DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS, Teil II. - Syrien und al-Andalus
Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, mit dem überraschenden Welterfolg der Erzählungen von der Alhambra des Amerikaners Washington Irving, besann sich die arabische Welt wieder auf al-Andalus und das Abendland entdeckte es mit romantischer Begeisterung. Die Blütezeit der islamischen Kultur hatte mit den osmanischen Eroberungen im Vorderen Orient ein jähes Ende gefunden: vom Byzantinischen Reich (1453) über Persien, Syrien, Ägypten und ganz Nordafrika bis an die Grenze des marokkanischen Königreichs. Die Schönen Künste, die Wissenschaften, der gepflegte Lebensstil wurden vom sorgenvollen Alltagsgeschehen überlagert. Der fast gleichzeitig stattfindende Überlebenskampf und letztendliche Untergang von al-Andalus am Ende des 15. Jh., mehrere tausend Meilen westwärts, blieb unbemerkt. Mit der Wiederentdeckung des Themas al-Andalus rollte eine Welle verzweifelter Nostalgie über den Verlust vom verlorenen Paradies al-Andalus durch die arabische Welt. Im 20. Jh. waren es marokkanische, ägyptische und arabische Poeten, die ihrer Sehnsucht und ihrer Trauer in romantisch-verklärten, aber durchaus auch selbstkritischen Klagen in bewegenden Worten Ausdruck verliehen. Bei meiner Suche nach Zusammenhängen oder Hinweisen hoffte ich Antworten auf meine Fragen in den Ländern der islamischen Welt zu finden von denen ich wusste oder vermutete, dass ich eine Verbindung mit al-Andalus herstellen konnte: Marokko, Syrien, Jordanien, Usbekistan und die Große Seidenstraße und Iran (das Alte Persien). Meine Fragen waren bei jeder Reise die selben: ... s. dazu Seite 3 des Dokuments ...
Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, mit dem überraschenden Welterfolg der Erzählungen von der Alhambra des Amerikaners Washington Irving, besann sich die arabische Welt wieder auf al-Andalus und das Abendland entdeckte es mit romantischer Begeisterung. Die Blütezeit der islamischen Kultur hatte mit den osmanischen Eroberungen im Vorderen Orient ein jähes Ende gefunden: vom Byzantinischen Reich (1453) über Persien, Syrien, Ägypten und ganz Nordafrika bis an die Grenze des marokkanischen Königreichs. Die Schönen Künste, die Wissenschaften, der gepflegte Lebensstil wurden vom sorgenvollen Alltagsgeschehen überlagert. Der fast gleichzeitig stattfindende Überlebenskampf und letztendliche Untergang von al-Andalus am Ende des 15. Jh., mehrere tausend Meilen westwärts, blieb unbemerkt.
Mit der Wiederentdeckung des Themas al-Andalus rollte eine Welle verzweifelter Nostalgie über den Verlust vom verlorenen Paradies al-Andalus durch die arabische Welt. Im 20. Jh. waren es marokkanische, ägyptische und arabische Poeten, die ihrer Sehnsucht und ihrer Trauer in romantisch-verklärten, aber durchaus auch selbstkritischen Klagen in bewegenden Worten Ausdruck verliehen.
Bei meiner Suche nach Zusammenhängen oder Hinweisen hoffte ich Antworten auf meine Fragen in den Ländern der islamischen Welt zu finden von denen ich wusste oder vermutete, dass ich eine Verbindung mit al-Andalus herstellen konnte: Marokko, Syrien, Jordanien, Usbekistan und die Große Seidenstraße und Iran (das Alte Persien). Meine Fragen waren bei jeder Reise die selben: ... s. dazu Seite 3 des Dokuments ...
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DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS
in Marokko – Syrien – Usbekistan – Jordanien – Iran
Teil II. – Syrien
Reichtum und Toleranz
© Isabel Blanco del Piñal
DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS
in Marokko – Syrien – Usbekistan – Jordanien – Persien (Iran)
©Isabel Blanco del Piñal
Inhalt der Reihe
Teil I. Marokko und al-Andalus – Hüter des maurischen Erbes
(veröffentlicht)
https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
Teil II. Syrien und Al-Andalus – Reichtum und Toleranz
(veröffentlicht)
https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
Teil III. Usbekistan, die Seidenstraße und Al-Andalus – Wissen und Handel
(veröffentlicht)
https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
Teil III. Uzbekistan, the Silk Road and al-Andalus – Knowledge and Trade
English version – (published)
https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
Teil IV. Jordanien und al-Andalus – Herrschen und Genießen
https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
(veröffentlicht)
Teil V. Persien (Iran) und al-Andalus – Wasserbau und paradiesische Gärten
https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
(veröffentlicht)
Ψ
Titelbild: Orientalischer Iwan, ein hohes, überkuppeltes Halbrund das sich zu einem Innenhof
öffnet. Ein Iwan kann auch ein von Säulen gestütztes Vordach bezeichnen.
Anmerkung:
Ich möchte darauf hinweisen dass in diesem Teil II. – Syrien meine Erfahrungen und Eindrücke nur
bis ins Jahr 2010 wiedergeben sind. Alle Bilder datieren vonvon meiner letzten Reise dorthin im
September 2010.
2011 begannen die ersten Demonstrationen und wenig später der Bürgerkrieg.
Webseite: www.rosenoire.de – Email: rosenoiregf@gmail.com
Alle digitalen Veröffentlichungen: https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
Ψ
2
Einstimmung
Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, mit dem überraschenden Welterfolg der ERZÄHLUNGEN VON
DER ALHAMBRA des Amerikaners Washington Irving, besann sich die Arabische Welt wieder auf die
Maurenzeit in Spanien, und das Abendland entdeckte al-Andalus mit romantischer Begeisterung.
Der Glanz der arabischen Hochkultur im Abendland und ihr dramatischer Untergang fesselten und
berührten auch mich. Das Ergebnis waren vier Bücher 1 – jedes für sich betrachtet die spanische
Maurenzeit aus einer anderen Warte. Die Blütezeit der islamischen Kultur hatte mit den osmanischen
Eroberungen im Vorderen Orient ein jähes Ende gefunden: vom Byzantinischen Reich (1453) über
Persien, Syrien, Ägypten und ganz Nordafrika bis an die Grenze des marokkanischen Königreichs. Der
fast zu gleicher Zeit stattfindende Überlebenskampf der spanischen Mauren mehrere tausend Meilen
westwärts und der letztendliche Untergang von al-Andalus am Ende des 15. Jh., blieben fast unbemerkt.
Meine Suche nach Zusammenhängen führte mich in die Länder von denen ich wusste oder vermutete,
dass sie schon im frühen Mittelalter einen kulturellen Einfluss, einen bedeutenden Anteil an der
erstaunlichen Entwicklung des früheren, recht rustikalen. westgotischen Hispanien zum legendären, im
Orient und Abendland gleichermaßen und bis heute viel gepriesenen "Paradies al-Andalus" gehabt
hatten: Marokko, Syrien, Usbekistan, Jordanien und Iran. Könnte ich heute noch in diesen Ländern
anschauliche Spuren, greifbare Zeugen von ihrem Einfluss auf al-Andalus oder ihrer befruchtenden
Verbindung mit dem islamischen Spanien finden die mir erlaubten das nachzuvollziehen? Oder
umgekehrt, in welchem Land hatte al-Andalus seinerseits ein nachhaltiges Erbe hinterlassen? Bei allen
Reisen waren meine Fragen dieselben:
Vom 8. bis zur Mitte des 13. Jh. erlebte die gesamte arabische Kultur eine Blütezeit die
allgemein als „Goldenes Zeitalter des Islam 2 “ bezeichnet wird. Wie konnte das maurische
Spanien den außerordentlichen Wissensstand, das hohe Niveau an Gelehrtheit erreichen die
auch das mittelalterliche Europa bereicherten und befruchteten? Lag das Land nicht am
äußersten westlichen Ende der damals bekannten Welt?
Fast 8 Jahrhunderte lang war die Iberische Halbinsel die Heimat der Mauren gewesen. Al-
Andalus gilt heute als leuchtendes Beispiel für das tolerante Miteinander der Religionen.
Tatsächlich gab es diese Toleranz nur in wenigen Jahrhunderten. In welchem muslimischen Land
würde ich noch greifbare Hinweise auf diese Toleranz finden?
Wie kam es zu dem legendären Reichtum von al-Andalus?
In welchem Land würde ich Zeugen finden von der Lebensfreude der syrischen und maurischen
Omaijaden? Im 8. Jh., in der Zeit des noch jungen Islam, herrschten sie über ein Großreich: vom
damaligen Syrien über ganz Nordafrika und den größten Teil der Iberischen Halbinsel. Unter den
maurischen Emiren und Kalifen der Dynastie erreichte das orientalisch-sinnliche Raffinement in
al-Andalus einen Höhepunkt und … gab es schon immer ein Bilderverbot im Islam?
Al-Andalus war auch berühmt für Wasserbau, für hydraulische Systeme und paradiesische
Gärten. Woher hatten die spanischen Araber dieses Wissen? Nach der Eroberung von al-Andalus
gegen Ende des 15. Jh. übernahmen die Christen das fortschrittliche Wassermanagement der
spanischen Araber – die maurische Institution des Wassergerichts in Valencia tagt heute noch –
es gilt als die älteste Institution Europas.
Ψ
1 s. Anhang ganz am Ende
2 Mehr über diesen Begriff unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Bl%C3%BCtezeit_des_Islam
3
Vergib uns,
Granada ...
Denn Klagen sind unsere einzigen Taten.
Schon seit Jahrhunderten
ermorden wir Geschichte und Propheten.(…)
(…) Und Lorca, der Araber,
geistert durch die Viertel von Granada
und singt den Armen der Welt aufrührerische Verse.
Und schlägt ihnen damit eine Brücke,
ein Soldat in den Heerreihen der arabischen Eroberung (…)
Hādī Buštà, Marokko, 20. Jh. 3
Ψ
3 Geb. 1951. Die Verse sind ein Auszug, das gesamte Gedicht wurde Ende 1977/Anfang 1978 in der marokkanischen
Presse veröffentlicht. Darin verschmelzen das verlorene al-Andalus und der im spanischen Bürgerkrieg ermordete Lorca
zu einem einzigen Symbol für Widerstand und schmerzlichen Verlust.
Aus Ich pflückte die Rose …, © Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, 2005, S. 128 (vergriffen)
4
Syrien und al-Andalus
Der Streifzug durch die gemeinsame Geschichte von al-Andalus und des Königreichs Marokko 4 hat
gezeigt, dass al-Andalus in der Geschichte des maghrebinischen Königreichs, in der Musik, der
Architektur und in den Menschen fest verankert ist. Wenn Marokko auch eine ganz eigenständige
Persönlichkeit entwickelt hat, kann der aufmerksame Beobachter Parallelen entdecken und den Geist
von al-Andalus erahnen. Nun begann die Suche nach Spuren und Zusammenhängen in Ländern die im
zweiten Jahrtausend nicht mehr ganz so eng mit dem muslimischen Spanien verbunden und dennoch
für seine Entwicklung von großer Bedeutung waren.
An nächster Stelle stand Syrien, dort waren zwar die Wurzeln der arabischen Kultur im Abendland
gewesen aber das Große Kalifat von Cordoba sagte sich im 10. Jh. von seinem arabischen Mutterland –
das maurische Spanien war nicht länger ein Übersee-Emirat, es war unabhängig geworden und
entwickelte einen ganz eigenen, andalusischen Charakter, der zu einem großen Teil auch von den
günstigen, klimatischen Gegebenheiten bestimmt wurde: selbst im südlichen Hispanien war die Erde
fruchtbar, es gab ausgedehnte Wälder und Wasser im Überfluss. Die Fragen waren für Syrien dieselben
geblieben wie für Teil I. der Suche: Marokko und al-Andalus. Immer wieder werden heute noch im
Zusammenhang mit al-Andalus Begriffe wie „religiöse Toleranz“, „märchenhafter Reichtum“ „Blütezeit
der Wissenschaften“ angeführt. In Damaskus und Aleppo hoffte ich weitere Spuren oder Hinweise zu
finden.
Zwei Städte schienen mir für die Suche nach Antworten von Bedeutung: Damaskus, die Wiege von al-
Andalus und Aleppo, als zweitgrößter Handelsplatz des mittelalterlichen Vorderen Orients. Einst war
Damaskus die glanzvolle Hauptstadt des ausgedehnten Omaijadenreichs, von hier aus flüchtete der
letzte Überlebende der Herrscherfamilie nach Nordafrika, setzte in der Mitte des 8. Jh. nach Hispanien
über und wurde schließlich als Emir Abd al-Rahman I. Stammvater der Omaijadendynastie in al-Andalus.
