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Die UN – Behindertenrechtskonvention - Paul Lechler Stiftung

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<strong>Die</strong> <strong>UN</strong> –<br />

<strong>Behindertenrechtskonvention</strong><br />

29. Januar 2010, Stuttgart<br />

Theresia Degener<br />

Professorin für f r Recht und Disability Studies<br />

Ev. Fachhochschule RWL (Bochum) &<br />

University of the Western Cape (Kapstadt)


Agenda<br />

1. Hintergrund der<br />

<strong>Behindertenrechtskonvention</strong> (BRK)<br />

2. <strong>Die</strong> Verhandlungen in New York<br />

3. Der Inhalt der BRK<br />

4. Recht auf Bildung Art. 24 BRK<br />

5. Auswirkungen auf Deutschland<br />

2


1. Hintergrund der BRK<br />

Bis zu den 80er Jahren:<br />

Behinderung als<br />

medizinische Frage im<br />

<strong>UN</strong> System<br />

– WHO<br />

– Soziale Kommission<br />

Behinderung kein<br />

Menschenrechtsthema<br />

bei den Vereinten<br />

Nationen<br />

3


1980er Jahre: Paradigmenwechsel vom<br />

medizinischen zum menschenrechtlichen<br />

Modell von Behinderung<br />

Menschenrechtskommission: 2 Berichte zu<br />

behinderten Menschen 1984 & 1991<br />

Weltaktionsprogramm für f r Behinderte 1982<br />

Rahmenbestimmungen zur Herstellung der<br />

Chancengleichheit für f r Behinderte 1993<br />

• Fokus: Prävention, Rehabilitation, Chancengleichheit<br />

• Problem: Soft law<br />

4


Januar 2001 Auftrag: Quinn/ Degener Studie für f r <strong>UN</strong><br />

„Menschenrechte und Behinderung“<br />

Dezember 2001: Einsetzung <strong>UN</strong> Ad Hoc Ausschuss zur<br />

Erarbeitung einer <strong>Behindertenrechtskonvention</strong><br />

Dezember 2006: Verabschiedung: „Convention on the<br />

Rights of Persons with Disabilities“ (CRPD)<br />

International in Kraft: 3. Mai 2008<br />

Erste Menschenrechtskonvention im neuen Jahrtausend, kürzeste k<br />

Verhandlungsgeschichte, höchster h<br />

Unterzeichnerstatus in kurzer Zeit,<br />

…<br />

5


2. <strong>Die</strong> Verhandlungen in New York<br />

Acht Ad Hoc<br />

Ausschuss Sitzungen,<br />

je 2-32<br />

3 Wochen<br />

Eine Arbeits-<br />

gruppensitzung (10<br />

Tage) im Januar 2004<br />

6


<strong>Die</strong> Beteiligten<br />

Staaten<br />

VN Organisationen und<br />

Sonderorganisationen<br />

Nationale<br />

Menschenrechtsinstitute<br />

Nichtregierungsorga-<br />

nisationen<br />

7


Das Verfahren<br />

2002 hatte der Ad<br />

Hoc Ausschuss etwa<br />

100 Teilnehmerinnen<br />

2006 waren es mehr<br />

als 900 Teilnehmer<br />

Motto„Nothing<br />

about<br />

us without us“<br />

8


3. Der Inhalt der BRK<br />

Zwei VölkerrechtsvertrV<br />

lkerrechtsverträge:<br />

1. Übereinkommen<br />

über<br />

die Rechte von<br />

Menschen mit<br />

Behinderungen<br />

(Präambel, Art. 1-50) 1<br />

2. Fakultativprotokoll<br />

(Art.1-18)<br />

18)<br />

9


<strong>Die</strong> Menschenrechte<br />

Gleichen Schutz vor und durch das<br />

Gesetz<br />

Recht auf Leben, Freiheit und<br />

Sicherheit<br />

Gleiche Anerkennung als Person mit<br />

Geschäftsf<br />

ftsfähigkeit<br />

Freiheit von Folter und unwürdiger<br />

Behandlung<br />

Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und<br />

Missbrauch<br />

Recht auf Respekt der körperlichen<br />

k<br />

und geistigen Integrität<br />

Recht auf Freizügigkeit (Mobilität) t) und<br />

Nationalität<br />

Recht auf Leben in der Gemeinde<br />

Recht auf Meinungsfreiheit<br />

Respekt vor der Privatsphäre<br />

re<br />

Respekt vor dem Familienleben / der<br />

eigenen Wohnung<br />

Recht auf inklusive Bildung<br />

Recht auf Gesundheit<br />

Recht auf würdige w<br />

Arbeit<br />

Recht auf angemessenen<br />

Lebensstandard<br />

Recht auf Teilnahme am politischen<br />

und öffentlichen Leben<br />

Recht auf Teilnahme am kulturellen<br />

Leben<br />

10


Der Geist der Konvention<br />

Artikel 1<br />

Zweck dieses<br />

Übereinkommens ist es,<br />

den vollen und<br />

