städtischen Milieu vor dem Eingang zu einer Ein-<br />

kaufspassage gezeigt. Die Kunststudenten haben<br />

sich der Herausforderung gestellt, bestehende<br />

Räumlichkeiten und Konventionen zu verlassen und<br />

neue Orte für kulturelle Kommunikation zu erobern.<br />

„Die Ausstellung versucht, bestimmte Fragen aufzu-<br />

werfen: Was ist der öffentliche Raum? Welche Art<br />

der visuellen Kommunikation ist möglich und sinnvoll<br />

an so einem Ort?“, meint Hannula. Er betrachtet<br />

„Hard <strong>Revolution</strong>“ als eine fantastische Chance,<br />

die Möglichkeiten von zeitgenössischer Kunst im<br />

öffentlichen Raum neu zu überdenken. „Unsere<br />

Aufgabe ist es, diese sehr spezielle Situation, die<br />

wir am Potsdamer Platz vorfinden, zu aktivieren und<br />

die Menschen zu verführen, ihre Umgebung und<br />

ihre Stadt auf eine neue Art wahrzunehmen und<br />

zu reflektieren“, fasst Hannula seine Erwartungen<br />

an die Ausstellung zusammen. Obwohl viele der<br />

Studenten selbst schon längere Zeit in Berlin gelebt<br />

haben, ist es vor allem ihre Distanz zu der Stadt,<br />

die es ihnen ermöglicht, sich unbefangen mit dem<br />

Platz zu beschäftigen, neue Sichtwinkel zu eröffnen<br />

und Verhaltensweisen in Frage zu stellen. Auch die<br />

Tatsache, dass das Projekt in einer Kooperation<br />

zwischen Kunsthochschulen verschiedener Städte<br />

– Kopenhagen, Reykjavík, Göteborg, Helsinki und<br />

Bergen – entstanden ist, eröffnete viel Spielraum<br />

für Diskussionen, unterschiedliche Meinungen und<br />

Werte, was eine vielfältige Bearbeitung des The-<br />

mas mit sich brachte.<br />

Der Fokus der ausgestellten Arbeiten ist die Art<br />

und Weise, wie sich die Menschen an einem Ort<br />

wie dem Potsdamer Platz, der für die meisten<br />

ein reiner Durchgangsbereich ist, bewegen und<br />

verhalten. Die Schwedin Magdalena Rapala zeigt<br />

zum Beispiel einen Film, der direkt am Potsdamer<br />

Platz gedreht wurde und die Frage aufwirft, wohin<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 7<br />

Schon mal von Kunst zu neuen Perspektiven verführt worden? „Hard <strong>Revolution</strong>“, wohl eine der<br />

spannendsten Kunstausstellungen dieses Jahres, hat sich zum Ziel gesetzt, die Passanten am<br />

Potsdamer Platz zu einer neuen Sicht auf ihre Stadt zu inspirieren. Das von den Studenten fünf<br />

nordischer Kunstakademien erarbeitete Projekt setzt sich mit den Veränderungen in Großstädten<br />

und den Parallelen zu persönlichen Transitionsprozessen auseinander.<br />

eigentlich all die Menschen unterwegs sind. Sandra<br />

Trute aus Norwegen will mit einer Klanginstalla-<br />

tion die Passanten darauf aufmerksam machen,<br />

wie ihr Standpunkt im Raum aus der Perspektive<br />

eines anderen Menschen wahrgenommen wird. Der<br />

Isländer Bjarki Bragason, der schon früher in Berlin<br />

ausgestellt hat, befasst sich in seiner Arbeit „Genera<br />

Tor“ mit dem Verhältnis des Potsdamer Platzes zum<br />

angrenzenden Tiergarten, dem Verhältnis zwischen<br />

Natur und bebauter Stadtlandschaft.<br />

Viele der Arbeiten entstehen sehr kurzfristig direkt<br />

am Platz, Performances zum Beispiel, die dann als<br />

Film dokumentiert werden. Auf diese Weise werden<br />

die Menschen am Potsdamer Platz, die ja nachher<br />

auch das Publikum der Ausstellung stellen, zu einem<br />

wichtigen Bestandteil der Kunst und damit auch<br />

des Erfolgs des Projekts. Man darf also gespannt<br />

sein, ob die Kunststudenten aus dem Norden die<br />

richtige künstlerische Sprache finden, mit der sie die<br />

Passanten aus ihrer Routine locken können.<br />

Die Ausstellung „Hard <strong>Revolution</strong>“ wird vom 21. April bis zum 7.<br />

Mai in der Passerelle am Potsdamer Platz gezeigt.