Als ich im September 2010 in Damaskus war, nur 6 Monate vor Beginn der ersten friedlichen
Demonstrationen, ahnte ich noch nicht dass dieser Beitrag einem Requiem für ein wunderbares Land
gleichkommen würde, einer Klage um die vielen liebenswürdigen, gastfreundlichen und friedliebenden
Menschen die ich traf und um Jahrtausende alte historische Bauwerke. Es gab weder in den neuen
Stadtteilen noch in den Souks, auch nicht in den christlichen oder in den bescheidenen alten
Stadtvierteln ein Anzeichen dafür, dass das Land und seine Menschen bald in einen Strudel von Gewalt
gerissen würden, der inzwischen zig-Tausende Leben gekostet und Millionen Flüchtlinge gefordert hat.
Die Parallele zu al-Andalus ist erschütternd: Am Anfang des 11. Jh. brach ein Bürgerkrieg im großen
Kalifat von Cordoba aus der die damalige Hauptstadt des großen Reichs verwüstete und ganz al-Andalus
destabilisierte. Nach dem Tod des großen Omaijadenkalifen Abd al-Rahman III. im Jahr 961 hatte sein
Sohn Kalif al-Hakam II. noch den Frieden in dem großen Kalifat bewahren und die kluge Herrschaft
seines Vaters fortsetzen können. Bei seinem Tod im Jahr 976 war sein Sohn und Nachfolger Kalif al-
Hischam II. gerade einmal 10 Jahre alt gewesen. Der Kindkalif musste im Jahr 997 einem Usurpator
namens Almanzor weichen, der die absolute Macht beanspruchte. Im Jahr 1009 brach ein Bürgerkrieg in
Cordoba aus, der auf ganz al-Andalus übergriff. Die herrliche Palaststadt des Abd al-Rahman III. Kalifen,
Medinat al-Zahara, acht Kilometer vor den Toren Cordobas gelegen, wurde niedergebrannt und
vollkommen zerstört. Was könnte hier als Überleitung zu früheren, friedlicheren Zeiten in Syrien besser
geeignet sein als ein Gedicht des maurischen Poeten Ibn Schuhaid al-Andalusí aus Cordoba in dem er
die Verwüstungen der ehemals glanzvollen Metropole bitter beklagt. Ibn Schuhaid war vor dem
Bürgerkrieg geflohen. Als er nach Cordoba zurückkam konnte er angesichts des Trümmerfelds seine
Tränen nicht zurückhalten:
4 https://www.yumpu.com/de/document/view/24891541/die-suche-nach-al-andalus-teil-i-marokko-und-al-andalus
5
Ruinen niemand bleibt der mir vom Schicksal
derer erzählt, die wir liebten – wen können wir fragen,
was aus ihnen geworden ist?
Nur die Trennung könnt ihr fragen, nur sie allein weiß,
wohin die Freunde flohen, ob auf die Berge oder in die Täler ...
Das Schicksal zeigte sich grausam, sie sind in alle Winde verstreut
und die meisten sind tot ...
Da zwischen den
Sie und die Heimat erlitten grauenvolle Schrecken,
sie sind seither nicht mehr dieselben.
Bitte das Schicksal, dass es in ihren Gärten Blumen blühen lässt,
so leuchtend und so strahlend schön,
dass ihr Glanz ihre Herzen erhellt.
Für eine Stadt wie Cordoba sind Tränen, selbst wenn sie ewig
fließen, nicht genug. Als ich sie kannte, herrschte Frieden und
Einigkeit und das Leben war schön; und das Strahlen ihres Glanzes
lag über allen, wie Amber duftender Wohlgeruch.
Der Palast der Omaijaden war angefüllt mit allem,
was das Herz begehrt, und das Kalifat war das Größte!
Die Große Moschee quoll über von Gläubigen im Gebet,
die den Worten der Gelehrten lauschten und staunend um sich schauten.
Die Gassen zu den Märkten schienen ein lebendes Meer,
und selbst das Jüngste Gericht hätte all die Menschen nicht aufhalten können.
Welch‘ Schmerz der meine wenn ich seh‘ dass der Tod dich ereilte!
Die Trauer um dich ist nur gerecht, denn als du noch am Leben warst,
sonnten wir uns stolz im Glanz deiner Herrlichkeit!
O Heimat mit deinem Volk, auf beiden ließ sich der Vogel des
Unglücks nieder! Danach erkenne ich sie nicht mehr wieder.(…)
Ibn Schuhaid al-Andalusí, Cordoba, 11. Jh. . 5
5 Text gekürzt, aus: El Diwán de Ibn Schuhaid al-Andalusí, James Dickie, Real Académia de Córdoba, Cordoba 1975,
S. 150–152. Die Botschafter der gekrönten Häupter aus der ganzen Welt machten Kalif Abd al-Rahman III., dem
mächtigsten Herrscher der damaligen westlichen Welt, in der Palaststadt Medinat al-Zahara ihre Aufwartung.
Bild: Ruinen des Haupteingangs im Osten der Palaststadt. Im 10. Jh. glich er einer imposanten Theaterkulisse, um die
Besucher zu beeindrucken. Die gleichen Bögen wiederholten sich noch einmal hinter den gezeigten, dazwischen verlief
ein Korridor. Über dem großen mittleren Bogen gab es eine kleine überdachte Terrasse, von hier aus konnte der Kalif
den Appell seiner Soldaten auf der großen Esplanade vor der Stadt beobachten.
6
Damaskus vom Berg Qassioun aus gesehen. Bildmitte: die Omaijadenmoschee, ein großer Rechteckbau
mit einer erhöhten Fassade in der Mitte einer der Längsseiten. Darum herum scharen sich die dicht
aneinander gedrängten Häuser und engen Gasse der Altstadt.
Damaskus ist eine der ältesten durchgehend bewohnten Orte der Welt. Das wurde vor Ort durch
Fundstücke aus der Steinzeit, aus dem Prä-Keramischen Neolithikum (ca. 9000-6500 v. Chr.) und aus der
Bronzezeit belegt. Mit einer Bevölkerungsdichte von ca. 2 Millionen Einwohnern im Stadtbereich und
fast einer weiteren Million in den Vororten (Stand 2010) fällt es schwer sich die Stadt so vorzustellen
wie sie noch vor mehr als 1000 Jahren war: eine der größten und fruchtbarsten Oasen Vorderarabiens
und zugleich heiß ersehntes Ziel für alle Karawanen.
Eine verlässliche Erfassung der syrischen Landesgeschichte gibt es erst ab der Eroberung durch
den Pharao Thutmosis III. (geb. 1486, gest. 1425 v. Chr.). Im 1. Jahrtausend unserer Zeitrechnung hatte
Syrien ein wechselhaftes Schicksal: kurzzeitig gehörte es zum neubabylonischen Reich des
Nebukadnezar und wurde 332 vor Chr. von Truppen Alexander des Großen erobert. Es folgten kurze
Zugehörigkeiten zu den Reichen der Seleukiden und der Nabatäer, bis das Land in das Oströmische
Imperium eingegliedert wurde. Den Nabatäern werden wir in Teil III. meiner Suche im Zusammenhang
mit der Weihrauchstraße wieder begegnen.
Mit kurzen Intervallen verblieb die Zugehörigkeit Syriens beim (Ost-)Römischen Reich, bis das
Land 635 n. Chr. von Arabern erobert und Damaskus 661 unter Kalif Muawiya I. zur Hauptstadt des
Omaijadenreiches ausgerufen wurde. Die ebenfalls arabischen und muslimischen Abbasiden setzten 750
der Herrschaft der Omaijaden ein gewaltsames Ende. Einem Prinzen der Dynastie gelang die Flucht und
erreichte über Nordafrika in der Mitte des 8. Jh. die Iberische Halbinsel. Als Emir Abd al-Rahman I. war
er der Stammvater der spanischen Omaijadendynastie.
Die Abbasiden erklärten Bagdad zu ihrer Hauptstadt. Damaskus verlor an politischer, wenn auch
nicht an wirtschaftlicher Bedeutung als Drehkreuz uralter Handelsrouten wie die Seiden- und die
Weihrauchstraße. In Palmyra 6 gabelte sich die Seidenstraße, nach Westen führte sie über Aleppo bis ins
heutige Istanbul; nach Süden verlief sie über Damaskus über Petra im heutigen Jordanien und folgte
dann dem Verlauf der Weihrauchstraße. Die heutige syrische Hauptstadt und Aleppo blieben bis ins
späte Mittelalter ein Umschlagplatz auch für Luxusgüter wie Seidenstoffe, kostbare Düfte, exotische
Gewürze und feinstes Porzellan aus China.
6 Die Stadt war die erste Oase nach dem Durchqueren der irakischen Wüste. Sie war bekannt für ihren Reichtum und
erreichte einen glanzvollen Höhepunkt unter römischer Herrschaft.
7
An der Zitadelle: kleine, weißgetünchte Häuschen wie in vielen Dörfern Andalusiens
Neben grünem Jade aus China, Gewürzen aus Indien, Eisen oder Porzellan, wurde die Seide zu einer der
wertvollsten Handelswaren auch für antike westliche Zivilisationen, wie für die alten Griechen oder die
Römer. Die Mittelmeerländer belieferten China und Indien u. A. mit Edelsteinen, mit Gold oder
Glaswaren.
Wasserträger am Eingang des Souk
Augen von der gleißenden Sonne erholen.
Jeder erste Besuch gilt wahrscheinlich der Großen
Moschee der Omaijaden. Der Weg über die Zitadelle,
durch den ausgedehnten Souk al-Hamidiyya macht es
möglich langsam in die alten Zeiten einzutauchen.
Von der Zitadelle sind nur noch die Außenmauern
erhalten, innen ein paar Mauerreste als Andeutungen
von Räumen – hier und da sind einige historische
Steinzeugen platziert, zu wenig um an einen
Wiederaufbau zu denken. Aber direkt neben einer
der Festungsmauern könnte man fast meinen in
Südspanien zu sein: Kleine weiß getünchte Häuschen
an einem Bach – ein Bild wie wir es von andalusischen
Dörfern kennen. Der lebhafte Souk erfüllt genau die
Erwartungen: Wasserverkäufer mit großen, blank
polierten Kannen auf dem Rücken7, rechts und links
der Hauptgasse ein kleines Lädchen neben dem
anderen mit einem Angebot aller möglichen Waren
und ein nicht enden wollender Strom von Menschen,
die hier ihre täglichen ihre Besorgungen machten.
Das gewölbte Dach über der Hauptgasse machte die
Hitze erträglich, im Halbdunkel konnten sich die
7 Bild unten: Eingang zum Souk al-Hamidiyya und ein Wasserverkäufer. Ein orientalischer Souk ist nach Berufs- und
Artikelgruppen gegliedert. Hier werden alle Einkäufe für den täglichen Bedarf erledigt
8
Beim Anblick der Bilder kommt man nicht umhin sich an die Zeilen aus der Klage des Poeten Ibn
Schuhaid über den Bürgerkrieg in Cordoba zu erinnen:
(…)„Die Gassen zu den Märkten schienen ein lebendes Meer und selbst
das Jüngste Gericht hätte all die Menschen nicht aufhalten können“(…)
Am Ende der breiten Händlergasse durch den Souk blendet grelles Sonnenlicht die Augen. Durch die
römischen Arkaden zum ehemaligen Jupitertempel ist schon eins der drei Minaretts der Moschee, das
Jesusminarett 8 , zu sehen. Die Gasse führt direkt zum Hauptportal der Gebetshalle.
8 Viele Muslime glauben dass Jesus vor dem Ende aller Zeiten noch einmal auf die Erde und, begleitet von zwei Engeln,
auf ein weißes Minarett herabsteigen wird.
9
Das Haupttor der Moschee ist nicht immer geöffnet,
Auf dem Vorplatz bieten kleine Händler einen kleinen
Imbiss an oder Erfrischungen, wie vor einem
Seiteneingang, einen köstlichen, selbstgepressten Saft
von Granatäpfeln mit viel Eis (Bild links unten).
Es gibt einen gesonderten Eingang für weibliche Nicht-
Muslime, vorschriftsmäßig gekleidet kann man das
ehrwürdige Gebetshaus auch durch einen
Seiteneingang betreten, nicht selten inmitten einer
wahren Menschentraube von Besuchern die
vorwiegend arabischen Reisegruppen angehörten.