gleichberechtigten Genuss<br />

aller Menschenrechte und<br />

Grundfreiheiten<br />

durch alle Menschen mit<br />

Behinderungen zu<br />

fördern, zu schützen und zu<br />

gewährleisten<br />

und die Achtung der ihnen<br />

innewohnenden<br />

Würde zu fördern. f<br />

Artikel 3 Allgemeine Grundsätze<br />

Autonomie & Menschenwürde<br />

Nichtdiskriminierung<br />

Partizipation<br />

Behinderungen als Teil der menschlichen Vielfalt<br />

und der Menschheit<br />

Chancengleichheit<br />

Barrierefreiheit<br />

Gleichberechtigung von Mann und Frau<br />

Kinderrechte<br />

11


4. Recht auf Bildung Art. 24 BRK<br />

Entstehungsgeschichte<br />

- Streit um Sonderschule als Menschenrecht<br />

- Streit um Inklusion als Wahlrecht<br />

- Diskussion um Integration und Inklusion (falsche dt.<br />

Übersetzung!)<br />

- Ergebnis: inklusive & diskriminierungsfreie Bildung als<br />

Menschenrecht<br />

12


Der Wesensgehalt des Art. 24 BRK<br />

Abkehr vom medizinischen Modell von Behinderung<br />

Recht auf diskriminierungsfreie und inklusive Bildung im<br />

Regelschulsystem<br />

– Diskriminierung umfasst jede Form der Benachteiligung, auch<br />

„Verweigerung zumutbarer Anpassungen“<br />

Orientierung an den Menschenrechten (Bewusstsein der Würde W<br />

und<br />

des Selbstwertgefühls)<br />

Volle Entfaltung der Persönlichkeit, der Talente, Kreativität t und<br />

Fähigkeiten<br />

13


5. <strong>Die</strong> Auswirkungen auf Deutschland<br />

BRK in Deutschland in Kraft seit<br />

26.03.2009<br />

allgemeine Staatenpflichten Art.4<br />

BRK<br />

z.B. Veränderung<br />

diskriminierender Gesetze und<br />

Praktiken<br />

besondere Staatenpflichten Art. 24,<br />

31 BRK<br />

z.B. Schaffung eines inklusiven<br />

Bildungssystems auf allen<br />

Ebenen<br />

Institutionelle Umsetzungspflichten<br />

Art. 33 BRK<br />

Nationale Koordinierungsstellen<br />

& unabhängiges<br />

ngiges Monitoring<br />

14


Bildung für f r behinderte Menschen in<br />

Deutschland<br />

Deutschland als Entwicklungsland:<br />

Inklusionsquote bundesweit : 15,8 % (BMAS, 2009)<br />

Zahl der Sonder - / FörderschülerInnen<br />

zwischen 1995 – 2002<br />

kontinuierlich gestiegen (KMK, 2005)<br />

über 80 % der SchülerInnen<br />

an Sonderschulen verlassen die<br />

Schule ohne qualifizierenden Abschluss (Dt. Bu-Ta<br />

Ta, , 2005)<br />

<strong>UN</strong> Sonderberichterstatter Munoz 2009: dt.<br />

Bildungssystem diskriminiert gg. Behinderte,<br />

MigrantInnen und Arme<br />

15


Umsetzung des Art. 24 BRK<br />

Erste Rechtsgutachten zur Umsetzung<br />

des Art. 24 BRK liegen vor:<br />

Degener (2007) Deutsches Institut f. Menschenrechte<br />

Poscher / Langer/ Rux (2008) Max-Tr<br />

Träger-<strong>Stiftung</strong><br />

Latham / Watkins (2009) BAG „Gemeinsam leben<br />

gemeinsam lernen“<br />

Riedel (2010) LAG NRW „Gemeinsam leben,<br />

gemeinsam lernen“<br />

16


Welche Schritte sind nötig n<br />

Schrittweise Auflösung des Sonderschulsystems bei<br />

GLEICHZEITIGER Veränderung des Regelschulsystems<br />

Legislativer Handlungsbedarf: Subjektiver Anspruch auf<br />

inklusive Bildung in Schulgesetzen, Hochschulgesetzen<br />

und Gesetzen über Kindertagesstätten<br />

tten<br />

Korrektur der Rechtsprechung: Aufhebung der „separate<br />

but equal“ Doktrin im deutschen Bildungsrecht: BVerfG<br />

1997 (Sonderschulentscheidung) BVerfG 2006 (Kita(<br />

Kita-<br />

Entscheidung)<br />

17


6. Fazit<br />

BRK 2006 als „moralischer Kompass“ für<br />

Behindertenrecht und –politik<br />

in Deutschland<br />

<strong>Die</strong> Umsetzung von Menschenrechtsverträgen ist kein<br />

einmaliger Akt, sondern muss als Prozess verstanden<br />

werden.<br />

Bildungspolitisch bietet die BRK die historische Chance,<br />

das Bildungssystem in Deutschland diskriminierungsfrei<br />

und inklusiv zu gestalten und das Sonderschulsystem<br />

als Ort der Aussonderung und Stigmatisierung<br />

schrittweise aufzulösen.<br />

18

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