8 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Nordische Kombinationen<br />

Wer mit skandinavischer Mode immer noch folkloristische Rüschenblusen, die Gla-<br />

mouroutfits von ABBA oder Norwegerpullis verbindet, hat definitiv etwas verpasst.<br />

Aber keine Sorge, hier kommt ein nordisches Update in Sachen Style und Mode!<br />

sommerkleid von ivana helsinki (Fi)<br />

www.ivanahelsinki.com<br />

tasche aus Wachstuch von 10-gruppen (se)<br />

www. scandstyle.de<br />

sweatshirt von Wood Wood (dK)<br />

www. woodwood.dk<br />

outfit von Filippa K (se)<br />

filippak.com<br />

sonnenbrillen von Bruuns Bazaar (dK)<br />

www. bruunsbazaar.com


Jeans hug lost von acne Jeans (se)<br />

www. acnejeans.com<br />

Feuchtigkeitscreme und hautöl<br />

von håkansson (se)<br />

www. hakanssonskin.com<br />

röhrenjeans von cheap monday (se)<br />

www. cheapmonday.com<br />

reflektorbrosche von studio sunnuntai (Fi)<br />

www. scandstyle.de<br />

adicolor-sneaker gestaltet<br />

von Wood Wood (dK)<br />

www. woodwood.dk<br />

Pullover von cicatriz (se)<br />

www. cicatriz.se<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

schmuck von snö of sweden (se)<br />

www. snoofsweden.com


60 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

Programm <strong>NORD</strong> Kulturforum<br />

Die Kultur aus den nordischen Ländern vibriert und fasziniert in Berlin. <strong>NORD</strong> sucht nach den neuen Tendenzen, dem modernen Ausdruck, den zukunftswei-<br />

senden Künstlern und der internationalen Energie aus Skandinavien und bringt sie zum zweiten Mal zum <strong>NORD</strong> Kulturforum nach Berlin. Das <strong>NORD</strong> Kulturforum<br />

findet dieses Jahr vom 21. April bis 7. Mai statt. Hier das diesjährige Programm:<br />

Das <strong>NORD</strong> Kulturforum 2006 beginnt am 21.04.2006 um 18 Uhr mit der Vernissage<br />

der Ausstellung „Hard <strong>Revolution</strong>” in der Passerelle am Potsdamer Platz.<br />