Diese Moschee ist einer der vielen heiligen Orte, die
ein Muslim in seinem Leben besucht haben sollte. Bei
großem Andrang wird man eher hineingeschoben:
man sieht sie nicht, spürt aber an den Füßen die
Schwelle vor der es Pflicht ist die Schuhe auszuziehen.
Inmitten der nachdrängenden Menschenmenge kann
das zu einem Kunststück geraten.
Der erste Eindruck von der berühmten Moschee ist
immer überwältigend: hoch gebaut und lichterfüllt,
ohne übermäßigen Prunk, mit weichen Teppichen
ausgelegt heißt sie die Gläubigen mit freundlichen
Farben willkommen. Einzeln oder in Gruppen streifen
Besucher durch das Gebetshaus, andere sitzen im
Kreis um ihren Fremdenführer, um einen
Religionsgelehrten der Fragen beantwortet, oder
beten mit einem Imam in ihrer Mitte. Wieder andere
sitzen zum Ausruhen auf dem Boden an die Wand
gelehnt. Trotz der vielen Menschen strahlt der weite
Raum Ruhe und Frieden aus.
10
Am Schrein Johannes des Täufers. Wie im Islam üblich, sind Sarkophage oder Kenotaphe von heiligen oder
besonders verehrten Persönlichkeiten mit einem reich bestickten, grünen Tuch bedeckt.
Der erste Hinweis auf die Toleranz die für die Dynastie der Omaijaden bezeichnend war, ist nicht zu
übersehen: betende Muslime vor dem herrlichen Schrein Johannes des Täufers. Wie Damaskus selbst
hat auch die Omaijadenmoschee eine sehr alte und bewegte Vergangenheit, sie gehört mit der
Moschee-Kathedrale von Cordoba zu den ältesten Moscheen weltweit. In der Antike stand an ihrer
Stelle ein römischer Jupitertempel. Noch unter den Römern wurde sie im 4. Jh. in die Johannesbasilika
umgewandelt. Der Überlieferung nach wird hier seit Anfang des ersten Jahrhunderts der frühen
Christenzeit das Haupt Johannes des Täufers aufbewahrt.
Johannes der Täufer war der Sohn des Schriftgelehrten Zacharias, beide werden als Propheten
auch im Koran erwähnt. Der Koran erzählt weiter, dass Zacharias und seine Frau Elisabeth lange
kinderlos blieben bis ihnen der Erzengel Gabriel die Geburt eines Knaben verhieß. Wie vor mehr als
1000 Jahren kommen Muslime, arabische Christen und christliche Pilger weiterhin in die Moschee um,
an diesem Schrein zu beten.
Nach der arabischen Eroberung von Damaskus im Jahr 636 wurde die Basilika noch ungefähr 70
Jahre lang von Muslimen und Christen gemeinsam genutzt. Zwischen 705 und 715 ließ Kalif al-Walid Ibn
Abdalmalik auf den Fundamenten der Basilika die Moschee errichten und sprach den Christen ein
Grundstück für den Bau einer neuen Kirche zu. Nach gleichem Muster verfuhr auch der erste arabische
Emir von Cordoba Abd al-Rahman I. Auch in der Hauptstadt des arabischen Spaniens nutzten Muslime
und Christen im 8. Jh. noch dasselbe Gebetshaus bis es wegen der starken Zuwanderung nach al-
Andalus vor Allem nach Cordoba, zu klein wurde. Die Fundamente und einige Außenmauern der
Omaijadenmoschee in Damaskus datieren noch aus vorchristlicher Zeit. Die Säulen, die man zwischen
dem Souk und dem Hauptportal sieht, gehören noch zu dem antiken Jupitertempel. Die Innengestaltung
wurde nach einem verheerenden Brand 1893 in osmanisch-neoklassizistischem Stil vorgenommen.
Ψ
11
Links: Die Aufteilung in ein Mittelschiff und zwei Seitenschiffe erinnert stark
an eine Basilika; daher könnte es sein, dass der Baumeister aus dem
christlichen Byzanz stammte. Rechts: Im Hintergrund der aufwändig
gefertigte Minbar, die Predigerkanzel.
Unten: Gläubige beim Gebet
12
Im Innenhof. In der Mitte der Brunnen für die rituellen Waschungen und rechts, auf Säulen, die sogenannte
Schatzkammer. In den Anfängen der Moschee kursierte das Gerücht darin ruhe der Schatz des Kalifen. Das ist
unwahrscheinlich, das wäre in diesen heiligen Mauern eine zu profane Bestimmung gewesen.
Wahrscheinlicher ist, dass dort die Spenden der Gläubigen aufbewahrt wurden. Unten: die Schatzkammer
und ein Blick in den rundum laufenden Säulengang mit Spuren alter Fresken an den Wänden.
13
Die Fliesen im Innenhof sind so blank poliert dass sich Besucher und Gebäude darin spiegeln. Da kein
Besucher Schuhe trägt sind sie bei Tagestemperaturen von oft mehr als 40 Grad, glühend heiß.
Die Innenwände der Säulengänge rund um den Hof und die Fassade des Hauptportals sind
aufwändig mit Wandmalereien und Mosaiken verziert. Hauptmotive sind Wasser und üppiges
Pflanzengrün auf goldenem Grund. Sie sollen zum Einen auf den Ursprung von Damaskus als Oase
hinweisen, gleichzeitig sind Pflanzen und Bäume ein Symbol für das Paradies. Für die Wüstensöhne
war und ist eine üppige Vegetation die nur Dank reichlicher Wasservorräte entstehen kann, der
Inbegriff für das islamische Paradies.
Ψ
14
Auf dem Gelände der Omaijadenmoschee in Damaskus
gibt es ein ganz besonders geschichtsträchtiges Gebäude:
Das Mausoleum über dem Grab des Salah ad-Din Yusuf
ibn Ayyub ad-Dawīnī, der als einer der größten Helden
der islamischen Welt verehrt wird und im Abendland als
Sultan Saladin, der Gegenspieler von Richard Löwenherz
berühmt ist. Beide Männer waren Gegner, begegneten
einander jedoch immer mit großer Hochachtung.
Sultan Saladin wurde 1137 oder 1138 in Dwin 9 im Schoß
einer kurdischen Familie geboren und starb am 3. oder
4. März 1193 in Damaskus. Von 1171 an war er Sultan
von Ägypten und von 1174 bis zu seinem Tod zugleich
Emir von Damaskus. Sein Name wurde im Orient und
Okzident zum Mythos und sein Leben, in der Literatur
und in Filmen romanhaft verklärt. Im Juli 1187 errang er
einen bedeutenden Sieg über die Kreuzfahrer und
konnte im Oktober desselben Jahres Jerusalem
zurückerobern. Die christliche Herrschaft über die Stadt
hatte gerade einmal 88 Jahre gedauert. Im Jahr 1192,
nach den ersten Niederlagen gegen die Kreuzritter,
vereinbarten Sultan Saladin und Richard Löwenherz
einen Waffenstillstand, der etwas mehr als 3 Jahre
dauern sollte.
Im Zusammenhang mit Sultan Saladin in Kairo gibt es
auch eine Verbindung zu al-Andalus: Der jüdische
Philosoph, Arzt und Rechtsgelehrte Moses Maimonides
wurde zwischen 1135 und 1138 in Cordoba geboren. Als
die Almohaden 10 al-Andalus eroberten wurde das Leben
für Angehörige anderer Religionen schwierig wenn sie
nicht zum Islam übertreten wollten. Die Familie des
Maimondes wanderte zunächst nach Marokko aus, blieb
dort einige Jahre, zog 1165 weiter nach Jerusalem und
kam ein paar Jahre später in Fustat 11 , in Ägypten an.
Sicher ist, dass er Leibarzt des Sekretärs Saladins wurde,
einige Quellen berichten dass er auch den Sultan und
dessen Sohnes betreute. Er starb im Dezember 1204 in
Kairo. Sein berühmtestes Werk ist der Führer der
Unschlüssigen.
Der Kenotaph Sultan Saladins ist mit grünem,
reich verzierten Samt bedeckt.
9 Heute in Armenien
10 Eine marokkanische Berberdynastie. Die Suche nach al-Andalus – Teil I. – Marokko, Isabel Blanco del Piñal, unter:
https://www.yumpu.com/de/document/view/24891541/die-suche-nach-al-andalus-teil-i-marokko-und-al-andalus
11 Heute ein Stadtviertel von Kairo
15
Neben dem Kenotaph des Sultans steht ein weißer
aufwändig gearbeiteter Marmorsarkophag: Ein
Messingschild weist darauf hin dass er ein Geschenk des
deutschen Kaisers Wilhelm II. für die sterblichen
Überreste Sultan Saladins war. Er besuchte Damaskus im
Jahr 1878, in der Regierungszeit des osmanischen
Sultans Abdul Hamid II. 12 . Aus Höflichkeit wurde der marmorne Sarkophag ebenfalls im Mausoleum
aufgestellt, wohlweislich wird aber auf einer Tafel darauf hingewiesen dass er leer ist [the marble empty
tomb…].
Ψ
Wenn von christlichen Vierteln im Orient die Rede ist wird
nicht selten angenommen dass dort vorwiegend Christen aus
der westlichen Welt leben. Dem ist nicht so, die Mehrzahl der
ansässigen Christen sind arabischen und in Syrien, auch
kurdischen Ursprungs. In Damaskus lag der Anteil der
christlichen Bevölkerung vor dem Ausbruch der Unruhen bei
ca. 15 Prozent. Der Übergang zu den christlichen Vierteln von
Damaskus und auch in Aleppo war fließend. Man sieht nur an
den zahlreichen Kirchen und mehreren, westlich anmutenden
Restaurants, dass man im christlichen Stadtteil angekommen
ist. Es war erstaunlich wie viele verschiedene Glaubensrichtungen
hier vertreten waren: die melkitisch-orthodoxe
Gemeinde, die armenisch-apostolische, die syrisch-kathoische,
die griechisch-katholische, die protestantische, die syrischorthodoxe
oder die römisch-katholische mit dem Sitz des
Erzbischofs von Damaskus. Hier und da in den Gassen sind
Madonnenhäuschen angebracht.
12 Das Osmanische Reich (auch: Türkisches Reich) eroberte ab dem 15. Jh. den größten Teil der Mittelmeerländer. Der
Einflussbereich reichte zeitweise bis nach Ungarn. Syrien fiel 1516 an die Osmanen. Die Herrschaft der Osmanen im
Vorderen Orient endete mit dem sogenannten „Arabischen Aufstand“ der Anfang des 20. Jh. von England und
Frankreich organisiert wurde. Ein berühmter britischer Militärberater der den Widerstand auf der Seite der Beduinen
organisierte, war Lawrence von Arabien. Das offizielle Ende des Osmanischen Reichs war der 04. November 1922.
16
In der Geschichte von Damaskus kam es einige Male zu
Auseinandersetzungen zwischen den Konfessionen: Im
Jahr 1860, noch unter osmanischer Herrschaft, wurde ein
Blutbad unter den hier lebenden Christen angerichtet
und bis heute konnte nicht geklärt werden was den
Anlass dazu gegeben hatte. Der osmanische Statthalter
gebot dem Gemetzel keinen Einhalt, er schickte sogar
noch Soldaten in das Viertel die für Ruhe sorgen sollten.
Damals kamen weit mehr als 5000 Christen ums Leben.
Im Zusammenhang mit den Nahostkonflikten kam es hier
und da auch immer wieder zu Anschlägen auf jüdisches
Eigentum. Im Allgemeinen kann man aber sagen, dass
sich das Zusammenleben der verschiedenen Religionen
in Syrien seit Beginn des 20. Jahrhunderts vorwiegend
friedlich gestaltete. Das ist bemerkenswert und durchaus
nicht selbstverständlich. Wenn man aus der Richtung der
Moschee kommt, liegt das christliche Viertel von
Damaskus links vom letzten Abschnitt der alten
römischen Via Recta. Rechterhand davon liegt das
ehemalige jüdische Viertel.
Medhat Pascha, der obere Teil der „geraden Straße“,
beherbergt links und rechts sehr schöne, fast schon
kunstgewerbliche Lädchen wie Keramik-, Tuch- oder
Teppichhändler. Der untere Teil heißt Bab 13 Sharqi und endet am Stadttor gleichen Namens – dort
stehen noch einige wenige Ruinen der früheren römischen Prachtstraße.
Bab Sharqi, am Ende der ehemaligen
römischen „Geraden Straße“ (Via
recta). Die beeindruckende Stadtmauer
verläuft direkt rechts und links
nach diesem Tor.
