Koks-Bäcker - RAG Deutsche Steinkohle
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VORSTELLEN � KOKEREI<br />
Der <strong>Koks</strong>ofen: trockene Destillation<br />
Was sich im <strong>Koks</strong>ofen abspielt, nennt man korrekt „trockene Destillation“: Kohle wird unter Luftabschluss<br />
erhitzt, bis sich die „flüchtigen“ Bestandteile – nun, eben verflüchtigt haben. Die schematische<br />
Darstellung zeigt den Ablauf: Im Röhrchen-„<strong>Koks</strong>ofen“ links wird die Kohle erhitzt<br />
und wird zu <strong>Koks</strong>. Was dabei flüchtet, wird im U-Rohr rechts abgekühlt. Teer setzt sich ab; das<br />
reine Leuchtgas wird „abgefackelt“. Auf Prosper ist eine Ofenkammer sieben Meter hoch,<br />
17 Meter tief und nur 59 Zentimeter breit. Der Ofen wird beidseitig mit Gas beheizt; durch die Form<br />
der Kammer wird die ganze Kohle gleichmäßig erhitzt. Bei 350 Grad wird sie teigig, bläht sich<br />
auf, backt zusammen und bekommt die feinporige <strong>Koks</strong>-Struktur. Bei 500 Grad wird sie wieder<br />
fest, bei 1.100 Grad ist nahezu alles Gas entwi chen. Der ganze Vorgang dauert 25 Stunden.<br />
> Kohlesorten werden zum optimalen „Coke-<br />
Tail“ gemischt und über Bandanlagen in die<br />
Kohlentürme befördert. Die Kokerei selbst<br />
besteht aus 146 nebeneinander liegenden<br />
Öfen in drei Batterien; die Reihe erstreckt<br />
sich über mehr als einen halben Kilometer.<br />
An jedem Tag schluckt das Riesending 7.000<br />
Tonnen Kohle und gibt 5.500 Tonnen <strong>Koks</strong><br />
von sich. Mit wenigen Menschen und großen<br />
Maschinen werden die 146 Öfen rund um die<br />
Uhr ohne Pause gefüllt und entleert.<br />
Die Ofendecke der Kokerei erinnert mit<br />
ihren Steinen, Metallschienen und Deckeln<br />
an eine altmodisch gepflasterte Stadtstraße.<br />
Nur dass über dieser Straße die Hitze der Öfen<br />
wabert; auf den Oberflächensteinen und erst<br />
recht den eingelassenen Metalldeckeln würden<br />
normal besohlte Schuhe sofort anschmoren.<br />
Auf den Schienen fährt der Füllwagen.<br />
Er dient der Fütterung des gefräßigen Organismus<br />
Kokerei. Mit Kohle aus den Kohletürmen<br />
fährt der Füllwagen auf der Ofendecke<br />
hin und her wie ein Portalkran. Über einem<br />
leeren Ofen hält der Wagen an, hebt den<br />
Deckel ab und senkt einen Rüssel auf die Öff-<br />
28 <strong>RAG</strong>-Magazin 1⁄2006<br />
nung. 50 Tonnen Kohle rauschen in den Ofen<br />
hi nein, dann wird der Deckel wieder aufgelegt.<br />
Gesteuert wird der riesige Füllwagen von<br />
zwei Männern. Einer von beiden – sie wechseln<br />
sich dabei ab – muss beim Füllen noch<br />
raus auf die Ofendecke, um den Deckel mit<br />
einer speziellen Dichtmasse zu bestreichen.<br />
DER GESAMTE PROZESS WIRD<br />
ELEKTRONISCH ÜBERWACHT<br />
Sonst ist heutzutage auf der Ofendecke kein<br />
Mensch mehr beschäftigt, wenn nicht gerade<br />
ein Koker die Innentemperatur der Öfen<br />
überprüft: Dafür öffnet er kleine Gucklöcher<br />
und richtet eine Infrarot-Messkamera auf<br />
die helle Glut. Die Messergebnisse werden<br />
in den Leitstand gemeldet, einen fensterlosen<br />
Raum im Kohlenbunker. Vom gelegentlichen<br />
Rumpeln der Füllmaschine abgesehen,<br />
nimmt man die Arbeit der Kokerei dort nur in<br />
Form elektronischer Daten wahr. Wenn nötig,<br />
könnte Leitstellenfahrer Klaus Knapps die<br />
Temperatur der Öfen nachregulieren. Vor<br />
allem aber ist der Leitstand Überwachungszentrale.<br />
Was immer von der Norm abweicht,<br />
zeichnet sich auf Informationswänden und<br />
Bildschirmen ab, gelegentlich durch akustische<br />
Warnungen untermalt.<br />
Wenn der <strong>Koks</strong> „gar“ ist, wird der Ofen<br />
von dem Rohrgewirr getrennt, welches das de -<br />
stillierte Gas ableitet. Oben auf dem Ofen öffnet<br />
sich eine Klappe, und mit einem lauten „Wupp“<br />
entzündet sich das ins Freie entweichende Restgas.<br />
Nun rollt auf der vorderen Seite der Kokerei,<br />
der „Maschinenseite“, die zweite große Maschine<br />
heran. „KAM“ heißt sie, <strong>Koks</strong>ausdrückmaschine,<br />
und so kompliziert wie der Name<br />
ist sie auch. Aber im Führerstand hat Manfred<br />
„Manni“ Franz das Gerät mit einigen wenigen<br />
Hebeln im Griff. Zuerst lässt er seine KAM die<br />
hohe, schmale Tür von Ofen Nummer 79 öffnen.<br />
Franz schaut nun auf eine sieben Meter<br />
hohe, knapp 60 Zentimeter breite Wand gelbrot<br />
glühender Steine, aus der ihm Flammen<br />
entgegenschlagen. Zum Glück sitzt Franz in<br />
seinem Steuerstand hinter Glas und wird von<br />
einer Klimaanlage gekühlt. So kann er gelassen<br />
mit Hebeln und Knöpfen spielen, die stählerne<br />
Faust gegen die glosende <strong>Koks</strong>wand drücken<br />
und den ganzen, 40 Tonnen schweren Kuchen<br />
nach hinten wegschieben. Einige Minuten später<br />
kommt der Ausleger ratternd aus dem Ofen<br />
zurückgefahren. Zischend wird die Öffnung des<br />
Ofens gereinigt, dann schließt wieder die Tür<br />
davor. Die KAM fährt weiter, und oben kommt<br />
der Füllwagen heran, um neue Kohle in den<br />
Ofen Nummer 79 rauschen zu lassen.<br />
Vor vielen Jahren wäre auf der anderen<br />
Seite vom Ofen, auf der „<strong>Koks</strong>seite“, einfach<br />
28_RagMagazin_0106 28 21.02.2006 10:05:25 Uhr