16.03.-12.05.2006<br />

„Die singenden Rosen“ – Fotografie aus dem<br />

Norden von Eeva Sumiloff<br />

Finnland-Zentrum<br />

rengas.de/termineberlin1.0.html<br />

26.03.-29.04.2006<br />

„A Complete Guide To Re-writing Your History, 2.“<br />

Galerie Sparwasser<br />

sparwasserhq.de<br />

02.04.-06.05.2006<br />

„Juchzen und Stille“ – Malerei von Hugo<br />

Rasmussen (DK) und Silvia Dzubas,<br />

Bronzeskulpturen von Mateusz Sikora, Polen<br />

Galerie Nering und Stern<br />

neringundstern.com<br />

06.04.-15.05.2006<br />

„Hut im Quadrat” – Ausstellung der schwedischen<br />

Hutkünstlerin Helena Ahonen und der Berliner<br />

Fotografin Heidi Scherm<br />

Felleshus der Nordischen Botschaften<br />

schweden.org<br />

07.04.-15.05.2006<br />

„From the North with Love and Confusion –<br />

Northern Cities Project“<br />

Fotoausstellung mit Atli Mar Hafsteinsson (ISL),<br />

Cato Lauritzen (NO), Alexander Naschekin, Komi<br />

Republik (RUS), Julia Peirone (SE), Jan Pilgaard<br />

(DK), Minna Rainio (FI), Vesa Ranta (FI), Perttu<br />

Saksa (FI), Anna Smirnova, Murmansk Oblast (RUS)<br />

Felleshus der Nordischen Botschaften<br />

nordischebotschaften.org<br />

Foto: Bjarki Bragason<br />

21.04.-13.05.2006<br />

„Domestic Affairs“<br />

Galerie Projekt 0047<br />

projekt0047.com<br />

21.04.-07.05.2006<br />

„Hard <strong>Revolution</strong>“ – Kunstausstellung unter<br />

Beteiligung der fünf nordischen Kunstakademien<br />

Helsinki, Bergen, Göteborg, Reykjavik und<br />

Kopenhagen<br />

Passerelle am Potsdamer Platz<br />

nord.info<br />

21.04.2006 | 18.00<br />

Lesung mit Ketil Bjørnstad (NO) und Kurzkonzert<br />

Dussmann das KulturKaufhaus<br />

kulturkaufhaus.de<br />

21.04.2006 | 19.00<br />

Jewgeni Onegin<br />

Komische Oper Berlin<br />

komische-oper-berlin.de<br />

21.04.2006 | 22.00<br />

Torun Eriksen (NO) – Jazz<br />

Quasimodo<br />

quasimodo.de<br />

21.04.-07.05.2006<br />

„Geheimnisse“ – Kunstprojekt<br />

von Maja Spasova (SE)<br />

Hackesche Höfe<br />

nord.info<br />

21.04.2006 | 22.00<br />

Shorts Attack: Nordisch by Nature –<br />

Skandinavische Kurzfilmhighlights mit<br />

„Kala“ (Fish), FI 2002<br />

„Naturlige Briller“ (Natural Glasses), NO 2001<br />

„Sommarlek“ (Summer Clouds), SE 2004<br />

„Kvinnokraft“ (Girl Power), SE 2004<br />

„Romeo & Juliet“, FI 2002<br />

„Eating Out“, NO 1994<br />

„Telakka“ (Dry Dock), FI 2001<br />

„Music for one apartment and<br />

six drummers“, SE 2001<br />

„Hjemmekamp“ (Home Game), NO 2004<br />

„En förtrollad kväll“ (One magic night), SE 2001<br />

„Valgaften“ (The Election Night), DK 1998<br />

babylon berlin:mitte<br />

babylonberlin.de<br />

21.04.-07.05.2006<br />

„Sound Center“ – finnische Klangmöbel mit<br />

nordischem Musikprogramm<br />

Passerelle am Potsdamer Platz<br />

nord.info


22.04.2006 | 20.30<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

„Sonate im Herbst“, SISUtheater,<br />

nach der Vorstellung Publikumsgespräch<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

22.04.2006 | 20.30<br />

„Hedda Gabler” von Henrik Ibsen<br />

schaubühne am lehniner platz<br />

schaubuehne.de<br />

auch am 23.04.2006 um 20.30, am 24. und<br />

28.04.2006 sowie am 01.05.2006 um 20.00<br />

22.-23.04.2006 | 14.00<br />

Nordische Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme. Im<br />

Rahmen der Ausstellung „From the North with<br />

Love and Confusion“. Zur Verfügung gestellt von<br />

Skábmagovat Filmfestival, Inari/Finnland, Kunst i<br />

Nordland, Bode/Norwegen, Filmpool Nord, Luleå/<br />

Schweden<br />

Auditorium/Felleshus der Nordischen<br />

Botschaften<br />

nordischebotschaften.org<br />

23.04.2006 | 20.00<br />

Der Himmel über Helsinki – musikalischer Abend<br />

Berliner Ensemble<br />

berliner-ensemble.de<br />

23.04.2006 | 20.30<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

„Sonate im Herbst“, SISUtheater<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

24.04.2006 | 19.00<br />

Don Giovanni<br />

Komische Oper Berlin<br />

komische-oper-berlin.de<br />

24.04.2006 | 19.30<br />

„Peer Gynt“ von Henrik Ibsen<br />

Berliner Ensemble<br />

berliner-ensemble.de<br />

24.04.2006 | 20.00<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

Klavierkonzert mit Oskar Ekberg (SE)<br />

Nordische Botschaften<br />

thikwa.de/nordwind<br />

25.04.2006 | 18.15<br />

Vortrag zur Geschichte und Bedeutung des<br />

Friedensnobelpreises, Referent: Geir Lundestad<br />

(NO) In englischer Sprache<br />

Felleshus der Nordischen Botschaften<br />

www2.hu-berlin.de/ni<br />

25.04.2006 | 19.30<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

„Dukkehuset“, Grusomhetens Teater, Oslo (NO)<br />

nach der Vorstellung Publikumsgespräch<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