Leider gibt es keinen Rundgang
mehr um die Stadtmauer, sie wird
immer wieder von der modernen
Stadtplanung unterbrochen, teilweise
fehlt sie ganz. Aber man
bekommt einen guten Eindruck
wenn man nach dem Torbogen
nach rechts oder links geht.
Rechts an der Stadtmauer entlang
erreicht man die Kapelle des Hlg.
Paulus, geht man nach links,
erreicht man Bab Touma, das Tor des Hlg. Thomas. Bemerkenswert: Der Name des Tors ist derselbe
geblieben wie vor Jahrhunderten, er zeugt von seinem christlichen Ursprung, obwohl Damaskus
eindeutig eine muslimische Hauptstadt ist.
Ψ
13 arab. Bab = Tor
17
Im Säulengang vom Sitz der Melkitisch-
Griechisch-Katholischen Kirche
Sitz des Griechisch-Orthodoxen Patriarchats
Alle sakralen Bauwerke sind durchweg geschmackvoll,
überwiegend schlicht gestaltet und recht großzügig
angelegt, mit mäßig hohen Kirchtürmen. Gemäß
orientalischer Tradition haben alle einen Innenhof
eingerahmt von Säulengängen und, je nach Möglichkeit, ein
Wasserbecken in der Mitte. Sie gleichen den Innenhöfen
der Kreuzgänge von Klöstern.
Die Wände der Säulengänge sind mit gemalten
Heiligenbildern geschmückt. Erstaunlich ist, dass so vielen
christlichen Gemeinden die Genehmigung zur Errichtung
ihrer Gebetshäuser selbst in jüngerer Zeit, erteilt worden
war, wie der Bau der griechisch-orthodoxen St. Paul‘s
Chapel 14 (20. Jh.), die in eine Lücke in der Stadtmauer nahe
dem Tor Bab Kisan hineingesetzt wurde. Man kommt nicht
umhin daran zu denken wie oft und mit wie vielen
Schwierigkeiten und Protesten der Neubau einer Moschee
doch im Abendland verbunden ist.
Armenisch-Apostolisch-Orthodoxe Kirche St. Sarkis.
Die Glaubensgemeinschaft ist Sitz des gleichnamigen
Bistums. Es besteht seit dem 3. Jh. n. Chr.
Ψ
14 St. Paulus Kirche/Kapelle
18
Links: Ganz unauffällig ist der Eingang zum Haus des Ananias.
Rechts: Die St. Ananias Kapelle
Die Geschichte des Apostels Paulus findet gleich an zwei Orten in Damaskus große Beachtung: in einem
der weltweit ältesten, frühchristlichen Sakralbauten der St. Ananias Kirche 15 (1. Jh.) im alten christlichen
Viertel und in der St. Paulus Kapelle/St. Pauls Chapel (20. Jh.). Die St. Ananias ist eher eine Kapelle, sie
liegt sechs Meter unter der Erde im alten christlichen Viertel unter einem kleinen Anwesen, das als das
Haus des Hananias, eines Jüngers Jesu, bekannt ist.
Der biblischen Legende nach war Saul von Tarsos ein Thoralehrer, gehörte zur elitären Schicht der
Pharisäer, besaß das römische Bürgerrecht und hatte in jungen Jahren den Beruf eines Zeltmachers
erlernt. Er galt als erbitterter Christengegner. Als er eines Tages auf dem Weg nach Damaskus war
wurde er von Gott mit Erblindung gestraft. Der hilflose Mann fand Aufnahme im Haus des Ananias,
eines gläubigen Christen in Damaskus der ihn bekehrte und Saul wurde von der Blindheit geheilt 16 . Da
Saul viel reiste um die Lehre Jesu zu verbreiten nahm er später den Namen Paulus an, zu jener Zeit ein
geläufigerer Name. Um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen arbeitete er an jedem Ort als
Zeltmacher. Die St. Paulus Kapelle (St. Paul’s Chapel) ist der Fortsetzung der Legende gewidmet: Als
Saul/Paulus von Christengegnern gefangen genommen werden sollte wurde er von seinen Anhängern in
einem Korb an der Stadtmauer heruntergelassen und konnte den Häschern entkommen. In Anlehnung
daran ist in der Kapelle gleich am Eingang auf einer Tafel das Abseilen des Paulus von der Stadtmauer
dargestellt. Darunter ist in einer Nische ein großer Korb zu sehen. Ananias hatte nicht das Glück seinen
Häschern zu entkommen. Er soll bei einer späteren Missionsreise verhaftet, gefoltert und zu Tode
gesteinigt worden sein. Seine sterblichen Überreste wurden später nach Konstantinopel 17 überführt.
15 auch: Hananias. Der Sakralbau ist von den Maßen her eher eine Kapelle. Es werden dort jedoch regelmäßige
Gottesdienste abgehalten.
16 s. das Lukas-Evangelium. Dort wird die ganze Begebenheit anschaulich geschildert.
17 Konstantinopel war die Hauptstadt des (Ost-)Römischen Reichs und blieb es fast ohne Unterbrechung bis zur
Eroberung durch die Osmanen (1453).
19
Oben: Die wuchtige Fassade der Kapelle in der Stadtmauer
von Damaskus. Bei ihrer Errichtung wurden auch alte Steine
aus der Stadtmauer verbaut.
Links: An der Stadtmauer, auf dem Weg zur Paulus Kapelle.
Unten links: Das Bild zeigt wie Paulus, begleitet von einem Engel, in einem Korb die Stadtmauer
heruntergelassen wird.
Unten rechts: Innenansicht der St. Paulus Kapelle. Auch hier werden regelmäßig Messen gelesen.
20
Im Zusammenhang mit Damaskus und dem Begriff Toleranz darf auch der maurische Philosoph,
Mystiker und Sufi, Muhyi 18 ad-Din Ibn ‘Arabi, nicht fehlen. Er hatte großen Einfluss auf die Entwicklung
des Sufismus und wird daher in der islamischen Welt oft „der größte Meister“ genannt. Am 07. 08. 1165
im maurischen Murcia geboren wirkte er viele Jahre in Cordoba und in al-Andalus und starb am
16.11.1240 in Damaskus. Toleranz und Liebe waren sein Leitmotiv, zwei Begriffe die gerade in unserer
Zeit so bedeutend sind wie selten zuvor. Vor dem äußeren Mauergürtel um die Altstadt von Cordoba,
ganz am Ende des Viertels San Basilio, steht sein Denkmal das die Stadt Ibn ‘Arabi gewidmet hat. Streng
sieht er aus mit seinem einfachen Gewand und dem charakteristischen Mantel der Sufis.
Schon in seiner Jugend war er ein überzeugter Anhänger des Sufismus, eine vorwiegend spirituell
ausgerichtete islamischen Glaubensrichtung, die auf einem einfachen entbehrungsreichen Leben
beruht, auf der Liebe zu Gott, auf dem Glauben dass das Göttliche der Ursprung von Allem ist und dass
die letztendliche Vereinigung mit Gott das Ziel allen Strebens sein sollte 19 . Selbst die fleischliche Liebe
war für ihn im Göttlichen begründet. Hier ein Auszug aus einem seiner Werke zum Thema Liebe:
„Jede Liebe ist Wunsch nach Vereinigung. Jede Liebe ist bewusst oder unbewusst Liebe zu Gott. Noch in
der körperlichen Vereinigung in der du lustvolle Verzückung suchst, spürst du die Sehnsucht, das
Bedürfnis nach dem was nicht du selbst bist, und liebst du das geliebte Wesen nur um seinetwillen, ist dir
seine Freude wichtiger als die deine, so lehrt dich diese Liebe das Opferbringen. Gott ist die Einheit, er ist
die Einheit von Liebe, Liebendem und Geliebtem. Es gibt eine göttliche Liebe, die höchste: Du liebst in
allem den, der es geschaffen hat, und liebst Gott nur um seiner selbst willen. Ohne Furcht vor Strafe und
ohne Wunsch nach Belohnung (...)“. Über die Toleranz schrieb er diese Verszeilen:
„Es gab eine Zeit, da ich meinen Nächsten ablehnte
wenn sein Glaube nicht der Meine war.
Heute ist mein Herz Herberge für alle Religionen:
Weide für Gazellen und Kloster für Christenmönche,
Tempel für Götzenbilder und Kaaba für Pilger,
es ist Gefäß für die Tafeln der Thora
und für die Verse des Koran. Denn meine Religion ist die Liebe,
und wohin auch ihre Karawane zieht,
dort ist auch mein Weg.
Denn die Liebe ist mein Bekenntnis und mein Glaube.“
Ψ
18 Auch: Mohi ad-Din ibn Arabi
19 Berühmte Sufis wie Dschalal ad-Din al Rumi (13. Jh., Persien), auch kurz Rumi genannt, bezeichnen den Tag ihres
Todes als Hochzeitstag, es ist der Tag ihrer Vereinigung mit Gott. Rumi war der Begründer des Mevlevi-Derwisch-
Ordens in Konya/Türkei. Es heißt, dass er nach Damaskus reiste um Ibn ‘Arabi zu treffen.
21
Minarett der Moschee Mohi ad-Din Ibn ‘Arabi
Das Mausoleum mit dem Schrein des Ibn ‘Arabi liegt im
Stadtviertel al-Salihiya, im Norden von Damaskus am Fuß
des Berges Qassioun, in entgegengesetzter Richtung zum
damaszenischen Altstadtkern. Über der Grablege wurde
die Moschee Mohi ad-Din errichtet, ein Zeugnis für die
große Verehrung die Ibn ‘Arabi durch alle Jahrhunderte
entgegengebracht wurde. Die Moschee und die Grablege
sind das ganze Jahr über Ziel zahlreicher Pilger.
Das Viertel al-Salihiya hat etwas von Kleinstadtatmosphäre,
mit dicht gedrängten kleinen Häusern und
engen Gassen. Die heilige Stätte liegt an der Hauptgasse
des Viertels, darum herum herrscht geschäftiger
Marktbetrieb. Nach dem hübschen Innenhof des
Gebetshauses laden weit geöffnete Türen in der Mitte
zum Betreten der Moschee ein, die linke Tür führt hinab
zur Grabkammer. Sie ist großzügig angelegt, hinter zwei
Kenotaphen öffnet sich ein weiter mit einem Teppich
ausgelegter Raum. Wie in muslimischen Mausoleen
üblich ist immer ein Imam anwesend, er spricht Gebete
mit den Gläubigen die die Grabstätte besuchen.
Eingang zur Moschee Mohi ad-Din
Ibn ‘Arabi
Der Kenotaph des Ibn ‘Arabi steht
ganz nah neben dem von Abu Ishaq
Schami, dem Gründer des Sufi-
Ordens Chishtiya, der nach dem
gleichnamigen Ort in der Nähe von
Herat 20 benannt wurde. Abu Ishaq
Schami starb im Jahr 940, ein
Geburtsdatum ist nicht überliefert.
Beide Kenotaphe stehen
nebeneinander wobei der
Scheinsarg des Ibn ‘Arabi mit der
durchsichtigen Glashülle, und einem
zusätzlichen, kunstvoll gearbeiteten
Silbergehäuse beeindruckend ist.
20 Heute in Afghanistan gelegen. Angesichts seines Todesjahrs könnte es sein, dass der Chishtiya-Orden einer der
ältesten, wenn nicht der älteste Sufi-Orden überhaupt ist.
22
Links: Innenhof der Moschee des
Ibn ‘Arabi Unten: Hinter der
durchsichtigen Hülle des Kenotaphen
öffnet sich ein Gebetsraum.
Der Vater des Ibn ‘Arabi war ein
einflussreicher Mann zu dessen
Freunden unter anderem auch der
Philosoph Averroes zählte, der
ebenfalls in Cordoba beheimatet
war. Mit der Erziehung des jungen
Ibn ‘Arabi waren zwei angesehene
alte Frauen betraut, eine von ihnen
soll schon 90 Jahre alt gewesen
sein. Nach der Besetzung von
Murcia durch die berberischen
Almohaden 21 siedelte die Familie
des damals Achtjährigen nach
Sevilla um. Dort studierte er den
Heiligen Koran und seine Auslegung, arabische Grammatik und hörte Vorträge der berühmtesten Lehrer
seiner Zeit. Er heiratete Maryam bint Muhammad ibn Abdun, eine beliebte und einflussreiche Frau die
wie er den Wunsch hatte, ihre Kenntnisse der Mystik zu vertiefen und ihm auf diesem Weg zu folgen.