25.04.2006 | 20.00<br />

Beady Belle – Elektrojazz (NO)<br />

Tränenpalast<br />

traenenpalast.de<br />

25.04.2006 | 20.00<br />

„Nora” von Henrik Ibsen<br />

schaubühne am lehniner platz<br />

schaubuehne.de<br />

auch am 26. und 27.04.2006<br />

26.04.2006 | 19.00<br />

Eeva Sumiloff präsentiert ihre Ausstellung „Die<br />

singenden Rosen“ und berichtet über ihre Kunst<br />

Finnland-Zentrum<br />

rengas.de/termineberlin1.0.html<br />

26.04.2006 | 16.00<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

„Dukkehuset“, Grusomhetens Teater, Oslo (NO)<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

26.04.2006 | 21.00<br />

N-Event mit MoHa (NO)<br />

Ausland<br />

ausland-berlin.de<br />

26.04.2006 | 20.30<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

Nordische Märchen mit Ricarda Ciontos<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

27.04.2006 | 20.30<br />

„In Memoriam?“ – Film von Ómar Ragnarsson (ISL)<br />

Werkstatt der Kulturen<br />

werkstatt-der-kulturen.de<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 61<br />

27.04.-28.05.2006<br />

„Island.Einwegland“ – Fotoausstellung von Fridjófur<br />

Helgason, Jóhann Ísberg, Guldmundur Páll<br />

Ólafsson und Ragnar Axelsson (ISL)<br />

Vernissage am 27.04.2006, 19:00<br />

Werkstatt der Kulturen<br />

werkstatt-der-kulturen.de<br />

27.04.2006 | 20.30<br />

„Normo-Mania“, TIMBRE, Stockholm (SE)<br />

– Performance,<br />

nach der Vorstellung Publikumsgespräch<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