1193 verließ Ibn ‘Arabi zunächst al-
Andalus, reiste nach Nord-afrika,
kehrte aber im selben Jahr nach
Andalusien zurück. Er blieb eine
Zeit lang in Granada und besuchte
eine Sufi-Schule in Almeria. Immer
wieder gingen er und seine Frau
auf Reisen, wieder nach
Nordafrika, dann nach Ägypten,
blieben eine Zeit lang in Kairo und
besuchten zwei Mal das Heiligtum
in Mekka. Wo immer Ibn ‘Arabi
auch hinkam drängten sich die
Schüler die von ihm unterrichtet
werden wollten. Im Jahr 1223
wanderte das Ehepaar nach
Damaskus aus. Dort blieb Ibn ‘Arabi
als hoch geachteter Sufimeister bis
zu seinem Tod im Jahr 1240. Er
hinterließ zahlreiche Werke und eine Sammlung von herrlichen Liebesgedichten, die alle sein Credo von
der Liebe zu Gott als Grundlage haben.
21 Die Almohaden waren eine muslimische Berberdynastie die von 1147 bis 1269 auch über al-Andalus herrschte.
Ausführliche Information über die Almohaden in Die Suche nach al-Andalus – Teil I. – Marokko, Isabel Blanco del Piñal,
s. unter: https://www.yumpu.com/de/document/view/24891541/die-suche-nach-al-andalus-teil-i-marokko-und-alandalus
23
Sein weit über die Grenzen von al-
Andalus hinaus reichender Ruf als
Mystiker war auch teilweise darin
begründet dass er in Nordafrika
eine Begegnung mit al-Chidr 22
gehabt haben soll, dem mythischen
Weggefährten des Moses und
spiritueller Führer der Mystiker und
al-Chidr persönlich habe ihm den
Mantel umgehängt. Das Umhängen
des Mantels ist ein
Einweihungsritual mit dem Sufi-
Schüler von ihrem Meister in die
Mystik initiiert werden.
Nachfolgend eins seiner mystischen
Gedichte: Vision des
Göttlichen Wesens. Auf den ersten
Blick scheint es die Schilderung einer alltäglichen Szene zu sein. Die eher banale Wortwahl verschleiert
die tiefgründige Beziehung zum Göttlichen in jeder Verszeile. Wie für alle mystischen arabischen und
religiösen Texte gibt es auch für dieses Gedicht eine Erläuterung und eine Interpretation, nachzulesen in
„Mystische Texte aus dem Islam. Drei Gedichte des Arabi 1240“ unter dem Link:
http://archive.org/stream/mystischetexteau00ibnauoft#page/n1/mode/2up 23
„1. In der Talbiegung zwischen den zwei steinigen Plätzen ist das Stelldichein.
Dort lass unsere Kamele niederknien; denn dieses ist die Tränke.
2. Suchet nichts weiter und rufet nicht nach etwas Anderem
nachdem wir diesen Ort erreicht haben. O Bárik! O Hágir! O Tahmad!
3. Und gebet euch dem Spiele hin nach Art freundlicher Mädchen mit schwellenden Brüsten,
und erfreuet euch der üppigen Weide nach Art weiblicher Gazellen.
4. Auf einer Wiese summten und surrten die Bienen.
Da antwortete ihnen freudig munter ein zwitschernder Vogel.
5. Weich ist der Boden der Wiese, weich auch der über ihr fächelnde Wind.
Dann blitzt es in den Wolkenschleiern und donnert in den weißen Wolkenmassen.
6. Dabei fallen Regentropfen aus den Rissen der Wolken hernieder –
wie Tränen eines Liebenden, vergossen ob der Trennung von der Geliebten.
7. Trinke die reine Essenz des Weines der mystischen Liebe
mit seinem betäubenden Inhalt und lausche in freudiger Ekstase einem Sänger,
der dort leise und zart singt:
8. „Oh des reinen Weines, der in Adams Zeit vom Paradiese
als Wohnort der Menschen eine sichere Erzählung berichtete.
9. Schöne Jungfrauen ließen ihn aus ihrem Speichel tropfen wie Moschus,
und züchtige Jungfrauen kredenzten ihn uns in selbstloser Weise“.“
22 Al-Chidr ist ein ewig lebendes Wesen in Menschengestalt, dem nur Auserwählte begegnen. Er kann nicht als Engel
bezeichnet werden. Als Wegbegleiter des Moses habe al-Chidr durch einen Zufall die Lebensquelle entdeckt und darin
gebadet. Er wird von Religionsforschern mit Gottesknecht benannt. Eine faszinierende Gestalt, die in verschiedenen
Religionen jeweils unter einem anderen Namen vorkommt, sogar schon in der archaischen Religion der Zoroastrier.
23 Aus dem Arabischen übersetzt und erläutert von M. Horten, Privatdozent für orientalische Sprachen zu Bonn.
A. Markus und E. Weber’s Verlag Bonn, 1912.
24
Religiöse Toleranz als Fundament für die
Blütezeit von al-Andalus?
Das muslimische Spanien mit
Nordmarokko (Ende (8. Jh. bis 1031)
Zur Erinnerung hier noch einmal ein
kurzer Überblick über die historischen
Abläufe im Orient und in al-Andalus. Die
Omaijadendynastie die von 661 bis 750 n.
Chr. in Damaskus regierte, hatte in dieser
Zeit ihr Reich bis an den Indus 24 im Osten
und über Ägypten und Nordafrika bis
nach al-Andalus 25 im Westen ausgedehnt.
Die Ent-machtung durch die arabischen
Abbasiden überlebten nur wenige
Angehörige der Herrscherfamilie. Einem
Prinzen gelang die Flucht über Marokko
nach al-Andalus. Im Jahr 756 wurde er als
Emir Abd al-Rahman I. Stammvater der
Omaijadendynastie in Spanien.
In den Anfängen seiner Herrschaft folgte
der Emir dem Beispiel des ersten Omaijadenkalifen in Damaskus: Bis zum Jahr 784 teilten sich Muslime
und Christen mehrere Jahre lang die Kirche St. Vinzenz der Märtyrer 26 in Cordoba, der Hauptstadt von
al-Andalus. Die muslimische Gemeinde wurde im Lauf der Jahre durch den Ansturm von Zuwanderern
aus dem Orient und dem nordafrikanischen Mittelmeerraum so zahlreich, dass eine neue Moschee
dringend nötig war. Die Christen erhielten das Recht außerhalb des inneren Mauergürtels von Cordoba
eine neue Kirche zu bauen. Die Große Moschee wurde auf den Grundfesten der christlichen Kirche
errichtet. Jeder Herrscher von al-Andalus nach Abd al-Rahman I. erweiterte das Gebetshaus das heute
zu den ältesten und berühmtesten der Welt gehört: die Moschee-Kathedrale von Cordoba.
Die Toleranz könnte der Schlüssel zur wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Blütezeit in al-
Andalus gewesen sein. Sie war der fruchtbare Boden auf dem Handel, Handwerk und Wissenschaften
sich entfalten konnten. In dem Dreireligionenreich war sie ein Garant für sozialen Frieden – die
wichtigste Voraussetzung für wirtschaftliches Wohlergehen eines Landes. Lange bevor die Araber nach
Spanien kamen lebten dort schon Christen und Juden 27 . Nach der Eroberung durch die Muslime waren
viele im arabischen Teil der Halbinsel geblieben. Die Hispano-Araber waren in gewisser Weise milde
Herren, vorausgesetzt ihr Herrschaftsanspruch wurde anerkannt und ihre Religion gebührend geachtet.
Für die spanischen Omaijaden galt offenbar eine einfache Weisheit: „Lass den Untertanen ihre Bräuche
und religiöse Traditionen, gib ihnen die Möglichkeit einen bescheidenen Wohlstand zu schaffen, dann
werden sie zufrieden ihre Arbeit verrichten und die Steuerquellen werden sprudeln“.
24 Der Indus hat seine Quelle in Tibet, seine Wasser durchbrechen den Himalaya. In Pakistan bildet der Fluss ein 7800
km2 großes Delta bevor er im Arabischen Meer endet.
25 Das muslimische Spanien
26 Ihre Fundamente liegen unter der heutigen Moschee-Kathedrale von Cordoba.
27 Die Juden waren schon unter den Römern nach Spanien eingewandert, sie sahen im damaligen Hispanien ein
gelobtes Land im Westen, das mythische Sefarad. Daher werden die jüdischen Einwohner von al-Andalus Sefarden
genannt.
25
Obwohl die Herrschaft der Omaijaden im Vorderen Orient schon im 8. Jh. gewaltsam beendet worden
war, regierten sie in al-Andalus durchgehend bis zum Jahr 1009. Von fast acht Jahrhunderten der
Muslime in Spanien war diese doch recht kurze Epoche das Fundament der maurischen Hochkultur: Sie
begann Ende des 9. Jh. und erreichte ihren Höhepunkt im 10. Jh. unter Kalif Abd al-Rahman III. 28 und
seinem Sohn Kalif Hakam II. 29 Al-Andalus wurde berühmt für den märchenhaften Reichtum der Kalifen,
für eine tolerante Haltung gegenüber Andersgläubigen und für eine Blütezeit der Wissenschaften, des
Handwerks und des Handels. Für die Einwohner der großen Städte wurden menschenwürdige
Lebensbedingungen geschaffen: Cordoba hatte die ersten Straßenlaternen in Europa, Abwässer wurden
unterirdisch entsorgt. Nach dem Tod von Hakam II., im Jahr 1010 brach ein verheerender Bürgerkrieg
aus, er erschütterte ganz al-Andalus bis in die Grundfesten. Bis ins Jahr 1031 hinein gab es noch eine
schnelle Reihenfolge von Kalifen und Antikalifen, dann zerfiel al-Andalus in eine Vielzahl kleine
Splitterreiche: die Königreiche taifa 30 .
Handwerk und Handel, die Schlüssel zu Reichtum und Macht
Wenn auch in al-Andalus, am äußersten Ende der damals bekannten westlichen Welt, die Nachkommen
der Omaijaden herrschten und im Orient die Abbasiden in Bagdad, war das kein Hindernis für regen
Warenaustausch und Wissenstransfer. Zudem unterhielt al-Andalus intensive Handelsbeziehungen nicht
nur mit allen muslimischen Mittelmeerländern von Marokko über Tunesien und Ägypten bis in den
Vorderen Orient sondern auch mit dem christlichen Kaiserreich Byzanz. Das muslimische Spanien
unterhielt seit dem 9. Jh. eine große Flotte von Handelsschiffen in den Häfen von Almeria, Malaga und
Cartagena; von dort aus wurden Häfen wie Ceuta (Marokko) oder Oran (Algerien), Tripolis (Libyen) oder
Alexandria (Ägypten) und Byzanz (Konstantinopel, heute Istanbul) angelaufen. Sogar der Hafen von
Fraxinetum 31 im heutigen Frankreich war ein maurischer Stützpunkt von der Mitte des 9. Jh. bis ca. 975,
er diente vorwiegend dem Verladen von Holz und dem Sklavenhandel.
Seit Beginn der Islamisierung in Nordafrika im 8. Jh. hatte al-Andalus dank bester Beziehungen
zu Marokko auch Zugang zu den Goldminen in Ghana. Al-Andalus exportierte ab dem 9. Jh. Rohstoffe
wie Merkur, Holz und Eisen und, nach dem Bekanntwerden der Seidenraupenzucht, in großem Maß
wertvolle Seidenstoffe, Wandbehänge und Teppiche in aller Herren Länder. Die Zucht von Seidenraupen
war unter der glühend heißen Sonne im Orient nicht möglich, dagegen bot das ausgewogene Klima in
al-Andalus ideale Bedingungen: Die Maulbeerbäume wuchsen hervorragend in der Alpujarra, eine
Gegend am Südhang der Sierra Nevada unweit von Granada. Die Fertigung und Ausfuhr von
Seidenprodukten wurde mehr und mehr zu einem vorrangigen Wirtschaftsfaktor. Überlieferte
Chroniken berichten dass im 11. Jh. allein in der Hafenstadt Almeria an die 5000 Einwohner an
Webstühlen in ihren Häusern arbeiteten. Mit dem zunehmenden, exquisiten Lebensstil in al-Andalus
wurden unter anderem kostbare Duftstoffe wie Weihrauch, Myrrhe, Moschus und Ambra zur
Herstellung von Parfüm importiert und begehrte Gewürze wie Pfeffer, Safran und Zimt und Glas- und
Porzellanwaren aus China oder dem Orient.
Im 10. Jh. hatten die spanischen Araber die Kontrolle über einen guten Teil der
nordafrikanischen Küste und über die Balearen und Sizilien; das östliche Mittelmeer mit Zypern und
Kreta machten sich abwechselnd das Byzantinische Reich und die Araber des Vorderen Orients streitig.
Es wechselte je nach Kriegsglück von Einem zum Anderen und al-Andalus pflegte jederzeit beste
Beziehungen mit beiden.
Ψ
28 Er regierte von 912-961
29 Hakam II. regierte von 961-976
30 Aus dem Arabischen: Splitterpartei, auch Abtrünnige
31 Im heutigen Südfrankreich, heute La Garde-Freinet in der Nähe von Fréjus. Arab. Farahsani. Erst als Burgund unter
den Ottonen wieder an Bedeutung gewann, konnte Fraxinetum den Arabern abgenommen werden.
26
Verlauf der Großen Seidenstraße vom äußersten Osten bis an den Bosporus und Alexandrien 32
Der wichtigste Garant für einen ununterbrochenen Warenfluss in den Vorderen Orient und in Folge in
Richtung Westen, war die Große Seidenstraße. Und auch die Weihrauchstraße war bedeutend für die
Versorgung des Vorderen Orients und der westlichen Welt mit kostbaren Düften und begehrten
Gewürzen. Sie führte von Oman über Petra im heutigen Jordanien bis nach Damaskus Im Allgemeinen
reisten die Händler nicht von einem Ende zum anderen, sie legten kleinere Strecken auf ihr zurück um
ihre Waren in den großen Städten entlang der Seidenstraße zu verkaufen und neue einzukaufen bevor
sie zurück reisten. Ihre Waren reisten jedoch weiter. In Palmyra gabelte sich die Seidenstraße: Im
Nordwesten führte sie von Damaskus über Aleppo bis an den Bosporus. Selbst stürmische Jahreszeiten
konnten den Handel am Mittelmeer nicht mindern; war keine Schifffahrt möglich nahmen die
Karawanen den Weg von Damaskus über die Weihrauchstraße 33 nach Südwesten, durch Jordanien bis
Alexandria und folgten dann dem alten Römerweg entlang der nordafrikanischen Küste bis nach Tanger,
an der Meerenge von Gibraltar.
Die Seidenstraße gab es bereits vor unserer Zeitrechnung, sie wird schon von Herodot, dem
Geschichtsschreiber der griechischen Antike um 5. Jh. v. Chr. erwähnt. Auf ihr gelangten nicht nur
begehrte Handelsgüter aus dem Fernen Osten in den Westen und umgekehrt, auch der Wissenstransfer
wie die chinesische Kunst der Papierherstellung, die Seidenraupenzucht oder richtungweisende
medizinische und mathematische Errungenschaften aus Choresmien 34 nahm diesen Weg. Selbst
Religionen verbreiteten sich über die Karawanenstraße: Der Buddhismus nach Westen und das
Christentum nach Osten. Bis zum Ende des Mittelalters blieben Damaskus und Aleppo die wichtigsten
Metropolen im Vorderen Orient für den Handel mit allen nur erdenklichen, oft kostbaren Waren aus
dem Fernen Osten, dem ebenso fernen Westen und dem tiefsten Süden der arabischen Halbinsel.
32 http://de.wikipedia.org/wiki/Handelsstra%C3%9Fe#mediaviewer/File:Seidenstrasse_GMT.jpg
Das Original wurde von Captain Blood in der deutschen Wikipedia hochgeladen.
33 Die Weihrauchstraße begann in Oman, verlief durch das heutige Jemen am Roten Meer entlang, über die Städte
Mekka und Medina nach Ägypten und Jordanien bis nach Damaskus
34 Siehe Teil IV. der „Suche nach al-Andalus; Usbekistan und al-Andalus“ unter:
https://www.yumpu.com/de/document/view/22472214/die-seidenstrasse-usbekistan-und-al-andalus-dasmuslimische-spanien
27
Damaskus …
… Häuser wie Juwelen
Ganz versteckt, zumeist nur über enge
Gassen zugänglich, liegen über die ganze
Altstadt von Damaskus verstreut
Dutzende von großzügig angelegten,
Herrenhäusern, die fast schon als
Stadtpaläste bezeichnet werden
können. Alle waren sie einst in
Privatbesitz, manche sind es noch heute
– sie wurden über Jahrhunderte von
Generation zu Generation vererbt. Sie
zeugen vom großen Reichtum der
syrischen Hauptstadt bis ins 17./18. Jh.
hinein. Mit zunehmender Handelsschifffahrt von China und Indien nach Westen und umgekehrt, verlor
Damaskus an langsam an Bedeutung als Umschlagplatz des Karawanenhandels. Von außen ist von
diesen herrlichen Häusern nur eine schlichte, weiße Mauer zu sehen wie auf dem Bild oben, hinter der
sich das Beit Nizam 35 verbirgt. Vergeblich sucht man eine seiner Bedeutung entsprechende Fassade
oder Eingangsportal.
Unten: Blick in einen Innenhof des Beit Nizam. Es hat 35
Räume und drei Innenhöfe.
Bei allen Häusern, wie auch dem Nassan Palast 36 im
alten christlichen Viertel, auf dem Weg zur Ananias-
Kirche, bleibt die Intimität der Bewohner getreu dem
Jahrtausende alten orientalischen Grundsatz „das
Äußere gewährt keinen Einblick in das Innere“, bewahrt.
Innen sind sie weitläufig, zuweilen sogar mit mehreren
Innenhöfen mit Wasserbecken und zahlreichen, zuweilen
prunkvollen Räumen wie im Beit Nizam.
Nicht ganz so beeindruckend aber entzückend ist das
Beit al-Aqqad, heute Sitz des Dänischen Instituts in
Damaskus. Es scheint das älteste unter den gehobenen
Bürgerhäusern zu sein, die Geschichte des Hauses kann
bis zu 2.000 Jahren zurückverfolgt werden. Teile des
Hauses wurden in den letzten Jahrhunderten mehrfach
umgebaut – einige stammen aus dem 15., andere aus
dem 18. Jh. Bemerkenswert ist ein großes, in eine Mauer
des Innenhofs eingelegtes Steinornament.
Kein damaszenisches Herrenhaus ist ohne Iwan denkbar,
ein hohes, überkuppeltes Halbrund. Die Vorderseite
öffnet sich zum Innenhof, oft mit einem Wasserbecken,
mit Blumen und Pflanzen.
35 Beit (arab. = Haus). Das Beit Nizam (auch: Nizam Palast) wurde im 18. Jh. erbaut und war im 19. Jh. Sitz der
Französischen Botschaft. Das Haus dient heute häufig als Filmkulisse
36 s. Bilder nächste Seite
28
Die Häuser Beit Nizam und Beit Nassan haben
aufwändig dekorierte Räume mit bemalten Holzvertäfelungen
und Intarsien. Beide Häuser sind
charakteristisch für die Raumgestaltung mehrerer
Jahrhunderte bis zum 18./19. Jh.
Im Beit Nassan, Damaskus:
Oben links: Iwan
Oben rechts: geschnitzte und bemalte Tür,
Unten links: Türflügel. Jede Tür des großzügigen Hauses ist mit anderen
geschnitzten Motiven verziert
Unten rechts: Blick vom Iwan in den Innenhof
29
Innenhof des Beit Aqqad, heute Sitz des Dänischen Instituts, Damaskus.
Vom christlichen Teil der Stadt führt der Weg zum alten Stadttor Bab al-Salaam durch ein sehr viel
bescheideneres Viertel. Früher waren viele Stadtteile, darunter auch der christliche, durch mächtige
Holztore voneinander getrennt, wie im Bild unten rechts. Des Nachts wurden alle Zugänge geschlossen.
Heute ist der Übergang fließend aber abrupt, plötzlich findet man sich um Jahrhunderte zurückversetzt
– die prächtigen Herrenhäuser und das gepflegte, christliche Viertel gehören, so könnte man sagen, in
eine andere Welt.
Auf dem Weg vom christlichen Viertel zum Stadttor Bab al-Salaam, Damaskus
30
echts oben: Nur die erkerähnliche Ausbuchtung aus Holz und
Glas an der Hauswand mit einer Messingkugel und einem
Halbmond auf der Spitze zeigt an, dass dieses Haus eine kleine
Moschee beherbergt.
links oben und unten: Auf dem Weg zum Stadttor Bab al-Salam
rechts unten: Damaskus hatte einst acht Stadttore, einige sind
erhalten geblieben: Hier das Tor Bab al-Salam
31
Karawansereien wie Paläste – Souks wie Irrgärten
Die großzügigen Herrenhäuser in Damaskus zeigen den Reichtum der Stadt im Mittelalter. Sie waren im
Besitz des damaszenischen Stadtadels, wichtiger Hofbeamten, Honoratioren und begüterten
Händlerfamilien, einige gehören ihren Nachkommen noch heute. Unerlässlich für den Handel waren die
Karawansereien. Damaskus war immer das Drehkreuz für alle möglichen Waren und Kostbarkeiten aus
dem fernen Osten, dem fernen Westen und dem Süden der arabischen Halbinsel gewesen. Hier
kreuzten sich ein Arm der Großen Seidenstraße und die Weihrauchstraße. Sie teilte sich in Palmyra 37
Nach Westen führte sie über Aleppo bis an den Bosporus, nach Süden folgte sie dem Verlauf der
Weihrauchstraße bis nach Ägypten, von dort aus konnten die Waren mit Karawanen auf dem alten
Römerweg an der nordafrikanischen Küste entlang bis nach Marokko an die Straße von Gibraltar
gebracht werden.
Die wichtigsten Gebäude entlang der Handelsrouten waren die Karawansereien, sie lagen zwischen 20
bis maximal 30 km voneinander entfernt, das entsprach der Tagesstrecke die eine Karawane
zurücklegen konnte. Manche glichen wahren Festungen, rundum mit starken Mauern befestigt und
mächtigen Eingangstoren die des Nachts verriegelt wurden. Sie boten Karawanenführern und
Begleitern, den mitgeführten Waren und Lasttieren Schutz. Hier konnten sie ausgiebig rasten,
übernachten und sich von den Mühen des Weges erholen.
In Syrien wird eine Karawanserei Khan 38 genannt, die bedeutendsten lagen direkt in den Souks oder in
unmittelbarer Nähe dazu, das konnten sich nur Karawanenführer leisten die Luxuswaren
transportierten; bescheidenere Herbergen waren meistens am Stadtrand angesiedelt und es gab sie
zuhauf. Dort waren Rast und Übernachtung günstiger, es waren ja nicht nur Karawanen mit Luxuswaren
aus allen Herren Länder unterwegs. Unerlässlich für eine Karawanserei war ein Wasserbecken im Hof,
daran sind sie heute noch erkennbar. Der herrliche Khan al-Shounah in Aleppo zum Beispiel hat keine
Wasserstelle, wahrscheinlich war er nur ein großer Handelshof war.
Die Karawansereien waren nicht nur sichere Herbergen: Hier verkauften, kauften oder tauschten
Karawanenführer und ortsansässige Händler ihre Waren. War eine Karawane angekommen verbreitete
sich die Kunde wie ein Lauffeuer, die Händler aus den Souks drängten sich am Tor einer Karawanserei
um die mitgeführten Waren in Augenschein nehmen und für ihre Kunden das Beste aussuchen zu
können. Aber die Herbergen dienten nicht nur der Rast oder jeglicher Art von Kauf- und
Tauschgeschäften. Bevor die Kunst der Papierherstellung Chinas Grenzen überschritt, wurde in der
gesamten damals bekannten Welt jede Nachricht, jedes Gerücht, jede Entdeckung und jedes politische
Ereignis mündlich weitergegeben. Die Herbergen waren Orte an denen Wissenswertes aus fernen
Ländern Neuigkeiten ausgetauscht wurden. Man könnte sagen, die Begleiter und Mitreisenden einer
Karawane waren die Reporter ihrer Zeit.
Manche Karawanserei glich einer befestigten Luxusunterkunft wie der Khan As‘ad Pascha in
Damaskus 39 , andere kleinere, stellten sich bescheidener dar. Je weiter man die Seidenstraße nach Osten
zurückverfolgt, desto ursprünglicher waren die Herbergen.
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37 s. S. 30
38 In Usbekistan sind sie als Caravanserai/Carvansaray ausgewiesen und in der Türkei als Han (s. Sari Han, Sultan Han
oder Karatay Han). In Usbekistan bedeutet das Wort Khan Fürst oder Emir.