28.04.2006 | 18.00<br />

„World of Solitude“ – Film von Páll Steingrímsson<br />

(ISL)<br />

Werkstatt der Kulturen<br />

werkstatt-der-kulturen.de<br />

28.04.2006 | 20.30<br />

ERI – Tanztheater (FI)<br />

ufaFabrik<br />

ufafabrik.de<br />

28.04.2006 | 20.30<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

„Normo-Mania“, TIMBRE, Stockholm (SE)<br />

– Performance<br />

F40 - Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

28.04.2006 | 22.00<br />

Claes Janson und Johan Leijonhufvud (SE) – Jazz<br />

A-Trane<br />

a-trane.de<br />

28.04.2006 | 17.30<br />

TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary Festival<br />

presents Nordic Docs<br />

„Tintin and I“ von Anders Høgsbro Østergaard<br />

DK 2004, 74 min., englische UT<br />

„My Body“ von Margreth Olin<br />

NO 2002, 25 min., englische UT<br />

babylon berlin:mitte<br />

babylonberlin.de


62 <strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION<br />

29.04.-30.04.2006 | 14.00<br />

Nordische Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme, zur<br />

Verfügung gestellt von Skábmagovat Filmfestival,<br />

Inari/Finnland, Kunst i Nordland, Bode/Norwegen,<br />

Filmpool Nord, Luleå/Schweden<br />

Auditorium/Felleshus der Nordischen<br />

Botschaften<br />

nordischebotschaften.org<br />

29.04.2006 | 17.30<br />

TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary<br />

Festival presents Nordic Docs<br />

„The Three Rooms of Melancholia“ von Pirjo<br />

Honkasalo<br />

FI 2004, 105 min., englische UT<br />

babylon berlin:mitte<br />

babylonberlin.de<br />

Foto: www.salzgeber.de<br />

29.04.2006 | 20.30<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

„Normo-Mania“, TIMBRE, Stockholm (SE)<br />

– Performance<br />

F40 - Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

29.04.2006 | 20.00<br />

„Klakki“ – Isländischer Folk<br />

Werkstatt der Kulturen<br />

werkstatt-der-kulturen.de<br />

29.04.2006 | 18.00<br />

„Multikulturalität – Die neuen Schweden“<br />

Referenten: Emil Plisch, Sekretär des Komitees<br />

für das multikulturelle Jahr in Schweden, und Tarik<br />

Saleh, Regisseur<br />

Werkstatt der Kulturen<br />

werkstatt-der-kulturen.de<br />

29.04.2006 | 22.00<br />

Claes Janson und Johan Leijonhufvud (SE) – Jazz<br />

A-Trane<br />

a-trane.de<br />

29.04.2006 | 20.30<br />

ERI – Tanztheater (FI)<br />

ufaFabrik<br />

ufafabrik.de<br />

29.04.2006 | 19.00<br />

Don Giovanni<br />

Komische Oper Berlin<br />

komische-oper-berlin.de<br />

29.04.-27.05.2006<br />

„Harmony Sisters“ – Fotoausstellung<br />

mit Esko Männikkö (FI)<br />

Vernissage am 28.04.2006<br />

Galerie Nordenhake<br />

nordenhake.com<br />

Foto: www.folketsbio.se<br />

30.04.2006 | 21.00<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

Nordwindparty mit Kurzfilmen von Interfilm, Musik<br />

und nordischem Essen<br />

F40 - Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

30.04.2006 | 18.00<br />

TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary<br />

Festival presents Nordic Docs<br />

„Gitmo-The New Rules Of War“ von Erik Gandini<br />

und Tarik Saleh<br />

SE 2005, 80 min., englische UT<br />

„Never Like the First Time!“ von Jonas Odell<br />

SE 2006, 15 min., englische UT<br />

Diskussion mit Tarik Saleh, Regisseur von<br />

„Gitmo-The New Rules OF War”<br />

babylon berlin:mitte<br />

babylonberlin.de<br />

01.05.2006 | 20.30<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

„En jojkpoetisk rapsodi“, Sámi Teáhter, Kiruna (SE),<br />

nach der Vorstellung Publikumsgespräch<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

Foto: Moulinsart


01.05.2006 | 17.30<br />

TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary<br />

Festival presents Nordic Docs<br />

„Tintin and I“ von Anders Høgsbro Østergaard<br />

DK 2004, 74 min., englische UT<br />

„My Body“ von Margreth Olin<br />

NO 2002, 25 min., englische UT<br />

babylon berlin:mitte<br />

babylonberlin.de<br />

02.05.2006 | 18.00<br />

Ostseegespräch: „Die ewig Besseren – was<br />

bedeutet der Norden für die deutsche Politik“<br />

Forschungsgruppe Nordeuropäische Politik e.V.<br />

Humboldt-Universität zu Berlin,<br />

Jägerstr. 10/11, Raum 006<br />

www2.hu-berlin.de/for:n/index.html<br />

02.05.2006 | 20.30<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

„En jojkpoetisk rapsodi“, Sámi Teáhter, Kiruna (SE)<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

02.05.2006 | 17.30<br />

TEMPO goes Berlin – Tempo Documentary<br />

Festival presents Nordic Docs<br />

„The Three Rooms of Melancholia“<br />

von Pirjo Honkasalo<br />

FI 2004, 105 min., englische UT<br />

babylon berlin:mitte<br />

babylonberlin.de<br />

03.05.2006 | 20.00<br />

Lesung mit Hallgrímur Helgason (ISL)<br />

Werkstatt der Kulturen<br />

werkstatt-der-kulturen.de<br />

03.05.06 | 20.30<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

„En jojkpoetisk rapsodi“, Sámi Teáhter, Kiruna (SE)<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