39 aus dem späten Mittelalter
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Damaskus: Eine beeindruckende Karawanserei war der Khan Pacha Asad (18. J.). Er liegt im Souk, in der Nähe der
Omaijadenmoschee und war Herberge und Handelshof zugleich. Er bot Mensch und Tier alles was sie zum Rasten
brauchten: Ausreichend Wasser, Lagerräume im Erdgeschoss um mitgeführte Waren sicher aufzubewahren und im
oberen Stockwerk zellenartige Schlafkammern. Bis September 2010 wurde die alte Luxusherberge als
Kulturzentrum für Ausstellungen und Konzerte genutzt.
unten rechts: An einer Seite der Karawanserei schaut man von den Schlafzellen im Obergeschoss des Khan As‘ad
Pacha hinunter auf das geschäftige Treiben im Souk.
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Eingang und Innenhof einer kleinen Karawanserei in Damaskus.
Auch sie bot den Reisenden alles was sie zum Rasten brauchten.
Neben den Prunkkarawansereien in Damaskus oder Aleppo
gab es eine Vielzahl bescheidener Herbergen am Rand der Souks und vor den Stadtmauern. Auch sie
verfügten über alles was Karawanen brauchten: ein Wasserbecken, sichere Lagermöglichkeiten für die
mitgeführten Waren, Schlafzellen im Obergeschoss und einen Innenhof, um vor ortsansässigen
Händlern die Waren auszubreiten.
Außenansicht und Eingangstor der Karawanserei Nogai in
Buchara/Usbekistan, direkt neben einem Basar. Auch Buchara war ein
florierendes Handelszentrum mit herrlichen, historischen Gebäuden. 40
40 Buchara hat eine 2500-jährige Geschichte und liegt direkt an der Großen Seidenstraße. Die Handelsroute wird bereits
von Herodot, einem Geschichtsschreiber und Geographen im antiken Griechenland (ca. 490/480 v. Chr. bis ca. 424 vor
Chr.) in einem seiner Werke erwähnt. Usbekistan wurde immer wieder von schweren Erdbeben erschüttert dem
Zahllose historische Gebäude zum Opfer fielen. Viele wurden restauriert, jedoch ohne den Prunk vergangener Zeiten.
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links: Der Corral de Carbón 41 in Granada (14. Jh.). rechts: Im gewaltigen Torbogen der ehemaligen Karawanserei
ist das mittelalterliche Stalaktitengewölbe 42 erhalten geblieben. Die Karawanserei wurde unter der
Nasridendynastie) direkt an der Alcaicería von Granada, dem Souk für Rohseide und Seidenprodukte, gebaut.
Viele Karawansereien in großen Handelsmetropolen wie Damaskus, Aleppo, am türkischen Abschnitt
der Seidenstraße oder in Granada waren besonders imposant und besaßen kunstvoll mit Arabesken und
Stalaktitengewölben verzierte Eingangsportale. Je mehr sich die Große Seidenstraße dem Abendland
näherte, umso eindrucksvoller wurden die Karawansereien. Daraus könnte man schließen, dass
vorwiegend wertvollere Waren nach Westen transportiert wurden, wie kostbare Düfte, exotische
Gewürze und, bevor das Geheimnis der Zucht von Seidenraupen im Westen bekannt wurde, auch große
Mengen des wertvollen Tuchs.
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In Damaskus und Aleppo konnte man im Mittelalter wie heute auch, alles kaufen was das Herz begehrte
– die orientalischen, nordafrikanischen und zentralasiatischen Souks sind heute noch Markthallen und
Luxusmeilen zugleich. In den neueren Stadtvierteln haben sich zwar Einzelhandelsgeschäfte oder
shopping malls nach westlichem Muster niedergelassen, sie werden vorrangig von privilegierten
Bevölkerungsschichten oder von Touristen besucht. Die Mehrzahl der Bevölkerung im Orient, in
Nordafrika oder in Zentralasien kauft im Souk ein, seien es Gewürze, Lebensmittel, Alltagsbekleidung,
Bettzeug, Möbel, Teppiche, Glas und Porzellan, moderner Haushaltsbedarf oder Küchenutensilien aus
Holz, Drogerieartikel oder Kurzwaren, aber auch Luxuswaren wie Parfum, Gold- und Silberschmuck,
Seidenstoffe oder Abendkleider.
41 Span. Der Kohlehof. Im 16. Jh., unter christlicher Herrschaft wurde das Gebäude Herberge und Lager für Kohlehändler
42 Auch: Muqarnas (arab.) genannt. Diese kunstvolle Verzierung von Gewölben und Kuppeln der arabischen Architektur
verbreitete sich ab dem 10. Jh. in der gesamten islamischen Welt, von Zentralasien über die Türkei bis nach al-Andalus.
Die herrlichsten Muqarnas sind in der Alhambra von Granada erhalten.
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oben und unten: Am Stadttor Bab Antakia, Aleppo.
Im Gegensatz zum größten Souk al-Hamidiyya 43 in der
syrischen Hauptstadt, entspricht der Altstadtkern von
Aleppo genau den Vorstellungen die man von einer
mittelalterlichen Medina hat. Noch im September 2010
gehörte sie zu der größten und schönsten der islamischen
Welt. 44
Aleppo ist wie Damaskus eine der wenigen Städte auf der
Welt die seit mindestens 3.000 Jahren, lange vor unserer
Zeit durchgehend bewohnt ist. Die befestigte Altstadt mit
ihren gewaltigen Mauern und 9 Stadttoren begann während
der Omaijadendynastie (8. Jh.) als Wohnviertel, die
berühmten Souks entwickelten sich darin nach den
Bedürfnissen der Einwohner.
Das Besondere an diesen Souks ist dass ein großer Teil der
Marktgassen tunnelartig aus festem Stein gebaut wurde.
Dieser alte Stadtkern mit dem Händlerviertel wurde von
einem schier uneinnehmbarem Mauergürtel und gewaltigen
Toren geschützt, die nachts geschlossen wurden.
43 Al-Hamidiyyah ist 500 m lang, die Hauptgasse ist auf der alten Römerstraße Via Recta angelegt, die recht breit und
fast schnurgerade am ehemaligen Jupitertempel endet auf dessen Fundamenten die Umayyadenmoschee steht. Der
Souk ist seit dem 13. Jh. fast unverändert, nur sein Dach aus Holz wurde durch ein gewölbtes Wellblechdach ersetzt.
44 Es heißt dass die Gassen der Souks von Aleppo aneinandergereiht eine Länge von ca. 13 km ergeben und eine Fläche
von ca. 10 Quadratkilometer einnehmen. Der größte Teil der befestigten Altstadt von Aleppo stammt inzwischen aus
dem 14. Jh. und wurde 1986 zum Weltkulturerbe erklärt.
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Aleppo. Links: Im Souk. Rechts: Mitten in einer dämmrigen, engen Gasse ragt das gewaltige Portal des Khan al-
Gumruk empor. Die Karawanserei wurde 1574 gebaut, ihr angegliedert war ein weitläufiger, eigener
Händlerbereich. Dazu gehörten zwei eigene Souks und
gesonderte Räume für Zoll- und Steuerbeamte.
Links unten: Im Souk al-Shounah (1546)
Kaum durch eins der imposanten Stadttore in der Altstadt
angekommen wird man förmlich verschluckt vom
geschäftigen Treiben; durch Luken in den Gassentunneln
fällt schwaches Tageslicht, ein Lädchen reiht sich an das
andere und Hunderte von Menschen sind unterwegs. Zum
Glück gibt es schnurgerade Hauptgassen die die
Orientierung erleichtern. Verlässt man sie ist das
Zurechtfinden zuweilen nicht ganz einfach, die Altstadt ist
immer noch Wohnviertel und Souk zugleich. Leicht erweist
sich ein Weg als Sackgasse die an ineinander
bienenstockartig verschachtelten Hofhäusern 45 endet.
Wenn es die Enge der Gassen erlaubte hatten die
Karawansereien noch etwas gemeinsam: gewaltige und
mit Kalligraphie und Ornamenten versehene Fassaden;
manche Herbergen waren so groß, dass sie eine kleine
Moschee und einen oder zwei eigene Souks hatten.
45 Wohnhäuser mit eigenem Innenhof.
37
Aleppo, links: So imposant das Eingangsportal, so reizvoll der
Innenhof der Karawanserei Khan al-Saboun 46 , erbaut 1492. Er
liegt im Viertel der Seifensieder. Wie eh und je lagern Händler
ihre Waren im Erdgeschoss.
Aleppo Ein Bereich der Souks der immer noch den Eindruck von Luxus vermittelt ist der Khan al-Shounah, erbaut
1546. Hier wird heute auch geschmackvolles Kunsthandwerk angeboten.
46 Das arabische Wort al-Saboun (auch as-Saboun) für Seife fand, wie viele arabische Wörter, über das muslimische
Spanien seinen Platz im heutigen, kastilischen Sprachschatz. Im Lauf der Jahrhunderte wurde daraus jabón (Seife)
38
Aleppo. Das historische Minarett der Omaijadenmoschee (12 Jh.) wurde im April 2013 durch eine der
Bürgerkriegsparteien so schwer beschädigt dass es einstürzte. Die Moschee selbst liegt zum Teil in Trümmern
Unten: Das Stadttor Bab Quennesrin/Bab Qinnasrin (Mitte 13. Jh.)
39
Fast ein kleiner Palast war dieses maurische Wohnhaus Casa de Zafra, Granada. Es wurde
um 14./15. Jh., in der Zeit der Könige der Alhambra gebaut und restauriert. Es ist heute ein
Informationszentrum für den Albaicín, das älteste Stadtviertel von Granada. Die Stadt
wurde auf dem Hügel Albaicín im 11. Jh. von einem Berberfürst gegründet.
Auch in Syrien, an der Wiege der maurischen Hochkultur im Abendland, fand ich Parallelen und
Verbindungen zu al-Andalus. Sie waren umso eindrucksvoller weil sehr viel ursprünglicher: es war eine
Reise in die Vergangenheit. In Damaskus und Aleppo fand ich beeindruckende Beispiele religiöser
Toleranz und konnte mir in den mittelalterlichen Souks lebhaft vorstellen wie geschäftiges
Handeltreiben mit Waren aus aller Welt auch in al-Andalus Reichtum erzeugt hatte der märchenhafte
Herrenhäuser und herrliche Karawansereien entstehen ließ.
Ich hatte auch aufgeschlossene Herzlichkeit und liebenswürdige Gastfreundlichkeit selbst in den
Stadtvierteln erlebt wo selten oder so gut wie nie weibliche Alleinreisende gesehen werden. Vieles
erinnerte mich an Andalusien die einzige spanische Provinz, die noch die Erinnerung an die maurische
Vergangenheit der Iberischen Halbinsel in ihrem Namen trägt. Lange war Andalusien auch meine
Heimat gewesen, in Syrien hatte ich mich zu Hause gefühlt.
Dieser Teil der Suche nach al-Andalus geht mit einer melancholisch-nostalgischen Note zu Ende. Einiges
auf den Bildern gehört inzwischen der Vergangenheit an. Vor den Augen der Welt spielt sich ein
historisches Drama ab. Dramatisch ist nicht nur dass das Land Syrien dabei ist seine jahrtausendealte
Geschichte zu begraben, noch dramatischer ist, dass die Menschen ihre Wurzeln verlieren. Ganz am
Ende schlagen die traurigen Verse des syrischen Dichters Ibn Qabbani eine Brücke nach Spanien und
erinnern an al-Andalus, an die Zeit in der die arabische Kultur im Abendland unterging, in der
hunderttausende Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden und in der ein ganzes Land seine
Identität verlor …
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40
An der Mauer der Moschee-Kathedrale von Cordoba
„Spanien ...
Leichte Fächer kämmen die Brise,
und Augen, tief und schwarz,
ohne Anfang, ohne Ende.
Ein Hut fliegt von einem Balkon,
und eine duftende Rose
ruft einen Andalusier
der mit dem Tode spielt,
der nur ein Schwert besitzt
und seinen Stolz.
Spanien ...
Gitarre mit melancholischem Lied,
das Himmel und Erde
in seinen Reimen vereint.
Flamenco ...
Flamenco ...
Die dämmrige Taverne erwacht;
eine traurige Stimme hebt an,
ergießt sich wie ein goldener Fluss
zum Schlagen der Kastagnetten.
Und ich, mit schwerem Herzen
sitze in einer Ecke und
sammle jede einzelne meiner Tränen,
und trage die Reliquien der Araber zusammen.“
Nizar Qabbani, Damaskus, 20 Jh. 47
47 Aus Ich pflückte die Rose …, © Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, 2005, S. 127
41
Bücher von Isabel Blanco del Piñal
GESCHICHTE, GESCHICHTEN und GEDICHTE
aus der
SPANISCHEN MAURENZEIT und MAROKKO
Isabel Blanco del Piñal geht die Geschichte von al-Andalus -dem maurischen Spanien- nicht
wissenschaftlich an, sie ist eine leidenschaftliche Erzählerin und folgt dem Schreibstil arabischer
Chronisten aus der Zeit der klassischen islamischen Literatur: Geschichtliche Ereignisse und Entwicklungen
wurden mit Gedichten, amüsanten Anekdoten, Palastgeflüster und romantischen oder tragischen
Geschichten aus dem Leben von Kalifen und Königen, von Wesiren, Poeten, heiligen Männern oder
berühmten Frauen ihrer Zeit ausgeschmückt.