04.05.2006 | 20.00<br />

Peter Weiss-Abend mit Film und Vortrag<br />

(Jens Fietje Dwars)<br />

Literaturforum im Brechthaus<br />

lfbrecht.de<br />

04.05.-05.05.2006 | 22.00<br />

Kooperation mit dem Copenhagen Jazz Festival,<br />

u.a. mit Kaspar Williaume<br />

A-Trane<br />

a-trane.de<br />

Foto: Valerie Stahl von Stromberg<br />

05.05.2006 | 23.30<br />

Nokia Nseries presents <strong>NORD</strong>musik<br />

Mit Who Made Who live (DK), Tomboy (DK),<br />

Kasper Björke (DK), President Bongo (Gus Gus<br />

DJ, ISL), Margeir + Blake feat. Jack Schidt live<br />

(ISL), Sasse aka Freestyleman live / „Made Within<br />

The Upper Stairs Of Heaven” Album Release (FI),<br />

Todd Terje (NO), Coolof (The Knife / SE)<br />

103 Club<br />

103club.de<br />

05.05.2006 | 21.00<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

STIANIA – Modern Jazz (DK/D)<br />

F40 – Atelier Thikwa<br />

thikwa.de/nordwind<br />

06.05.2006 | 23.30<br />

Nokia Nseries presents <strong>NORD</strong>musik<br />

Mit DJ Annie (NO), Filur DJ Set feat. Live vocals<br />

by Josephine Philip (DK), Kiki (FI), Andreas<br />

Tilliander live (SE), Bulgur Brothers live (SE),<br />

Mikael Stavöstrand live (SE), Johan Skugge (SE),<br />

Ulf Eriksson (SE)<br />

103 Club<br />

103club.de<br />

06.05.-10.06.2006<br />

„The Momental“ – Ausstellung mit Events und<br />

Workshops u.a. mit Åsa Ståhl (SE)<br />

Galerie Sparwasser<br />

sparwasserhq.de<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 6<br />

06.05.2006 | 21.00<br />

<strong>NORD</strong>WIND-Festival<br />

Kuusimäki – Berlins schrägste finnisch-deutscheschwedische<br />

Band<br />

HAU 2<br />

thikwa.de/nordwind<br />

07.05.2006 | 20.00<br />

Kari Bremnes – Singer-Songwriterin (NO)<br />

Abschlussveranstaltung <strong>NORD</strong> Kulturforum 2006<br />

Tränenpalast<br />

traenenpalast.de<br />

Das <strong>NORD</strong> Kulturforum stellt die Veranstaltungen<br />

einzelner Veranstalter zusammen. Jeder Veranstalter<br />

ist sowohl inhaltlich als auch in der Durchführung<br />

der Aktivitäten selbst verantwortlich. Die<br />

Angaben in diesem Programm sind daher ohne<br />

Gewähr. Bitte informieren Sie sich direkt beim jeweiligen<br />

Veranstalter über eventuelle Änderungen.<br />

Alle uns bekannten Änderungen finden Sie auch<br />

immer aktuell auf: nord.info


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<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 6


SommerwieSe<br />

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Danke schön!<br />

Danke an alle lieben Unterstützer, freiwilligen Helfer,<br />

arbeitswilligen Veranstalter, engagierte Kulturschaf-<br />

fende, inspirierende Künstler, politische Lobby-<br />

isten, geduldige Designer, wortgewandte Autoren,<br />

schlaflosen Mitarbeiter, hilfreichen Mitarbeiter der<br />

Deutschen Bahn und an alle anderen Freunde von<br />

<strong>NORD</strong>. Ihr habt Tolles geleistet! Aber nicht schlapp<br />

machen, schon bald startet das <strong>NORD</strong> Kulturforum<br />

2007! Am 13. Mai 2006 ist Kick Off für die Arbeit<br />

mit dem Programm des nächsten Jahres mit dem<br />

„Polarzoo Festival“ in der Kulturbrauerei. Rock aus<br />

Skandinavien mit Úlpa (ISL), Mon Roe (SE), Kometa<br />

(FI), Joycehotel (DK), The Low Frequency In Stereo<br />

(NO) und Sugarplum Fairy (SE). Wir freuen uns auf<br />

ein Wiedersehen!<br />

polarzoofestival.de<br />

PARTNER UND SPONSOREN DES<br />

<strong>NORD</strong> KULTURFORUMS 2006<br />

PARTNER UND SPONSOREN DER EINZELPROJEKTE<br />

Hard <strong>Revolution</strong>:<br />

Kunsthochschule Helsinki, Kunsthochschule Valand,<br />

Göteborg, Königlich Dänische Kunstakademie Kopenhagen,<br />

Kunsthochschule Bergen, Kunsthochschule Reykjavík<br />

KUNO<br />

<strong>NORD</strong>kultur in der Werkstatt der Kulturen:<br />

Tempo goes Berlin:<br />

<strong>NORD</strong>musik:<br />

<strong>NORD</strong>WIND:<br />

Soundcenter:<br />

Tränenpalast:<br />

Projekt Geheimnisse:<br />

Tanzkompanie ERI:<br />

Fund for the Promotion of Icelandic Literature<br />

<strong>NORD</strong> Magazin 2006 URBAN REFLEXION 67


VASE HÄNGELEUCHTE TEEMU JÄRVI KNIESTRÜMPFE FORMVERKET SILENCE<br />

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