Damit waren die arabischen Chronisten nicht nur Geschichtsschreiber, ihre Jahrhunderte alten Werke
liefern uns gleichzeitig ein gesellschaftliches Spiegelbild, sie geben den Zeitgeist der jeweiligen Epoche
wieder. In den vielen Jahrhunderten arabischer Herrschaft in Spanien hatte es Blütezeiten der
Wissenschaften gegeben, die auch das Abendland befruchteten, Zeiten des friedlichen Zusammenlebens
der drei Religionen aber auch Epochen ausufernder Dekadenz.
Es war eine ganz besondere Ehre dass Frau Dr. Dr. h.c. mult. Annemarie Schimmel das Vorwort zu Isabel
Blancos erstem Buch „GESCHICHTEN aus AL-ANDALUS“, schrieb. Die stimmungsvollen Lesungen und
lebendigen Vorträge von Isabel sind beliebt, besonders ihre Ausführungen zur Toleranz im Reich der drei
Religionen. Auf der Webseite www.rosenoire.de finden Sie Leseproben und/oder Inhaltsverzeichnisse der
verschiedenen Bücher und Rezensionen. Wir sind für Sie da, gern beantworten wir weiterführende Fragen
per Email.
Herausgeber: RoseNoire Gisela Fischer, D - 81827 München,
Tel. 089/439 53 21, Fax 089/439 75 89
Email: rosenoiregf@gmail.com
Alle digitalen Veröffentlichungen: https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
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GESCHICHTEN AUS AL-ANDALUS (3. Auflage)
Die Königreiche Taifas, ein andalusischer Traum
Isabel Blanco del Piñal
Vorwort von Frau Dr. Dr. h.c. mult. Annemarie Schimmel
Geschichten, Geschichte und Gedichte: Die Autorin schreibt lebendig und
abwechslungsreich über Glanz und Untergang der maurischen Kultur in
Spanien. Viele Jahrhunderte lang pflegten arabische Literaten und Chronisten
die Tradition der, jede auch noch so winzige Kleinigkeit erfassenden,
Überlieferungen. Sie verknüpften historische Fakten mit dramatischen
Geschichten, mit Lyrik und Prosa jener Zeiten, mit amüsanten oder
tragischen Anekdoten aus dem Leben von Königen, Dichtern, Wesiren,
Philosophen oder Prinzessinnen. Ihre Chroniken bieten eine Überfülle an
Informationen und enthalten auch Palastgeflüster, bösartige Intrigen,
bewegende Liebes-geschichten oder Eifersuchtsdramen – zuweilen lesen sich
diese Schriften wie orientalische Märchen.
Isabel Blanco del Piñal hat diesen Schreibstil übernommen und lässt nicht nur die Blütezeit der maurischen
Hochkultur noch einmal aufleben, die auch die abendländische Philosophie, Wissenschaft und Religion
inspiriert und bereichert hat. Sie erzählt auch von dem dramatischen Untergang der spanischen Araber. Die
Geschichten aus al-Andalus sind ursprünglich in drei Bänden erschienen. Bei der ersten überarbeiteten und
erweiterten Neuauflage wurden sie in einem Sammelband zusammengefasst. Die liebevoll gestaltete
hochwertige Veröffentlichung erschien als Hardcover.
64 Bilder in nostalgisch-braunem Duplex-Druck, 224 S. – 16x21cm, ISBN 978-3-933653-07-9
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe finden Sie auf unserer Website www.rosenoire.de.
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LAND AM SONNENUNTERGANG – MAROKKO
Isabel Blanco del Piñal
Bereits im 4. Jahrhundert n.Chr. verließen die alten Araber ihre Halbinsel,
um die angrenzenden Kontinente zu erkunden. Im äußersten Westen gebot
ein Furcht einflößendes und legendenumwobenes Meer ihrem
Entdeckungsdrang Einhalt. „(...) Dort im Okzident beginnt das westliche
Meer, das man auch das Meer der Dunkelheit nennt. Weiter darüber hinaus
weiß niemand, was dort existiert (...)“ schrieb der Geograph al-Idrisi im 12.
Jahrhundert. Dort, am Ende des afrikanischen Erdteils, lag ein Land, das die
Araber al-Maghrib al-aqsa nannten, „den äußersten Westen“ - ein Land am
Rande des Sonnenuntergangs.
Isabel Blanco schöpft wieder aus der reichen Fülle der überlieferten
Literatur und verleiht der bewegten Geschichte des Königreichs Marokko
menschliche Züge: Im Land der Berber erwachen Sultane und Poeten zu
neuem Leben, heilige Männer und Geistwesen sind der Ursprung für faszinierende Legenden. Daneben lässt
die Autorin auch eigene Reiseeindrücke einfließen. Große Bedeutung kommt der Epoche vom 11. bis zum
14. Jahrhundert zu in der die Schicksale von al-Maghrib und al-Andalus, dem arabischen Spanien, besonders
eng miteinander verbunden waren. Dicht an dicht sind die andalusischen Ornamente in den
farbenprächtigen Teppich der marokkanischen Geschichte eingewoben.
Es ist ein lebendig geschriebenes Portrait eines Landes in dem historische Zusammenhänge aufgedeckt
werden und sich Vergangenheit, Traditionen und Gegenwart zu einem schillernden Mosaik zusammenfügen.
Hardcover, 304 S. – 38, ganzseitige Bilder (S/W), 17x21cm
ISBN 378-3-933653-06-2 – Inhaltsverzeichnis auf www.rosenoire.de
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ROSEN DER WÜSTE – Die Architektur in der arabischen Literatur
von María Jesús Rubiera – Übersetzung aus dem Spanischen von Isabel
Blanco del Piñal
ROSEN DER WÜSTE – ein poetisches Symbol für die prunkvollen,
märchenhaften Bauwerke der arabischen Architektur. Ihre Paläste und
Gartenanlagen wurden aus der Wüste geboren. In der Fantasie der Beduinen
verwandelten sich Hitze flimmernde Trugbilder in Türme und Kuppeln, die
vor Gold und Edelsteinen glitzern, und dem erlösenden Wohlgefühl bei der
Ankunft in schattigen, grünen Oasen sind üppig blühende Gärten mit leise
plätschernden Wasserläufen nachempfunden. Die arabische Architektur
inszenierte ein dynamisches Schauspiel, erfüllt von Licht, Farben, Klängen und
Düften. Sie erschuf Bauwerke als Lustobjekte und Orte der Lust zugleich.
Die Autorin gibt in diesem Band mittelalterliche Texte von arabischen
Chronisten, Hofpoeten und Reisenden wieder. Sie beschreiben bis ins kleinste
Detail die ehemalige Pracht von Städten, Palästen, Moscheen, Bädern und
Gärten im alten Arabien und im islamischen Spanien. María Jesús Rubiera interpretiert Fakten und
Legenden, jedoch ist dies keine Abhandlung über Kunst oder Archäologie. Es ist eine lange Reise durch die
arabische Architektur mit weit geöffneten und verträumten Augen – ein Buch verführerischer ferner und
fremder Visionen.
Paperback, 256 Seiten, 20 x15cm, ISBN 978-3-93365305-5
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe auf www.rosenoire.de
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ICH PFLÜCKTE DIE ROSE …
Eine Auswahl der schönsten Verse und Gedichte
Aus der spanischen Maurenzeit
Die überlieferte Lyrik in diesem Band lässt den verführerischen Zauber von
al-Andalus, dem maurischen Spanien, wieder auferstehen. Sie beflügelt
unsere Fantasie und erfüllt uns mit einer unbestimmten Sehnsucht, die
unsere Seele wie eine sanft gezupfte Saite vibrieren lässt. Ist es unser
Verlangen nach märchenhafter, schwärmerischer Romantik, nach einer
heilen Welt die heute mehr denn je in fast unerreichbare Ferne gerückt
scheint? Doch die Zeiten, die uns hier bewegen, waren keineswegs nur
paradiesisch. Die Anthologie spiegelt auch ein Gesellschaftsbild wieder und
am Ende erwartet uns, wie eine historisch logische Folge, die raue
Wirklichkeit, denn der Zauber von al-Andalus zerbrach an der christlichen
Rückeroberung.
Isabel Blanco del Piñal führt mit Versen und Gedichten durch die Glanzzeit der maurischen Kultur bis hin zu
ihrem dramatischen Untergang. Abschließend lässt sie auch zeitgenössische arabische Dichter mit ihren
Klagen über den Verlust vom Paradies al-Andalus zu Wort kommen. Die Verse und Gedichte sind
chronologisch nach Jahrhunderten geordnet und mit zahlreichen Erläuterungen zum Hintergrund ihrer
Entstehung versehen.
Hardcover, 144 S., 21x17cm, ISBN 978-3-933653-08-6
Vorwort kostenlos als PDF lesen unter: https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
Unter dem Titel: Historische Arabesken – Die hispano-arabische-Dichtkunst
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MAURENLAND, CHRISTENLAND
Ein Ritter, ein König und ein Poet: Drei Jahrhunderte spanische
Reconquista Isabel Blanco del Piñal
Nach den „Geschichten aus al-Andalus“, in denen Isabel Blanco del Piñal
die Geschichte Spaniens von der arabischen Eroberung der Iberischen
Halbinsel im Jahre 711 bis zum Untergang der maurischen Kultur im
Abendland mit der Stimme und aus der Sicht der spanischen Mauren
erzählte, widmet sie in diesem Band ihre Aufmerksamkeit der
Gegenseite, der spanischen Christenwelt. Drei berühmte
Persönlichkeiten führen durch die drei wichtigsten Jahrhunderte zähen
Ringens um die Reconquista, die christliche Rückeroberung des
muslimischen Spaniens: der Ritter Rodrigo Díaz aus Vivar (11. Jh.) kurz
"der Cid" genannt, König Alfons X. von Kastilien und Leon (13. Jh.), dem
die Nachwelt den Beinamen „der Gelehrte“ verlieh und Miguel de
Cervantes Saavedra (16./17. Jh.), der Autor des Don Quijote von der
Mancha.
Alle drei waren sie Grenzgänger zwischen den Religionen und Kulturen, ihr Leben und ihr Vermächtnis
führen anschaulich vor Augen, wie facettenreich das Verhältnis von Christen und Mauren im damaligen
Spanien bis über das Mittelalter hinaus war. Sie zeigen uns Welten politischer Grauzonen und innerer
Zerrissenheit, und es wird in jedem Fall offenbar, dass nichts so war, wie es auf den ersten Blick scheint. So
unterschiedlich sie von ihrem Stand her waren, haben sie doch etwas gemeinsam: Mit Leidenschaft lebten
sie ihre Visionen, sie verfolgten unbeirrt ihre Ziele und vollbrachten Außergewöhnliches. Und wenn auch das
Leben jedes Einzelnen, aller Berühmtheit zum Trotz, nicht einer gewissen Tragik entbehrt, haben ihre Werke
und Taten sie doch unsterblich gemacht.
Hardcover, 21x16cm, 100 Bilder in Farbe, 440 S.,ISBN 978-3-933653-09-3
Inhaltsverzeichnis auf www.rosenoire.de
Die letzte Rezension (14. Juni 2014) für diesen Titel …:
MAURENLAND, CHRISTENLAND,
Ein Ritter, ein König und ein Poet,
drei Jahrhunderte spanische Reconquista
… finden Sie unter:
http://afarab.blogspot.com/2014/06/maurenland-christenland-rezension.html
Frau Birgit Agada ist eine bekannte Reisejournalistin, Reiseunter-nehmerin und selbst auch Autorin
von Reiseliteratur. Sie ist spezialisiert auf arabische und nordafrikanische Länder und Kulturen.
Kontakt:
RoseNoire
Gisela Fischer – Isabel Blanco del Piñal
Günderodestraße 20, D-81827 München
Tel. +49 (0)89 439 53 21 – Fax +49 (0)89 439 75 89
e-Mail: rosenoiregf@gmail.com
Webseite: www.rosenoire.de
Facebook: https://www.facebook.com/isabel.blancodelpinal
Alle digitalen Magazine gratis lesen: https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf
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